telfristig möglicherweise noch ein paar Korrekturen vornehmen müssen, ist der Systemwechsel gelungen. Ich könnte mir vorstellen, dass auch das gerade Vorbild für andere Rechtsbereiche sein könnte. Ich bitte am Ende noch einmal darum, diesen Bericht auch im Ausschuss für Bau und Verkehr weiterzuberaten, denn ich glaube schon, dass auch noch etwas Zeit erforderlich ist - zwei oder drei Jahre mindestens -, um dann noch einmal in einer Debatte über dieses und jenes Problem zu reden. Danke schön.
Seitens der Abgeordneten liegen mir nun keine weiteren Redemeldungen vor. Für die Landesregierung hat sich Minister Trautvetter noch einmal zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, herzlichen Dank für diese fachlich fundierte Debatte hier im Thüringer Landtag. Es seien mir ein paar Bemerkungen noch erlaubt.
Die Hauptkritik, die ich gehört habe, ist die Verlagerung der Verantwortung auf den Bauherrn. Nur, meine Damen und Herren, es war auch schon in der alten Bauordnung Pflicht der Bauherren und Planer, ordnungsgemäße, fachlich geprüfte Unterlagen einzureichen. Das hat sich durch die Novelle der Bauordnung nicht geändert, nur die Verfahrensweise war vorher anders, weil in der vorherigen Verfahrensweise vielfach die Verwaltung Aufgaben wahrgenommen hat, Korrekturen vornehmen musste bei den eingereichten Unterlagen, weil nämlich auch nicht ordnungsgemäß vorbereitete Unterlagen eingereicht worden sind. Diesen Systemwechsel haben wir ganz bewusst gestaltet und wir haben auch damals schon gesagt, es wird Probleme geben. Ich finde aber den Systemwechsel richtig, die Verwaltung muss sich auf das beschränken, was auch Verwaltungsaufgabe ist. Dass damit natürlich ein erhöhter Beratungs- oder Kontrollumfang verbunden ist, vor allem in den ersten Jahren Beratungsumfang, auch das haben wir gewusst. Deswegen haben wir ganz bewusst 2005 die Kostenerstattung im übertragenen Wirkungskreis über die Auftragskostenpauschale geändert, nämlich diese Kosten erhöht, weil ja vorher dieser Aufwand im Prinzip durch die Gebühren abgedeckt worden ist, den die Bauverwaltung danach nicht mehr erheben konnte. Ich frage mich auch manchmal, warum Architekten eigentlich eine Haftpflichtversicherung haben müssen.
Natürlich besteht die Gefahr, die ist nicht von der Hand zu weisen, dass dort, wo gebaut wird, wo nicht ordnungsgemäß gebaut wird, es auch bis zu einer Abrissverfügung gehen kann. Aber die Verantwortung dafür, die tragen dann vor allem die Bauherrn und die Architekten und die entsprechenden Planer.
Ich will ein Wort sagen zur Kritik Barrierefreiheit. Wenn in dem Bericht steht, dass die Öffnungsklausel zu mehr Diskussionen zwischen Bauherrn, Planern und Verwaltung geführt hat, dann ist das aber vielfach dem geschuldet, dass der Bauherr bzw. der Architekt generell alle Forderungen der Barrierefreiheit abgelehnt hat. Es wird aus dieser Aussage auch nicht sichtbar, das müssen wir vielleicht einmal in einem nächsten Bericht detailliert erheben, in wie vielen Fällen die Verwaltung den Forderungen, dass die Öffnungsklausel zur Anwendung kommt, überhaupt gefolgt ist. Denn in vielen Fällen hat sich auch die Verwaltung mit den Forderungen der Barrierefreiheit durchgesetzt. Generell zur Barrierefreiheit ist vielleicht Folgendes zu sagen: Die technischen Anforderungen der Thüringer Bauordnung zum barrierefreien Bauen müssen sich der gleichen Systematik unterwerfen wie die technischen Anforderungen im Hinblick auf die Statik und Bauphysik von Bauwerken. Das heißt konkret, dass die Bauordnung selbst nur die rechtlichen Rahmenbedingungen und Grundforderungen enthält und im Übrigen die technischen Anforderungen durch bauaufsichtlich eingeführte technische Bestimmungen umgesetzt werden und das ist auch im Zusammenhang mit der Novellierung der Thüringer Bauordnung im Jahr 2004 erfolgt. Wir sind jetzt im engen Kontakt mit dem Thüringer Behindertenbeauftragten, ob es diesbezüglich eine Novelle gibt und ob wir das alles dann noch einmal veröffentlichen.
Im Großen und Ganzen hat sich die Novelle der Bauordnung bewährt. Wenn man überlegt, ob in einem gewissen Umfang Prüfungen wieder erhöht werden müssen, dann sollte das nicht durch Änderung des Baurechts, sondern durch Änderung des Fachrechts erfolgen. Darüber muss man im Einzelfall reden und das wird auch die Erfahrung zeigen. Ich denke, die Diskussion über die Ergebnisse der Novelle der Bauordnung sollte im Ausschuss weiter fortgeführt werden und sicherlich ist es auch richtig, dem Landtag in absehbarer Zeit einen neuen Erfahrungsbericht vorzulegen.
Ich schließe die Aussprache zu diesem Erfahrungsbericht. Es ist sehr übereinstimmend gesagt worden, dass man den Bericht im Ausschuss für Bau und Verkehr fortberaten möchte. Ich gehe davon aus, dass die CDU als antragstellende Fraktion der Aussprache zustimmt, so dass wir jetzt darüber abstimmen können, den Erfahrungsbericht in der Drucksache 4/2231 im Ausschuss für Bau und Verkehr fortzuberaten. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gibt es hier Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist auch nicht der Fall. Damit ist die Fortberatung im Ausschuss beschlossen.
Wir hatten noch einmal ganz kurz geklärt, wie das mit dem Antrag von Frau Doht für die SPD-Fraktion ist, dass also die dreijährige Fortschreibung erfolgt. Ich glaube, das ist auch in den letzten Wortmeldungen deutlich geworden. Den können wir jetzt nicht abstimmen. Dazu kann sich der Ausschuss verständigen. Dazu scheint es allseitige Zufriedenheit zu geben. Ich danke Ihnen und schließe den Tagesordnungspunkt 6.
Stand und Perspektiven des Stadtumbaus in Thüringen Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD und der Antwort der Landesregierung - Drucksachen 4/1866/2206 - auf Antrag der Fraktion der SPD dazu: Unterrichtung durch die Prä- sidentin des Landtags - Drucksache 4/2248 -
Jetzt muss ich einmal auf die Rednerliste schauen. Nein, die SPD-Fraktion wünscht nicht das Wort zur Begründung, so dass ich die Aussprache sofort eröffnen kann. Als Erster hat sich dazu für die Landesregierung Minister Trautvetter zu Wort gemeldet.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, die 106 Fragen der Großen Anfrage der SPD-Fraktion verteilen sich auf die inhaltlichen Schwerpunkte demographische Entwicklung, Situation auf dem Wohnungsmarkt seit Inkrafttreten des Stadtumbauprogramms, Auswirkungen von Hartz IV auf den Thüringer Wohnungsmarkt, Situation der Thüringer Wohnungsunternehmen, Förderung durch das Land, Kosten und Maßnahmen zum Erhalt der Infrastruktur, Stand und Weiterentwicklung der Stadtentwicklungskonzepte sowie Stärkung der Innenstädte. In die Beantwortung sind die Res
sorts der Thüringer Landesregierung, das Thüringer Landesverwaltungsamt, das Thüringer Landesamt für Statistik sowie Verbände einbezogen worden.
Angesichts der demographischen Entwicklung und des globalen wirtschaftlichen Strukturwandels sehen sich viele Kommunen mit den neuen und in dieser Form noch nicht dagewesenen Herausforderungen konfrontiert. Einen Teilaspekt dieser Forderungen stellt der vielerorts als infolge der demographischen Entwicklung und Abwanderung entstandene Wohnungsleerstand dar. Mit den Städtebauförderprogrammen gestalten wir deshalb aktiv diesen Strukturwandel. Wir fördern den Rückbau überzähliger Wohnungen und fördern zugleich die Aufwertung der Innenstädte. Stadtumbau ist die Chance für mehr Lebensqualität für weniger Bürger. Es geht dabei um attraktive Standortbedingungen, gleichzeitig aber auch um Wohn- und Lebensqualität sowie um funktionierende Wohnungsmärkte für Miete und Eigentum. Es gilt, die Veränderungen als Chance zu begreifen und sich den damit verbundenen Aufgaben aktiv zu stellen. So ergeben sich für die Zukunftsfähigkeit der Städte und Regionen neue Möglichkeiten.
Modernisierungsbereitschaft, demokratische Kultur und der Wille, die ökonomischen und ökologischen Grundlagen zu erhalten und zu verbessern, sind dabei wesentliche Bausteine. Ziel muss es sein, die ländliche und die städtische Entwicklung stärker als bisher miteinander zu verknüpfen. Auch die ländlichen Gemeinden werden hinsichtlich ihrer Versorgungsleistungen auf die demographischen Veränderungen reagieren müssen und die Städte im ländlichen Raum müssen zukünftig in der Lage sein, ihre Ankerfunktion im ländlichen Raum zu erhalten bzw. auszubauen; Städtezusammenschlüsse wie Leinefelde-Worbis sind dafür geeignete Instrumente. Hier zeigt sich, dass die Aussagen des Landesentwicklungsprogramms des Freistaats Thüringen zum Konzept starker Mittel- und Grundzentren richtungweisend und zukunftsfähig sind. Das setzt allerdings auch voraus, dass auf Landesebene strategische, gemeindeübergreifende und integrierte Planungen verschiedener Ressorts noch besser abgestimmt werden müssen. Auch hier erfolgt gegenwärtig eine Initiative meines Ministeriums unter anderem zur stärkeren Abstimmung der integrierten ländlichen Entwicklungskonzepte mit den strategischen Konzepten der Landes- und Regionalplanung. Auch im ländlichen Raum sind Förderstrategien nur auf demographiefeste und damit nachhaltige Entwicklungen aufzubauen. Unsere gegenwärtig wichtigste Aufgabe ist es, die negativen Folgen der demographischen Entwicklung zu mildern. Erste Hinweise dazu enthält der Demographiebericht der Landesregierung. Wir müssen uns klarmachen, dass es im Stadtumbau nicht nur um den Rückbau von bestehenden
Wohnungsleerständen gehen kann, sondern um die Anpassung unserer Siedlungsstrukturen an die demographische Entwicklung und langfristig um ein neues Gleichgewicht zwischen Wohnen, Arbeiten und Landschaft in unserem Land.
Meine Damen und Herren, die Anfrage gibt mir Gelegenheit, die erfolgreiche Vorgehensweise in Thüringen - und nicht erst seit 2002 - im Bereich der Siedlungsentwicklung und des Städtebaus darzulegen. Thüringen hat wie kein anderes der neuen Länder die Städte und Gemeinden mit zusätzlichen Landesprogrammen der Städtebauförderung und hohen Fördersätzen seit 1991 unterstützt, um im Wettbewerb der Regionen zu bestehen und den Infrastrukturrückstand aufzuholen. Da diese Erfolge durch die demographische Entwicklung und auch durch örtlich zunehmenden Wohnungsleerstand gefährdet sind, hat die Landesregierung bereits vor dem Programm Stadtumbau des Bundes einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Als Beispiel sei auf das landeseigene Wohnungsmarktstabilisierungsprogramm verwiesen, mit dem der Rückbau leerstehender Wohnungen gefördert wurde.
Ab 2002 wurde, nicht zuletzt auf Drängen Thüringens, in der sogenannten Lehmann-Grube-Kommission die Rückbauförderung des Bundes in das neu aufgelegte Stadtumbauprogramm integriert. Rückbau ist jedoch nur die Voraussetzung für die Aufwertung unserer Städte und Gemeinden, für die richtigen Flächenentscheidungen zugunsten unserer Innenstädte und gegen weiteren Flächenverbrauch. Kennzeichnend für den Wohnungsmarkt im Freistaat ist der anhaltende Wunsch vieler Thüringer nach selbst genutztem Wohneigentum. Letztmalig wurde die Wohneigentumsquote im Rahmen des Mikrozensus 2002 ermittelt. Damit lag Thüringen mit 41,8 an der Spitze der neuen Länder und hatte den Bundesdurchschnitt fast erreicht.
Wir müssen die Wohneigentumsquote noch weiter erhöhen. Derjenige, der Wohneigentum in Thüringen besitzt, pendelt vielleicht noch, aber er wandert nicht so schnell dauerhaft aus Thüringen ab.
Im Kontext zum Stadtumbauprogramm wurde die Wohneigentumsbildung auf die Innenbereiche der Kommunen konzentriert, insbesondere für junge Familien. Dort ist nicht zuletzt auf unsere Förderstrategien hin ein Bevölkerungszuwachs zu erkennen, und das nicht nur in Erfurt. Fachleute sprechen teilweise schon von der Renaissance der Innenstädte. In Jena, wo die Innenstadtbevölkerung mal auf 800 Einwohner zurückgegangen ist, wohnen in dem gleichen Bereich jetzt wieder über 3.000 Einwohner.
Auch die Modernisierung und Aufwertung der nachhaltig gefragten Wohnungsbestände gewann mit dem Stadtumbauprogramm eine neue Bedeutung, einerseits als erforderliche Vorlaufmaßnahme für den Freizug der zum Rückbau bestimmten Wohnungen, andererseits zur Anpassung des Wohnungsangebotes an die geänderte Nachfrage. Die Unternehmen der Wohnungswirtschaft haben frühzeitig erkannt, dass die demographische Entwicklung das Mieterprofil der Zukunft zunehmend bestimmt. Sie begegnen dem steigenden Bedarf an spezifischen Wohnformen durch innovative Angebote, und zwar verstärkt in den Innenstädten. Wachstumssegment sind vor allem altengerechte Wohnungen und Wohnformen für Pflegebedürftige, aber auch kleinere Wohnungen werden zunehmend nachgefragt.
Die Umsetzung von SGB II und die Gewährung der Kosten der Unterkunft durch die Arbeitsgemeinschaften bzw. Kommunen oder Landkreise sind differenziert zu betrachten und für einige Wohnungsunternehmen mit erheblichen Problemen verbunden, z.B. durch die Nichtanerkennung der Abtretungserklärung. Die Wohnungswirtschaft hat sich daher seit Beginn der öffentlichen Diskussion zu Hartz IV der Problematik angenommen, da die meisten der ALG IIEmpfänger in Wohnungen der im Verband der Thüringer Wohnungs- und Immobilienwirtschaft organisierten Wohnungsunternehmen leben. In Berichten und mehreren Themenveranstaltungen wurden durch den VTW diesbezüglich Themenschwerpunkte aufbereitet und notwendige Verbindungen zu den zuständigen Arbeitsagenturen hergestellt.
Die Mehrheit der Thüringer Wohnungsunternehmen ist im VTW organisiert. Der Verband hat zurzeit 223 Mitgliedsunternehmen, die ca. 320.000 Wohnungen bewirtschaften, was etwa ein Drittel des Thüringer Gesamtbestands umfasst. Der Leerstand der im VTW organisierten Wohnungsunternehmen umfasste Ende 2005 ca. 41.000 Wohnungen, die durchschnittliche Leerstandsquote in den von den kommunalen Wohnungsgesellschaften bewirtschafteten Wohnungen betrug Ende 2005 15,3 Prozent und in den Wohnungsgenossenschaften 9,4 Prozent. Exemplarisch lässt sich für die im Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft organisierten Wohnungsunternehmen belegen, dass durch den geförderten Rückbau die Zunahme des Leerstandes in 2002 gestoppt und ein Rückgang der Leerstandsquote von 15,8 auf 12,9 Prozent Ende 2005 zu verzeichnen ist. Die Wohnungsunternehmen sind mit Krediten für Altschulden sowie Krediten für die bisher notwendigen Modernisierungen und Instandhaltungen/Instandsetzungen belastet. Von den Wohnungsunternehmen des Freistaats haben 64 Unternehmen einen Antrag nach § 6 a Altschuldenhilfegesetz gestellt, 62 Anträge wurden positiv beschieden und diese Wohnungsunternehmen haben einen Bestand
von ca. 199.000 Wohnungen. Sie sind aufgrund der von der KfW abgeforderten Unternehmenskonzepte auf dem richtigen Weg. Wir hatten allerdings auch hinzunehmen, dass bisher drei Thüringer Wohnungsunternehmen Insolvenz anmelden mussten. Das betrifft ca. 2.800 Wohnungen, die mit 2.300 Mieterhaushalten betroffen sind. Um dazu beizutragen, dass dies Einzelfälle bleiben, werden durch die Thüringer Aufbaubank 78 Wohnungsunternehmen betreut, die Fördermittel des Freistaats erhalten haben, und ca. zwei Drittel dieser Unternehmen sind auch 6 aAltschuldenhilfegesetz-Unternehmen. Das Land kann allerdings immer nur dann unterstützend einwirken, wenn das Gefährdungspotenzial dem Freistaat und seinen Institutionen bekannt ist und deswegen stehen wir in enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem VTW.
Meine Damen und Herren, wir werden uns stärker um die Anpassung der sozialen und technischen Infrastruktur kümmern müssen. Neben der institutionellen Wohnungswirtschaft sind die Träger der Infrastruktur die wichtigsten Partner der Kommunen beim Stadtumbau. Deshalb hat der Bund im Jahr 2006 für die Anpassung der technischen Infrastruktur im Förderprogramm „Stadtumbau Ost“ die Bundesfinanzhilfen um 20 Mio. € aufgestockt, der Thüringer Anteil beträgt 3,1 Mio. €. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber angesichts von Investitionen in die Wasser- und Abwasserinfrastruktur in einer Größenordnung von 1,6 Mrd. € allein in Thüringen kann ich mit jährlichen Korrekturmitteln von 3 Mio. € relativ wenig anfangen. Man wird nur punktuell in dem einen oder anderen Fall helfen können. Langfristig kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Anpassung der technischen Infrastruktur durch das Programm „Stadtumbau Ost“ allein getragen werden kann. Ein verstärktes ressortübergreifendes Handeln ist notwendig für einen Stadtumbau, der weit über 2009 hinausgreifen muss. Weiterhin hat der Bund im Jahr 2006 für die Anpassung der sozialen Infrastruktur eine Aufstockung von 40 Mio. € im Programm „Soziale Stadt“ für Modellvorhaben für alle Länder bereitgestellt. Das Land wird mit den Modellvorhaben 2007 und für die Folgejahre zukünftig verbesserte Förderkonditionen erkunden. Auch nach 2009 wird es weiterhin einen hohen Bedarf an Unterstützung der Kommunen bei der Anpassung an den demographischen Wandel und wirtschaftliche Umbrüche geben. Stadtumbau muss daher auch über das Jahr 2009 hinaus Schwerpunkt der Städtebauförderungspolitik des Bundes und der Länder sein. Im Hinblick auf eine künftige Programmfortführung sind eine Versachlichung in der Darstellung des Stadtumbaus und eine objektive Wahrnehmung der entstehenden Qualitäten, das heißt der Aufwertungserfolge, notwendig. Wichtig ist auch, die Prioritätenstärke auf die zu erhaltenden Wohnquartiere und Aufwertungsbereiche zu lenken. Stadtumbauplanun
gen benötigen eine langfristige Planungssicherheit. Deswegen werden wir uns weiterhin beim Bund dafür einsetzen, mehrjährige Verwaltungsvereinbarungen für den Städtebau mit dem Ziel durchzusetzen, eine höchstmögliche Planungs- und Finanzsicherheit zu erhalten.
In der aktuellen Koalitionsvereinbarung des Bundes, aber auch im Rahmen der Föderalismusreform hat sich der Bund eindeutig zur Weiterführung der gemeinsamen Verantwortung des Bundes mit den Ländern für den Stadtumbau ausgesprochen. Wir haben das Bestehen der Mischfinanzierung in diesem Bereich mit Freude zur Kenntnis genommen, zeigt sich dabei, dass sich der Bund seiner Verantwortung bei der Unterstützung dieses langfristigen und komplexen Prozesses bewusst ist. Natürlich haben wir auch zur Kenntnis genommen, dass der Bund - und das sehr zu Recht - zukünftig weit mehr als bisher sowohl auf die klare Zielsetzung von Förderprogrammen als auch auf deren Evaluierung und Wirkungsbeobachtung Wert legen wird. Mit unserer Wirkungsbeobachtung und Wirkungskontrolle sowie durch die Absicht unserer Städte, ein Kommunalmonitoring einzurichten, sind wir darauf vorbereitet und zugleich Vorreiter in den neuen Ländern. Das wird sich, da bin ich mir sicher, auch bei der künftigen EU-Förderung im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung auszahlen. Neben einer entsprechenden Finanzausstattung sind zum Stadtumbau in erster Linie allerdings klare und schlüssige Entscheidungen auf kommunaler und zunehmend regionaler Ebene notwendig und unverzichtbar. Die Thüringer Kommunen müssen auf der Grundlage ihrer fortgeschriebenen integrierten Entwicklungskonzepte eigenverantwortlich zukunftstaugliche und heute vor allem demographiefeste Entscheidungen treffen. Das heißt, bei der Formulierung von Zielen darf nicht das Einwerben von Finanzhilfen die erste Frage sein, vielmehr muss der Wille der Beteiligten vorhanden sein, mittels schlüssiger Planungen Lösungswege aufzuzeigen und diese konsequent mit realistischen Strategien umzusetzen. Das bezieht sich auf alle Bereiche, auch auf Stadttheater und Berufsschulen.
Hohe Bedeutung besitzt deshalb die laufende Fortschreibung der integrierten Stadtentwicklungskonzepte. Aufgrund der regionalen Verankerung des Stadtumbaus wird es dabei mehr als bisher auf die aktive Einbindung des Umlandes ankommen und diese Tatsache kommt durch die Organisation der unterschiedlichsten Zweckverbände zum Ausdruck.
Im Sinne notwendiger Konzentration und Sicherung von Infrastruktur in unseren Städten ist die Einbeziehung des Umlands eine der wichtigen Aufgaben bei der Fortschreibung der Entwicklungskonzepte.
Meine Damen und Herren, mit der Thüringer Innenstadtinitiative ist seit Mitte der 90er-Jahre eine breit getragene Kampagne zur Stärkung der Stadtzentren auf den Weg gebracht worden. Der Prozess des Ausblutens der Kernstädte konnte gestoppt werden; die Innenstädte haben gestalterisch, aber auch funktional an Attraktivität hinzugewonnen und seit einigen Jahren ist die Thüringer Innenstadtinitiative auch bewährtes Instrument zur städtebaulichen Entwicklung von innerstädtischen Brachflächen. Mit Hilfe unserer Städtebauförderung unterstützen wir im Rahmen der Initiative „Genial zentral - unser Haus in der Stadt“ unsere Städte. Ziel dieser Initiative ist die Förderung von Wohneigentum in historisch gewachsenen Stadtquartieren, insbesondere auf brach gefallenen innerörtlichen Arealen. Wir denken vor allem dabei an junge Familien mit Kindern, die ansonsten ins Umland abwandern würden. Es sollen Preissegmente für diese Stadthäuser gebildet werden, die den Angeboten auf der grünen Wiese entsprechen.
Nach drei Jahren intensiver Projektarbeit kann festgestellt werden, dass das wesentliche Ziel der Initiative, die Unterbreitung von Angeboten für kostengünstiges innerstädtisches Wohnen auf ehemaligen Brachen, auf den Weg gebracht wurde. Die begonnene Initiative soll weiter fortgeführt werden und inhaltlich für ausgewählte Projektgemeinden zur Revitalisierung innerstädtischer Brachen mit besonderen Vor- und Nachnutzungsgegebenheiten erweitert werden. Aufbauend auf die gewonnenen Erfahrungen soll ein aktives Grundstücksmanagement der Kommunen mit Gesprächen am runden Tisch verstärkt werden und wir wollen dazu eine konzertierte Aktion für unsere Stadtumbaugemeinden anstoßen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, wir sind dabei, die bisherige Thüringer Innenstadtinitiative mit dem Oberziel Stadtumbau umfassender zu definieren und sie damit zu verstärken und zu verstetigen. Es geht um die Anpassung der sozialen, der wirtschaftlichen, der kulturellen, der technischen Infrastruktur unserer Städte, um den Weiterbestand unserer kompakten europäischen Stadt gerade mit ihren historischen und gerade für uns in Thüringen gewachsenen Innenstädten. Es geht darum, alle Aktivitäten der Stadtplanung am Wirkungsraum Innenstadt zu messen mit dem Oberziel der Bestandsentwicklung von Neuausweisungen. Ab 2007 will der Bund die klassischen Instrumente der Städtebauförderung noch stärker themenbezogen und damit verlässlich nach dem Vorbild des Programms Stadtumbau ausrichten. Wir sind an entsprechenden Arbeitsgruppen
beteiligt und können unseren Thüringer Weg, unsere Erfahrungen und Erfolge einbringen. Wir werden darauf hinwirken, dass das Programm „soziale Stadt“ für die neuen Länder für den Stadtumbau erweitert wird. Es geht bei uns um Städte mit besonderem Entwicklungsbedarf und nicht nur um Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf.
Die ressortübergreifende Bündelung der sozialen Stadt soll deshalb in einer Initiative „Pro Innenstadt“, die übrigens durch die rot-grüne Bundesregierung nicht weitergeführt wurde, einmünden und der Stadtumbau muss auch die Probleme des ländlichen Raums aufgreifen.
Ich bin mir deshalb auch mit der SPD-Fraktion einig, dass sie mit der Anfrage richtige Themenfelder benennt.
Das gibt mir die Möglichkeit, Sie, meine Damen und Herren, aufzufordern, positiv und konstruktiv mitzuwirken, um im Wettbewerb der Regionen Thüringen mit dem herausragenden Erbe seiner historischen Städte weiterhin voranzubringen. Ich glaube, wir haben trotz aller Herausforderungen, Aufgaben und Probleme, die es zu lösen gilt, die vor uns liegen, Grund, stolz auf unsere schönen Städte und Gemeinden zu sein.