Protokoll der Sitzung vom 20.10.2006

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich denke, es würde insgesamt der Kaufkraft und der Binnennachfrage auch im Land Thüringen gut tun, wenn durch mehr Lohn, mehr Geld in der Tasche eben auch eine andere Konsumtion möglich ist. Für den Einzelnen ist das natürlich besonders gut.

Ein weiterer Fakt: Seit 1999 hat sich der Abstand in der Entlohnung zwischen Männern und Frauen in Thüringen vergrößert. Im produzierenden Gewerbe liegen die Löhne der Frauen bei weniger als 80 Prozent von dem, was ihre männlichen Kollegen erhalten. Ich muss dazu mal sagen: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit gilt doch noch? Das hat was mit dem Verfassungsgrundsatz der Gleichheit zu tun!

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mal abgesehen davon - und das wollen wir an der Stelle auch nicht vergessen -, dass die Ostlöhne immer noch nur bei 71 Prozent der Westlöhne liegen.

Langzeitarbeitslose Frauen haben es besonders schwer, das ist hier mehrfach gesagt worden. Ihre Chance, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden, ist außerordentlich gering. Das schafft innerhalb von drei Monaten nur eine von 12 langzeitarbeitslosen Frauen. Fast die Hälfte sucht länger als 18 Monate eine neue Stelle. Das Ergebnis davon ist bekannt. Sie landen überdurchschnittlich in Hartz IV mit all den bekannten Folgen.

Besonders schwer haben es schwerbehinderte Frauen, die arbeitslos sind oder die arbeiten möchten. Von den 7.500 schwerbehinderten Arbeitslosen, die es im Land Thüringen insgesamt gibt, kann man leider die Frauenzahl nicht nennen, weil das doch die Statistik und die Landesregierung nicht interessiert. Mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II erhalten viele arbeitslose Frauen gar keine Ersatzleistung mehr. Ich bin meinem Kollegen Pilger sehr dankbar, der hat ja in eindringlichen Worten noch einmal dargelegt, wie viele Frauen vom Arbeitsmarkt und vom regulären Bezug aus Leistungen verdrängt wurden. Die sind ja nicht im Nirvana untergegangen, die sind noch da und viele wollen arbeiten. Ich gebe Ihnen auch Recht, dass viele Frauen sagen: „Hauptsache mein Mann hat Arbeit. Ich komme schon irgendwie klar und wir müssen halt sehen, wie es wird.“ Aber viele Frauen machen deutlich, dass ein eigenes Einkommen ganz wesentlich für Selbstbestimmung und einen Wert von Freiheit ist. Das sollte man hier an dieser Stelle nicht vergessen. Gerade die Nichtleistungsbezieherinnen haben zugenommen und es sind bei Weitem nicht nur Ältere betroffen. Ich hatte neulich Kontakt mit einer jungen Frau. Ich will Ihnen das sagen, 21 Jahre, fünf Jahre nach abgeschlossener Schulausbildung gelernt - sie ist Altenpflegerin und Heilpflegerin. Ehrlicherweise ist sie zu ihrem Liebsten gezogen, weil sie eine Familie gründen wollen. Er hat eine Arbeit, sie ist Nichtleistungsbezieherin, kein Arbeitslosengeld II, sie darf sich jedes Vierteljahr mal bei der BA melden. Da sagen sie im Kundenkreis: Nach dem SGB III haben Sie natürlich rechtlichen Anspruch auf alle Vermittlungsleistungen. Nur in Realität funktioniert es nicht, weil die ja erst einmal mit denen fertig werden müssen, die im Leistungsbezug der BA stehen. Ja, was soll ich denn der jungen Frau sagen? Soll ich sagen: „Bekommen Sie am besten ein paar Kinder oder Sie gehen gleich in den Westen?“ Meine Damen und Herren, so geht das nicht und das muss man hier einfach einmal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Abwanderung: Täglich wandern aus Thüringen 32 Menschen ab. Das ist weniger geworden. Herr Minister, das muss man auch sagen, aber es sind eben überdurchschnittlich viele junge und gut ausgebildete Frauen dabei, wenn sie nicht schon vor der Ausbildung weggehen. Sie haben gesagt, das ist alles nicht so, mit der Altersgruppe der 25- bis 35Jähringen haben wir ein Problem. Ich will Ihnen einmal sagen, auf 1.000 Männer in dieser Altersgruppe in Thüringen kommen noch 838 Frauen. Das ist unnormal. Diese jungen Frauen werden nicht nur mit ihrer Kreativität und Leistungsfähigkeit und mit ihrer guten Ausbildung hier im Land Thüringen fehlen, die fehlen ja nach Ihrer Rechnung, und das teile ich auch, natürlich auch in dem Alter, wo sie Familien

gründen und Kinder bekommen. Ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld II, ich will darauf noch einmal zurückkommen, fallen natürlich auch die Förderleistungen des SGB II weg und das ist besonders für die älteren Langzeitarbeitslosen über 55 sehr bitter, weil die keine Chance mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Es ist ja hier auch von Herrn Günther gesagt worden, ich glaube, das so verstanden zu haben, dass man wirklich einmal schauen muss, wie eventuell durch sinnvolle Maßnahmen öffentlich finanzierter Beschäftigung Möglichkeiten geschaffen werden, dass sie auch noch Arbeit bekommen. Welche Bemühungen es dort gibt, gerade auch Chancengleichheit in diesem Bereich zu sichern, das zeigt ja auch, dass es die Beauftragten für Chancengleichheit in der Bundesagentur für Arbeit noch gibt. Ich sage bewusst „noch“, weil daran auch gedreht werden soll. Das ist aber nicht unser Ding hier. Aber bei den ARGEn, meine Damen und Herren, das muss man auch einmal sagen, sind diese Beauftragten für Chancengleichheit schon gar nicht mehr da. Dort ist es also eher weniger ein Thema. Ich glaube, das sollte man noch stärker hineintragen. Der Übergang in Rente, auch darüber wurde gesprochen, erfolgt bei Frauen inzwischen fast regelmäßig über Arbeitslosigkeit. Die Erwerbsquote der über 60-jährigen Frauen beträgt in Thüringen lediglich 13,5 Prozent. Wegen geringer beziehungsweise ausgefallener Rentensteigerung und zunehmender finanzieller Belastungen muss die ältere Frauengeneration in Thüringen seit Jahren beträchtliche Realeinkommensverluste hinnehmen. Altersarmut ist vorprogrammiert und da die Frauen dann immer noch länger leben als die Männer, weil sie ein bisschen zäher sind und das in ihren Genen auch haben, wird das also besonders tragisch. Mindestens 40.000 alleinerziehende Familien, der überwiegend größere Teil sind alleinerziehende Frauen, müssen mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 1.300 € auskommen. 17.000 dieser alleinerziehenden Familien stehen sogar weniger als 900 € im Monat zur Verfügung und das ist Armut.

Unser Fazit: Die Politik der Landesregierung lässt derzeit nicht erkennen, dass sie dieses Problem richtig erkannt hat - wird ja auch ein bisschen abgewiegelt - und dass es keine dementsprechenden Konzepte gibt, um entgegenzuwirken. Auf dem Arbeitsmarkt gibt es trotz positiver konjunktureller Tendenzen gegenwärtig für die Mehrzahl der betroffenen Frauen kaum eine Chance, zur Existenzsicherung durch Erwerbsarbeit zu kommen. Wer das abstreitet, dem empfehle ich noch mal das statistische Monatsheft von vor zwei Monaten. Dort wurde nämlich noch mal ganz deutlich gesagt, während die Summe der Erwerbslosen sinkt, weil ja auch weniger Personen insgesamt da sind, ist die Frauenarbeitslosenquote gestiegen - und das ist eine Schieflage, die müssen wir zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich muss Ihnen ganz klar sagen, die Frage, was die Landesregierung unternimmt, um dem negativen Trend zum Abbau von Frauenarbeitsplätzen entgegenzuwirken, Herr Minister, wurde aus meiner Sicht hier nicht ausreichend beantwortet. Sie haben berichtet, aber eigentlich mehr zum Ausdruck gebracht, dass alles nicht so schlimm ist und dass man da nichts Besonderes tun muss. Das betrifft insbesondere auch das Problem der sich ständig verschlechternden Qualität von Frauenarbeitsplätzen und ich sage mal Arbeitszeitgesetz, Arbeitsschutzgesetz. Das sind alles Gesetze, die sind beschlossen und die sind umzusetzen und das kann man auch nicht nur auf die Wirtschaft schieben und sich aus der Verantwortung hier herausstehlen. Dass das Arbeitszeitgesetz z.B. hochbrisant und hochaktuell ist, das zeigt ja unsere gegenwärtige Diskussion zum Ladenöffnungsgesetz, was die CDU-Fraktion hier vorgelegt hat. Wir sagen ganz klar, eine Aushebelung des Arbeitszeitgesetzes darf es hier nicht geben.

Welche Dinge müssen in Angriff genommen werden und worauf beziehen sich unsere Forderungen? Die gehen hauptsächlich in zwei Richtungen. Das ist erstens: Wir erwarten konkrete Maßnahmen der Landesregierung zur Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen für Frauen und für eine bessere Entlohnung. Dazu gehört, Sie haben es angesprochen und eigentlich abgewiegelt, die konsequente Umsetzung des § 22 des Thüringer Gleichstellungsgesetzes. Ein Vergabegesetz, was hier von beiden Oppositionsfraktionen eingebracht wurde, haben Sie mit Ihrer Mehrheit abgelehnt und aus ideologischen Gründen verhindert. Aber aktuell bleibt die Forderung, dass öffentliche Auftraggeber mit dem Abschluss von Verträgen die Chancengleichheit von Frauen und das Diskriminierungsverbot beachten und wirksam beeinflussen müssen. Notwendig ist außerdem die Verbesserung und konsequente Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes für den öffentlichen Dienst. Es wurde hier schon vom gehobenen Dienst gesprochen, ganz aktuell habe ich heute früh eine Zahl gelesen: Eine von zehn Stellen ist von Frauen besetzt, wenn es um die obere Leitungsebene geht. Da will ich mich jetzt beschränken, das ist hier ausführlich diskutiert worden, auch gestern, wir erwarten nach wie vor eine aktive Landesarbeitsmarktpolitik. Die Ausweitung von Ein-Euro-Jobs, die Abdrängung in prekäre Jobs, die Abdrängung in ungewollte Teilzeitarbeit, ich möchte das ausdrücklich betonen, das lehnen wir ab.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Da auch von der Bundesregierung ein selbsttragender Aufschwung in Ostdeutschland auf absehbare Zeit als unrealistisch angesehen wird, kommt dem

Ausbau öffentlich geförderter gemeinwohlorientierter Beschäftigung eine große Bedeutung zu und es ist ja auch niemandem zu vermitteln, dass die ABM erst aus ideologischen Gründen zerschlagen und abgebaut wurden und jetzt im Grunde genommen mühsam wieder aufgebaut werden. Die Beschäftigungsfelder, meine Damen und Herren, die liegen auf der Hand. Ich sage es immer wieder gern, weil wir alle auch von der kommunalen Ebene kommen: In der Kinder- und Jugendarbeit, in soziokulturellen Projekten, im Naturschutz, in der sozialen Beratung und Begleitung, in der Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit und in vielen anderen Fällen gibt es Arbeit genug. Schließlich steht auch die Förderung der Chancengleichheit der Mädchen in der Berufsausbildung sowie bessere Berufsorientierung, Berufsvorbereitung in entsprechenden Bildungs- und Freizeitangeboten ganz vorn. Auch da wissen wir, dass einiges zu tun ist. Mit „FrITZI“ und einem „Girls 'Day“ im Jahr wird das Problem, glaube ich, kaum zu bewältigen sein.

(Zwischenruf Abg. Tasch, CDU: Aber es ist doch ein Anfang.)

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Es ist ein Anfang, da gebe ich Ihnen Recht, Frau Tasch, das ist kein Schlechtreden, das ist ein Anfang. Richtig. Aber da muss man noch ein bisschen mehr tun. Sie machen mal ein Ding, daran halten Sie sich das ganze Jahr fest und sagen, ach, wie gut wir doch sind.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

(Zwischenruf Abg. Wolf, Die Linkspar- tei.PDS: Genau.)

Noch einen Satz zum Operationellen Programm des ESF. Im EFRE, muss ich sagen, ist ja Chancengleichheit gleich gar nicht drin. Das haben wir auch im Ausschuss schon kritisiert und da gibt es ja mittlerweile ein sehr umfangreiches Papier des neu gewählten Landesfrauenrats, auf das ich hier verweisen möchte. Da kann man noch mal einige Akzente entnehmen. Wissen Sie, als vorhin gesagt wurde - ich glaube, Herr Günther war es -, dass auch Anträge fehlen, um die Mittel entsprechend auch für Frauen in ESF-geförderten Projekten zu nutzen, da muss ich natürlich sagen, dass diese Ignoranz, die sich zum Teil heute auch hier widergespiegelt hat, natürlich auf anderen Ebenen ist. Da werden unter Chancengleichheit ganz viele Dinge gepackt und wenn sich halt keine Projekte für Frauen finden, na, dann machen wir keine. Da sortieren wir das Geld um, Hauptsache es wird ausgegeben. Ich denke, deswegen ist es richtig, den Finger draufzulegen und zu sagen: Auch eine spezifische Förderung, auch im neuen Zeitraum des Operationellen Programms, so

wie es anvisiert ist, im Schwerpunkt Chancengleichheit muss weiter untersetzt werden.

(Beifall bei der SPD)

Zweitens und abschließend möchte ich noch die Maßnahmen zur Verbesserung von Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familie nennen. Auch darüber ist hier gesprochen worden. Unsere klare Forderung will ich an dieser Stelle noch einmal bekräftigen. Richten Sie Ihre Politik auf Maßnahmen zum Erhalt und den bedarfsgerechten Ausbau eines wohnortnahen Netzes von Kindertagesstätten, statt wie in Ihrem Familienfördergesetz - und jetzt kommt ja auch noch die Klage dazu - gegen den Willen von vielen, vielen Eltern im Land Thüringen dort mit der Axt dranzugehen und durch entsprechende Kürzungen und ihre Gesetzgebung dafür zu sorgen, dass ein funktionierendes Netz auch deutliche Einschnitte erleben wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Land muss mit geeigneten Mitteln auch Einfluss auf Arbeitszeitregelungen nehmen, um die Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit und Familienarbeit besser zu gewährleisten.

Meine Damen und Herren, hier will ich auch mal ausdrücklich sagen, auch das gilt für Frauen und Männer.

Zum Abschluss möchte ich gern, weil Sie manche Dinge berechtigterweise sicherlich auch anders sehen, Ihnen noch eine Lektüre empfehlen: „Perspektiven finden - wie Langzeitarbeitslose ihr Leben sehen“, gefördert durch das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Arbeit aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds, dankenswerterweise vom Aktivkreis der Generationen e.V. in Menteroda - hochinteressant. Ich glaube, das wäre wirklich auch für Sie, da Sie es nun auch schon mal gefördert haben, wichtig, vielleicht doch mal einen Blick reinzuwerfen. Ich habe vieles entnommen, was ich aus meinem Wissen und aus meiner Arbeit auch mit Betroffenen kenne.

Gestatten Sie mir ganz kurz zum Abschluss aus diesem Heft etwas zu zitieren, und zwar einen Bericht von Rosi, 44 Jahre alt, Verkäuferin - gewesen -, Arbeitslosengeld-II-Bezieherin, und sie sagt - Zitat, mit Ihrer Erlaubnis: „Dieses sparsame Leben ist furchtbar. Ich brauche keine Reichtümer. Aber mit einer Bekannten einmal ins Café oder ein Kinobesuch, das ist einfach nicht drin. Eigentlich ist nur zu Hause rumhocken drin. Eine anspruchsvolle Zeitschrift oder gar ein gutes Buch - zu teuer. So ganz ohne geistige Nahrung verblödet man doch mit der Zeit. Aber vielleicht ist das Absicht.“ Ich bin immer noch beim Zitat, bei Rosi. „Wenn wir erst alle dumpf vor uns hinbrüten,

dann begehren wir nicht mehr auf. Dann haben die Politiker endlich das Volk, welches sie wollen. Wie soll das nur noch werden! Ich will nicht in einer solchen Gesellschaft leben. Nur habe ich gar keine Wahl. So wie mir geht es vielen Menschen; die haben einfach Angst vor der Zukunft. Eine Gesellschaft, in der viele Menschen Angst vor der Zukunft haben, das verstößt nach meinem Verständnis gegen den Artikel 1 des Grundgesetzes und darüber sollten Politiker einmal nachdenken.“

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die CDU-Fraktion hat sich Frau Abgeordnete Tasch zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Pilger, ich verwahre mich in aller Schärfe dagegen, dass Sie bei der Zahlung des Erziehungsgelds hier von „Herdprämien“ sprechen. Das ist eine Diskriminierung

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der SPD)

aller Mütter und Frauen in diesem Land. Das ist widerlich. Ich weiß nicht, wie Sie zu Hause mit Ihrer Frau und Ihren Kindern umgehen, ob Sie sagen, dass sind Herdprämien, die da gezahlt werden. So eine Wortwahl! Man kann unterschiedlicher Meinung sein, aber ich bitte darum, hier in Bezug auf Frauen und Männer, die ihre Kinder zu Hause erziehen wollen, nicht davon zu sprechen, dass sie Herdprämien bekommen. Ich habe vorhin dazwischen gerufen: „Ich bin keine Kuh.“ Ich komme nämlich aus der Landwirtschaft, da kann ich mich an „Herdprämien“ und „Herdbücher“ erinnern im Zusammenhang mit Kuhställen, also davor verwahre ich mich in aller Deutlichkeit, Herr Pilger.

Zum anderen: Man kann unterschiedlicher Auffassung zu unserem Thüringer Kindertagesstättengesetz, zur Familienoffensive sein, das ist alles legitim, aber nennen Sie hier doch auch die guten Seiten, gerade was die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht. Durch das neue Thüringer Kindertagesstättengesetz ist der Rechtsanspruch von zweieinhalb Jahren auf zwei Jahre abgesenkt worden. Jede Gemeinde ist verpflichtet, ihren Einwohnern Kindergartenplätze bereitzustellen, und das tun die Gemeinden in hoher Verantwortung mit hohem finanziellem Aufwand und nicht ein Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin in Thüringen will hier sparen.

(Beifall bei der CDU)

Ich bin selbst Bürgermeisterin und ich weiß, wovon ich rede. Nennen Sie doch die guten Seiten, sagen Sie doch, Mütter oder Väter - überwiegend Mütter - können mit dem neuen Kindertagesstättengesetz ihr Kind an den Arbeitsort mitnehmen. Das war vorher nicht möglich

(Beifall bei der CDU)

oder kaum möglich, nur wenn eine Gemeinde großzügig war und gesagt hat, sie sind okay, ich finanziere das. Es war nicht möglich, Betriebskindergärten zu gründen in Vorbereitung an großen Krankenhäusern in Altenburg, in Jena, in Erfurt; oder auch IKEA hier in Erfurt plant dieses. Das sind doch Bausteine zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das muss gesagt werden.

(Beifall bei der CDU)

Herr Pilger, Sie haben auch keine Ahnung von Gender-Mainstreaming, davon haben Sie vielleicht einmal irgendwo gelesen. Das glaube ich Ihnen, das gibt es, dass man sich mit dem Begriff schwer tut, dass man das noch nie gehört hat und dass man das einfach nicht versteht. Die ESF-Mittel des Wirtschaftsministeriums werden genderkonform ausgereicht. Wenn 50 Prozent der Arbeitslosen Frauen sind und 50 Prozent dann Männer oder 49 : 51, dann werden die Mittel genderkonform ausgereicht und für die Langzeitarbeitslosen, was bedauerlich ist, dass die Mehrzahl über 60 Prozent Frauen sind, werden die Programme genderkonform erarbeitet. Dass es manchmal weniger Angebote vonseiten Bildungswerken usw. gibt für dieses, das ist ein Problem, daran wird gearbeitet und da wird auch ganz viel Kraft und Energie darauf verwendet; wir haben es im Gleichstellungsausschuss vor ein paar Wochen gehört, wie schwierig das auch ist, da geeignete Maßnahmen zu organisieren. Ich will hier nichts schönreden, zum Beispiel die Programme, die wir entwickeln. Ein ganz wichtiges Anliegen ist das Berufswahlverhalten von Mädchen. Hier gibt es noch Defizite. Viel zu viele Mädchen wollen immer noch in die zehn klassischen Berufe: Verkäuferin, Kosmetikerin, Floristin, wo nicht viel verdient wird, wo Arbeitszeiten auch schwierig sind, wenn man Kinder hat, es zu vereinbaren. Hier gibt es gute Ansätze. Dass diese noch nicht ausreichen, dass wir da noch mehr machen müssen, dass gerade in der Schule, in der Berufsvorbereitung mehr getan werden muss, dass die Lehrer hier sensibilisiert werden müssen, dass sie die Schüler gut informieren, welche Möglichkeiten es gibt, dass wir hier noch Reserven haben, ist doch unstrittig und daran arbeiten wir ja und wollen uns auch weiterhin engagieren. Aber zu sagen: Ihr macht einmal im Jahr „Girls’ Day“ und das war’s.

Schauen Sie einmal, wie sich der „Girls’ Day“ entwickelt hat. Ich glaube, vier oder fünf Jahre ist es jetzt her, seitdem er sich in Deutschland etabliert hat. Die CDU-Fraktion, die Frauen, waren die ersten, die Patenkinder hierher mitgenommen haben. Seitdem machen wir das jedes Jahr.

(Zwischenruf Abg. Leukefeld, Die Links- partei.PDS: Wir machen das auch.)

Wir waren die Ersten, ihr macht das jetzt auch. Dass der „Girls’ Day“ so auch an Dynamik gewonnen hat, das ist doch unstrittig. Heute wissen schon viele Schulen darüber Bescheid. Vor fünf Jahren waren es kaum Schulen, die ihre Mädchen animiert haben: Macht mit, schaut euch um, informiert euch. Dass sich keine kurzfristigen Erfolge einstellen, dass sich mit einem „Girls’ Day“ heute nicht alles ändert, das wissen wir auch, aber es ist doch ein guter Anfang. Auch der Jobkalender der Landesregierung gehört dazu, ein toller Kalender, der wirklich reißend Absatz findet, wo auf Berufe aufmerksam gemacht wird, die wenige kennen, die noch nicht so bekannt sind. Auch „FrITZI“ ist eine tolle Sache. Dieses ist noch ausbaufähig, muss noch viel mehr in die breite Masse, an die Schülerinnen herangetragen werden, an die Lehrer und Lehrerinnen, dass die die Kinder besser informieren können. Das sind Bausteine, auf die wir setzen. Die Koordinierungsstelle an der TU Ilmenau kennen Sie auch, dieses läuft auch gut. Natürlich ist es noch verbesserungswürdig. Es muss noch mehr unter die Leute gebracht werden. Aber immer zu sagen, die CDU will die Frauen an den Herd, das hat auch schon so einen langen Bart. Die Landesregierung hat nun einmal mehr Männer als Frauen, das wissen wir auch.

(Zwischenruf Abg. Thierbach, Die Links- partei.PDS: Na, dann tun Sie was!)

Wir würden auch mehr Frauen in der Landesregierung begrüßen. Das ist doch unstrittig. Die Landesregierung engagiert sich trotzdem für die Chancengerechtigkeit von Frauen und Männern.

(Beifall bei der CDU)