Hätten sie das getan, wäre a) dem Steuerzahler viel Geld erspart geblieben und b) Ihnen natürlich auch eine von Ihnen wahrscheinlich vermutete Wahlkampfparole. Aber das kann ja nicht Sinn und Zweck eines Rechtsstaats sein. Sie müssen schon mal da
von ausgehen, dass Polizisten nun mal eine staatliche Gewalt ausüben. Dafür sind sie da. Dafür werden sie bezahlt. Ich glaube, dass die große Mehrheit der Thüringer Bürgerinnen und Bürger auch von der Polizei erwartet, dass sie geschützt werden und dass die Polizei für Recht und Ordnung sorgt. Vielen Dank.
Werte Frau Präsidentin, werte Kollegen, in mir kocht es. Das sage ich offen und ehrlich. Es kocht in mir, wie hier bestimmte Dinge verharmlost werden. Ich war auch mal jung, habe lange Haare gehabt, habe auch einen Bart getragen. Das war in der Zeit des Prager Frühlings, meine Damen und Herren. Da gab es in Arnstadt eine Demonstration, an der auch ich teilgenommen habe. Was meint ihr, was die Herrschaften von der Polizei, die damals den Befehlen gehorchen mussten, mit uns gemacht haben?
Was habt ihr denn mit uns gemacht? Ihr habt uns mit kaltem Wasser abgestrahlt, ihr habt uns verprügelt, ihr habt sonst etwas gemacht. Das muss den Jungen einmal gesagt werden. Was wäre denn passiert, wenn das zu DDR-Zeiten passiert wäre?
Was hättet ihr denn mit denen gemacht? Ihr verharmlost zu sehr und ich habe es euch schon einmal gesagt, in den alten Parlamenten drüben, ihr habt nach wie vor in eurem Programm - und das habt ihr bis heute noch nicht geändert - die Beseitigung dieses Staatssystems. Da seid ihr für mich die Staatsfeinde.
Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Kann ich davon... Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Fiedler.
Frau Präsidentin, es ist vielleicht von hier oben nicht zu sehen, schauen Sie einmal, wie die Frau Abgeordnete Hennig hier in dem Hause sitzt während dieser Diskussion, sie legt die Füße auf den Tisch. So ist Ihre innere Einstellung, wie Sie mit diesem Parlament umgehen. Ich kann Ihnen nur sagen: Pfui!
Wir sollten uns jetzt wieder dem Thema zuwenden und uns auch ein bisschen mäßigen, die Emotionen wieder ein Stück zurückschrauben. Deswegen frage ich jetzt, ob das Berichtsersuchen erfüllt ist oder ob sich dagegen Widerspruch erhebt. Es erhebt sich kein Widerspruch, damit ist das Berichtsersuchen erfüllt. Ich kann diesen Tagesordnungspunkt schließen.
Tätigkeitsbericht 2008 der Lan- desbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/5126 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/5192 - Begründung vonseiten der CDU ist nicht angesagt worden. Wünscht die SPD das Wort zur Begründung zum Entschließungsantrag? Das ist auch nicht der Fall. Die Landesregierung hat angekündigt, Sofortbericht zum Antrag zu erstatten. Das Wort hat Frau Ministerin Lieberknecht.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, zum vorliegenden Antrag der Fraktion der CDU möchte ich folgenden Sofortbericht abgeben, indem ich damit beginne, dass ich es ausdrücklich begrüße, dass ganz besonders auch in diesem 20. Jahr der friedlichen Revolution die Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit und deren Aufarbeitung nach wie vor auf der Tagesordnung steht und auch not
wendig ist. Ich glaube, gerade vor dem Hintergrund der eben geführten Debatte umso notwendiger, nicht zuletzt auch, um die Unterschiede eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats, in dem wir heute leben, im Unterschied zur Diktatur, zum Stasi-System zu DDR-Zeiten herauszustellen. Die friedliche Revolution hat gezeigt, dass mündige Bürgerinnen und Bürger ein Unrechtsregime mit friedlichen Mitteln überwinden können. 1989 wäre nicht möglich gewesen ohne all diejenigen, die in der DDR schon Jahre und Jahrzehnte zuvor für Freiheit, Bürgerrechte und Demokratie sich eingesetzt haben. Zehntausende büßten ihren Mut und ihre Zivilcourage mit mehrjährigen Haftstrafen, viele, gerade in frühen Jahren, auch mit dem Tod. Ich denke auch an den Bürgerwiderstand, an die vielen mutigen Frauen und Männer, die für Freiheit und Demokratie eingetreten sind. Zu nennen sind die Umweltbibliotheken, das Engagement in den Kirchen oder auch das Engagement vieler Künstler und Wissenschaftler in Oppositionsgruppen. Diesen Menschen haben wir viel zu verdanken, nicht zuletzt auch die Aufdeckung der Wahlfälschung vom 7. Mai 1989, also gestern vor 20 Jahren, die ja auch noch einmal einen Schub gegeben hat für das, was wir dann im Herbst 1989 erleben konnten. Nicht vergessen werden darf auch, dass diese Menschen deshalb in das Visier des Staatssicherheitssystems der ehemaligen DDR gerieten und zum Teil heute noch unter den Folgen des SED-Unrechts zu leiden haben, weil sie sich für Demokratie eingesetzt haben, sei es, dass sie durch Bespitzelung oder Inhaftierung traumatisiert wurden, sei es, dass ihnen aus politischen Gründen Lebenschancen vorenthalten wurden.
Der Tätigkeitsbericht 2008 der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR ist dabei sehr hilfreich für die Arbeit der Landesregierung. Er ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass es weiterhin notwendig ist, sich für die SED-Opfer einzusetzen. Ich danke deshalb der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Hildegund Neubert und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an dieser Stelle ganz herzlich für die geleistete Arbeit, für ihr großes Engagement, die auch die anderen Länder auf Thüringen blicken lassen in diesem Bereich.
Im Rahmen des Sofortberichts kann ich nicht auf alle Details, Fakten und Aussagen des Tätigkeitsberichts eingehen, sondern dem Antrag der Fraktion der CDU entsprechend den Schwerpunkten auf die Beantwortung der drei formulierten Fragestellungen folgen.
Zuerst ist nach den allgemeinen politischen Schlussfolgerungen gefragt, die die Landesregierung aus dem Tätigkeitsbericht zieht. Da die wesentliche rechtliche Grundlage der Arbeit der Landesbeauftragten das Stasiunterlagengesetz ist, möchte ich zunächst auf diesen Aufgabenbereich eingehen. Es war die Initiative der Thüringer Landesregierung, die zu einer Verbesserung des Stasiunterlagengesetzes und zur Änderung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften im Dezember 2007 geführt hat. Diese finden sich im 7. Gesetz zur Änderung des Stasiunterlagengesetzes vom 21. Dezember 2006 wieder. Ich bin im Übrigen außerordentlich dankbar, dass auch für die Landesregierung flankierend immer wieder die Beschlussfassung hier im Hohen Haus auf CDU-Initiative maßgebend gewesen ist, deswegen auch Dank ausdrücklich an die Mehrheitsfraktion dieses Hauses dazu.
Aus Thüringer Sicht war es besonders erfreulich, dass die Länder unsere Position unterstützt haben und im Interesse aller Opfer des SED-Regimes kein Schlussstrich unter die Stasivergangenheit gezogen wurde. Mit diesem Gesetz wurde neben der Frage der Überprüfung auch der Bereich der wissenschaftlichen und publizistischen Nutzung der Stasiunterlagen erweitert. Das Aktenmaterial kann nun auch allgemein zur Aufarbeitung der Herrschaftsmechanismen der sowjetischen Besatzungszone und der DDR verwendet werden. Die Bewertung im Tätigkeitsbericht, dass der erleichterte Aktenzugang zu einer verbesserten und beschleunigten Bearbeitung von Forschungsanträgen geführt hat, ist erfreulich. Der Faktor Zeit spielt gerade für die älteren SED-Opfer eine wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang möchte ich die Arbeit und den engagierten Einsatz der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der historisch-politischen Bildungsarbeit und bei der landesgeschichtlichen Forschung und Aufarbeitung besonders hervorheben und würdigen.
Auch aus Sicht der Landesregierung sind die Erforschung der DDR-Vergangenheit noch weiter zu verstärken, die Erinnerungen lebendig zu erhalten und die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn die Beschäftigung mit der Vergangenheit ist kein Selbstzweck. Aus ihr erwachsen Einsichten für die Gestaltung einer besseren Gegenwart und Zukunft und es bilden sich sozusagen Antennen heraus, die Entwicklungen frühzeitig wahrnehmen, die der demokratischen Gesellschaft und Zivilcourage entgegenstehen.
Darüber hinaus sind hier alle Sozialisationsinstanzen, insbesondere Schule und Jugendhilfe, gefordert. Soweit der Tätigkeitsbericht auf die Rehabili
tierung und Wiedergutmachung von SED-Unrecht Bezug nimmt, ist die Unterstützung der SED-Opfer seit Jahren Schwerpunkt im Arbeitsprogramm der Landesregierung. Dazu hat der Freistaat Thüringen zahlreiche Vorhaben auf den Weg gebracht, wie zum Beispiel folgende, die im Zusammenhang mit der Einführung der Opferpension stehen. Bereits im Jahr 2004 hatten die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mit einem Bundesratsantrag damals in der Bundesratsdrucksache 425/04 die Einführung einer Opferpension für ehemalige politische Häftlinge in den jungen Ländern gefordert. Der Freistaat Thüringen hatte im Jahr 2006 in einer weiteren Bundesratsinitiative in der Länderkammer einen Bundesratsbeschluss erreicht, der vorsah, die Fristen zur Antragstellung in allen drei Rehabilitierungsgesetzen um weitere drei Jahre zu verlängern. Diese Forderung wurde mit dem Dritten Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR aufgegriffen und die Antragsfristen um weitere Jahre bis 2011 verlängert. Thüringen beabsichtigt, sich in einer neuen Bundesratsinitiative für eine vollkommene Aufhebung der Antragsfristen einzusetzen.
Dies entspricht auch den Intentionen des vorgelegten Tätigkeitsberichts. Auch der im Jahre 2006 in Auftrag gegebene und im Jahr 2008 vorgelegte Forschungsbericht zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen zählt zu den Vorhaben der Landesregierung, die zur Verbesserung der Situation der SED-Opfer beitragen sollen. Der vom Jenaer Zentrum für empirische Sozial- und Kulturforschung e.V. erstellte Bericht beschreibt die soziale Lage der SED-Opfer aus juristischer, soziologischer und zeithistorischer Perspektive. Die Analysen und die umfangreiche Datenbasis bieten eine fundierte Grundlage für die Ableitung des weiteren Handlungsbedarfs in diesem Wissenschafts- und Politikfeld. Damit leistet dieser Bericht insbesondere im 20. Gedenkjahr der friedlichen Revolution einen wertvollen Beitrag, um für dieses Thema zu sensibilisieren und die sachliche Auseinandersetzung mit der jüngeren Zeitgeschichte zu vertiefen. Diese wissenschaftliche Untersuchung ist leider aber einmalig bisher in Deutschland und findet entsprechend große Beachtung - auch hier ist Thüringen also vorangegangen.
Die Ergebnisse des Forschungsberichts wurden am 17. Dezember 2008 im Plenarsaal des Thüringer Landtags im Rahmen eines Kongresses, an dem über 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der gesamten Bundesrepublik teilnahmen, der Öffentlichkeit vorgestellt. Breiten Raum nehmen im Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheits
dienstes der ehemaligen DDR die Beratungstätigkeit der Betroffenen von SED-Unrecht und der Opferverbände sowie die Unterstützung der Arbeit der Thüringer Beratungsinitiative ein. Dafür bildet die Förderung der Opferverbände und der Beratungsinitiative durch die Landesregierung eine wichtige Grundlage. Seit mehreren Jahren gibt es bereits vom Freistaat geförderte Beratungsstellen der Opferverbände. Entsprechend der Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen an Opferverbände des SED-Unrechts vom 19. Februar 2009 bezieht sich die Förderung bei den Verbänden auf Sachausgaben der bestehenden Beratungsstellen sowie Projekte und Betreuungsmaßnahmen. Um die Fristverlängerung für die Antragstellung von SED-Opfern zu Rehabilitierungsgesetzen optimal zu nutzen und die SED-Opfer thüringenweit zu beraten und zu betreuen, wird in Thüringen seit 2002 eine Beratungsinitiative durchgeführt. Diese wird gemeinsam mit der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin und der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, die die Fachaufsicht übernommen hat, realisiert.
Bei der Bundesratsinitiative wurden damals zwei Stellen - 2002 bis 2007 - geschaffen, die gemeinsam mit zwei Mitarbeitern des Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR mobile Beratungsteams bilden. Ab dem Haushaltsjahr 2008 stehen 1,35 Stellen für die Beratungsinitiative zur Verfügung. Für die Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur erfolgt eine Kofinanzierung in Höhe von jährlich 25.000 €. Mit der Förderung der Bundesratsinitiative und der Förderung der Opferverbände trägt die Landesregierung entscheidend dazu bei, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass betroffene SED-Opfer in ganz Thüringen umfassend beraten und betreut werden. Der Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR liefert nicht zuletzt Beispiele und umfangreiches Argumentationsmaterial für die Notwendigkeit und Wirksamkeit dieser Angebote.
Insgesamt wurden für die Förderung der Opferverbände und der Beratungsinitiative Landesmittel in Höhe von fast 1,2 Mio. € verausgabt. Bei der Beratung und Betreuung der SED-Opfer darf und wird die Unterstützung der Landesregierung auch in Zukunft nicht nachlassen. Auch die regelmäßigen Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen zwischen der Landesbeauftragten des Freistaats Thüringen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und den Thüringer Opferverbänden sollten fortgeführt werden. Sie sind ein wichtiges Instrument der Zusammenarbeit und fördern die Beratungs- und Vertretungskompetenz der Opferverbände des SED-Unrechts. Neben Vorträgen zu Sach
themen steht schwerpunktmäßig der Austausch zu Beratungsproblemen und zu aktuellen Fragen auf der Tagesordnung. Aus diesem Grund wurde die Teilnahme an diesen Veranstaltungen auch als eine von mehreren Zuwendungsvoraussetzungen in die zuvor benannte Richtlinie zur Gewährung von Zuschüssen an Opferverbände des SED-Unrechts aufgenommen. Wie wertvoll und zielführend dieser Austausch ist, konnte ich selbst bei meiner Teilnahme an dieser Runde Anfang des Jahres erfahren, als ich mit den Vertreterinnen und Vertretern der Opferverbände ins Gespräch kam, um u.a. die Ergebnisse des Forschungsberichts zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen und des dazugehörigen Kongresses zu diskutieren.
Zur 2. Frage: Wie beurteilt die Landesregierung die Erfahrungen mit der Opferrente? Dazu möchte ich Folgendes ausführen: Die Entscheidung für eine Opferpension gehört sicherlich zu den besonders politisch wichtigen Punkten in dieser Legislaturperiode, da damit ein Stück mehr soziale Gerechtigkeit ermöglicht werden konnte.
Auch, wenn nicht alle Thüringer Forderungen erfüllt werden konnten, begrüßt die Thüringer Landesregierung dieses Gesetz ausdrücklich, da es für viele SED-Opfer doch eine Verbesserung ihrer Lebenssituation bringt. Die Gewährung einer Opferpension stellt eine symbolische finanzielle Anerkennung der erlittenen Nachteile und Schädigungen dar. Es ist sichtbarer Ausdruck für den besonderen Wert, den unsere Gesellschaft dem Handeln von Menschen beimisst, die sich gegen Diktatur der SED gewehrt und um den Preis erheblicher persönlicher und sozialer Nachteile und unter Einsatz ihres Lebens für Freiheit und Demokratie eingesetzt haben.
In Thüringen gingen bis Ende März 2009 7.770 Anträge für eine besondere Zuwendung für Haftopfer im zuständigen Thüringer Landesverwaltungsamt ein. Mit Datum vom 31. März 2009 sind bereits 5.550 Bewilligungsbescheide und 54 Ablehnungsbescheide erlassen worden. Die Ablehnungen erfolgten insbesondere wegen der Dauer der Freiheitsentziehung von weniger als 6 Monaten und Ausschließungsgründen gemäß § 16 Abs. 2 des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes. Ca. 18 Monate nach Beginn der Auszahlung zeigt sich, dass die Opferpension bei den Antragstellern, die diese Leistung erhalten, eine positive Resonanz hervorgerufen hat. Auffallend viele Berechtigte haben sich fernmündlich, aber auch schriftlich beim Thüringer Landesverwaltungsamt bedankt. Durch das Auszahlungsprogramm ist gewährleistet, dass die Gelder monatlich im Voraus ihre Empfänger erreichen. In nahezu allen Fällen wird das Geld auf ein Konto überwiesen, Bar
aus- bzw. Scheckzahlungen bilden die Ausnahme. Auch die Rückzahlung überzahlter Gelder nach Versterben der Berechtigten geht - von Ausnahmefällen abgesehen - recht problemlos.
Das Thüringer Landesverwaltungsamt, dem diese Aufgabe obliegt, hat bereits mit der turnusmäßigen Überprüfung des weiteren Bestehens der Anspruchsvoraussetzungen begonnen. Auch hier traten bislang keine nennenswerten Schwierigkeiten auf. Gleiches gilt auch für die Überprüfung der Ausschließungsgründe, auch wenn diese naturgemäß sehr zeitaufwendig ist.
Im Zuge einer bundeseinheitlichen Umsetzung des neuen Gesetzes, das eine auf Dauer angelegte Leistung gewährt, waren und sind vielfältige Auslegungsfragen bzw. Probleme in Abstimmung mit dem Bund und den anderen Ländern zu klären. So wurden z.B. in den Bund-Länder-Koordinierungsrunden Regelungen zu Zuständigkeitsproblemen, zum Datenschutz, zur Einkommensberechnung, zu Ausschließungsgründen, zur statistischen Erfassung und vielem anderen mehr einer einheitlichen Lösung zugeführt. Darüber hinaus kristallisierten sich erst im Umsetzungsprozess bestimmte Schwierigkeiten heraus. Trotz der in den Bund-Länder-Koordinierungsrunden festgelegten und erarbeiteten Auslegungshinweise treten in der Praxis bei bestimmten Fallkonstellationen Anwendungsschwierigkeiten bei der Umsetzung auf. Deshalb wurde mit den ausführenden Fachbehörden der Länder weiterer Novellierungsbedarf erörtert, um den vorrangigen und konsensfähigen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Lage der SED-Opfer ableiten zu können.
Der Freistaat Thüringen beteiligt sich aktiv, zuletzt mit einer Sitzung am 31. März 2009 in Erfurt, federführend in der länderoffenen Arbeitsgruppe zur Klärung des Änderungsbedarfs des strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes, insbesondere zur Opferpension. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe, wie z.B. die Verbesserungen bei den Anspruchsberechtigten mit Kindern oder die Verbesserungen für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens, flossen in einen Änderungsantrag zur bestehenden Bundesratsdrucksache 407/08 ein. Darüber hinaus soll durch einen Gesetzesantrag der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Opferpension nicht gezahlt werden an Berechtigte, die neben der rehabilitierten strafrechtlichen Verurteilung auch weitere, nicht rehabilitierungsfähige schwere Straftaten verübt haben. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass der Vollzug des Gesetzes eine Optimierung des Meldedatenabgleichs erfordert. Um dies zu erreichen, soll künftig ein Datenabgleich mit der im Thüringer Verwaltungsamt angesiedelten Entschädigungsstelle nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz ermöglicht werden. Ziel ist es, die
Gesetzmäßigkeit des Leistungsbezugs sicherzustellen und den erhöhten Verwaltungsaufwand der Rückforderung zu Unrecht erhaltener Leistungen soweit als möglich zu begrenzen. Dazu wurde ein Vorschlag erarbeitet, der als § 15 a in die Thüringer Meldeverordnung aufgenommen wird und zurzeit zur justizförmlichen Prüfung im Justizministerium liegt.
Die dritte Fragestellung des Antrags der CDU-Fraktion befasst sich mit der Opfergruppe der verfolgten Schüler. Hierzu möchte ich zunächst auf die gesetzlichen Regelungen und die Rehabilitierungs- und Entschädigungspraxis eingehen. Verfolgte Schüler bilden innerhalb der Beruflichen Rehabilitierungsgesetze eine Sondergruppe. Voraussetzung für einen Anspruch auf Hilfe zur Selbsthilfe als verfolgter Schüler ist, dass ein individueller, politisch motivierter staatlicher Eingriff in die Fortsetzung der Schulausbildung, das Abitur oder die Aufnahme eines Studiums an einer Fach- oder Hochschule verhindert hat. Eine derartige Maßnahme kann etwa eine zu Unrecht erlittene Freiheitsentziehung oder eine rechtsstaatswidrige hoheitliche Maßnahme sein. Die Statistik weist aus, dass mit Stand vom 31. März 2009 in Thüringen bislang 705 Anträge verfolgter Schüler auf Rehabilitierung gestellt wurden. Davon konnten 695 positive Bescheide erteilt werden - also 705 Anträge, 695 positive Bescheide. In zehn Fällen musste der Antrag auf berufliche Rehabilitierung als verfolgter Schüler abgelehnt werden.
Das Berufliche Rehabilitierungsgesetz sieht für diejenigen, die daran gehindert waren, z.B. die POS bis zum Abschluss zu besuchen, oder diejenigen, die auf dem Weg zum Abitur oder zum Studium Opfer einer politischen Verfolgungsmaßnahme geworden sind, folgende Ansprüche vor: Eine bevorzugte Förderung der beruflichen Weiterbildung oder eine bevorzugte Förderung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz, sofern der Ausbildungsabschnitt vor dem 1. Januar 2003 begonnen wurde. Einen Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung und Ausgleichsleistungen bei besonderer Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage nach den Vorschriften des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes können verfolgte Schüler allerdings nicht geltend machen. Somit ist die Problematik bei der Rehabilitierung und Wiedergutmachung für verfolgte Schüler weniger ein Verfahren der Rehabilitierung bei der Rehabilitierungsbehörde als vielmehr im Bereich der Folgeansprüche zu suchen. Praktisch fehlt es an einem wirksamen Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung. Das heißt, in der Praxis kommt es hierbei zu keiner nennenswerten, häufig zu keinerlei Rentenerhöhung.
Verfolgte Schüler haben darüber hinaus keinen Anspruch auf Ausgleichszahlungen, derzeit 184 € monatlich und 123 € monatlich für bedürftige Rentner
nach § 8 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes, wenn sie in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind. Diese Auswirkungen resultieren aus den Vorgaben und Wertungen des Gesetzgebers. Die Begründung des Gesetzes führt dazu aus, dass bei den verfolgten Schülern etwa das Nachzeichnen hypothetischer Kausalverläufe ohne Anhaltspunkte für das Einschlagen einer bestimmten beruflichen Richtung über einen Zeitraum von bis zu 40 Jahren nicht durchführbar sei. Allerdings ist auch zu sehen, wie die ursprüngliche Befristung der Rehabilitierungsgesetze zeigt, dass der Gesetzgeber nicht im Ansatz von der vielmals verlängerten Fortdauer der Möglichkeit, einen Rehabilitierungsantrag zu stellen, ausgegangen ist. Dies hat etwa bei den verfolgten Schülern aufgrund der sich verändernden Altersstruktur zu einer weiteren Schmälerung der Wirksamkeit der Rehabilitierungsleistungen der bevorzugten beruflichen Fortbildung und Umschulung geführt. Dieser Wirkung werden aber Schicksale, wie ich sie kurz nachzeichnen möchte, nicht gerecht. In der ehemaligen DDR war es nicht selten Praxis, dass Schülerinnen und Schüler im Alter zwischen 16 und 19 Jahren von der EOS, Fach- oder Hochschule trotz bester subjektiver Voraussetzungen aus politischen Gründen ferngehalten wurden. Sie hatten bis 1989 nicht die Möglichkeit, das Abitur oder einen akademischen Beruf zu erlangen. Auch nach der friedlichen Revolution war in vielen Fällen wegen des fortgeschrittenen Lebensalters eine Nachholung einer wie auch immer gestalteten Karriere unrealistisch. Damit ist der Personenkreis der verfolgten Schüler die mit am stärksten geschädigte Opfergruppe, gleichzeitig allerdings derjenige mit dem geringsten Nachteilsausgleich. Die Forderung einer Verbesserung der Leistungen für verfolgte Schüler, die dem Tätigkeitsbericht zu entnehmen ist, steht im Kontext der aktuellen Forderungen der in der ehemaligen DDR politisch Verfolgten und Opferverbände, für weitere Opfergruppen eine Verbesserung bei den Entschädigungsleistungen, z.B. eine Opferpension, zu ermöglichen. Dieses berechtigte Anliegen ist auch der Thüringer Landesregierung bekannt. Es wurde von ihr deshalb auch schon im Gesetzgebungsverfahren vor der Einführung der Opferpension auf Bundesebene benannt. Ich erinnere Sie daran, dass die Freistaaten Sachsen und Thüringen bereits am 6. Juli 2007 einen Entschließungsantrag in den Bundesrat eingebracht hatten, der das Ziel hatte, die noch bestehenden Aufgaben bei der Gesetzgebung zur Rehabilitierung und Wiedergutmachung der Opfer der SED-Diktatur aufzuzeigen und weitere gesetzliche Schritte einzufordern. Darin heißt es unter anderem, ich zitiere: „Der Bundesrat sieht darüber hinaus bei weiteren Opfern Handlungsbedarf. Das betrifft beruflich Benachteiligte und Diskriminierte, Zwangsausgesiedelte und Zersetzungsopfer. Dazu müssten Erweiterungen und Ergänzungen im Berufungs- und verwaltungsrechtlichen Re
habilitierungsgesetz in einer Novellierung dieser Gesetze vorgenommen werden.“ Dabei hatte die Thüringer Landesregierung insbesondere die Situation der verfolgten Schüler im Blick. Leider fand, wie Sie wissen, dieser Antrag nicht die entsprechende Mehrheit im Bundesrat. Auch der bereits genannte Forschungsbericht zur sozialen Lage der Opfer des SED-Regimes in Thüringen belegt in Auswertung der lebensgeschichtlich angelegten Interviews, dass viele politisch Verfolgte schon in jungen Jahren in das Visier des Repressionsapparates gerieten. Durch die im Lebenslauf häufig sehr zeitige Kollision mit der staatlichen Ordnungsmacht gerieten die Betroffenen in ihrer weiteren persönlichen, schulischen und beruflichen Entwicklung zum Teil auf ein Abstellgleis. Eine Situation, deren Folgen bis heute nachwirken. Der Bericht belegt eindeutig, dass insbesondere die jüngeren Verfolgten heute materiell gesehen die Folgen des ihnen zugefügten Unrechts zu tragen haben. Somit bietet der Bericht eine fundierte Grundlage für die weitere Diskussion des komplexen Themas der SED-Unrechtsbereinigung und den Handlungsbedarf zur Verbesserung der beruflichen Rehabilitierung verfolgter Schüler.
Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, für die Politik der Thüringer Landesregierung heißt es, sich wie bisher vehement auf Bundesebene für die weitere Verbesserung der Situation der Opfer von SED-Unrecht einzusetzen. Das haben wir bisher getan, auch dank der Unterstützung aus den Beschlüssen des Thüringer Landtags, und das werden wir auch weiterhin tun. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.