Christian Carius
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, heute, in der letzten Sitzung dieses Plenums dieser Legislaturperiode darf ich auch als Berichterstatter aus dem Justizausschuss gerade bei einem solchen Thema und einem Tag, wie dem 13. August, ganz herzlich auch auf der Besuchertribüne die Mitglieder des Freiheit e.V. begrüßen, die sich hier zu einer Mahnwache zusammengefunden haben für ein Gesetz, zu dem ich jetzt Bericht erstatten möchte.
Meine Damen und Herren, der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat sich in drei Sitzungstagen dem Thema Stasi-Überprüfung von Abgeordneten gewidmet. Im Rahmen der eingehenden Beratung hat der Ausschuss in öffentlicher Sitzung eine intensive mündliche Anhörung in unterschiedlichster Art und Weise mit dem Bespitzelungssystem der ehemaligen DDR vertrauten Personen durchgeführt. Angehört wurden auf Vorschlag der CDU-Fraktion die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Frau Neubert, auf Vorschlag der Fraktion DIE LINKE Herr Rechtsanwalt Bartl sowie auf Vorschlag der SPD-Fraktion anstelle der verhinderten Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes deren Abteilungsleiter Herr Ziehm. Auf Bitte des Ausschusses gab zudem der Wissenschaftliche Dienst des Landtags eine ausführliche mündliche Stellungnahme in nicht öffentlicher Sitzung ab. Auch die Landesregierung äußerte sich zur Rechtmäßigkeit des Gesetzgebungsvorhabens. In den Beratungen erklärten alle Fraktionen, dass eine umfassende Information der Bürgerinnen und Bürger über den beruflichen und politischen Werdegang ihrer Vertreter im Landtag als oberstem Organ der demokra
tischen Willensbildung wünschenswert sei. Auf welche Art und Weise dieses Ziel realisiert werden soll, blieb in der Ausschussberatung hingegen streitig.
Diskussionsgegenstand waren im Wesentlichen drei verschiedene Modelle:
1. eine Fortführung der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage des noch in dieser Wahlperiode bis zum Ablauf der 5. Wahlperiode prolongierten und hinsichtlich der K 1-Tätigkeit klargestellten Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten;
2. ein Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage einer zu Beginn der 5. Wahlperiode zu verabschiedenden Regelung entsprechend den Bestimmungen des Bundes;
3. ein Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Regelung, lediglich auf der Grundlage einer zu Beginn der 5. Wahlperiode herbeizuführenden interfraktionellen Verständigung über eine Abgeordnetenprüfung auf ausschließlich freiwilliger Basis.
Dabei war das erstgenannte Modell, weil Gegenstand des dem Ausschuss zur Beratung überwiesenen Gesetzentwurfs, der Diskussionsschwerpunkt.
Die Diskussion zu dem Gesetzentwurf wurde maßgeblich geprägt von den aktuellen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs zur Stasi-Überprüfung von Abgeordneten.
Zunächst zur Frage der Zulässigkeit der Prolongation des bestehenden Thüringer Gesetzes: Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Urteil vom 01.07.2009 in dem Normenkontrollverfahren entschieden, dass die §§ 4, 6 und 7 des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten mit der Thüringer Verfassung vereinbar sind. Der Verfassungsgerichtshof hat in der Urteilsbegründung unter anderem ausgeführt, dass die Voraussetzungen für eine Überprüfung von Abgeordneten nicht durch Zeitablauf entfallen seien. Dem Gesetzgeber komme eine Einschätzungsprärogative zu, bis zu welchem Zeitpunkt die besonderen Gründe fortbestehen, das vor der Wahl liegende Verhalten eines Mandatsträgers zu untersuchen. In erster Linie habe er die Frage zu beantworten, wie lange die Integrität und die Vertrauenswürdigkeit des Parlaments gefährdet seien, wenn ihm Abgeordnete angehörten, die in das Bespitzelungssystem des MfS/AfNS eingebunden gewesen seien. Ebenso habe der Gesetzgeber einzuschätzen, bis zu welchem Zeitpunkt ein öffentliches Interesse vorliege, derartige Verstrickungen aufzuklären.
Diese Fragen spielten eine zentrale Rolle bei der Anhörung. Insbesondere die Landesbeauftragte Frau
Neubert, aber auch der Vertreter der Bundesbeauftragten Herr Ziehm, bejahten nachdrücklich, dass nach wie vor ein hohes öffentliches Interesse an einer Aufklärung etwaiger Verstrickungen bestünde. Die Sachverständige Frau Neubert verwies unter anderem darauf, dass der Bundesgesetzgeber bei der jüngsten Aktualisierung der Regelungen des StasiUnterlagen-Gesetzes dem besonderen öffentlichen Interesse an der Überprüfung von Personen mit hohem öffentlichen Gewicht und besonderer Verantwortung, unter anderem auch Abgeordnete, ausdrücklich Rechnung getragen habe. Dieses öffentliche Interesse bestehe unverändert fort, was sie aus der Praxis der täglichen Arbeit bestätigen könne. So habe zum Beispiel die Union der Opferverbände der kommunistischen Gewaltherrschaft erst jüngst in einer öffentlichen Erklärung alle Parlamente und Regierungen zur erneuten Überprüfung aufgefordert. Die Opfer würden moralische Integrität und Glaubwürdigkeit vom Rechtsstaat erwarten. Diese Sichtweise der Opfer werde von weiten Bevölkerungskreisen geteilt. Dies belege die gerade in den letzten Monaten deutlich verstärkte lebhafte Debatte in den regionalen und überregionalen Medien über die Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter im öffentlichen Dienst sowie die öffentliche Debatte über die Frage der historischen Aufarbeitung des Einflusses des Staatssicherheitsdienstes auf Abgeordnete früherer Bundestage.
Aufschlussreich sei auch die hohe Zahl der Anträge auf Akteneinsicht bei der Bundesbeauftragten. Allein im Jahr 2008 seien über 87.000 Bürgeranträge auf Akteneinsicht eingegangen. Allein im ersten Vierteljahr des Jahres 2009 seien es über 38.000 Bürgeranträge. Bemerkenswert sei auch die seit zwei Jahren steigende Zahl der Medien- und Forschungsanträge. Zu berücksichtigen sei vor allem aber auch, dass die Stasi-Unterlagen noch immer nicht in allen Teilen und hinsichtlich aller inhaltlichen Aspekte erschlossen seien. In Thüringen seien ca. 83 Prozent, bundesweit etwa 80 Prozent der übernommenen Stasi-Unterlagen archivisch erschlossen. Zu den noch unerschlossenen Beständen gehörten vor allem die vorvernichteten Unterlagen, die erst nach und nach rekonstruiert werden müssen. Hierbei handele es sich in der Regel um Aktenstücke aus den späteren 80er-Jahren, die für zukünftige Überprüfungen besonders interessant sein könnten. Der Vertreter der Bundesbeauftragten Herr Ziehm ergänzte die Angaben der Landesbeauftragten dahin gehend, dass die Zahl der Bürgeranträge im 1. Halbjahr 2009 zwischenzeitlich auf über 53.000 angestiegen sei. Außerdem verwies er auf die Tatsache, dass in zunehmendem Maße nicht nur Landtage der neuen Länder, sondern auch Landtage der alten Länder Stasi-Überprüfungen von Abgeordneten durchführen.
Die Ausführungen der beiden Sachverständigen zu dem nach wie vor hohen öffentlichen Interesse an einer Aufklärung etwaiger Stasi-Verstrickungen sowie der Hinweis der Sachverständigen Neubert zu der Wechselbeziehung zwischen dem Aufklärungsinteresse und der Gefährdung der Integrität des Parlaments bei unterbleibender Aufklärung blieben in der Ausschussberatung unwidersprochen.
Bedenken anderer Art gegen eine Prolongation des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten wurden von der Auskunftsperson Herrn Bartl vorgebracht. Mit Blick auf die derzeitige Fristenregelung im Stasi-Unterlagen-Gesetz, wonach eine Auskunftserteilung der Bundesbeauftragten und eine Verwendung der erteilten Auskünfte zum Zweck der Abgeordnetenüberprüfung lediglich bis zum 31.12.2011 möglich sind, bezweifelte er die Rechtmäßigkeit einer darüber hinausgehenden Prolongation des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten unter Hinweis auf das Prinzip der Bundestreue und den Vorrang des Bundesrechts. Diesen Zweifeln wurde in der anschließenden Beratung ausdrücklich widersprochen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf verwiesen, dass der Verfassungsraum des Bundes von dem des Landes aufgrund der Verfassungsautonomie des Landes zu trennen sei, dass die Regelungsmaterien des Stasi-Unterlagen-Gesetzes auf der einen und des Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten auf der anderen Seite unterschiedlich seien, dass sowohl dem Bundes- als auch dem Landesgesetzgeber jederzeit eine Änderung der vermeintlich im Widerspruch stehenden Fristenregelungen möglich sei, dass eine Verlängerung der Auskunfts- und Verwendungsfrist im Stasi-Unterlagen-Gesetz aufgrund des hohen öffentlichen Interesses an einer weiteren Aufklärung des Stasi-Unrechts nicht unwahrscheinlich sei und im Übrigen auch durch eine entsprechende Bundesratsinitiative Thüringens bewirkt werden könne und dass fünftens schließlich selbst im Falle der Beibehaltung der unterschiedlichen Fristenregelungen im Stasi-Unterlagen-Gesetz und im Thüringer Gesetz zur Überprüfung von Abgeordneten die Konsequenz lediglich ein praktisches Leerlaufen des Vollzugs unseres Thüringer Gesetzes nach dem 31.12.2011 zur Folge hätte, nicht aber dessen Verfassungswidrigkeit. Herr Bartl kritisierte zudem, dass der Gesetzentwurf nicht bereits vor der Aufstellung der Kandidaten für den 5. Thüringer Landtag eingebracht worden sei und dass daher eine etwaige Verabschiedung des Gesetzes erst zu einem Zeitpunkt erfolgen könne, zu dem bereits die Möglichkeit der Briefwahl zum 5. Thüringer Landtag eröffnet und daher die Wahlhandlung bereits im Gange sei. Noch problematischer, aus seiner Sicht sogar gänzlich unzulässig, sei allerdings eine gesetzliche Regelung erst nach der Konstituierung des 5. Thüringer Landtags.
Die Kritik am Zeitpunkt der Einbringung und der voraussichtlichen Verabschiedung des Gesetzes wurde unter den Abgeordneten streitig diskutiert. Der Kritik wurde zum einen entgegengehalten, dass eine Gesetzesinitiative vor der Verkündung der beiden aktuellen Urteile des Verfassungsgerichtshofs zur Überprüfung von Abgeordneten auf eine Stasi-Belastung weder mit dem Respekt vor dem Hohen Gericht, noch mit dem Erfordernis einer Berücksichtigung der gerichtlichen Vorgaben bei der künftigen gesetzgeberischen Tätigkeit zu vereinbaren sei. Außerdem wurde betont, dass die gesetzliche Regelung nicht das Mandat in seinem Kernbereich infrage stelle, sondern lediglich die Rahmenbedingungen für die Mandatsannahme und -ausübung in einem kleinen, speziellen Teilbereich regele. Dass es zu derartigen Rahmenbedingungen in der 5. Wahlperiode kommen würde, müsse zudem jedermann aufgrund der seit längerem geführten öffentlichen Diskussionen, insbesondere aber auch angesichts der unverzüglich nach Verkündung der Urteile des Verfassungsgerichtshofs angekündigten und sodann vollzogenen Einbringung des nun zur Beratung anstehenden Gesetzentwurfs der CDU-Fraktion klar gewesen sein. Angesichts dessen könne sich kein Kandidat, aber auch kein Wähler auf Unkenntnis über besagte Rahmenbedingungen berufen.
Zur Frage der klarstellenden Einbeziehung der inoffiziellen K 1-Tätigkeit in den sachlichen Geltungsbereich unseres Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes: Der Verfassungsgerichtshof hat in dem Organstreitverfahren mit dem Urteil vom 01.07.2009 entschieden, dass der Beschluss des Gremiums nach § 4 des Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes, mit dem die Parlamentsunwürdigkeit der Abgeordneten Leukefeld festgestellt worden war, gegen Artikel 53 Abs. 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen verstößt. Die das Urteil tragende Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs begründete dieses Urteil im Wesentlichen mit dem Argument, dass die der Abgeordneten zur Last gelegte inoffizielle Zusammenarbeit mit dem Arbeitsgebiet 1 der Kriminalpolizei der Volkspolizei der DDR tatbestandlich nicht ausdrücklich im Gesetz zur Überprüfung von Abgeordneten erwähnt sei. Gleichzeitig machte die das Urteil tragende Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs deutlich, dass der Gesetzgeber auch eine Regelung hätte treffen können, die eine Überprüfung auf eine Zusammenarbeit mit K 1 ermöglicht hätte. Die Gründe, die eine Untersuchung auf eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit rechtfertigten, seien weitgehend auch hier einschlägig. Die K 1 sei als Instrument eines totalitären Machtapparates in das Bespitzelungssystem eingebunden gewesen, das mit jeden rechtsstaatlichen Grundsätzen gebrochen habe. Die Tätigkeit der inoffiziellen Mitarbeiter sei darauf ausgerichtet gewesen, ihre Mitmenschen zu belügen,
zu hintergehen und staatlicher Willkür und Schikane auszusetzen. Auch hier gelte daher: Wer das eigene Volk bespitzelt und unterdrückt habe, wer es hintergangen, verraten und betrogen habe oder wer all dies zu verantworten gehabt habe, gehört nicht ins Parlament, auch wenn ihm das Mandat nicht entzogen werden könne.
Diese Einschätzung des Verfassungsgerichtshofs wurde in der Anhörung von den beiden Sachverständigen Frau Neubert und Herrn Ziehm geteilt. Der Vertreter der Bundesbeauftragten Herr Ziehm begrüßte ausdrücklich die Einbeziehung von inoffiziellen Mitarbeitern der K 1 in den sachlichen Geltungsbereich unseres Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes. Er verwies auf die vom Bundesgesetzgeber vorgenommene Gleichstellung von inoffiziellen Mitarbeitern des MfS/AfNS und der K 1 und betonte, dass von Anfang an eine Gleichstellung vorgesehen und entsprechende Anträge auf Überprüfung von Personen schon immer auf diesen Aktenbestand und diesbezügliche personenbezogene Informationen ausgedehnt worden seien. Die Landesbeauftragte Frau Neubert wies ergänzend darauf hin, dass der Personenkreis der hauptamtlichen K 1-Mitarbeiter grundsätzlich vom Stasi-Unterlagen-Gesetz nicht erfasst werde, dass dies jedoch kein Argument dafür sei, die inoffiziellen K 1-Mitarbeiter nicht den MfS-Mitarbeitern gleichzustellen, da sie der Funktion nach mit inoffiziellen Mitarbeitern des MfS verglichen werden müssten.
Dem widersprach Herr Bartl und verwies auf vereinzelte Meinungen in der Fachliteratur, wonach die Gleichstellung der K 1 mit dem MfS nur in Bezug auf Anwendung von Mitteln und Methoden der inoffiziellen Arbeit möglich sei. Zudem machte er u.a. geltend, dass die beabsichtigte klarstellende Einbeziehung der inoffiziellen K 1-Tätigkeit in den sachlichen Geltungsbereich des Thüringer Gesetzes fast 20 Jahre nach der denkbar letztmaligen Verwicklung eines Abgeordneten in die Tätigkeit der K 1 problematisch sei.
Meine Damen und Herren, dem wurde in der Aussprache von Abgeordneten mit dem Hinweis begegnet, dass ausweislich des Falles der Abgeordneten Leukefeld bereits in der laufenden Wahlperiode von den Abgeordneten sowie dem von ihnen berufenen Gremium davon ausgegangen worden sei, dass auch eine Bespitzelungstätigkeit im Rahmen der K 1 von der derzeitigen Gesetzesfassung gedeckt worden sei und man nun lediglich aufgrund des Mehrheitsvotums des Verfassungsgerichtshofs in dem benannten Organstreitverfahren eine klarstellende Regelung vornehme. Außerdem wurde darauf aufmerksam gemacht, dass - wie von mir in meinem
Redebeitrag anlässlich der Beratung des Gesetzentwurfs in der letzten Woche bereits betont - die nachhaltige Berücksichtigung des Zeitfaktors, aber auch des Gesichtspunkts der demokratischen Bewährung im Rahmen des Vollzugs des Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes erfolgen müsse. Es handele sich daher nicht um eine Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit einer derartigen Regelung, sondern um eine allerdings sehr ernst zu nehmende Frage des verantwortungsvollen Vollzugs des Gesetzes.
In der Gesamtbetrachtung und vor allem in der Gesamtabwägung der widerstreitenden Verfassungsrechtsgüter - dem Status des Abgeordneten auf der einen und dem Integritätsinteresse des Parlaments auf der anderen Seite - sah die Mehrheit der Ausschussmitglieder gute sachliche Gründe für eine Fortführung der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage des noch in dieser Wahlperiode bis zum Ablauf der 5. Wahlperiode prolongierten und hinsichtlich der K 1-Tätigkeit klargestellten Thüringer Gesetzes zur Überprüfung von Abgeordneten.
Die anderen in der Diskussion behandelten Überprüfungsmodelle - Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage einer zu Beginn der 5. Wahlperiode zu verabschiedenden Regelung auf entsprechende Bestimmungen des Bundes oder Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Regelung lediglich auf Grundlage einer zu Beginn der 5. Wahlperiode herbeizuführenden interfraktionellen Verständigung über Abgeordnetenüberprüfung auf freiwilliger Basis - wurden hingegen mehrheitlich als nicht tragfähig eingestuft.
Ich will dies im Folgenden kurz begründen: Gegen einen Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung auf der Grundlage einer zu Beginn der nächsten Periode zu verabschiedenden Regelung entsprechend des Bundes wurde geltend gemacht, dass eine Überprüfung lediglich vereinzelter Abgeordneter möglicherweise mit dem Gebot der formalen Gleichbehandlung aller Abgeordneten kollidieren könne und dass die Normierung der wesentlichen Verfahrensvorschriften lediglich in einer Richtlinie mit den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs im Widerspruch stehe, wonach wegen der hohen Bedeutung der Abgeordnetenüberprüfung das Überprüfungsverfahren gesetzlich geregelt werden müsse.
Auch gegen einen Neubeginn der Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Regelung auf freiwilliger Basis wurden Bedenken geltend gemacht. So sei angesichts der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass eine Abgeordnetenüberprüfung ohne jegliche gesetzliche Grundlage seitens des Verfassungsgerichtshofs beanstandet würde.
Im Übrigen sei auf den Erfahrungswert hinzuweisen, dass eine Abgeordnetenüberprüfung auf freiwilliger Basis einmalig und zugleich letztmalig in der 1. Wahlperiode des Landtags funktioniert habe. In der 2. Wahlperiode des Landtags sei der Versuch einer Abgeordnetenüberprüfung auf freiwilliger Basis am Widerstand der damaligen PDS-Fraktion gescheitert und sei seitdem regelmäßig Gegenstand verfassungsgerichtlicher Auseinandersetzungen gewesen. Angesichts dessen könne nicht davon ausgegangen werden, dass im Fall einer Entscheidung für dieses Überprüfungsmodell in der 5. Wahlperiode des Landtags überhaupt noch irgendeine Überprüfung stattfinden könne.
Meine Damen und Herren, abweichend von der sonst üblichen Praxis können Sie meiner sehr ausführlichen Berichterstattung entnehmen, dass sich der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten inhaltlich tiefgehend mit der Thematik der StasiÜberprüfung von Abgeordneten in der 5. Wahlperiode auseinandergesetzt hat, die zu dieser Thematik bestehenden unterschiedlichen Sichtweisen unter Austausch sachlicher Argumente diskutiert und schließlich in einer gründlichen Gesamtabwägung aller zu berücksichtigenden Umstände ein positives Votum für den Ihnen vorliegenden Gesetzentwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung abgegeben hat. Vielen Dank.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, ich bin sehr verwundert darüber, dass die SPD sich offensichtlich dieser Debatte komplett entzieht. Es ist aus meiner Sicht skandalös.
Meine Damen und Herren, jetzt haben wir hier die beiden Beiträge von der Fraktion DIE LINKE gehört. Herr Blechschmidt, Sie nehmen es mir persönlich nicht übel, ich nehme Ihnen vieles persönlich ab, aber Ihren Kollegen nicht. Es war doch eine ganze Reihe von Lippenbekenntnissen, die Sie für Ihre Partei vorgetragen haben. Ihnen persönlich nehme ich es gern ab.
Zu den Verfahrensfragen, an denen Sie sich immer festhalten: Unser Vorgehen im Ausschuss war geschäftsordnungsmäßig und verfassungsmäßig abgesichert. Wir haben lediglich aus dem Grund, dass wir eine Sachdebatte haben wollten und Ihnen nicht den Vorwand geben wollten, sich dieser Debatte zu entziehen, darauf verzichtet, die rechtmäßig uns zustehenden Rechte in der Geschäftsordnung auch umzusetzen.
Wir wollten Ihnen gern Gelegenheit geben, sich abseits von Verfahrensfragen hier zu positionieren. Die SPD-Fraktion verzichtet darauf. Das ist sehr bedauerlich.
Zur Frage der K 1-Aufnahme will ich noch mal deutlich sagen: Hier handelt es sich nicht um eine Verschärfung der gegenwärtigen Rechtslage, sondern wir sind bisher immer davon ausgegangen, auch im Einklang mit dem Stasi-Unterlagen-Gesetz, dass unser Abgeordnetenüberprüfungsgesetz die Frage der K 1 mit enthalten hat. Das ist auch in den Minderheitenvoten von einigen Verfassungsrichtern deutlich geworden. Dass das leider nicht die Mehrheit gefunden hat, müssen wir zur Kenntnis nehmen und werden deswegen an dieser Stelle genau diese Bestimmtheit in das Gesetz einführen, von der wir immer ausgegangen sind, dass sie im Gesetz bereits enthalten war.
Zum offenen Umgang, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit den Biografien, zum offenen Umgang mit SED-Unrecht, Herr Hausold, dazu haben Sie viel
gesagt. Allein die Bürger sprechen eine andere Sprache, 56 Prozent von Befragten einer forsa-Umfrage sagen, Politiker mit Staatssicherheitsvergangenheit gehören nicht in Parlamente, gehören nicht in öffentliche Ämter. Deswegen geht es hier nicht nur um den offenen Umgang, sondern es geht auch darum, Konsequenzen zu ziehen. Ihre Partei zieht diese Konsequenzen nicht. Sie stellen immer wieder Stasi-Spitzel auf und sorgen dafür, dass sie sicher ins Parlament kommen. Das ist skandalös und wir verurteilen diese Entwicklung.
Zum offenen Umgang, meine Damen und Herren, gehört auch, dass man nicht nur das offenlegt, was offen zutage tritt nach Salamitaktik, sondern dass man alles offenlegt. Das schafften Sie in der Vergangenheit nicht. Herr Hausold, Sie fressen Kreide, kleiden sich im Schafspelz, aber Ihre Truppe bleibt nach wie vor der Wolf, vor dem wir die Wähler schützen werden.
Meine Damen und Herren, Sie arbeiten mit Unterstellungen, wenn Sie sagen, es geht uns um die Stigmatisierung von einzelnen Abgeordneten. Sie verwechseln hier Ursache und Wirkung, denn nicht wir schicken die Stasi-Spitzel in öffentliche Ämter und in Parlamente, sondern Sie. Wir machen dann lediglich darauf aufmerksam, dass es so ist, dass es ein skandalöser Zustand ist. Insofern muss Ursache und Wirkung noch beieinander bleiben; Sie setzen die Ursache, wir sorgen für die Wirkung.
Sie bekämpfen dieses Gesetz an jeder Stelle, übrigens in trauter Zweisamkeit mit der SPD-Fraktion, verweisen auf ungeeignete, unzulässige und letztlich auch völlig untaugliche Alternativen. Es ist, denke ich, deutlich geworden in der Anhörung, dass Ihre Alternative - insbesondere, Herr Kollege Höhn, Ihre Alternative einer Abgeordnetenüberprüfung nach dem Bundesrecht in der 5. Wahlperiode -, dafür zu sorgen, eine rechtliche Grundlage dafür zu schaffen, überhaupt nicht verfassungsmäßig haltbar ist.
Das ist letztlich sogar in der Anhörung bei einem Sachverständigen von der Seite der LINKEN deutlich geworden.
Ich finde es auch skandalös, meine Damen und Herren, wenn wir beim Thema Stigmatisierung sind, wie es Kollegen der LINKEN immer wieder gelingt, Täter-
und Opferrolle miteinander zu vertauschen. Dasselbe Spiel, was Sie mit Ursache und Wirkung betreiben, machen Sie mit den Opfern ebenso, indem Sie jetzt Ihre Stasi-Spitzel zu Opfern eines Systems machen. Nein, meine Damen und Herren, die Wahrheit ist anders, die Stasi-Spitzel waren die Täter. Die Stasi-Spitzel haben dafür gesorgt, dass Leute verleumdet wurden, dass sie denunziert wurden, dass sie Nachteile in ihrer persönlichen Entwicklung hatten, meine Damen und Herren. Darauf werden wir auch weiter aufmerksam machen. Es ist nicht untypisch für Ihre Truppe, aber es ist leider so, dass Sie es immer wieder machen, und wir werden da nicht müde, darauf aufmerksam zu machen.
Beschämend, meine Damen und Herren, ist das Verhalten der SPD. Sie segeln hier unter dem rot-rotgrünen Segel, haben einen Kurs eingeschlagen, der weit weg ist davon, Unrecht aufzuklären. Ich habe bereits erklärt, auch in der Berichterstattung, dass Ihre Alternativen untauglich sind, definitiv unzulässig. Sie stützen sich dabei - und da komme ich auch noch einmal zum Thema des offenen Umgangs mit Stasi-Vergangenheit - auf den Herrn Sachverständigen Bartl, meine Damen und Herren, sicher ein glänzender Jurist, sonst wäre er auch zu DDRZeiten nicht so weit gekommen. Wenn wir uns mit der Frage „offener Umgang“ beschäftigen und Sie sagen, wir wollen eine freiwillige Überprüfung und die Leute sollen natürlich alles wissen - Sie geben doch nur zu, was offen zutage getreten ist, meine Damen und Herren. Einmal ganz abgesehen davon, wenn ich hier auf Herrn Bartls persönlicher Internetseite als Abgeordneter des Sächsischen Landtags lese, da darf ich einmal kurz zitieren, Frau Präsidentin: „Und ich habe noch etliche persönliche Rechnungen mit der CDU und all jenen offen …“ etc. geht das weiter. Hier geht es nicht um Aufarbeitung und ich möchte auch darauf aufmerksam machen, dass Herr Bartl, der von 1969 bis 1971 unter dem Decknamen „Andreas Förster“ zudem inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit war, in seinem Lebenslauf als Abgeordneter mitnichten darauf verweist, dass er für die Staatssicherheit gearbeitet hat. Insofern, meine Damen und Herren, offener Umgang auf freiwilliger Basis, da werden wir nie herausbekommen, wer von Ihnen alles noch mit der Staatssicherheit zusammengearbeitet hat, wer Menschen denunziert hat und wer im Grunde nicht würdig ist, in diesem Parlament zu sitzen.
Zur Frage der SPD, ich sage Ihnen nur: „Wes’ Brot ich ess, des’ Lied ich sing.“ Sie singen hier ganz offensichtlich nicht mehr das Lied von Unrechtsaufklärung,
sondern Sie singen ein ganz anderes Lied, um dann unter rot-rot-grünem Segel hier in den nächsten Landtag einzuziehen. Wir werden dafür sorgen, dass Sie dabei in der Opposition sitzen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Ich bin mir sicher, dass die Kollegen Goebel und Krause, und auch Herr Matschie das vernommen haben.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zu diesem Gesetzentwurf ist schon einiges in den Medien berichtet worden. Da wir uns in der gestrigen Justizausschuss-Sitzung auf ein Verfahren geeinigt haben, möchte ich vielleicht für unsere Fraktion nur ganz kurz erklären und erläutern, warum wir
heute in die erste Beratung dieses Gesetzentwurfs einsteigen, gleichwohl wir durch die Vorabüberweisung an den Justizausschuss diese erste Beratung eigentlich nicht brauchen. Der Grund ist, dass wir nach den Querelen um die Auslegung der Geschäftsordnung - vor allen Dingen durch die SPD-Fraktion - der festen Überzeugung sind, dass die SPD-Fraktion alles unternehmen wird, dieses Gesetz zu verhindern, damit sie keine Entscheidung darüber treffen muss, ob sie weiter für die Stasi-Überprüfung von Abgeordneten eintritt. Wir halten das für skandalös.
Damit unsere Zweifel nicht weiter genährt werden, wollen wir jetzt dieses Verfahren so ordnungsgemäß machen, wie es der Regelfall der Geschäftsordnung vorsieht. Wir hätten uns in dem anderen Fall auch regelkonform verhalten. Aber wir verhalten uns jetzt so, wie es die Regelmäßigkeit vorsieht.
Jenseits einer Anerkennung von Rechtspflichten und etwaiger juristischer Ansichten hinsichtlich der Zulässigkeit unseres Vorgehens im Gesetzgebungsverfahren wünschen wir uns eine Rückkehr zur Sachdebatte, denn das Thema ist wichtig und von großem Interesse nicht nur für die damaligen Täter, sondern aus unserer Sicht vor allen Dingen für die Opfer. Unser Anliegen ist dabei schnell erklärt. Wir wollen zum einen eine Verlängerung des derzeit geltenden Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes und zum anderen eine Klarstellung hinsichtlich der Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter des Arbeitsgebietes 1 der Kriminalpolizei der Volkspolizei. Die Überprüfung aller Landtagsabgeordneten auf bestimmte Fälle schwerwiegender Bespitzelungstätigkeit ist für meine Fraktion ein wichtiges Anliegen. Ziel unseres Gesetzentwurfs ist es, den schon bislang geltenden Kodex politischer Hygiene dieses Hohen Hauses beizubehalten und in einem Punkt zu konkretisieren, um damit auch dem Votum des Verfassungsgerichtshofs Rechnung zu tragen. Für meine Fraktion stand es nie im Zweifel, dass wir auch in der kommenden Wahlperiode eine entsprechende Überprüfung anstreben. So habe ich auch immer die Landesregierung verstanden. Allein aus Respekt vor dem Verfassungsgerichtshof haben wir darauf verzichtet, frühzeitig - also vor der Entscheidung zu einem von der Fraktion DIE LINKE eingeleiteten Verfahren der abstrakten Normenkontrolle gegen das Gesetz - eine Verlängerung des Gesetzes anzustreben, zumal Ihnen hinlänglich bekannt ist, dass es umstritten war, welche Art der Bespitzelungstätigkeit von der bisherigen Gesetzesfassung erfasst ist und welche nicht. Die nun anstehende Verlängerung ist notwendig, damit wir für die kommende Legislatur Klarheit schaffen zum einen gegenüber den Wählerinnen und Wählern und zum anderen auch gegenüber den Bewerberinnen und Bewerbern für die 5. Legislatur, denn
die sollen wissen, welche Anforderungen der Gesetzgeber an seine Abgeordneten stellt, um die Würde dieses Hohen Hauses zu wahren. Die von der CDUFraktion angestrebte Verlängerung und Konkretisierung des Abgeordnetenüberprüfungsgesetzes ist also kein Schnellschuss und sie geschieht auch nicht zum Selbstzweck. Vor allem können wir jetzt auch die notwendige Klarheit schaffen, weil mit den beiden Urteilen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 1. Juli 2009 Rechtssicherheit besteht, wie die bisherige Gesetzesfassung auszulegen ist und was der Gesetzgeber bei einer Verlängerung des Gesetzes zu beachten hat. Hinsichtlich einer Verlängerung des Gesetzes hat der Verfassungsgerichtshof expressis verbis ausgeführt, ich zitiere, Frau Präsidentin: „Dem Gesetzgeber kommt eine Einschätzungsprärogative zu, bis zu welchem Zeitpunkt die besonderen Gründe fortbestehen, das vor der Wahl liegende Verhalten eines Mandatsträgers zu untersuchen.“ Auf derselben Seite der Entscheidung hat er uns ins Stammbuch geschrieben: „Ebenso hat der Gesetzgeber einzuschätzen, bis zu welchem Zeitpunkt ein öffentliches Interesse vorliegt, derartige Verstrickungen aufzuklären.“ Eben dies haben wir befolgt, indem wir Ihnen den vorliegenden Gesetzentwurf eingebracht haben. Unser Gesetzentwurf wurde bereits ausführlich am 5. August im Justizausschuss beraten, zudem wurde am 6. August eine öffentliche Anhörung unserer Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR durchgeführt. Die Anhörung soll am 11. August mit weiteren Anzuhörenden fortgesetzt werden.
In der gestrigen Anhörung wurde von Frau Neubert dargelegt, dass es nach wie vor ein erhebliches öffentliches Interesse an der Frage gibt, ob die Abgeordneten von heute damals in das Bespitzelungssystem der DDR eingebunden waren und falls ja, in welcher Weise dies geschehen ist. Ich darf dies nochmals an einigen Beispielen belegen. Bereits die umfassende regionale und auch überregionale Berichterstattung über das Urteil unseres Verfassungsgerichtshofs zum Abgeordnetenüberprüfungsgesetz zeigt, dass ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit besteht. Als weitere Beispiele sind die ausführlichen Presseberichte über die Entscheidung des von diesem Landtag eingesetzten Gremiums in den Fällen der Abgeordneten Kuschel und Leukefeld zu benennen. Denken Sie aber auch an die jüngsten Diskussionen um den Fall Kurras. All diese Beispiele belegen ein ganz überdurchschnittliches Interesse der Öffentlichkeit zum Thema Stasiverstrickungen von einst, das man auch noch mit Meinungsumfragen untermauern könnte.
Gerade der letzte Fall zeigt zudem, dass auch heute, 20 Jahre nach der friedlichen Revolution, noch immer neue Fakten ans Licht kommen und dass wir
auch in Zukunft eine entsprechende Überprüfungsmöglichkeit auf Bundes- und auf Landesebene brauchen werden. Glaubt man den in der Presse veröffentlichten Meinungsumfragen, ist eine etwaige Stasiverstrickung von Politikern für die Wählerinnen und Wähler von höchster Bedeutung; ich habe das eben angedeutet. So haben sich bei einer aktuellen Forsa-Umfrage aus diesem Jahr 56 Prozent der Befragten dafür ausgesprochen, dass betroffene Politiker von ihren Ämtern zurücktreten sollten, während nur 35 Prozent dies negierten.
Meine Damen und Herren, wir sind uns in all dem aber auch sehr wohl bewusst, dass es bei dem Themenkomplex Bespitzelung im Unrechtsstaat sehr sorgfältig zu differenzieren gilt. In diesem Zusammenhang darf ich den Unterstellungen der letzten Tage zugleich vorbeugen. Durch unsere Klarstellungen im Bereich der inoffiziellen Mitarbeiter der Kriminalpolizei 1 der Volkspolizei wollen wir keinesfalls ehemalige Mitarbeiter der K 1 pauschal stigmatisieren. Wir wissen sehr wohl, dass es im Bereich der K 1 eine ganze Zahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gab, angefangen von der Transportpolizei über die rein kriminalistische Arbeit, die die Mitarbeiterinnen getan haben, die dies im Übrigen auch heute noch in den Reihen der Thüringer Polizei in hervorragender Art und Weise tun. Es gab im Bereich der K 1 aber eben auch schwerwiegende rechtsstaatswidrige Tätigkeiten und entsprechende Täter. Hier sind insbesondere die inoffiziellen Mitarbeiter der K 1 zu benennen. Wer in diesem Bereich tätig war und heute Abgeordneter im Thüringer Landtag werden will, der muss sich unseres Erachtens schon fragen lassen, was er damals getan hat und wenn er seinen Nächsten bespitzelt und denunziert hat, dann ist er nicht würdig, Abgeordneter des Thüringer Landtags zu sein.
Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang nochmals, unseren Verfassungsgerichtshof zu zitieren: „Es spricht viel dafür, dass der Gesetzgeber auch eine Regelung hätte treffen können, die eine Überprüfung auf eine Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei 1 ermöglicht. Die Gründe, die eine Untersuchung auf eine Tätigkeit für das MfS/AfNS rechtfertigen, sind weitgehend auch hier einschlägig. Die Kriminalpolizei 1 war als Instrument eines totalitären Machtapparates eingebunden in ein Bespitzelungssystem, das mit jeden rechtsstaatlichen Grundsätzen brach. Die Tätigkeit der inoffiziellen Mitarbeiter war darauf ausgerichtet, ihre Mitmenschen zu belügen, zu hintergehen und staatlicher Willkür und Schikane auszusetzen. Das politische Strafrecht in einer Diktatur brachte es mit sich, dass zu den Opfern Bürger zählten, die der Staat allein deswegen drangsalierte, weil sie aus der DDR ausreisen wollten oder
eine harmlose politische Äußerung gemacht hatten. Auch hier gilt, wer das eigene Volk bespitzelt und unterdrückt hat, wer es hintergangen, verraten und betrogen hat oder wer all dies zu verantworten hatte, gehört nicht ins Parlament, auch wenn ihm das Mandat nicht entzogen werden kann.“ Das ist ein Zitat auch des Bundesverfassungsgerichts, Beschluss vom 21. Mai 1996. Der Hof, meine Damen und Herren, spricht uns aus der Seele, deutlicher und besser kann man es nicht formulieren. Meine Fraktion ist der Ansicht, dass diese Gründe auch eine Überprüfung in der 5. Legislaturperiode rechtfertigen und sogar erforderlich machen. Selbstverständlich sind wir uns dabei der Bedeutung des freien Mandats bewusst, und dass jede Abgeordnetenüberprüfung, einerlei mit welchen Rechtsfolgen der Abgeordnete zu rechnen hat, in einem Spannungsfeld zwischen dem freien Mandat und dem Eingriff der Überprüfung steht. Jedenfalls für die kommende Wahlperiode überwiegen aber die Gesichtspunkte der Integrität des Parlaments und der Vertrauenswürdigkeit, die der Bürger von seinem Parlament zu Recht erwarten kann.
Ich betone in diesem Zusammenhang zugleich - und dies haben wir im Justizausschuss ebenfalls ausführlich erörtert -, dass im Gesetzesvollzug selbstverständlich darauf zu achten sein wird, dass die Taten nunmehr mindestens 20 Jahre zurückliegen. Es bedarf also einer sorgfältigen Würdigung der jeweiligen Taten im Lichte auch des Zeitablaufs, um letztlich feststellen zu können, ob dem einen oder anderen Abgeordneten die Parlamentswürde zu nehmen ist oder nicht. Dies folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip und darauf können sich selbstverständlich auch jene berufen, die damals den Unrechtsstaat unterstützt und getragen haben.
Ich möchte an dieser Stelle auch auf die Problematik des Stasi-Unterlagen-Gesetzes eingehen. Wir wissen, der Bund hat das Gesetz befristet bis 2011. Unser Thüringer Abgeordnetenüberprüfungsgesetz würde, nachdem wir es beschlossen haben, bis zum Ende der nächsten Wahlperiode gelten und knüpft aber zugleich auch an das Stasi-Unterlagen-Gesetz an. Wie Sie wissen, haben wir uns nicht an diesem Datum orientiert, denn zunächst einmal scheint es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass auch der Bund sein Gesetz verlängert. Dann wären für uns sicher alle Probleme gelöst. Tut er dies aber nicht, bekämen wir ab 2012 dann keine Informationen mehr vom Bund, was die Überprüfung von Nachrückern praktisch nicht mehr möglich machen würde. Gleichwohl haben wir uns eben nicht an dem Termin 2011 orientiert, weil wir davon ausgehen, dass auch der Bund eine Lösung anstrebt, die über das Jahr 2011 hinauslangt.
Meine Damen und Herren, mit der noch in dieser Legislatur beabsichtigten Verabschiedung des Gesetzes verlängern wir die Vorschriften für den „politischen Handstand“, denn die CDU-Fraktion, um Bernhard Vogel zu zitieren, will die Linkspartei nicht ausgrenzen; wir wollen uns aber abgrenzen, und zwar insbesondere von jenen, die wissentlich Stasispitzel von einst auf sichere Listenplätze für das Parlament von morgen heben wollen.
Nach unserer Überzeugung ist es unverzichtbar, dass die Thüringerinnen und Thüringer wissen, wenn Abgeordnete zu Zeiten der DDR für die Stasi tätig oder IMs der K 1 waren und in diesem Zusammenhang Taten begangen haben, die sie als parlamentsunwürdig erscheinen lassen. Wenn die LINKE und die SPD dies anders sehen, müssen sie das auch begründen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, sehr verehrter Kollege Höhn, lassen Sie mich eines vorab sagen, Ihre Larmoyanz ersetzt Sachkenntnis und solide Rechtskenntnis leider in keiner Art und Weise.
Nein, das ist nicht albern. Ich werde nicht albern, sondern ich beziehe mich jetzt auf das, was Sie hier vorgetragen haben, auf diesen Unsinn zu unserem Antrag, den Sie erzählt haben. Sie haben gesagt, der Antrag der CDU-Fraktion würde vorsehen, dass alle hauptamtlichen Mitarbeiter der K 1 aufgenommen würden in die Stasiüberprüfung. Ausweislich unseres Antrags ist das eben gerade nicht der Fall. Ich darf auch aus der Begründung vortragen: „Damit, dass wir nur die inoffiziellen Mitarbeiter der K 1 aufnehmen in das Gesetz, wird auch die Wertung
des Stasi-Unterlagen-Gesetzes nachvollzogen und geteilt, nach dessen § 6 Abs. 5 die Vorschriften über Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes entsprechend für inoffizielle Mitarbeiter des Arbeitsgebiets 1 der Kriminalpolizei der Volkspolizei gelten. Auf diese Weise wird ein Gleichklang zwischen den bundesrechtlich geltenden Rechtsvorschriften und dem Thüringer Verfahren der Abgeordnetenüberprüfung hergestellt.“ Insoweit befinden wir uns auch im Einklang mit dem, was die Beauftragte für die Stasiunterlagen unseres Freistaats formuliert hat, dass wir nämlich hier …
Ja, gern.
Auch hier gilt, Herr Kollege Höhn, lesen und verstehen, das sind zwei Akte, die man doch zusammen tun sollte. Sie sind dazu nicht in der Lage.
Ich darf deswegen, Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis aus der Stellungnahme von Frau Neubert in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses vortragen. Da schreibt sie: „Der Deutsche Bundestag hat im Stasi-Unterlagen-Gesetz § 6 Abs. 5 Nr. 2 die inoffiziellen Mitarbeiter des Arbeitsgebiets K 1 der Volkspolizei den MfS-Mitarbeitern gleichgestellt. Der Änderungsantrag folgt der Definition des Stasi-Unterlagen-Gesetzes, das Bundesrecht ist. Das MfS war in den jeweiligen Ebenen der K 1 direkt weisungsberechtigt, hat Aufträge erteilt, deren Erfüllung kontrolliert, die Personalentscheidung auch über inoffizielle Mitarbeiter zumindest mitbestimmt.“ Dann wei
ter, da kommt der Absatz, den Sie hier missverstanden haben: „Obwohl es plausibel wäre, auch die hauptamtlichen Mitarbeiter der K 1 in die Überprüfung einzubeziehen, kann dies nicht in das Abgeordnetenüberprüfungsgesetz aufgenommen werden, da es eine von vornherein unwirksame Vorschrift wäre, da das Stasi-Unterlagen-Gesetz eine Beauskunftung zu diesem Personenkreis nicht zuließe.“ Das ist richtig, aber von uns auch nicht beantragt worden. Insofern verstehe ich Ihre Aufregung in dieser Sache überhaupt nicht.
Zweitens sagen Sie, wir bräuchten ein neues Verfahren. Auch davon kann ich mit aller Deutlichkeit nur abraten. Das Thüringer Gesetz hat mehrfach Bestand gehabt vor den Entscheidungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofs. Es wäre überhaupt nicht sachlogisch und nicht angemessen, ein völlig neues Verfahren zu schaffen, bei dem wir nicht wissen, ob es dann beim Verfassungsgerichtshof Bestand hat.
Lassen Sie mich abschließend noch eine Bemerkung machen: Sie zielen auf eine rot-rot-grüne Koalition nach den Landtagswahlen, die der Wähler natürlich verhindern wird.
Meine Damen und Herren, mal ganz abgesehen von den Problemen, die sich für die Abgeordneten ergeben würden, die, als sie sich beworben haben für das Mandat und als sie gewählt wurden, noch gar nicht wussten, dass sie überprüft werden. Jetzt wissen sie es. Wenn wir das Gesetz vor Ablauf der Legislatur beschließen, werden die Abgeordneten des nächsten Landtags und auch die Wählerinnen und Wähler darüber Bescheid wissen, welche Anforderungen wir an die Abgeordneten stellen.
Wer ernsthaft glaubt, dass Sie in einem nicht eintretenden Fall einer rot-rot-grünen Koalition eine Mehrheit dafür finden, dass Sie ein neues Überprüfungsverfahren einleiten, meine Damen und Herren, der glaubt sicher auch an den Weihnachtsmann. Ich kann nur abraten, Ihrem Verfahren zu folgen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr verehrter Herr Kollege Schubert, ich will es relativ kurz machen. Sie haben gesagt „sauber, sicher und bezahlbar“. Bei „sauber“ sind wir wahrscheinlich einig, dass Sie, wenn Sie nach dem Gesetz vorgehen, wer hier die größte Zahl weiß mit 40 Prozent, bei „sauber“ ein Kreuz machen können, aber mit „sicher“ hat das wenig zu tun, denn wir brauchen Grundlastkraftwerke, das kann nicht nur über erneuerbare Energien abgesichert werden, das ergeben auch alle Potenzialstudien, erstens, und mit „bezahlbar“ hat das überhaupt nichts mehr zu tun, denn die Leute müssen ja die höhere Einspeisevergütung bezahlen. Sicher können sie sagen, wir haben irgendwann Netzparität erreicht bei den erneuerbaren Energien und das kann vielleicht auch irgendwann so weit sein, aber ich glaube nicht, dass in dem Zeitraum, den Sie hier angegeben haben,
bis 2020, wir schon so weit sind, dass 40 Prozent erneuerbare Energien letztlich dargestellt werden können zu einem Preis, bei dem unsere Wirtschaft und auch unsere Bürger nicht zusätzlich belastet werden. Ich glaube, so wie Ihr Programm hier gestrickt ist, Thüringen als Leitregion für zukunftsfähige Energiepolitik zu sehen, da sollten wir aus dem „Leit“, was Sie mit „t“ schreiben, doch eher ein „Leid“ mit „d“ machen, denn die Leute werden aus dem Land fliehen, wenn sie so wahnsinnig viel bezahlen müssen für den Strom, den Sie hier sauber verkaufen wollen. Insoweit, meine Damen und Herren, will ich mich vielleicht ganz grundsätzlich an diesen 40 Prozent festhalten.
Der zweite Punkt, Herr Kummer, was ich sehr schön fand, war, dass anders als in Ihrer üblichen Manier Sie diesmal bei der Energiepolitik sagen, jetzt wollen wir hier wenigstens mal Geld verdienen. Das heißt, Sie akzeptieren wenigstens, dass es sich lohnt Geld zu verdienen, und wollen nicht alles vergemeinschaften. Da bin ich relativ froh, aber im Übrigen bin ich nicht bei Ihnen, wenn es darum geht, dass wir beispielsweise 1 Prozent der Landesfläche für Windenergie bereitstellen sollen. Jetzt sagen Sie natürlich, hier braucht es klare Führungen. Ich sage Ihnen aber, dass wir gut beraten sind, wenn wir bei klarer Führung auch immer mal darauf achten, was die Menschen in ihrem Land und in ihrer Heimat verkraften wollen. Natürlich kann man dann sagen, Herr Schubert, wir wollen hier Brandenburg als Vorbildland für uns nehmen, aber jetzt schauen Sie mal Brandenburg an, ich meine, wer will in Brandenburg leben. Wir leben hier in Thüringen und sind auch ganz zufrieden, weil wir eben nicht so wahnsinnig viele Windräder rumstehen haben und weil wir nicht überall mit zusätzlichen Maßnahmen belastet werden. Insofern, meine Damen und Herren, sind wir gut beraten, wenn wir hier auch auf die Planungsgemeinschaften vor Ort hören, auf das, was regional gesagt wird, was als verträglich gilt. Das gilt im Übrigen für das eine wie für das andere. Da muss ich Ihnen ganz offen sagen, liebe Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, Sie wären gut beraten, wenn Sie die Leute auch mal über die Folgen aufklären. Das heißt eben, dass wir auch einen Netzausbau brauchen, und das heißt auch, dass wir bei Netzausbau, beispielsweise bei der 380-kV-Leitung, eben nicht zuerst bei den Protestlern stehen können, wenn wir für so große Ausbauziele bei der erneuerbaren Energie sind. Insofern, muss ich Ihnen sagen, wäre es da einfach sinnvoller, wenn man konsequent ein Ziel verfolgt, ein Ziel, was machbar ist. Insofern ist es auch aus unserer Sicht sehr viel wichtiger, man soll zwar Visionen haben, aber man ist immer gut beraten, wenn diese Visionen lieber etwas näher an der Realität liegen, als wenn die Visionen zu nah an der Utopie liegen. Insofern, meine Damen und Herren, können wir nicht empfehlen, den grundsätz
lichen Forderungen dieses Antrags der SPD-Fraktion Rechnung zu tragen und das zu unterstützen.
Viele der Punkte, die Sie im Einzelnen aufgeschrieben haben, Herr Dr. Schubert, da habe ich gar kein Problem, nur ist es so, dass wir natürlich, als wir als Landtag vor einigen Monaten beschlossen haben, dass die Landesregierung eine Klima- und Energiestrategie, was im Übrigen über die reine Energiepolitik hinausreicht, eine konsistente Energie- und Klimastrategie vorzulegen hat für das Jahr 2015, dass schon zahlreiche Maßnahmen durch unsere Landesregierung - der Staatssekretär hat es vorgestellt und vorgetragen - durchgeführt werden, schon im Plan sind, so dass es aus unserer Sicht da nicht notwendig ist. Deswegen will ich ganz kurz darauf eingehen, was aus unserer Sicht in den nächsten Monaten wichtig ist, was zu bewegen ist. Das ist die Frage der Beratungsagentur. Da sind wir gar nicht so weit auseinander, wobei wir hier schon sagen müssen, bei der Beratungsagentur müssen wir uns im vorwettbewerblichen Raum aufhalten, denn wir haben viele Energieberater, die wollen wir nicht arbeitslos machen, indem wir jetzt eine öffentliche Beratung aufbauen, sondern wir müssen uns im vorwettbewerblichen Raum auf eine bestimmte Klientel von Kunden für die Beratung konzentrieren. Das können aus unserer Sicht nur Kommunen und die öffentliche Hand sein. Insofern sehen wir hier im BIOBETH eine geeignete Struktur, aus der man so etwas entwickeln kann. Ich freue mich auch, dass wir hier oben ein Publikum haben, was von der Materie noch wesentlich mehr versteht als die Fachleute hier, mich inbegriffen, im Landtag.
Wir wollen dann natürlich das Thema Nahwärmenetze, Antriebstechniken etwas verstärkt berücksichtigt wissen, weil wir hier schon sehen, dass in der Konzeption der Landesregierung darauf noch etwas mehr Augenmerk gelegt werden könnte. Was uns außerdem sehr wichtig ist, ist, dass wir gerade unter Berücksichtigung dessen, dass wir bei vielen Flächen im Land, die vorgehalten werden für erneuerbare Energien, auch Konflikte haben mit Naturschutzrecht, ob nun die Jungvogelschutzrichtlinie oder andere Richtlinien, dass wir hier ein Konzept entwickeln, im Grunde eine Datenbank und somit entsprechende Flächen vorgehalten werden können, wo entsprechende Maßnahmen erneuerbarer Energien aufgestellt werden können.
Insofern, meine Damen und Herren, bedanke ich mich ganz herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion. Sie haben sich hier einige Arbeit gemacht. Es ist aber eben schon vieles, was wir schon längst erledigen oder erledigt haben oder erledigen werden. Insofern darf ich Sie ganz herzlich bitten, dem Antrag der CDU-Fraktion zuzustimmen und den SPD-Antrag abzulehnen. Dan
ke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, im Interesse einer zügigen Abarbeitung will ich mich kurzfassen. Nach intensiver Beratung und mündlicher Anhörung und guten Gründen hat der Ausschuss beschlossen, den Gesetzentwurf abzulehnen. Ich bitte, dieser Beschlussempfehlung zu folgen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, keine Angst, ich werde das Gesetz nicht vorlesen. Mein Beitrag wird nicht zu lang, aber auch nicht so kurz wie die letzte Berichterstattung
zu dem Tagesordnungspunkt vorhin.
Das war eine Berichterstattung, natürlich.
Zum Thüringer Gesetz über den Vollzug der Untersuchungshaft: Meine Damen und Herren, wir alle haben jetzt aus der Debatte schon zur Kenntnis ge
nommen, durch die Übertragung der Vollzugskompetenzen in die Länderhoheit sind wir hier als Landtag gefragt. Ingesamt dauert ja die Debatte über die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes schon seit 1971 an. Seitdem die Strafvollzugskommission beim Bundesminister für Justiz Ähnliches angeregt hat, dauert diese Debatte an. Ich glaube, was lange währt, wird am Ende hier doch gut. Wir haben mit dem neuen Untersuchungshaftvollzug für Thüringen jedenfalls die Vollzugsgesetze zunächst einmal vollendet vorgelegt. Ich denke, es ist ein Dank an die Ministerin und das Haus wert, dass wir in Thüringen damit als eines der ersten Länder überhaupt diese Vollzugsgesetze so vorgelegt haben und damit die Rechtskompetenz, die wir als Land haben, hier voll ausgeschöpft haben.
Mit diesem nun vorliegenden geschlossenen Thüringer Untersuchungshaftvollzugsgesetz wird ja Rücksicht darauf genommen, dass ein Untersuchungsgefangener generell noch unter dem Vorbehalt der Unschuldsvermutung steht. Insofern ist es sachlich geboten, dass wir hier ein eigenständiges Gesetz vorlegen und dann auch im Vollzug darauf achten, dass eine Trennung zwischen dem normalen Strafgefangenen und dem Untersuchungshaftgefangenen durchgeführt wird.
Was die Frage Untersuchungshaft anbelangt - was unsere Kollegen von den Fraktionen DIE LINKE und der SPD ja gerade deutlich gemacht haben -, es geht aus unserer Sicht bei diesem Gesetz aber auch um ein Sicherheitsbedürfnis. Denn natürlich gilt die Unschuldsvermutung, aber wir wissen, und das haben wir in den Anhörungen auch gehört, dass 95 Prozent, wenn nicht mehr, der Untersuchungshaftgefangenen am Ende auch tatsächlich in Haft kommen. Das heißt, hier erfolgt eine Verurteilung nicht nur wegen dringenden Tatverdachts, sondern tatsächlich nach einer abgeschlossenen Beweiserhebung ist sichergestellt - wenn wir Justizirrtümer, aber das sind ja marginale Fallzahlen, ausschließen -, dass der Untersuchungshaftgefangene dann ein normaler Strafgefangener wird. Insoweit müssen wir schon auch bei der Ausgestaltung des Untersuchungshaftvollzugs berücksichtigen, dass hier Interessen der Sicherheit der Bevölkerung gewahrt werden. Insoweit können wir uns hier nicht Vorstellungen anschließen, da so eine Art Ferienfreizeitlager zu machen,
wobei wir ganz deutlich, das sage ich, mit unserem Gesetz hier Rechnung tragen, dass der Untersuchungshaftgefangene unter einer ganz anderen Maß
gabe in die Anstalt eingewiesen wird, als es der normale Strafgefangene ist.
Ich habe schon dargestellt, wir haben die getrennte Unterbringung. Wir haben auch die Einzelunterbringung für Untersuchungshaftgefangene festgelegt für die Ruhezeiten. Das ist aus meiner Sicht ein großer Fortschritt. Wir haben unter Berücksichtigung auch der besonderen Interessen von jüngeren Untersuchungshaftgefangenen geregelt, dass wir auch hier ein Erziehungsangebot wahrnehmen wollen, anders als beim Strafgefangenen, wo wir schon vom Grundsatz her ein Vollzugsziel beim einzelnen Strafgefangenen erreichen wollen, nämlich das der Besserung, haben wir das bei dem Untersuchungshaftgefangenen nicht automatisch, aber ich denke, dass es sinnvoll ist, dass wir gerade bei den jüngeren Untersuchungshaftgefangenen diese Angebote wahrnehmen.
Wir haben keine Verpflichtung zur Arbeit. Hier ist es sicher angebracht, zu sagen, dass natürlich die Nichtarbeit eines Gefangenen problematisch sein kann für den Vollzug. Wir wissen auch, dass wir bei den Strafgefangenen über nicht genügend Arbeitsangebote verfügen. Das ist sehr bedauerlich, aber hier braucht es ja momentan eher eine Grundsatzentscheidung und die Grundsatzentscheidung muss sein bei den Untersuchungshaftgefangenen, dass eine Arbeitsverpflichtung nicht vorliegen darf. Wir haben eine Vorkehrung getroffen, dass über Taschengeld etc. auch der Untersuchungshaftgefangene hier in besonderer Weise im Vollzug eine möglichst angemessene Lebensführung durchführen kann.
Vielleicht noch ganz kurz zu den von Herrn Kollegen Höhn dargestellten Problemen der Verfassungswidrigkeit, dass wir jetzt die vollzugsrechtlichen Anordnungen, die bisher gerichtlich vollzogen wurden, in die Kompetenz der Anstalten gegeben haben. Aus unserer Sicht ist das nicht deutlich geworden, dass das verfassungsrechtlich problematisch ist. Ich will aber auch einen ganz anderen Grund nennen, warum das sinnvoll ist, das so zu handhaben, weil es hier um Alltagsfragen des Vollzugs geht, wo uns selbst die betroffenen Richter sagen, diese Entscheidungen, nehmt sie uns ruhig ab, denn wir lassen die auch einfach nur durchlaufen. Das heißt, wir entlasten hier die Gerichte. Es geht nicht um die Frage, dass man Untersuchungshaftgefangenen hier Möglichkeiten des rechtlichen Gehörs nimmt, sondern es geht um ganz einfache praktische Fragen im Anstaltsleben, wo die Anstalt ohnehin eine größere Sachnähe aufweist. Deswegen ist das sinnvollerweise auch bei der Anstalt zu belassen. Ich denke, dass wir mit dem Weg, wie der Gesetzentwurf diese Regelung vorsieht, auch einen guten Weg beschreiten.
Die Fraktion DIE LINKE hat ja nun gestern noch einen Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf der
Landesregierung vorgelegt, der im Grunde voll inhaltlich dem Änderungsantrag entspricht, den wir bereits im Justizausschuss abgelehnt hatten, und zwar aus guten Gründen. Ich darf an dieser Stelle gleich drei Punkte nochmals genauer beleuchten, da ich es wichtig finde, Ihnen diese Gründe noch einmal nahezubringen.
Punkt 1: Der Gesetzentwurf der Landesregierung ermöglicht den Untersuchungsgefangenen die Kommunikation mit Außenstehenden nicht nur in einem deutlich weiteren Umfang als nach der bisherigen Rechtslage, sondern er erleichtert sie auch erheblich. Eine noch weitergehende Ausdehnung wäre mit Sicherheit und auch mit der Ordnung der Vollzugsanstalten schlicht nicht mehr vereinbar und würde zudem sicher auch die Aufgabe des Untersuchungshaftvollzugs gefährden. Insoweit will ich auch auf die Frage der Besuchszeiten hinweisen. Hier haben wir sehr wohl von einer Mindestbesuchszeit gesprochen, die ein relativ hohes Maß gegenüber den vorigen Regelungen hat. Insoweit erlauben wir aber natürlich den Anstalten, wenn das bei der Ausgestaltung des Vollzugs in den Vollzugsanstalten möglich ist, diese Besuchszeiten auch zu erweitern. Wir haben jedenfalls aus der Anhörung auch mitgenommen, dass zahlreiche Anstaltsleiter diesem Votum ohnehin folgen werden, wenn es möglich ist.
Punkt 2: Eine angemessene Kostenbeteiligung der Untersuchungsgefangenen bei der medizinischen Behandlung verstößt aus unserer Sicht überhaupt nicht gegen das Menschenrecht auf Gesundheit, denn auch der gesetzlich Krankenversicherte muss sich an den Kosten seiner Behandlung beteiligen. Wir sehen nicht, dass Untersuchungshaftgefangene hier in einer besonderen Weise bessergestellt werden sollten als der normal gesetzlich Versicherte. Im Vollzug wird darüber natürlich eine Ermessensentscheidung getroffen und selbstverständlich sind dabei auch soziale Aspekte zu berücksichtigen. Selbst bei den Leistungen, die über den Standard der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen, müssen die Untersuchungsgefangenen die Kosten nicht etwa ausnahmslos tragen, sondern sie können ihnen auferlegt werden und auch hierüber ist dann nach Ermessen zu entscheiden.
Punkt 3: Wieso die Fraktion DIE LINKE die Verwirklichung des Grundrechts der Glaubens- und Weltanschauungsfreiheit durch die Regelungen z.B. über Verpflegung und Einkauf verletzt sieht, kann ich, meine Damen und Herren, beim besten Willen nicht nachvollziehen. Im Strafvollzugsgesetz befinden sich nahezu gleichlautende Vorschriften, gegen die bisher weder von der Rechtsprechung noch von der vollzugsrechtlichen Literatur grundrechtliche Bedenken angemeldet wurden.
Ich denke, das sind drei Punkte, die aufzeigen, dass der Änderungsantrag wie so oft in der Vergangenheit eher von Sozialromantik geprägt ist und nicht die moderne Vollzugslandschaft repräsentiert. Ihre Ansichten würden zu einem Vollzug führen, in dem die Insassen mehr Rechte als Pflichten hätten. Das haben Sie schon beim Jugendstrafvollzugsgesetz versucht, jetzt versuchen Sie es wieder. Ich sage es Ihnen nochmals deutlich: Dies wird Ihnen auch dieses Mal nicht gelingen. Die CDU-Fraktion steht für einen Untersuchungshaftvollzug, der einerseits die Rechte der Insassen wahrt, zumal hier ja noch die Unschuldsvermutung gilt, aber auch andererseits das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung im Blick hat. Das ist verantwortliche Politik, dazu stehen wir.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Annahme des Gesetzes und Ablehnung der Änderungsanträge.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin, man kommt sich ja hier wie in einer Märchenstunde vor. Der eine faselt vom sozialen Europa, wenn es um die Dienstleistungsrichtlinie geht, der andere erzählt uns was von der anderen grundgesetzlichen Ordnung. Meine Damen und Herren, es wäre schon gut, wenn Sie sich mit den Gesetzen etwas vernünftiger auseinandersetzen würden, bevor Sie hierzu reden.
Zunächst einmal zur Frage bundeseinheitliche Lösung: Das ist weder wünschenswert noch zielführend. Wir haben eine Rechtsordnung, die vorschreibt, dass die Europäische Union uns Richtlinien geben kann dort, wo sie Kompetenzen hat, und dass die Länder dann verpflichtet sind, diese Richtlinien entsprechend umzusetzen in nationales Recht, und zwar entsprechend der nationalen Kompetenzordnung. Die nationale Kompetenzordnung hier in Deutschland sieht vor, dass die Länder das umsetzen müssen und nicht der Bund. Insofern kann ich, Herr Baumann, dieses Lamento in keiner Weise nachvollziehen, dass hier der Bund in irgendeiner Weise eine bessere Re
gelung treffen könnte. Der weiß doch gar nicht, wer vor Ort die einzelnen …
Sie haben gesagt, es wäre sinnvoll, eine bundeseinheitliche Regelung zu treffen, und das ist auch ganz nah dran an dem, was Herr Kubitzki schon im Ausschuss mal vorgetragen hat. Die Frage ist doch einfach, was ist denn der Sinn der bundeseinheitlichen Regelung. Das hilft uns doch überhaupt nichts, wenn vor Ort die Zuständigkeiten damit nicht vernünftig beachtet werden, sondern Sie brauchen eine Regelung, wo vor Ort sinnvoll darauf geachtet wird, dass die Zuständigkeit wahrgenommen werden und damit dieser einheitliche Ansprechpartner überhaupt sinnvoll agieren kann.
Zur Frage 2: Soziales Europa, lieber Herr Kubitzki, ich weiß wirklich manchmal nicht, aus welcher Welt Sie kommen; sozial ist am Ende doch, was Arbeit schafft. Wir wissen, dass wir wirtschaftliches Wachstum brauchen dafür, dass wir Arbeit bekommen. Wirtschaftliches Wachstum - meine Damen und Herren, das erleben Sie selbst oft genug in den Debatten mit den Kammern oder mit den Unternehmen - haben wir doch nur dann, wenn die Unternehmen auch von Bürokratie entlastet werden, wenn Ihnen Hindernisse in Genehmigungspraxis etc. beseitigt werden. In diesem Sinne, meine Damen und Herren, ist das, was diese Richtlinie hier vorschreibt, nicht nur Neuland, sondern es ist tatsächlich auch sozial. Denn hier mit dieser Richtlinie, mit der Einrichtung der einheitlichen Ansprechpartner auf der Landesebene, leisten wir einen Beitrag dazu, dass Unternehmen ganz erheblich entlastet werden von Bürokratie. Das gilt nicht nur für Unternehmen, die von außen herkommen, sondern das gilt auch für Unternehmen, die in Deutschland arbeiten, und das ist, glaube ich, ein ganz wichtiger Beitrag.
Das ist aus zwei Gründen so, weil wir nämlich einmal einen einheitlichen Ansprechpartner haben. Das ist auch eine große Herausforderung insgesamt für den Verwaltungsablauf. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass wir hier nur am Anfang stehen eines neuen Verwaltungsmodells. Wir hatten das auch im Rahmen der Enquetekommission schon behandelt. Es geht um die Frage, ob man am bisherigen Aufbau, an der Aufbauorganisation festhält mit straffen hierarchischen Stufen, oder ob man dahin kommt, die Verwaltung nur noch in Prozessen abzubilden, das heißt eine Ablauforganisation, die darauf mehr agiert,
wie man bestimmte Prozesse schneller gestalten kann, wie man durch E-Government-Maßnahmen auch einen Beitrag dazu leisten kann, dass die Prozesse, die Genehmigungsprozesse oder auch andere Überwachungsaufgaben, inhaltlich sehr viel besser gebündelt werden und auch schneller abarbeitbar sind. Insofern ist diese Dienstleistungsrichtlinie überhaupt keine Gefahr für die Unternehmen und für die Bürger, sondern sie ist tatsächlich eine große Chance für Unternehmen und Bürger hier in Thüringen, für die, die hierherkommen wollen, dafür, dass sie auf eine solide, schnell und effizient arbeitende Verwaltung stoßen, die es ihnen ermöglicht, hier so schnell wie möglich letztlich ihrem Broterwerb nachzukommen. Wir haben auf der anderen Seite die Regelungen zur Genehmigungsfiktion, die Hand in Hand gehen mit dem einheitlichen Ansprechpartner, weil wir mit der Genehmigungsfiktion wie in anderen Bereichen auch schon, wo wir es bereits eingeführt hatten, letztlich eine Sicherheit für den Antragsteller insoweit erreichen, als nach einem bestimmten Fristablauf eine Entscheidung dann automatisch als getroffen gilt. Damit setzen wir auch die Behörden unter Druck, hier schnell zu arbeiten und keinen großen Schlendrian einziehen zu lassen.
Zur letzten Frage - Kammermodell/Kommunalmodell oder - was ja auch denkbar gewesen wäre - das Landesverwaltungsamt: Wir haben uns hier in Thüringen für die wirtschaftsfreundlichste Lösung entschieden. Ich denke, wir haben auch eine effiziente Lösung getroffen, denn auch wenn mehrere Kammern letztlich zuständig sind, haben wir nur einen einheitlichen Ansprechpartner. Was Sie, Herr Baumann, wieder losgelassen haben zur Frage der kommunalen Gebietsreform; selbst wenn die Landkreise zuständig gewesen wären oder selbst wenn die paar Kommunen zuständig gewesen wären, wir gehen momentan von 485 Fällen aus, jedenfalls, wenn man mal zurückrechnet und schaut, was da in den letzten Jahren an möglichen Fällen aufgeschlagen ist. Bei 485 Fällen, da machen Sie am besten nur einen Landkreis in Thüringen auf, damit der das effizient handhaben und schultern kann. Alles andere - da hilft Ihre Gebietsreform auch kein Stück weiter. Es ist sinnvoll, diese Aufgabe beim Allkammermodell zu belassen und sie nicht auf die Kreise zu geben.
Ich denke, meine Damen und Herren, mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie haben wir ein gutes Stück Weg hinter uns. Auf der einen Seite war das ja auch ein Parforceritt, den wir durch die Ausschüsse gebracht haben, und wir haben uns doch inhaltlich sehr intensiv damit auseinandergesetzt. Auf der anderen Seite haben wir auch noch ein gutes Stück Weg vor uns, dass dieses Gesetz dann tatsächlich auch arbeitet und dass das, was wir uns davon versprechen, auch so eintritt. Insofern darf ich um Annahme
des Gesetzentwurfs der Landesregierung bitten. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Aktuelle Stunde zum Thema Politische Schlussfolgerungen aus dem aktuellen Bericht der Stasiunterlagenbehörde kann natürlich den Eindruck erwecken bei einigen der Kollegen, dass wir hier die Debatte des letzten Plenums nur erneut aufleben lassen wollten.
Ich sage Ihnen aber und rufe Ihnen deutlich zu, liebe Kollegen von der SPD-Fraktion, unsere Aktuellen Stunden sind eben doch deutlich aktueller als Ihre Dauerladenhüter, die Sie uns jeweils anbieten.
Denn, meine Damen und Herren, es wird Ihnen ja nicht entgangen sein, dass gerade die Frage der Aufarbeitung des Unrechts der Staatssicherheit, dass die Aufarbeitung der Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat war oder nicht, in den letzten Wochen immer aktueller und brennender wurde. Nicht zuletzt der Fall Kurras zeigt ganz deutlich, dass wir hier auch ein neues Schlaglicht in der Debatte um 1968 haben über die Stasitätigkeit im Westen. Ich glaube, es ist nicht ganz zu Unrecht die Rede von der unterwanderten Republik. Insofern, meine Damen und Herren, ist es uns wichtig, als CDU-Fraktion deutlich zu machen, dass wir hier nicht mit zweierlei Maß messen sollten.
Wir brauchen die Stasidebatte im Westen wie im Osten, aber eben nicht nur im Osten; denn eines ist deutlich, der Arm der Stasi hat deutlich weiter
gereicht als bisher gedacht wurde. Insofern ist es auch ein neues Schlaglicht in der Debatte über die Frage der Notwendigkeit und der Arbeitsweise der Birthler-Behörde sowie um die Frage, inwieweit die Bundestagsabgeordneten der Zeit von 1949 bis 1990 nicht auch noch mal überprüft werden sollten. Insofern bin ich auch unserer Präsidentin Frau Schipanski sehr dankbar, dass sie diesen Vorschlag öffentlich noch mal deutlich gemacht hat; denn aus unserer Sicht ist es wichtig, dass wir die Wirkungsmechanismen der Staatssicherheit nicht nur in der DDR nachweisen, sondern auch deren schlechten Einfluss auf die Bundesrepublik deutlich machen und dass das aufgeklärt wird.
Ich möchte allerdings auch auf einen anderen Aspekt eingehen, nämlich die Frage, wie im Stasiunterlagenbericht 2008 noch mal deutlich gemacht wurde, dass wir in den letzten Monaten zunehmend ein Interesse haben von betroffenen IMs, die darauf verzichten wollen, dass ihre Namen öffentlich gemacht werden. Wir sagen hier, wir wollen im Interesse einer wissenschaftlichen Aufarbeitung klare Maßstäbe haben für den Einzelfall: Wann ist das Interesse an einer wissenschaftlichen Auswertung über Stasiunrecht doch größer als das womöglich schutzwürdige Einzelinteresse. Wir stellen nicht in Abrede, dass es das geben kann, aber wir wollen hier klare Maßstäbe haben. Das Landgericht München hat in einem Fall, der Thüringen betrifft, einen solchen Maßstab aufgestellt. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass jetzt die zweite Runde in der prozessualen Auseinandersetzung eröffnet wurde. Der Anwalt, insofern darf ich das von unserer Seite verurteilen, des Klägers sagte hier, sein Mandat sei mit der Abwägung des Gerichts zwischen Persönlichkeitsinteressen und den Interessen eines - so wörtlich - Hobbyhistorikers nicht einverstanden. Hier geht es um die Frage, dass jemand veröffentlicht hat auf seiner Homepage, welche Machenschaften die Stasi in Erfurt geleistet hat, wo konspirative Wohnungen waren, wer inoffizielle Mitarbeiter waren. Nur aus unserer Sicht gehört es ganz elementar zur Aufarbeitung, wie es letztlich gestern Joachim Gauck auf Point Alpha formulierte, es gehört dazu, sich gegen eine gezinkte Erinnerung zu stellen, indem wir eine Aufarbeitung ermöglichen und nicht nur die Opfer, sondern auch die Täter deutlich beim Namen benennen. Dazu bedarf es klarer Maßstäbe für eine Interessenabwägung im Einzelfall. Wir brauchen auch weiter die Sicherheit, dass Täter als Täter benannt werden können. Denn letztlich - auch das ist eine Lehre der gestrigen Preisverleihung auf Point Alpha -, solange die Täter nicht als Täter erkannt und als solche behandelt werden, so lange gelten Opfer nicht als Opfer. Aus unserer Sicht haben die Opfer gerade des SED-Regimes ein Recht darauf, dass die Akten der Staatssicherheit zugänglich bleiben, dass die Taten der Stasi offen
gelegt werden, dass eine umfassende Forschung möglich bleibt und dass Geschichte aufgearbeitet wird. Dafür brauchen wir die Stasiunterlagenbehörden und dafür brauchen wir Zeitzeugen. Zeitzeugen sind aus unserer Sicht keine Hobbyhistoriker, sondern leisten einen entscheidenden Beitrag dazu, dass aus gezinkter Erinnerung eine ehrliche Aufarbeitung wird. Insofern halten wir fest an der Notwendigkeit von Staatssicherheitsunterlagenbehörden. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Kollege Döring - jetzt sind Sie schon nicht mehr Raum -, ich habe den Eindruck, Sie haben die öffentliche Debatte der letzten Wochen
überhaupt nicht wahrgenommen. Ich nehme aber zur Kenntnis, dass Ihr schmallippiger Beitrag in dieser Debatte wohl eher damit zu tun hat, dass Sie in der Debatte um Rot-Rot es mittlerweile lieber in Kauf nehmen,
unverhohlen in Kauf nehmen, dass aus den Stasis von gestern die Staatssekretäre von morgen sein sollen.
Zur Nichtbeteiligung der Fraktion DIE LINKE an dieser Debatte, meine Damen und Herren, lässt sich im Grunde nur eines schließen: Ich habe den Eindruck, Sie haben ein größeres Interesse an einer gezinkten Erinnerung als an direkter Aufarbeitung.
Meine Damen und Herren, dieser Eindruck wird ja nur noch verstärkt durch Ihr ungeklärtes Verhältnis zum Unrechtsstaat DDR. Insofern muss der Eindruck auch entstehen, dass es sich bei Ihnen lediglich um Lippenbekenntnisse handelt als um ein ernsthaftes Interesse an Aufarbeitung. Vielen Dank.
Vielen Dank Frau Präsidentin. Herr Staatssekretär, in der Mündlichen Anfrage in ihrer schriftlichen Fassung ging es um die Frage der gerichtlichen Mediation, in der vom Kollegen Kalich vorgetragenen Variante ging es um die gerichtliche Meditation.
Ich frage die Landesregierung daher zwei Sachen: Zum einen, beabsichtigt die Landesregierung bewusstseinserweiterte Übungen spiritueller Art, insbesondere des Tantra, des Zen-Buddhismus oder des Yoga unter den Richtern einzuführen?
Zweitens: Sieht die Landesregierung einen Widerspruch dieser Praktiken zur richterlichen Unabhängigkeit?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir freuen uns natürlich sehr, dass die SPD, auch wenn sie unseren Antrag nicht verstanden hat, ihm gern zustimmen möchte.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wissen in dieser schwierigen Situation, in der sich viele Thüringer Unternehmen befinden und in der aufgrund der Konjunkturpakete zahlreiche öffentliche Mittel bewegt werden, um die Wirtschaftskrise abzumildern, um den Unternehmen zu helfen, dass es darum geht, die Liquidität der Unternehmen zu erhalten. Die Liquidität der Unternehmen ist das A und O, damit ein Unternehmen nicht in dieser Krise tatsächlich auch noch unverschuldet bankrott geht. Insofern, meine Damen und Herren, ist unser Antrag schon sehr gerechtfertigt, weil wir uns mit diesem Antrag der Liquiditätssituation von Thüringer mittelständischen Unternehmen stellen. Ich bin dem Minister dankbar dafür, dass er einen Blick auf die Rechtslage gegeben hat, so wie wir es beantragt haben. Aus meiner Sicht will ich aber dazu ergänzen, es handelt sich hier offensichtlich um ein wirklich dicht geknüpftes Netz von Regeln. Die Frage ist aber, wenn wir uns im Lande umhören, und das sollten Sie von den Fraktionen
DIE LINKE und SPD auch tun, insbesondere im Wahlkampf hilft das, dann werden Sie schnell feststellen, dass das Netz offensichtlich manchmal zu klein ist. Ich rede jetzt nicht davon, dass wir noch mehr Regeln aufstellen müssen, sondern ich rede davon, dass wir neben den Regeln immer auch noch den Vollzug haben. Gerade beim Vollzug gibt es eben tatsächlich mehr Probleme als wir sie statistisch wahrnehmen können. Da ist zum einen die Frage der Vereinbarung. Der Minister hat ausgeführt, die Vereinbarung, die der Auftragnehmer mit dem Auftraggeber letztlich abschließt, würde bedeuten, dass beide damit einverstanden wären, auch mit den Zahlungszielen. Insofern würde überhaupt kein Problem bestehen. Da mache ich nur darauf aufmerksam, dass wir natürlich gerade in einem Wettbewerbsumfeld, wo wir sehr viele Anbieter haben, aber vielleicht nur eine geringe Nachfrage, haben wir eine disparate Position der Auftragnehmer und insofern gerät die Frage nach der hohen Akzeptanz etwas in ein Ungleichgewicht, weil nämlich der Auftragnehmer mitunter verpflichtet ist, um künftige Aufträge zu erhalten, weiterhin auch Bedingungen zu akzeptieren, mit denen er vielleicht unter normalen Umständen einer gesunden Wettbewerbssituation nicht so einfach leben könnte. Ebenso ist es mit Beschwerden gegen öffentliche Ausschreibungen. Da sage ich Ihnen auch nichts Neues. Wir wissen alle, das Leben ist tatsächlich etwas bunter, als uns die grauen Rechtsvorschriften vorgeben. Wir haben des Öfteren Fälle, dass Unternehmen darauf verzichten, eine Beschwerde gegen öffentliche Auftragsvergabe abzugeben, weil sie befürchten müssen, dass sie dann künftig nicht mehr berücksichtigt werden.
Insofern, meine Damen und Herren, ist unser Antrag, darauf hinzuwirken, die Liquiditätssituation zu stärken, indem Zahlungsziele, Zahlungsfristen verkürzt werden, genau der richtige Weg. Hier stellt sich nämlich die Aufgabe für die Landesregierung, im Vollzug der Regeln darauf zu achten, dass die Unternehmen möglichst schnell die Rechnungen der Handwerker bekommen.
Vielleicht auch noch zur Frage, inwieweit Vereinbarungen akzeptiert werden. Es ist ja ein Abwägungsprozess, dem sich der einzelne Unternehmer da ausgesetzt fühlt. Er muss abwägen, ob es sich lohnt, für eine bestimmte Forderung einen zweijährigen Prozess zu riskieren. Wir wissen alle, vor Gericht steht man des Öfteren wie vor Gott und auf hoher See, es ist unklar, wie es ausgeht. Einen solchen Prozess zu riskieren, ist eben ein wirtschaftliches Risiko. Deswegen müssen wir uns der Frage stellen, wie wir den Unternehmen helfen können. Wir haben es eben ganz deutlich in unserem Antrag aufgeschrieben. Es geht darum, wenn wir die Schlussabnahme haben, dann die Schlussabrechnung, dann kommt erst die Prüfung durch die Baubetreuung, dann durch
den Staatshochbau, dann kommt die Prüfung durch die Zahlstellen. Im Nu, und da sind uns zahlreiche Beispiele bekannt, haben wir Zahlungsziele, die eben deutlich über denen der VOB von 60 Tagen liegen. Da liegen wir bei 90 und 120 Tagen. Das ist ein Zustand, der vielleicht im Einzelfall, wenn Mängel vorliegen, gut begründet sein kann, aber der in der Regel nicht vorkommen sollte. Da bitten wir einfach unsere Landesregierung, zu prüfen, inwieweit das tatsächlich so notwendig ist, inwieweit man diese Prüfzeiträume etwas verkürzen kann, indem man sich beispielsweise mit dem Personal mal hinsetzt und schaut, was man da noch machen kann.
Zum anderen will ich auch noch deutlich sagen, dass wir hier in der Region Mittelthüringen auch ein löbliches Beispiel haben. Hier haben sich die Landkreise Weimarer Land, Sömmerda und auch Erfurt und Weimar der Aufgabe gestellt, mittelstandsorientierte Kommunen zu sein und zu werden. Sie haben sich letztlich dieser Aufgabe so gewidmet, dass sie sagen, wir wollen, damit wir ein Zertifikat erhalten, eine qualitätsgerechte Verwaltung zu gewährleisten, den Kunden, den Unternehmen, den Antragstellern bestimmte Garantien abgeben. Garantien heißt eben auch, bestimmte Zahlungsziele einzuhalten, dass die jeweiligen Auftragnehmer das Geld für ihre Rechnungen pünktlich bekommen. Insofern, glaube ich, haben wir mit diesem Modellprojekt, was ich auch persönlich aus nächster Ansehung kenne, tatsächlich Möglichkeiten, wie wir auch in anderen Teilen Thüringens oder auch beim staatlichen Hochbau dafür Sorge tragen können, dass unsere Staatsverwaltungen letztlich ihre Auftragnehmer pünktlich bezahlen und dass die Liquiditätssituation der Thüringer Unternehmen auf jeden Fall auch dank der Landesregierung eher besser als schlechter wird. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, Herr Hauboldt, die Fraktion der PDS ist gut beraten, eine Vaterschaft nicht für etwas einzufordern, wofür Sie nicht verantwortlich sind. Dass Sie es am Ende jetzt auch mittragen, weil wir im Gesetz die Landgemeinde verankert haben, finde ich gut und das zeigt auch, dass die PDS-Fraktion, die Fraktion DIE LINKE, durchaus lernfähig ist.
Ich möchte die Debatte über die Enquetekommission jetzt nicht vorwegnehmen, meine Damen und Herren, aber wir sollten uns schon darüber im Klaren sein, dass es hier nicht vier Konstrukte gibt und dass die Bürger einer Gemeinde sich nicht mit vier Konstrukten auseinandersetzen müssen, sondern wir haben Typen, wir haben Gemeindetypen, die wir ins Gesetz schreiben. Wir gehen davon aus, dass es richtig ist, dass die Bürger vor Ort entscheiden, wie ihr Gemeindetyp am besten aussehen soll. Dann haben
die Bürger vor Ort auch nur tatsächlich mit einem Gemeindetyp zu kämpfen, nämlich entweder sind sie in einer VG mit eigenständigen Gemeinden oder sie sind aber in einer Einheitsgemeinde oder aber sie sind in einer Landgemeinde. Das ist aus unserer Sicht völlig zielführend und entspricht im Grunde auch dem, was Sie immer fordern, dass wir dem Willen der Bürger Rechnung tragen sollen.
Jetzt noch mal ein Punkt, der aus meiner Sicht eine gewisse Schizophrenie andeutet in der Argumentation der Fraktion DIE LINKE. Sie sagen auf der einen Seite, wir sollen eine klare gesetzliche Regelung vorgeben. Auf der anderen Seite sagen Sie den Bürgern aber dann vor Ort, wenn die sagen, vielleicht wollen wir aber gar keine Einheitsgemeinde bilden, vielleicht wollen wir auch keine Landgemeinde bilden, ja, mit der gesetzlichen Regelung meinen wir es gar nicht so ernst, wir gehen davon aus, dass das am Ende alles nur dann gemacht wird, wenn die Bürger dafür sind.
Meine Damen und Herren, da müssen Sie sich einfach mal entscheiden, wohin Sie wollen. Entweder Sie wollen eine gesetzliche Regelung, die darauf abzielt, dass in wenigen Jahren dann überall nur noch Einheitsgemeinden und Landgemeinden sind, oder aber Sie wollen, dass die Bürger das vor Ort entscheiden. Wir als CDU-Fraktion gehen den richtigen Weg, wir sagen, Einheitsgemeinden und Landgemeinden leben davon, dass die Bürger vor Ort diese Entscheidung mittragen.
Sie leben davon, dass die Bürger vor Ort diese Entscheidung treffen, weil sie eine Notwendigkeit erkennen, die sagt, wir brauchen eine neue Struktur, weil wir nur so effizient Verwaltung darbieten können. Insofern, meine Damen und Herren, wäre es einfach offener und ich würde Sie da auch um mehr Offenheit bitten. Entweder Sie wollen eine gesetzliche Regelung, dann sagen Sie den Bürgern aber auch, bis wann mit Ihrer kommunalen Selbstverwaltung Ende und Schluss ist, oder aber Sie wollen auf Freiwilligkeit setzen. Wir als Unionsfraktion setzen auf Freiwilligkeit und darin sind wir auch gut beraten. Danke schön.
Frau Präsidentin, ich wusste gar nicht, dass der Zettel ausschlaggebend ist. Ich dachte, das Wort von Ihnen ist ausschlaggebend. Vielen Dank, dass Sie mir das Wort erteilt haben.
Selbstverständlich nicht, ich habe mich auch gemeldet. Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben ja gestern bereits den Bericht der Enquetekommission in der von Ihnen, Frau Präsidentin, benannten Drucksache der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ich möchte vorab ganz herzlich all den Kollegen und Kolleginnen danken, die in der Kommission über die gesamte Zeit, und auch den Kollegen, die nur über eine verkürzte Zeit mitgearbeitet haben, für die Mitarbeit. Ich möchte auch den Sachverständigen danken und ganz herzlichen Dank insbesondere der Landtagsverwaltung sagen, insbesondere unserem Mitarbeiter Herrn Dr. Schwanengel, der einen großen Anteil daran hat, dass die Meter an Aktenbergen, die wir zusammengetragen haben, in einen solchen Bericht in der vorliegenden Drucksache jetzt münden. Wenn ich allen Kollegen danke, dann möchte ich insbesondere Frau Taubert auch noch einmal herzlichen Dank sagen dafür, dass sie so konstruktiv in den Monaten bis zu ihrem Auszug aus der Kommission mitgearbeitet hat. Wir haben es alle sehr bedauert, dass Sie sich in Ihrer Fraktion offensichtlich nicht so durchsetzen konnten oder einem Votum folgen mussten, die Kommission zu verlassen. Es war jedenfalls dem Brief zu entnehmen, dass Sie sich die Diskussion da sehr schwer gemacht haben. Wir haben das sehr bedauert. Aber gut, so ist das nun einmal, wer auszieht, muss ausziehen. Dann haben Sie leider keinen großen Anteil mehr an dem,
was wir hier am Ende beraten haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben einen umfangreichen Aufgabenkatalog zu bearbeiten gehabt, den wir vor vier Jahren durch den Landtag erhalten haben. Wir sollten Stellung nehmen zur Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen, die Organisation der Aufgabenerfüllung unter Einbeziehung der privatisierten Aufgaben untersuchen, Erwartungen der Bürger und Bürgerinnen erfahren, den Aufgabenzuschnitt, die Organisation der staatlichen Mittelinstanz Thüringen unter Berücksichtigung auch des Zuschnitts und der Organisation anderer Mittelinstanzen in anderen Ländern bzw. auch Dreistufigkeit, Zweistufigkeit sollten wir überprüfen, die Auswirkungen des demographischen Wandels, die Angemessenheit der Gemeindegebiets- und Kreisgebietsstrukturen auch unter Berücksichtigung der Erfahrungen anderer Länder und darauf letztlich Empfehlungen und Feststellungen geben. Ich sage an dieser Stelle, wir haben uns als Kommission insgesamt diese Aufgabe nicht leicht gemacht, sondern wir haben sehr viel an Anhörungen durchgeführt, sehr viele Materialien aus verschiedenen Ländern uns zu Gemüte geführt, um zu sehen, wie Reformen in anderen Ländern durchgesetzt wurden, warum sie durchgesetzt wurden, was vielleicht auch der wissenschaftliche Hintergrund war.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, wir als Unionsfraktion sind sehr offen in diese Diskussion hineingegangen. Wir haben immer gesagt, wenn wir eine Kreisgebietsreform durchführen sollten, dann muss es gute Gründe geben. Wenn es für eine Kreisgebietsreform keine guten Gründe gibt, dann lohnt es sich auch nicht, eine solche Reform anzustoßen.
Nun gut, ich greife dem Ergebnis vielleicht hier schon mal vorweg. Wir haben als Kommission festgestellt, es gibt zwar eine ganze Menge Gründe, warum man eine Kreisgebietsreform durchführen können möchte, aber es gibt keinen einzigen, der stichhaltig ist. Es gibt auch keinen, der wirklich überzeugt. Wir haben uns in der Kommission vor einem Jahr schon verständigt, dass wir an der Gemeindegebietsstruktur tatsächlich etwas ändern müssen, dass wir einen neuen Typus einführen wollen, der auch eingeführt wurde und ja heute erstmals in Gesetzeskraft auch in Form einer neuen Landgemeinde entstanden ist.
Ausgehend von dieser Überlegung, dass wir auf der kommunalen Ebene an den kleinen und funktionsfähigen Strukturen der bestehenden Verwaltungsgemeinschaften festhalten wollen, haben wir gesagt, wenn wir die Landesverwaltung und auch die Kreisverwaltungen aufbauen wollen oder wenn wir uns
da Gedanken machen wollen, wie der vernünftige Aufbau aussehen soll, dann müssen wir das von unten aus machen. Deswegen haben wir mit den Gemeinden angefangen und gesagt, wir brauchen eine neue Struktur, die Landgemeinde, die Verwaltungsgemeinschaft ersetzt. Dann muss man sich relativ schnell überlegen, was kommt denn darüber? Aus unserer Sicht ist es dann nur folgerichtig, zu sagen, darüber kann nur der bestehende Kreis kommen. Denn es ergibt wenig Sinn, eine Gemeindestruktur aufzubauen, wo sie mindestens 3.000 Einwohner haben, die also vielleicht 5.000 oder 6.000 dann im Durchschnitt haben und dann darüber einen Großkreis zu setzen, der am Ende natürlich sehr schnell vor der Frage steht, wann ist eine Aufgabe, die eine Gemeinde nicht mehr erfüllen kann, wann ist die überörtlich und wann ist sie eine Kreisfrage. Das heißt - das ist natürlich jetzt sehr abstrakt gesprochen, das merke ich schon - aber, das Problem, was sich aus dieser Großkreis- und kleiner Gemeindenstruktur ergibt, ist im Grunde, dass wir, wenn wir Großkreise hätten, von Regionalkreisen will ich jetzt mal gar nicht sprechen, sich schnell die Frage stellt, ob die Aufgaben, die der Großkreis erfüllt, es nicht mitunter auch erfordern, weil sie überörtlichen Charakter haben, dass man unterkreislich neue Strukturen bildet, die dann eine neue Zwischenebene zwischen den kleinen Gemeinden und den großen Kreisen bilden. Insofern haben wir gesagt, das kann nicht sinnvoll sein. Da ist es doch sinnvoller, an Strukturen anzuknüpfen, die wir haben. Wir wurden im Übrigen auch durch Erwägungen bestärkt, die beispielsweise in Schleswig-Holstein angestellt wurden, wo ja zunächst auch die Große Koalition, die dort besteht, sich gesagt hat, wir wollen eine Kreisgebietsstruktur reformieren und am Ende das Ergebnis stand, dass man jetzt sagt, es gibt sehr wohl Dinge, wo die Landkreise kooperieren können, wo wir also Effizienzpotenziale haben, weil es einfach aus der Natur der Sache sich ergibt, dass man bestimmte Aufgaben vielleicht gemeinsam kostengünstiger erwirtschaften kann, aber es gibt eben überhaupt keine Notwendigkeit, dass man die Kreisstrukturen komplett zusammenlegt. Da ist es sinnvoller aus der Perspektive der Legitimation vor Ort und der Selbstverwaltungsgarantie vor Ort zu sagen, wir wollen deswegen, dass die Kreise fortbestehen und wo es Optimierungsbedarf gibt, wollen wir durch interkommunale Kooperationen, die dort in anderer Form gehandhabt werden sollen, letztlich erreichen, dass kostengünstige Verwaltung ermöglicht wird.
Wenn wir dann auf der Kreisebene sagen, die Kreise bleiben so, wie sie sind, dann ist man auch relativ schnell und folgerichtig bei der Frage: Ergibt dann überhaupt die Frage nach der Zwei- oder Dreistufigkeit von Verwaltungsaufbauen einen Sinn? Aus unserer Sicht kann man die Frage zwar sinnvoll stellen, aber man kann sie nicht sinnvoll mit der
Einführung von Zweistufigkeit beantworten, sondern wir müssen uns dieser Frage anders widmen und das heißt eben, nicht herangehen und sagen, eine richtige Verwaltungsreform findet nur dann statt, wenn man die Institutionen allesamt kräftig durcheinanderschüttelt und vielleicht ein paar neue Türschilder an die Wände knallt, sondern eine Verwaltungsreform findet im Grunde nur dann statt, wenn man sich auf die Funktionsweisen bezieht, also einen aufgabenbezogenen Blick übernimmt. Da haben wir relativ schnell festgestellt, dass wir mit unserem Landesverwaltungsamt - auch wenn man das im Detail natürlich nicht immer sehr positiv goutieren mag, was da geleistet wird - eine leistungsfähige Bündelungsbehörde haben, die zum einen eine zentrale Bündelung von überörtlichen Vollzugsaufgaben gewährleistet mit fachübergreifendem Koordinierungsbedarf. Ich will hier das Beispiel nennen, was passiert, wenn Sie einen Flächennutzungsplan beantragen, dann kommt es nämlich relativ schnell dazu, dass Sie feststellen müssen; wir brauchen hierzu Belange des Gewässerschutzes, die beachtet werden müssen, Belange des Naturschutzes, Belange der Raumordnung, des Immissionsschutzes und ähnliche Dinge mehr, die Berücksichtigung erfahren müssen und wo die Gemeinde, die einen Flächennutzungsplan beantragt, eben jetzt aus der gebündelten Behörde im Landesverwaltungsamt einmal den Flächennutzungsplan beantragt und dann entsprechend auch alle Genehmigungen bekommt, während Sie, wenn Sie auf die Bündelungsbehörde verzichten, bei vielen Aufgaben feststellen müssen, dann müssen die anders wahrgenommen werden, und zwar auch auf Landesebene, und zwar dann in Sonderbehörden. Dann müssten Sie also, wenn Sie einen solchen Flächennutzungsplan erstellen wollen, diese Genehmigungen von verschiedenen Sonderbehörden abfragen. Es stellt sich daher die Frage, ob das wirklich sinnvoll ist. Es führt zu einem höheren Verwaltungsaufwand, weil nämlich auch Prozesse, die wir jetzt gebündelt haben, dann wieder doppelt gemacht werden müssen. Insofern spricht aus unserer Sicht deshalb viel dafür, dass wir die Vermittlungsfunktion und auch die Bündelungsfunktion des Landesverwaltungsamts weiter erhalten. Zur Funktion als Widerspruchsbehörde möchte ich jetzt nicht weiter viel erzählen.
Ein anderer Beweggrund - wir haben uns auch unter fiskalischen Aspekten Gedanken gemacht, ob denn diese Zwei- oder Dreistufigkeit tatsächlich Sinn macht - ist der, dass wir festgestellt haben, wenn wir eine aufgabenbezogene Sicht auf die Dinge haben, dann ist es so, dass wir zahlreiche Aufgaben nach den letzten Kommunalisierungen eben überhaupt nicht mehr kommunalisieren können. Zum einen aus Gründen bundesrechtlicher Art, weil uns das Bundesrecht vorschreibt, wir müssen als Land bzw. Staat diese Aufgabe wahrnehmen, und zum anderen natürlich
aus rein wirtschaftlichen Fragen. Denn wenn Sie jetzt eine Aufgabe zentralisiert erledigen, kann es wenig Sinn ergeben, diese Aufgabe dann künftig auf alle Kreise herunterzubrechen. Im Übrigen ist das ja auch ein Argument, was immer wieder von der Opposition gegen die letzte Funktionalreform dieser Landesregierung zwar nicht richtigerweise, aber was von Ihnen abstrakt eingeführt wurde, und dieses Argument gilt natürlich auch hier für die Frage der Abschaffung des Landesverwaltungsamts.
Wir haben dann festgestellt, wenn wir mal Äpfel mit Birnen vergleichen und in den Ländervergleich gehen, dass es bei dem Aufbau, also bei der Beschäftigtenzahl, zwischen zwei- und dreistufigen Ländern überhaupt keinen Unterschied gibt. In zweistufigen Ländern beschäftigen die Länder auf den Einwohner bezogen genauso viel Personal wie in einem dreistufigen Verwaltungsaufbau. Das heißt, es ist weniger eine Frage, ob es sich rechnet, sondern es ist eher eine Frage der Verwaltungstradition. Nennen Sie es vielleicht auch eine Frage des Geschmacks, wie man seine Verwaltung aufbaut. Es ist weniger eine Frage von Modernität, eher ist davon abzuraten, auf Biegen und Brechen eine Zweistufigkeit einzuführen, die mitnichten etwas mit Bürgerfreundlichkeit oder Bürgernähe zu tun hat.
Zu dem immer wieder vorgebrachten Argument, dass ein Defizit an demokratischer Kontrolle beim Landesverwaltungsamt vorhanden wäre, lässt sich im Grunde nur sagen, meine Damen und Herren, darauf kommt es überhaupt nicht an. Das Landesverwaltungsamt untersteht einer demokratisch gewählten Regierung, insofern gibt es eine demokratische Kontrolle. Darüber hinaus ist es für den Bürger sehr viel wichtiger, dass es eine verwaltungsgerichtliche, also eine rechtsstaatliche, Kontrolle gibt. Das ist aus unserer Sicht sehr viel wichtiger, weil wir dadurch letztlich auch für den Bürger mehr erreichen.
Zu den Kreisgebietsstrukturen haben wir zahlreiche Empfehlungen und Feststellungen getroffen, weil wir uns der Aufgabe gegenüber sahen, dass wir zwei oder drei Modelle miteinander vergleichen müssen. Unser bestehendes Modell, das Großkreismodell, was die Kollegen von der Fraktion der SPD verfolgen und was in einem anderen …
Das Regionalkreismodell ist das linke. Das größere Kreismodell, ja Frau Taubert, das größere Kreismodell und das Regionalkreismodell der Fraktion DIE LINKE.
Ich möchte an der Stelle sagen, verfassungsrechtlich ist das Modell der SPD schon möglich. Die
Frage ist, ob es sinnvoll ist. Da kommen wir nach sorgfältiger Prüfung in der Mehrheit der Kommissionsmitglieder und der Sachverständigen nicht zu dem Ergebnis, dass es sinnvoll ist, eine Kreisgebietsreform mit größeren Kreisen durchzuführen. Wir kommen zu anderen Schlüssen. Darauf komme ich später noch zurück.
Zur Frage des Regionalkreismodells möchte ich Ihnen ganz eindeutig sagen, das Modell, wie es die Fraktion DIE LINKE als Gesprächsangebot vorgeschlagen hat, halten wir für verfassungswidrig, weil es mit der Selbstverwaltungsgarantie der Landkreise nicht vereinbar ist. Es ist nicht vereinbar, dass Sie eine Kreisebene haben, die völlig frei von Selbstverwaltungsaufgaben ist und an die Stelle der Selbstverwaltungsaufgaben stellt die Fraktion DIE LINKE dann die Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis, wo sie dann Mitbestimmungsrechte der Kreistage einführen möchte. Das ist aus unserer Sicht mit der Selbstverwaltungsgarantie überhaupt nicht vereinbar, sondern es bleibt dabei, es braucht ein substanzielles Gewicht von Selbstverwaltungsaufgaben im Verhältnis zu den staatlichen Aufgaben und das ist mit dem Regionalkreismodell aus Sicht der Mehrheit der Kommission nicht machbar. Wir haben weitere Empfehlungen getroffen zur Frage der gesetzlichen Pflichtaufgaben im eigenen Wirkungskreis. Hier stellen wir schon fest, dass auch wir als Landtag immer wieder dem zwar wohlgemeinten, aber letztlich nicht wirklich richtig guten Anliegen unterfallen, dass wir sagen, bei gesetzlichen Pflichtaufgaben normieren wir gesetzlich alles so weit durch, dass vor Ort überhaupt kein Entscheidungsspielraum ist. Hier sollten wir uns auch als Landtag verpflichten, für möglichst viel Freiheit und Entscheidungsspielraum vor Ort einzutreten, weil das eben am Ende auch die Selbstverwaltungsgarantie stärkt, weil es das Vertrauen der Bürger in die Kreise und ihre kommunalen Gebietskörperschaften stärkt und weil es letztlich dazu führt, dass wir einen Wettstreit um die besten Lösungen haben.
Insgesamt, meine Damen und Herren, lässt sich sagen, dass wir eine Kreisreform deswegen nicht für nötig erachten, weil sie sich auch nicht mit neuen Kommunalisierungen begründen lässt. Wir sehen derzeit keine Aufgaben, die noch weiter kommunalisiert werden können, insoweit kann man eine solche Reform letztlich auch nicht mit beabsichtigten Kommunalisierungen begründen. Ich möchte an dieser Stelle sagen, wir haben ja nicht nur die Verwaltungseffizienz zu berücksichtigen, sondern wir haben eben auch die Frage von Bürgerbeteiligungen und Bürgernähe und Legitimation vor Ort zu berücksichtigen und in diesem Spannungsverhältnis, meine sehr verehrten Damen und Herren, lässt sich aus unserer Sicht mit der Magie verwaltungswissenschaftlicher Zahlenspiele relativ wenig erklären, sondern da
spricht doch mehr dafür, die bestehenden Strukturen zu erhalten. Jetzt möchte ich an der Stelle noch ergänzen, für die bestehenden Strukturen spricht auch, dass wir bei der Frage der Personalausgaben, die letztlich ja ein ganz großer Teil der Ausgaben der Landkreise darstellen und auch ein Moment sind, womit man die Effizienz begründen kann, dass wir bei den Personalausgaben der Landkreise außerordentlich günstig sind. Ich darf Ihnen die Zahlen kurz vorstellen. Wir haben bei der Thüringer Kommunalebene 481 € je Einwohner, das trifft auf einen Bundesschnitt von 533 € je Einwohner, und einen Durchschnitt der neuen Länder von 517 € je Einwohner, das heißt, wir liegen deutlich unter dem ostdeutschen als auch unter dem gesamtdeutschen Durchschnitt. Insofern sind wir gut beraten, wenn wir diese effizienten Strukturen so erhalten, denn auch die Gebietsreform der 90er-Jahre lehrt uns ja, dass eine solche Reform nicht frei von Brüchen ist, dass eine solche Reform auch nicht frei von Verwerfungen ist und dass es lange dauert, ehe sich eine eingespielte Verwaltung tatsächlich darauf einlässt.
Ganz anders, meine Damen und Herren, sieht es deswegen mit dem Verwaltungsverfahren, mit der Verwaltungsmodernisierung aus. Aus unserer Sicht ist nämlich weniger die institutionelle Reform notwendig durch neue Strukturen, sondern es ist wesentlich mehr notwendig, dass wir uns auf den Prozess der Verwaltungsmodernisierung durch eGovernment konzentrieren. Hier haben wir in Thüringen eine Reihe von e-Government-Diensten, die den nationalen Vergleich nicht scheuen müssen. Wir haben aber vor allen Dingen auch durch die EG-Dienstleistungsrichtlinie eine Neuordnung des Verwaltungsprozesses, den vielleicht viele noch gar nicht absehen können, der aber dazu führen wird, dass wir die Verwaltungsprozesse ganz anders denken müssen, nämlich weg von der reinen Aufbauorganisation von Verwaltungen hin zu einer Prozessorganisation von Verwaltungen. Das hat zum einen Aspekte der Bürgerfreundlichkeit, dass nämlich der Bürger, etwas abstrakt formuliert, völlig frei von Raum und Zeit auf die Behörden zugreifen, entsprechende Informationen bekommen, Formulare ausfüllen und gegebenenfalls auch per Internet absenden kann. Das hat aber auch Potenziale - und das sind, glaube ich, die, auf die wir uns noch sehr viel stärker konzentrieren müssen - der Kostenersparnis innerhalb der Verwaltungen. Die Wissenschaftler, die wir dazu angehört haben, haben uns anhand von berechneten und tatsächlich erzielten Beispielen gezeigt, dass durch die Bündelung von typischen Unterstützungsprozessen wie Bescheiderstellungen etc. zwischen 20 und 30 Prozent Kostenersparnis erzielt werden können. Das heißt, die Bündelung
zwischen den Kommunen und auch zwischen den Landkreisen, also die kommunale Kooperation, eröffnet Möglichkeiten, in IT-Infrastruktur zu investieren, in letztlich Rechenzentren zu investieren, wo Unterstützungsleistungen vorgehalten werden können, so dass zum einen das Verwaltungsverfahren beschleunigt werden kann und zum anderen aber auch dadurch erhebliche Kosten gesenkt werden können.
Wir haben auf diesem Weg dahin natürlich noch einige Hindernisse zu nehmen, das ist die Rechtssicherheit des elektronischen Verkehrs, das sind die Fragen, wenn man beispielsweise Datenpools eröffnen möchte, dass diese Datenpools natürlich auch datenschutzrechtlich abgesichert sein müssen, und es sind die Fragen der medialen Standards, dass wir Medienbruchfreiheit garantieren können, um Systembrüche zu vermeiden. Das heißt, wenn Sie eine entsprechende Datei oder einen entsprechenden Vorgang von der einen Ebene, der kommunalen Ebene, auf die Landesebene senden wollen, muss es natürlich möglich sein, auf allen Ebenen diesen Vorgang auch zu bearbeiten. Hier müssen wir als Land dafür sorgen, dass wir nicht sagen, welche Technik vor Ort eingesetzt werden muss, sondern wir müssen dafür sorgen, dass wir definieren, welcher Standard eingehalten werden muss, so dass zum einen für unsere mittelständischen Unternehmen hier weiter Möglichkeiten von Auftragsübernahme bestehen und zum anderen aber sichergestellt ist, dass wir das Effizienzpotenzial, was in den Gebietskörperschaften liegt, letztlich auch heben können. Das heißt, wir brauchen insgesamt eine Prozessneugestaltung und müssen letztlich die Ressourcen, die wir haben, insgesamt teilen, so dass es weiterhin möglich ist, auch mit kleineren Gebietskörperschaften die öffentlichen Leistungen auch in einer besseren Qualität schneller und beschleunigt dem Bürger nahezubringen.
Insofern, meine sehr verehrten Damen und Herren, glaube ich, haben wir als Kommission - anders als manche Zeitungen heute geschrieben haben - durchaus einen Weg nach vorn definiert, der sehr viel moderner ist als das, was uns bisher als Moderne verkauft wurde. Es ist aus unserer Sicht überhaupt nicht modern, nur die Behördenschilder auszuwechseln, sondern modern ist, sich auf die Prozesse der Verwaltung zu konzentrieren, sich hieran zu machen, wie wir die so gestalten können, dass die Verwaltungsprozesse so optimal laufen, dass die entsprechenden Genehmigungen auch so schnell wie möglich und mit großer Rechtssicherheit erstellt werden können.
Ich möchte daher jetzt schließen. Wir haben aus unserer Sicht eine stichhaltige Analyse vorgelegt, die mit dem Ergebnis schließt, dass in der Tat die Gebietsreform ein Problem ist, nicht aber unsere Ge
bietsstruktur. Deswegen, meine Damen und Herren, darf ich Sie bitten, dass der Landtag diesen Bericht so zur Kenntnis nimmt und entsprechend auch bei seinen Beratungen über mögliche Änderungen berücksichtigt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, erlauben Sie mir vorab zwei allgemeine Bemerkungen. Es ist ja eine der eher überflüssigen Übungen dieses Hauses, einmütig zu verabschiedende Vorhaben als Sternstunden des Parlamentarismus zu feiern, ganz so, als würde Demokratie von der Einmütigkeit und nicht im Streit leben. Doch unabhängig davon empfinde ich es als eine der guten Stunden dieses Hauses, weil es uns heute gelingt, eine politische Frage dort zu lösen, wo sie zu lösen ist, nämlich im Parlament und nicht vor Gericht.
Erlauben Sie mir eine zweite Bemerkung zu den beiden Vorrednern, meinen Kollegen Herrn Hausold und Herrn Matschie. Sie sagen, sie würden definitiv mehr Demokratie für die Bürger bekommen. Ich sage Ihnen an dieser Stelle, das können Sie nur dann sagen, wenn Sie die Rechtslage ausblenden. Mit dem heutigen Gesetz steigen die Quoren teilweise wieder an, statt einen Zwischenraum von 5 bis 10 Prozent haben wir jetzt einheitlich 7 Prozent. Der Katalog der möglichen Themen wird nicht erweitert, sondern wird eingeschränkt gegenüber der geltenden Rechtslage. Wenn ich das noch sagen darf: Zwar erhalten die Einwohner das Recht, Themen zu setzen, aber es bleibt dabei, am Ende entscheiden die Bürger.
Meine Damen und Herren, gerade wenn man die Presse der vergangenen Tage zur Kenntnis nahm, konnte der Eindruck entstehen, hier handele es sich um eine katastrophale Niederlage der Union - die Überschriften: „Die CDU rudert zurück“, „Die CDU knickt ein“. „Die CDU gibt nach“ war eingedenk des alten Sprichworts vom Klügeren wohl noch die charmanteste Überschrift. Tatsächlich, meine Damen und Herren, haben hier alle Beteiligten einen weiten Weg hinter sich liegen. Das gilt sowohl für die Vertreter
des Volksbegehrens, für die kommunalen Spitzenverbände, die beiden Minderheitsfraktionen als auch für uns als Mehrheitsfraktion. Ich darf daran erinnern, dass dieser Kompromiss Ergebnis von Verhandlungen ist, denen wir als Unionsfraktion seit Oktober letzten Jahres sehr positiv gegenüberstanden. Ich erinnere daran, dass DIE LINKE, SPD und der Trägerkreis gestern ihre massiven Bedenken gegen die Zulässigkeit unseres Gesetzes aus dem Oktober zurückgestellt haben und ihre Klagen vor dem Verfassungsgerichtshof zurückzogen zugunsten eines Kompromisses, der nun auch die gerade von Ihnen heftig umkämpfte Amtsstubensammlung umfasst. Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, haben DIE LINKE und SPD einen, wenn nicht den wichtigen Baustein ihrer Wahlkampagne aus der Hand gegeben, zugunsten eines ehrenvollen Anliegens, nämlich klarere Regelungen für die direkte Demokratie vor Ort in den Kommunen.
Meine Damen und Herren, das nötigt uns als Unionsfraktion hohen Respekt ab, denn auf ein solches Mobilisierungsinstrument zu verzichten, fällt gerade im Wahlkampf sicher sehr schwer.
Andererseits haben auch wir Federn gelassen. Die Zulassung der freien Sammlung, meine Damen und Herren, ist ein Zugeständnis, dem ich ambivalent gegenüberstehe. Mit anderen Worten: Aus meiner Überzeugung als Christdemokrat kann ich sowohl für eine freie Sammlung sein als auch dagegen. Das ist keine Glaubensfrage, die zum Kernbestand konservativen Denkens gehört, denn vor Ort kann dieses Instrument natürlich von jedem Wortführer genutzt werden. Insofern stört mich die Zulassung der freien Sammlung wenig, denn die Amtssammlung war im Gegenzug nie als Schutzinstrument schwarzer Rathäuser vor berechtigten Bürgeranliegen gedacht, sondern sie war immer als eine Ergänzung gedacht. Skeptisch bin ich dagegen bei der in § 17 a Thüringer Kommunalordnung geregelten Zulassung der freien Sammlung, die nach unserer Ansicht weiterhin einem gewissen Manipulationsrisiko unterliegt. Das heißt, gerade die freie Sammlung ist kein Weg völlig frei von Gefahren.
Das heißt nicht, meine Damen und Herren, dass wir jenen misstrauen, die sich im vergangen Jahr in der freien Sammlung engagiert haben. Ausdrücklich: Diese Menschen verdienen, auch wenn wir nicht in jeder Hinsicht ihrer Meinung waren und sind, unseren Respekt für ihren Einsatz. Das haben die Kollegen meiner Fraktion und ich auch stets betont.
Doch möchte ich dennoch die Gefahren nennen, wenn unser Gesetz allein die freie Sammlung kennen würde. Sie bestehen zunächst einmal ganz offenkundig im Risiko, hier gut organisierten Populisten ein zusätzliches Feld zur Steigerung ihrer zweifelhaften Popularität zu bieten und, meine Damen und Herren, ich rede hier keineswegs von Populisten von links. Das heißt, das Manipulationsrisiko besteht gerade darin, dass der einzelne Bürger auf der Straße einem hohen Druck von Vertretern großer, nicht nur wohlmeinender Organisationen ausgesetzt wird.
Während wir bei Haustürgeschäften die Kunden mit umfangreichen Widerrufsmöglichkeiten ausstatten, bleibt doch dann hier zumindest zweifelhaft, ob dem einzelnen Bürger die einmal geleistete Unterschrift für ein politisches Vorhaben wirklich so ernst ist, dass er sie widerruft, wenn er doch anderer Meinung ist.
Meine Damen und Herren, auch wenn ich ausdrücklich die Unterschriftensammler dieses Volksbegehrens von diesem Vorwurf ausnehmen möchte, da wir Ihnen ihre Ernsthaftigkeit abnehmen, die theoretischen Missbrauchsmöglichkeiten führen dazu, dass am Argument der Mc-Drive-Demokratie ein Fünkchen Wahrheit bleibt.
Zum Punkt großer Organisationen: Ich darf für meine Fraktion heute noch mal betonen, dass wir die Sammlung durch Eintragung in amtlich ausgelegten Eintragungslisten nicht zum Selbstzweck etabliert haben. Wir sind der Meinung, dass gerade auch im ländlichen Raum eine staatliche Hilfestellung für die Verwirklichung direkter Demokratie notwendig sein kann. Denn nicht alle Menschen mit berechtigten Interessen verfügen über eine so ausgeprägte und schlagkräftige Organisation, wie beispielsweise der Verein „Mehr Demokratie e.V.“.
Deshalb ist die Amtseintragung keinesfalls Teufelszeug, sondern ein notwendiger Steigbügel für all jene, die außerhalb des „Mehr Demokratie e.V.“ Plebiszite vor Ort auf den Weg bringen möchten. Diesem Anliegen sind wir in Thüringen durch den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion im vergangenen Oktober nachgekommen und wir haben die Amtseintragung auf kommunaler Ebene eingeführt und sie bleibt uns in Zukunft in § 17 b der Thüringer Kommunalordnung auch erhalten.
Neben diesem Hauptpunkt möchte ich aber auch kurz auf andere Inhalte des Gesetzes eingehen, die man durchaus mit ambivalenten Gefühlen betrachten kann. Die praxisrelevante Änderung dürfte in den allermeisten Punkten kaum spürbar sein. Die Bürgeranträge, die nun als Einwohneranträge ausgestaltet wurden, waren auch zuvor bei einem Quorum von 1 Prozent möglich. Hier setze ich im Übrigen weiter darauf, dass die Einwohner sich vollkommen unbürokratisch und ganz ohne die Unterstützung etwaiger Quoren auch in Zukunft direkt an die Vertreter der Kommunalparlamente richten werden und so ihr Anliegen auf dem einfachsten Wege zu Gehör bringen.
Was die Bürgerbegehren angeht, so sind sowohl bei den Quoren als auch im Bereich des Ausschlusskatalogs die Änderungen so marginal, dass sie zunächst kaum Praxisrelevanz besitzen dürfen.
Meine Damen und Herren, jedes Gesetz muss sich in der Praxis bewähren. Daher muss es die erste Aufgabe dieses und auch des nächsten Landtags sein, dieses Gesetz in seiner Anwendungspraxis sorgfältig zu beobachten und gegebenenfalls auch nachzubessern.
Wenig schlüssig ist zum Beispiel die Deckelung der Zustimmungsquoren, denn wir waren hier zum Teil leider gezwungen, auch wenig schlüssige Regelungen zu übernehmen. Ich will dies an einem Beispiel belegen. Während für ein Bürgerbegehren auf Gemeindeebene zukünftig 7 Prozent, aber höchsten 7.000 Stimmen notwendig sind, sind es auf Landkreisebene 7 Prozent, höchstens aber 10.000 Stimmen. Für die Stadt Erfurt bedeutet dies, bei 164.402 Wahlberechtigten die Notwendigkeit von 7.000 Stimmen; in Gera mit nur 88.511 Wahlberechtigen, also fast der Hälfte der Wahlberechtigten, bedarf es hingegen 6.196 Stimmen, um das Quorum zu erreichen, also fast genauso viele wie in Erfurt. Festzuhalten ist, dass die Höchstgrenzenregelung zu enormen Verzerrungen führen kann, die zulasten der Bürger in kleineren Städten gehen.
Erlauben Sie mir aus rechtlicher Sicht folgenden Hinweis: Auf Landesebene schreibt unsere Verfassung nicht nur die Wahlrechts-, sondern auch die Stimmrechtsgleichheit vor. Für die Kommunalebenen gilt dies allerdings nur für die kommunalen Volksvertreter, also nicht für die Abstimmung. Daher ist die jetzt kritisierte Regelung nicht per se verfassungswidrig, die Ungleichbehandlung, meine Damen und Herren, der Kommunen allein aufgrund ihrer Wählerzahl erscheint mir aber dennoch höchst fragwürdig.
Ich möchte auch einen anderen Aspekt von Ihnen, Herr Hausold, ansprechen, der Höchstgrenzenregelung auf Landkreiseebene, die bei 10.000 Einwohnern festgelegt wurde. Im größten Landkreis des Freistaats, dem Landkreis Gotha, bedarf es bei 120.271 Wahlberechtigten 8.419 Stimmen, um ein erfolgreiches Volksbegehren durchzuführen. Die 10.000er-Obergrenze kann in Thüringen erst gar nicht erreicht werden. Sie ist daher aus meiner Sicht nicht sinnvoll und ich bezweifle ehrlich gesagt, dass Ihnen das bisher aufgefallen ist.
Meine Damen und Herren Abgeordneten der Opposition, einen weiteren Punkt möglicher Nachbesserungen habe ich in meiner Eingangsbemerkung schon aufgegriffen, das ist der Negativkatalog. Gemeint sind jene Themen, zu denen Volksbegehren unzulässig sind. Denn auch hier war die bisherige Rechtslage unseres Oktober-Gesetzes fortschriftlicher. Jetzt wird der Katalog um der gesetzlichen Klarheit willen vereinheitlicht und wieder erweitert, was heißt, die Themen werden eingeschränkt, bislang zulässige Begehren bleiben damit zukünftig auf der Strecke.
All diese Argumente sind aus meiner Sicht gute Gründe, dem heutigen Gesetz mit einiger Skepsis zu begegnen. Ich habe daher Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen, die trotz inhaltlicher Vorbehalte heute um des gemeinsamen Weges willen diesem Gesetz zustimmen. Aber ich habe auch Respekt vor jenen, die diesen Schritt nicht mitgehen können.
Meine Damen und Herren, ob dieses Gesetz ein Ostergeschenk oder nur ein Osterei ist, das dürfen wir in Zukunft sicherlich in österlicher Tradition selbst herausfinden. Es bleibt abzuwarten, ob die Instrumente tatsächlich auch so vor Ort genutzt werden. Das Gesetz jedenfalls schafft bei aller Skepsis im Detail für den Bürger Rechtsklarheit über die rechtlichen Möglichkeiten direkter demokratischer Beteiligung vor Ort. Dafür danke ich allen Beteiligten hier im Haus, aber auch den beiden kommunalen Spitzenverbänden, die sich am Gesetzgebungsverfahren nicht nur mit ihrer üblichen hohen Sachkompetenz, sondern auch mit hoher Geschwindigkeit beteiligt haben. Ich sage ihnen an dieser Stelle zu, auch die Union wird vor Ort genau prüfen, ob sie sich dieser Instrumente bedient, um Missstände zu beseitigen, Erleichterungen für den Bürger zu erreichen. Von daher haben wir diesen vorliegenden Gesetzentwurf mit eingebracht und werden ihn auch heute hier verabschieden. Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, es war sicher nur ein Versehen, dass die Redemeldung jetzt nicht so schnell vorlag. Ich danke dem Berichterstatter, Herrn Dr. Schubert, ausdrücklich für seinen relativ objektiven Bericht und dafür, dass Sie die Argumente abgewogen haben. Tatsächlich war es so, dass dieser Antrag, der nun schon ein Jahr alt ist, in der Anhörung ein Schicksal erlebt hat, was selten ein Antrag in solcher Stärke erlebt. Die Anhörung ist zum Fiasko geraten. Sie wären besser beraten gewesen, wenn Sie dem Anliegen einiger Energieversorger, die ja - wie ich weiß - vorher mit Ihrer Fraktion das Gespräch suchten, gefolgt wären und diesen Antrag erst gar nicht eingebracht hätten. Es gab dann auch die Überlegung, ob Sie den nicht vielleicht zurückziehen. Ich weiß sehr wohl, dass auch meine Kollegen von der Fraktion DIE LINKE sich diese Frage nach der Anhörung stellen mussten. Dieser Antrag war nicht nur strukturell eine Missgeburt, denn es kann natürlich überhaupt nicht angehen, dass man eine Entschließung verabschiedet, bei der man feststellt, dass die vertraglichen Einflussmöglichkeiten von großen Unternehmen ein Hindernis für mehr Wettbewerb und Preisbildung sind, indem man feststellt, dass der Thüringer Landtag Forderungen unterstützt, die Beteiligung der großen Energiekonzerne an den Stadtwerken nicht mehr zuzulassen, und indem wir auch noch die Stadtwerke zwingen oder die Energiekonzerne zwingen, ihre Beteiligung zu verkaufen. Wenn man das feststellt, dann hätte man im Grunde vorher klären müssen, ob das denn tatsächlich so ist. Sie haben Ihren Antrag so aufgebaut, dass wir zuerst feststellen und dann fragen, ob das tatsächlich auch der Wahrheit entspricht. In der Anhörung ist meines Erachtens sehr deutlich geworden, dass Ihre hier in der Entschließung gemachten Punkte mit der Realität überhaupt nichts zu tun haben. Daran ändert auch nicht, dass einzelne Stellungnahmen, auch einzelne schriftliche Stellungnahmen Kritik geäußert haben. Denn auch die konnten im Einzelfall nicht nachweisen, dass es hier zu solchen Problemen kommt. Gerade bei der Frage des Preiswettbewerbs, bei der Frage, ob die Energiekonzernbeteiligung an den Stadtwerken dazu führen würde, dass Vorschlagsrechte missachtet würden, dass Spielräume bei der Auswahl von Vorlieferanten eingeschränkt würden zugunsten der beteiligten Unternehmen. Gerade das ist ja deutlich geworden in der Anhörung, dass die Beteiligungen dazu nicht führen, sondern ganz im Gegenteil. Die
Beteiligung eines großen Energiekonzerns hat meistens mit der Vorlieferantenstellung relativ wenig zu tun, erstens, und zweitens führt das im Ergebnis nicht mehr nur zu einer größeren Kapitalstärke der Stadtwerke, sondern auch dazu, dass unternehmerische Entscheidungen der Stadtwerke eben nicht so sehr in den Geruch kommen, dass man sich hier einem prestigeträchtigen Unterfangen, wie beispielsweise dem Bau eines Bürgerkraftwerks, verschreibt, ohne nachzurechnen, was das bringt, sondern dass durch das Know-how der Energiekonzerne abgesichert wird, dass die Stadtwerke eine sinnvolle Entscheidung treffen, die am Ende den Bürger nicht mehr Geld kostet, als es darf. Also hier werden wirtschaftliche Entscheidungen am Ende in den Stadtwerken eher möglich, als das der Fall wäre, wenn wir keine solche Beteiligung hätten.
Insofern, meine Damen und Herren, will ich jetzt gar nicht so sehr auf die vielen Punkte eingehen, die in der Anhörung deutlich geworden sind, woraus man erkennen kann, dass Ihr Antrag gründlich verkorkst war, sondern möchte mich ganz herzlich bei den Kollegen von der Fraktion DIE LINKE bedanken, die uns nämlich die Möglichkeit gegeben hat, nachdem der Antrag nicht zurückgezogen wurde, den Antrag vom Kopf auf die Füße zu stellen, indem wir jetzt feststellen, dass die Beteiligungsstruktur der Stadtwerke sich grundsätzlich bewährt hat und dass die Beteiligungen letztlich dazu führen, dass wir zum einen eine vernünftige Finanzausstattung in den Stadtwerken haben und zum anderen auch das Knowhow in den Stadtwerken so ist, wie es sein muss, wie es aber nicht automatisch ist, weil man ein Stadtwerk hat. Da können manche rechtliche Fragen, die Sie jetzt auch in der Frage der Regulierung durch die Behörden stellen, und manches Wissen überhaupt nicht vorhalten und insofern sind die Stadtwerke nachhaltig darauf angewiesen.
Ich will vielleicht noch auf einen weiteren Punkt aufmerksam machen, der bei Beteiligungsverkauf ja auch eine Rolle spielte. Die Frage ist doch, wer soll sich denn beteiligen? Momentan stellt sich sowieso die Frage, ob Sie einen großen Finanzinvestor finden, der so ein Stadtwerk oder die Beteiligung der Vorlieferanten dann tatsächlich finanzieren und kaufen kann. Die Kommunen können aus unserer Sicht diesen Weg kaum gehen, denn wir werden nicht in der Lage sein, den Kommunen das Geld zu geben und die Kommunen selbst sind auch nicht in der Lage, die Beteiligung zurückzukaufen. Insofern, meine Damen und Herren, sind wir gut beraten, wenn wir die Beschlussempfehlung des Ausschusses annehmen und den Antrag der SPD-Fraktion ablehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommunalisierung der E.ON-Beteiligung an den Thüringer Stadtwerken, wir hatten, wie Herr Dr. Schubert gerade ausgeführt hat, ja gerade heute Morgen schon über die Kommunalisierung sprechen können. Aus unserer Sicht - und da glaube ich, sind wir als CDU-Fraktion von heute Morgen bis heute Nachmittag sehr konsequent - ist Kommunalisierung per se nicht immer etwas Gutes. Sie ist auch nichts Schlechtes, aber aus unserer Sicht müssen wir hier doch sehen, dass die E.ON-Beteiligung an den Thüringer Stadtwerken im Grunde eine wirtschaftliche Frage eines privaten Unternehmens ist und insofern keine Frage ist, die uns als Landtag unbedingt beschäftigen muss. Dass sie uns als Landtag beschäftigt, liegt jetzt gerade an dem Antrag der Fraktion DIE LINKE und vor allen Dingen daran, dass womöglich die Thüringer Kommunen, die ein Interesse an dem Kauf haben könnten, die entsprechenden Finanzmittel nicht aufbringen könnten. Wir wissen, dass derzeit von einem Wert von rund 4 Mrd. € der Gesamtanteile der Thüga ausgegangen wird. Soweit ich weiß, hat sich ja ein kommunales Bieterkonsortium bereits entwickelt. Ich weiß momentan nicht, wie viele Thüringer Kommunen daran beteiligt sind, soweit ich weiß, glaube ich, keine einzige Thüringer Kommune. Es spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, dass sich hier Kommunen dieses Unternehmen kaufen wollen, aber es ergibt eben auch für uns überhaupt keinen Sinn, warum jetzt Thüringer Kommunen unbedingt dabei sein müssen. Wenn das ein strategisches Ziel einzelner Kommunen ist oder einzelner Stadtwerke, sich daran zu beteiligen, ist das deren Sache. Ich denke nicht, dass wir als Land einen Beitrag von 4 Mrd. € in irgendeiner Art und Weise schultern könnten. Ein großes strategisches Interesse kann ich hierin auch nicht erkennen.
Was die Ausschussberatung anbelangt, Herr Dr. Schubert, hätten wir grundsätzlich nichts dagegen, einen solchen Antrag an den Ausschuss zu überweisen, allerdings hier ergibt das für uns deswegen keinen Sinn, weil voraussichtlich noch vor dem Sommer das Bieterverfahren abgeschlossen sein soll. Wenn wir uns jetzt vernünftig im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit auseinandersetzen wollen mit einem Antrag, der jetzt schon fast ein halbes Jahr im Plenum vorliegt, glaube ich, wer
den wir das vor der Sommerpause auch gar nicht schaffen. Insofern wäre es einfach sinnvoll, den Antrag heute und hier sofort abzulehnen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es gab ja früher mal einen Spruch, der hieß „Elektrifizierung plus Sowjetmacht ist gleich Kommunismus“. Heute drängt sich ja der Eindruck auf: Elektrifizierung plus Kommunalisierung ist gleich günstige Energieversorgung. Meine Damen und Herren, dieser Eindruck ist völlig falsch. Was Sie, Herr Gerstenberger, sagen zur Frage, wie die CDU-Fraktion und diese Landesregierung zu den Stadtwerken stehen, ich glaube, da sprechen unsere Taten in der Vergangenheit Bände. Wir stehen zu den Thüringer Stadtwerken, wir stehen zu den Möglichkeiten der Stadtwerke. Das haben wir in der Kommunalordnung verankert; wir haben das mit zahlreichen anderen Maßnahmen in den vergangenen Jahren immer wieder unterstrichen und belegt.
Ich will zur Wortmeldung des Ministers nur sagen: Er hat völlig recht. Sie haben hier überhaupt nicht dargestellt, welchen Vorteil das denn für die Thüringer Kommunen haben soll, sich an der Thüga letztlich zu beteiligen. Fest steht doch für uns eines: Die E.ON muss und will verkaufen. Das hat zum einen wettbewerbsrechtliche Gründe und zum anderen hat es den Grund - das hört man ja in allen Fluren und in allen Ecken -, dass die E.ON natürlich überlegt, wir verdienen mit dem Geschäft, was wir bisher hatten, überhaupt kein Geld mehr. In dieser Situation
wollen Sie die Thüringer Kommunen da hineindrücken, dass die ein Geschäft übernehmen, wo man kein Geld mehr verdienen kann? Da fragt man sich doch, was daran sinnvoll sein soll.
Mit der Debatte um Kommunalisierung nehmen Sie grundsätzlich Bezug auch darauf, dass - berechtigt oder unberechtigt - Angst besteht, dass Finanzinvestoren sich an irgendetwas beteiligen könnten. Gegenwärtig - ich möchte keine Frage von Herrn Gerstenberger beantworten, er kann ja gern noch mal vorkommen -, darauf möchte ich aufmerksam machen, fällt es außerordentlich schwer, überhaupt irgendeinen Finanzinvestor zu finden, der sich in einer solchen Größenordnung beteiligt, so dass sich gegenwärtig kommunale Konsortien bilden. Ich frage mich da wirklich, was denn das Problem ist, wenn ein kommunales Konsortium aus Kommunen anderer Länder sich hier an der Thüga beteiligt und damit die Beteiligung letztlich übernimmt. Das wird langfristig überhaupt kein Problem für die Versorgungssicherheit sein. Das wird auch kein Problem sein, wo Sie berechtigt oder unberechtigt irgendwelche Finanzinvestoren hier zu Felde führen können und sagen können, da gibt es riesige Probleme, die wollen jetzt hier gar nicht richtig investieren. Ich denke, wenn ein solches Konsortium sich findet - und gegenwärtig hat sich, das war jedenfalls die heutige aktuelle Meldung, ein solches Konsortium erneut gebildet -, ist die langfristige Versorgung unserer Bevölkerung hier absolut gesichert. Deswegen kann ich auch nicht empfehlen, dass die Landesregierung, ohne irgendeine rechtliche Handhabe zu haben, Gespräche mit E.ON aufnimmt, um in irgendeiner Weise letztlich den Gesamtverkauf hier zu unterbinden.
Ich will an der Stelle auch nur sagen: Die E.ON hat ein natürliches Interesse daran, sich nicht bei dieser Verkaufsgeschichte in Vorkaufsrechtsdiskussionen zu verheddern. Insoweit ist es völlig unnütz, ob unsere Landesregierung mit E.ON spricht oder nicht spricht. Das ist genauso gut, als wenn Ihr Fraktionsvorsitzender mit der E.ON Thüringen spricht. Das würde nämlich auch kein Ergebnis zeitigen. Deswegen werden wir weiter für die Ablehnung Ihres Antrags plädieren. Danke.
Ja, ich nehme an und bedanke mich für das Vertrauen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Ministerin hat schon zahlreiche Dinge zum materiellen Gehalt des Gesetzes ausgeführt. Meine beiden Kollegen haben zwar jeden Esprit vermissen lassen, aber auch zu den inhaltlichen Dingen zahlreich Stellung genommen. Ich möchte deswegen nur zwei Bemerkungen machen.