Protokoll der Sitzung vom 02.03.2007

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Seit Tschernobyl 1986 wissen wir, es gibt keine Sicherheit beim Betrieb dieser Anlagen. Die Endlagerung des radioaktiven Mülls ist völlig ungeklärt. Die sich wiederholenden Berichte von Störfällen in deutschen und anderen europäischen Atomkraftwerken, das sind keine Erfindungen von Medien. Das von Vattenfall betriebene Atomkraftwerk in Forsmark in Schweden ist ja hier nur ein Beispiel, darüber konnten wir auch genug hören. Es bleibt dabei, Atomenergie ist eine Energie der Vergangenheit und der von Rot-Grün mühsam zusammengebrachte Kompromiss, den die jetzige Berliner Regierungskoalition fortführt, ist das Mindeste, was wir nachkommenden Generationen schuldig sind. Da nützt es vergleichsweise wenig, wenn wir jetzt auch zu europäischen Nachbarn schauen, nach Schweden oder nach Finnland - das können wir tun bei der Bildungspolitik, aber bei der Atomenergie nicht, die ist dort genauso falsch, wie sie im Iran falsch ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Unruhe bei der CDU)

Wir sollten auch nicht heucheln. In der Bundesrepublik haben wir nicht den Ausstieg aus der Atomenergie. Wir haben bestenfalls den Einstieg in den Ausstieg. Bis zum Jahr 2021 wird es in Deutschland noch Atomkraftwerke geben und das wollen wir auch nicht vergessen. Wir wollen auch nicht vergessen, im Jahr 2006 ist der Anteil der Kernenergie an der Gesamtproduktion weiterhin stabil bei 27 Prozent geblieben, genau wie im Jahr zuvor.

(Zwischenruf Abg. Carius, CDU: 50 Pro- zent Hochlast.)

Absolut ist er sogar gestiegen von 155 Mrd. Kilowattstunden auf 159 Kilowattstunden, das ist Realität. Daraus kann es auch nur eine Schlussfolgerung geben, die muss sein: Es muss mehr für den Ausbau erneuerbarer Energien geleistet werden, aber es muss mehr geleistet werden auf dezentraler Ebene. Da gibt es neben Windenergie die Solarenergie, da gibt es Geothermie, da gibt es Biomasse und, und, und. Die gilt es auch nach den regionalen Gegeben

heiten vor Ort einzusetzen. Dann, werte Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir diese 380 kV nicht. Danke schön.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das Wort hat der Abgeordnete Wetzel, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, werte Gäste! Frau Enders, das war jetzt Showtime. Entsetzt hat mich Ihr Ausspruch: „mit allen, auch außerparlamentarischen Mitteln bekämpfen“.

(Zwischenruf Abg. Kubitzki, Die Links- partei.PDS: Revolution!)

Hier müsste man mal fragen, wie Sie das gemeint haben, parlamentarische Mittel setzen Sie ja schon ein. Ich weiß nicht, woher Sie, auch Herr Kummer, aus dem Antrag 4/2732 auch nur im Ansatz das Wort zur Debatte einer Atomenergiedebatte herleiten. Das ist einfach schon wieder so irreführend, dass man morgen eventuell in der Zeitung lesen könnte, wir hätten hier bei der Atomenergie den Ausstieg aus dem Ausstieg beschlossen.

(Zwischenruf Abg. Kummer, Die Links- partei.PDS: Das ist ja das, was Ihre Par- tei immer anspricht.)

Und dann noch eines: Sie können es eben auch nicht ertragen, Frau Enders, dass sich auch andere Parteien Gedanken über ihre Umwelt, über ihre Menschen, für ihre Menschen und zu ihren Menschen machen, und aus dem Grunde, wenn Sie richtig zugehört hätten - ich werde jetzt versuchen, möglichst nicht aus dem letzten Bau- und Verkehrsausschuss zu zitieren -, wüssten Sie, dass Ihre Anhörung eine Schmalspuranhörung geworden wäre und unsere, die wir heute mit unserem Antrag ja letztendlich auch beginnen, eine weitaus breitere Debatte über das ganze Thema herleiten soll und herleiten wird.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Habe ich da was verpasst, von Anhörung steht da nichts.)

Aber, Herr Höhn, ich bin doch noch nicht fertig. Man könnte meinen, Frau Enders, Sie haben sich mit technischen Lösungen der feinsten Art schon in Verbindung gesetzt und Sie planen nun den Tunnel für die 380-kV-Leitung, so wie ein ICE-Tunnel und ein Autobahntunnel existiert, und es soll dann der Rettungstunnel gleichzeitig sein. Ich weiß nicht, wie Sie

den Tunnel bauen wollen, aber fest steht, selbst wenn es ein unterirdisches Bauwerk würde, würde bei einer 380-kV-Leitung der Tunnel 35 Meter breit sein müssen, wenn er überhaupt existiert.

(Zwischenruf aus dem Hause)

Breit, nicht hoch übereinander - Sie wissen ganz genau, warum, wegen der Wärme. Das kriegen Sie in einer Röhre nicht gebacken, unten, in der Mitte und oben Leitungen, sondern Sie kriegen es nur gebacken, wenn Sie unten auf der Ebene etwas hineinlegen. Damit, denke ich mal, scheidet das aus und es scheidet, glaube ich, auch aus das Thema, es alles in 110-kV-Leitungen aufzuteilen, wie der bündnisgrüne Kollege bei der Anhörung in Ilmenau verkündet hat, man müsse ja nicht in 380-kV-Leitungen denken. Ich glaube, Frau Enders, wir haben alle noch gelacht, auch hier in dem Hause, als in Kalifornien angeblich das doch so liberale Netz zusammenbrach, weil das Land Kalifornien sich nicht um seine Energieversorgung kümmert. Da haben wir hier richtig gelacht in Europa, auch in Deutschland und in Thüringen. Dass man in Kalifornien und in Amerika mittlerweile 750-kV-Leitungen plant und wahrscheinlich schon im Bau hat, sogar über 950-kV-Leitungen nachdenkt, sollte uns stutzig machen, spätestens an dem Tag, an dem unsere in Thüringen liegenden Kommunen im November Lichtflackern hatten, in Spanien und Frankreich und alten bundesrepublikanischen Stellen in Größenordnungen über Tage Ausfälle. Das ist also gar kein so fernes Thema, auch für uns nicht, und wir sollten das als eine sehr ernste Debatte nehmen, wenn wir uns über das Thema Energie unterhalten. Das ist nicht so einfach abzutun und auch nicht so populistisch abzutun, wie Sie das versuchen. Jetzt höre ich mit Ihnen auf, sonst brauche ich noch eine Viertelstunde, allein Sie zu belehren, aber ich weiß ja, Sie sind zumindest lernfähig, das habe ich heute verstanden, versuchen Sie es.

Mein lieber Kollege Michael Krapp,... ist natürlich reizvoll, das will ich hier schon sagen, aber bitte nicht nach dem Sankt-Florians-Prinzip alles erdenken. Ich habe da schon in meinem Dorf eine 380kV-Leitung und eine 240-kV-Leitung, das hieße, die zweite 380-kV-Leitung ginge dann auch noch mit dadurch, weil sie nirgendwo anders mehr durchgehen könnte. Frau Enders, ich habe Ihnen schon einmal gesagt, es hilft sogar im Sommer gegen schwere Gewitter, Sie kommen einfach nicht mehr dahin, wo Sie sonst hingekommen sind, sondern Sie ziehen der Leitung entlang.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schubert, Sie haben so auf die Union eingedroschen vorhin, haben Sie wieder einmal keine Lottomittel gekriegt?

(Zwischenruf Abg. Dr. Schubert, SPD: Was für Regionen, was für Lottomittel?)

Ja, könnte doch sein, wer so auf die Union vorhin eingedroschen hat - ich hatte das Gefühl, Sie haben gestern wieder eine Ablehnung gehabt oder heute womöglich. Also, darüber sollten wir noch einmal reden, das kann ja wohl nicht sein.

(Zwischenruf Abg. Dr. Schubert, SPD: Sie bewilligen die wohl?)

Ganz im Gegenteil, ich bin hier keine Landesregierung, aber ich will Ihnen eines ins Stammbuch schreiben, 60 Prozent aller Windkrafträder in der Welt - und ich rede nicht von Windmühlen - stehen in Deutschland; nur, damit wir wissen, worüber wir reden. Wir wissen auch, worüber wir reden, denn wir wissen, dass da auch mal kein Wind geht und wo ich diese Energie aber vorhalten muss, denke ich, wir auch. Das Ohmsche Gesetz - ich denke, hier sind doch so viele Techniker im Hause -, wissen wir, wenn ich da so viel reinbringe, ich auch da so viel wegbringen muss. Sonst passiert nämlich das, was bei Vattenfall schon fast zweimal in den letzten drei Jahren passiert wäre, dass das Netz heruntergetropft wäre, wenn sie einmal nicht auf den Hebel des alten RWE-Netzes zugegriffen hätten, mit Millionen Strafen hinterher, und zum anderen nicht die Möglichkeit gehabt hätten, in zwei Pumpspeicherwerken die Pumpen anzulassen und somit auch zu pumpen. Denn wir hatten einen dritten Feiertag zu Weihnachten, an dem ein riesiger Wind ging, kein Kyrill, nur einfacher Wind, so viel, weil kein Mensch auf Arbeit war und die Maschinen nicht ansprangen, früh um sechs und so viel Strom in der Leitung war, dass es nämlich passiert wäre, wenn sie nicht den Hebel zum RWE-Netz umgeschaltet hätten.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, Die Linkspartei.PDS: Na und, das ist doch eigentlich kein Problem!)

Frau Scheringer-Wright, Sie können eine Zwischenfrage stellen, Sie können sich auch hier vorn an das Pult begeben. Gestatten Sie die Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Wetzel?

Es würde mich wieder nur verwirren, so wie gestern Abend. Das muss nicht sein.

(Zwischenruf Abg. Dr. Klaubert, Die Linkspartei.PDS: Aber da waren andere verwirrter!)

Ich glaube, um das auch Herrn Kummer noch ins Stammbuch zu schreiben, alternative Energien, da ist Thüringen, glaube ich, in der Solarenergie führend.

(Heiterkeit bei der CDU)

Dafür hat der Ministerpräsident voriges Jahr sogar eine Bundesauszeichnung erhalten. Ich glaube, Thüringen ist führend in der Wasserkraftenergie und ich glaube - mein Zwischenruf war damals leider nicht hörbar, deshalb will ich es jetzt einmal hier einbringen, dass wir es im Protokoll wenigstens haben -, Sie haben vor zwei Monaten einmal davon gesprochen, unsere Talsperren, die alle im Tal liegen. Da habe ich dazwischengerufen, sonst würden sie ja Bergsperren heißen, wenn sie auf dem Berg wären. Da haben wir aber Pumpspeicherwerke und die liegen auf den Bergen. Diese Pumpspeicherwerke haben natürlich eine ideale fantastische Lösung beim Stromhandel. Das haben Sie richtig erkannt, Frau Enders. Aber ich kann Ihnen sagen, da wird selbst im Minutenpreis richtig Geld verdient. Stellen Sie sich mal vor, die Transmission, diese Leute von Vattenfall, die machen richtig Geld damit. Hoffentlich, damit sie nicht untergehen - wer weiß, was sonst für ein Stromunternehmen kommt und uns hier in den neuen fünf Bundesländern und in der Freien und Hansestadt Hamburg versorgen wird.

Auch Herrn Kummer in das Stammbuch geschrieben, es ist wirklich unerträglich, dass Sie das zweimal versucht haben, anhand eines Antrags - Drucksache 4/2732 - den Ausstieg aus dem Ausstieg zu erklären. Das ist das eigentlich Widersinnige, es geht ja nicht umsonst nach Redwitz, diese 380-kV-Leitung. Denn dort in Schweinfurt sind Verteilungsnetze und in Redwitz liegen Verteilungsnetze an, dass, wenn dieser Tag kommt, der Ausstieg aus der Kernenergie in Schweinfurt, auch diese Leitungssysteme wieder vernetzbar sind. Nun müssen wir hier überhaupt nicht orakeln, wohin die Bundesrepublik Deutschland demnächst bei Netzstrukturen denkt, ich denke, es obliegt uns hier und heute nicht und auch nicht nächstes Jahr. Aber es bestehen seit der deutschen Wiedervereinigung ganze drei Stromleitungen über diese ehemalige innerdeutsche Grenze. Allein die Abschaltung bei E.ON im Netz, da war es zum Schluss bis nach Wien, dass das gesamte Leitungssystem zusammenbrach. Erst in Wien wurde es wieder abgefangen. Also das ist nicht eben ein Kinderkram, von dem wir reden. Strom hat wirklich die Wirkung, wenn man da ranfasst, das merkt man.

(Heiterkeit im Hause)

Nun will ich aber zu allem und zu guter Letzt versuchen, in aller Ruhe, in aller Gelassenheit etwas zur Drucksache 4/2732 „Feststellungen der energiewirtschaftlichen und versorgungsseitigen Notwendigkeit

der 380-kV-Südwestkuppelleitung für die Abschnitte Vieselbach-Altenfeld und Altenfeld-Redwitz“ sagen.

Abgeordneter Wetzel, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Höhn?

(Heiterkeit im Hause)

Nein. Frau Präsidentin, Herr Höhn möge sich jetzt erst mal wieder hinsetzen. Es würde jetzt wirklich stören.

(Heiterkeit im Hause)

Herr Höhn, es wird keine Zwischenfrage zugelassen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herr Höhn, ich komme zu Ihnen, das verspreche ich Ihnen. Danach können wir noch mal darüber reden. Ich gebe Ihnen ein Zeichen.

Ich versuche jetzt noch mal, diesen Punkt 2 in aller Ruhe und aller gebotenen Würde dieses Hauses vielleicht zu beleuchten.

(Heiterkeit im Hause)

Tatbestand ist, meine Damen und Herren Kollegen, eine privatwirtschaftliche Firma, hier in dem Falle die Firma Vattenfall und nicht der Freistaat Thüringen oder das Ministerium Bau und Verkehr, sondern die Firma Vattenfall hat ein Raumordnungsverfahren für eine Höchstspannungsleitung 380 kV von Vieselbach nach Altenfeld beantragt. Das Verfahren wurde am 24. Mai 2006 eröffnet. Die obere Landesbehörde beabsichtigt, die umfangreiche landesplanerische Beurteilung und damit das Verfahren noch im I. Quartal dieses Jahres möglichst abzuschließen; denn aus allen Stellungnahmen im Rahmen der Beteiligungsverfahren nach § 20 unseres Landesplanungsgesetzes zum Abschnitt VieselbachAltenfeld, man höre genau hin: Abschnitt VieselbachAltenfeld, seitens der zuständigen Fachplanungsträger ist ersichtlich, dass die eingereichten Antragspapiere in den fachlichen Bewertungen überwiegend zu bestätigen sind. Die beteiligten Kommunen lehnen überwiegend das Projekt in grundsätzlicher Art ab. Diese Haltung wird begründet mit den erheblichen Eingriffen in die Natur und Landschaft und dem Fehlen einer notwendigen Begründung des Baus einer

380-kV-Leitung.

Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung äußern sich auch Bürgerinnen und Bürger, Bürgerinitiativen in gleicher, ähnlicher Weise. Am 23. Mai fand die dem Raumordnungsverfahren vorgelagerte Antragskonferenz für den dritten Abschnitt Altenfeld in Richtung bayrischer Landesgrenze bis Redwitz statt. Wann dieses Raumordnungsverfahren beginnt und wann es das Unternehmen beantragt, wissen wir nicht, sondern erst dann, wenn es im Unternehmen fertiggestellte Unterlagen gibt, wird das sicherlich beginnen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das hat doch der Herr Staatssekretär vorhin schon gesagt.)