Protokoll der Sitzung vom 29.09.2006

Zu Frage 3: Die Fahrtkosten werden vom zuständigen Sozialhilfeträger unter Beachtung des SGB XII übernommen, wenn sie in Verbindung mit behinderungsbedingten Mehrkosten gemäß § 18 Abs. 7 Thüringer Kindertagesstättengesetz entstehen. Sofern die Übernahme der Fahrtkosten hier abgelehnt wird, könnten Ansprüche ggf. im Rahmen der Gewährung von Sozialhilfe geprüft werden.

Zu Frage 4: Bei der Kalkulation der Vergütung wird in der Regel ein Auslastungsgrad von 95 Prozent angesetzt. Das bedeutet, die Kosten der Einrichtung sind bei einer Auslastung von 95 Prozent gedeckt. Berücksichtigt man dabei, dass bis zu 50 Tage Abwesenheit noch keine Auswirkung auf die Auslastung haben, so können die Fehltage über die kalkulierte Auslastung von 95 Prozent finanziert werden. Erst wenn ein Kind unter 187,5 Tage im Jahr anwesend ist, hat dies Auswirkungen auf die Einnahmen der Einrichtung. Allerdings nur bei einer größeren Anzahl von Kindern, die unter 187,5 Tage im Jahr anwesend sind, entsteht ein finanzielles Risiko für die Einrichtung. Sofern die tatsächliche Auslastung über 95 Prozent ist, kann der Einrichtungsträger bereits Rücklagen erwirtschaften.

Es gibt keine weiteren Nachfragen dazu. Dann rufe ich als Nächstes die Frage des Herrn Abgeordneten Schwäblein in der Drucksache 4/2313 auf.

Verkauf von Schloss Hummelshain

Anfang September wurde vom Denkmalverbund Thüringen dem Eigentümer des Schlosses Hummelshain durch die Verleihung des "Schwarzen Schafes der Denkmalpflege" eine offenkundig hochverdiente Auszeichnung zuteil, weil er seiner Verantwortung nicht gerecht werde. In diesem Zusammenhang wurde öffentlich das Gerücht verbreitet, dass er "den Kaufpreis für die von der LEG erworbene Immobilie nicht bezahlt" habe. Ein Pressesprecher der LEG wird diesbezüglich dahin gehend zitiert, dass "bei Vertragsabschluss Stillschweigen über die Kaufsumme und die Zahlungsabwicklung vereinbart worden sei". Das stammt jeweils aus der Ostthüringer Zeitung vom 5. September 2006.

Ich frage daher die Landesregierung:

1. Kann die Landesregierung bestätigen, dass der Käufer bislang gegenüber der LEG seinen vertragsgemäßen Verpflichtungen nachgekommen ist?

2. Falls nein: Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die LEG im Allgemeinen oder zumindest in diesem besonderen Fall auf die Zahlung von vereinbarten Kaufpreisen verzichten kann, und wie beurteilt sie im Blick auf das Vertragsverhalten des Käufers die sich daraus eventuell ergebenden Konsequenzen bis hin zu einer Rückabwicklung des Verkaufs?

Für die Landesregierung antwortet Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, für die Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Jörg Schwäblein.

Zu Frage 1: Nein.

Zu Frage 2: Die LEG verzichtet vergleichbar mit anderen Marktteilnehmern üblicherweise nicht ohne Weiteres auf die Zahlung vereinbarter Kaufpreise. Vielmehr prüft sie bei noch nicht vollständig erfüllten Kaufverträgen - wie vorliegend - sorgsam unter Beachtung sämtlicher wirtschaftlicher und rechtlicher Gesichtspunkte alle Möglichkeiten der Vertragserfüllung oder anderweitiger Maßnahmen bis hin zur Rückabwicklung eines Kaufvertrags zur Wahrung ihrer Interessen. Aufgrund ihrer besonderen Stellung als Landesgesellschaft berücksichtigt sie hierbei regelmäßig auch etwaige öffentlichkeitswirksame Außenwirkung. Eine Rückabwicklung des Kaufvertrags Schloss Hummelshain ist derzeit nicht vorgesehen.

Es gibt eine Nachfrage. Bitte, Herr Abgeordneter Schwäblein.

Sehr geehrter Herr Minister, wann ist denn nun mit der vollständigen Bezahlung der Kaufsumme zu rechnen?

Sehr geehrter Herr Schwäblein, das kann ich nicht beantworten.

Zweite Nachfrage: Wie lange reicht dann der Langmut der LEG? Soweit mir bekannt ist, hat sie wohl auch kein Geld zu verschenken.

Sehr geehrter Herr Schwäblein, es handelt sich hier um ein privatrechtliches Kaufvertragsverhältnis zwischen der LEG und einem Käufer. Ich kann Ihnen keine Auskunft darüber geben, welche Maßnahmen die LEG zu irgendeinem Zeitpunkt denkt einzuleiten, um den Kaufpreis einzutreiben.

Weitere Nachfragen aus der Mitte des Hauses gibt es nicht. Doch, Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Wenn ich die Antwort jetzt richtig einordne, bleibt aber trotzdem die Frage, das Ministerium hat die Aufsicht über die LEG: Inwieweit wird da auf die Vorgehensweise Einfluss genommen bzw. die Rechtsaufsicht wahrgenommen?

Auf den Abschluss von Verträgen, die nicht genehmigungspflichtig im Aufsichtsrat oder der Gesellschafterversammlung sind, hat das Wirtschaftsministerium im Nachgang keinen Einfluss. Im Übrigen weise ich darauf hin, dass der Haushalts- und Finanzausschuss am 15.12.2003 den Verkauf von Schloss Hummelshain ausdrücklich genehmigt hat.

Es gibt nun keine weiteren Nachfragen. Ich rufe als Nächstes die Anfrage der Frau Abgeordneten Dr. Scheringer-Wright auf in der Drucksache 4/2315.

Gentechnisch veränderter Reis in Thüringen?

Pressemitteilungen zufolge sei auch in Thüringen gentechnisch veränderter Reis in Supermärkten zum Verkauf angeboten worden (so u.a. in der Südthü- ringer Zeitung vom 14. September 2006). Die Funde würden auf Untersuchungen eines unabhängigen Labors im Auftrag von Greenpeace zurückgehen und offenbaren, dass der Verdacht auf die Verwendung einer in Europa nicht zugelassenen Reissorte namens "LL Rice 601" begründet ist. In der Landeswelle Thüringen war zu hören, dass Aldi Nord eine Rückrufaktion für das Produkt ausgelöst hatte.

Ich frage die Landesregierung:

1. In wie vielen Fällen ist in Thüringen gentechnisch veränderter Reis im Handel entdeckt worden?

2. Welche Untersuchungsergebnisse bezüglich der genommenen Proben liegen dazu vor?

3. Welche konkreten Verdachtsmomente haben die Kontrollbehörden in Thüringen jeweils dazu bewogen, die Waren aus den Regalen zu entfernen?

4. Wie wird die Landesregierung künftig generell mit der Überprüfung von Lebensmitteln auf gentechnische Verunreinigungen umgehen?

Für die Landesregierung antwortet Staatssekretär Illert.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, namens der Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Bisher wurde bei zwei in Thüringen entnommenen Lebensmittelproben ein sicherer Nachweis für das Vorhandensein von gentechnisch verändertem Reis erbracht. Die Gutachten dazu liegen erst seit gestern Abend vor.

Zu Frage 2: In Thüringen wurden 42 Proben von Reis und Reiserzeugnissen entnommen. Die bisher vorliegenden 26 Untersuchungsergebnisse ergaben in zwei Fällen einen positiven Befund. Es handelt sich um eine Probe Reisnudeln aus China, die den gentechnisch veränderten Reis BT 63 enthält, und eine Probe Reis, in der die aus den USA stammende gentechnisch veränderte Reissorte LL 601 nachgewiesen wurde. Das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt veranlasst die Sicherstellung der Ware.

Zu Frage 3: Auf den Nachweis von in der EU nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Reis haben die betroffenen Unternehmen jeweils mit einem firmeneigenen Rückruf reagiert. Die Untersuchungsergebnisse sind in das Schnellwarnsystem der Europäischen Union eingestellt worden. Die Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsämter wurden über die vorliegenden Beanstandungen informiert und damit beauftragt, den ordnungsgemäßen Verlauf der Rückrufaktion zu überwachen. Mit Stand vom 26. September dieses Jahres lagen 23 positive amtliche Untersuchungsbefunde aus verschiedenen Ländern vor. Danach stammten zwei Beanstandungen aus Sachsen-Anhalt, sechs aus Rheinland-Pfalz, sieben aus Hessen, sechs Beanstandungen aus Baden-Württemberg und die zwei genannten aus Thüringen.

Zu Frage 4: Die Untersuchung von Lebensmitteln auf das Vorhandensein gentechnisch veränderter Bestandteile gehört seit einigen Jahren zum Standarduntersuchungsprogramm des Thüringer Landesamts für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz. Jährlich werden ca. 290 Lebensmittelproben auf das Vorhandensein von gentechnisch veränderten Bestandteilen untersucht. Mit der Fertigstellung

des zweiten Bauabschnitts des genannten Amts in Bad Langensalza Ende 2007 wird an diesem Standort ein neu ausgestattetes Labor übergeben, das verbesserte Voraussetzungen für die Untersuchung von Lebensmitteln auf den Gehalt an gentechnisch veränderten Organismen bieten wird. Weiterhin besteht im Rahmen der Länderkooperation mit Sachsen-Anhalt und Sachsen eine intensive Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Analytik gentechnischer Veränderungen.

Es gibt Nachfragen. Bitte, Frau Abgeordnete Scheringer-Wright.

Was war die Veranlassung dafür, bei Reisprodukten Kontrollen durchzuführen? Waren das Routinekontrollen oder gab es Hinweise?

Nach meiner Kenntnis waren das Routinekontrollen.

Es gibt keine weiteren Nachfragen. Ich rufe nun die Anfrage des Abgeordneten Blechschmidt in der Drucksache 4/2299 auf.

„Prozesskostenhilfebegrenzung“ - Rechtswegverweigerung durch die Hintertür?

Zurzeit liegt ein Gesetzentwurf des Bundesrates zur Begrenzung der Aufwendungen für Prozesskostenhilfe im Bundestag zur Entscheidung. Es ist geplant, dass in jedem Fall eine Art „Selbstbeteiligung“ von 50 € am Verfahren zu leisten ist. Hinzu kommen die Absenkung der Freibeträge und die Aufhebung der Ratenobergrenzen im Rahmen der Prüfung des Prozesskostenhilfe(PKH)-Anspruchs. Gleichzeitig soll durch Änderung des Sozialgerichtsgesetzes eine Art „Pauschalgebühr“ in Höhe von 75 € für Kläger in sozialgerichtlichen Verfahren eingeführt werden. Diese würde dann für Versicherte in den einzelnen Sozialversicherungszweigen und auch für potenziell Leistungsberechtigte (z. B. ALG II, Sozialhilfe) gelten. Damit droht nach Ansicht des Fragestellers für viele gerade sozial schwächere Rechtsuchende der faktische Entzug der Rechtsweggarantie.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie viele PKH-Berechtigte mit einem Einkommen unterhalb der Pfändungsfreigrenze waren in den letzten drei Jahren in Thüringen an Gerichtsverfahren beteiligt und wie viele Berechtigte davon waren Bezieher von ALG II- bzw. Sozialhilfe-Leistungen?

2. Wie haben sich die Ausgaben und Einnahmen im Bereich der Prozesskostenhilfe in den letzten drei Jahren in Thüringen entwickelt und welche Gründe hierfür kann die Landesregierung benennen?

3. Wie bewertet die Landesregierung die vorgesehenen „Bearbeitungsgebühren“, die Absenkung der Freibeträge und die Aufhebung der Ratenobergrenzen, insbesondere im Hinblick auf die in Grundgesetz und Landesverfassung verankerte Rechtsweggarantie und auf die zukünftige Ausgestaltung des Personenkreises mit PKH-Anspruch?

4. Welchen Zusammenhang sieht die Landesregierung zwischen der Kostenentwicklung im Bereich der Prozesskostenhilfe und den Rechtsänderungen im Bereich des Sozialrechts sowie den steigenden Gerichts- und Anwaltsgebühren und der zunehmenden Verschlechterung der finanziellen Situation weiter Bevölkerungskreise?

Für die Landesregierung antwortet Minister Schliemann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für die Landesregierung beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Blechschmidt wie folgt:

Zunächst eine Vorbemerkung - man kann es nicht oft genug wiederholen: Jedermann steht der Rechtsweg offen. Können Rechtsuchende die nötigen Prozesskosten nicht aufbringen, steht ihnen Prozesskostenhilfe zur Verfügung. Seit deren Einführung Ende der 70er-Jahre in den alten Bundesländern und für uns seit der Wiedervereinigung in den jungen Ländern sind die Haushaltsausgaben für die Prozesskostenhilfe - das ist der Sache nach eine Sozialhilfeleistung in besonderen Lebenslagen - außerordentlich gestiegen. Diese Haushaltslast muss angesichts der bestehenden Haushaltslage in allen Bundesländern begrenzt werden, ohne den Anspruch auf Prozesskostenhilfe übermäßig zu beschränken. Daher haben die Länder eine Gesetzesinitiative zur Begrenzung der Prozesskostenhilfe über den Bundesrat in den Bundestag eingebracht. Die Maßnahmen zur Begrenzung der Aufwendungen für die Pro

zesskostenhilfe setzen nach dem Gesetzentwurf des Bundesrates dort an, wo die Bewilligungsvoraussetzungen der Prozesskostenhilfe, die Bestimmungen über die Eigenbeteiligung der bedürftigen Partei oder die Vorschriften über das Verfahren zu solchen staatlichen Aufwendungen führen, die verfassungsrechtlich nicht geboten sind.

Nun zu den einzelnen Fragen.