Protokoll der Sitzung vom 08.05.2009

Das Ganze liest sich wie ein Parteitagsbericht aus früheren Zeiten, denn überall in der Thüringer Bildungslandschaft herrscht vermeintlich Weltniveau. Merkwürdig ist nur, dass diese blumigen Aussagen nicht so recht zu dem vorgeschalteten Themenkatalog passen, in dem die real existierenden Mängel der Thüringer Bildungspolitik auf den Feldern eigenverantwortliche Schule, Lehrerpersonal, gemeinsamer Unterricht und ganztägige Bildung und Betreuung benannt werden.

Wie können denn solche Problemfelder überhaupt entstehen, wenn doch seit Jahren alles Spitze ist,

Kollege Emde? Auf Ihre Antwort bin ich schon gespannt, denn im Berichtsteil 2.2 suche ich sie ebenso vergebens wie konkrete, zu dem zuvor beschriebenen Problem passende Lösungsansätze.

Wir haben uns da, denke ich, mehr Mühe gegeben. Wir haben die Ergebnisse der Anhörung, die der Bildungsausschuss während der Beratung der Großen Anfrage durchgeführt hat, ebenso reflektiert wie die Diskussion der Ausschussmitglieder in Sachen gemeinsamer Unterricht und Einstellungskorridore. Unsere daraus resultierenden Schlussfolgerungen und Empfehlungen finden sich im Berichtsteil 2.3. Deutliche Verklärungen à la CDU gibt es da natürlich nicht. Stattdessen bieten wir Sachstandsanalysen und konkrete Handlungsempfehlungen. Ich möchte Ihnen das an drei Beispielen, den Punkten soziale Selektivität des gegliederten Schulsystems, externe Evaluation von Schulen und Erzieherausbildung deutlich machen.

Zunächst zur sozialen Selektivität des gegliederten Schulsystems: Der Bildungsausschuss hat unter anderem zu diesem Thema in seiner 38. Sitzung am 19.06.2008 eine Mündliche Anhörung mit Vertretern der FSU Jena durchgeführt. Die eingeladenen Fachwissenschaftler haben dabei mehrfach auf die im internationalen Vergleich außerordentlich hohe Selektivität des deutschen Bildungswesens aufmerksam gemacht. Nach Auffassung der Anzuhörenden sind die Übergänge innerhalb des gesamten Bildungssystems in der Regel soziale und keine kognitiven Sollbruchstellen.

(Zwischenruf Müller, Kultusminister: Es geht um Thüringen.)

Wissenschaftlich gesichert und bekannt sei, dass die Entscheidung über Bildungsläufe fast ausschließlich über die soziale Herkunft der Deminanten bestimmt werden, also nichts mit der kognitiven Leistungsfähigkeit zu tun hätte. Das hat auch mit Thüringen zu tun. Auch, Herr Minister Müller, wenn Thüringen hier nicht am Ende der Schlange ist, so gibt es doch Probleme. Es ist so, dass das Kind eines Akademikers eine zweimal so große Chance hat, zum Abitur zu kommen bei gleicher kognitiver Leistungsfähigkeit in Thüringen.

(Zwischenruf Müller, Kultusminister: Wo haben Sie das her?)

Da müssen Sie mal PISA lesen, da können Sie das nachlesen - wo haben Sie das her? -

(Beifall SPD)

(Zwischenruf Müller, Kultusminister: Vorsicht, Vorsicht.)

Sie müssen einfach mal lesen. Wahrscheinlich ist das auch eine Frage von Lesekompetenz. Soweit das Ergebnis der Anhörung, wie es sich im Bericht des Bildungsausschusses widerspiegelt.

In den Empfehlungen der CDU finden Sie dazu merkwürdigerweise kein einziges Wort. Deswegen sage ich eindeutig, hier müssen Sie auch gedanklich nacharbeiten.

Meine Damen und Herren, wir teilen ausdrücklich die Auffassung, dass die soziale Selektivität intolerabel hoch ist. Wir empfehlen deshalb - Sie wissen das - eine Überwindung des gegliederten Schulsystems und die Einführung längeren gemeinsamen Lernens bis einschließlich Klassenstufe 8.

Meine Damen und Herren, ebenso konkret sind unsere Empfehlungen zur externen Evaluation von Schulen. Auch hierzu hat es eine mündliche Anhörung des Bildungsausschusses gegeben, und zwar in der 33. Sitzung. Es waren seinerzeit Experten anderer Bundesländer zugegen und auch die ThILLM-Leitung. Die Anhörung hat zweifelsfrei ergeben, dass die in Thüringen bestehenden personellen und materiellen Rahmenbedingungen für die externe Evaluation von Schulen im Vergleich mit den anderen Bundesländern unzureichend sind. In Rheinland-Pfalz beispielsweise arbeitet die Agentur für Qualitätssicherung, Evaluation und Selbstständigkeit von Schulen als völlig eigenständige Einrichtung und mit guter personeller und materieller Ausstattung. Ihr bayerisches Pendant ist zwar formell an einem Staatsinstitut angesiedelt, verfügt aber ebenfalls über eine bemerkenswerte Eigenständigkeit sowie über sehr hohe personelle und finanzielle Ressourcen. Auffällig ist bei beiden Einrichtungen zudem ihr Besatz mit wissenschaftlich ausgebildetem Personal. In Thüringen dagegen gibt es lediglich eine mit einer Vollzeitstelle ausgestattete Koordinierungsstelle, bei der die Schulen sich zur Evaluation anmelden sowie zur Ausbildung und Begleitung der Evaluationsteams eine einzige Angestellte beim ThILLM und diese ThILLMMitarbeiterin kann zudem lediglich etwa 50 bis 60 Prozent ihrer Arbeitszeit in die Evaluationsbegleitung investieren, da sie auch noch mit anderen Tätigkeiten belastet ist. Derart dürftige personelle Rahmenbedingungen sind im Bundesvergleich schlichtweg indiskutabel. Das hat die Anhörung des Ausschusses in aller Deutlichkeit, Herr Minister Müller, vor Augen geführt. Angesichts dessen ist es mir schleierhaft, warum die CDU in ihren Empfehlungen mit keiner Silbe auf die dringend notwendige Professionalisierung der externen Evaluation von Schulen in Thüringen eingeht. Hier gibt es ein ganz reales, massives Problem. Daran können Sie sich nicht mit ein paar Floskeln und inhaltlichen Schlagwörtern wie „zyklischer Qualitätsmanagementprozess“ vorbeimogeln. Hier ist Handeln gefragt. Unsere Empfehlung

an den Landtag lautet daher, dem Beispiel anderer Bundesländer zu folgen und schulgesetzliche sowie auch haushaltsrechtliche Voraussetzungen für die Etablierung einer eigenständigen Agentur für Bildungsqualität zu schaffen.

Meine Damen und Herren, damit komme ich zum letzten Punkt, der Erzieherausbildung. Auch sie ist in der jetzigen Form einer unspezifischen Breitbandausbildung von den im Ausschuss angehörten Fachwissenschaftlern der FSU Jena als unzureichend kritisiert worden. Ziel Thüringens müsse es sein, so die Jenaer Experten, das in anderen Bundesländern angestrebte Niveau zu erreichen, und zwar eine grundständige Qualifizierung auf akademischem Niveau - damit sind nicht die Bundesländer gemeint, sondern wirklich die anderen Länder. Die von der FH Erfurt angebotene akademische Weiterqualifizierung von Erziehern sei ein richtiger Weg, der weiter beschritten und dann auch konsequent in die primäre Ausbildung geführt werden müsse. Auch das ist ein ganz klares Anhörungsergebnis, dem sich die Bildungspolitik stellen muss. Was aber passiert bei der CDU? Sie werden es schon erraten. Es passiert wieder einmal nichts. In den Empfehlungen der Mehrheitsfraktion ist auch von diesem Themenfeld keine Rede. Erneut verschließt die CDU einfach die Augen vor der Realität und ist felsenfest davon überzeugt, damit auch das wesentliche Problem aus der Welt geschafft zu haben.

Bei einer solchen Vogel-Strauss-Politik, meine Damen und Herren, machen wir nicht mit. Wir stimmen mit den Anzuhörenden überein, dass in Thüringen die Erzieherausbildung den zeitgemäßen pädagogischen und erzieherischen Anforderungen an das Fachpersonal wirklich gerecht werden muss. Wir empfehlen wirklich auch die gesetzlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Erzieherausbildung auch auf Fachhochschulniveau zu schaffen. Da geht es nicht um die Abschaffung der Fachschulen, Herr Minister Müller. Da geht es um die Kooperation mit Fachschulen. Natürlich müssen wir die Fachschulen mitnehmen und auch die praktische Kompetenz, die dort vorhanden ist, aber wir müssen den Weg gehen, hier auch eine primäre Ausbildung in Kooperation mit den Fachschulen und den Fachhochschulen zu erreichen.

In diesem Zusammenhang muss auch noch ein anderer Punkt erwähnt werden. Wer den Bildungsplan erfolgreich umsetzen will, braucht nicht nur pädagogisch gut qualifiziertes Personal, das wissen wir, er braucht vor allem auch genügend Personal. Wir alle wissen, dass in Thüringen inzwischen rund 2.000 Erzieherstellen fehlen. Diese Lücke wird auch nicht durch die jüngste Initiative der CDU geschlossen. Das Vorhaben der Landesregierung - auch das haben wir ja gestern intensiv diskutiert - ist zudem

nicht solide durchfinanziert. Das geht auch zulasten der Kommunen und taugt allenfalls als Ablenkungsmanöver im Wahlkampf. Vor diesem Hintergrund, das sage ich eindeutig, wünsche ich, dass das Volksbegehren zur Familienpolitik Erfolg hat.

Meine Damen und Herren, an drei Beispielen aus dem Empfehlungsteil des Ausschussberichts habe ich Ihnen den Unterschied zwischen verantwortungsvoll handelnder, an Problemlösungen orientierter Bildungspolitik und dem von der CDU betriebenen Wortgeklingel verdeutlicht. In sämtlichen Problemfeldern, die in unseren sechs Empfehlungen thematisiert werden, haben wir bereits eine Vielzahl parlamentarischer Initiativen ergriffen. Dass sie von der Mehrheitsfraktion stets abgelehnt worden sind, spricht für sich. Wahrscheinlich wird sich die CDU auch heute wieder darüber freuen, dass sie unsere bildungspolitischen Anstöße dank der eigenen Parlamentsmehrheit ohne Weiteres ignorieren kann. Aber, ich sage Ihnen, das ist ein Pyrrhussieg. In den aktuellen repräsentativen Umfragen zeigt sich deutlich, welcher Partei die Thüringer Bürgerinnen und Bürger bildungspolitische Kompetenz zuschreiben. Die regierende CDU ist das jedenfalls nicht. Danke.

(Beifall SPD)

Für die CDU-Fraktion hat sich Abgeordneter Emde zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, liebe Kollegen im Thüringer Landtag, wir haben vor zwei Jahren die Große Anfrage zur Bildungsverantwortung in Kindergärten und Schulen gestellt und es war damit unser Ziel, die landesspezifische Situation zu analysieren und daraus landesspezifischen Entwicklungsbedarf aufzuzeigen. Politisch wollten wir diskutieren, aber auch mit Fachleuten in Ausschüssen und bei Anhörungen ins Gespräch kommen, um die Thüringer Bildungslandschaft weiter voranzubringen. Natürlich waren auch die Ergebnisse der Enquetekommission aus der letzten Legislaturperiode Anknüpfungspunkt.

Meine Damen und Herren, in diesen zwei Jahren wurde auch zwischen den Ländern und dem Bund das Thema der Kompetenzverteilung in der Föderalismuskommission neu vereinbart und es ist klar gesagt worden, dass die Länderkompetenz für Bildung und Schule gestärkt ist. Das ist auch mit der SPD vereinbart worden, auch wenn in Thüringen öffentlich, u.a. durch Herrn Döring, immer ein anderer Eindruck erweckt wird.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Es tut mir leid.)

Bildung ist Ländersache und das hat auch die SPD so mit unterschrieben. Wir sagen ganz klar Ja zum Bildungsföderalismus, denn damit ist es in einem Wettbewerb möglich, dass wir in Thüringen Schulbildung auf hohem Niveau haben und sichern, auf einem deutlich höheren Niveau, als es uns die SPDgeführten Bundesländer jemals vorgemacht haben.

Thüringer Schüler haben in der 9. Klasse einen Lernvorsprung von bis zu zwei Jahren gegenüber Schülern, die in den von der SPD eingeführten Gesamtschulen ohne Leistungsanspruch und in großer Gleichmacherei lernen.

(Zwischenruf Abg. Döring, SPD: Das ist doch nicht wahr.)

Herr Döring, es ist so und das können Sie auch nicht negieren. Sie werfen uns vor, wir würden PISA und andere Studien nicht lesen. Ich will das jetzt gar nicht als Vorwurf zurückgeben, aber man muss die Realitäten auch mal akzeptieren und sie aussprechen und zum sachlichen Dialog finden, wenn man gute Schule machen will. Hier geht es nicht um irgendeine Frage, sondern um die behutsame Frage: Wie schaffen wir es, das Beste für unsere Kinder zu tun? Ich sage Ihnen, natürlich sind wir stolz darauf, dass wir es in Thüringen nach der Wiederherstellung der deutschen Einheit geschafft haben, die Thüringer Schule und den Thüringer Kindergarten bei den Ländervergleichen ganz nach vorn zu bringen. Das sei eben auch noch mal so gesagt. Wir sind in diesen Ländervergleichen ganz vorn, anders als Sie es immer wieder suggerieren wollen. Thüringer Schüler, die 15-Jährigen und die Grundschullehrer sind auch in so manchem speziellen Lernbereich international vorn, um das mal ganz deutlich zu sagen und nicht immer den Eindruck hier so stehenzulassen, es wäre alles ganz schlecht und Thüringer Schüler wären weltweit abgehängt.

Herr Döring, auch wenn Sie jetzt vielleicht wieder unken wollen, wir haben dies auch mit einem sehr, sehr hohen finanziellen Einsatz erlangt. Ich nenne nur mal eine Zahl, 6.600 € je Schüler in den allgemeinbildenden Schulen, das ist ein internationaler Spitzenwert und in Deutschland von allen Flächenländern absolute Spitze. Oder ich nehme auch nur mal heraus das Beispiel, dass wir in der Finanzierung der Kindergärten den höchsten Landesanteil tragen überhaupt in Deutschland. Über die Ausgaben von Hochschulen usw. will ich gar nicht reden. Ich will nur auch dieser Geschichte mal ein Ende bereiten, wo immer gesagt wird, es wäre Ziel der Landesregierung, bei dem Thema Bildung zu sparen. Das ist überhaupt nicht unser Ziel und wer das

möchte, kann überall die Zahlen nachlesen, dass dies in keinster Weise der Realität entspricht. Im Gegenteil, wir haben sehr, sehr hohe Bildungsausgaben und das soll sicherlich auch in Zukunft so bleiben. Wir haben aber neben diesem hohen finanziellen Anteil auch vernünftige Entscheidungen zu inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltungen von Schule getroffen. So waren wir zum Beispiel Vorreiter bei der Verkürzung der Abiturzeit auf acht Jahre. Das wird nun mittlerweile in allen Bundesländern so nachgeahmt mit größten Schwierigkeiten. Wir sind das einzige Bundesland bis heute, das die Horte als integraler Bestandteil der Grundschulen betreibt. Wir waren das erste Land mit Sachsen zusammen, die die Regelschule eingeführt haben, wo Haupt- und Realschulgang zusammengeführt sind. Und, das sei auch mal gesagt, nach dem Besuch der Regelschule sind es immer noch ein Fünftel ihrer Abgänger, die danach die Studierfähigkei, z.B. in unseren Berufsschulen, erlangen. Also, es ist ja nicht der einzige Weg, nach der vierten Klasse das Gymnasium zu besuchen und dann noch den Weg hin zur Universität zu finden, sondern es gibt eben den gestuften Weg über die Regelschule, die berufsbildende Schule und andere, dann eben hinzukommen zum Studium. Und das sei eben auch einmal ganz klar gesagt, dass ganz viele Schüler in Thüringen diesen Weg wählen und das ist ein erfolgreicher Weg.

(Beifall CDU)

Wir haben Ganztagsangebote in Thüringen, danach können sich andere Bundesländer nur die Finger lecken. Das betrifft sowohl die Grundschulen, das führte ich schon aus, das betrifft aber auch die weiterführenden Schulen, da sind wir in Deutschland Spitzenreiter.

Als letzten Punkt möchte ich nur noch mal anführen, auch unsere Lehrpläne - es ist ja auch ganz wichtig, was inhaltlich in Schule passiert - sind Exportschlager an alle deutschen Schulen in der ganzen Welt und sind Vorbild mit ihrem Kompetenzmodell für andere Lehrpläne. Wir sagen also Ja zum Wettbewerb und beste Bildung zwischen den Ländern, aber wir sagen auch Ja zu verbindlichen Standards, die vereinbart sind zwischen allen Bundesländern und deren Einhaltung muss kontrolliert werden. Wir sagen auch Ja zu Leistungsvergleichen, haben uns nie davor gedrückt wie die Sozialdemokraten jahrelang. Leistungsvergleiche auch, damit transparent ist, wo unsere Kinder in Deutschland die beste Schule durchlaufen und damit der Wettbewerb ausgelebt werden kann.

Meine Damen und Herren, nicht ein einziges sozialdemokratisch geführtes Bundesland findet sich bisher im nationalen Ranking an der Spitze wieder, nicht ein einziges SPD-geführtes Land, das sollte

allen Bürgern zu denken geben, bevor sie sich den bildungspolitischen Verheißungen der politischen Linken zu mehr Bildungsgerechtigkeit, angeblicher Bildungsgerechtigkeit, hingeben.

Meine Damen und Herren, in den nächsten Jahren kommt es nicht darauf an - die LINKE ist ja massiv, die SPD eher verhalten fordernd -, die Thüringer Bildungslandschaft radikal umzustrukturieren.

Meine Damen und Herren, wer bereits in Deutschland Spitze ist, der müsste doch mit dem Klammersack gepudert sein, wenn er alles umwirft und die Pyramide vom Fuß auf den Kopf setzt. Nein, darauf kommt es überhaupt nicht an, nicht ein völliges Umkrempeln, sondern wir müssen kontinuierlich weiterarbeiten.

(Beifall CDU)

IGLU, PISA-Ländervergleiche, andere Studien haben ganz klar gezeigt, dass wir gute Lernleistungen erzielen mit unseren Thüringer Schulen, anders als es immer wieder herausgezogen wird. Herr Döring, und ich sage es Ihnen noch mal ganz klar, Sie können die PISA-Ergebnisse nicht leugnen. Es ist eben so, dass es in Thüringen deutlich bessere Werte gibt, was die Abhängigkeit der Lernleistung vom sozialen Status angeht. Wir sind auch dort in Deutschland ganz vorn. Und wir als CDU sagen auch nicht, dass das damit erledigt ist, sondern natürlich ist das auch für uns ein Thema, muss es eines bleiben, es ist aber genauso gut in allen anderen Ländern dieser Welt nach wie vor noch ein Thema. Selbst in Finnland, bei unserem Besuch des Bildungsausschusses, haben wir das als ein Problem herausgehört. Ich sage Ihnen auch einmal eines, wir sind nicht zufrieden damit, dass man, wenn man aus einer Familie mit niederem Bildungsniveau und aus einem niederen sozialen Niveau kommt, schlechtere Chancen im Schulsystem hat. Aber man kann diese Faktoren am Ende nicht negieren. Sie werden immer da sein. Wichtig ist, dass man trotzdem gleichermaßen Leistung abfordert, egal, wo das Kind herkommt. Wie gesagt, das bleibt für uns ein Ziel. Wir sind aber, um es noch einmal ganz klar zu sagen, an der Stelle viel, viel besser als alle anderen Bundesländer und viel besser als die Bundesländer, die eben mit ihrer Hilfe die Gesamtschulen eingeführt haben. Das war ja das große Ziel von Gesamtschulen und man hat es nicht erreicht. Sie können es in den Studien nachlesen, dass eine Gesamtschule vielleicht während der Schulzeit förderlich ist bei dieser sozialen Frage. Aber sobald man in die Berufswahl eintaucht, ist alles wieder hinüber und es kommt darauf an, aus welchem Elternhaus man stammt. Es bleibt also nach wie vor eine gesellschaftliche Frage und nicht nur eine Frage von Schule.

Meine Damen und Herren, wir brauchen schrittweise Weiterentwicklungen und Investitionen in die Qualität der Arbeit unserer Kindergärten und Schulen. Das heißt nicht nur, immer mehr Ressourcen in die Hand zu nehmen. Wir haben höchste Werte - Ausgaben je Schüler, kleine Klassen, kleine Schulen, hoher Fachkräftebestand, hoher Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt. Das lässt sich für uns Thüringer auch nicht mehr unendlich steigern. Wer sich ein wenig mit Haushaltspolitik beschäftigt, der weiß, dass es dem Freistaat und den Kommunen gar nicht mehr möglich sein wird, diese Ausgaben unendlich zu steigern. Deswegen muss unser Hauptaugenmerk darauf gerichtet sein, die Effizienz der Bildungsprozesse mehr in den Focus zu rücken und zu steigern, denn es gibt, meine Damen und Herren, andere Länder in Europa und in der Welt, die mit weniger Bildungsausgaben trotzdem bessere Ergebnisse erreichen. Das sollte uns zum Vorbild dienen. Nun gibt es verschiedene Wege dahin.

Herr Döring, eines nehme ich mir nicht an. Wenn Sie mir und uns als CDU-Fraktion unterstellen, wir würden alles nur in einer rosaroten Wolke sehen und meinen, das, was die Landesregierung tut und was die Schulaufsicht tut, ist alles gut und richtig und da brauchen wir eigentlich nur noch nicken und begleiten - nein, nein, das ist nicht so. Das wissen Sie auch ganz genau. Ich denke, wir sind da selbst unsere größten Kritiker. Wir führen den ständigen Dialog mit den Pädagogen, mit den Eltern, um die einzelnen Schritte, die eingeleitet sind, kritisch zu begleiten, ggf. zu korrigieren, auch einmal einen Schritt zurückzugehen und dann vorsichtig den nächsten Schritt zu gehen. Aber was wir nicht tun, ist, Ihre radikalen Wünsche und Forderungen umzusetzen, weil wir der Auffassung sind, dass wir damit Schulen nur schaden. Wir wollen auf Kontinuität setzen.

(Beifall CDU)

Was sind Wege, die wir in der nächsten Zeit weiter einschlagen wollen? Da ist zum einen eine wachsende Eigenverantwortung von Schulen - und dies in rechtlicher, materieller und personeller Hinsicht. Wir sind da gemeinsam einer Meinung, dass das ein Weg ist. Sogar DIE LINKE meint ja teilweise, dass das ein richtiger Weg ist. Nun unterscheiden wir uns nur in der Frage, wie radikal, wie schnell geht man die verschiedenen Schritte. Es ist auch nicht so, Herr Döring, dass sich hier nichts getan hätte. Die Schulen haben Budgets für Personal, noch nicht alle Schulen, aber schrittweise wird es eingeführt. Die Schulen reden mit bei der Neueinstellung von Personal. Die Schulen haben Fortbildungsbudgets. Viele Schulen verfügen über Sachmittelbudgets. Die Schulen haben Freiheiten in der Lehrplangestaltung und wir haben flexible Stundentafeln. Alles das sind Dinge, wo Schulen frei entscheiden und ihre Kreativität aus

leben können hin zu mehr Qualität von Schule. Wir wollen diesen Weg weiter mit den Schulen gemeinsam beschreiten. Aber immer schön step by step, denn es bringt uns nichts, wenn wir in Sackgassen rennen und dann keine Erfolge einfahren.

(Beifall CDU)

Ein weiterer Weg hin zu mehr Qualität von Schulunterricht ist die Frage des Unterstützungssystems, das wir Schulen an die Hand geben. Na klar, Herr Döring, wir können auch ein neues Institut schaffen. Wir können das eigenständig gestalten, wir können das mit Personal ausstatten. Bloß was wird dadurch besser? Zieht man mit diesem Institut dann vielleicht wieder Personal aus Schulen ab? Ich denke, wir müssen immer hinschauen, dass viel Personal direkt am Schüler ankommt und nicht irgendwo anders steht. Das gilt zum Beispiel auch für die Schulaufsicht und ich sage das durchaus mal mit einem etwas kritischen Blick. Aber unser Gespräch im Bildungsausschuss mit den Vertretern aus anderen Bundesländern, wie gestaltet man denn nun den Weg hin zu mehr Unterricht und Schulqualität, hat doch gezeigt, dass es nicht unbedingt Sinn macht, ein eigenes Institut zu haben, das sich vorrangig mit der Erhebung von Daten beschäftigt und am Ende aber nicht unbedingt etwas rüberkommt in die tatsächliche Qualität des Unterrichts. Ich halte unseren Weg, den wir eingeschlagen haben mit den Schulämtern als Qualitätsagenturen, mit den Evaluationsteams, die wir haben, begleitet natürlich durch das ThILLM und durch das Kultusministerium, für einen richtigen Weg. Das wurde uns durchaus auch von anderen Ländern als ein richtiger Weg bescheinigt. Wir sollten diesen Weg weiterhin kritisch begleiten. Ihr Ruf nach einem neuen Institut ist, glaube ich, eher ein Rückschritt.

Was ist auch wichtig in diesem Prozess? Das ist die wachsende und angemessene Rechenschaftslegung von Schulen, denn man kann nicht auf der einen Seite sagen, wir sind immer mehr selbstständig und eigenverantwortlich, aber auf der anderen Seite niemandem mehr rechenschaftspflichtig sein. Das ist eine Sache, die ist sicherlich in der letzten Zeit noch nicht genügend stark zum Ausdruck gekommen. Hier sollte mehr Augenmerk darauf gelegt werden. Ganz klar, wir sind nicht für ein Ranking von Schulen, das man dann irgendwo in der Bildzeitung oder wo auch immer lesen kann, da sind wir uns als Pädagogen einig, aber öffentliche Rechenschaftslegung der Schulen sicherlich gegenüber den Kultusbehörden, aber auch gegenüber den Eltern und Schulkonferenzen, da müssen wir noch deutliche Schritte nach vorn gehen.

Ich sage es auch ganz kritisch, was noch die nächsten Dinge sind, die angegangen werden müssen. Natürlich gehört dazu, das Problem zu lösen, was die

Einstellung jungen Personals an unseren Schulen angeht und auch an Kindergärten. Aber, Herr Döring, Ihre Rechnungen, was das Personal in Schulen angeht und auch in Kindergärten, die sind sowieso immer sehr, sehr wenig nur nachvollziehbar, weil Sie offensichtlich einfach vernachlässigen, dass es dort sehr differenzierte Entwicklungen gibt. Wir können nur in dem Maße junge Leute einstellen, wie andere Leute, andere Lehrer und Personal aus dem Schuldienst ausscheiden.