Protokoll der Sitzung vom 03.06.2005

(Zwischenruf Abg. Gerstenberger, PDS: Wir haben als erste geklatscht.)

- nach dem Bericht -, denn hier wäre er in der Tat einmal angebracht gewesen, und zwar ohne die übliche Häme, denn, wie Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, mit einer Flut von Anträgen und Anfragen in einer wichtigen Zwischenphase der Umsetzung von Hartz IV die Mitarbeiter der ARGEN, der optierenden Kommunen und der BA und letztlich des Ministeriums von ihrer wichtigen Arbeit abhalten, das müssen Sie mit sich selbst ausmachen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe aber meine Zweifel, ob Sie damit den Arbeitsuchenden und insbesondere den betroffenen Jugendlichen einen guten Dienst erweisen. Manchmal scheint es, als führten Sie sich wie ein quengelndes Kind auf, das mit den Füßen aufstapft und den Vater bedrängt, einen halbfertigen Papierdrachen nun endlich steigen zu lassen, obwohl der Leim noch nicht getrocknet ist.

(Beifall bei der CDU)

Obendrein wendet sich das Kind noch an den falschen Vater. Letzterer hatte eigentlich nur die Steigleine für den Drachen bezahlt und kann eigentlich nichts für etwaige Konstruktionsmängel oder dass der Leim nicht hält. Denn das Land, meine Damen und Herren, und das wird viel zu leicht immer wieder vergessen, hat nur eine untergeordnete Zuständigkeit für das SGB II.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb möchte ich vorausschickend wirklich an alle hier im hohen Hause appellieren, lassen Sie doch die Mitarbeiter in den Behörden ohne zusätzliche Belastungen einfach mal arbeiten und ver

trauen Sie auch mal ein wenig der Arbeit vor Ort.

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der PDS)

Es ist ja durchaus legitim, einen fortwährenden Informationsfluss zu gewähren, aber es muss Ihnen auch bewusst sein, dass Statistiken und Zahlen in den ARGEN nur auf Kosten anderer Arbeitsbereiche, wie zum Beispiel dem Fallmanagement, erarbeitet werden können. So viel zur politischen Einordnung Ihres Antrags.

Wie der Minister schon angesprochen hat, fallen momentan 11.700 Jugendliche in Thüringen unter das SGB II. Leider müssen wir trotz des saisonal bedingten Rückgangs der Arbeitslosenzahlen mit einer steigenden Zahl der SGB-II-Bedarfsgemeinschaften auch unter den Jugendlichen rechnen, das ist richtig. Wir alle wissen, dass die Bundesagentur innerhalb der Arbeitsgemeinschaft für den Aufgabenbereich der Eingliederung in Arbeit, Ausbildung und Arbeitsgelegenheiten zuständig ist. Sowohl die Zielstellung, alle Jugendlichen in eine Maßnahme zu vermitteln als auch der dazugehörige Acht-PunktePlan sind sicherlich positive Ansätze. Allerdings muss man besonders beim Fallmanagement und der damit verbundenen Weitervermittlung immer wieder auf die derzeit noch unzureichende Qualifizierung der zuständigen Mitarbeiter hinweisen. Positiv ist anzumerken, dass flächendeckend in allen Arbeitsgemeinschaften und optierenden Kommunen der Betreuungsschlüssel 1 : 75 erfüllt wird und einige ARGEN mit gut qualifizierten Fallmanagern und Teamleitern ausgestattet sind. Bei der Betrachtung der zu betreuenden Jugendlichen wird jedoch deutlich - und das haben meine Vorredner auch so ausgeführt -, dass für eine Vielzahl der von Arbeitslosigkeit betroffenen Jugendlichen selbst dieser Betreuungsschlüssel einfach nicht ausreichend ist.

Ihre Frage nach dem Erfüllungsstand der abgeschlossenen Eingliederungsvereinbarungen greift nach meiner Auffassung zu kurz. Hier ist nicht immer Eile geboten. Zuviel Druck provoziert förmlich, die Jugendlichen in Ein-Euro-Jobs zu versenken, nur um Statistik zu befriedigen, das ist so.

(Beifall im Hause)

Wenn man den Druck erhöht, den Gesetzesanspruch zu erfüllen, wird es sicherlich Arbeitsgemeinschaften geben, die schlicht und einfach, um diese Gesetzesforderung zu erfüllen, diese Ein-Euro-Jobs anwenden, und das ist der falsche Weg - das haben Sie vorhin auch gesagt, Frau Leukefeld. Bevor also eine solche Vereinbarung abgeschlossen wird, sollte viel mehr die persönliche Situation des Einzelnen

ganz klar erkannt sein. Der betroffene Jugendliche muss einem Assessment bzw. Profiling unterzogen werden, das heißt eine gründliche Kompetenzfeststellung durch psychologische Leistungstests, arbeitsmedizinische Begutachtung, verbunden mit einem impulsgebenden Dialog als erste Maßnahme, das hat zu erfolgen und das braucht auch Zeit. Nur dann greifen Bewerbungstrainings und eine anschließende Vermittlung. Auch ist es in vielen Fällen notwendig, Hemmnisse für eine selbständige Aufnahme einer Arbeits- oder Ausbildungsmaßnahme abzubauen. Noch mehr als bisher muss darauf hingearbeitet werden, dass dem Jugendlichen bei nicht vorhandenem Abschluss berufstheoretische und berufspraktische Grundlagen vermittelt werden und eine Erprobung in ausgewählten Berufen stattfindet. Die sich anschließende Zielvereinbarung muss gekoppelt mit einer entsprechenden Hilfeplanung passgenau auf den Jugendlichen zugeschnitten sein und den örtlichen Gegebenheiten der jeweiligen Arbeitsgemeinschaften Rechnung tragen. Das ist wichtig, den örtlichen Gegebenheiten muss Rechnung getragen werden.

Stellt sich die Frage, ob das alles - das habe ich schon gesagt - mit einem Schlüssel von 1 : 75 und in vielen Fällen noch fehlender fachlicher Qualifikation der Fallmanager eigentlich möglich ist. Den Mitarbeitern der ARGEN, die aus den kommunalen und Sozialbereichen kommen, ist das alles nicht unbekannt. Sie kennen die Thüringer Modelle und wenden sie auch entsprechend an. Diese Erfahrungen muss man einfach nur nutzen. Die Förderung des Freistaats in den letzten Jahren zur Schaffung regionaler Netzwerke kann uns heute sehr hilfreich sein. Wir können uns jetzt derer bedienen, dann koppeln wir Landes-, ESF- und Bundesmittel und finanzieren zielführende Projekte. So ist man zum Beispiel mit einem von einem kommunalen Bildungsträger entwickelten und durch das TMWTA unterstützten Projekt Fallmanagement für eine erfolgreiche Arbeits- und Ausbildungsaufnahme in der Lage, die vorgenannten Dienstleistungen zu erbringen. Hier, in einem solchen Projekt wird ein Betreuungsschlüssel von 1 : 10 möglich und sogar die Projektteilnehmer so behandelt, dass sie auch nach der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt noch weiter betreut werden können. Das ist nämlich manchmal auch zwingend erforderlich, dass es keine Rückfälle gibt.

Die Vermittlung - und das ist wirklich so erwiesen - aus solchen Projekten beträgt tatsächlich 30 bis 40 Prozent auf den ersten Arbeitsmarkt, weil die jungen Leute ganz einfach fit sind und dann nachbetreut werden, also ein Beispiel, wie bestehende Netzwerke genutzt werden, um Jugendlichen wirklich helfen zu können. Grundsätzlich sollten wir in all unseren Gesprächen, auch wenn der Landtag eigentlich nicht die richtige Plattform ist, weil Bund und die

einzelnen Kommunen für die eigentliche Umsetzung des SGB II verantwortlich sind, darauf hinarbeiten, dass eine verbindliche Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen in den lokalen Arbeitsgemeinschaften hergestellt wird. Dazu gehört es aber, meine Damen und Herren, dass auch mehr Dezentralität seitens der BA gewährleistet wird und größere Entscheidungsspielräume und Entscheidungsfreiheiten vor Ort gewährleistet werden. Ich meine hier vor allem Entscheidungsmöglichkeiten in den Bereichen Personaleinsatz und Mittelverwendung. Da gebe ich Ihnen auch Recht. Das Zusammenspiel vor Ort mit klaren Kompetenzen, das ist hier der Schlüssel zum Erfolg. Kompetenzen und Möglichkeiten, die jungen Menschen eine neue Chance eröffnen, ergeben sich nun einmal nur aus der regionalen Vernetzung der kommunalen Ebene mit den jeweiligen potenziellen Arbeits- und Ausbildungsplatzanbietern und den jeweiligen Bildungsträgern für Aus- und Weiterbildung.

Das Land Thüringen hat mit den vorhandenen Richtlinien, wie dem Jugendsofortprogramm, ergänzende Maßnahmen geschaffen, die bei einer Einbindung der kommunalen Bildungsträger und deren Konzepte zum SGB-II-Eingliederungstitel ergänzend zur Seite stehen und zusammen mit dem Ausbildungspakt eine gute Grundlage zur Unterstützung benachteiligter Jugendlicher schaffen. Die momentane Situation zeigt aber auch, dass weitaus mehr Jugendliche angesprochen werden müssten, um bestimmte Qualifizierungsmaßnahmen durchführen zu können, weil ein Teil von Jugendlichen, die nicht ausbildungs- und arbeitswillig sind, nicht auf die Einladung eingehen oder ihre Unterlagen nicht einreichen oder schlicht und einfach nach Beginn von Maßnahmen am zweiten Tag wieder weg sind. Das ist keine pauschale Aussage, sondern eine Realität und das wissen auch die Verantwortlichen, die am Umsetzungsprozess des SGB II beteiligt sind.

Das Berichtsersuchen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen der PDS, ist für mich und meine Fraktion erfüllt, denn Punkt 2 Ihres Antrags lehnen wir ab. Mehr als den im Gesetz festgeschriebenen Rechtsanspruch auf Vermittlung in eine entsprechende Maßnahme kann man nicht verlangen. Darüber hinaus verstehen wir die Arbeitsgelegenheiten u.a. als Überbrückung in ein vollwertiges Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis. Jede Arbeitsgelegenheit mit Qualifizierung zu überfrachten, das wäre ein falscher Mitteleinsatz. Zudem darf nicht vergessen werden, dass wir noch andere arbeitslose Jugendliche haben - Frau Ehrlich-Strathausen hat darauf hingewiesen, auch Herr Bärwolff hat das gesagt -, diese dürfen bezüglich des Mitteleinsatzes nicht hinten angestellt werden. Insofern besteht eine gewisse Konkurrenz zwischen SGB II und SGB III - ich will gar nicht von Verschiebebahn

höfen reden.

Abschließend möchte ich auf die Monitoring-Gruppe Ost hinweisen, in der unser Minister wieder in Kürze Missstände, Defizite vorbringen und auf Anpassungen drängen, aber auch positive Erfahrungen vorbringen wird. Dazu bedarf es, glaube ich, Ihres Antrags nicht.

(Zwischenruf Abg. Dr. Kaschuba, PDS: Schade.)

Tut mir Leid oder auch nicht.

Allerdings, die nach 155 Tagen Hartz IV immer noch fehlenden Durchführungsbestimmungen hätte ich mir selber auch gewünscht, aber ich bin voller Hoffnung, dass wir sie dann sicher im Herbst bekommen werden. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ist das eine Frage oder eine Wortmeldung? Herr Abgeordneter Günther, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Bärwolff zu?

Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit nicht.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann die Frage an die PDS-Fraktion: Abgeordnete Leukefeld hatte die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit beantragt - bezieht sich das auch auf den Bericht? Ja. Dann müsste ich jetzt die CDU-Fraktion und die SPD-Fraktion fragen, ob man mit der Überweisung einverstanden ist, was den Bericht angeht. Die SPD-Fraktion ist einverstanden, die CDU-Fraktion nicht. Damit hat sich dieses erübrigt, es kann auch nicht darüber abgestimmt werden, denn es müssen alle, die die Aussprache zum Bericht beantragt haben, dem zustimmen.

Dann stelle ich fest, dass das Berichtsersuchen zu Ziffer 1 des Antrags erfüllt ist. Erhebt sich dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall. Dann ist das Berichtsersuchen erfüllt.

Damit kämen wir jetzt zur Abstimmung über Ziffer 2 des Antrags. Hier ist Ausschussüberweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit beantragt worden. Wer der Überweisung von Ziffer 2

des Antrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit seine Zustimmung erteilt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Danke. Stimmenthaltungen? Damit ist die Ausschussüberweisung mit Mehrheit abgelehnt worden.

Wir stimmen jetzt direkt über die Ziffer 2 des Antrags der Fraktion der PDS in Drucksache 4/875 ab. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Damit ist auch die Ziffer 2 mit Mehrheit abgelehnt.

Dann schließe ich diesen Tagesordnungspunkt, verweise darauf, dass die nächsten planmäßigen Plenarsitzungen am 30. Juni und 1. Juli 2005 stattfinden und schließe ebenso die heutige Plenarsitzung.

E n d e d e r S i t z u n g : 18.07 Uhr