Protokoll der Sitzung vom 02.03.2006

Prof. Sedlacek, der prognostiziert, dass sich die Bevölkerung bis 2050 auf 1,3 bis 1,1 Mio. Menschen in Thüringen verringern wird.

Zur Erinnerung: 1990 lebten in Thüringen noch 2,61 Mio. Menschen. In seinen Folgen noch schwer wiegender als die Bevölkerungsabnahme ist die einhergehende Änderung der Altersstruktur. Sie ist historisch ohne Beispiel. Thüringen wird im Eiltempo zum ältesten Bundesland. Der demografische Wandel und seine Gestaltung werden die Entwicklung des Freistaats in den kommenden Jahren massiv bestimmen. Er wird auf nahezu alle Lebensbereiche Auswirkungen haben. Es müssen Antworten auf die Frage gefunden werden, wie in einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft Wohlstand, soziale und auch Generationengerechtigkeit erhalten werden können. Die Entwicklung hat gravierende Auswirkungen auf die soziale Stabilität des Landes und auch auf die wirtschaftliche Dynamik. Sie wird sich in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen, allerdings wird sich der Abwanderungstrend abschwächen und damit den Einfluss auf die künftige demografische Entwicklung verlieren. Das liegt allerdings nicht daran, dass weniger abwandern, sondern das Abwanderungspotenzial insgesamt wird geringer werden. Zukünftig werden vor allem die massiven Sterbefallüberschüsse aufgrund zu weniger Geburten und der dramatisch alternden Bevölkerungsstruktur die Entwicklung bestimmen. Dieser demografische Trend ist nicht umkehrbar, denn es ist nun mal so, dass Kinder, die in der Vergangenheit nicht geboren wurden, auch in der Zukunft keine Kinder zeugen können. Demografieexperten prognostizieren, dass bei unveränderter Geburtenrate künftig jede Generation um ein Drittel kleiner sein wird als ihre Vorgängergeneration.

Thüringen hat die ersten Konsequenzen des demografischen Wandels schon in dem zurückliegenden Jahrzehnt deutlich zu spüren bekommen. Kindergärten und Schulen mussten geschlossen werden und in den kommenden Jahren wird der Einbruch auf die Berufsschulen und auf die Hochschulen durchschlagen. Die mit dem Leerstand zehntausender Wohnungen und der Verödung von Städten und ganzen Stadtteilen verbundenen Probleme haben uns in den zurückliegenden Jahren ebenso beschäftigt, wie sie es auch in den kommenden Jahrzehnten tun werden. Häufig erreichen uns Nachrichten über fehlende Ärzte und die Gefahr einer zusammenbrechenden medizinischen Grundversorgung in ländlichen Räumen, Nachrichten über fehlenden Nachwuchs bei der Feuerwehr mit den entsprechenden Folgen für den Brand- und Katastrophenschutz oder Nachrichten über bevorstehenden Fachkräftemangel mit seinen gravierenden Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.

Zukünftig werden wir uns neben den uns schon bekannten Folgen aber auch mit zahlreichen neuen konfrontiert sehen. Sie werden auch aus den Zusammenhängen zwischen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen erwachsen. So werden Fragen zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes aufgeworfen. Dazu gehört die Frage, ob angesichts eines Bevölkerungsrückgangs von ca. 1 Prozent pro Jahr, und mit dem damit verbundenen Verlust von Steuereinnahmen, dem damit verbundenen Verlust von Kaufkraft und dem verbundenen Nachwuchsmangel überhaupt noch ein Wirtschaftswachstum generiert werden kann. Die wohl größten Herausforderungen jedoch erwachsen aus dem Altern der Gesellschaft. Ihre Bewältigung beschränkt sich keinesfalls nur auf die Sicherung leistungsfähiger und bezahlbarer Sozialsysteme; es müssen vor allem öffentliche und private Dienstleistungen, es muss die gesamte soziale Infrastruktur angepasst werden.

Trotz der herausragenden Bedeutung dieser existenziellen Themen hat sich die CDU-Landesregierung dem bislang kaum gestellt. Auch hier fehlt der Mut, mit allen Konsequenzen diese Dinge auf die Tagesordnung zu setzen. Viel öfter wird noch weggeschaut, die Augen zugemacht in der Hoffnung, die Probleme könnten doch nicht ganz so schlimm werden, wie sie von Experten vorausgesagt werden.

In anderen ostdeutschen Bundesländern ist man hier deutlich weiter. In Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Landesregierung in Vorbereitung ihrer Vorhaben zur Verwaltungsmodernisierung ausführlich mit diesem Thema beschäftigt. Es liegt ein umfangreicher Gesetzentwurf zur Verwaltungsmodernisierung und zur Gebietsreform vor.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

In Sachsen arbeitet seit Ende 2004 eine Enquetekommission zum Thema der demografischen Entwicklung und die Brandenburger Landesregierung hat sich im Mai vergangenen Jahres mit einem Bericht zum demografischen Wandel befasst. In Thüringen hat sich inzwischen der Landtag der Sache angenommen, da die Landesregierung hier nicht willens war, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Die Bildung der Enquetekommission auf Antrag der SPD-Fraktion ist ein Beispiel dafür, aber auch dieser weitere Antrag, der letztendlich auch fordert, dass Zuarbeiten zum Thema Verwaltungs- und Gebietsreform durch die Landesregierung geliefert werden. Ich kann Frau Enders teilweise Recht geben, wenn sie das Nichthandeln der CDU-Fraktion hier kritisiert. Allerdings möchte ich dem Land Thüringen auch nicht eine Gebiets- und Verwaltungsreform aus dem Kästchen der PDS-Fraktion oder - sagen wir - aus der Schublade von Herrn Kuschel überstülpen.

(Zwischenruf Trautvetter, Minister für Bau und Verkehr: Das sollten Sie mal in Meck.-Pom. erzählen.)

Wir sehen hier schon die Möglichkeiten, die die Enquetekommission hat, als gut dafür an. Wir werden als SPD darauf dringen, dass diese Enquetekommission zügig arbeitet. Deswegen war uns auch im Ausschuss für Bau und Verkehr die Aussage der Landesregierung, dass bereits vor Fertigstellung des Demografieberichts entsprechende Zahlen geliefert werden können, wichtig. Wir bitten den Landtag hier, der Beschlussempfehlung des Ausschusses zuzustimmen. Ich persönlich bin auch der Meinung, dass so ein umfangreiches Vorhaben wie eine Verwaltungs- und Gebietsreform letztendlich von breiten Mehrheiten getragen sein sollte, umso eher wird sie auch an der Basis akzeptiert. In diesem Sinne lassen Sie uns in der Enquetekommission weiter zusammenarbeiten.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat die Abgeordnete Holbe, CDU-Fraktion.

Werte Präsidentin, meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben gerade von unserer Berichterstatterin, Frau Doht, aus dem Ausschuss heraus gehört, wie wir diesen SPD-Antrag zur demografischen Entwicklung in Thüringen behandelt haben, und wir haben ihn konkretisiert durch einen Änderungsantrag unserer Fraktion. Schon in der Plenarsitzung am 07.10. haben wir darauf hingewiesen, dass dieses Thema des demografischen Wandels in Thüringen ein Prozess ist und sein wird, an dem die Landesregierung bereits seit Jahren arbeitet, auf den wir uns eingestellt haben und der auch intensiv weiter begleitet werden muss. Ich widerspreche Ihnen, Frau Enders, Frau Doht, an dieser Stelle ausdrücklich; die Landesregierung hat daran gearbeitet und ich werde im Späteren auch noch darauf zurückkommen.

(Beifall bei der CDU)

In Ihrem Antrag, werte Damen und Herren aus der SPD-Fraktion, erheben Sie den Vorwurf, dass sich die Landesregierung mit den Auswirkungen des demografischen Wandels nicht seiner Bedeutung entsprechend auseinander gesetzt hat. Ich glaube, dem ist entschieden zu widersprechen. Für den demografischen Wandel nur das Thema der Gebietsreform - und Sie haben es ja heute in Ihrem Vortrag wieder bewiesen - als einen Schwerpunkt zu setzen, das ist einfach zu wenig, da dieser Wandel alle

politischen Handlungsfelder berührt. Auf die Enquetekommission Verwaltungs- und Gebietsreform zu verweisen - es ist ein wichtiger Bestandteil, aber bei weitem nicht das, was ausreichend ist, um dieses Thema zu behandeln. Dass das Thema noch viel umfänglicher ist, als Sie beschreiben, liegt schon in der Tatsache begründet, dass Thüringen hier nicht einen Sonderstatus einnimmt, sondern wir sind eine Region in Deutschland und stehen mit anderen bundesdeutschen Ländern und im Weiteren mit europäischen Industrienationen angesichts dieses Wandels vor vielfältigen Herausforderungen, insbesondere bezogen auf die Veränderung der Bevölkerungszahl und der Bevölkerungsstruktur. Die wichtigsten Trends, Sie haben es schon gesagt, Bevölkerungsabnahme, sie ist uns allen nicht unbekannt. Aber ich will noch einmal zwei Zahlen hier erwähnen. Im Schnitt werden in Deutschland 1,4 Kinder pro Frau geboren. In Thüringen sind es gar nur 1,2. Wir bräuchten 2 Kinder pro Frau und mehr, damit die Bevölkerung nicht weiter schrumpft.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Das wollt ihr doch nicht wirklich.)

(Unruhe bei der CDU)

Ein weiterer Trend hängt mit der besseren, moderneren Lebensweise, dem medizinisch-technischen Fortschritt, einer immer besseren gesundheitlichen Versorgung zusammen, so dass die Bevölkerung immer älter wird, was für uns alle positiv ist. Man sollte vielleicht auch einmal diesen positiven Aspekt deutlicher herausstellen.

(Beifall bei der CDU)

Natürlich stellen sich da wieder Fragen, auf die Antworten nötig sind, allein mit dieser Alterung der Gesellschaft in ihren Folgen zur Heterogenisierung und Vereinzelung, auf. Es sind Politikfelder sowohl im Tagesgeschäft als auch in der mittelfristigen Planung von diesem Wandel betroffen. Die Landesregierung mit ihren Ministerien hat die Notwendigkeit erkannt und begonnen, an den erforderlichen Strategien an bekannten und an zukünftigen Problemfeldern zu arbeiten und deren zeitlichen Komponenten, die man auch nicht aus dem Auge lassen sollte, anzupassen. Parallel ist es wichtig, die Möglichkeiten auch der langfristigen Beeinflussung zu prüfen, die natürlich auf Landesebene sicher etwas schwieriger, aber, ich denke, auch wichtig und gestaltbar sind. Der demografische Wandel beginnt ja nicht erst jetzt. Er vollzieht sich in Deutschland bereits seit den 70er-Jahren und er vollzieht sich in unterschiedlicher Ausprägung, in unterschiedlichen Bereichen, auch in zeitlichen Etappen, mit unterschiedlicher Intensität, und was für mich außerordentlich bedeutsam ist, auch in den einzelnen Regionen unseres Freistaats sehr diffe

renziert. Hinzu kommt, dass die neuen Länder durch die noch nicht gelösten oder nur in Teilen gelösten strukturellen Probleme drastischer betroffen sind. Richtig ist deshalb, dass der Landesregierung bei der Steuerung der raumbezogenen Folgen des demografischen Wandels hier eine entscheidende Rolle zukommt. Dies fand bereits in einer Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung im Jahr 2004 seinen Ausdruck. Deren Ziel war es, eine bedarfsgerechte öffentliche Infrastruktur in allen Teilräumen des Bundesgebietes mit erhöhter Effizienz und Kostenbewusstsein zu sichern und auch weiterzuentwickeln.

Ich möchte ein weiteres Beispiel herausgreifen. Frau Enders hat mir hier schon eine Überleitung mitgegeben: Stadtumbau Ost - ein Programm, was den meisten wirklich bestens bekannt sein dürfte und was gerade für uns neue Länder eine besondere Bedeutung hat. Ich möchte daran erinnern, dass dieses Programm mit der letzten Bundesregierung auf Drängen der sächsischen und thüringischen Landesregierung überhaupt erst in Gang gesetzt worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Das Programm begann 2001 mit einer umfangreichen Bestandsanalyse der betroffenen Kommunen und einer Prognose zur städtischen Entwicklung. Erste Projekte liefen seit 2002. Zwischenzeitlich können wir die Erfolge dieser eingeleiteten Maßnahmen überall im Land sehen. Das Thüringer Bauministerium hat sich als eines der ersten Länderministerien überhaupt mit Beginn dieses Programms dazu entschlossen, eine wissenschaftliche Begleitung mit in Gang zu setzen, das so genannte Monitoring, was hier mitbegleitend läuft, so dass wir nun auch erste Zwischenergebnisse haben, die sicher ganz wichtig sind, in die weiteren Entwicklungsprognosen einzufließen. Frau Enders, es ist nicht nur der Rückbau von Wohnungen, der natürlich ganz wichtig ist zur Stabilisierung des Wohnungsmarkts, es geht auch um die Aufwertung von Wohnbaugebieten und von Stadtquartieren. Jeder weiß, wie zu DDR-Zeiten auf engstem Raum die Plattenneubauten hingesetzt wurden. Ich denke, hier ist es entscheidend, dass wir auch die Attraktivität erhöhen, Grün- und Außenanlagen, aber auch Spielplätze in diesen Bereichen schaffen. Das ist es nicht allein, es gehören dazu die gesamten Leitungssysteme der Ver- und Entsorgung, die zu überrechnen und ggf. auch anzupassen sind.

Wir müssen Plätze schaffen, dass die Bewohner aus ihrer Isolierung heraustreten können und Gelegenheit haben, sich zu treffen, und das in ihren Quartieren. Dazu gehört die soziale Infrastruktur. Sie muss gleichsam untersucht werden, beginnend vom Kindergarten, Schulen, Arztpraxen, Verkaufseinrichtungen. Das Wohnumfeld muss attraktiver gestaltet wer

den, damit es vor allem von jungen Familien, aber auch von älteren Menschen angenommen wird. Ich habe es etwas ausführlicher an dieser Stelle gemacht, damit Sie sehen, wie komplex allein dieses eine Beispiel ist und wie bunt die Palette ist und wie unterschiedlich auch die sich daraus ableitenden Aufgabenbereiche für die Kommunen sind, die diese in diesem Umplanungsprozess berücksichtigen müssen.

Landesweit gibt es gute Beispiele, ich will nur einige benennen: Rudolstadt, Sömmerda, Meiningen, Jena-Lobeda, Sondershausen, aber auch Leinefelde. Mit der Stadt Leinefelde haben wir ein so herausragendes Beispiel, ich habe zwei Seiten Auszeichnungen, die dieser Ort erfahren hat. Ich möchte Ihnen nur drei in Erinnerung rufen: Das eine ist der Deutsche Städtebaupreis im Jahre 2003, im Jahre 2004 der Europäische Städtebaupreis und im Jahre 2005 ein internationaler Preis des Architekturverbandes für Umbauprojekte der Südstadt und der städtebaulichen Entwicklung.

Werte Präsidentin, meine Damen und Herren, Sie sehen schon, wie wichtig auch die Datenerfassung ist, dieses Monitoring, was ich gerade erwähnt habe, um einen Prozess zu analysieren, ihn zu begleiten und daraus ganz konkrete Handlungsweisen abzuleiten.

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Globalplayer!)

Ich denke, der gewählte Zeitraum, über den wir uns im Ausschuss auch unterhalten haben, von 1990 bis 2020, ist ein überschaubarer, planbarer Zeitraum. Wir haben konkrete Zahlen der Entwicklung von 1990 - 2005, das Statistische Landesamt hat diese Zahlen, aber sie müssen ausgewertet werden. Sie müssen auch miteinander im Kontext betrachtet werden, um daraus die notwendigen Grundlagen, die wir im Rahmen der Entwicklung brauchen, ableiten zu können. Wir waren uns im Ausschuss einig, Frau Doht hat es gesagt, einstimmig, dieser Beschluss, dass wir dieses Thema umfangreicher behandeln müssen und dass wir hier Schwerpunkte haben, auf die wir uns konzentrieren müssen.

Ich will Sie noch einmal erwähnen, und zwar müssen wir diese regionalisierte und zeitlich differenzierte Analyse der demografischen Entwicklung seit 1990 betrachten. Ich darf Sie hier auf eine Datensammlung der Bertelsmann-Stiftung „Wegweiser demografischer Wandel“ verweisen, in der deutschlandweit Kreise und Städte untersucht und auch Prognosen erstellt wurden. Ganz interessant - gerade auch für diesen Regionalaspekt möchte ich Ihnen einmal hier einige Zahlen aus diesem Papier vortragen. Der Kyffhäuserkreis hat einen Bevölkerungsrückgang im Zeitraum 1990 bis 2003 von minus

6,9 Prozent, das Weimarer Land von 1,3 Prozent; ich habe Berlin als Vergleich noch genommen mit minus 2,0 Prozent. Der Bevölkerungsrückgang von 2003 bis 2020 wird wie folgt geschätzt: im Kyffhäuserkreis minus 12,5 Prozent, Weimarer Land 6,9, Berlin 0,5 Prozent. Sie sehen eigentlich schon hieran, wie Entwicklungen sind, die jetzt geschätzt werden. Auch das Durchschnittsalter ist sehr unterschiedlich und entwickelt sich in diesen drei Regionen sehr unterschiedlich. Noch mal einige Zahlen: Kyffhäuserkreis von 2003 bis 2020 von 43,6 auf 49,4 Jahre; Weimarer Land von 42,1 auf 48,2 Jahre; Berlin 39,8 auf 44,3 Jahre. Ich denke, dass die Notwendigkeit, diese Regionen im Detail zu untersuchen, wichtig ist, und deswegen ist der Punkt 2 - die Bevölkerungsprognose - natürlich auch in seiner Ausführlichkeit für uns ganz entscheidend. Hier wird sicher einer der Schwerpunkte die Entwicklung der Zu- und Abwanderung sein, auch die Differenzierung, welche Bevölkerungsgruppen davon betroffen sind, und auch, ob Männer oder Frauen, ob ältere oder jüngere Menschen, und der unterschiedliche Bildungsstand der Menschen, die hier im Land verbleiben bzw. es verlassen. Daraus muss sich natürlich das Handlungsfeld entwickeln mit seinen gesellschaftlichen Auswirkungen, die noch intensiver betrachtet werden müssen, auch in den Kompetenzbereichen im Land, in den Kommunen, aber auch im Bund. Ich glaube schon, dass dieser Bericht, der uns ja bis zum 30.06.2006 zugesagt worden ist, diese Materialien uns zuarbeiten wird und dass daraus sich Strategien auch in den unterschiedlichen Politikbereichen aufzeigen und ableiten werden. Ich gebe Ihnen Recht, wir arbeiten daran, aber es kann nicht schaden, auch hier ein schlüssiges Handlungskonzept mit ganz konkreten Maßnahmen und Projekten zu haben.

Ich sprach vom Stadtumbau Ost. Wir haben es in der Begleitung erlebt, dass bereits jetzt die Prognosen, die damals mit Beginn des Programms angenommen worden sind, heute schon überarbeitet werden müssen. Es ist ja auch in unserem Antrag so formuliert, in unserer Beschlussfassung, dass wir nach fünf Jahren eine Fortschreibung benötigen, damit man dies begleitet. Wie gesagt, am Stadtumbau Ost kann man das heranziehen und sehen, dass auch hier diese Fortschreibung erfolgen muss.

Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Menschen in Thüringen übernommen und es ist notwendig, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen unseres Landes sicherzustellen, so unterschiedlich sie auch geprägt sind, wenn ich an unsere Städte, aber auch an den ländlichen Raum denke. Wir müssen gemeinsam mit der Landesregierung die Attraktivität des Landes verbessern und gerade unsere jungen Menschen weiter in Thüringen halten, damit sie hier leben, lernen, arbeiten können. Dazu gehört auch unsere Familienpolitik. Es ist mir

schon klar, dass die PDS hier eine andere Sichtweise hat als wir von der CDU. Ich will es auch hier an dieser Stelle gar nicht weiter erörtern, weil ich glaube, das wäre sinnlos.

(Beifall bei der CDU)

(Zwischenruf Abg. Reimann, Die Links- partei.PDS: Schade!)

Sie sehen, wir haben Weichenstellungen gemacht in der Familienpolitik, in der Bildungspolitik. Hier will ich nur den Hochschulpakt erwähnen, mit dem sichergestellt ist, dass die Ausfinanzierung der Hochschulen auch in den nächsten Jahren garantiert ist. Wir haben den Ausbildungspakt, Sie haben das angesprochen; ich denke, es war ein sehr gutes Ergebnis, was hier auch wieder unterschiedlich in den Regionen erzielt worden ist. Ich glaube, wir brauchen keine Ausbildungsabgabe hierfür, sondern man sieht, dass Politik und Wirtschaft schon Gelegenheit haben, diese Dinge auch anders regulieren zu können.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, es ist auch nicht hilfreich, hier Hiobsbotschaften in das Land zu setzen, wie wir es gerade von den Kolleginnen der PDS und SPD gehört haben. Wir sollten unser Land nicht schlechtreden.

(Beifall bei der CDU)

Die Bewältigung der demografischen Herausforderung ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Durch den Anstoß einer breiten öffentlichen Diskussion kann die Politik zur Wahrnehmung in der Gesellschaft und zur Entwicklung weiterer Lösungsansätze entscheidend beitragen. Eine wissenschaftliche Begleitung in einzelnen Bereichen Thüringens hilft, die nötigen Weichenstellungen konzeptionell vorzubereiten und vor allem auch weiterzuentwickeln. Deshalb bitte ich Sie hier um die Zustimmung zu unserer Beschlussvorlage in Drucksache 4/1646. Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung analog wird nur über die Beschlussempfehlung abgestimmt, da diese eine Neufassung des Antrags empfiehlt. Ich lasse abstimmen über die Neufassung des Antrags in der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr in Drucksache 4/1646. Wer ist für diese Beschlussempfehlung, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist gegen diese Beschlussempfehlung? Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme,

keine Stimmenthaltung, damit ist diese Beschlussempfehlung einstimmig angenommen.

Ich schließe diesen Punkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 5

Gewährleistung von parlamen- tarischer Kontrolle gegenüber Landesgesellschaften, Landes- stiftungen und Unternehmen mit unmittelbarer Landesbeteiligung Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/1581 -

Wünscht die Fraktion der Linkspartei.PDS das Wort zur Begründung? Nein, das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Schubert, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, der uns vorliegende Antrag beschäftigt sich mit einem sehr wichtigen Thema. Auch unsere Fraktion hat dazu schon mehrere Anträge gestellt, erstmalig im Jahre 2001, wo es ebenfalls um die Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle von Landesgesellschaften und Stiftungen usw. ging.

Vor ca. einem Jahr war sogar mal die CDU-Fraktion kurz davor, einem Entschließungsantrag der SPDFraktion zuzustimmen. Es ging damals um die Besetzung des Aufsichtsrats der TTG, das ist aber dann kurzfristig wieder zurückgezogen worden, weil die Landesregierung den Ursprungsantrag zurückgezogen hat. Erst vor einem Monat zur Haushaltsberatung haben wir beim Thema LEG ebenfalls einen Entschließungsantrag gestellt, der von der Mehrheit des Hauses abgelehnt worden ist. Aber nicht nur die Linkspartei.PDS, sondern auch wir sehen Bedenken bei dem Thema „Parlamentarische Kontrolle von Landesgesellschaften“ wie auch die Präsidenten aller Landtage, wie in einem Thesenpapier vom 09.05.1999 nachzulesen ist. Dort heißt es: „Die so genannte formelle Privatisierung, d.h. die Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit Hilfe privater Organisationen, darf nach einhelliger Auffassung nicht dazu führen, dass hierdurch diese Bereiche der parlamentarischen Kontrolle durch Flucht ins Privatrecht entzogen werden. Auch in diesen Fällen verlangt das Demokratieprinzip eine ununterbrochene Legitimationskette staatlichen Handelns und daher, soweit das Unternehmen öffentliche Aufgaben erfüllt, eine umfassende Kontrolle der Unternehmen.“ Nun ist ja die Organisationsprivatisierung durchaus zu begrüßen aus unserer Sicht. Aufgaben können oftmals effizienter, kostengünstiger, zielgerichteter, ja sogar transparenter durchgeführt werden, weil sie nämlich ein