Die von der Union immer wieder propagierte noch weitere Senkung des Spitzensteuersatzes auf 39 oder gar 35 Prozent hätte erst recht keinen Beitrag zur wirtschaftlichen Belebung geleistet, weil der Thüringer Mittelstand, den Sie immer vorgeben entlasten zu wollen, mit seinen Einkommen überhaupt nicht in die Nähe des Spitzensteuersatzes kommt. Die wenigen sonstigen Spitzensteuersatzzahler in Thüringen können sich doch schon bisher alles leisten. Was sollen die denn noch zusätzlich kaufen, um die Binnenkonjunktur anzukurbeln!
Meine Damen und Herren, jeder, der ehrlich und nicht ganz von Sinnen ist, muss erkennen, dass sich der Staat schon seit Jahren keine weitere Einkommensteuersenkung mit Nettoentlastung leisten kann. Es gab Leute auch innerhalb der CDU, die waren schon früher Realisten. So sagte Lothar Späth am 16. September 2003 in der Sendung „Berlin Mitte“, ich zitiere: „Es wird keine weiteren Steuersatzsenkungen geben, es gibt keinen Spielraum dafür.“
Noch eines sei bemerkt: Der von der CDU über Jahre hinweg blockierte Subventionsabbau kommt endlich in Gang. Was haben wir hier im Landtag in den letzten Jahren über die Abschaffung der Eigenheimzulage diskutiert. Ich will Ihnen, meine Damen und Herren von der CDU, die Peinlichkeit ersparen und will nicht aus alten Plenardebatten zitieren. Inzwischen haben auch in dieser Sache die Vernunft und die Einsicht in die Notwendigkeit gesiegt. Auch das ist gut so, aber es hätte eher kommen können und eher kommen müssen. Durch Ihre Ausgabenpolitik im Land und durch Ihre Blockadepolitik im Bundesrat tragen Sie wesentliche Verantwortung für die dramatische Finanzsituation unseres Freistaats.
Jetzt müssen andere die Suppe für Sie auslöffeln. Top! Damit wäre ich beim „o“, beim „orientierungslosen Streichkonzert“.
Meine Damen und Herren, es gibt in Thüringen keine Gebietsreform, es gibt keine darauf aufbauende Verwaltungsreform, es gibt kein Personalentwicklungskonzept, es gibt nur Stückwerk. Dafür wütet der Rotstift in Thüringen ohne Sinn und Verstand. Was mich und viele Menschen im Lande jedoch so stört und ärgert, ist die vertane Chance, die Dinge gleich richtig zu regeln. Stattdessen wird aus Angst oder aus Kalkül, weil ja die eigene Mehrheit nur so hauchdünn ist, vor sich hin gewurstelt.
Meine Damen und Herren, verschlafene, hinausgezögerte oder schlicht stümperhafte Reformen in der Landesverwaltung fordern auch bei den Personalausgaben ihren Tribut. Thüringen ist im Jahr 2005 das Land mit der höchsten Personalausgabenquote. Auch im Jahr 2006 ändert sich daran nicht viel. Ein trauriger Spitzenplatz! Dafür müssen dann die Bürger in Thüringen den Rücken hinhalten. Der Doppelhaushalt und insbesondere das Haushaltsbegleitgesetz bringen keine Weihnachtsgeschenke. Die Rute wird vielen Menschen in diesem Land die Weihnachtsfeiertage richtig vermiesen.
Das betrifft die vielen sozialen und gemeinnützigen Träger in unserem Land und ihre Mitarbeiter. Aber schließlich betrifft ein ausgedünntes Betreuungsangebot alle hilfebedürftigen Menschen in Thüringen.
Das betrifft auch die Kommunen und die freien Träger von Kindereinrichtungen und deren Erzieherinnen. Aber letztlich trifft es die, die uns am liebsten sind, unsere Kinder und Enkelkinder.
Sie alle werden zu den Verlierern einer verfehlten CDU-Politik. Ich will auch noch einmal die so genannte Familienoffensive und das darin enthaltene Thüringer Erziehungsgeld nennen. Dabei hatten Sie, Herr Ministerpräsident, doch noch in Ihrer Regierungserklärung im September 2004 angekündigt, dass für soziale Leistungen zukünftig stärker als in der Vergangenheit die tatsächliche Bedürftigkeit der Maßstab sei. Nun führen Sie ein Erziehungsgeld auch für besser Verdienende ein. Das passt nicht zusammen.
Meine Damen und Herren, außerdem müssen wir konstatieren, dass unser Land in den letzten Jahren in vielen Bereichen hinter die anderen neuen Bundesländer zurückgefallen ist. Dieses Zurückfallen, diese Stagnation und Lähmung unseres Landes, die verbunden ist mit einer teilweisen Zerstörung bewährter und anerkannter Strukturen, trägt den Namen Dieter Althaus. Deshalb mein Fazit: Kein Konzept, keine Strategie und die richtige Bewertung „o“ wie orientierungsloses Streichen.
Das darf aber niemand so sehen, wir sind doch top. Deshalb komme ich zu „p“ wie phantasievolles Vertuschen. Hingewiesen habe ich schon auf die verschiedenen Schattenhaushalte, auf Kreditlinien, die den Namen „Sondervermögen“ tragen. Da werden reale Verpflichtungen des Landes im Rahmen von Patronatserklärungen abgesichert, um sie nicht im Landeshaushalt darstellen zu müssen. Es könnten ja unliebsame Fragen zur Gesellschafterverantwortung oder zur Verantwortung der LEG-Aufsichtsratsmitglieder, das ist ja immerhin das halbe Kabinett, aufkommen. Die Investitionsquote wird geschönt, um immer noch höhere Kredite aufnehmen zu können.
Die Globale Minderausgabe wird auch 2006 insbesondere im Bereich des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit wieder zu einem großen Teil zu Lasten der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ gehen und damit die tatsächlichen Investitionsausgaben weiter senken. Bundesmittel werden so der Thüringer Wirtschaft vorenthalten. Da wird eine neue mit einer alten Prognose verglichen, um der Öffentlichkeit damit riesige neue Steuereinbrüche zu suggerieren. Vergleicht man die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung mit dem Haushalt 2005, dann sieht man auf den ersten Blick, dass sich die Steuereinnahmen 2006 inklusive Länderfinanzausgleich und Bundesergänzungszuweisung lediglich um 52 Mio. € verringern. Nach den Ergebnissen der NovemberSteuerschätzung sind es gar nur noch 40 Mio. €. 2007 steigen die Steuern nach der Mai-Steuerschätzung gegenüber dem Jahr 2006 wieder um 140 Mio. € an. Mit den realen Zahlen kann man natürlich die drastische Kürzungsorgie in Thüringen nicht begründen.
Meine Damen und Herren, solche Diskussionen sind nicht erwünscht, deshalb erfolgte die Einbringung des Haushalts rein zufällig nach der Bundestagswahl und nicht, wie von der Landeshaushaltsordnung vorgeschrieben, spätestens in der ersten Sitzungswoche des Landtags im September. Die späte Einbringung des Haushalts engt aber die Zeit des Landtags für die sachgerechte Beratung ein, vor allen dann, wenn die Landesregierung, wie in diesem Jahr, die Gunst der Stunde wieder einmal nutzt und ein Haushaltsbegleitgesetz mit durch den Landtag peitscht. Im Schweinsgalopp werden 15 vollkommen unterschiedliche Gesetze novelliert, ohne in den zuständigen Fachausschüssen darüber zu beraten.
Aber auch dahinter steckt politisches Kalkül. Die Verfahrensweise soll sicherstellen, dass die Einschnitte in das soziale Netz in Thüringen möglichst schnell und geräuschlos im Hauruck-Verfahren durch das Parlament gehen.
Meine Damen und Herren, das alles ist schon schlimm, aber noch schlimmer ist die Art und Weise, wie das Ganze geschieht. Die Arroganz, mit der Argumente der Betroffenen und des politischen Konkurrenten einfach weggewischt werden, als ob Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die Weisheit für sich gepachtet hätten, die Arroganz zeigt sich auch in der Verhinderung einer mündlichen Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz im Haushalts- und Finanzausschuss.
Und wenn dann der finanzpolitische Sprecher der CDU, Herr Mohring, ohne eine Minute an der Anhörung von der PDS und SPD teilgenommen zu haben, behauptet, es gebe keine neuen Erkenntnisse durch diese Anhörung, dann zählt auch das dazu.
Heute zur Verabschiedung ist ja wenigstens der Ministerpräsident anwesend, nachdem er bei der ersten Lesung noch durch Abwesenheit glänzte. Das hätte Altministerpräsident Herr Dr. Vogel sich vor dem Parlament nie geleistet.
Die SPD-Fraktion vertritt seit Jahren die Auffassung, dass ein Doppelhaushalt in solch wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht real ist, da sich die prognostizierten Rahmendaten schnell verändern. Welchen Sinn macht dann ein Doppelhaushalt, wenn bis zu drei Nachtragshaushalte in einem Jahr mit Kürzungen von der Landesregierung nachgeschoben werden? Ein Doppelhaushalt hat nur einen Zweck, er hält der Regierung unpopuläre Diskussionen vom Halse, weil viele Kürzungen im Etatentwurf noch nicht ausgewiesen werden. Top Thüringen - „p“ wie phantasievolles Vertuschen, da ist Thüringen Spitzenreiter.
Meine Damen und Herren, jetzt, wo das Kind im Brunnen liegt, jetzt, wo schon unsere Kinder und Enkel mit unvorstellbar hohen Krediten überzogen sind, wird die Opposition gefragt: Was würden Sie denn jetzt anders tun? Welche Alternativen bietet die SPD? Meine Damen und Herren, wir müssen die Nettokreditaufnahme drastisch senken und in wenigen Jahren zu ausgeglichenen Haushalten gelangen.
Das geht nur durch Sparen, durch sinnvolles Sparen, durch Sparen auf der Basis von langfristig tragenden Reformen und Konzepten. Ich weiß auch, das
Aber auch für den vorliegenden Doppelhaushalt zeigt die SPD-Fraktion Alternativen auf. Es ist nämlich noch etwas Fleisch am Knochen, sehr geehrte Frau Lieberknecht, man muss nur Veränderungen wollen.
Lassen Sie mich jetzt auf die Änderungsanträge der SPD-Fraktion eingehen und dann die finanzielle Deckung dieser Vorschläge erläutern. Damit alle Kinder einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, unabhängig vom Finanzbudget der Eltern, haben, will die SPD-Fraktion die von der Landesregierung getroffenen Fehlentscheidungen im Bildungsbereich korrigieren.
Deshalb beantragen wir, die Lernmittelfreiheit wieder im alten Umfang zu garantieren; Bibliotheken und Musikschulen sollen stärker gefördert werden, als dies die Landesregierung vorsieht. Mit der Wiedereinführung der Förderung des Schulessens soll ein Anreiz für eine gesunde und wachstumsfördernde Ernährung der Schüler gegeben werden.
Auch wenn das Familienfördergesetz inzwischen von der Mehrheit dieses Hauses beschlossen ist, hält es die SPD-Fraktion für falsch, nicht nur wegen der Fehlanreize in Sachen frühkindlicher Bildung, sondern auch wegen der fehlender Kompatibilität zu den familienpolitischen Vorhaben der großen Koalition, aber auch weil dem System der Familienförderung und den Kommunen dauerhaft Geld entzogen wird. Wir unterbreiten einen praktikablen Vorschlag, mit dem die bisherige Kindergartenfinanzierung beibehalten wird.
Meine Damen und Herren, „die Zukunftsfähigkeit Thüringens ist messbar am Engagement der Landesregierung für Forschung und Bildung“, Zitat von unserer Finanzministerin bei ihrer Einbringungsrede im Oktober. Nehmen wir die Ministerin wörtlich, muss uns wirklich angst werden, denn nicht nur im Bildungsbereich, sondern auch bei der Forschung setzt die Regierung den Rotstift mächtig an. Letztlich steht bei einem Festhalten an einer derart verfehlten Forschungspolitik auch die Zukunft des Forschungs- und Technologiestandorts Thüringen auf dem Spiel.
Nicht umsonst sagte der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung, ich zitiere: „Wirtschaftsstandort und Wissenschaftsstandort gehören zusammen. Wenn das Forschungsland Thüringen gut aufgestellt ist, hilft das einer soliden, zukunftsfähigen und auch arbeitsplatzintensiven Thüringer Wirtschaft.“ Weil die
SPD die plakative These des Ministerpräsidenten mit Inhalt füllen will, liegen Ihnen unsere Änderungsanträge zur Verbundforschung vor.