Protokoll der Sitzung vom 01.03.2007

Abgeordneter Dr. Hahnemann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende bitte, Herr Wehner.

Mecklenburg-Vorpommern kennt einen solchen Bürgerbeauftragten. Ich zitiere die Landesverfassung, Artikel 36: „Zur Wahrung der Rechte der Bürger gegenüber der Landesregierung und den Trägern der öffentlichen Verwaltung im Lande sowie zur Beratung und Unterstützung in sozialen Angelegenheiten wählt der Landtag auf die Dauer von sechs Jahren den Bürgerbeauftragten, einmalige Wiederwahl ist zulässig. Er kann ihn mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags vorzeitig abberufen. Auf eigenen Antrag ist er von seinem Amt zu entbinden.“ Und Absatz 2: „Der Bürgerbeauftragte ist in der Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Er wird auf Antrag von Bürgern, auf Anforderung des Landtags, des Petitionsausschusses, der Landesregierung oder von Amts wegen tätig.“

Sicherlich, meine Damen und Herren, kann niemand hier im Haus guten Gewissens behaupten, dass die

Verwaltung in Thüringen schon durchgehend wunderbar als bürgerfreundliche Dienstleisterin für Bürgerinnen und Bürger funktionieren würde.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Dann fürchte ich, gibt es hier in der Regierungsbank einige wenige Einzelne.

Ich hoffe, dass die jüngste Initiative des derzeit amtierenden Stellvertreters des Bürgerbeauftragten ans Tageslicht bringen wird, wie unangemessen, teilweise unwürdig ALG-II-Empfänger nicht selten behandelt werden. Wäre in unseren Verwaltungen alles in Ordnung, dann würde nicht jede halbwegs gut gelesene Zeitung voll stolz eine Rubrik „So -“ oder auch „Hier wiehert der Amtsschimmel“ ihr Eigen nennen.

Wir beantragen die Überweisung an den Petitionsausschuss federführend und an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten und wir werden eine öffentliche mündliche Anhörung der Bürgerinnen und Bürger zu dieser Angelegenheit beantragen. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Die Nachfrage, Abgeordneter Wehner, bitte.

Herr Kollege Hahnemann, Sie haben ausgeführt, dass im Petitionsausschuss die Entscheidungen parteipolitisch geprägt sind. Ich gehe davon aus, dass Sie das auch belegen können. Können Sie mir sagen, ob aus Ihrer Kenntnis zahlreiche Abstimmungen über Petitionen stattgefunden haben, in denen die Mehrheitsfraktion im Ausschuss die Minderheitsfraktionen überstimmt hat? Sie sind nicht Mitglied des Ausschusses und mich würde auch als Zweites interessieren, wo Sie diese Informationen herhaben.

Hochverehrter Herr Kollege Wehner, ich habe gesagt: „denn der Petitionsausschuss und seine Arbeit sind dazu viel zu sehr von politischen Mehrheiten geprägt.“ Von Abstimmungen habe ich nichts gesagt. Ich bin selbst nach meiner Erinnerung einige Jahre Mitglied des Petitionsausschusses gewesen, das heißt, ich rede aus Erfahrung, und dass die sich im Laufe der Zeit überholt haben könnte, dafür habe ich keine Informationen bekommen.

Aber wenn Sie die Frage mal in dem Sinne, in dem ich sie hier genannt habe, durchschauen, dann müss

ten Sie sich mal selbstkritisch fragen, ob es nicht einen wesentlichen Unterschied gibt zwischen einem unabhängigen Bürgerbeauftragten und einem mehrheitlich zusammengesetzten...

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Be- antworten Sie doch die Fragen! Beant- worten Sie einfach die Fragen.)

Herr Wehner, ich habe Ihnen den ersten Teil Ihrer Frage schon beantwortet und jetzt versuche ich …

(Zwischenruf Abg. Wehner, CDU: Nein, nein. Wie viele Abstimmungen gab es denn, wo politische Mehrheiten entschie- den haben?)

Herr Wehner, Entschuldigung, stellen Sie hier eine Frage, damit ein Abgeordneter Ihnen anschließend die Antwort gibt, die Sie hören wollen, oder legen Sie tatsächlich wert auf die Antwort des Gefragten? Danke, Herr Wehner.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Heym, CDU-Fraktion.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren, wir beraten heute das Petitionsgesetz und das Bürgerbeauftragtengesetz, weil wir nach nunmehr ca. sechs Jahren Erfahrung der Zusammenarbeit dieser beiden Institutionen feststellen, dass die Arbeit im Interesse der Petenten gestrafft und klarer geregelt werden kann und auch muss. Dazu haben wir die gesetzlichen Grundlagen auf den Prüfstand gestellt und zumindest meine Fraktion hat in ihren Entwürfen sowohl für den Petitionsausschuss als auch für den Bürgerbeauftragten mehr realistische Möglichkeiten geschaffen, um im Interesse der Menschen, die sich mit ihren Sorgen an uns wenden, auch effektiv arbeiten zu können. Vorausschicken möchte ich auch, dass es zumindest von den Ausschussmitgliedern aller Fraktionen am Anfang beabsichtigt war, einen gemeinsamen Entwurf für das Petitionsgesetz vorzulegen. Aber schon nach wenigen Gesprächen war klar, dass es manchem in der Linkspartei.PDS wohl weniger um das Petitionsrecht als solches ging, sondern mehr darum, aus den Sorgen der Leute politisch populistisches Kapital zu schlagen, und ihre Oppositionsspielchen zu veranstalten. Ich werde noch näher darauf eingehen.

Ich weiß auch nicht, ob der Linkspartei.PDS in der Hälfte der Legislatur die Kraft ausgeht, ob es Faulheit, Bequemlichkeit oder Unvermögen ist, dass die

PDS-Vorlage im Wesentlichen eigentlich der CDUVorentwurf war, nämlich die Beratungsgrundlage, auf der wir unsere Gespräche ursprünglich einmal begonnen hatten. Vielleicht - und davon gehe ich aus -

(Unruhe bei der Linkspartei.PDS)

ist es aber auch ihre Anerkennung für die gute Arbeit der CDU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU)

Nun beraten wir heute eben zwei Vorlagen von der CDU und deshalb begrüßen wir natürlich auch alles, was sich mit unserem Entwurf deckt. Vielleicht haben Sie inzwischen aber bemerkt, dass der Gesetzentwurf der CDU-Fraktion erheblich weiter geht als der Ihre. Das liegt daran, dass sich unsere Fraktion intensiv mit der Frage befasst hat, wie man das Petitionswesen weiterentwickeln kann und wie man die Arbeit des Petitionsausschusses zugunsten der Bürgerinnen und Bürger verbessern kann.

Meine Fraktion will mit ihrem Gesetzentwurf die Vorschriften zur Bearbeitung von Petitionen in einem Gesetz zusammenführen. Mit der Neustrukturierung der vormals im Petitionsgesetz und der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags geregelten Bestimmungen wird es damit auch für den Laien leichter, auf einen Blick zu erkennen, wann z.B. eine Petition zulässig ist und welche Entscheidungsmöglichkeiten der Petitionsausschuss letztendlich hat.

Unser Gesetzentwurf sieht vor, dass der Petitionsausschuss Akteneinsicht und Auskunftsersuchen künftig direkt an die betreffenden Stellen richten kann. Eine betroffene Stelle kann auch ein Privater sein, soweit er öffentliche Aufgaben unter maßgeblichem Einfluss des Landes erfüllt. Damit wird nicht nur das Petitionsverfahren gestrafft, sondern es wird künftig leichter möglich sein, Rückfragen unbürokratisch und auch schnell beantworten zu können. Neu ist auch, dass der Petitionsausschuss diese Befugnisse per Beschluss auch auf einzelne seiner Mitglieder übertragen kann. Ebenfalls zu einer Beschleunigung und Erleichterung des Petitionsverfahrens trägt die mit unserem Gesetzentwurf neu geschaffene Möglichkeit bei, Petitionen auch auf elektronischem Wege einzureichen.

Im vergangenen Jahr haben wir sowohl im Ausschuss als auch hier im Landtag über die Frage der Weiterleitung personenbezogener Daten an die Landesregierung oder an sonstige betroffene Stellen diskutiert. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf der CDU-Fraktion können Petitionen zukünftig anonym weitergeleitet werden. Damit schaffen wir einerseits mehr Sicherheit für die Interessen der Petenten und genügen andererseits den datenschutzrechtlichen

Bestimmungen. Allerdings, und das möchte ich an dieser Stelle auch einmal betonen, ist eine Petition kein Freibrief für Beleidigungen, falsche Verdächtigungen oder Ähnliches.

Ein weiterer inhaltlicher Schwerpunkt unseres Gesetzentwurfs liegt in der Erweiterung der Befugnisse der Strafvollzugskommission. Nach dem Gesetzentwurf meiner Fraktion soll die Strafvollzugskommission oder auch wieder einzelne von ihr durch Beschluss beauftragte Mitglieder künftig das Recht haben, Anstalten ihres Zuständigkeitsbereichs auch ohne vorherige Anmeldung besuchen zu können. Dabei soll Gelegenheit sein, mit jedem darin verwahrten Menschen auch ohne Gegenwart anderer sprechen und auch alle Räumlichkeiten besichtigen zu können.

Nun ein paar Worte zu Ihren, wie Sie es formuliert haben, „weitergehenden Vorschlägen“, verehrte Kollegen von der Linkspartei.PDS: Sie wollen, dass der Petitionsausschuss grundsätzlich öffentlich tagt. Hätten Sie sich mit dem Petitionsgesetz auch nur annähernd ernsthaft befasst, wäre Ihnen sicher aufgefallen, dass Sie dann heute auch die Änderung der Verfassung des Freistaats Thüringen hätten beantragen müssen. Dort steht nämlich in Artikel 62 Abs. 2, dass die Ausschüsse des Landtags in der Regel nicht öffentlich tagen. Dass Sie dies nicht beantragen, lässt zwei Schlüsse zu: Entweder ist es Ihnen gar nicht ernst mit dieser Forderung und Sie wollen lediglich mal wieder hier die „Oberdemokraten“ und „Gutmenschen“ darstellen; die andere Möglichkeit ist, dass Sie nicht in der Lage waren, sich so intensiv mit dem Petitionswesen zu befassen, dass Sie zu stimmigen und durchdachten Lösungsvorschlägen gekommen sind. Wir jedenfalls wollen die Nichtöffentlichkeit der Petitionsausschuss-Sitzungen beibehalten als Schutz für die persönlichen Angelegenheiten der Petenten, aber auch um zu vermeiden, dass der Petitionsausschuss zu einem Instrument plakativer und inhaltsleerer Oppositionsarbeit wird.

(Beifall bei der CDU)

Was das sein könnte, Herr Dr. Hahnemann, da haben Sie eben vor ein paar Minuten hier ein beredtes Beispiel abgeliefert. Dafür, meine Damen und Herren, sind uns die Anliegen der Bürger zu wichtig. Aus derselben billigen und leicht durchschaubaren Intention heraus wollen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf die Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen verändern. Einerseits wollen Sie eine verpflichtende öffentliche Anhörung, andererseits soll nicht der Petitionsausschuss, sondern der Thüringer Landtag über diese Art von Petitionen entscheiden. Nun erklären Sie mir mal Ihr Verständnis von Gerechtigkeit: Wenn eine einzelne Person mit ihrem Problem an den Ausschuss herantritt, hat sie kein Recht auf eine Anhö

rung. Wenn dieselbe Person ihre Petition von 25 Leuten unterschreiben lässt, hat sie nicht nur ein Recht auf Anhörung, sondern sogar ein Recht auf Entscheidung ihrer Angelegenheit durch den Landtag. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, Sie sollten Ihre Lust, solche politischen Kampagnen zu reiten, nicht auf dem Rücken von Petenten austragen.

(Beifall bei der CDU)

Ihre Vorstellungen an dieser Stelle, bei allem Respekt, sind einfach lächerlich. Ein weiterer Ihrer Vorschläge ist, dass der Petitionsausschuss den Vollzug von Maßnahmen der zuständigen Behörden aussetzen soll. Ich weiß wirklich nicht, wie oft wir im Ausschuss über die Frage gesprochen haben, aber offensichtlich ist der Begriff von Gewaltenteilung in der PDS-Fraktion immer noch nicht angekommen. Der Petitionsausschuss kann Maßnahmen der Exekutive weder aussetzen noch sie erzwingen, wenn sie sich im gesetzlichen Rahmen bewegen. Das ist nun mal so in einem demokratischen Rechtsstaat und es zeigt an der Stelle wieder mal, dass Sie damit Ihre erheblichen Probleme haben. Deshalb ist es auch unverantwortlich, wenn Sie Hoffnungen bei den Menschen wecken, die weder Sie noch wir erfüllen könnten. Ich will eigentlich gar nicht glauben, dass Sie das nicht wissen. Die Lex Sedlacik im Absatz 9 des § 9 Ihres Entwurfs entbehrt jeder Möglichkeit eines parlamentarischen Gremiums, es sei denn, Sie streben an, alle Gesetze - auch die des Bundes - außer Kraft setzen zu wollen, sobald eine Petition hier im Haus eingegangen ist. Die Zielrichtung ist zwar erkennbar, aber, meine Damen und Herren von der Linkspartei, so geht es eben nicht. Das ist link, sprichwörtlich link und entbehrt jeder Grundlage.

(Beifall bei der CDU)

In § 6 Abs. 3 Ihres Entwurfs fordern Sie weiter, dass die Regelungen des Thüringer Gesetzes zur Gleichstellung und Verbesserung der Integration von Menschen mit Behinderungen entsprechend Anwendung finden - es geht um das Benachteiligungsverbot. Nun will ich an der Stelle den redlichen Bemühungen des Kollegen Nothnagel nicht in die Parade fahren, weil ich sein Engagement für die Behinderten wirklich sehr schätze, aber das Benachteiligungsverbot im Petitionsrecht macht keinen Unterschied zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen, im Gegenteil. Niemand - so steht es im Gesetz, und das schließt nach allgemeinem Verständnis alle Menschen ein - darf wegen der Tatsache, dass er sich mit einer Petition an die zuständigen Stellen gewandt hat, benachteiligt werden. Das sagt der alte und das sagt der vorliegende Absatz 1 des Benachteiligungsverbots. Den Verweis auf das Gesetz zur Gleichstellung und Integration von Menschen mit Behinderungen ist deshalb nicht nur über

flüssig an der Stelle, sondern auch vollkommen systemwidrig.

Noch eine letzte unsägliche Forderung Ihres Gesetzentwurfs: Sie wollen dem Bericht des Petitionsausschusses ein Minderheitenvotum anfügen können. Was wollen Sie denn den Menschen im Land damit sagen? Dass Sie lieber, statt den Inhalt der Petitionen zu verraten, an einem Minderheitenvotum schreiben oder dass es Ihnen leider nicht möglich ist, an der Aufklärung von Sachverhalten mitzuarbeiten, weil Ihnen die entsprechenden Nachfragen erst bei der Diskussion des Berichts im Plenum einfallen? Meine Damen und Herren von der Linkspartei, der Petitionsausschuss ist kein Untersuchungsausschuss. Es geht nicht um politische Ränkespiele und nicht um oppositionelle Bewertung von Petitionen im Plenum, es geht auch nicht darum, die Landesregierung zu ärgern. Nein, es geht darum, den Menschen in unserem Land zu helfen, es geht um die Erläuterung von komplizierten Lebenssachverhalten und es geht darum, eine unpolitische Anlaufstelle für die Menschen zu sein, die nach Möglichkeit schnell und unbürokratisch hilft. Aber „helfen“ heißt zwangsläufig nicht „abhelfen“. „Helfen“ heißt vielmehr, die korrekte Anwendung der Gesetze zu prüfen und über die Ausübung von bürgerfreundlichem Verwaltungsermessen zu wachen.

Damit komme ich gleich zum Gesetz über den Bürgerbeauftragten. Wir beraten heute drei Entwürfe für ein neues Bürgerbeauftragtengesetz. Das ist schon amüsant, denn es stimmt, dass wir uns im Ausschuss mehrfach darüber unterhalten und auch wir von der CDU gesagt haben, dass die Arbeitsteilung zwischen dem Ausschuss und dem Bürgerbeauftragten straffer geregelt werden muss. Die Kollegen der anderen Fraktionen waren sehr energisch der Meinung, man müsse den Bürgerbeauftragten abschaffen, weil wir das doch eh alles im Petitionsausschuss mitmachen und das auch genauso gut machen. Sie wollten den Bürgerbeauftragten abschaffen. Es ist ein Glück für Sie, dass Frau Thierbach inzwischen in anderen Funktionen ist, denn die hat den Bürgerbeauftragten immer am lautesten, zumindest in unseren Runden, infrage gestellt.

(Beifall bei der CDU)

Dabei ging es Ihnen nicht um die Person des im vergangenen Monat aus dem Amt geschiedenen Bürgerbeauftragten, sondern es ging um das Amt an sich. Ebenso amüsant ist die Tatsache, dass sich in der bisherigen Debatte gerade nicht Ihre Vertreter des Petitionsausschusses zu Wort melden. Das mag daran liegen, dass die Kolleginnen und Kollegen des Petitionsausschusses nicht die Ansichten der anderen Kollegen teilen, die sich nun lautstark hier zu Wort gemeldet haben. Aber offenbar halten Sie den öffentlichkeitswirksamen Reiz der Debatte um die No

vellierung des Bürgerbeauftragtengesetzes für wesentlich wichtiger als die Meinung der Fachleute in Ihrer Fraktion, die Sie, wie Sie das in einer Pressemitteilung auch selbst geschrieben haben, erst von der Bedeutung des Bürgerbeauftragten überzeugen mussten. Das ist ein deutliches Anzeichen dafür, dass es Ihnen vielleicht doch nicht ernsthaft um die Verbesserung der rechtlichen Grundlagen geht, sondern darum, dass Sie sich als Retter des Bürgerbeauftragten darstellen wollen, eine Instanz - und das muss man sich mal überlegen -, die die CDU eingeführt hat im Mai 2000 mit 50 Jastimmen, also einer ganzen Reihe von Gegenstimmen. Und wenn man sich der Diskussionen im Vorfeld erinnert, muss man kein Prophet sein, um zu wissen, dass Sie, meine Damen und Herren von der Linkspartei, den Bürgerbeauftragten schon damals gar nicht wollten.

(Zwischenruf Abg. Buse, Die Linkspar- tei.PDS: Sie kennen aber die Historie nicht.)

Deshalb ist es auch lächerlich und infam, wenn sich Dr. Hahnemann heute hierher stellt, als ob die CDUFraktion zu irgendeinem Zeitpunkt die Absicht gehabt hätte, den Bürgerbeauftragten abzuschaffen. Aber es ist umso schöner, wenn auch bei Ihnen die Sinnhaftigkeit des Bürgerbeauftragten inzwischen angekommen ist; späte Einsichten sind ja allemal besser als gar keine. Sowohl die SPD-Fraktion als auch die PDS-Fraktion haben inzwischen verlautbart, dass sie die Position des Bürgerbeauftragten stärken wollen. Die SPD will dies mit einem neuen Wahlprocedere, die Linkspartei will über ein neues Wahlprocedere hinaus aus dem Thüringer Bürgerbeauftragten einen Ombudsmann nach skandinavischem Modell machen, der neben dem Bürgeranwalt auch eine Art Generalinstanz für Gesetzesvorhaben jeglicher Art sein soll. Das ist auch der Kern unserer Kritik an Ihrem Gesetzentwurf. Bei der parlamentarischen Aufgabenfülle, die Sie dem Bürgerbeauftragten übertragen wollen, kommt eines zu kurz: Der Bürgerbeauftragte wird keine Zeit mehr haben, sich tatsächlich mit den Anliegen der Bürger zu beschäftigen, wenn er auf Hinweis eines Abgeordneten, einer Fraktion oder des Landtags zur Erarbeitung von Gesetzen, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften anregen, Stellung zu Aktivitäten des Bundes nehmen, Forschungsprojekte zur bürgernahen und betroffenenfreundlichen Verwaltung initiieren und an Erörterungen und an Anhörungen der Landesregierung und der Thüringer Ministerien teilnehmen soll. Was Sie wollen, ist offenbar eine Ein-Mann-Legislative. Ebenso lebensfern ist nach unserem Verständnis der Vorschlag der Linkspartei, dass neben Fraktionen und Abgeordneten des Landtags auch Vereine, Verbände, sonstige Organisationen sowie Einzelpersonen vorschlagsberechtigt für das Amt des Bürgerbeauftragten sein sollen. Ich frage mich, wie Sie sich da

ein Auswahlverfahren in der Praxis vorstellen. Für die CDU-Fraktion hat der Bürgerbeauftragte eine völlig andere Funktion. Wir wollen einen unbürokratischen Ansprechpartner für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, einen Ansprechpartner, der die Menschen im Umgang mit den Behörden berät, der Verständigungsschwierigkeiten durch seine moderierende Rolle beseitigt und der letztendlich dafür sorgt, dass die gesetzlichen Grundlagen des Verwaltungshandelns nachvollziehbar und im Sinne der Menschen auch genutzt werden. Wenn Sie so wollen, soll der Bürgerbeauftragte die Instanz im Freistaat Thüringen sein, die verhindert, dass aus Missverständnissen Petitionen werden. Das kann der Bürgerbeauftragte aber nur dann sein, wenn er keine Parallelinstanz zum Petitionsausschuss ist, noch durch Aufgaben belastet oder überlastet wird, die er gar nicht erfüllen kann. Auch aus diesem Grund haben wir mit unserem Entwurf dem Bürgerbeauftragten die Möglichkeit eingeräumt, sich direkt an die betroffenen Behörden und Einrichtungen zu wenden; die Möglichkeit hatte er nämlich durch Gesetz bisher auch nicht. Wir haben das zwar anders praktiziert und es gab auch niemanden, der sich beschwert hat, aber die rechtliche Grundlage, so zu verfahren, hatte neben dem Petitionsausschuss bislang auch der Bürgerbeauftragte nicht.

Verehrte Kollegen von der Linkspartei.PDS, der Bürgerbeauftragte nach Ihrem Idealbild ist kein Beauftragter für die Belange der Bürger, sondern eine beim Landtag angegliederte Instanz der parlamentarischen Kontrolle, eine Instanz, die vielleicht Ihre Arbeit als Oppositionspartei unterstützen soll. Die Bezeichnung heißt aber „Bürgerbeauftragter“ und nicht „PDS-Beauftragter“ und das wird er auch nicht werden.