Protokoll der Sitzung vom 10.11.2005

Regionale gebietliche Konflikte, die es immer gibt innerhalb einer Gemeinde oder auch eines Kreises, können durch die niedrigen Quoren an Auseinandersetzung zunehmen und das Verwaltungshandeln mehr als beeinträchtigen. Dies und vieles Weitere sollte man sich vor Augen halten und abwägen, bevor ein solcher, meines Erachtens grundsätzlicher Beschluss gefällt wird in diesem hohen Haus. Die von mir genannten Ausschüsse erscheinen mir dazu die geeignete Stätte, sich darüber auseinander zu setzen und Gedanken zu machen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung hat Staatssekretär Baldus um das Wort gebeten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, zu dem Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS und der SPD „Thüringer Gesetz zum Ausbau der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene“ nehme ich für die Landesregierung wie folgt Stellung:

Mit dem Gesetzentwurf sollen die in der Thüringer Kommunalordnung geregelten gesetzlichen Anforderungen für Bürgerbegehren, Bürgerentscheid und Bürgerantrag umfassend geändert werden. Insbesondere ist beabsichtigt, die Zulassungs- und Zustimmungsquoren abzusenken und einen schmaleren Negativkatalog einzuführen. Außerdem sollen neue Formen der Bürgermitwirkung wie Einwohneranträge, jetzt Bürgeranträge, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in den Ortschaften und Landkreisen, Bürgerentscheide auf Initiative des Gemeinderats oder Kreistags geschaffen sowie zahlreiche neue Verfahrensvorschriften eingeführt werden.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, die Vorschriften in der Thüringer Landesverfassung über das Verfahren bei Bürgerantrag, Volksbegehren und Volksentscheid auf Landesebene sind erst im November 2003 geändert worden. Die Bestimmungen über das Bürgerbegehren, den Bürgerentscheid und den Bürgerantrag in der Thüringer Kommunalordnung wurden im Rahmen der Novellierung der Thüringer Kommunalordnung im Jahr 2002 ebenfalls wie folgt geändert: Das Quorum für das Bürgerbegehren, das so genannte Zulassungsquorum, wurde von ursprünglich 20 Prozent der Stimmen der Bürger auf 13 bis 17 Prozent, gestaffelt nach Einwohnerzahlen, gesenkt. Ebenfalls gesenkt wurden das so genannte Zustimmungsquorum für den Bürgerentscheid von 25 Prozent der Stimmen der Bürger auf 20 bis

25 Prozent, gestaffelt nach Einwohnerzahlen, und das Quorum für den Bürgerantrag von 10 Prozent der Stimmen der Bürger auf 4 bis 8 Prozent, ebenfalls gestaffelt nach Einwohnerzahlen.

Diese Gesetzesänderungen waren das Ergebnis eines sorgfältigen Abwägungsprozesses, innerhalb dessen sowohl die Vorteile als auch die Nachteile und insbesondere die vorhandenen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten des Ausbaus der direkten Demokratie geprüft worden sind. Dabei war zwingend zu beachten, dass sowohl das Grundgesetz als auch die jeweiligen Landesverfassungen der Bundesländer vom Prinzip der mittelbaren repräsentativen Demokratie nach Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz ausgehen. Dieses Prinzip besagt, dass die demokratische Führung der Gemeinden und Landkreise sich in erster Linie über die demokratisch gewählten Vertretungsorgane, also den Gemeinderat und den Kreistag, zu verwirklichen hat.

Zu niedrige Quoren oder ein schmaler Negativkatalog schränken die Befugnisse der kommunalen Vertretungsorgane aber erheblich, zum Teil sogar verfassungsrechtlich bedenklich ein. Niedrige Quoren, ein schmaler Negativkatalog und Verfahrenserleichterungen sollen die Zahl der Plebiszite erhöhen. Zu bedenken ist aber, dass eine Ausweitung plebiszitärer Elemente bzw. eine Senkung der Zulassungs- oder Zustimmungsquoren bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheid - dies wird in dem vorliegenden Gesetzentwurf nach Auffassung der Landesregierung nicht genügend beachtet - nicht nur die Entscheidungskompetenzen von Gemeinderat und Kreistag auszuhöhlen im Stande sind, sondern auch die kommunale Verwaltungstätigkeit erschweren und die Gesamtverantwortung des Gemeinderats für die Gemeindepolitik gefährden können. Zudem stellt sich die Frage, inwieweit wir in unserer repräsentativen Demokratie tatsächlich wollen, dass politisch aktive Minderheiten in einigen Fällen mittels Plebiszit das Gemeindegeschehen dominieren, ohne die etwaigen Folgewirkungen zu überblicken oder für diese einstehen zu müssen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, problematisch ist auch die in dem Gesetzentwurf vorgesehene Möglichkeit, dass Bürgerbegehren oder Bürgerentscheide vom Gemeinderat initiiert werden können. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird ausgeführt, dass diese Form des Bürgerentscheids den Charakter eines Referendums habe und der vom Repräsentativgremium getroffenen Entscheidung ein höheres Legitimationsniveau und eine stärkere Akzeptanz bei der Bevölkerung verleihe. Nicht erwähnt wird jedoch die dadurch dem Gemeinderat eingeräumte Möglichkeit, sich bei unbequemen Angelegenheiten der politischen Verantwortung entziehen

zu können. Zum Vorschlag, Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf Landkreisebene einzuführen, ist anzumerken, dass diese Frage bereits Gegenstand der Beratungen anlässlich der Novellierung der Thüringer Kommunalordnung gewesen ist. Ein Bedürfnis hierfür wird unabhängig von den bereits genannten Bedenken aufgrund der in Betracht kommenden Regelungstatbestände nicht gesehen.

Meine Damen und Herren, zum Schluss möchte ich auch auf folgenden Umstand hinweisen: Die Landesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Gemeinden und Landkreise von den kommunal belastenden Standards soweit wie möglich zu befreien. Der vorgelegte Gesetzentwurf widerspricht diesem Vorhaben, weil er eine große Anzahl neuer, potenziell belastender Standards enthält. Zudem würde er auch zu starken finanziellen Zusatzbelastungen der kommunalen Haushalte führen können. Aus den genannten Gründen regt die Landesregierung an, den Gesetzentwurf der Fraktionen Die Linkspartei.PDS und SPD an den Innenausschuss zu überweisen. Ich danke.

(Beifall bei der CDU)

Mir liegen keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Aussprache. Wir kommen zu den gewünschten Ausschussüberweisungen. Es ist einmal an den Innenausschuss und zum anderen an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten beantragt worden und mir liegt ein Antrag auf Federführung beim Innenausschuss vor. Wir stimmen in dieser Reihenfolge ab.

Wer der Überweisung des Gesetzentwurfs an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist an den Innenausschuss einstimmig überwiesen worden.

Wer der Überweisung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Überweisung auch einstimmig vorgenommen.

Wir stimmen über die Federführung ab. Wer die Federführung beim Innenausschuss sehen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Die Federführung liegt damit beim Innenausschuss.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11 und komme zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 12

Maßnahmekatalog der Landesregie- rung zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksache 4/1311 -

Die Landesregierung hat mitgeteilt, dass sie von der Möglichkeit eines Sofortberichts keinen Gebrauch machen wird und mir liegt auch kein Wunsch der Fraktion der Linkspartei.PDS zur Begründung des Antrags vor. Demzufolge kommen wir jetzt zur Aussprache über den Antrag und ich rufe als Erste für die CDU-Fraktion Frau Abgeordnete Tasch auf.

Frau Präsidentin, meine lieben Damen und Herren Abgeordneten, das Recht eines jeden einzelnen Menschen auf ein gewaltfreies Leben ist ein elementares Menschenrecht. Es ist noch nicht allzu lange her, da war das noch tabu. Es war tabu zu fragen, ob dieses Recht im sozialen Nahraum, sprich in den eigenen vier Wänden genau den gleichen Stellenwert hat wie im öffentlichen Leben. Hier hat, Gott sei Dank, in den zurückliegenden Jahren ein Umdenken stattgefunden. Gewalt in der Familie wird nicht mehr totgeschwiegen. Es wird öffentlich thematisiert, angeprangert und nicht mehr akzeptiert, sondern zieht staatliche Sanktionen für die Täter nach sich.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Der Gleichstellungsausschuss im Thüringer Landtag sieht als eine seiner wichtigsten Aufgaben die Bekämpfung der häuslichen Gewalt an. Nach InKraft-Treten des Gewaltschutzgesetzes des Bundes zum 01.01.2002 wurden durch die Thüringer Landesregierung im Frühjahr 2002 die Maßnahmen gegen häusliche Gewalt verabschiedet. Der Ausschuss hat von Beginn an - und es war ja auch einstimmiger Wille des Gleichstellungsausschusses in der vergangenen Legislaturperiode, dieses Maßnahmepaket auf den Weg zu bringen -, intensiv mitgearbeitet, hat sich dort gut eingebracht, überfraktionell sehr gut zusammengearbeitet. Viele Fachtagungen hat es zu dem Thema gegeben. Ich möchte das jetzt nicht alles noch mal im Einzelnen aufzählen. Im Anschluss daran wurden diese Maßnahmen auf den Weg gebracht. Diese Maßnahmen sollen ja fortgeschrieben werden, um sie immer auch den Gegebenheiten und den Bedürfnissen bei der Bekämpfung gegen häusliche Gewalt anzupassen. Bei diesem Stand sind wir gerade. Dazu hat am 3. März eine Anhörung im Landtag stattgefunden, um zu klären, welche Maßnahmen haben gegriffen, wo gibt es Handlungsbedarf. Dann war der Gleichstellungsaus

schuss im Juni in Österreich. Dort haben wir uns einige Dinge angesehen, speziell auch die Aufgaben der Polizei und die Täterberatung und die Männerberatung - auch ein wichtiger Bestandteil in dieser Arbeit. Aber die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass vor allem die Ergebnisse der Arbeit der Lenkungsgruppe „Wege aus der häuslichen Gewalt“ in die Maßnahmen mit einfließen müssen. Das alles wird zurzeit im Gleichstellungsausschuss debattiert und wir denken, dass zum Jahresende oder Anfang 2006 die Maßnahmen der Landesregierung fortgeschrieben werden.

Die PDS hat ja hier einen sehr detaillierten Fragenkatalog vorgelegt, der, wie wir gehört haben, heute nicht in einem Sofortbericht beantwortet werden kann. Die Landesregierung hat aber zugesagt, den Bericht zeitnah zu geben. Da, denke ich, werden wir den Minister auch beim Wort nehmen, dass das so schnell wie möglich geschieht, denn viele Fragen, die hier aufgeführt worden sind, müssen auch bei der Fortschreibung berücksichtigt werden.

Für uns hat das Thema einen hohen Stellenwert, ich habe es am Anfang gesagt, Gewalt im sozialen Nahraum ist eine Menschenrechtsverletzung und wir werden das weiter engagiert und genauso mit unserem vollen Einsatz, wie wir das die letzten Jahre gemacht haben, auch begleiten. Ich denke, da sind wir auf einem guten Weg, und ich hoffe, dass wir im Ausschuss dann auch so wie in dem letzten Jahr gemeinsam an dem Thema weiterarbeiten. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Frau Abgeordnete Wolf zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, sehr verehrte Gäste - so viele sind es nicht mehr -, liebe Petra Beck, als Geschäftsführerin des Landesfrauenrates, liebe Frau Häußler, als Mitarbeiterin einer Interventionsstelle, ich bin froh, dass es in allen drei Fraktionen unumstritten ist, dass der Kampf gegen häusliche Gewalt ein wichtiger ist. Wir haben hier in den letzten Jahren viel erreicht, und das, Frau Tasch hat es schon angedeutet, eben auch oftmals gemeinsam. Die Zusammenarbeit des Landtags bei diesem Thema ist gut und wäre sicherlich für das eine oder andere Politikfeld auch ein gutes Vorbild.

Lassen Sie mich kurz andeuten, was wir gemeinsam erreicht haben. Seit 2002 gibt es seitens der Landesregierung einen Maßnahmeplan gegen häus

liche Gewalt, Frau Tasch hat es angedeutet. Dieser Maßnahmeplan umfasst ein ganz breites Spektrum von Ansätzen, aber hier muss weitergearbeitet werden. Die Leitlinien für die Polizei wurden vorgelegt und im vergangenen Jahr überarbeitet. 2004 und 2005 gab es erstmals in Thüringen Interventionsstellen, die bei den Frauenhäusern angesiedelt waren und die auch ein ganz breites Aufgabenspektrum zu erledigen hatten. Sie hatten den direkten Kontakt mit Frauen herzustellen nach dem proaktiven Ansatz, sie hatten die Netzwerkarbeit vor Ort ganz neu und ganz umfassend zu erledigen, sie mussten sich ganz neu auf die Frage von Öffentlichkeitsarbeit einstellen. Wir sehen, dass hier in dem Bereich auch ganz viel gelaufen ist. Eine Täterberatungsstelle wurde erstmals in Thüringen eröffnet und arbeitet auch. Dort sollen die Männer aus der Gewaltspirale herausgeholt werden; das wird auch wissenschaftlich begleitet und das ist gut so. Es sind zahlreiche regionale Netzwerke entstanden, die ihre Arbeit aufgenommen haben. Die Schulungen der Polizei haben zugenommen. Insgesamt ist die Sensibilisierung für dieses Thema nicht nur in Fachkreisen, aber auch gerade dort gestiegen. Es wurde eine Lenkungsgruppe „Häusliche Gewalt“ eingerichtet und diese hat eben inzwischen auch schon ihren Abschlussbericht vorgelegt und - Frau Tasch deutete es auch schon an - der Gleichstellungsausschuss reiste insgesamt fünf Tage - aber drei Tage waren wir dort - nach Österreich und informierte sich umfassend, wie man die Bekämpfung von häuslicher Gewalt verbessern kann.

Lassen Sie mich dazu kurz etwas sagen. Die Frage: Warum musste es Österreich sein? In Österreich gibt es dort insoweit andere Ansätze, dass das Polizeiaufgabengesetz - das sage ich jetzt auch direkt zum Innenminister, wenn der auch nicht mit großem Interesse zuhört - anders geregelt ist als bei uns, nennt sich auch anders, ist logisch, aber dort ist die Wegweisung im Fall von häuslicher Gewalt und nicht nur im Fall von häuslicher Gewalt, sondern auch im Fall von drohender häuslicher Gewalt insoweit sehr stringent geregelt, dass klar ist, dass eine Wegweisung recht unkompliziert, aber auch kontrolliert für 10 Tage und mit einer Ausweitung bis 20 Tage erfolgt. Der Ausschuss hatte sich dort ein sehr gedrängtes Programm gegeben. Wir haben uns unter anderem Interventionsstellen angeschaut, Männerberatungsstellen, die Gendarmerie, das Innen- und Frauenministerium und wir haben erlebt, wie man hier einfach weiter ist in der Fachlichkeit und auch in der Sensibilisierung der Bevölkerung. Die Landesregierung war mit und das war meiner Meinung nach auch gut so.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Hat es geholfen?)

Was mich persönlich sehr - ich will es positiv ausdrücken - bedrückt hat, das ist noch die sanfte Variante, ist, dass wir zur Auswertung der Reise kamen, die Landesregierung den Eindruck erweckte, als wäre sie nicht mitgewesen. Ich hatte gehofft, dass wir mit dem heutigen Bericht dann doch eine gewisse Aufhellung bringen, welche Erfahrungen die Landesregierung aus Österreich mitnimmt und welche sie hier gedenkt umzusetzen. Wir hatten eben gehofft, rauszubekommen, an welchen Punkten wir in Thüringen dem österreichischen Vorbild folgen könnten. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf, es ist aber schade, dass die Uhr immer weiter tickt und die Zeit nicht stehen bleibt und dementsprechend wieder wertvolle Zeit verloren geht, wenn wir den Bericht nicht heute schon hören können.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz darauf eingehen, welche Weichenstellungen jetzt notwendig sind. Die Interventionsstellen - auf ihre Arbeit bin ich kurz eingegangen - sowie die Täterberatungsstelle als Modellprojekte laufen Ende diesen Jahres, also in nicht mal mehr acht Wochen aus. Die Richtlinien für diese Täterberatungsstelle als auch für die Frauenhäuser und Frauenzentren laufen Ende diesen Jahres aus. Die Lenkungsgruppe „Wege aus der häuslichen Gewalt“ hat ihren Abschlussbericht vorgelegt und der Maßnahmeplan zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt soll und muss überarbeitet werden - Frau Tasch hat es angedeutet. Da sind eben bis Januar auch nur noch acht Wochen und die Landesregierung muss eigentlich jetzt genau in der Phase der Überarbeitung sein. Wir haben dieses Berichtsersuchen bestellt, weil wir wissen wollen, wie die Landesregierung mit dieser Herausforderung umgeht und in welche Richtung die aktuelle Entwicklung geht. Ich gebe zu, natürlich wollten wir auch den neuesten Stand bei der Konzeption zur Schließung von Einrichtungen wissen. Und wir denken, es ist nicht nur im Interesse meiner Fraktion, sondern eines jeden Abgeordneten, alle werden im Moment in ihrem Wahlkreis mit der Unsicherheit vor Ort konfrontiert. Zu dem Widerspruch zwischen den Aufgaben, die noch vor uns stehen und dem Haushaltsansatz, der sich dazu im Moment in dem Haushaltsentwurf befindet, werden wir noch später kommen.

Ja, meine Damen und Herren, ich bin enttäuscht, dass die Landesregierung den Bericht nicht schon in dieser Sitzung gibt. Die von uns erbetenen Angaben bei der Erhebung sind nicht mit riesengroßem Aufwand verbunden. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass wir dieses Thema bisher immer über Parteigrenzen hinweg bearbeitet haben. An der Stelle, gebe ich zu, habe ich in den letzten Monaten lernen müssen, dass zeitnah nicht bei jedem dasselbe bedeutet. Ich hoffe, dass hier die Landesregierung an dieser Stelle meine Zweifel eines Besseren be

lehrt.

Meine Damen und Herren, Sie wissen selbst, dass es bei der Herabstufung der Schwelle der Gleichstellungsbeauftragten breite Kritik gab. Es wurden Ängste geäußert, dass dies mit einer schlechteren Arbeit verbunden sein wird. Herr Zeh, ich verstehe nicht, warum Sie an dieser Stelle diese Ängste mit Ihrem Vorgehen bestätigen, und ich verstehe auch nicht, warum die Landesregierung sich dieser Kritik aussetzt.

Meine Damen und Herren, ich werbe darum, dass Sie unserem Antrag auf Berichterstattung zustimmen. Es ist wichtig, dass wir umfassend informiert sind zum Stand der häuslichen Gewalt und deren Bekämpfung, dass wir informiert werden, über die Vorhaben der Landesregierung und wenn schon nicht heute, dann eben doch so schnell wie möglich. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Ehrlich-Strathausen zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, natürlich bin auch ich enttäuscht, dass wir heute keinen Bericht von Ihnen zu hören bekommen, Herr Minister. Im November des vergangen Jahres, also genau vor einem Jahr, hat sich der Gleichstellungsausschuss auf Antrag der CDU-Fraktion mit der Fortschreibung der Maßnahmen der Landesregierung gegen häusliche Gewalt beschäftigt. Es war genau der Tag, der Tag gegen Gewalt an Frauen. Damals hat Frau Arenhövel betont, dass es wichtig sei, die bestehenden Schutzeinrichtungen trotz des Gewaltschutzgesetzes aufrechtzuerhalten. Dies ist im Protokoll des Gleichstellungsausschusses ebenso nachzulesen, wie der damalige Dank von Frau Arenhövel hinsichtlich des Engagements der Mitarbeiterinnen der Frauenschutzeinrichtungen in Thüringen. Vor einem Jahr war die Landesregierung also der Auffassung, dass bestehende Angebote zum Schutz von Frauen und Kindern eine engagierte Arbeit leisten und aufrechterhalten werden müssen.

(Beifall bei der SPD)

Dies hat der Ausschuss fraktionsübergreifend so gesehen und genau auf dieser Basis weitergearbeitet.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Seit dieser Zeit sind keinerlei Anzeichen für eine Minimierung des Problems zu erkennen. Ganz im Gegenteil, wir haben uns in der Folge in einem umfangreichen Anhörungsverfahren - das wurde eben schon erwähnt - Anfang März mit der Dimension und den unterschiedlichen Auswirkungen von Gewalt in der Familie beschäftigt. Ich hatte nach dieser Anhörung den Eindruck, dass fast alle Zuhörerinnen und Zuhörer beeindruckt waren von der Dimension und von der Vielfältigkeit der Problematik. Frau Tasch wird mir zustimmen, wenn ich sage, dass wir damals eine Vielzahl Anzuhörender hatten. Stück für Stück wurde klar, dass Gewalt in Familien ein häufig verborgener Bestandteil in allen gesellschaftlichen Schichten ist. Ich will heute kein Zerrbild malen und auch nicht den Eindruck erwecken oder entstehen lassen, dass Gewalt in Familien zur Normalität gehöre, das ist zum Glück nicht so. Genauso falsch aber wäre es, das Ausmaß an den wenigen und dann leider häufig tragischen Ergebnissen festzumachen, die in den Medien Schlagzeilen machen. Spätestens seit dieser Anhörung muss klar sein, dass es eine sehr hohe Dunkelziffer gibt und fast immer, wenn es zu den erwähnten öffentlich diskutierten tragischen Ereignissen kam, wurde schnell bekannt, dass Nachbarn und Ämter zum Teil schon jahrelang über innerfamiliäre Gewalt informiert waren. Fast immer ist es Gewalt gegenüber Frauen und fast immer sind mittelbar oder unmittelbar Kinder und Jugendliche betroffen. Häufig trauten sich weder die Frauen noch die Kinder, rechtzeitig Hilfe zu holen oder wussten nicht, wo es die Hilfe gibt. Noch gibt es viel Scham und erst spät, manchmal zu spät, wird um Hilfe gerufen und noch sehen Nachbarn, Behörden, Kindergärten, Schulen und Polizei allzu oft weg. Aber Stück für Stück ändert sich das Bewusstsein, nicht zuletzt auch dank des Gewaltschutzgesetzes. Es gibt also viel zu tun. Deshalb meine Damen und Herren war es gut, dass wir uns im Gleichstellungsausschuss dieser Problematik derart differenziert genähert haben. Der anschließende Besuch des Gleichstellungsausschusses in Österreich war ja keine Vergnügungsreise. Nein, es ging darum, in einem Land mit kulturell sehr ähnlichen Bedingungen und innerhalb ländlich geprägter Regionen beispielhaft zu erleben, wie mit dieser Thematik aus unserer Sicht vorbildlich umgegangen werden kann. Österreich ist uns nämlich bei der Umsetzung eines Gewaltschutzgesetzes nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich voraus.

Meine Damen und Herren, es wäre logisch und richtig gewesen, wenn in der Folge unserer Anhörung und in der Folge unseres Besuches in Österreich nun gemeinsam - und wenn ich sage gemeinsam, dann meine ich mit den Trägern und den in Thüringen vorhandenen Netzwerken - ein Konzept für das Land erarbeitet würde, ein Konzept auf der Basis dessen,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

was Frau Arenhövel vor einem Jahr gesagt hat. Ein konzeptioneller Dialog mit den Fachpolitikern und Fachpolitikerinnen und den Experten und Expertinnen in den Einrichtungen und in den Netzwerken vor Ort wäre angesagt gewesen und er ist auch von dort erwartet worden.

Frau Wolf hat eben schon dargestellt, dass die Wahrnehmung und die Arbeitsweise der Landesregierung offenbar eine völlig andere ist. Ich dachte, dass sowohl die Anhörung als auch die Informationsreise nach Österreich und deren Auswertung uns eines doch sehr deutlich signalisiert haben: Die Problematik der erkannten häuslichen Gewalt und die mit dem Gewaltschutzgesetz im Interesse der Kinder, der Frauen und der Familien gegebenen Möglichkeiten setzen zumindest die Aufrechterhaltung der Landesförderung voraus.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)