Herr Gentzel, das ist tatsächlich in der Vergangenheit in Thüringen auch so passiert. Nur eines wurde bei dieser scheinbaren Argumentation außer Acht gelassen: Solche Vorfälle, solche spontanen Touren ideologisch verblendeter Politvandalen sind nicht Gegenstand dieser Gesetzgebung. Sie sind mit dem Versammlungsrecht überhaupt nicht zu fassen - weder mit den alten noch mit den neuen Regelungen. Diese Aktionen sind nun einmal keine Versammlungen oder Kundgebungen. Sie sind politisch mo
tivierte kriminelle Handlungen hasserfüllter und geistloser Zerstörungswut und ein Fall für das Strafrecht.
Die PDS-Fraktion hatte statt Gesetzgebungsaktionismus die Ausschöpfung der schon bestehenden rechtlichen Möglichkeiten und die weitestgehende Unterstützung zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Rechtsextremismus gefordert und sie hatte die Überzeugung vertreten, dass es letztendlich vor allem die Bürgerinnen und Bürger sind, die Neonaziaktivitäten und Rechtsextremismus wirksam entgegentreten können. Dafür wurden und werden PDSAbgeordnete immer wieder direkt oder indirekt als Träumer oder als Utopisten belächelt. Unsere Argumente haben sich in der politischen Realität dann aber bestätigt. Doch damit sind diejenigen, die meinen, strengere Gesetze und ein stärkerer Staat würden es richten können, noch lange keines Besseren belehrt. Die Argumente derer, die sagen, es ist eine Aufgabe der Zivilgesellschaft, sie hat es in der Hand, den Rechtsextremismus in die Schranken zu weisen, werden es weiterhin schwer haben. Trotzdem, meine Damen und Herren, machen die Ereignisse in Berlin am 8. Mai all denen Mut.
Das Verbot der Nazidemonstration am Mahnmal hatte vor dem Bundesverfassungsgericht zwar Bestand, aber unsere schon in der ersten Beratung geäußerte Befürchtung war eingetreten, es kam nur zu einer Verlagerung der Naziaktivitäten. Der Naziaufmarsch wurde auf den Alex verlegt. Verhindern konnte auch das neue Gesetz den Naziaufmarsch nicht.
Aber am Ende - richtig, Frau Becker - fand der Naziaufmarsch am 8. Mai in Berlin dennoch nicht statt, wie wir alle wissen. Denn Zehntausende engagierter Menschen, vor allem auch junger Leute, sind den Nazis entgegengetreten und haben erreicht, dass diese ihre Aktion absagen mussten. Was viele sich gewünscht hatten, ist zu Stande gekommen, ohne dass es der fragwürdigen Gesetzgebung eigentlich bedurft hätte.
Ich hoffe, dass auch bei den nächsten Demonstrationen in Thüringen, ob in Jena oder Erfurt, in Gera oder sonst irgendwo, Termine sind hier schon lange bekannt, viele engagierte Bürgerinnen und Bürger dem Rechtsextremismus seine Schranken zeigen.
gen werden. Engagierte Menschen können sich weitaus wirksamer gegen Rechtsextremismus stellen, wenn sie Unterstützung und Rückendeckung durch die staatlich Zuständigen haben. Damit meine ich nicht aktionistische Gesetze.
In Erfurt, meine Damen und Herren, haben die Wasserwerfer nicht Neonazis getroffen, sondern Bürgerinnen und Bürger, die denen entgegentreten wollten. In Erfurt werteten Behörden und Polizei, ob gewollt oder ungewollt, die Rechtsextremisten öffentlich sichtbar auf. Die Polizei benutzte die Lautsprecheranlage der NPD für Durchsagen an andere Demonstranten.
Diese Ausleihe war den Neonazis sogar im Auflagenbescheid vorher angekündigt worden. In Jena, in Erfurt, in Gera oder an anderen Orten Thüringens dürfen solche und andere Dinge bei Aufmärschen von Rechtsextremisten nicht wieder passieren. Wenn Behörden oder Polizei die Wahl haben, und das haben sie bei Demonstrationen und Verhandlungen in vielen Fällen, dann müssen sie sich entscheiden, ob sie das geltende Recht des demokratischen Staates zugunsten marschierender Neonazis oder zur Unterstützung demokratisch engangierter Bürgerinnen und Bürger anwenden.
Nur ein Beispiel. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Polizistinnen und Polizisten, die in ihren Formationen wohl stets mit dem Blick zu erwartender Gefahr stehen, eines Tages nicht mehr vertrauensvoll den Neonazis den Rücken zuwenden, sondern den Gegendemonstranten.
Und das nicht, Herr Minister, weil Sie meinen, dass wir Ihnen den Buckel runter rutschen können, sondern weil klar ist, von wem in dieser Gesellschaft die Gefahr eigentlich ausgeht. Dass auch von Seiten der Gegendemonstranten dafür noch Voraussetzungen geschaffen werden müssen, liegt auf der Hand.
Bis dahin aber müssen noch viele weitere Schritte gegangen werden bei Verstärkung demokratischen Engangements bis hin zu angemessener finanzieller Förderung von Projekten gegen Rechtsextremismus und den daran Beteiligten. Und das alles, meine Damen und Herren, bekommen wir nicht hin durch restriktive Gesetzgebung, sondern nur durch Erhaltung und Nutzung der demokratischen Freiheiten und Rechte, die die engagierten und aufrechten Demokraten brauchen.
Also, meine Damen und Herren, diese Gesetzgebung ist völlig unnötig, diese Gesetzgebung ist rechtlich, auch verfassungsrechtlich, sehr bedenklich. Diese Gesetzgebung ist zutiefst ungeeignet, diese Gesetzgebung ist politisch untauglich und gefährlich und, meine Damen und Herren, es gibt Alternativen: Ausnutzung des bisher geltenden Rechts, Zusammenarbeit der staatlich Zuständigen mit den Anständigen und ursachenorientierte Politik auf allen Gebieten und Ebenen. Das, meine Damen und Herren, ist der richtige Weg. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Hahnemann, Sie haben nun zum wiederholten Male die Gelegenheit genutzt, um hier in den Raum zu stellen, dass die Polizei oder die Anständigen, was Sie da alles für Worte finden, dass angeblich die Polizei wohl diejenigen seien, die nicht genügend schützen würden. Ich weise das mit aller Entschiedenheit noch mal von diesem Platz aus zurück.
Sie müssen doch nun endlich mal kapieren, und ich denke doch, dass der eine oder andere auch in der PDS, dass die eine oder andere in der PDS in der Bundesrepublik vielleicht wirklich angekommen ist im Rechtsstaat.
Herr Kollege, Buse, Sie müssen auch zuhören, man kann sich ja einmal aufregen, das mache ich auch manchmal, aber ich hoffe, dass der eine oder andere im Rechtsstaat angekommen ist. Und da heißt es nun mal, das ist so festgelegt, dass die Polizei das Gewaltmonopol des Staates ausüben muss, und sie werden vereidigt und von der PDS waren ja auch einige zur Vereidigung der Polizeianwärter in Meiningen dabei. Dort werden sie auf die Verfassung der Bundesrepublik und die des Freistaats Thüringen und auf die herrschenden Gesetze vereidigt. Sie müssen dort ihren Auftrag erfüllen und das ist das A und das O. Da geht es überhaupt nicht darum, ob sie
da meinen, dass die die einen mehr beschützen oder nicht. Sie machen nach Recht und Gesetz ihre Aufgabe, ob Ihnen das gefällt oder nicht.
Sie versuchen immer wieder irgendetwas zu konstruieren, dass da die Polizei vielleicht die Rechten beschützt, die Rechtsextremen beschützt und vielleicht die anderen dagegen vorgehen. Die so genannten Anständigen, ich wollte mich eigentlich gar nicht so weit vertiefen, die Sie hier nennen, das sind eben auch manchmal die so genannten Anständigen, diejenigen, die mit den Steinen schmeißen und die mit den gefüllten Flaschen schmeißen, die aber nicht nur mit Wasser gefüllt sind, sondern als Wurfgeschosse benutzt werden. Herr Kollege Hahnemann, ich stimme Ihnen in einem Punkt zu: Dass wir alle gemeinsam zivilrechtliches Engagement unterstützen müssen, das finde ich gut und richtig und wir finden das gut und richtig, dass junge Menschen mittleren Alters und alte Menschen gemeinsam gegen Extremisten - und hier insbesondere gegen Rechtsextremisten - aufstehen und das gemeinsam versuchen zu verhindern. Aber wir brauchen auch dazu das Gewaltmonopol, sprich die Polizei. Wenn es nämlich zu Ausschreitungen kommt, dann kann sich nicht das junge Mädel von 14 Jahren oder der alte Herr von 80 Jahren mit so einer Schlägertruppe auseinander setzen, von welcher Seite auch immer. Deswegen, meine Damen und Herren, denke ich, muss man endlich aufhören, das zu vermischen, auch wieder die Erfurter Demonstration. Wir werden uns ja im Innenausschuss weiterhin damit befassen. Herr Kollege Gentzel, ich gehe davon aus, dass wir uns umfassend gemeinsam die Videos anschauen, um uns entsprechend zu informieren.
Ich komme zurück zum Gesetzentwurf, der uns vorgelegt wurde von der Landesregierung - Thüringer Gesetz zum Schutz der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora. Auch hier, und dort sind wir, Herr Kollege Gentzel, in voller Übereinstimmung in der Grundrichtung, die CDU-Fraktion hat - also noch die Landesregierung - schon lange gefordert, hat versucht, die Bundesregierung dazu zu bewegen, dass wir auf diesem Gebiet schon vor längerer Zeit hier überhaupt Maßnahmen einsetzen können und dass man hier in solchen sensiblen Bereichen, gerade wie Buchenwald, Mittelbau-Dora, wo es auch
darum geht, das Andenken der Opfer zu wahren, und dass man das auch nach außen zeigt. Und, Herr Kollege Hahnemann, die Spitzfindigkeiten können Sie mit Herrn Gentzel ausmachen. Die sich mit Versammlungsrecht beschäftigen, wissen in etwa, was dort möglich ist und was nicht möglich ist. Aber Fakt ist eins, wir waren uns im Innenausschuss klar in der politischen Stoßrichtung und dass wir als CDU-Fraktion und in dem Fall auch mit der SPD hier gemeinsam sagen, wir wollen dies. Dass Sie das ablehnen, haben Sie in der ersten Lesung gesagt, haben Sie im Ausschuss gesagt und heute hier gesagt. Das ist Ihr gutes Recht. Wir sind jedenfalls der Meinung, dass diese Möglichkeit, die ja der Bundesgesetzgeber uns hier gibt, die wir lange gefordert haben, ausgenutzt wird. Wir haben die Änderung, wie Sie das so umschrieben haben, die der Kollege Kölbel vorgetragen hat mit dem Maßstab 1:1000 bis 1:5000 eingebracht, damit man dort genauere Unterlagen zur Verfügung hat. Fakt ist und bleibt, wir müssen hier mit allen Möglichkeiten dagegen vorgehen, aber man muss auch weiterhin prüfen und der Ministerpräsident hat das ja auch gefordert, dass man ggf. auch an anderen Orten noch Einschränkungen vornehmen kann. Das werden wir nicht aus dem Blick verlieren. Ich erinnere nur daran, gerade in Weimar auf dem Theaterplatz hatten wir ja vor kurzem solche Vorkommnisse. Es ist gut gelungen, das zu verhindern - unbestritten. Aber ich sage nur, wir müssen alle Möglichkeiten nutzen, um Extremismus hier mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen, natürlich auch insbesondere in Auseinandersetzung mit den dahinter stehenden Parteien, die diese Extremen hier unterstützen. Ich denke, das ist das A und das O.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Redebeitrag von Herrn Hahnemann zwingt mich einfach hier nach vorn, um schlicht und einfach mal ein paar Dinge klarzustellen. Ich glaube, wer mich kennt und wer die Geschichte meiner Partei, die jüngste und auch die ältere Geschichte, kennt, weiß, wenn wir zu diesem Thema hier nach vorn kommen, geht es uns darum, Radikalismus, politischen Radikalismus in Thüringen zu unterbinden. Wir sind uns da, was SPD und PDS in der Zielstellung betrifft, klar. Aber ich streite mit Ihnen auf das Energischste, wie man dorthin kommt. Und eins sage
ich deutlich: Ihre ideologisch verquasteten Vorträge, in denen Sie auch versuchen, die PDS auf die einzig gute Stelle zu stellen und an den anderen nur Kritisches zu empfinden, die helfen uns nicht. Ich gehe so weit zu sagen, insbesondere bei Ihnen habe ich mitunter das Gefühl, Sie wollen gar nicht, dass geholfen wird, denn Sie wollen dieses Problem haben, weil Sie glauben, dieses Problem hilft Ihnen politisch weiter.
Wenn Sie hier Dinge ansprechen wie Berlin oder Erfurt, gehört es sich, wenn man die Sache wirklich realistisch vorantreiben will, dass man die ganze Wahrheit sagt. Zu dieser ganzen Wahrheit gehört im Übrigen, dass das zivilstaatliche Engagement - erstens - nicht von der PDS, weder in Thüringen noch in Deutschland, gepachtet ist. Wer zu dieser Erkenntnis kommt, der muss anders über dieses Thema reden als Sie.
Zweitens, um auch das einmal deutlich zu sagen: Zur Wahrheit von Berlin gehört auch, dass das Versammlungsgesetz - mit dem Sie im Übrigen, heute haben Sie es ein Stückchen gelobt, aber ansonsten Probleme haben - konsequent von der Polizei dort umgesetzt worden ist - also nicht nur zivilstaatliches Engagement, sondern auch verantwortliches Handeln bei der Polizei, die nämlich den Spielraum in diesem Versammlungsgesetz nach meiner Meinung optimal ausgelegt hat. Nur zivilgesellschaftliches Engagement ohne dieses Handeln der Polizei in Berlin hätte vielleicht zu Leipziger Verhältnissen geführt, wo der Weg für die Truppe um Kühnen freigeprügelt worden ist von der Polizei in Sachsen. Insofern, wenn man will, dass die Rechten in Thüringen und in Deutschland keine Chance haben, darf man nicht versuchen mit Halbwahrheiten einen Keil zwischen das zivilgesellschaftliche Engagement und die Polizei zu treiben. Ich sage Ihnen da ganz genau, diese Formulierung von Ihnen, dass Polizisten in Thüringen vertrauensvoll den Neonazis den Rücken zuwenden, ist eine Unverschämtheit, weil es eine Unterstellung ist.
Ich will nicht ausschließen, weil die Thüringer Polizei ein Abbild des gesellschaftlichen Lebens auch in Thüringen ist, dass es vielleicht den einen oder anderen gibt, der so denkt, aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, das passiert auch in Schulen und keiner spricht dann so verallgemeinernd über die Lehrer. Das passiert bei Medizinern und das passiert bei Politikern. Diese Verallgemeinerung, dieses Gift, was sie in diese Formulierung hineingesteckt haben, ist eine Unverschämtheit
und das erklärt auch, warum Polizisten, die eigentlich anders sind, als Sie sie beschreiben - Gott sei Dank - schon lange nicht mehr mit Ihnen reden. Und das ist übrigens auch ein Problem, was wir in diesem Haus haben.
Meine Damen und Herren, wer hier von verfassungsrechtlichen Bedenken als Landtagsabgeordneter spricht, der soll doch klagen, das ist übrigens nicht eine Kür, es ist Ihre Pflicht als Abgeordneter. Aber Sie wissen, dass Sie mit Ihren Argumenten juristisch so vor die Wand laufen, dass Sie lieber die Finger davon lassen, weil Sie sich juristisch blamieren bis zum Ende.