Protokoll der Sitzung vom 13.07.2006

Ich habe dazu dann noch eine Bemerkung, weil aus dem mir zu Ohren gekommenen Inhalt dieser Papiere aus der Kuratoriumssitzung durchaus noch eine Frage abzuleiten wäre, aber darauf komme ich nachher noch mal zurück.

Also hier ist natürlich durchaus interessant, wie wird sich diese Nutzerbindung in Zukunft entwickeln, wie wird das vorangetrieben. Nun kann man ganz deutlich sagen, es ist erst seit 1. April, es ist erst ein kurzer Zeitraum ins Land gegangen, aber dennoch scheint mir das ein Schwerpunkt zu sein in Zukunft, dass hier entsprechend - wie angekündigt - eine möglichst 100-prozentige Beteiligung oder Absicherung erreicht werden kann, was die Büroflächen angeht oder z.B. auch die Studienproduktionstage. Dann nämlich wird dieses Unternehmen erst wirtschaftlich.

Das Zweite ist natürlich eindeutig die Frage nach dem Betreiberkonzept. Hier muss man wieder die Frage stellen, da wäre es natürlich interessant, in den nächsten Wochen und Monaten festzustellen, wohin läuft dieses Betreiberkonzept, welche Konditionen hat es und wie wird dann im Grunde genommen durch dieses Betreiberkonzept der Medienstandort, ganz konkret eben das Kindermedienzentrum, vorangebracht und weiterentwickelt. Das wäre z.B. eine Frage. Eine zweite Frage, die sich durchaus ergibt, und das hat was mit den entsprechenden finanziellen Mitteln zu tun - es wurde vorhin kurz der Prozess angesprochen mit dem europäischen Förderbescheid -, es gibt wohl Überlegungen, dass die Zweckbindungsfrist der entsprechenden Mittel von 25 auf 15 Jahre heruntergeschraubt werden soll. Da wäre zu hinterfragen, wie, mit welcher Bedeutung und welcher Zielrichtung dies geschehen könnte oder sollte.

So, Herr Schwäblein, die nächste Frage.

Sie könnten ja sagen, ich kann heimgehen, dann würden wir hier abbrechen, Herr Blechschmidt. Der Herr Abgeordnete Schwäblein kann eine Frage an den Abgeordneten Blechschmidt stellen, weil der

Herr Abgeordnete Blechschmidt schon Ja gesagt hat.

Ja, vielen herzlichen Dank. Herr Kollege Blechschmidt, als Sie jetzt die Frage nach der Betreibung aufgeworfen haben, ist Ihnen da möglicherweise der öffentliche Artikel in der Zeitung entgangen, in dem gemeldet wurde, dass eine Tochtergesellschaft LEG als Betreibergesellschaft fungiert und die Verträge schon abgeschlossen sind?

Kollege Schwäblein, dieser Beitrag ist mir nicht entgangen, aber vielleicht ist Ihnen in dieser Weise jetzt mein Redebeitrag entgangen, in dem ich nach dem Inhalt des Konzepts gefragt habe. Sie sprachen jetzt von dem, der es betreiben soll. Ich würde schon gerne wissen wollen, was dort geschieht an dieser Stelle und wie es eben - das kleine Pflänzchen bloß gießen wollen oder die Weiterentwicklung des Medienzentrums - mit diesem Konzept befördert wird. Das war meine Frage, nicht die Frage, dass da ein entsprechender Betreiber schon benannt ist namentlich. Also, wir liegen da nicht auseinander, Sie kennen den Namen und ich würde gern den Inhalt wissen wollen, um da das Pflänzchen weiter zu befördern.

Summa summarum, die Fragen sind durchaus noch auf dem Tisch, die der Herr Minister vielleicht da und dort noch beantworten könnte. Letztendlich will ich das wiederholen, was meine beiden Vorredner durchaus zum Ausdruck gebracht haben. Das Kindermedienzentrum ist eine Chance. Wir wollen unseren Teil als Opposition und als Parlament dazu leisten. Dazu bedarf es entsprechender Informationen und auch Diskussionen. Ich glaube schon, dass wir uns zumindest noch einmal in diesem Jahr, vielleicht vor dem 05.10., vor dem entsprechenden Richtfest, inhaltlich mit der einen oder anderen Frage im Ausschuss befassen können. Danke.

Gibt es jetzt weitere Redewünsche? Sollte ich Ihre letzte Bemerkung als Fortberatung des Berichts im Ausschuss auffassen? Sollte ich nicht, gut. Dann stelle ich fest, dass es keine weiteren Redemeldungen gibt, und ich gehe davon aus, dass ich auch feststellen kann, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist. Es gibt keinen Widerspruch dagegen. Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 9.

Wir kommen nun zum Aufruf des Tagesordnungspunkts 11

Für eine tragfähige und nach- haltige Gesundheitsreform Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2077 -

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat der Abgeordnete Hausold beantragt, den Antrag zu begründen.

(Zwischenruf Abg. Hausold, Die Links- partei.PDS: Nein, keine Begründung.)

Keine Begründung, nur ein Beitrag durch den Abgeordneten Hausold? Aha. Dann rufe ich als ersten Redner in dieser Debatte auf den Abgeordneten Gumprecht für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das deutsche Gesundheitswesen kränkelt und es ist in die öffentliche Diskussion gekommen. Man spricht von Unterfinanzierung, von zunehmendem Verwaltungswust oder auch von fehlender Transparenz. Andererseits ist die Gesundheitsbranche in Deutschland ein Wachstumsmarkt. Jährlich werden 240 Mio. €, das entspricht 11 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, umgesetzt. Wir haben in Deutschland in der - wie man jetzt modern sagt - Gesundheitswirtschaft 4,2 Mio. Menschen in rund 800 Berufen, über 125.000 Ärzte, 20.000 Apotheken und über 2.000 Krankenhäuser. Die Gesundheitsversorgung sichert jeder und jedem eine medizinische Versorgung, die sie oder er benötigt, unabhängig von Alter, Einkommen, und das auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Die deutschen Arzneimittel- und Medizinprodukthersteller gehören zu den führenden Anbietern auf dem Weltmarkt. Gleichzeitig ist unsere Gesundheitsversorgung an einigen Stellen schwerfällig und nicht mehr zeitgemäß geworden. Das System ist undurchschaubar. Jeder hat Vorschläge und Ideen und gibt seinen Beitrag dazu. Fakt ist, wir haben hier bereits zu ähnlichen Themen im Landtag festgestellt, dass der medizinisch-technische Fortschritt, die demographische Entwicklung, aber auch die Arbeitsmarktsituation immer wieder nach neuen Antworten suchen.

Meine Damen und Herren von der Linkspartei.PDS, auch Sie suchen nach Lösungen in Ihren acht Eckpunkten, Sie suchen nach einer - wie es heißt - tragfähigen und nachhaltigen Gesundheitsreform. In einzelnen Punkten kann ich Ihnen zustimmen, dennoch unterscheiden uns wesentliche Grundsätze. Ich teile nicht die Auffassung, dass ein Fondsmodell bei

spielsweise, wie Sie sagen, die Existenz der Selbstverwaltung gefährdet, wie Sie es in Ihrer Begründung zum Antrag prophezeien.

Meine Damen und Herren, wir brauchen in Deutschland einen Systemwechsel, der die Gesundheitskosten von den Arbeitskosten abkoppelt. Das merken wir auch in Thüringen am Arbeitsmarkt. Der Gesundheitsfonds ist ein Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. Die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden von einer zentralen Stelle erhoben und auf die Zahl der Versicherten umgelegt. Anschließend wird der jeweiligen Kasse dieser Beitrag pro Versicherten zur Verfügung gestellt. Mit diesem Geld sichert die einzelne Krankenkasse den gesetzlichen Leistungskatalog ab. Der Versicherte wird sehen können, ob die Kasse mit dem für ihn bereitgestellten Beitrag auskommt oder ob sie, die Kasse, einen Aufschlag verlangen muss. Denkbar wäre also auch, dass die Kasse dem Versicherten Geld zurückzahlen kann. Damit kann der Versicherte prüfen, ob zum Beispiel der Aufschlag, den die Kasse verlangt, durch das Leistungsangebot der Kasse zu rechtfertigen ist oder ob er sich künftig für einen günstigeren Tarif entscheidet. Das setzt natürlich zweierlei voraus: dass die unterschiedlichen Risiken, wie z.B. Alter und Geschlecht der Versicherten, vor der Ausschüttung des Pauschalbeitrages an die Kassen auch ausgeglichen werden und mehr Vertragsmöglichkeiten für die Krankenkassen bestehen, um insbesondere Wahltarife entwickeln zu können.

Meine Damen und Herren, die Union will die Strukturen des Gesundheitssystems wettbewerbsfähiger, transparenter und effizienter gestalten. Wir wollen die Versorgung über den Wettbewerb effizienter gestalten und daneben auch Wachstumspotenziale, die im Gesundheitssektor vorhanden sind, erschließen. Wir wollen das System transparenter gestalten, um dem Versicherten mehr Einflussmöglichkeiten auf seine gesundheitliche Versorgung zu geben. Heute weiß der Patient doch überhaupt nicht, ob seine Kasse mit dem Beitragssatz eine kostengünstigere Versicherung anbietet oder nicht. Er kann nicht ermessen, welche Leistungen sein Arzt mit seiner Krankenkasse verrechnet oder, um es anders auszudrücken, was der Arzt auch für diese einzelne Behandlung erhält. Deshalb ist Transparenz notwendig. Unser Ziel ist daher, die Strukturen aus Sicht des Versicherten neu zu ordnen. Wir wollen an der Stelle des bevormundeten oder zwangsbeglückten Patienten den aufgeklärten, den mündigen Patienten. Die Mündigkeit des Patienten geht einher mit einem Kostenbewusstsein für die Inanspruchnahme medizinischer Leistungen. In den vereinbarten Eckpunkten wollen die beiden Koalitionspartner bei der ambulanten ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung das Sachleistungsprinzip durch das Prinzip der Kostenerstattung ersetzen. Auf der Grundlage einer neuen verläss

lichen und leistungsgerechten ärztlichen Vergütung in der GKV soll es dem Arzt möglich sein, dem Patienten Auskunft über die erbrachten medizinischen Leistungen und die damit verbundenen Kosten zu geben. Wir sind zuversichtlich, dass eine Kostenerstattung in Verbindung mit Selbstbehalttarifen eine positive Steuerungswirkung entfaltet. Um Härten, insbesondere bei hohen Rechnungen und bei einkommensschwachen Menschen zu vermeiden, werden unbürokratische Ausnahmen notwendig sein.

Meine Damen und Herren, ich darf noch mal kurz unsere Zielsetzungen zusammenfassen:

1. der Einstieg in einen Systemwechsel mit einer weitgehenden Entkopplung der Arbeitskosten von den Gesundheitskosten; dazu trägt auch die stufenweise Einführung einer Steuerfinanzierung für eine beitragsfreie Kindermitfinanzierung bei;

2. eine nachhaltige und demographiefeste Ausgestaltung der Finanzierungsgrundlagen der GKV;

3. mehr Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Kassen verbunden mit mehr Vertragsgestaltungsmöglichkeiten für die Kassen;

4. die Erhöhung der Transparenz;

5. die Erhöhung der Selbstverantwortung der Versicherten;

6. der Erhalt natürlich des pluralen Versicherungssystems;

7. die Beibehaltung der freien Arzt- und Krankenhauswahl; 8. die Verlässlichkeit und Planungssicherheit durch eine leistungsgerechte Vergütung.

Meine Damen und Herren, ich habe kurz die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede in den Eckpunkten, die heute erst auf dem Tisch liegen und noch nicht ausgestaltet sind, dargestellt. Es wird deutlich, dass wir deshalb diesen Antrag ablehnen. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich der Abgeordnete Hausold zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine verehrten Damen und Herren! Herr Gumprecht, Sie haben Recht, in den Grund

sätzen scheinen wir, nicht nur scheinen, sondern haben wir offensichtlich unterschiedliche Auffassungen in der Sache. Dennoch habe ich Ihren Bemerkungen auch entnommen, dass das Thema an sich die Debatte im Land weiter mitbestimmen wird, die Debatte über Reformen, über Reformpolitik, weil einfach logischerweise jeder Mensch von diesen Fragen berührt ist. Ich will sagen, die große Koalition hat sich nun zu einer Gesundheitsreform aufgemacht, die allseits, wie ich feststellen kann, zwar aus ganz unterschiedlichen Richtungen, aber allseits in der Kritik steht. Ich glaube, dass das vorliegende Reformprojekt auch in der Tat höchste Aufmerksamkeit verlangt, geradezu herausfordert und nicht nur in der Kritik an den konkreten Fakten, sondern vor allem auch, weil es dabei, denke ich, noch um mehr als um diese Fragen der engeren Gesundheitspolitik allein geht. Da sind wir auch bei Grundsätzen. Ich denke schon, dass wir hier ein Pilotprojekt vorliegen haben, das sich auf den Weg macht und auf den Weg gebracht werden soll und werden wird, weil damit dieser Weg weiter im Abbau des Sozialstaats Bundesrepublik Deutschland insgesamt und im Kern auf dem Wege der Entsolidarisierung beschritten wird, meine Damen und Herren. Deshalb denke ich auch, dass wir hier Debatte nötig haben.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das alles ist ja nicht sozusagen aus dem Tag geboren, zum Teil über Jahrzehnte. Ganz besonders aber in der letzten Zeit geht es doch um eine Art propagandistischer Vorbereitung dieser Schritte. Die heißen, den Bürgerinnen und Bürgern eigentlich jeden Tag wieder klarzumachen, ihnen gegenüber zu behaupten, dass der Sozialstaat insgesamt nicht finanzierbar ist, dass das Ende der Fahnenstange in dieser Hinsicht längst erreicht ist, dass wir auf Kosten zukünftiger Generationen leben würden, dass es deshalb mehr Eigenverantwortung braucht und diese notwendig ist. Im Zentrum all dieser Kritiken steht unter anderem auch das Problem der Gesundheitspolitik und hier insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung.

Meine Damen und Herren, es ist nicht so, dass nicht auch wir deutlich die Finanzierungsprobleme sehen, die es hier gibt, dass wir eine Finanzierungslücke und entsprechenden Handlungsbedarf auch in strukturellen Fragen sehen. Aber wenn man die Antworten darauf geben will, dann muss man sich zunächst auch einmal die Frage stellen: Wieso sind wir denn, meine Damen und Herren, überhaupt in diese Situation geraten? Da kann es nicht übersehen werden, dass im Kern die Tatsache steht, dass wir überall in der Bundesrepublik wie auch hier immer weniger versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse haben, dass wir eine stagnierende Lohnentwicklung haben, dass wir einen Sockel hoher Dauer

arbeitslosigkeit haben, dass wir die politisch herausgeforderte Abwanderung vor allem junger und gesunder Menschen hin zu den privaten Versicherungen haben, meine Damen und Herren. Abgesehen davon, dass diese Ursachen sehr wesentlich mit einer aus unserer Sicht grundlegend verfehlten Sozial-, Wirtschafts- und Arbeitsmarkt- und deshalb auch Gesundheitspolitik im Bund und auch durch das Land Thüringen zu tun haben und wir dies in Rechnung stellen, ist es schon klar, dass auch weitere Fragen zur Debatte stehen, die nicht unbedingt einer kurzfristigen Lösung zugeführt werden können. Aber - und das will ich hier namens meiner Fraktion noch mal mit aller Deutlichkeit sagen - es gibt seit langem und von ganz verschiedener Seite eine Alternative, die die wesentlichsten Probleme im Bereich der Gesundheitspolitik lösen könnte, nämlich neue Quellen und Nutzer für eine solidarische und paritätische Gesundheitspolitik zu erschließen, indem alle Bürgerinnen und Bürger in diesen finanziellen Kreislauf einbezogen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Aber genau diesen Weg geht die vorliegende Reform eben nicht. Offensichtlich hat sich leider auch die SPD von der Bürgerversicherung verabschiedet, obwohl es mit der Linken und den Grünen im Bundestag dafür, wenn ich von den Wahlaussagen ausgehe, und für meine Partei und Fraktion kann ich das ganz deutlich sagen, eine Mehrheit gäbe. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es, glaube ich, auch wichtig, dass wir die politische Debatte zu diesen Fragen weiter suchen.

Nun mag es - und das verstehe ich schon - zum Thema Bürgerversicherung ebenso streitige Debatten geben. Aus unserer Sicht wäre aber diese Debatte weiterzuführen, bevor man sich kurzschlüssig sozusagen auf den Weg in die falsche Richtung begibt. Doch die Begründungen für die jetzt vorliegende Reform machen deutlich, dass das eigentlich nicht gewollt ist, weil sie aus meiner Sicht im Grunde genommen alle fadenscheinig sind und weil sie einfach im Kern dazu führen werden, dass es für die Mehrheit der Versicherten eine Verschlechterung der Situation geben wird.

Warum ist das so, meine Damen und Herren? Zu den Dingen, die zum Beispiel immer wieder als Begründung für den eingeschlagenen Weg herhalten müssen, gehört unter anderem auch die so genannte Kostenexplosion im Gesundheitswesen. Ich will da durchaus mal etwas zurückgehen in der Bewertung: In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, moderat gestiegen, nämlich von 5,57 Prozent im Jahr 1977 auf 6,39 Prozent im Jahr 2003. Die Beitragssätze der

gesetzlichen Krankenversicherung seit Mitte der 70er-Jahre sind von rund 10,4 Prozent auf etwas über 14 Prozent Mitte dieses Jahrzehnts gestiegen. Der Anstieg wäre im Übrigen noch geringer gewesen, wenn die Finanzierung der deutschen Einheit nicht systemwidrig über Beiträge der Sozialversicherten, sondern über Steuern finanziert worden wäre, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Im Übrigen gäbe es weitere systemwidrige Entlastungen des Staatshaushalts zu benennen, diese so genannten Verschiebebahnhöfe, die Sie ja auch maßgeblich politisch zu verantworten haben. Ich will einige Beispiele, wenn man von der heutigen Problemlage redet, hier schon noch mal anführen: Allein durch die Gesetzgebung der Bundesregierung in den Jahren 1989 bis 2002 ergibt sich eine kumulierte Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung bis einschließlich 2003 von über 30 Mrd. €, meine Damen und Herren, und durch die Arbeitsmarktgesetze Hartz I bis IV eine jährliche Belastung der gesetzlichen Krankenversicherung ab diesem Jahr von 3,57 Mrd. €. Um noch mal ein letztes Beispiel der Unverfrorenheit eigentlich deutlich zu machen, für die Politik des Bundes hier steht: Die Mehrwertsteuererhöhung seinerzeit von 14 auf 16 Prozent hat allein zu einer jährlichen Mehrbelastung der gesetzlichen Krankenversicherung von etwa 1,7 Mrd. € geführt. Sie setzen ja jetzt noch eines drauf, denn wenn wir nächstes Jahr die 3 Prozent Mehrwertsteuererhöhung bekommen, dann wird das in etwa eine weitere Milliarde zusätzliche Belastung sein, die auf die gesetzliche Krankenversicherung zukommt. Wer nach solcher Politik dann meint, es gäbe eben das reine irgendwoher stammende Systemproblem, meine Damen und Herren, der ist auf dem Holzweg, der will von seiner eigenen Verantwortung in diesen Fragen ablenken.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben ja noch andere Wirkungen aus der letzten Reform des Gesundheitswesens, das Gesundheitsmodernisierungsgesetz. Was brachte diese so genannte Jahrhundertreform? Milliardeneinsparungen waren geplant, aber realisiert wurden diese durch Leistungsausgrenzungen z.B. von nicht mehr erstattungsfähigen Arzneimitteln, durch Einschränkungen des Leistungsanspruchs bei Sehhilfen, durch Einschränkungen ambulanter Fahrtkosten. Dafür kamen höhere Zuzahlungen für Medikamente und die Praxisgebühr sowie ein Sonderbeitrag von 0,9 Prozent und die Absenkung des Arbeitgeberbeitrags zur Schaffung vorgeblich von Arbeitsplätzen, meine Damen und Herren. Die Folgen schon dieser Reform sind eigentlich nur fatal und sie werden wiederum von der Mehrheit der Versicherten am Ende bezahlt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Belastungen für Kranke und Versicherte steigen seitdem zu einer jährlichen Mehrbelastung von 11 Mrd. € gegenüber dem Jahr 2003. Das sind die Ergebnisse der letzten Reform, die wir auf diesem Gebiet haben. Ich glaube, im Gegenzug erleben wir steuerrechtliche Rahmenbedingungen und die Entwicklung einer Steuerpolitik, die diesen Herausforderungen im Bereich des Gesundheitswesens nun schon gar nicht gerecht werden. Zum 01.01.2008 - und das soll sich also fortsetzen - will die Bundesregierung eine entsprechende Reform der Unternehmensbesteuerung sowohl für Körperschaften als auch für Personengesellschaften umsetzen, und das, meine Damen und Herren - und hier kommen wir doch erneut zu den Finanzierungsfragen - angesichts der Tatsache, dass das Einkommen aus Gewinn und Vermögen in diesem Land seit 2002 um 23 Prozent gesteigert werden konnte, während die Arbeitnehmerentgelte auf ihrem Niveau verharren und teilweise sogar rückläufig sind. Ich kann Sie nur auffordern, treten Sie mit uns ein für eine veränderte Steuerpolitik in diesem Land.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mittlerweile gelten wir als eine Art Steuerparadies. Auch das entspricht den Tatsachen. Der Gewinnsteuerausfall in den Jahren 2001 bis 2003 beträgt fast 80 Mio. € aus den verschiedenen Summen.