Protokoll der Sitzung vom 26.01.2007

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie alle herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße ebenfalls unsere Gäste auf der Zuschauertribüne sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen die Abgeordnete Wolf und die Rednerliste führt die Abgeordnete Wackernagel.

Für die heutige Sitzung liegen mir folgende Entschuldigungen vor: Herr Minister Schliemann, Fau Abgeordnete Jung und Frau Abgeordnete Sedlacik.

Ich möchte zur Tagesordnung noch folgende Hinweise geben:

Zum Tagesordnungspunkt 2, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zum Thüringer Vorschaltgesetz zur Beamtenbesoldung und Beamtenversorgung wurde ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/2649 verteilt.

Weiterhin hat die Landesregierung angekündigt, auch zu den neuen Tagesordnungspunkten 15 b, 15 c und 15 d von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir gestern beschlossen haben, diese Tagesordnungspunkte unabhängig von der Abarbeitung der Tagesordnung im Übrigen heute auf jeden Fall aufzurufen.

Ich rufe hiermit den Tagesordnungspunkt 2 auf

Thüringer Vorschaltgesetz zur Beamtenbesoldung und Beam- tenversorgung Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/2616 - dazu: Änderungsantrag der Frak- tion der CDU - Drucksache 4/2649 - ZWEITE BERATUNG

Wird Aussprache zu diesem Punkt gewünscht? Es wird keine Aussprache zu diesem Punkt gewünscht. Damit können wir unmittelbar zur Abstimmung kommen. Bitte, Abgeordneter Schröter.

Nur eine Bemerkung noch, was den Änderungsantrag anbetrifft. Eine Begründung ist gestern bereits im Redebeitrag gegeben worden, so dass wir heute darauf verzichten wollen.

Wir stimmen als Erstes über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in Drucksache 4/2649 ab. Wer ist für diesen Änderungsantrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme. Damit ist dieser Änderungsantrag der Fraktion der CDU einstimmig angenommen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 4/2616 in zweiter Beratung unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Abstimmung des Änderungsantrags in Drucksache 4/2649. Wer ist für diesen Gesetzentwurf, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf und ich bitte Sie, dann durch Erheben von den Plätzen Ihre Stimme abzugeben. Wer ist für diesen Gesetzentwurf der Landesregierung, den bitte ich, sich zu erheben. Danke. Wer ist gegen diesen Gesetzentwurf? Wer enthält sich der Stimme? Damit ist dieser Gesetzentwurf der Landesregierung einstimmig angenommen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 7

Geplante Verschiebung der Entscheidung über die wei- tere Theater- und Orchester- förderung des Freistaats bis zur Neugestaltung des Kom- munalen Finanzausgleichs Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2456 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/2643 -

Ich frage, wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung für ihren Antrag? Nein, das ist nicht der Fall. Die Fraktion der Linkspartei.PDS wünscht das Wort zur Begründung zu ihrem Entschließungsantrag. Bitte schön.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, „Wer Großes vorhat, lässt sich gerne Zeit“ - Sophokles, mit diesen Worten trat Minister Prof. Goebel am 9. September 2004 das erste Mal in seiner Funktion an dieses Rednerpult. Ich glaube, keiner in diesem Hohen Haus, höchstens er selber, ahnte damals, welche Grundsätzlichkeit diese Aussage für sein zukünftiges Handeln als Minister und damit verbundenen Ergebnissen hatte. Es ist immer gut, wenn sich Menschen auch in der Politik Ziele setzen oder ein Motto geben und dies auch noch als Großes beschreiben. Nun bin ich nicht Sophokles, aber ich versuche, den philosophischen, den metaphorischen Inhalt dieser Aussage aus meiner Sicht in der heutigen Zeit zu interpretieren.

Großes kann Verschiedenes sein, können Pyramiden, können Städte, können Häuser, können Erfindungen und Entdeckungen, können Ansehen, Vertrauen, Toleranz, Aufmerksamkeit und Achtung sein. Dass man zum Bau von Pyramiden Jahre braucht und dass der Bau einer Stadt nicht mit der Gründung beendet ist, dies ist einleuchtend. Komplizierter und mitunter zeitaufwendiger sind Erfindungen und Entdeckungen, sind Schaffung und Verankerung von Werten für Menschen oder Werte für eine Gesellschaft. Dies geschieht oft ein Leben lang. So verstehe ich Sophokles. Wahrscheinlich sieht Minister Prof. Goebel dies ähnlich oder genauso. Aber, meine Damen und Herren, wie sind seine Arbeit, seine Ergebnisse, seine Erfolge, Misserfolge seit zweieinhalb Jahren zu beschreiben? Was hat das Superministerium, was hat der Superminister Goebel Großes geleistet, Bleibendes errichtet? Nun würde die Aufarbeitung seiner bisherigen Amtszeit meine Einbringungszeit sprengen, daher nur rückblickend in die letzten Monate.

Was ist mit der Rechtsunwirksamkeit der Verordnung über Lernmittelpauschale und die damit verbundene Verunsicherung von Eltern, Schülern und Lehrern? Was ist mit dem jüngst verabschiedeten Thüringer Hochschulgesetz und den umfangreichen Protesten von Hochschulen, Universitäten, Professoren, Mitarbeitern und Studenten? Was ist mit der Gestaltung einer bleibenden, nachhaltigen Orchester- und Theaterlandschaft in Thüringen? Der Thüringer Kultusminister wird in Deutschland nicht als flammender Verfechter kultureller Traditionen und zukunftsorientierter „Kunstmäzen“ gehandelt, sondern vielmehr als „Kahlschläger“ historisch gewachsener Kunst- und Kulturstrukturen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte nicht nur kritisieren, sondern auch versuchen, Positives herauszuheben, aber ich muss mich gleich ent

schuldigen, Herr Minister, etwas Wichtiges, etwas Bleibendes, etwas Nachhaltiges, etwas Großes konnte ich aus Ihrer Arbeit der vergangenen zweieinhalb Jahre zu Ihrer Entlastung nicht finden. Vielmehr haben Sie durch die Art und Weise Ihres Handelns im Kultur- und Bildungsbereich Verunsicherung und Irritationen, Misstrauen, Entsolidarisierung und Demotivation geschaffen. Ausgehend von den konkreten Misserfolgen der letzten Wochen und Monate werfen wir Ihnen außerdem Kritikresistenz und politische Ignoranz gegenüber Hinweisen, Vorschlägen und Protesten Tausender Thüringer Bürgerinnen und Bürger vor. Sie haben durch Ihr Handeln das Ansehen und das Vertrauen in Politik, nicht zuletzt der Thüringer Landesregierung und den Freistaat in erheblichem Maße beeinträchtigt. Dieser Sturm der Kritik von Kulturschaffenden, Trägern, Kulturverbänden, Kirchenmusikern, Politikern, Lehrern, Schülern, Eltern, Wissenschaftlern, Wirtschaftsfachleuten, Herr Minister, hat nun seine Konsequenz im Entschließungsantrag meiner Fraktion. Die Chance, Großes zu tun, hatten Sie wahrlich, die Bilanz Ihres Wirkens wird große Kahlschläge in Bildung und Kultur Thüringens hinterlassen. Ihnen noch mehr Zeit einzuräumen, wäre falsch und würde weitere namhafte Künstler und Persönlichkeiten, wie wir heute wieder aus der Zeitung entnehmen durften, aus dem Land treiben. Um mit König Ödipus, Sophokles Antigone, zu enden: „Wer die Zeit vertan und unentschlossen, steht auf schwankend Grund - verjagt und letztlich doch vergessen.“ Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Landesregierung erstattet Sofortbericht zu dem Antrag der Fraktion der SPD und ich erteile für die Landesregierung das Wort Herrn Minister Goebel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Fraktion der SPD hat mit ihrem Antrag vom 15. November letzten Jahres um einen Bericht zur Verschiebung der Entscheidungen über die weitere Theater- und Orchesterförderung des Freistaats bis zur Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs gebeten.

Ich will den Bericht gern geben, auch wenn die Zeit inzwischen fortgeschritten ist und insbesondere bereits mit sechs Einrichtungen Vereinbarungen unterzeichnet wurden, die die künftige Mitfinanzierung des Landes im Finanzierungszeitraum 2009 bis 2012 regeln.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Da können Sie mal sehen, was das Wort des Ministers wert ist.)

Aber, meine Damen und Herren, schon die Eingangsbehauptung in der Begründung des Antrags - der Ministerpräsident hätte am 27. Oktober angekündigt, Entscheidungen zur Theaterfinanzierung bis zur Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs auszusetzen - entbehrt jeder sachlichen Grundlage, und das schon zum Zeitpunkt der Antragstellung. Vielmehr - Sie haben das selber lesen können - erschien am 27. Oktober letzten Jahres in der „Thüringischen Landeszeitung“ ein Interview mit dem Herrn Ministerpräsidenten unter anderem zu den laufenden Theatergesprächen. Dort weist Ministerpräsident Althaus sehr zu Recht mit Rücksicht auf die vielfältige Diskussion im Lande und mit Rücksicht auf die notwendige Neugestaltung des KFA darauf hin, dass wir uns - ich zitiere - „sehr bewusst noch ein paar Wochen oder vielleicht Monate Zeit nehmen, um jetzt keine Schnellschüsse zu organisieren“. Keine Rede also von umfänglichen Verschiebungen in ferne Zeiten. Wie bekannt und bereits gesagt, sind ja auch seit dem 16. Januar sechs Finanzierungsvereinbarungen unterzeichnet mit dem Theater und der Philharmonie Altenburg/Gera, dem Theater Nordhausen, Lohorchester Sondershausen, der Vogtlandphilharmonie Greiz/Reichenbach, dem Theaterhaus Jena, der Jenaer Philharmonie und dem Puppentheater Waidspeicher in Erfurt. Überdies sind die bestehenden Theater- und Orchesterverträge keineswegs Ende 2006 ausgelaufen, wie Sie das in der Begründung Ihres Antrags sachlich falsch darstellen, sondern sie laufen bis Ende 2008 und erst danach aus.

Das Land und die Träger der Theater und Orchester hatten seinerzeit vereinbart - und ich zitiere aus dem mehr oder weniger gleichlautenden Textteil aller Vereinbarungen -, „bis zum 31. Dezember 2006 über eine Verlängerung der Finanzierungsabkommen zu entscheiden“. Das ist, meine Damen und Herren, substanziell etwas anderes, wobei uns das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs vom 21. Juni 2005 mit auf den Weg gibt, die bisherige Theaterförderung nach § 22 Thüringer Finanzausgleichsgesetz zusammen mit anderen Regeln des Kommunalen Finanzausgleichs gesetzlich neu zu regeln. Wenn außerdem im Kulturausschuss dieses Hohen Hauses auf Antrag der SPD-Fraktion über mögliche Förderquellen und Fragen eines Thüringer Kulturraumgesetzes beraten werden soll, dann wollen wir uns auch dem nicht versperren. Kein Aspekt der zukünftigen Theater- und Orchesterfinanzierung darf unbeachtet bleiben, damit ein wirklich zukunftssicherer Weg beschritten wird. Das heißt aber dann auch, dass die künftige Förderkonstruktion noch gar nicht abschließend feststehen kann, einerseits, weil die Ausschussbefassung noch nicht abgeschlossen ist,

und andererseits, weil die Daten zum Kommunalen Finanzausgleich und seiner Neuordnung noch nicht vorliegen. Umgekehrt bedeutet das aber nicht, dass bis dahin die Arbeit und die Gespräche ruhen, keinesfalls, denn das Kernproblem bleibt so oder so bestehen. Ohne strukturelle Neuordnung unserer Thüringer Theater- und Orchesterlandschaft steigt der Finanzbedarf je nach Fortschreibung der derzeitigen Haustarifverträge von über 100 Mio. € um 6 bis 16 Mio. € auf nahezu 120 Mio. € jährlich an. Ohne eine Neuordnung der Theaterlandschaft laufen uns damit die Kosten weiter davon. Das können und wollen wir nicht zulassen. Um genau dies zu verhindern, suchen wir gemeinsam mit den Trägern eine strukturelle und zukunftsfähige Optimierung zu erreichen. Das Ziel ist, zukünftig viel mehr Kooperation zwischen den Theatern und Orchestern zu organisieren und damit deutlich mehr Austausch und auch wechselseitige Bespielung zu erreichen; mit den ersten Verträgen ist uns das gelungen. Dabei sollen weder die Leuchttürme noch die Angebote in der Fläche verschwinden, sondern sich lediglich besser miteinander vernetzen. Auch wenn wir sparen müssen, wollen wir Qualität erhalten und neue Qualität gewinnen. Die strategischen Fragen stellen sich im Übrigen unabhängig von der künftigen Fördermechanik. Das bedeutet, ein zusätzlicher Zeitbedarf für Fragen der Finanzierung aus dem Kommunalen Finanzausgleich, Einzelplan oder über ein Fördergesetz führt zu keinem grundsätzlichen Zeitverlust. Das Sparziel bleibt bestehen und ergibt sich gerade nicht aus der Fördermechanik, sondern aus der Kostensituation. Deshalb hat das Kultusministerium seine Gespräche auf Basis der Ihnen bekannten Modellrechnung ohne Unterbrechung fortgesetzt und in vielen Fällen bereits erfolgreich abgeschlossen; weitere Vereinbarungen werden folgen. Insofern ergeben sich auch keine schädlichen Folgewirkungen aus einem zusätzlichen Beratungs- und Zeitbedarf, weder für die aktuellen Verträge noch für die Beschäftigungs- und Personalsituation an den Theatern und Orchestern, denn die aktuellen Verträge gelten noch bis Ende 2008 und die Verhandlungen über die Neuorganisation und Einsparmöglichkeiten sind entweder bereits abgeschlossen oder überwiegend auf einem guten Gleis. Für die Theater Meiningen und Eisenach gibt es Arbeitsgespräche, beide unter dem Dach der Meininger Kulturstiftung zusammenzuführen. In der nächsten Woche werden die Gespräche auch zwischen den Standorten Weimar und Erfurt fortgesetzt.

Ich fasse also noch einmal zusammen: In den aktuellen Verträgen haben Land und Kommunen zwar vereinbart, bis 31. Dezember 2006 über eine Verlängerung der Finanzierungsabkommen zu entscheiden, eine zeitliche Verzögerung an einzelnen Standorten führt hier jedoch nicht zu schädigenden Wirkungen für die zukünftige Förderung oder die Beschäftigungs- und Personalsituation an den Thea

tern. Eine Entscheidung setzt in jedem Fall voraus, dass Ergebnisse erzielt wurden, die für alle Partner der jeweiligen Vereinbarung entscheidungsreif und entscheidungsfähig sind. Es handelt sich bei diesen Vereinbarungen um freiwillige, beiderseitig akzeptierte Vereinbarungen. Der Verfassungsgerichtshof hat eine Neuordnung des Kommunalen Finanzausgleichs ab Anfang 2008 vorgegeben. Das schließt die Prüfung auch der bisherigen Praxis der Finanzierung der Theaterverträge ein, da ist für die künftige Mitfinanzierung des Landes eine neue Fördermechanik zu entwickeln. Auf Wunsch der SPD-Fraktion soll außerdem noch eine ausführliche Ausschussbefassung, insbesondere zur Frage eines Kulturraumgesetzes stattfinden. Auch diese Variante ist nicht von Fragen der Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs abzutrennen, für den die Zahlen erst im Verlaufe der nächsten Monate vorliegen. Unabhängig von der Fördermechanik bleibt das bereits im Sommer vergangenen Jahres genannte Ziel der strukturellen Veränderung und Straffung erhalten. Vereinbarungen zur künftigen Finanzierung, die überwiegend bereits unterzeichnet sind, sind in gutem Gang und können in den nächsten Wochen abgeschlossen werden. Das Verhandlungsmandat des Kultusministeriums bestand und besteht selbstverständlich weiter, das Kulturministerium ist befugt, gegenüber den Trägern verbindliche Aussagen hinsichtlich der Höhe der künftigen Förderung zu machen.

Fazit: Wir sind auf einem guten Weg, noch nicht am Ziel, aber haben das Ziel bereits in greifbarer Nähe. Soweit mein Bericht zu dem Antrag der Fraktion der SPD. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage: Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht? Das sind alle drei Fraktionen. Damit eröffne ich auf Verlangen aller drei Fraktionen die Beratung zum Sofortbericht und sogleich die Aussprache zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Ich erteile dem Abgeordneten Döring das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wer in den vergangenen Wochen die Theater- und Orchesterpolitik der Landesregierung betrachtet hat, der fühlte sich unversehens in einen Rambo- oder Schwarzenegger-Film versetzt.

(Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Da wird vom Kultusminister ein Spiel namens „Den letzten beißen die Hunde“ ausgerufen, da wird dem

einen Theater- und Orchesterstandort öffentlich die Zukunftsfähigkeit abgesprochen und dem anderen wird gar beschieden, er werde in Thüringen überhaupt nicht benötigt. Die Verlotterung der Sprache, die mit derartigen brutalst möglichen Äußerungen, um einmal im vom Kultusminister vorgegebenen Jargon zu bleiben, verquickt ist, zeigt für mich mit erschreckender Deutlichkeit, worum es der Landesregierung bei der Theater- und Orchesterfinanzierung wirklich geht, nicht etwa um den Erhalt bestehender und oftmals traditionsreicher Strukturen, nicht etwa um die Bewahrung des Kulturlandes Thüringen, sondern um finanzpolitisch motivierten Kahlschlag. Das hat der Minister in seiner eben geführten Rede genauso bestätigt. Da kann man nur sagen: Conan, der Barbar lässt grüßen.

Meine Damen und Herren, als wir unseren Antrag im vergangenen November eingereicht haben, ging es noch nicht um sprachliche Entgleisungen des Kultusministers. Anlass unserer parlamentarischen Initiative war die überraschende Ankündigung des Ministerpräsidenten von Ende Oktober, die Entscheidung über die weitere Theater- und Orchesterfinanzierung zunächst zu vertagen - und genau das war die Wortwahl - und erst im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Kommunalen Finanzausgleichs zu einer Lösung der Problematik zu kommen. Diese Äußerung - das wissen Sie genau - hat zu erheblich weiterer Verunsicherung bei den Theatern und Orchestern und natürlich auch bei deren Trägern geführt. Ich will das hier gar nicht im Einzelnen rekapitulieren, denn inzwischen ist diese Ankündigung des Ministerpräsidenten Schnee von gestern. Heute behaupten Sie, Herr Althaus - und Ihr Kultusminister hat das schon angekündigt -, das sei ja alles gar nicht so gemeint gewesen und es sei Ihnen nur um ein finanztechnisches Detail gegangen. Wenn das so ist, dann frage ich Sie, warum Sie das nicht gleich so gesagt haben. Wenn das nicht so ist, wenn Ihre Ankündigung also zunächst tatsächlich ernst gemeint war, dann frage ich mich: Was ist ein Wort des Ministerpräsidenten überhaupt noch wert?

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Jedenfalls haben Sie, Herr Althaus, mit Ihrem überraschenden Vorstoß und dem ebenso überraschenden Rückzug ein beträchtliches kulturpolitisches Durcheinander ausgelöst. Aber das scheint ja symptomatisch für den ganzen Umgang mit der Theater- und Orchesterfinanzierung zu sein.

Erinnern wir uns: Im Sommer vergangenen Jahres erklärte der Kultusminister, die bei den Theatern und Orchestern eingesparten 10 Mio. € kämen künftig der Breitenkultur zugute. Wenig später betonte jedoch der Ministerpräsident, dass dies überhaupt nicht stimme und die fraglichen Millionen der Haushalts

sanierung dienen sollen. Davon offenbar unbeeindruckt hat der Kultusminister in seiner berüchtigten „Beißende-Hunde“-Pressekonferenz am 16. Januar wiederum dargelegt, bei den Theatern und Orchestern eingesparte Summen gingen in andere Kulturbereiche. Bei solch einem Hin und Her frage ich Sie, Herr Ministerpräsident: Welche Position vertritt eigentlich Ihre Regierung an dieser Stelle? Gibt es überhaupt eine einheitliche Kabinettshaltung oder erzählt uns hier jeder, was er gerade will?

(Beifall bei der SPD)

Diesen fatalen Eindruck gewinnt man auch, wenn man sich mit dem Versprechen des Ministerpräsidenten vom 23. Dezember befasst. Seinerzeit haben Sie, Herr Althaus, öffentlich zugesagt, das Land werde seine Theater- und Orchesterförderung erhöhen, wenn das auch der entsprechende Träger tue. Anfang Januar haben die drei Träger, Sie wissen das, das Theater Rudolstadt-Saalfeld den Ministerpräsidenten beim Wort genommen. Die Träger beschlossen, den eigenen Finanzierungsanteil um 900.000 € aufzustocken, um so einen Strukturerhalt zu ermöglichen. Aber wie sah die Reaktion der Landesregierung aus? Wieder einmal hieß es, die Ankündigung des Ministerpräsidenten sei doch überhaupt nicht so zu verstehen, wie sie in den Medien wiedergegeben worden war. Und eine nach der Logik des Althaus-Versprechens nun eigentlich fällige Erhöhung des Landeszuschusses für das Theater RudolstadtSaalfeld wurde vom Kultusminister mit dem Argument abgelehnt, die jetzige Struktur dieses Standorts sei nicht zukunftsfähig. Ich frage Sie noch einmal, Herr Althaus: Was ist Ihr Wort überhaupt noch wert? Was gilt eigentlich, Ihre eigene ursprüngliche Zusage oder die anschließend ins Volk gestreuten Interpretationshilfen? Auch dazu hat heute der Minister kein Wort gesagt.

Meine Damen und Herren, dieses ganze Durcheinander erscheint mir mitunter wie eine verunglückte Inszenierung von Alibaba und die 40 Räuber.

(Zwischenruf Abg. Grüner, CDU: Du erzählst hier eine Mär.)

Während sich der Kultusminister wie ein vermeintlich cleverer Teppichhändler auf dem orientalischen Basar geriert, gibt der Ministerpräsident den Märchenerzähler, der, wenn er den letzten Satz spricht, selbst nicht mehr weiß, was er mit dem ersten gemeint hat.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das alles getreu dem Motto: Wie kann ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS)