Protokoll der Sitzung vom 20.10.2006

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren Abgeordneten, Sie haben den Sofortbericht gehört, ich frage: Wer wünscht die Aussprache zum Sofortbericht? Alle drei Fraktionen. Damit eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kummer, Die Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir haben einen Antrag der Fraktion der CDU vorliegen, wo ich sage, er ist schon ein bisschen peinlich. Er ist ein bisschen peinlich, da meine ich nicht die antragstellende Fraktion, er ist ein bisschen peinlich für die Landesregierung, denn die Landesregierung

hat vor Kurzem erst den Umweltbericht herausgegeben, nicht mehr so öffentlich, wie man das früher gemacht hat. Da haben wir eine Einladung dazu bekommen, da ist uns dazu berichtet worden. Hier ist der Umweltbericht. Das ging dieses Mal alles ein bisschen, ich will nicht sagen heimlich, eine Pressekonferenz gab es schon dazu, aber zumindest ging es ein bisschen an den Abgeordneten vorbei. Aber scheinbar haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, die Luftreinhaltestrategie der Landesregierung in diesem Bericht nicht gefunden und da gebe ich zu, nach dem, was Herr Staatssekretär Juckenack hier an Problemen benannt hat, habe ich die Strategie auch nicht gefunden. Deshalb schreiben Sie: „Die Landesregierung wird gebeten, ihre umweltpolitische Strategie im Bereich der Luftreinhaltung vorzustellen.“ Was war jetzt die Strategie, die Ihrem Vortrag zu entnehmen war, Herr Staatssekretär? Wir messen zu viel, wir messen zu genau, deshalb stehen wir im europäischen Raum schlechter da als die anderen. Die EU-Regeln sind nicht praxistauglich, sie sind nicht ausreichend wissenschaftlich untermauert und ansonsten kommen die größten Probleme aus Osteuropa. Die Belastung aus Osteuropa, muss ich ehrlich sagen, würde nach unserer TA Luft hier überhaupt nicht die Bedeutung haben, ich denke bloß an die Geschichte Müllverbrennungsanlage Heringen, wo man Belastungen nur im Umkreis von 3,5 Kilometern nach Schornsteinhöhe x 50 ermittelt und sagt, dahinter gibt es sowieso keine ordentliche Belastung mehr, weil sich das in diesem Bereich dann schon so sehr verteilt, dass das dann nicht mehr die Rolle spielt. Das waren die Probleme, die Sie genannt haben. Das, was als Erreichtes vorgestellt worden ist, ist die Überwindung der früheren Belastung. Sicherlich ist uns die frühere Belastung noch bekannt; ich bin als Kind der Luftqualität meiner Heimatstadt fast zum Opfer gefallen, so etwas vergisst man nicht. Aber trotzdem muss man sich einmal ansehen, dass diese positive Entwicklung, die die Luftqualität genommen hat in den letzten Jahren, nichts ist, worauf man sich ausruhen kann. Wir haben in den letzten Jahren wieder eine Verschlechterung der Luftqualität zu verzeichnen. Das ist ein Punkt, wo wir etwas unternehmen müssen und darum sollte es in diesem Antrag gehen. Wir müssen uns die Frage stellen: Was können wir tun? Nicht uns umsehen, um zu überlegen, was können denn andere tun, sondern wir müssen uns wirklich die Frage stellen: Wo können wir verantwortlich handeln? Das ist das, worum es uns gehen muss. Da brauche ich sicherlich keine neuen Grenzwerte, wo ich nicht weiß, ob es da überhaupt schädliche Stoffe gibt oder nicht, aber, ich muss Grenzwerte in den Bereichen haben, wo ich weiß, das sind Stoffe, die sind gefährlich und wo ich auch konkret etwas dagegen tun kann. Da können wir vielleicht den Parameter Ruß als Grenzwert wieder einführen, wo wir ganz konkrete Handlungsmöglichkeiten haben. Da können wir etwas tun und bei den Emissionen an

setzen, wie es die Landesregierung im Umweltausschuss deutlich gemacht hat. Aber, ich habe eben nichts gehört, Herr Staatssekretär, wo wir die Emissionen deutlich vermindern wollen in der nächsten Zeit. Die Emissionen kommen zum einen Teil aus dem Verkehrsbereich. Da haben Sie gesagt, die Ortsumgehung Erfurt durch die A 71 wird den innerstädtischen Verkehr entlasten. Das ist richtig, damit habe ich vielleicht etwas niedrigere Werte im Bereich Erfurt, aber Sie sind ja auf die globale Dimension eingegangen, und solange wie es unser Hauptansatz im Verkehrsbereich ist, dass wir auf Autobahnen setzen, dass wir auf den motorisierten Individualverkehr setzen,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

dass wir immer noch den Güterverkehr von der Schiene auf die Straße bringen, solange müssen wir uns doch nicht wundern, wenn uns die Parameter der Emissionswerte im Bereich des Verkehrs aus dem Ruder laufen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

All das, was wir in anderen Bereichen gut machen, setzen wir im Verkehr wieder oben drauf. Wenn ich mir dann den Demographiebericht dieser Landesregierung ansehe, die eindeutig sagt, wir wollen eigentlich mehr im Schienenverkehr, wir wollen mehr im ÖPNV, dafür fehlen uns aber die Regionalisierungsmittel und der Bund kürzt sowieso überall und deshalb müssen wir feststellen, dass der einzige Bereich, in dem Verkehr zurückgehen wird in den nächsten Jahren, gerade dort sein wird, und dass wir es mit einer gewaltigen Zunahme des anderen, des Straßenverkehrs, zu tun haben werden. Da muss ich sagen, ich vermisse Ihr Einlenken, Herr Staatssekretär, da vermisse ich eine andere Politik dieser Landesregierung - weg von der Unterstützung des Straßenverkehrs hin zu einem alternativen Verkehrskonzept, das diese Probleme berücksichtigt. Dazu habe ich heute leider nichts gehört.

Und ich vermisse auch ein anderes Handeln, was Emissionen von Anlagen angeht. Und da bin ich wieder - ich meine, Sie haben vorhin von den Salzaerosolen gesprochen, die über hunderte Kilometer Entfernung in der Luft sind - im Bereich Kali + Salz, das kommt dann natürlich prompt, da bin ich wieder bei der Müllverbrennungsanlage Heringen - ich will es ja bloß als ein Beispiel nehmen, sicherlich ein Beispiel von vielen. Hier hatten wir uns die Antragsunterlagen angesehen und erstaunt festgestellt, dass die VorOrt-Belastung in dieser von der Kaliindustrie über 100 Jahre geprägten Region nicht ermittelt worden ist, als es um die Antragstellung ging. Wir hatten besorgt nachgefragt. Uns wurde von der Landesregierung - es gab die Anfrage vom Abgeordneten Kuschel

- gesagt: Es ist normal, dass der Analogieschluss gezogen wird, dass Vergleichswerte für eine solche Region herangezogen werden. Die Behörden der Landesregierung haben sich das auch angesehen und festgestellt, dass sich die Analogie des Vergleichs zwischen Wiesbaden und Heringen für sie ergibt, zwischen Ullrichstein und Heringen, und dem entsprechend wäre an den Daten nicht zu zweifeln. Im Erörterungstermin sind dann zufällig andere, wirklich vor Ort gemessene Werte bekannt geworden, was dann zu einem Schreiben des Ministers an den Thüringer Landtag führte, ich will das einmal kurz vorlesen: „Im Rahmen des zwischenzeitlich beendeten Erörterungstermins in Heringen, Hessen, an dem auch Vertreter des Thüringer Landesverwaltungsamts und des Staatlichen Umweltamts Suhl als im Verfahren beteiligte Behörden teilnahmen, wurde bekannt, dass Messungen zur Vorbelastung durch Schadstoffe im Umfeld der geplanten Anlage durch die Kali + Salz AG durchgeführt wurden.“ - welch ein Wunder. Dieser Sachverhalt war den Antragsunterlagen, die den Thüringer Behörden übergeben worden sind, nicht zu entnehmen. In diesen Antragsunterlagen wurden lediglich Vergleichsdaten aus weiter entfernten Regionen in Hessen als Vorbelastung herangezogen. Im Ergebnis des Erörterungstermins bestehen nunmehr erhebliche Zweifel, dass diese Vergleichswerte für das Umfeld der geplanten Anlage angewendet werden können.

Meine Damen und Herren, ich frage mich, wenn erst zufällig gemessene Werte, die Kali + Salz nicht hätte bekannt geben brauchen, dazu führen, dass einem klar wird, dass die Vor-Ort-Belastung einer Region, die so von Industrie geprägt wurde wie gerade im Bereich Heringen, hätte ermittelt werden müssen, wie weit ist es mit der Vorsorge für Bevölkerung bei diesem behördlichen Handeln. Hier hätte man sich im Vorfeld schon etwas intensiver kümmern und einfach verlangen müssen, dass ein Antragsteller, der so eine Anlage in so einer Region bauen will, auch die entsprechenden Vor-Ort-Untersuchungen durchführt; das hätte sich gehört.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

So muss der Ansatz sein in Zukunft, dass ich die Vorsorge für die Bevölkerung im Auge habe. Das ist Handeln, was auch eine Landesregierung ganz konkret selbst umsetzen kann und das, meine Damen und Herren, erwarte ich von Ihnen. Wir brauchen eine konsequente Vorsorge für die Bevölkerung, das Thema Luftqualität ist wichtig wie auch die anderen Probleme im Umweltbereich, auch wenn man die Umweltschäden heute nicht mehr so deutlich wahrnimmt, dass sie einem jeden Tag vor Augen stehen. Wir sollten nicht vergessen, dass das Erreichte kein Kissen ist, worauf man sich ausruhen kann.

Wir fangen im Landtag in nächster Zeit selbst an, gegen Emissionen etwas zu tun, habe ich gehört. Wir wollen das Rauchen im Thüringer Landtag verbieten. Das ist sicherlich schon ein erster wichtiger Schritt

(Beifall bei der SPD)

auch für unsere eigene Gesundheit, aber es reicht nicht. Wir müssen auch im Land etwas tun gegen Emissionen. Herr Staatssekretär, Sie haben das Thema richtig angesprochen, dass wir uns hauptsächlich gegen die Emissionsquellen wenden müssen, aber dann lassen Sie uns das auch tun. Legen Sie hierfür ein Konzept vor, wie wir in Thüringen verantwortlich handeln. Dafür hätten Sie dann unsere Unterstützung. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat die Abgeordnete Becker, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Anlass für den Antrag der CDU ist offenbar das Anliegen der EU, weitere Minderungen der Schadstoffe im Rahmen ihrer Strategie „Saubere Luft für Europa“ durch neue Luftqualitätsziele bis 2020 festzusetzen. Der Bericht von Herrn Staatssekretär Juckenack hat ja auch bestätigt, dass das die Zielrichtung ist.

Sehr geehrter Herr Kummer, ich glaube, da dürfen wir nicht dieses Kleinklein in Thüringen sehen. Ich glaube, da müssen wir schon auch ein bisschen weiter hinausschauen und nicht nur die Ansätze in Thüringen sehen - auch in Thüringen, aber wichtiger ist für mich und für die SPD-Fraktion, dass wir jetzt die Abstimmungen im Europäischen Parlament nicht unterlaufen und die gesteckten Ziele nicht infrage stellen. Ich glaube, dann würden wir hier der Menschheit einen Bärendienst erweisen, Herr Prof. Dr. Juckenack. Ich hatte das Gefühl, dass es in Ansätzen bei Ihnen und auch bei der CDU-Fraktion so rüberkommt und davor möchte ich doch warnen.

Die Europäische Kommission als auch das Parlament haben sich für Verschärfungen ausgesprochen - und das nicht, weil sie uns was Böses wollen, sondern weil nachgewiesen wurde, dass diese Stoffe schädlich für die Menschen sind und auch die durchschnittliche Lebenserwartung der Menschen um acht Monate - so wird geschätzt - in der ganzen Europäischen Union verkürzt. Das können wir doch nicht wegtun. Da können wir doch nicht so tun, als ob wir diese Grenzwerte in dem Sinne nicht einhalten können und dann reden wir mal darüber und dann pas

sen wir diese Grenzwerte an das an, was wir erreichen können. Das sind doch keine Visionen, das sind doch keine Ziele, die man sich stecken kann. Man kann doch nicht so tun, wenn in den letzten Jahren die Grenzwerte zwar festgelegt waren, aber man hat sie durch Maßnahmen, die eingeleitet wurden, die sprechen wir gar nicht ab, und auch Reaktionen in Thüringen, die getroffen wurden, nicht eingehalten, also reden wir nach fünf Jahren mal über diese Grenzwerte und stellen die infrage. Das kann es doch nicht sein. Da machen wir doch in der Politik irgendetwas falsch und das hat vielleicht auch etwas mit Politikverdrossenheit zu tun. Nein, wir müssen natürlich über diese weiten Ziele reden, weil Sie das auch gesagt haben. Die Verbesserung der Luftqualität kann nicht nur von den Thüringer Straßen ausgehen, aber der Straßenverkehr, auch in Thüringen, hat natürlich viel damit zu tun. Das ist eine Ursache, darauf ist Herr Kummer schon eingegangen. Wir müssen alles in allem nur als Ganzes sehen. Klar, die Luftqualität in Thüringen wird auch durch die SaharaWinde und durch die Meeresgischt beeinflusst, das muss man alles mit einbeziehen, und es gibt Feinstäube oder auch Luftverunreinigungen, die wir nicht beeinflussen können. Darauf ist aber die Europäische Union auch eingegangen und hat sich das noch mal als Grundlage genommen, hat gesehen, was können wir vor Ort selber tun als Land und als Deutschland und was ist nicht beeinflussbar. Das ist gegenübergestellt worden und da haben sie gemerkt, dass nicht alles so geht. Sicherlich sind die Zielwerte oder die Grenzwerte bis 2015 so gesehen vielleicht nicht erreichbar, aber man muss sie sich doch stellen, denn sonst geben wir uns ja jetzt schon auf und zeigen nicht, was möglich ist und was gesundheitsgefährdend ist. Also, Sie wissen, was ich meine. Klar sind die Grenzwerte umstritten, aber wenn wir sie infrage stellen und gerade die Menschen, die im Umweltbereich tätig sind, das halte ich für den falschen Weg. Ich halte das für ganz gefährlich, wenn wir Grenzwerte infrage stellen, nur weil wir sehen, dass wir sie im Moment technisch nicht erreichen können. Sie hatten das, glaube ich, im letzten Teil Ihres Berichts so ein bisschen infrage gestellt, wie deutlich sich das dann in Bezug auf die Menschen und ihre Gesundheit zeigt. Natürlich gibt es da unterschiedliche Zahlen. Ich habe auch noch mal nachgelesen. Die einen sprechen von soundsoviel und die anderen sprechen von soundsoviel Toten durch den Feinstaub. Klar ist doch, dass es durch den Feinstaub Gesundheitsgefährdungen gibt. Das brauchen wir doch gar nicht ad acta zu legen, das ist Tatsache, das ist erwiesen und das hat auch die Europäische Union dazu veranlasst, diese Grenzwerte festzulegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, wir alle tun gut daran, darüber zu reden, wie wir vor Ort diese Grenzwerte auch in Erfurt, in

Jena, in unseren Großstädten herunterfahren. Große Ballungsräume wie Stuttgart, München, Berlin haben wir ja nicht. Aber trotzdem müssen auch wir hier in Thüringen unseren Anteil leisten und etwas dafür tun, dass diese Grenzwerte heruntergefahren werden können.

Sie hatten die französische Autoindustrie angesprochen. Ich habe schon meine Probleme mit dieser deutschen Industrie, die immer Vorreiter spielen will. Bei der Autoindustrie haben sie zehn Jahre verschlafen. Das reicht überhaupt nicht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Sie tun so, als ob das etwas ganz Schlimmes ist, wenn sie Rußfilter bei den Lastkraftwagen einbauen sollen. Wir haben so viel Verkehr auf der Straße und ich glaube nicht, dass die deutsche Industrie nicht dazu in der Lage wäre, dagegen zu wirken. Aber sie tut es nicht. Da braucht man halt Druck auch von der Bundesregierung. Da hätte ich mir auch von der rotgrünen Bundesregierung mehr Druck gewünscht. Das ist nicht passiert, weil die Autolobby in Deutschland scheinbar über der Politik steht, was auch nicht gerade dazu beiträgt, dass die Menschen der Politik mehr zutrauen.

Ich glaube - Sie haben das auch gesagt -, jeder Einzelne kann etwas dazu beitragen, um diese Feinstaubelastungen, die ja die wesentliche Ursache dafür sind, dass Menschen erkranken und auch früher sterben, zu vermindern. Ich glaube, diese Feinstaubregelungen der EU sind ja auch noch sehr jung. Fünf Jahre sind das jetzt, seitdem diese Regelungen in Kraft sind. Wir sollten sie wirklich nicht infrage stellen. Ich glaube, wir brauchen die Gesamtheit der europäischen Politik. Wir brauchen die europäische Luftreinhaltepolitik und wir müssen sie unterstützen. Natürlich müssen wir auch kritisch damit umgehen, wenn es in Bereichen Vorgaben gibt, die nicht realistisch sind. Das sehe ich auch so. Aber ich habe das Gefühl auch schon im Umweltausschuss gehabt, dass die CDU-Fraktion und Sie dabei sind, sie infrage zu stellen. Davor wollte ich nur als SPD-Fraktion warnen, weil uns das nicht weiterbringt. Wir müssen damit umgehen. Wir müssen das akzeptieren und ich glaube, die Kommission und das Parlament haben jetzt einen Weg gefunden, gemeinsam die Richtlinie zu gehen. Sie haben auch schon gesehen, dass die Ursachen nicht nur beim Verkehr zu suchen sind, aber die Hauptursachen liegen beim Verkehr in Thüringen. Da brauchen wir nicht drumherum zu reden. Aber auch der Feinstaub - das hatte ich auch schon gesagt - aus der Sahara oder von der Landwirtschaft, der geht ja nicht weg, der ist ja immer da. Mit dem müssen wir umgehen. Aber, wie gesagt, bitte nicht die Grenzwerte infrage stellen. Die Strategie, wie wir das machen könnten, ist natürlich von der Lan

desregierung in den letzten Jahren nie vorgegeben worden. Sie hat reagiert und das Landesamt für Umwelt in Jena macht die Luftreinhaltepläne und die Städte arbeiten damit, aber eine Strategie und ein Vorgehen der Landesregierung fehlen da natürlich. Wir reagieren immer nur auf Vorgaben der EU und auf Grenzwerte und wie wir sie einhalten können. Da ist mir das egal, ob in Italien oder Frankreich weniger gemessen wird oder ob die Stationen in Frankreich 30 km vor Paris stehen. Wir leben in Deutschland, wir leben in Thüringen. Wir müssen das für unsere Menschen in Thüringen tun, was wichtig ist in Thüringen. Da schaue ich nicht woandershin, wo das nicht eingehalten werden kann.

(Zwischenruf Abg. Krauße, CDU: Ein Blödsinn.)

Nein, Herr Krauße, das ist mir egal, ob das in Italien im Moment eingehalten wird. Wir sind für die Thüringer zuständig. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass in Thüringen die Grenzwerte eingehalten werden können.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Die Gesamtstrategie der Europäischen Union sehe ich schon. Es nützt uns nichts, wenn die Feinstaubbelastungen in Italien und Frankreich weiter so hoch sind und sie nicht gemessen werden. Da müssen wir das aber im politischen Ganzen sehen und dann auch auf der europäischen Ebene darauf hinwirken und nicht deren Grenzwerte infrage stellen. Ich halte das für fatal und bitte Sie, das auch nochmals zu überdenken. Den Weg, den die Europäische Kommission gemeinsam mit dem Parlament jetzt eingeschlagen hat, können wir doch sicherlich alle mitgehen, auch wenn es meiner Meinung nach schon noch kritische Punkte gibt, die man diskutieren kann, aber nicht grundsätzlich das infrage stellen. Darum möchte ich Sie bitten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS, SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Krauße, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Becker, Sie hatten ja ganz gut angefangen, aber zuletzt wurde es doch etwas hanebüchen. Ihnen ist egal, was in Frankreich passiert ist, Ihnen ist es egal, was in Italien passiert. Sie interessiert nicht, was um uns herum passiert, Sie interessiert nur, was in Thüringen passiert. Sie möchten aus Thüringen einen Reinstraum machen, da müssen

Sie aber eine Glocke darüber packen und dafür sorgen, dass es keinerlei Luftbewegung und keinen Austausch mit anderen Gegenden und Landschaften allein schon in Deutschland gibt. Was Sie erzählen, ist blanker Unsinn.

(Zwischenruf Abg. Doht, SPD: Das hat sie so gar nicht gesagt.)

An dieser Stelle danke ich zunächst der Landesregierung für ihren Bericht.

(Unruhe bei der SPD)

Ich danke insbesondere Herrn Minister Dr. Sklenar, und zwar für seine engagierte Rede gestern zum Verbraucherschutz,

(Beifall bei der CDU)

(Unruhe bei der SPD)

denn das hat uns erst ermöglicht, an dieser herausragenden Stelle das Umweltthema „Luftreinhaltung“ zu behandeln.

(Beifall bei der CDU)

Die Geschichte der Luftreinhaltung in der DDR, das hat Herr Prof. Dr. Juckenack ja schon gesagt, und wenn ich an Städte wie Greiz und Berga denke in dieser Witterungslage, wenn man vom Berg oben heruntergeschaut hat, hat man nichts gesehen außer einem grauen Kessel. Wenn man durch Unterwellenborn gefahren ist, weiß jeder noch, wie die Häuser ausgesehen haben, und da nenne ich nur die Thüringer Beispiele. Ich rede hier nicht von den Großkraftwerken Boxberg, Lübbenau, Vetschau. Ich rede nicht von dem Chemiedreieck Wolfen, Bitterfeld und Schkopau. Der Geruch, die Sicht, das alles ist jedem, der hier gelebt hat, noch deutlich in Erinnerung. Und wie ist es heute? Wenn heute ein Zweitakter vor einem auf der Straße fährt, da sieht man ihn noch lange nicht, aber man riecht ihn schon. Das heißt, unsere Nasen, unsere Sinne sind doch wieder etwas sensibler geworden. Wer sich einen kleinen Eindruck von der Geschichte verschaffen möchte, der schaue sich im Foyer die Ausstellung an. Das sind nicht nur Wahlplakate, da sind auch Häuser drauf. Da sieht man, wie es nicht nur am mangelnden Putz gelegen hat, sondern auch, welche Ablagerungen an den Häusern stattgefunden haben. Ich kann mich noch sehr gut entsinnen, dass es in der DDR ein Programm gab, um auf das Waldsterben zu reagieren. Das war nicht etwa die Verbesserung der Luft, sondern die Anpflanzung rauchharter Hölzer. Da hat keiner gefragt, wie gehen die Menschen damit um. Da hat keiner gefragt, wie viele Kinder in Kindergärten und Kinderkrippen jedes Jahr wochenlang zu Hause

bleiben mussten, weil sie an Pseudokrupp erkrankten. Da hat kein Mensch danach gefragt, das war alles normal. Sich heute hier hinzustellen und zu behaupten, Thüringen tue zu wenig für die Luftreinhaltung, das halte ich schlicht und ergreifend für infam.

(Beifall bei der CDU)

Das kann so nicht hingenommen werden. Natürlich können wir nicht alles von uns aus regeln. Das ist vollkommen klar. Natürlich gibt es EU-Vorgaben, keine Frage, Frau Becker. Nur bitte ich Sie: Auch von der SPD gibt es im Umweltausschuss beim Europäischen Parlament Mitglieder, bei denen Sie sich einmal kundig machen könnten, bei denen Sie einmal nachfragen könnten, mit denen Sie sich einfach einmal unterhalten könnten, wie es denn gerade in der Frage der Feinstaubrichtlinie weitergeht. Wir tun das regelmäßig.