Protokoll der Sitzung vom 07.08.2009

(Beifall DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, und dann noch einmal Herr Innenminister, Sie sind Jurist und vielleicht deshalb betriebswirtschaftlich nicht ganz so mit der Materie vertraut,

(Unruhe CDU)

aber Sie haben ja eine Landesregierung und viele Ministerien, und da gibt es sicherlich auch Leute, die betriebswirtschaftlichen Sachverstand haben. Das war übrigens damals das Angebot auch an Herrn Gasser und an Sie - ich bin ja ein ehrenamtlicher Geschäftsführer eines kommunalen Bildungsvereins und wir machen unsere Mandatsträger fit. Wir lernen solche Dinge, weil wir nicht alles wissen, aber manchmal tut Ihnen das auch gut. Ich sage noch einmal, Sie haben ja gesagt, die Gebührenumstellung spart keine Kosten, das ist auch wieder eine Fehlinterpretation. Allein durch die Gebührenumstellung werden Kosten gespart. Ich will jetzt noch einmal versuchen, Ihnen das sachlich darzulegen. Dadurch, dass der Zweckverband über die Gebühren eine hohe Kostentransparenz sichern muss, entsteht ein öffentlicher Druck, eine Wechselwirkung zwischen den Verbrauchern und dem Zweckverband und er wird sich jede Investition genau überlegen, weil die sofort auf die Gebühren durchschlägt. Wenn der Zweckverband aber Beiträge völlig unabhängig vom Verbrauch erheben kann, sondern irgendwie prognostisch bis 2034 denken soll, im Arnstädter Zweckverband geht die Globalberechnung bis 2034, wir wissen manchmal gar nicht, was für Auswirkungen zum Beispiel die Wirtschaftskrise oder Finanzkrise im Oktober hat, das wissen wir nicht. Da sollen die Zweckverbände bis 2034 die Investitionen planen. Bei der Gebührenumstellung passiert eben das nicht. Dadurch entsteht natürlich ein anderes Verständnis zu Kosten und zu Investitionen. Das spart, das ist nachweisbar, weil die Zweckverbände dann ihre Investitionen immer kritisch prüfen. Deshalb sollten Sie den Mut einfach haben, weg von den Beiträgen, weg von einem verbrauchsunabhängigen Investitionsverhalten, hin zu einem Investitionsverhalten, was dem Be

darf und dem Verbrauch entspricht. Da sparen wir Millionen. Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Ich sehe jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr.

Wir können also in das Abstimmungsverfahren gehen und wir stimmen zuerst ab über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/5183. Die Beschlussempfehlung hat die Ablehnung des Gesetzentwurfs empfohlen. Demzufolge stimmen wir direkt über diesen Gesetzentwurf ab, und zwar nach zweiter Beratung. Wer für diesen Gesetzentwurf ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Es gibt keine Stimmenthaltungen. Der Gesetzentwurf ist abgelehnt.

Wir kommen damit zum Zweiten, zur Abstimmung zum Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in Drucksache 4/5333. Dort liegt zuallererst der Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/5433 vor. Ich werde gerade darauf hingewiesen, dass wir zuerst darüber abstimmen müssen über die erneute Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU an den Innenausschuss. Ich würde also jetzt noch einmal zurückkommen auf den Ausgangspunkt. Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU an den Innenausschuss zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind recht wenige. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Es gibt keine Stimmenthaltungen. Die Überweisung an den Innenausschuss ist abgelehnt worden.

Jetzt kommen wir zu dem vorhin schon angekündigten Abstimmungsverfahren, zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/5433. Wer diesem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das sind auch nicht so sehr viele. Ich frage nach den Gegenstimmen. Das ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es nicht. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in Drucksache 4/5428. Wer dieser zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Das ist eine Mehrheit. Ich frage nach den Gegenstimmen. Es gibt einige Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Es gibt keine Stimmenthaltungen. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in Drucksache 4/5333 unter Berücksichtigung, dass die Beschlussempfehlung angenommen ist. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Es gibt einige Gegenstimmen. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es nicht. Der Gesetzentwurf der Fraktion der CDU ist damit angenommen.

Das bitte ich, in der Schlussabstimmung zu bekunden. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. Danke schön. Ich frage nach den Stimmenthaltungen. Stimmenthaltungen gibt es nicht. Ich stelle der Form halber fest, dass die Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Innenausschusses, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und die Schlussabstimmung ohne die Beteiligung der Fraktion DIE LINKE stattgefunden hat.

Herr Abgeordneter Hauboldt.

Frau Präsidentin, ich möchte eine Erklärung zu meinem Stimmverhalten abgeben.

(Unruhe CDU)

Herr Abgeordneter Hauboldt, das ist jetzt schwierig, Sie haben nicht mit abgestimmt. Ich habe das ja jetzt sogar bekundet.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Der hat gar nicht abgestimmt, da kann er keine Erklärung dazu abgeben.)

Würden Sie jetzt mal bitte in den mittleren Reihen mich weiter zu Wort kommen lassen. Damit ist diese Erklärung zum Abstimmverhalten nicht möglich, sondern eine persönliche Erklärung, die letzten Endes dann anderen Regelungen folgt.

Also, da gebe ich jetzt eine persönliche Erklärung ab, Frau Präsidentin. Es ist mir unmöglich, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Aufgrund von Verfahrensmängeln halte ich das persönlich als verfassungswidrig. Es ist mehrfach betont worden, auch heute früh eingangs zur Tagesordnung, dass die Änderungsträge der CDU nicht durch die kommu

nalen Spitzenverbände angehört worden sind. Aus dem Grund halte ich dieses Gesetz für nicht zustimmungsreif und zustimmungsfähig.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Dann hättest du dagegen gestimmt.)

(Beifall DIE LINKE)

Ich schließe jetzt den Tagesordnungspunkt 2 in seinen Teilen a) und b) und rufe den neuen Tagesordnungspunkt 3 auf, der im Rollenplan bis heute Morgen noch nicht ausgewiesen war. Aber es ist ja heute Morgen entschieden worden, dass wir diesen Tagesordnungspunkt 3 heute beraten, und zwar als erste Beratung.

Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 4/5403 - dazu: Unterrichtung durch die Prä- sidentin des Landtags - Drucksache 4/5414 - ERSTE BERATUNG

Die CDU-Fraktion hat nicht signalisiert, dass sie das Wort zur Begründung nehmen möchte. Es ist eben eine Redeanmeldung gekommen. Ich eröffne die Aussprache. Außer der Redeanmeldung des Abgeordneten Carius liegt keine weitere Redeanmeldung vor. So rufe ich Herrn Abgeordneten Carius auf.

Ich bitte darum, dass dem Abgeordneten Aufmerksamkeit und nicht die Rückfront zugewandt wird.

(Beifall SPD)

Das scheint diejenigen, die uns die Rückfront zuwenden, überhaupt nicht zu tangieren. In welcher Verbindung Rücken und Ohren sind, weiß ich da im Moment nicht.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich bin mir sicher, dass die Kollegen Goebel und Krause, und auch Herr Matschie das vernommen haben.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu diesem Gesetzentwurf ist schon einiges in den Medien berichtet worden. Da wir uns in der gestrigen Justizausschuss-Sitzung auf ein Verfahren geeinigt haben, möchte ich vielleicht für unsere Fraktion nur ganz kurz erklären und erläutern, warum wir

heute in die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs einsteigen, gleichwohl wir durch die Vorabüberweisung an den Justizausschuss diese erste Beratung eigentlich nicht brauchen. Der Grund ist, dass wir nach den Querelen um die Auslegung der Geschäftsordnung - vor allen Dingen durch die SPD-Fraktion - der festen Überzeugung sind, dass die SPD-Fraktion alles unternehmen wird, dieses Gesetz zu verhindern, damit sie keine Entscheidung darüber treffen muss, ob sie weiter für die Stasi-Überprüfung von Abgeordneten eintritt. Wir halten das für skandalös.

(Beifall CDU)

Damit unsere Zweifel nicht weiter genährt werden, wollen wir jetzt dieses Verfahren so ordnungsgemäß machen, wie es der Regelfall der Geschäftsordnung vorsieht. Wir hätten uns in dem anderen Fall auch regelkonform verhalten. Aber wir verhalten uns jetzt so, wie es die Regelmäßigkeit vorsieht.

Jenseits einer Anerkennung von Rechtspflichten und etwaiger juristischer Ansichten hinsichtlich der Zulässigkeit unseres Vorgehens im Gesetzgebungsverfahren wünschen wir uns eine Rückkehr zur Sachdebatte, denn das Thema ist wichtig und von großem Interesse nicht nur für die damaligen Täter, sondern aus unserer Sicht vor allen Dingen für die Opfer. Unser Anliegen ist dabei schnell erklärt. Wir wollen zum einen eine Verlängerung des derzeit geltenden Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes und zum anderen eine Klarstellung hinsichtlich der Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des Arbeitsgebietes 1 der Kriminalpolizei der Volkspolizei. Die Überprüfung aller Landtagsabgeordneten auf bestimmte Fälle schwerwiegender Bespitzelungstätigkeit ist für meine Fraktion ein wichtiges Anliegen. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, den schon bislang geltenden Kodex politischer Hygiene dieses Hohen Hauses beizubehalten und in einem Punkt zu konkretisieren, um damit auch dem Votum des Verfassungsgerichtshofs Rechnung zu tragen. Für meine Fraktion stand es nie im Zweifel, dass wir auch in der kommenden Wahlperiode eine entsprechende Überprüfung anstreben. So habe ich auch immer die Landesregierung verstanden. Allein aus Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof haben wir darauf verzichtet, frühzeitig - also vor der Entscheidung zu einem von der Fraktion DIE LINKE eingeleiteten Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gegen das Gesetz - eine Verlängerung des Gesetzes anzustreben, zumal Ihnen hinlänglich bekannt ist, dass es umstritten war, welche Art der Bespitzelungstätigkeit von der bisherigen Gesetzesfassung erfasst ist und welche nicht. Die nun anstehende Verlängerung ist notwendig, damit wir für die kommende Legislatur Klarheit schaffen zum einen gegenüber den Wählerinnen und Wählern und zum anderen auch gegenüber den Bewerberinnen und Bewerbern für die 5. Legislatur, denn

die sollen wissen, welche Anforderungen der Gesetzgeber an seine Abgeordneten stellt, um die Würde dieses Hohen Hauses zu wahren. Die von der CDUFraktion angestrebte Verlängerung und Konkretisierung des Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes ist also kein Schnellschuss und sie geschieht auch nicht zum Selbstzweck. Vor allem können wir jetzt auch die notwendige Klarheit schaffen, weil mit den beiden Urteilen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 1. Juli 2009 Rechtssicherheit besteht, wie die bisherige Gesetzesfassung auszulegen ist und was der Gesetzgeber bei einer Verlängerung des Gesetzes zu beachten hat. Hinsichtlich einer Verlängerung des Gesetzes hat der Verfassungsgerichtshof expressis verbis ausgeführt, ich zitiere, Frau Präsidentin: „Dem Gesetzgeber kommt eine Einschätzungsprärogative zu, bis zu welchem Zeitpunkt die besonderen Gründe fortbestehen, das vor der Wahl liegende Verhalten eines Mandatsträgers zu untersuchen.“ Auf derselben Seite der Entscheidung hat er uns ins Stammbuch geschrieben: „Ebenso hat der Gesetzgeber einzuschätzen, bis zu welchem Zeitpunkt ein öffentliches Interesse vorliegt, derartige Verstrickungen aufzuklären.“ Eben dies haben wir befolgt, indem wir Ihnen den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht haben. Unser Gesetzentwurf wurde bereits ausführlich am 5. August im Justizausschuss beraten, zudem wurde am 6. August eine öffentliche Anhörung unserer Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR durchgeführt. Die Anhörung soll am 11. August mit weiteren Anzuhörenden fortgesetzt werden.

In der gestrigen Anhörung wurde von Frau Neubert dargelegt, dass es nach wie vor ein erhebliches öffentliches Interesse an der Frage gibt, ob die Abgeordneten von heute damals in das Bespitzelungssystem der DDR eingebunden waren und falls ja, in welcher Weise dies geschehen ist. Ich darf dies nochmals an einigen Beispielen belegen. Bereits die umfassende regionale und auch überregionale Berichterstattung über das Urteil unseres Verfassungsgerichtshofs zum Abgeordnetenüberprüfungsgesetz zeigt, dass ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit besteht. Als weitere Beispiele sind die ausführlichen Presseberichte über die Entscheidung des von diesem Landtag eingesetzten Gremiums in den Fällen der Abgeordneten Kuschel und Leukefeld zu benennen. Denken Sie aber auch an die jüngsten Diskussionen um den Fall Kurras. All diese Beispiele belegen ein ganz überdurchschnittliches Interesse der Öffentlichkeit zum Thema Stasiverstrickungen von einst, das man auch noch mit Meinungsumfragen untermauern könnte.

Gerade der letzte Fall zeigt zudem, dass auch heute, 20 Jahre nach der friedlichen Revolution, noch immer neue Fakten ans Licht kommen und dass wir

auch in Zukunft eine entsprechende Überprüfungsmöglichkeit auf Bundes- und auf Landesebene brauchen werden. Glaubt man den in der Presse veröffentlichten Meinungsumfragen, ist eine etwaige Stasiverstrickung von Politikern für die Wählerinnen und Wähler von höchster Bedeutung; ich habe das eben angedeutet. So haben sich bei einer aktuellen Forsa-Umfrage aus diesem Jahr 56 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, dass betroffene Politiker von ihren Ämtern zurücktreten sollten, während nur 35 Prozent dies negierten.

Meine Damen und Herren, wir sind uns in all dem aber auch sehr wohl bewusst, dass es bei dem Themenkomplex Bespitzelung im Unrechtsstaat sehr sorgfältig zu differenzieren gilt. In diesem Zusammenhang darf ich den Unterstellungen der letzten Tage zugleich vorbeugen. Durch unsere Klarstellungen im Bereich der inoffiziellen Mitarbeiter der Kriminalpolizei 1 der Volkspolizei wollen wir keinesfalls ehemalige Mitarbeiter der K 1 pauschal stigmatisieren. Wir wissen sehr wohl, dass es im Bereich der K 1 eine ganze Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gab, angefangen von der Transportpolizei über die rein kriminalistische Arbeit, die die Mitarbeiterinnen getan haben, die dies im Übrigen auch heute noch in den Reihen der Thüringer Polizei in hervorragender Art und Weise tun. Es gab im Bereich der K 1 aber eben auch schwerwiegende rechtsstaatswidrige Tätigkeiten und entsprechende Täter. Hier sind insbesondere die inoffiziellen Mitarbeiter der K 1 zu benennen. Wer in diesem Bereich tätig war und heute Abgeordneter im Thüringer Landtag werden will, der muss sich unseres Erachtens schon fragen lassen, was er damals getan hat und wenn er seinen Nächsten bespitzelt und denunziert hat, dann ist er nicht würdig, Abgeordneter des Thüringer Landtags zu sein.

(Beifall CDU)

Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang nochmals, unseren Verfassungsgerichtshof zu zitieren: „Es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber auch eine Regelung hätte treffen können, die eine Überprüfung auf eine Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei 1 ermöglicht. Die Gründe, die eine Untersuchung auf eine Tätigkeit für das MfS/AfNS rechtfertigen, sind weitgehend auch hier einschlägig. Die Kriminalpolizei 1 war als Instrument eines totalitären Machtapparates eingebunden in ein Bespitzelungssystem, das mit jeden rechtsstaatlichen Grundsätzen brach. Die Tätigkeit der inoffiziellen Mitarbeiter war darauf ausgerichtet, ihre Mitmenschen zu belügen, zu hintergehen und staatlicher Willkür und Schikane auszusetzen. Das politische Strafrecht in einer Diktatur brachte es mit sich, dass zu den Opfern Bürger zählten, die der Staat allein deswegen drangsalierte, weil sie aus der DDR ausreisen wollten oder

eine harmlose politische Äußerung gemacht hatten. Auch hier gilt, wer das eigene Volk bespitzelt und unterdrückt hat, wer es hintergangen, verraten und betrogen hat oder wer all dies zu verantworten hatte, gehört nicht ins Parlament, auch wenn ihm das Mandat nicht entzogen werden kann.“ Das ist ein Zitat auch des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 21. Mai 1996. Der Hof, meine Damen und Herren, spricht uns aus der Seele, deutlicher und besser kann man es nicht formulieren. Meine Fraktion ist der Ansicht, dass diese Gründe auch eine Überprüfung in der 5. Legislaturperiode rechtfertigen und sogar erforderlich machen. Selbstverständlich sind wir uns dabei der Bedeutung des freien Mandats bewusst, und dass jede Abgeordnetenüberprüfung, einerlei mit welchen Rechtsfolgen der Abgeordnete zu rechnen hat, in einem Spannungsfeld zwischen dem freien Mandat und dem Eingriff der Überprüfung steht. Jedenfalls für die kommende Wahlperiode überwiegen aber die Gesichtspunkte der Integrität des Parlaments und der Vertrauenswürdigkeit, die der Bürger von seinem Parlament zu Recht erwarten kann.

Ich betone in diesem Zusammenhang zugleich - und dies haben wir im Justizausschuss ebenfalls ausführlich erörtert -, dass im Gesetzesvollzug selbstverständlich darauf zu achten sein wird, dass die Taten nunmehr mindestens 20 Jahre zurückliegen. Es bedarf also einer sorgfältigen Würdigung der jeweiligen Taten im Lichte auch des Zeitablaufs, um letztlich feststellen zu können, ob dem einen oder anderen Abgeordneten die Parlamentswürde zu nehmen ist oder nicht. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und darauf können sich selbstverständlich auch jene berufen, die damals den Unrechtsstaat unterstützt und getragen haben.

Ich möchte an dieser Stelle auch auf die Problematik des Stasi-Unterlagen-Gesetzes eingehen. Wir wissen, der Bund hat das Gesetz befristet bis 2011. Unser Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetz würde, nachdem wir es beschlossen haben, bis zum Ende der nächsten Wahlperiode gelten und knüpft aber zugleich auch an das Stasi-Unterlagen-Gesetz an. Wie Sie wissen, haben wir uns nicht an diesem Datum orientiert, denn zunächst einmal scheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der Bund sein Gesetz verlängert. Dann wären für uns sicher alle Probleme gelöst. Tut er dies aber nicht, bekämen wir ab 2012 dann keine Informationen mehr vom Bund, was die Überprüfung von Nachrückern praktisch nicht mehr möglich machen würde. Gleichwohl haben wir uns eben nicht an dem Termin 2011 orientiert, weil wir davon ausgehen, dass auch der Bund eine Lösung anstrebt, die über das Jahr 2011 hinauslangt.

Meine Damen und Herren, mit der noch in dieser Legislatur beabsichtigten Verabschiedung des Gesetzes verlängern wir die Vorschriften für den „politischen Handstand“, denn die CDU-Fraktion, um Bernhard Vogel zu zitieren, will die Linkspartei nicht ausgrenzen; wir wollen uns aber abgrenzen, und zwar insbesondere von jenen, die wissentlich Stasispitzel von einst auf sichere Listenplätze für das Parlament von morgen heben wollen.

(Beifall CDU)

Nach unserer Überzeugung ist es unverzichtbar, dass die Thüringerinnen und Thüringer wissen, wenn Abgeordnete zu Zeiten der DDR für die Stasi tätig oder IMs der K 1 waren und in diesem Zusammenhang Taten begangen haben, die sie als parlamentsunwürdig erscheinen lassen. Wenn die LINKE und die SPD dies anders sehen, müssen sie das auch begründen. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Es gibt eine weitere Redeanmeldung. Herr Abgeordneter Höhn für die SPD-Fraktion.