Das Verwaltungsgericht Oldenburg beruft sich in einem Beschluss vom 26. Mai 2005 u.a. auf eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts, das dazu rät, nur solche Reisen nach Togo zu unternehmen, die unaufschiebbar sind, und das die offizielle Anzahl der Flüchtlinge damals mit 31.000 beziffert - die offizielle Anzahl. Ebenfalls beruft sich das Gericht in Oldenburg auf Pressemeldungen, die von über 790 getöteten und mehr als 4.000 - im Mai 2005 - verletzten Menschen in Togo berichten.
Ich möchte an Sie, sehr geehrte Abgeordnete, appellieren: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Lassen Sie nicht zu, dass Flüchtlinge weiterhin in ein diktatorisches Regime abgeschoben und somit Verfolgung, Haft, Folter und Tod ausgesetzt werden.
Herr Innenminister, setzen Sie sich - entgegen Ihrer Aussage eben - im November bei der Innenministerkonferenz für eine bundespolitische Entscheidung für Flüchtlinge aus Togo ein und versuchen Sie, andere Ministerkollegen von der Notwendigkeit des Schutzes der togoischen Flüchtlinge zu überzeugen. Ich kann Sie einfach nur nochmals darum bitten. Und, meine Damen und Herren von CDU und SPD, setzen Sie sich bei den Vertretern der Bundesregierung dafür ein, dass die Bundesrepublik ihrer außenpolitischen Verantwortung gerecht wird und dass Entwicklungshilfe in Zukunft nicht lediglich als militärischer Auftrag zur Absicherung von Wahlterminen verstanden wird. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Präsidentin, verehrte Damen und Herren Abgeordnete, wie es die Frau Berninger auch schon sagte, der Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland hat durch § 60 a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz die oberste Landesbehörde zur Anordnung eines Abschiebestopps ermächtigt. Danach kann die oberste Landesbehörde für längstens sechs Monate - man beachte das bitte - aus völkerrechtlichen und huma
nitären Gründen oder zur Wahrnehmung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Abschiebung von Migranten aus bestimmten Staaten aussetzen. Die erteilte Duldung beruht nicht auf der bestehenden vollziehbaren Ausreisepflicht des Ausländers. Allerdings ist es im Einzelfall nach § 60 a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz möglich, die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und kein Aufenthaltstitel erteilt werden kann. Rechtliche Gründe für die Erteilung der Duldung sind, wenn ein gesetzliches Abschiebungsverbot nach § 60 Aufenthaltsgesetz besteht. Dies ist der Fall, wie Frau Berninger schon sagte, bei politischer Verfolgung und Gefahr der Folter oder Todesstrafe im Heimatland und beim Auslieferungsersuchen bei unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung möglich. Aber um dies beurteilen zu können, muss man sich intensiver mit den Verhältnissen in Togo befassen.
Nun will ich Ihnen auch ein bisschen was erzählen, was es etwas in einem anderen Licht erscheinen lässt. Vor dem Ersten Weltkrieg war Togo eine deutsche Kolonie, danach bis 1960 eine französische Kolonie. Die Kolonialmacht löste ein autokratisch regierender Präsident ab. Nach dessen Tode wurde sein Sohn unter Missachtung der Verfassung zum neuen Präsidenten ernannt. Die Afrikanische Union sprach von einem verfassungswidrigen Militärputsch. Die damals Westafrikanische Wirtschaftsvereinigung suspendierte nach dieser Machtergreifung die Mitgliedschaft Togos. Neben weiteren Sanktionen verhängte sie u.a. ein Waffenembargo. Auf internationalen Druck und Widerstand der Opposition trat der Präsident zurück. Es kam zur Rückkehr zu verfassungsmäßigen Zuständen. Daraufhin hob die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft die Sanktionen für Togo auf. Am 24.04.2005 wurde dann ein Staatschef gewählt. Allerdings war der neue Staatschef auch der alte - mit wohl etwas über 60 Prozent. Wahlbeobachter berichteten allerdings von massiven Unregelmäßigkeiten. Dieses ist uns ja aus vielen afrikanischen Ländern durchaus bekannt. Nicht umsonst sind wir zurzeit mit unserer Armee im Kongo. Daraufhin flohen - ich habe sogar noch andere Zahlen als Sie, Frau Berninger, ich habe nicht 31.000, sondern 35.000 - 35.000 Menschen in die Nachbarländer Benin und Ghana. Am 10.06.2005 ernannte dieser gewählte Präsident den Anführer der gemäßigten Oppositionspartei zum Premierminister. Dieser war 1978 bis 1994 Generalsekretär der Afrikanischen Einheit - heute Afrikanische Union genannt. Vor seiner Wahl hat er die Einrichtung eines Wahrheits- und einer Versöhnungskommission nach dem Modell Südafrikas vorgeschlagen. Ich denke schon, man muss dies auch mit beachten.
Togo hat eine große Anzahl verschiedener ethnischer Bevölkerungsgruppen. Die Religionen in Togo sind zu 50 Prozent Naturreligion, 30 Prozent sind Christen und 20 Prozent Muslime. Dass dort Probleme entstehen, kennen wir aus vielen afrikanischen Ländern. Ich muss Ihnen aber leider sagen: Ich kann die Situation vor Ort in Togo nicht einschätzen. Wir können ja einmal eine Fahrt des Innenausschusses nach Togo beantragen.
Aber, ich denke, das wird uns auch vor Ort nicht die Erkenntnisse bringen. Deshalb bin ich und meine Kollegen …
Wir sind einfach auf die Erkenntnisse von Fachleuten angewiesen. Und diese Fachleute sitzen eigentlich im Auswärtigen Amt, die die Einschätzung der politischen und menschlichen Lage in Togo einschätzen können. Der vorliegende letzte Bericht des Auswärtigen Amts zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Togo wurde im Januar 2006 erstellt.
In Auswertung der zur Verfügung stehenden Quellen des Auswärtigen Amts kam es zu dem Schluss, dass es keine staatlichen Repressionen zurückgeführter togoischer Staatsangehöriger gibt. Es ist nicht bekannt, ich kann es Ihnen nicht sagen. Selbst in Mecklenburg-Vorpommern, wo das Innenministerium einen Abschiebestopp nach § 60 a Abs. 1 Aufenthaltsgesetz für sechs Monate befristet bis zum 10.10.2006 angeordnet hat, stellte vorher das Oberlandesverwaltungsgericht fest, dass trotz der insgesamt problematischen Menschenrechtslage nicht allein Grund der Asylantragstellung und ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland politische Verfolgung bei der Rückkehr in Togo erfolgt. Auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schließt durch Beschluss vom 22.02.06 die Rückführung in die Republik Togo nicht aus, da das togoische Regime unter Rücksichtnahme auf das westliche Ausland geprägt ist.
Meine Damen und Herren, wir werden uns der Einschätzung des Auswärtigen Amts anschließen, weil wir denken, dort sitzen die größeren Fachleute als hier bei uns im Landesparlament. Wir denken, die Berichterstattung der Landesregierung ist erfolgt und wir werden die Punkte 2 und 3 des Antrags der PDS ablehnen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, der letzte Beitrag hat mich doch ein bisschen nachdenklich gemacht,
es geht um Menschenschicksale und es geht um unsere Verantwortung für Menschen, die hier in diesem Land sind und wo wir entscheiden: Können wir jemanden wieder zurückschicken in seine „Heimat“ und hat er dort menschenwürdige Bedingungen? Das ist die Frage, der wir uns unter humanitären Aspekten stellen müssen.
Ich will noch mal kurz darauf eingehen - Frau Berninger hat ja sehr viel dazu gesagt -, es geht nicht nur um Paragraphen, sondern es stehen Menschen dahinter. Und gerade in dem Fall, was Togo angeht, steht speziell auch ein Schicksal uns vor Augen, um das im Moment gerungen und auch diskutiert wird.
Was wollen wir mit diesem Antrag? Ich sage „wir“, weil wir den Antrag der Linkspartei.PDS-Fraktion unterstützen werden. Unter Punkt 2 wird die Landesregierung aufgefordert, in Anwendung des § 60 a des Aufenthaltsgesetzes mit sofortiger Wirkung eine sechsmonatige Aussetzung der Abschiebung von Migrantinnen und Migranten in die Republik Togo zu erlassen.
Ja, das ist nicht zu viel verlangt, Herr Innenminister, eine solche humanitäre Entscheidung unter den Aspekten, dass wir alle wissen - Frau Berninger hat zwar gesagt, dass wir natürlich alle aufgefordert sind, die Situationen in den Ländern vor Ort zu verändern durch eine vernünftige Entwicklungspolitik, die im Übrigen die Kollegin Heidemarie Wieczorek-Zeul aus meiner Sicht schon sehr wohl im Auge hat und auch sehr gut unterstützt -, aber sehr wohl müssen wir auch alle wissen, dass es uns sicherlich nicht gelingt, in allen Ländern vor Ort vernünftige humanitäre, menschliche Bedingungen zu erreichen. Umso wich
tiger ist die Verantwortung, zu schauen, wie wir mit den Menschen hier bei uns umgehen. Insofern, Herr Innenminister, die Bitte, ja, die Aufforderung, sich genau um diesen Punkt zu kümmern und entsprechend zu entscheiden.
Und der 3. Punkt: Die Landesregierung wird aufgefordert, sich bei der nächsten Innenministerkonferenz für einen bundesweiten Abschiebestopp nach Togo einzusetzen. Auch hier, ja, solange die Situation vor Ort immer noch mit Zweifeln zu betrachten ist, dann muss man im Zweifel für den Betroffenen entscheiden unter humanitären Aspekten.
Ich will mal etwas schildern, auch wenn es mir schwer fällt, wenn man diesen einen Fall vor Augen hat. Insbesondere dann, wenn sich ein Mensch, der traumatische Erlebnisse hatte, weil er Folter erleben musste, und sich dann einigermaßen eingefunden hat in einem Land, in einer neuen Heimat, dann damit beschäftigen muss, eventuell wieder dorthin zurückzugehen, wo er gefoltert wurde, und er auch persönliche gesundheitliche Schäden heute noch ertragen muss, glaube ich, ist das schon ein Problem. Ich will hier keinen Namen nennen, aber nur mal ganz kurz schildern, was Folter oder was Demütigung letztendlich für einen Menschen bedeutet. Ich will ganz kurz einige Beispiele nennen. Während der Haft kam es dann zu verschiedenen Akten physischer und psychischer Gewalt, Demütigungen, Erniedrigungen, Beschimpfungen gegen ihn. Er wurde gezwungen, ca. sechs Stunden direkt in die grelle Sonne zu schauen. Mit großer Wahrscheinlichkeit hat dies zu einer noch bestehenden Augenschädigung geführt. Bei Regen musste er mit den Zähnen Pflanzen aus der Erde ziehen, ca. drei Stunden lang unter Bewachung. Anschließend versuchte man, ihn an den Füßen an eine Mauer zu hängen. Als er von dort immer herunter fiel, weil ihm die Kraft fehlte, wurde er dazu gezwungen, sich niederzuknien und wie Jesus seine Arme auszubreiten. Diese wurden dann mit Steinen beschwert; zuvor wurde er nach seiner Religion gefragt. Währenddessen machten sich Soldaten über ihn lustig und verhöhnten ihn bzw. seine Religion. Wenn seine Arme vor Erschöpfung einknickten, bekam er Schläge auf die unteren Armseiten. Als das Schlimmste aller Erlebnisse während der Haft schilderte er Schläge mit Rotglühenden heißen Eisendrähten auf die Unterarme. Auch unter international anerkannten Aspekten waren diese Kriterien als Folter während der Haftzeit anerkannt und es war auch anerkannt, dass dies zu traumatisierenden Erlebnissen führt. Wenn wir als Deutsche, wenn wir als Menschen, die stolz darauf waren, während eines großen Events zu sagen „Zu Gast bei Freunden!“, dann müssen wir in solchen schwierigen Situationen sagen: „Zu Hause bei Freunden“ und müssen die
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Frau Berninger, ich schätze es immer, wenn junge Leute engagiert auftreten, ihre Meinung darstellen, und ich muss sagen, das klang ja alles einigermaßen schlüssig. Was nicht schlüssig war, ist, dass Sie hier z.B. einen Satz einfügten, dass die deutsche Botschaft nicht nachweisen kann, also sie soll nachweisen, dass es den Menschen dort gut geht. Also das ist ja wohl wirklich nicht zu glauben. Es muss jemand sagen, was ihm droht, was ihm geschehen ist, wenn er sich als Asylbewerber hier meldet, und muss das schildern. Das heißt, der Nachweis trifft denjenigen, dass er - der sich darauf beruft - verfolgt wird, und nicht umgekehrt. Ansonsten würden Sie tatsächlich die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland und auch der Europäischen Union weit öffnen. Es gibt ja Leute, die sagen, dass Rotgrün vorhatte, mit ihrer Politik das Staatsvolk auszuwechseln auf Dauer.
Aber man muss sagen: Wenn man diese Gedankenfolgen sich anschaut, dass das Auswärtige Amt das nachweisen soll, finde ich das eigentlich unglaublich.
Wir hatten im Februar 2005 in Togo den Tod des Staatspräsidenten Gnassingbé. Danach kam es zu Unruhen. Das war in dieser Zeit eine Situation, wo auch Warnungen kamen seitens des Auswärtigen Amts. Mittlerweile hat sich die Situation beruhigt. Frau Pelke, ich schätze Sie sehr, aber ich glaube, Sie unterliegen hier einer Fehlinformation bzw. einer nicht hinreichenden Information. Schaut man sich den Erlass des Innenministeriums von Mecklenburg-Vorpommern an die Landkreise, kreisfreien Städte, Oberbürgermeister vom 11.04.2006 an, fällt zum einen auf, dass er nicht vom Innenminister persönlich gezeichnet ist, sondern von einer Mitarbeiterin.
Des Weiteren steht dann - das ist Ihnen entweder entgangen oder es liegt Ihnen nicht vor -, es wird hier ausgesprochen aus humanitären Gründen eine Aussetzung der Vollstreckung für die Dauer von sechs Monaten. Sehr interessant dabei ist - und das zeigt auch, dass eigentlich diese Situation, die angeblich in Togo besteht, nicht sehr ernst genommen wird -, diese Anordnung findet keine Anwendung auf Personen, bei denen eine vollziehbare Abschiebungsanordnung nach § 58 a Aufenthaltsgesetz erlassen worden ist, Ausweisungsgründe nach §§ 53, 54, 55 etc. vorliegen oder die wegen einer im Bundesgebiet begangenen Straftat verurteilt worden sind. Geldstrafen von bis zu 50 Tagessätzen können außer Betracht bleiben. Solche Verfügungen kann ich auch machen, die im Grunde genommen alle Ausnahmen enthält, und dann setze ich ein politisches Signal und es passiert nichts. Das ist doch Theater, das ist doch Show.