wir geben den Schulen dazu auch Leute, ein Unterstützungssystem an die Hand. Diese Menschen werden gerade ausgebildet, kommen aus vielen Bereichen, neben Schulpraktikern und Psychologen sind dort auch Wissenschaftler, Wirtschaftler und andere dabei. Ich denke, wir gehen dort einen richtigen
und guten Weg. Der Vergleich mit der Schweiz, der ist für mich nicht treffend. Ich denke, wir haben hier für Thüringen die richtigen Leute ausgewählt und begleiten
das Ganze auch wissenschaftlich. Ich glaube wohl kaum, dass eine öffentliche Ausschreibung so, wie Sie das jetzt hier vorgesehen haben, uns an der Stelle auch nur einen Deut weitergebracht hätte.
Herr Döring spricht an oder konstruiert den Widerspruch zwischen dem Bericht Enquetekommission und dem Weg zur Kommunalisierung von Hortpersonal.
Herr Döring, wenn ich die Formulierungen im Enquetebericht lese, dann ist dort nichts von dem Personal usw. aufgeschrieben, sondern es heißt, an den Grundschulen das abgestimmte Zusammenwirken von Unterricht und Hort sowie von Lehr- und Hortpersonal zu fördern und zu evaluieren und dabei die Entwicklung von Schulprofilen, die auf Rhythmisierung des Unterrichts gerichtet sind, besonders zu fördern. Sie konstruieren einen Widerspruch.
Unser Mut wurde ja heute Vormittag schon angesprochen. Wenn wir den Mut haben, hier neue Wege zu gehen, und es auch schaffen, an der Stelle das Ganztagsangebot weiterzuentwickeln und die Vernetzung mit Kommunen und freien Trägern hinzubekommen, dann, denke ich, ist es richtig. Ich verstehe Ihre Befürchtung, dass Sie glauben, es könnte inhaltlich etwas verloren gehen. Ich denke aber, wir werden den Weg finden, dass inhaltlich nichts verloren geht, sondern - im Gegenteil - wir die Grundschulen und die Horte noch weiter nach vorn brin
Auch bei der Erzieherausbildung konstruieren Sie den eklatanten Widerspruch zu den Aussagen der Enquetekommission. Sie zitieren aber dann nur den einen Satz. Das ist dann immer so, wenn man nur eine Seite der Medaille darstellt - nicht wahr? Sie reden von dem wünschenswerten Modellversuch zu einem Hochschulstudiengang für Erzieherinnen; Sie lassen aber den zweiten Teil weg: Zumindest sollten Studiengänge angeboten werden, mit denen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzliche Kompetenzen erwerben können usw. Genau dort hat ja der Minister ausgeführt, wie hier an der Fachhochschule in Erfurt ein entsprechender Studiengang eingerichtet ist.
Ach, nach langen Widerständen, Herr Döring, also wenn die Landesregierung das nicht wollte, dann müsste sie es ja nicht unbedingt machen. Das ist doch nun Nonsens. Ich meine, wir haben diesen Weg gemeinsam in der Enquetekommission beraten, Minister Goebel war dort auch mit dabei. Ich denke, wir gehen hier den Weg, den wir für richtig halten, und nicht im Widerspruch zu den Empfehlungen.
Sie sprechen meine Äußerung zum Thema „Breitbandausbildung von Erziehern“ an. Dazu habe ich keine andere Auffassung, dass es wünschenswert wäre, dass wir in Deutschland wegkommen von dieser Breitbandausbildung der Erzieherinnen, aber wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen, dass es bis heute so ist. Wir müssen auch sehen, wie wir mit den Erzieherinnen, die bis heute so ausgebildet sind, vernünftige Wege gehen können. Also ich sage, das jetzige Handeln den Gegebenheiten anpassen, aber auf Länderebene hier weiter verhandeln. Alles in allem, denke ich, sind wir auf einem guten Weg zur Realisierung dessen, was die Enquetekommission aufgegeben hat. Ich habe selber vier Punkte gefunden, wo ich noch unzufrieden bin. Ich greife mal einen heraus, das ist die Frage des Wettbewerbs, der ausgerufen werden soll für familienfreundliche Kindergärten und Schulen. Das wäre nun eine ganz einfache Sache, die man relativ schnell tun kann. Das ist meines Wissens noch nicht geschehen und das rege ich hier an. Ansonsten freue ich mich natürlich, diese Diskussion weiter fortzuführen. So, wie von Herrn Döring angesprochen, können wir das gern in regelmäßigen Etappen wieder tun.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit einem passenden Zitat kann ich so unvorbereitet nicht dienen, ich war ja schließlich Mathelehrerin, aber einen Eindruck kann ich wiedergeben. Ich kam mir vorhin, als der Minister redete, so ein bisschen vor wie auf dem 9. Pädagogischen Kongress der DDR.
Das eine ist die Theorie und das andere ist die Praxis. Herr Althaus - er ist ja jetzt wieder da - soll ja damals auch schon dabei gewesen sein.
Ich werde Ihre Lobpreisungen natürlich nicht fortführen, das werden Sie von mir auch gar nicht erwarten. Ich werde auch noch ein paar Punkte aufzählen, Herr Emde, an denen wir uns dann gern im Ausschuss reiben können, dass wir dann schauen können, was umgesetzt ist und was nicht.
Die Geschehnisse am Gutenberg-Gymnasium liegen nun mehr als drei Jahre zurück und damals begann nach PISA I die breiteste Bildungsdiskussion, die Thüringen je erlebt hatte; eine Diskussion, die versuchte Ursachen zu beleuchten; eine Diskussion, die an jeder Schule und nicht nur dort geführt wurde; eine Diskussion, die Hoffnung machte auf Veränderung. Eine damals am meisten gestellte Forderung war die nach mehr Zeit. Der Ruf nach einer für alle verbindliche Klassenlehrerstunde, nach Schulsozialpädagogen ohne Wenn und Aber, nach genügend Schulpsychologen, die nicht nur die Spitze des Eisbergs abarbeiten, sondern Schulentwicklung unterstützen und für Beratungen und Supervisionen zur Verfügung stehen sollten. Wir als Parlament reagierten darauf mit einer Enquetekommission.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, besuchen Sie eine x-beliebige Schule in Ihrem Wahlkreis und diskutieren Sie mit x-beliebigen Schülern, Lehrern und Eltern, Sie werden kaum jemanden finden, der den Enquetebericht wirklich kennt oder gar bemerkt hat, dass er unsere bzw. ihre Arbeitsgrundlage sei.
Natürlich gibt es Spitzenschulen und Leuchttürme, aber auch dort wird man nach wie vor gleiche, von mir bereits genannte Forderungen hören. Nachdem wir uns im Februar ausgiebig über die Grausamkeiten des Haushalts im Plenum gestritten haben, im April und Mai verbal die Ursachen des zunehmenden Rechtsradikalismus gesucht haben, versuchen wir nun heute einige der 70 Empfehlungen der Kommission wieder als Argumente von Bildungsentwicklung zu bemühen. Jeder eben auf seine Art und Weise, wie wir es soeben dargestellt bekamen.
Am meisten diskutiert werden das derzeit so genannte Konzept Bildung und Betreuung von 2 bis 16 und die so genannte Familienoffensive der Thüringer Landesregierung. Schauen wir uns die Empfehlung der Enquetekommission dazu konkret an. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Es sind an den Grundschulen das abgestimmte Zusammenwirken von Unterricht und Hort sowie Lehr- und Hortpersonal bei Wahrung der jeweiligen Spezifik pädagogischer Aufgaben zu fördern und zu evaluieren und dabei die Entwicklung von Schulprofilen, die auf Rhythmisierung des Unterrichts gerichtet sind, besonders zu fördern.“ In der Langfassung des Enqueteberichts steht ergänzend dazu: „Reformbedarf besteht im Freistaat Thüringen bei der außerunterrichtlichen und ganztägigen Bildung, Erziehung und Betreuung. Für die Grundschulen, die in Thüringen strukturell beispielhaft mit Schulhorten verbunden sind, bestehen Entwicklungspotenziale durch engeres, wechselseitiges Zusammenwirken zwischen Lehrpersonal und Erzieherinnen und Erziehern. Mit der nun geplanten strukturellen Trennung von Schule und Hort werden bereits bestehende und noch zu erschließende Entwicklungspotenziale beseitigt und es wird unseres Erachtens ganz bewusst im Widerspruch zur Empfehlung der Enquetekommission im Punkt 5.2.6. gehandelt, Herr Emde.
Es wird vernichtet, was beispielhaften und deutschlandweit einzigartigen Charakter hat und das mit der Argumentation der Verbesserung. Das können Sie niemandem erklären.
Was bitte, Herr Minister, verbessert sich denn, wenn sich bisherige Öffnungszeiten an den Grundschulen von 6.00 Uhr bis 17.00 Uhr auf nur noch 35 Stunden, also von 8.00 Uhr bis 15.00 Uhr verringern? Ist dies ein Schritt hin zu mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf? Oder bleibt das Angebot nur noch vermögenden Kommunen bzw. armen Großstädten mit genügend Klientel vorbehalten? Warum zerschlägt man ein bewährtes und von den Eltern und Schülern zunehmend mehr akzeptiertes Betreu
ungsangebot? Die Akzeptanzzahlen derzeitiger Hortangebote, die stehen doch auch im Konzept und die sprechen für sich. Warum geht man in der Entwicklung offener Ganztagsgrundschulen Schritte zurück, wo doch das Bestehende bewahrt und angeblich weiterentwickelt werden soll? Mit Verlässlichkeit hat das eben nichts zu tun.
Das ist das Zurücknehmen staatlicher Verantwortung und angesichts der kommunalen Strukturen und ihrer Finanzkraft ein Vabanquespiel. Bleiben Sie ehrlich und sagen Sie, was Sie bezwecken: den Willen zur Einsparung und Kürzung auf Kosten der Kinder. Chancengleichheit für alle Thüringer Kinder wird nicht verbessert, sondern dadurch erheblich verschlechtert. Die organisatorische Einheit muss bewahrt werden. Entweder Schule und Hort in der Hand des Landes oder beides in der Hand der Kommune. Der zweite Weg, vom Landkreistag in die Debatte geworfen, den kann ich mir angesichts jetziger kommunaler Strukturen, die wegen ihrer Politik nicht mehr leistungsfähig sind, nicht vorstellen. Aber genau das haben die Skandinavier gemacht, Herr Prof. Goebel. Machen wir doch wenigstens einen Schritt dazu und vereinigen wir wieder Schulämter und Schulverwaltungsämter, damit kommunal auch inhaltlich diskutiert und entschieden werden kann und muss.
Beleuchten wir einen weiteren Punkt aus den Enqueteempfehlungen - Aufbau und Ausbau der Ganztagsschulangebote an Schulen ab Klasse 5: Von horizontaler Vernetzung ist da die Rede, von Partnerschaften zwischen Schulen und Kommunen, von Synergieeffekten, die sich ergeben, wenn Schule und Jugendhilfe enger zusammenarbeiten. Aber kann man denn von Partnerschaft sprechen, wenn man dem einen Partner das Geld entzieht und ihn zwingt, beim anderen Partner in den Topf zu greifen, um sich um die gleichen geringeren Mittel zu streiten?
Die Jugendhilfeausschüsse sollen zukünftig über die Schuljugendarbeit befinden. Diese aber ging derzeit angesichts der Mittelkürzung von 50 Prozent gerade im jetzigen Schulhalbjahr den Bach hinunter. Ich weiß nicht, wie viele Angebote jetzt nach dem 31.05.2005 für das nächste Halbjahr vorliegen. Das Geld wird vermutlich alle sein. Sind das die von Ihnen gemeinten Synergien? Mehr als 90 Prozent der Schulen und Schulträger hatten dieses Programm aufgegriffen und in ihren Schulen etabliert in einer sehr kurzen Zeit, schließlich verband man ja damit die Hoffnung auf die Nutzung der BIB-Mittel aus Berlin. Und trotzdem, das Programm Schuljugendar
beit war ein hoffnungsvoller Beginn. Es war es, meine Damen und Herren. Sprechen Sie mit den verantwortlichen Schulfördervereinsvorsitzenden, den Lehrern, den Direktoren, die haben die Nase voll, Konzepte zu beschreiben, wenn sie nicht wissen, ob hinterher im Schuljugendhilfeausschuss über die Jugendpauschale überhaupt noch Geld dafür übrig bleibt.
Auch jetzt schon bleiben leider viele Schulen auf den bereits ausgegebenen Eigenmitteln sitzen, da ihre Zuschüsse teilweise bis zu zwei Drittel reduziert wurden, obgleich man ihnen einen vorzeitigen Maßnahmebeginn mit dem zweiten Schulhalbjahr empfohlen hatte. Angesichts der Mittelkürzungen bei der Jugendpauschale um 2 Mio. € auf Synergieeffekte bei der Entwicklung von Ganztagsschulen im Sekundarbereich I zu hoffen, dazu braucht es ganz sicher den blinden Glauben der CDU-Fraktion. Meinen Glauben habe ich jedenfalls verloren, wenn es darum geht, zu erwarten, dass sich in nächster Zukunft in Thüringen in ernst zu nehmendem Umfang voll oder teilweise gebundene Ganztagsschulen entwickeln werden. Aber das war ja von Ihnen auch nicht wirklich gewollt. Die Entscheidung hierfür läge bei der Schule selbst. Entscheidend aber ist, welche Voraussetzungen für solche Entwicklungen geschaffen werden. Die Landesregierung übt sich ja schon in Schadensbegrenzung und spricht lediglich von Ganztagsschulen als Modellschulen bzw. Pilotprojekten an ausgewählten Standorten. Es ist aber nun einmal so, dass die Entwicklung von Ganztagsschulen in offener oder gebundener Form Geld kostet. Die Anzahl von Ganztagsschulen erhöhen zu wollen und gleichzeitig die dafür notwendigen Mittel drastisch zu reduzieren und nur noch über Umwege auszureichen, das passt eben nicht zusammen, und das kann auch nicht mit dem Heraufbeschwören von Synergieeffekten glaubhaft begründet werden.
Weil wir gerade bei Glaubhaftigkeit sind: Wie ernst Sie es mit dem Enquetebericht meinen, zeigt ein weiterer Punkt, ich zitiere: „Die Kommission empfiehlt trotz freiwilliger Aufgabe an der finanziellen Förderung eines warmen Mittagessens durch das Land festzuhalten und die Schulträger auf die Notwendigkeit eines solchen Angebots an allen Schulorten hinzuweisen.“ Die Argumentation, es wurde schon angesprochen, vom Minister in Oberhof hierzu war bezeichnend. Der Zuschuss des Landes zu jeder Essenportion in der Kostenhöhe von einer Zigarette sei doch eine Lappalie. Mag sein, Herr Minister, aber was Sie den Eltern insgesamt im Schulbereich aufbürden, das ist eine riesige Packung, das ist eine Stange gar, die auch von den nichtrauchenden Eltern mit zu bezahlen ist. Aber die Streichung des Essen
zuschusses zeigt doch, wie ernst Sie es nehmen mit der Schaffung von Voraussetzungen für das Entstehen von Ganztagsschulen und mit den Empfehlungen der Enquetekommission.