Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

an Schulden aufnehmen. Wir wollen deshalb die Gelegenheit noch einmal nutzen, um der Opposition klar ins Gesicht zu sagen: Sie reden hier oft und gut - manche auch schlecht, das haben wir vorhin wieder gehört - von Haushaltskonsolidierung, von Verbreiterung der Einnahmebasis, aber praktisch, wenn es darauf ankommt, wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht in den Haushaltsdebatten gegenüberstehen, dann bleiben Ihre Konsolidierungsvorschläge regelmäßig aus und es bleiben einzig Ihre Vorschläge von Mehrausgaben auf dem Tisch. Wir haben es in der Vergangenheit abgewehrt, das hat uns 1 Mrd. € zusätzliche Ausgaben gespart. Es war nicht Ihre Verantwortung für eine nachhaltige Finanzpolitik. Es lag eigentlich an dieser Fraktion in der Mitte, dass es uns gelungen ist, diesen nachhaltigen Weg festzuschreiben.

(Beifall CDU)

Wir haben zum Beispiel eingespart, indem wir Strukturen mit der Behördenstrukturreform geändert haben; 81 Behörden sind bzw. werden geschlossen. Sie haben das mit einem Schließkonzert begleitet. Ich will Sie gern daran erinnern, welchen Zinnober Sie draußen vor der Tür des Landtags bei Plenarsitzungen veranstaltet, Demonstrationen organisiert und den Aufstand im Parlament geprobt haben, weil Sie sich gegen diese Behördenstrukturmaßnahmen gewehrt haben. Uns ermöglicht diese Behördenstrukturreform bis zum Jahr 2020, dass 1,2 Mrd. € an Ausgaben eingespart werden können. Wir sind dankbar, dass wir da durchgegangen sind, und wir sind dem Finanzministerium dankbar, das diesen Weg vorgeprägt hat. Sie haben ihn nicht begleitet. Wir haben ihn unterstützt und deshalb wird das zu weiteren Einsparungen führen.

(Beifall CDU)

Ich will einen vierten Grund nennen: Der vierte Grund ist schlicht die Zukunft unseres Freistaats. Wenn wir diesen schönen Freistaat verantwortlich in eine gute Zukunft führen wollen, dann müssen wir jetzt handeln. Wir werden weiter sparen müssen und zu Einschnitten gezwungen sein. Das ist unbequem und deshalb wollen wir den leichten Weg verbauen, nicht zuletzt hat uns die Föderalismuskommission II dazu unmissverständlich aufgefordert.

Ich will zu den Ergebnissen der Föderalismuskommission II noch einmal sprechen, weil beim Bund, zumindest dort, nicht nur die Union, sondern auch die SPD den Vorschlägen aus der Föderalismuskommission II zugestimmt hat. Mit Zustimmung der SPD hat die Föderalismuskommission II Übergangsregelungen für den Bund und für die Länder nach Artikel 143 1 d Abs. 1 des Grundgesetzes beschlossen und für die Übergangsphase der Länder fest

gelegt, dass die Länder ihre Haushalte im Zeitraum von 2011 bis 2020 in eigener Verantwortung so aufstellen sollen, dass die Vorgabe strukturell ausgeglichene Haushalte im Jahr 2020 erfüllt wird.

Jetzt frage ich mich, wie kann ein Politiker der jungen Bundesländer, der diesen Auftrag aus der Föderalismuskommission II bekommen hat und seine ganze Mannschaft zugestimmt hat, sagen, wir lassen uns Zeit in diesem Jahrzehnt und fangen erst im Jahr 2020 an, keine Schulden mehr zu machen, ohne auszublenden, wenn wir das machen würden, dass wir im Jahr 2020 definitiv nicht in der Lage sind, die Vorgabe strukturell ausgeglichene Haushalte zu erfüllen, weil nämlich völlig ausgeblendet wird, dass im Gegensatz zur Situation der alten Länder uns in der Degression die Mittel aus der EU und die Mittel aus dem Solidarpakt II im Jahr 2019 dann nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Wer den Weg der Verschuldung weitergeht, der muss gestehen, der muss ehrlich sagen, dass es mit jedem Jahr 100 Mio. € mehr Verschuldung kostet, weil wir die Mindereinnahmen aus dem Solidarpakt dann ausgleichen müssen durch neue Kreditaufnahme. Ein Bundesland wie der Freistaat Thüringen, das im Jahr 2020 dann nicht 15,7 Mrd. € Schulden hat, sondern dann vielleicht 17,7 Mrd. € Schulden, das ist dann strukturell nicht mehr in der Lage, ohne Solidarpakt II und ohne EUFördermittel seine eigenen Vorgaben aus der Föderalismuskommission II zu erfüllen. Deshalb sind wir verpflichtet, schlichtweg aus den Ergebnissen der Föderalismuskommission II, heute unsere Weichen zu stellen, damit wir 2020 auch strukturell auf eigenen Beinen stehen können. Das ist unsere Verantwortung, die werden wir an dieser Stelle wahrnehmen.

(Beifall CDU)

Deshalb will ich Sie auffordern, Herr Matschie, die nächsten Monate mit uns gemeinsam ernsthaft darüber zu beraten, dass wir das, was wir gemeinsam in Berlin beschlossen haben, in Thüringen gemeinsam verantworten. Es nützt nichts, heute die Augen zu verschließen, weil wir im Jahr 2020 nicht in der Lage sein werden, eine gute Zukunft für diesen Freistaat aufzustellen. Wenn wir wollen, dass dieser Freistaat weiter existiert, wenn wir wollen, dass er nicht zu den Bettelstaaten gehört, die Birgit Diezel aufgezählt hat, wenn wir uns nicht jedes Jahr mit dem Bund vor dem Bundesverfassungsgericht streiten wollen, damit wir Geld bekommen, wenn wir nicht wollen, dass bei uns Dritte Haushaltskommissar spielen, wenn wir wollen, dass unsere parlamentarische Demokratie so wahrgenommen wird, dass der Landtag in der Lage ist, seine eigenen Haushaltsziele aufzustellen, dann müssen wir heute die Weichen stellen. Eine dieser strukturellen Maßnahmen ist unweigerlich die Schuldenbremse und deswegen ist es wichtig, dass wir heute diesen Weg einschlagen.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Nicht die Weiche aufs Abstellgleis stellen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Föderalismuskommission II hat auch etwas anderes beschlossen. Sie haben das kritisiert, wir nehmen das mit Bauchschmerzen zur Kenntnis, aber ein Stück stolz sind wir auch dabei, weil die Föderalismuskommission II auch beschlossen hat, Konsolidierungshilfen zu gewähren für die Länder Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein, Saarland und Sachsen-Anhalt. Insgesamt 800 Mio. € sollen diese Länder erhalten. Der Thüringer Anteil dabei beträgt nach dem aktuellen Stand der Einwohner und der Finanzkraft rund 11 Mio. € per anno. Ich glaube, nach 19 Jahren Solidarität, die wir bis zum Jahr 2019 erfahren haben - und die erfahren wir ja, weil sie festgeschrieben ist -, ist es gut an der Zeit, dass wir langsam vielleicht in der Lage sind, uns so aufzustellen, dass wir ein Stück dieser Solidarität weitertragen. Weil es zu der Ehrlichkeit natürlich hinzugehört, diese 11 Mio. € per anno, die wir an Konsolidierungshilfen leisten, leisten wir ja nicht tatsächlich aus unserem eigenen Aufkommen an Steuerkraft, sondern natürlich leisten wir es uns aus den Drittmitteln, die wir im Länderfinanzausgleich und vor allen Dingen aus dem Solidarpakt zur Verfügung gestellt bekommen. Wenn wir anderen helfen können, damit auch sie die Teilungslasten überwinden können, damit auch sie die Lasten von schlechter Finanzpolitik in ihren Ländern überwinden können, dann ist uns das gut angelegtes Geld, weil auch insgesamt im Rahmen des föderalen Gebildes natürlich dazugehört, dass alle gleiche Startchancen bekommen. Deshalb werden wir auch die Konsolidierungshilfen an dieser Stelle leisten.

Aber ich will auch sagen, der entscheidende Punkt, den die Föderalismuskommission II beschlossen hat, ist der, den die Regierung im Gesetzentwurf über die Änderung der Verfassung aufgeschrieben hat. Deshalb, Herr Huster, ist es quasi abenteuerlich, was Sie in Ihrem Vorlesungsvortrag genannt haben, dass es ausschließlich um die Frage von Naturkatastrophen gehen würde. Ein wichtiger Kernbestandteil der Föderalismuskommission II war, dass im Rahmen eines kooperativen Frühwarnsystems eben nicht nur Ausnahmen für Naturkatastrophen vorgesehen werden sollen, sondern insbesondere für außergewöhnliche Notsituationen. Genau diesen Begriff, die Definition der außergewöhnlichen Notsituation, hat die Staatsregierung übernommen. Ich will ein Argument noch einmal ganz klar nennen, weil es von der SPD genannt wurde. Weil wir in so einer außergewöhnlichen Notsituation seien, wäre es falsch, jetzt Schuldenregelungen festzulegen. Ich will darauf antworten: Genau diese außergewöhnliche Notsituation ist der erste Praxisfall, wie sich eine Verfassungsregelung

auswirkt. Jetzt ist Not, jetzt eine besondere Situation, aber es soll auch die Politik verpflichten, wenn es dem Staat besser geht, sich dann zurückzunehmen und nicht die nächste Generation zu belasten. Das ist die Verantwortung, die wir in der Verfassung festschreiben wollen. Deswegen ist der Zeitpunkt richtig, weil er die gute Zukunft für Thüringen auf Dauer manifestiert.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, deshalb wollen wir die Gunst der Stunde nutzen, ohne uns jetzt für die Zukunft zu unbedingter Haushaltsdisziplin zu zwingen. Wir meinen, dass die geplanten Mechanismen flexibel genug sind, um etwa bei gravierenden Strukturkrisen, Naturkatastrophen die Handlungsfähigkeit des Freistaats zu erhalten. Entscheidend ist, das hat die Finanzministerin ausgeführt, dass diese Notkredite nur aufgenommen werden dürfen, wenn zugleich ein verbindlicher und zeitlich eng begrenzter, festgelegter Tilgungsplan vereinbart ist, dass die, die verantwortlich sind für diese Notkredite, in ihrer eigenen Verantwortung für die Tilgung zuständig sind. Trotz der NullDefizit-Regeln kann und soll die öffentliche Hand konjunkturelle Schwankungen auf Einnahmen- und Ausgabenseite absorbieren können. Dafür müssen in guten Jahren Rücklagen gebildet werden, die dann als Ausgleichsmasse in schlechten Jahren eingesetzt werden können. Genau dies hat die Finanzministerin in den letzten zwei Jahren getan. Wir haben den Praxistest gegen alle Forderungen nach Mehrausgaben nicht nur aus den Reihen der Opposition abgeliefert. Sie hat an der Bildung der Rücklagen festgehalten, die uns jetzt helfen, die Wirtschaftskrise zu meistern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, deshalb wollen wir noch einmal ausdrücklich an Sie appellieren, diesen Weg mit uns zu gehen und den Bürgerinnen und Bürgern nicht weiter Sand über die finanziellen Möglichkeiten der vor uns liegenden Jahrzehnte in die Augen zu streuen. Natürlich haben wir darauf gewartet, dass Sie erneut Ihr Argument der Gebietsreform in den Raum werfen. Natürlich haben wir uns mehrmals darüber ausgetauscht, dass, wenn man Ihren Argumenten auch eins zu eins folgen würde, in dem Gutachten von Prof. Seitz doch eines festzustellen bleibt: Wenn es denn überhaupt zu Einsparungen bei Kreisgebietsreformen kommt, dann frühestens im Jahr 2020, nicht im Jahr 2009, nicht 2010, nicht 2011, nicht 2015, nicht 2016, nicht 2017, sondern frühestens im Jahr 2020. Und dann gehört viel Ehrlichkeit in dem Gutachten dazu, diese Einsparungen, wenn Sie denn überhaupt zu erzielen sind, sind nicht beim Land zu erzielen, sondern bei den Kommunen.

Wenn ich mir Ihre Wortmeldungen der letzten Jahre vornehme und zusammenrechne, dann wird die SPDFraktion die letzte Fraktion sein, die hier im Land

tag vorschlagen wird, dass diese Einsparung von 200 Mio. € im Jahr 2020 auf kommunaler Seite dazu führen wird, dass das Land, wenn es zu Einsparungen kommen würde, seinen eigenen Kommunalen Finanzausgleichsteil absenken wird. Es wäre nicht glaubhaft, wenn Sie das sagen, weil Ihre Wortäußerungen der letzten Jahrzehnte eine andere Sprache sprechen. Deshalb bleibt es dabei, Ihr Vorschlag zu einer Gebietsreform ist halt nicht das taugliche Mittel, um der schwierigen finanziellen Situation zu begegnen, auch wenn Sie es noch so oft bleiern und mit Monotonie wiederholen, die Erkenntnis wird nicht besser. Ein Blick nach Sachsen zeigt erneut, dass das Einsparvolumen der dortigen Gebietsreform in Höhe von 142 Mio. € - und Sachsen ist doppelt so groß - mit Sicherheit nicht zu dem von ihnen prognostizierten Ergebnis führen wird. Ich sage Ihnen, zwar mag es möglicherweise aus Ihrer politischen Sicht ein richtiger Schritt auf kommunaler Seite sein, aber was sind 200 Mio. € Einsparung gegen 2 Mrd. € dauerhaften Einnahmeausfall per anno. Es kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein, wenn Sie seit fünf Jahren einzig als Vorschlag bringen, macht eine Gebietsreform, dann geht es dem Freistaat besser. Es mag für Sie ein Ansatz sein, aber er ist nicht ausreichend und er disqualifiziert Sie leider ein Stück, dass Sie die fünf Jahre nur an diesem einzigen Vorschlag gearbeitet und festgehalten haben. Es ist zu wenig für Opposition.

(Beifall CDU)

Ich will auf das Thema nicht weiter eingehen, weil wir in der Tagesordnung noch eine Menge zu der Frage sprechen, was Neid streuen, was Klassenkampfparolen betrifft, die angeblich das Land reicher machen sollen. Auch heute reden wir darüber wieder. Aber wir wollen eines feststellen: Es ist falsch, anzunehmen, dass die wenigen Leistungsträger im Land, die wir haben, die die Arbeitsplätze schaffen, die mit Unternehmergeist auch Arbeitsplätze sichern, die in dieser wirtschaftlich schwierigen Situation mit ihrem ganzen Barvermögen einstehen, dass es der einzige politisch richtige Weg sei, diese Menschen in der Gesellschaft noch weiter zu belasten. Wer denkt, dass die dann noch an ihrem Unternehmergeist, an der Sicherung der Arbeitsplätze und daran festhalten, diesen Freistaat weiter voranzubringen, der täuscht sich. Die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht. Wenn man sie überzieht und überdreht, dann geht das nach hinten los und das wollen wir nicht. Die robuste, kleine mittelständische Industrie in Thüringen gehört gestärkt und sie gehört nicht durch weitere Steuerbelastungen belastet. Auch das sei noch einmal deutlich gesagt.

(Beifall CDU)

Und wer Ihrem Dauerschreier Bodo Ramelow mal in der FöKo II zugehört hat oder auch nicht, dem will ich gern noch mal in Erinnerung rufen, was Ramelow in der FöKo II zum Besten gegeben hat. Er hat tatsächlich in der FöKo II vorgeschlagen - er war der Einzige, der am Ende dafür gestimmt hat, alle ordentlichen Leute in dieser FöKo II haben das abgelehnt -, man möge beschließen, dass eine Untergrenze des Gesamtsteueraufkommens festgelegt wird. Was heißt das denn in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten, wenn ich eine Untergrenze des Gesamtsteueraufkommens festschreibe und die Wirtschaftsbasis bricht ein und die Steuerbasis bricht ein? Dann kann das nur Steuererhöhung heißen. Und dann schickt sich dieser Mann, der vorschlägt, wir wollen mit Steuererhöhungen der Wirtschaftskrise begegnen, an, Ministerpräsident dieses Freistaats werden zu wollen.

(Beifall DIE LINKE)

Er soll bleiben, wo er ist, soll Oppositionspolitik in Berlin machen, soll uns verschonen mit seinen unseriösen Politikvorschlägen. Wir wollen eine gute Zukunft für Thüringen und keine miese Zukunftsaussicht mit Bodo Ramelow an der Spitze.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, noch ein paar wenige abschließende Bemerkungen möchte ich machen - eine an die SPD zum Schluss, aber eine soll sich zunächst noch einmal an ältere Kollegen in den Reihen meiner Fraktion richten, vor allen Dingen an die, die dem kommenden Landtag nicht mehr angehören werden, weil sie nicht mehr für das Hohe Haus kandidieren. Ich möchte stellvertretend den Alterspräsidenten des Landtags Siegfried Jaschke und Eckehard Kölbel erwähnen, die seit 1990 dem Landtag angehören, aber genauso Günter Grüner, der seit 1994 Mitglied dieses Landtags ist. Kollegen wie Siegfried Jaschke und Kollegen wie Eckehard Kölbel haben seit 1990, wie viele andere auch, viele wegweisende Entscheidungen im Parlament unseres Freistaats mit vorbereitet. Ich denke an die Entscheidung über die Landeshauptstadt, an die Entscheidung über die Landesverfassung, an die Entscheidung über das gegliederte Schulwesen, die große Kreisgebietsreform, Entscheidungen, die dieses Land tief und nachhaltig geprägt haben. Der Gesetzentwurf, der heute vorgelegt wird zur Änderung der Verfassung, zur Festschreibung einer Schuldenbremse gehört mit in diese Reihe und, ich meine, er gehört sogar mit an die vorderste Stelle. Ich glaube, unsere gesamte Fraktion hat vielleicht darüber hinaus einigen Stolz darauf, dass es gerade auch diese älteren Kollegen sind, die uns zu diesem mutigen Schritt ermuntert haben, Verantwortung für Kinder und Enkel der heute aktiven Generation zu übernehmen. Wenn die Nachkommen über unsere politischen Leistungen urteilen, dann sollen sie nicht

vor allem über den Schuldendienst reden, den sie leisten müssen. Ich meine, und das gehört gesagt, es sind oft die stillen Arbeiter, die Großes leisten, und, ich glaube, ich kann das sagen, ein kleiner Dank für diesen Dienst seit 1990 sei an dieser Stelle angebracht.

(Beifall CDU)

Verantwortung für dieses Land hat in den vergangenen Jahren aber oft bedeutet, für eine gute Zukunft auch Kredite aufzunehmen in der Hoffnung, dass dann die Investitionen auch Früchte tragen. Verantwortung für dieses Land heißt heute, auf absehbar sinkende Einnahmen nicht mit gleichbleibenden oder gar wachsenden Ausgaben zu antworten. Dazu gehört auch Mut und ich danke allen Kollegen, die diesen Mut aufbringen wollen.

Deshalb soll meine zweite Bemerkung noch einmal der SPD-Fraktion in diesem Hause gelten. Ich wende mich ausdrücklich an Sie, denn bei den LINKEN habe ich diese Hoffnung nicht: Haben auch Sie in Thüringen die Courage, die Ihre Kollegen in Berlin aufgebracht haben, folgen Sie ihnen nach, zeigen auch Sie Verantwortung für die Kinder und die Enkelkinder dieses Freistaats und ziehen Sie gemeinsam mit uns einen Schlussstrich unter das Kapitel „Schulden machen“. Wir möchten Sie ausdrücklich einladen, mit uns in den nächsten Wochen und mit uns in den nächsten Monaten den vorgelegten Verfassungsänderungsantrag zu beraten und gemeinsam auf den Weg zu bringen. Ich glaube, die Enkel und die Urenkel von Willy Brandt werden es Ihnen danken. Wir laden Sie ein zu diesen Gesprächen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Redemeldung. Herr Abgeordneter Dr. Pidde für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die Realität beugt sich nicht der Theorie. Mitten in der Wirtschaftskrise, ob wir mittendrin sind, wissen wir noch nicht einmal, kommt die CDU mit der Forderung nach einer gesetzlichen Schuldenbegrenzung und möchte sie auch jetzt sofort durchsetzen. Wir haben doch eine diffuse Lage. Wir wissen gar nicht, wie weit werden die Wirtschaftszahlen noch nach unten gehen, wie lange wird dieser Sachverhalt andauern, wie wird sich das auf die Steuereinnahmen auswirken. Und Sie wissen doch ganz genau, wenn das so beschlossen wird, wie Sie das hier vorschlagen, dass sofort der Ausnahmefall eintritt. Sie wissen noch nicht einmal, wie sehr der eintritt und insofern ist das Ganze

doch unseriös.

Hier ist nicht Vorwegpreschen gefragt, sondern eine bundeseinheitliche Regelung. Das Handlungsfeld liegt wirklich im Bundesrat. Die Frage der Konsolidierungshilfe für die finanzschwachen Länder ist von Herrn Mohring angesprochen worden und auch Thüringen soll zahlen über den Umsatzsteuervorwegabzug - eine zweistellige Millionensumme jedes Jahr. Das konterkariert den Solidarpakt II, das konterkariert die Hilfen, die die alten Bundesländer für den Aufbau Ost leisten, wenn die Hilfen, die von dort kommen, dann nach Saarbrücken und nach Kiel weitergeleitet werden. Das kann nicht sein - und dafür müssen Sie sich stark machen.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. Wenn ich bei Frau Diezel die Aussagen zum antizyklischen Verhalten gehört habe, dann stimme ich Ihnen voll und ganz zu, aber bisher haben Sie genau das Gegenteil praktiziert. Ich will jetzt nicht noch einmal mit dem Schuldenberg anfangen, dazu ist heute schon genug gesagt worden, aber man muss auch sehen, was wurde neben dem Schuldenberg aufgebaut an Schattenhaushalten, alternative Finanzierung, Leasingmodelle, PPP-Projekte zuhauf und immer mehr, Sondervermögen, alle mit negativen Vorzeichen versehen. Das bauten Sie auf, die offizielle Verschuldung versuchten Sie in Grenzen zu halten. Dann kommen die implizierten Schulden, die so gar nicht gesehen werden, ich meine die Millionenlasten der Pensionsansprüche. Die Zahl der Pensionäre steigt rapide nach oben und wir überschreiten jetzt die Hundertmillionengrenze bei den Pensionszahlen. Bisher haben Sie kaum eine nennenswerte Pensionsvorsorge getroffen. Die Lasten müssen aber von einer immer weiter sinkenden Zahl von Steuerzahlern getragen werden. In der Mittelfristigen Finanzplanung liegt das Ganze offen wie ein Buch, jeder kann das nachlesen, leider diskutieren wir das heute Abend als letzten Punkt, wenn es dunkel ist, wenn die Kamera ausgeschaltet ist und die Journalisten ihre Texte schon geschrieben haben.

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Das können wir gleich mitmachen, da haben wir es weg.)

Dann möchte ich gern - Herr Mohring ist nicht mehr da - drei Märchen von Herrn Mohring noch einmal von der anderen Seite beleuchten. Das Erste: Die Seitz-Studie bringt Einsparungen erst nach 2020 - ein Märchen. Ob die Seitz-Studie, diese Gebietsreform wirklich diese Größenordnung bringt oder etwas weniger oder etwas mehr, weiß keiner, aber die Einsparungen werden schrittweise aufgebaut. Die volle Wir

kung - hat Seitz gesagt - ist 2020 vorhanden, aber vorher ist auch schon schrittweise die Einsparung zu spüren. Aber Sie haben ja schon fünf Jahre verschlafen, indem Sie nicht gehandelt haben. Das ist das Problem.

(Beifall SPD)

Zweites Märchen: Die Behördenstrukturreform rettet die Welt in Thüringen. Das, was Sie Behördenstrukturreform nennen, ist doch nur Stückwerk. Es führt zum Teil zu deutlichen Mehrkosten und es führt zum anderen zur Verschiebung von Kosten auf die Kommunen, denen Sie im Kommunalen Finanzausgleich auch noch das Geld wegnehmen.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das dritte Märchen, wenn Sie sich dafür loben, dass Sie 2007 und 2008 keine offiziellen neuen Schulden aufgenommen haben: Bei den enormen Steuermehreinnahmen, mit denen keiner gerechnet hat, keine Steuerschätzung oder Ähnliches, das wäre ja nun wirklich der Humbug gewesen, wenn dann noch eine Kreditaufnahme notwendig gewesen wäre. Im Gegenteil, Sie haben sämtliche Einsparbemühungen eingestellt. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben wir immer wieder über- und außerplanmäßige Ausgaben vorgelegt bekommen, bei denen die Regierung gesagt hat, das ziehen wir zum Jahresende glatt, weil die Steuereinnahmen so gut gelaufen sind. Das Problem ist doch, dass Sie keinen Euro Tilgung in den Jahren 2007 und 2008 und auch im Doppelhaushalt geplant haben, obwohl die Steuereinnahmen so gut waren.

Meine Damen und Herren, kommen wir zurück zu der Frage Schuldenbegrenzung. Ich denke, es ist richtig, dass eine Schuldenbegrenzung gemacht wird; wir wollen die auch. Man kann das in die Verfassung schreiben, man kann das auch in die Landeshaushaltsordnung schreiben, darüber kann man reden. Für eine sinnvolle Regelung sind unsere Ohren offen, darüber brauchen wir nur zu sprechen, die Diskussion kann erfolgen. Aber so, wie Sie es angefangen haben, zuerst legen Sie mal einen Gesetzentwurf vor, die Details, das wissen Sie, dass wir die so nicht mittragen wollen, aber fordern uns auf, wir sollen Ihrem Entwurf zustimmen. Das sind einfach wahltaktische Manöver und das erkennen die Bürger ganz genauso. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD)

Mir liegen jetzt seitens der Abgeordneten keine weiteren Redeanmeldungen vor. Finanzministerin Diezel, bitte.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Pidde, die sinnvollen Regelungen sind Regelungen, auf die sich die FöKo II verständigt hat. Keine anderen haben wir vorgelegt für die Änderung der Verfassung genauso wie für die Änderung der Landeshaushaltsordnung. Die sind mit großer Mehrheit - ja, alle Mitglieder der SPD seitens der Bundestagsfraktion haben in der FöKo II zugestimmt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich enthalten aufgrund der Konsolidierungsmaßnahmen,

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Aber nicht 2011.)