Anträge der Opposition, die aufgrund der Verweigerungshaltung der Mehrheitsfraktion in diesem Haus null Chancen haben, alles das hat beispielhaft mit dem nun aufgerufenen Tagesordnungspunkt zu tun. Drei Monate musste immer wieder der Tagesordnungspunkt geschoben werden und zum Glück haben wir heute den Bericht des Ministers gehört. Ich bleibe dabei: Dies alles, was wir in den drei Monaten,
heute und gestern beraten haben, sind Themen, die das Leben der Thüringer Städte und Gemeinden maßgeblich als sogenannte weiche Standortfaktoren beeinflussen, nein, ich möchte sogar sagen, beeinflussen könnten, denn Perspektiven des Stadtumbaus und die Zukunftsfähigkeit der hier lebenden Menschen kann nur im Zusammenhang gedacht werden.
Die gesamtgesellschaftliche Aufgabe lautet, den Thüringerinnen und Thüringern in ihren Lebenssituationen neue Arbeits- und natürlich auch Lebensmöglichkeiten in unseren Gemeinden und Städten zu eröffnen. Das gilt für alle, gerade für eine Gesellschaft, die altert, und für eine Gesellschaft, die schrumpft. Bereits heute ist jeder fünfte Thüringer älter als 65 Jahre und die Einwohnerzahl Thüringens wird bis zum Jahr 2020 um weitere 11 Prozent abnehmen. Die demographische Entwicklung zwingt zum Handeln, gerade auch in der Wohnungs- und Städtebaupolitik. Wir kennen alle die Situation und wissen um die Herausforderungen, die die weitere Alterung unserer Gesellschaft für das Wohnen mit sich bringt. Es gilt - so sagte es gerade auch der Minister Trautvetter -, mehr Stadt für weniger Bürger und für ältere Bürger zu schaffen. Es gilt die Attraktivität unserer Städte und Regionen zu steigern, um nicht zuletzt auch den Abwanderungstrend zu stoppen. Es geht hier nicht darum, ein düsteres Szenario von Städten voller alter Menschen zu entwickeln, sondern gefragt sind Lösungen, mit denen der alternden Gesellschaft eine lebenswerte Zukunft ermöglicht werden kann.
Jawohl, Herr Trautvetter, in vielen Punkten, die Sie heute hier nannten, stimme ich mit Ihnen auch überein. Wir müssen tatsächlich endlich zu wirklichem Handeln kommen. Wir brauchen eine auf die demographische Entwicklung ausgerichtete Wohnungspolitik. Was heißt das? Das heißt, wir brauchen kleinere Wohnungen in allen Marktsegmenten. Wir brauchen barrierefreie und behindertengerechte Wohnungen, die es ermöglichen, lange selbstbestimmt in eigenen vier Wänden wohnen und leben zu können.
Wir brauchen Angebote auch für junge Familien mit Kindern - generationsübergreifendes Wohnen. Hier möchte ich ein beispielhaftes Projekt nennen, das Projekt Mehrgenerationenhäuser, was im Ansatz im Rahmen des Stadtumbaus eine soziale Selektion zu verhindern versucht. So war von Jena zu lesen - ich zitiere: „Jung und Alt sollen wieder Tür an Tür zu Hause sein - das Wohnprojekt ‚Generationshof’ in Lobeda. Betreutes Wohnen unter einem Dach, aber nicht nur für ältere Menschen, sondern auch für junge Leute und Familien mit Kindern, das ist die Grundidee des Projektes ‚Generationshof’, die der neu gegründete Verein ‚Care Center für Menschen e.V.’ vorstellte.“ Meine Damen und Herren, es gilt, sich auf nachgefragte Wohnformen zu konzentrieren und möglichst alle Haushalte dauerhaft mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Die Haushaltssituation ändert sich. So stieg nicht nur der Wohnungsbedarf seit Ende Dezember 2001 bis Ende Dezember 2004 um mehr als 1.000 Wohnungen an, sondern auch die Anzahl der Haushalte, insbesondere der Ein-Personen-Haushalte stieg an. Die Quote von selbstgenutztem Wohneigentum in Höhe von 81,8 Prozent ist aus Sicht meiner Fraktion angemessen. Wir fordern jedoch eine gleichwertige Förderung und Entwicklung von Eigentum und Mietwohnungen. Eine Bevorzugung von Wohneigentum ist unserer Meinung nach nicht mehr zeitgemäß.
Ein ausgewogenes Verhältnis fordert die Fraktion der Linkspartei.PDS auch im Rahmen des Stadtumbaus hinsichtlich Abriss und Aufwertung. Seit 2002 bis zum 30. Juni 2006 wurden für den Rückbau Fördermittel im Stadtumbauprogramm in Höhe von 60 Mio. € ausgezahlt, während im gleichen Zeitraum für die Aufwertung Fördermittel in Höhe von lediglich 46 Mio. € flossen. Dass zunächst primär Wohnungen vom Markt genommen werden und die Aufwertung später oder vielleicht auch nie erfolgt, beseitigt die strukturellen Missstände nicht. Ein erfolgreicher Stadtumbau braucht die Wohnungsmodernisierung, insbesondere im Rahmen der Umlenkung der Mieter in adäquaten, mithin modernisierten Ersatzwohnraum in einem attraktiven Wohnumfeld. Überhaupt sind insgesamt die Wirkungen des Stadtumbaus sehr differenziert zu bewerten. Während sich der Wohnungsmarkt der privaten Vermieter stabilisiert hat, wurde der Leerstand der Wohnungsunternehmen lediglich gestoppt, und das auf einem Niveau, wie Sie es selbst sagten, Herr Trautvetter, von 12,9 Prozent. Erstere, also die Privaten, beteiligen sich nur unzureichend am Rückbau von Wohnungen im Rahmen des Stadtumbaus, so auch das Fazit der Landesregierung. Die kommunalen Wohnungsunternehmen und die Genossenschaften sind die Hauptakteure und zudem unser verlässlichster Partner im Stadtumbau. Private Vermieter beteiligen sich nicht am Abriss,
Es müssen Lösungen her und andere Wege gegangen werden, wenn wir Thüringen zukunftsfähig gestalten wollen. Eine bessere Verzahnung und Koordination zwischen Städtebau und Wohnraumförderung ist hier nur eine Forderung, im Rahmen derer beispielsweise darüber nachzudenken ist, ob Wohnbaufördermittel künftig ausschließlich nur noch solchen Wohneigentümern gewährt werden, die sich auch aktiv am Rückbau beteiligen. Die Verhinderung des Ausverkaufs kommunaler Wohnungsunternehmen, was als wichtigstes Steuerungselement der Stadtentwicklung gebraucht wird, ist eine weitere Forderung meiner Fraktion.
Die diesbezügliche Antwort der Landesregierung - ich zitiere -, „sie habe keine direkte Möglichkeit der Einflussnahme auf derartige Verkäufe“, ist aus meiner Sicht und der meiner Fraktion nichts als eine Flucht aus der Verantwortung. Die angeführte Sozialcharta, die wir immer wieder hören, ist eine reine Beruhigungspille. Auch eine noch so prägnant ausgehandelte Sozialcharta wird nur wirksam, wenn die Stadt und der einzelne Mieter auch den Mut, die notwendige Unterstützung und die finanziellen Möglichkeiten haben, sich gegen eine mögliche Nichteinhaltung der Charta zur Wehr zu setzen. Ohne dingliche Sicherung im Grundbuch ist eine Charta mit Teil- und Gesamtverkäufen, Weiterverkäufen gänzlich unwirksam.
Wohnraum muss für alle Bevölkerungsschichten bezahlbar sein. Das ist angesichts wachsender Altersarmut und der steigenden Zahl von Hartz-IV-Betroffenen eine gewaltige Aufgabe, aber auch deshalb brauchen wir weiterhin kommunales Wohneigentum. Die mancherorts ausgeübte Praxis, ursprünglich für den Abriss vorgesehene Wohngebäude im Bestand zu halten, um dort eventuell ALG-II-Empfänger unterzubringen, sehen wir äußerst kritisch. Das birgt die Gefahr der sozialen Entmischung und ist kein zu akzeptierendes Konzept. Auch ist dies in Anbetracht der stetig steigenden Betriebskosten kontraproduktiv und führt letztendlich zu einer finanziellen Mehrbelastung der Kommunen. Was passiert, wenn die Kommunen die gestiegenen Kosten nicht übernehmen wollen oder können? Ich denke, eine aussichtslose Lage für die Betroffenen.
mographischen Entwicklung, sondern auch mit den sogenannten Wendeschulden zu kämpfen. Hier fordert die Linkspartei.PDS eine Änderung der Altschuldenentlastung nach § 6 a Altschuldenhilfegesetz dahin gehend, dass alle Wohnungsunternehmen von den Altschulden auf ihren dauerhaft leer stehenden und abzureißenden Wohnungsbestand entlastet werden.
Konkret zum Stadtumbau und der Wohnungsbauförderung als Voraussetzung für einen erforderlichen Stadtumbau: Die Darlegung konkreter Überlegungen, Konzeptionen, wie die Wohnungsbauförderung in Thüringen ab 2007 ausgestaltet werden soll, ist uns die Landesregierung bisher immer noch schuldig geblieben. Aber eine jährliche Förderung von etwa einem Drittel der zurückzubauenden Wohnungen - also für jährlich 1.500 bis 2.000 Wohnungen - erscheint uns nicht ausreichend, lässt befürchten, dass in den privaten Sektor ausgewichen wird. Wenn die Landesregierung davon ausgeht, dass sich die Zahl der voraussichtlich leer stehenden Plattenbauwohnungen nur unwesentlich erhöht, halten wir dies für äußerst fragwürdig. Ziel ist doch der Abbau von Leerstand. Nicht nur daraus wird deutlich, dass das Stadtumbauprogramm auch über die Jahre 2009 hinaus notwendig ist.
Daher muss diesbezüglich im Rahmen der Evaluierung schnell Klarheit geschaffen werden. Aber was heißt hier Prioritäten im Hinblick auf eine künftige Programmfortförderung stärker auf die zu erhaltenden Wohnquartiere und Aufwertungsbereiche zu lenken? Hier hätte ich mir eine konkretere Darstellung auch vom Minister gewünscht. Auch die Antwort, dass die gleichmäßige Verteilung der Fördermittel auf Rückbau und Stadtumbau beibehalten wird, ist sehr abstrakt. Neben der schnellen Evaluierung fordern wir daher auch eine Konkretisierung. Besonders die Fläche leidet unter dem Wegzug der Bevölkerung. Aber dies darf nicht dazu führen, dass diese Gebiete, diese Peripherien abgeschrieben werden. Es gilt auch hier, ein Mindestmaß an Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge sicherzustellen.
Zwar heißt es in der Antwort auf die Frage, welche praktischen Handlungserfordernisse sich aus den Monitoring-Erkenntnissen für die am Stadtumbau Beteiligten ergeben - ich zitiere -, „der Stadtumbau muss zunehmend das Umland und die Regionen einbeziehen“, dieses Fazit steht jedoch im Widerspruch zum zuvor Gesagten, Konzentration auf Städte, und spiegelt sich zudem nicht in den Förderprogrammen wider. Das Umland ist bei der Erstellung der Landesentwicklungskonzepte nicht einbezogen. Wir stehen also vor Herausforderungen, die in einem Gesamtkonzept gebündelt werden müssen. Um die Lebensqualität und Attraktivität in Thüringer Städten und Gemeinden zu steigern, müssen die Angebote für bezahlbaren Wohnraum, Einkaufsmöglichkeiten, der öffentliche Nahverkehr, aber auch Kultur- und Freizeitmöglichkeiten sowie Schulen, Kindergärten und Angebote für Senioren miteinander verzahnt und weiterentwickelt werden.“ So die Forderung auch der Parität, die wir uneingeschränkt teilen.
Meine Damen und Herren, bei der Einstellung auf diese Herausforderungen stehen wir erst am Anfang. Das Uhrwerk Demokratie tickt weiter. Herr Minister, ich nehme Sie beim Wort, nutzen wir gemeinsam diese Chance. Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in der SPD-Drucksache 4/1866, die Große Anfrage zum Stadtumbau, hat der Minister bereits Stellung genommen. Die Landesregierung hat geantwortet. Die Landesregierung hat der SPD-Fraktion dafür gedankt, die Fragen gestellt zu haben, dass man auch über gelungene Werke einmal von dieser Stelle aus deutlich werten kann.
Frau Sedlacik hat uns jetzt gerade 20 Minuten, fast 25 Minuten etwas erzählt, wo ich meine, vielleicht sollte sie sich dann doch mal mit dem Fachministerium unterhalten, bevor sie ihre Reden hält. Einiges ist einfach verdreht und auch teilweise völlig falsch wiedergegeben.
Nein, nein, es ist einfach falsch. Thüringen ist das einzige Land, was sich beim Rückbau und bei Wohnungsbauförderung 50 : 50 genau verhält. Solche
Eier wurden hier losgelassen, als der Bundesbauminister in Thüringen zu Besuch war, der dann nichts Eiligeres zu tun hatte, als die Landesregierung per Presse zu maßregeln, Thüringen hält sich nicht an die Bundesabmachung 50 : 50. So einfach geht das zu machen, dass man dann mit einem Bundesminister durch den Freistaat zieht und durch falsche Behauptungen einfach falsche Presseberichte entstehen und das Thüringer Volk und auch die Menschen draußen in den anderen Ländern natürlich merken sollen, wir wählen falsch. Wir würden etwas Falsches tun, wir würden falsch Geld ausgeben und falsch handeln.
Das ist genauso falsch, dass man sagt, Private würden nicht beteiligt am Rückbau und an der Wohnungsbauförderung. Private, wenn sie denn einbezogen sind in diesen Prozess Stadtumbau, werden selbstverständlich auch bei Rückbau und auch bei privater Förderung beteiligt.
Ich weiß ja, dass die Linkspartei.PDS teilweise Probleme mit dem Thema Privatbesitz hat. Es ist nun mal in Deutschland so, dass es wieder Privatbesitz gibt. Auch unsere privaten Wohnungseigentümer sind pari pari mit dem großen VTW und deren Wohnungsorganisationen am Wohnungsmarkt in Thüringen tätig. Nun sind wir bei knapp 42 Prozent Wohneigentum in Thüringen, meine Damen und Herren. Ich würde meinen, in England wären es 81 Prozent, in Frankreich liegen wir etwas drunter, in Spanien ist es wieder wesentlich höher, aber in Baden-Württemberg sind wir auch bei 64 Prozent Wohneigentum. Die CDU-Fraktion hat in den letzthin zurückliegenden 13 Jahren immer gesagt, die sozialste Wohnung ist die private Wohnung. Der sozialste Wohnungsbau ist der private Wohnungsbau, weil...
(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Aber auf der grünen Wiese, wie das ausschaut.)
Ach, hören Sie doch auf, auf der grünen Wiese, mein Gott, sie sind in anderen Gegenden auch auf der grünen Wiese entstanden. Ich wollte das Thema heute nicht anschneiden, weil es eigentlich nicht Thema ist. Wie wollten Sie denn nach 40 Jahren Ruinen schaffen ohne Waffen 1990 die Menschen in der Innenstadt halten?
Sie sind doch aus der Innenstadt raus, weil sie nicht mehr lebenswert war, weil sie verkohlt, grau und schwarz und tot war
Dass sie jetzt natürlich auch wieder zurückziehen und dass wir natürlich diesen Prozess auch aufnehmen, das dürfen Sie schon glauben, dass wir das tun und das wir daran auch Hand anlegen und vernünftige Stadtumbauprojekte erarbeiten.
Meine Damen und Herren, eigentlich wollte ich über die Stadtentwicklung sprechen und auch ein bisschen in die Geschichte Europas und der Welt gehen. In allen zurückliegenden Jahrhunderten, denn die Große Anfrage der SPD-Fraktion geht mit Recht natürlich in die Richtung Demographie. Ich wollte in dieser kleinen Exkursion etwas über die Geschichte erzählen. Ich will es auch gerne tun. Es ist heute deutlich zu erkennen, dass Stadtgrenzen vor 500 Jahren weitaus weiter innen liegend - wovon Überreste von Stadtmauern noch heute ein Stück Geschichte zeigen - und der Altstadtbereich doch wesentlich kleiner war. Wir sind in den letzten 500 Jahren städtisch weit, weit nach außen gewachsen. Wir hätten uns niemals vorstellen können, dass dieser Prozess einmal andersherum verlaufen könnte. Städte schrumpfen, weil die Einwohnerzahlen rückgängig verlaufen.