Protokoll der Sitzung vom 02.03.2007

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist aber nur die eine Seite der Medaille, die andere strahlt nicht allzu sehr. Der Antwort der Landesregierung ist nämlich auch zu entnehmen, dass die Entlohnung studentischer Hilfskräfte in Thüringen im deutlichen Widerspruch zur quantitativen und qualitativen Bedeutung der von ihnen erbrachten Arbeitsleistungen steht. Aufgrund einer Festlegung des Finanzministeriums erhalten studentische Hilfskräfte in Thüringen seit 2004 an Universitäten eine Stundenvergütung von 6,53 € und an Fachhochschulen von 4,73 €. Damit liegt Thüringen im Ostländervergleich auf dem letzten Platz. In den anderen neuen Bundesländern beträgt die Studentenvergütung an Universitäten 6,95 € und an Fachhochschulen 4,83 €. Das sind zwar keine riesigen Diskrepanzen, aber ich denke doch, dass Thüringen gut beraten wäre, die studentischen Hilfskräfte von heute, die ja oftmals den wissenschaftlichen Nachwuchs von morgen bilden sollen, so zu bezahlen, wie es in Ostdeutschland nun einmal üblich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was bei einer adäquaten Vergütung studentischer Hilfskräfte machbar ist, zeigt uns das Beispiel Berlin. Dort gibt es bereits seit 1979 einen eigenen Tarifvertrag für diese universitäre Beschäftigungsgruppe. Er sieht in seiner aktuellen Fassung für den gesamten Hochschulbereich der Hauptstadt eine einheitliche Stundenvergütung von 10,98 € vor. In diesem Stundensatz sind zudem 13 Cent als anteiliges Urlaubsgeld enthalten. In Thüringen liegt der Vergütungssatz an Universitäten um fast 40 Prozent und an Fachhochschulen um fast 60 Prozent unter der Berliner Studentenvergütung. Und von einem Anspruch auf Urlaubsgeld können die studentischen Hilfskräfte im Freistaat nur träumen. Eine tarifvertragliche Regelung wie in Berlin wäre daher sicherlich auch für Thüringen ein Optimum. Angesichts der Haushaltslage des Landes, aber auch im Hinblick auf die Tatsache, dass es einen derartigen Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte bisher auch nur in der Hauptstadt und in keinem anderen Bundesland gibt, sollte man jedoch realistisch bleiben. Nicht alles, was uns wünschenswert erscheint, ist derzeit wirklich machbar. Wofür ich allerdings eintrete, ist eine Anpassung der in Thüringen gezahlten Studentenvergütungen an die Sätze der übrigen ostdeutschen Länder. Gute Arbeit soll auch angemessen bezahlt werden. Das gilt nicht zuletzt für den Hochschulbereich, für den die viel

fältige Unterstützung durch studentische Hilfskräfte unverzichtbar ist. Die Gesamtkosten für eine derartige Vergütungsangleichung würden nach meinen Berechnungen bei rund 500.000 € jährlich liegen. Das ist ein Betrag, den der Freistaat durchaus aufbringen kann, um die Bezahlung der studentischen Hilfskräfte auf das in Ostdeutschland übliche Niveau zu bringen, und ich sage hier bewusst, der Freistaat. Denn den Thüringer Hochschulen, die durch den Hochschulpakt seit Jahren eine unzureichende Mittelausstattung durch das Land erhalten, will ich diese Mehrkosten wahrlich nicht auflasten. Im Moment laufen ja die Gespräche des Kultusministeriums mit den Hochschulen über den kommenden Hochschulpakt, der dann erstmals „Rahmenvereinbarung“ heißen wird. Ich halte dies für eine gute Gelegenheit, um für kommende Jahre eine angemessene Vergütung studentischer Hilfskräfte festzuschreiben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie wir vom Kultusminister ja seit den Theater- und Orchesterverhandlungen wissen, geht es ihm bei Finanzvereinbarungen nicht um Punktlandungen. Daher müsste eine Vergütungsangleichung bei etwas gutem Willen des Ministeriums möglich sein, ohne den Gesamtrahmen der Hochschulfinanzierungen zu sprengen. Von diesem guten Willen gehe ich bis zum Beweis des Gegenteils einfach einmal aus. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Linkspartei.PDS hat sich Frau Abgeordnete Hennig zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich gebe zu, es hat einen gewissen Charme, Herrn Seela so verunsichert am Pult zu sehen, aber ich hoffe, nach meiner Rede sind Sie etwas schlauer, was wir mit der Anfrage bezweckt haben.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: War ich verunsichert? Nein.)

Ich habe versucht, eine kleine Anfrage aus diesem Thema zu machen, aber aufgrund des umfangreichen Zahlenmaterials und des Umfangs der Antwort hat die Landtagsverwaltung doch darauf gedrungen, eine Große Anfrage daraus zu machen. Also Sie sehen, wir hatten dieselbe Idee, aber die Umsetzung war schwierig. Von daher haben wir wenigstens hier die Gelegenheit, die Anfrage zu beraten, und ich beantrage jetzt schon die Fortberatung im entsprechenden Ausschuss.

Hintergrund dieser Großen Anfrage war eine Bitte von Studierenden, doch die Zahlen mal abzufragen und vor allen Dingen den Missstand im Umgang mit studentischen Hilfskräften an allen Hochschulen bundesweit deutlich zu machen und was eigentlich als Selbstverständlichkeiten an Hochschulen, damit auch an Thüringer Hochschulen, gepflegt wird.

Die Große Anfrage beschäftigt sich zunächst erst einmal mit einem Thema, was viele oder, sagen wir mal, einige nicht für beachtenswert halten, möglicherweise auch für aufgesetzt. Aber ich denke, das ist nicht der Fall. Gerade mit Blick auf die FAZ vom 24.02. und dem Bericht zu steigenden akademischen Beschäftigungen wird deutlich, wie wichtig dieses Thema für wissenschaftlichen Nachwuchs ist. Erfurt hat da zum Beispiel eine Beschäftigung von 13 Prozent weniger akademischem Personal als 2001, damit einsam die rote Laterne unter 16 ausgewählten Städten in den anderen Bundesländern. Sie werden zugeben, dass dieses Thema unweigerlich etwas mit Förderung von wissenschaftlichem Nachwuchs und Umgang mit Forschung und Wissenschaft zu tun hat. Herr Seela, Sie haben richtig orakelt, mir geht es in erster Linie natürlich um die studentischen Beschäftigten. Sie haben schon erwähnt, wonach die Tarifgemeinschaft der Länder unterscheidet, und deswegen auch der Titel „Wissenschaftliche Hilfskräfte an Thüringer Hochschulen“, um dort auch ganz klar einmal die Unterscheidung zu bekommen.

Ebenfalls wurde schon erwähnt, wonach die studentischen Beschäftigungsverhältnisse angeordnet werden, wer welche Stundensätze festlegt, dass wir bei 92,5 Prozent des Westniveaus sind und dass es keine Erhöhung des Stundensatzes im Berichtszeitraum gab, also seit etwa 2000.

Sehr geehrte Damen und Herren, studentische Beschäftigungsverhältnisse sind nicht nur in Thüringen als problematisch zu bezeichnen. Die FH Weihenstephan zahlt zum Beispiel - und das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen - 3,06 € die Stunde an studentische Beschäftigte. Studentische Beschäftigte stehen scheinbar naturgemäß am unteren Ende der Beschäftigungshierarchie und ihr Wert für Arbeit und Forschung, Lehre und Verwaltung an Hochschulen wird teilweise sehr gering bemessen, obwohl - und da gebe ich meinen beiden Vorrednern recht - die Bedeutung nicht so gering zu schätzen ist. „Man muss es sich leisten können“ ist der Titel einer Studie zu studentischen Hilfskräften von Ada-Charlotte Regelmann für die GEW 2004. „Man muss es sich leisten können“ beschreibt am ehesten die Situation studentischer Beschäftigter an Thüringer Hochschulen. Die Thüringer Landesregierung betont, dass - und jetzt zitiere ich, Frau Präsidentin - „sich die Wertigkeit wissenschaftlicher Hilfskräfte weder zwischen den Hochschulen

noch nach der Hochschulart unterscheiden.“ Am Ende bitte, Herr Schwäblein.

Ich hätte Sie jetzt fast gefragt, ob Ihnen der Herr Schwäblein eine Frage stellen darf.

Am Ende.

Herr Schwäblein, stellen Sie die Frage am Schluss bitte.

Also noch einmal: Die Wertigkeit wissenschaftlicher Hilfskräfte unterscheidet sich weder nach Hochschulen noch nach der Hochschulart. Dennoch liegt der gezahlte Satz für eine studentische Hilfskraft seit 2004 bei 6,53 € - wir hatten das bereits - an Universitäten und Kunsthochschulen und dagegen bei 4,73 € - also fast 2 € weniger pro Stunde - an Fachhochschulen. Warum?

Ähnlich gravierende Unterschiede existieren im Übrigen auch bei den wissenschaftlichen Hilfskräften mit Hochschulausbildung.

Das Bild schwieriger studentischer Beschäftigungsverhältnisse an Thüringer Hochschulen bekommt viel mehr Gesicht, wenn man die GEW-Studie zu studentischen Hilfskräften für die Auswertung der Großen Anfrage hinzuzieht. Danach können studentische Beschäftigte in vier bis sechs Monaten - so lange dauert in der Regel ein Arbeitsvertrag - mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 40 Stunden im Monat je nach Hochschulart in Thüringen ein monatliches Taschengeld von ca. 190 bis 260 € dazuverdienen. Die Beschäftigung ist nicht planbar, weil in der Regel keine langfristigen Verträge abgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass studentische Beschäftigte auch in der Regel nicht über ihren Urlaubsanspruch - 24 Tage nach Bundesurlaubsgesetz - bzw. Krankheitsregelungen juristisch informiert werden. Da würde mich schon mal die Fragestellung interessieren, Herr Seela, ob Sie Ihre studentischen Hilfskräfte in Ihrem Umfeld auch danach gefragt haben, ob sie Urlaub beantragen.

(Zwischenruf Abg. Seela, CDU: 6,50 €)

Ja, das ist der Lohn pro Stunde, ich fragte gerade nach dem Urlaub, ob Ihre studentischen Hilfskräfte auch Urlaub nehmen, Urlaub beantragen, Vertretung in der Zeit haben oder nicht.

Auch die Landesregierung kann keine Angaben zu geltend gemachten Urlaubsansprüchen und Vertretungen im Krankheitsfall für Studierende tätigen. Vielleicht, weil es so etwas nicht gibt, denn in der Regel werden nicht einmal Überstunden erfasst bzw. vergütet. Nichtwissen bei Studierenden führt in dem Fall zu Nichtinanspruchnahme. Da studentische Beschäftigte nach Thüringer Hochschulgesetz - und da ist der entscheidende Unterschied - lediglich über ihren Status als Studierende Mitglieder der Hochschule sind, haben sie über deren Recht hinaus keinen Anspruch - ich wiederhole, keinen Anspruch - auf Mitwirkung bzw. Personalvertretung als wissenschaftliche Hilfskräfte, und das ist ein Riesenproblem. Änderungen sind seitens der Landesregierung nicht geplant, aber, ich denke - und meine Fraktion steht da auch hinter mir -, dringend geboten. Sie haben es schon erwähnt, studentische Beschäftigte gehören immer mehr zu den Säulen, die den Betrieb der Hochschulen in Thüringen aufrechterhalten. Etwa 4 Prozent Thüringer Studierender - absolut etwa 2.000 - sind als studentische Hilfskräfte an Hochschulen des Landes im Jahr 2005 beschäftigt gewesen. Die Zahl der Beschäftigungsverhältnisse schwankt - von Jahr zu Jahr ist das sehr unterschiedlich - von 1.500 bis knapp 2.300. Da ist eine kleine Korrektur, Herr Eckardt, der Beschäftigungsanteil liegt zwar bei 20 Prozent, aber dadurch, dass Studierende im Monat 40 Stunden machen und nicht in der Woche, ist dieser Anteil noch mal zu vierteln.

Bei Beachtung der Inhalte studentischer Beschäftigung wird die Dimension ihrer Beschäftigung an den Thüringer Hochschulen sehr deutlich. Das reicht von Tutorium, von inhaltlicher Forschungsarbeit, aber auch über Kaffee kochen und Telefondienst. Im Jahr 2005 waren die höchsten Anteile studentischer Hilfskräfte über alle Hochschulen in Thüringen hinweg in den Bereichen Wirtschaftsrecht und Sozialwissenschaften zu verzeichnen. Die am meisten frequentierten Fachbereiche müssen wohl am ehesten durch studentische Hilfskräfte abgesichert werden. An dieser Stelle und mit dieser Anfrage macht sich auch ein Stück weit die finanzielle Situation der Thüringer Hochschulen kund. An der Bezahlung, Entlohnung und im Umgang mit studentischen Beschäftigten zeigt sich doch, in welcher Zwangslage Thüringer Hochschulen sind. Die Unterfinanzierung der Hochschulen in Thüringen lässt eine personelle Ausstattung auf durchgängig qualitativ hohem Niveau eben nicht zu. Über die Auswirkungen auf die Qualität der hochschulischen Bildung muss man an dieser Stelle tatsächlich nur pro forma hinweisen. Ich habe mich bei der Auswertung der Zahlen natürlich genauso bemüht wie Herr Seela. Dennoch bedanke ich mich auch beim Thüringer Kultusministerium, muss aber an der Stelle sagen, dass es fast nicht auswertbares Material war. Auch die FSU ist nicht auswertbar, scheint aber den höchsten Anteil, gemessen an Be

schäftigten, an studentischen Hilfskräften über alle Fachbereiche hinweg zu haben. Was erstaunlich war, eher weniger häufig sind Studierende in Hochschulverwaltungen eingesetzt.

Ein weiterer spannender Punkt - und da komme ich auf die Fragestellung von Herr Seela: „Wie zufrieden seid ihr mit eurer Beschäftigung als studentische Hilfskraft?“ - betrifft die Motivation, warum Studierende sich als studentische Hilfskräfte anstellen lassen. Die häufigste Motivation studentischer Beschäftigung wird mit Qualifizierungs- und Weiterbildungs- als auch Karrierechancen beschrieben, die Studierende gern wahrnehmen. Kontakte knüpfen, tiefer in Fachbereiche einsteigen, Forschungsarbeit leisten und Professoren näher kennenlernen, das sind die häufigsten Antworten. Dennoch entsteht eine Arbeitsleistung - und das sollten wir nicht vergessen -, die nicht mit Eigeninteresse und mit prekären Verhältnissen begründet bzw. gerechtfertigt werden darf. Ein zu beachtendes Merkmal studentischer Beschäftigung ergibt sich möglicherweise auch aus der sozialen Herkunft studentischer Beschäftigter, die die GEW-Studie erfasst hat. Der weit überwiegende Teil studentischer Beschäftigter stammt aus einem hochgebildeten Elternhaus, deren sozialer Status sich entsprechend gestaltet. BAföG-Ansprüche können weniger Studierende geltend machen, als es anteilig an der gesamten Studentenschaft der Fall ist. Beschäftigte Studierende sind weit mehr auf Zuweisungen ihrer Eltern angewiesen und gehen seltener einem Nebenjob nach. An der Stelle verweise ich ausdrücklich auf die GEW-Studie. Hinzu kommt, dass als die am häufigsten angegebene Rekrutierung für den Job als studentische Hilfskraft die persönliche Ansprache durch den Professor genannt wurde. Man könnte also davon ausgehen, dass sie studentische Hilfskräfte aus einem bestimmten akademischen Milieu rekrutieren, denen ein bestimmter Habitus und ein entsprechendes Verhalten zugesprochen werden kann. Das bedeutet, dass sich aus studentischen Beschäftigungsverhältnissen möglicherweise zwar ein enormer Qualifikations-, Weiterbildungs- und Karriereeffekt ergeben kann, diese Möglichkeit aber nicht allen Studierenden zur Verfügung steht. Herr Seela hat da, glaube ich - ich möchte das jetzt nicht zu eng betrachtet wissen -, von Absahnen einer studentischen Hilfskraftstelle gesprochen. Benachteiligungen durch soziale Herkunft werden auch in diesem Bereich fortgeführt und Wissenschaft reproduziert sich aus sich selbst heraus.

Sehr geehrte Damen und Herren, um studentische Beschäftigung ein Stück weit einordnen zu können, empfiehlt es sich, die 17. Sozialerhebung und da die Thüringer Auszählung hinzuzuziehen. Die Thüringer Studierenden haben die geringsten Gesamteinnahmen - 651 € im Monat - im bundesdeutschen Vergleich zu verzeichnen. Fast die Hälfte bestreitet ihren

Lebensunterhalt mit Einnahmen bis zu 600 €, was dem Bedarf - nach Rechtsprechung - im Monat entgegenkommt. Etwa 50 Prozent der Studierenden in Thüringen sind neben dem Studium erwerbstätig, 22 Prozent von ihnen laufend. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit liegt auch ähnlich wie bei studentischen Beschäftigten an Hochschulen bei etwa 12 Stunden, der Nettolohn - und da wird es jetzt spannend - liegt für einen Nebenjob bei etwa 7 € die Stunde, also weit höher als es an Thüringer Hochschulen der Fall ist. Studierende in den neuen Bundesländern verdienten im Durchschnitt 8 € pro Stunde, Studierende in den alten Ländern 10 €. Fast zwei Drittel Thüringer Studierender - und das wären dann in etwa 65 Prozent - erhielten 7 € oder weniger pro Stunde. In der gesamten Stichprobe liegt dieser Anteil bei etwa einem Drittel. Also noch einmal: Zwei Drittel Thüringer Beschäftigter verdienten etwa 7 € oder weniger die Stunde, in der gesamtdeutschen Stichprobe sind es etwa nur ein Drittel.

Der eigene Verdienst - und das wird wieder ganz witzig an dieser Stelle - beträgt bei den Studierenden in Thüringen 2003 87 €. Vor dem Hintergrund der 17. Sozialerhebung und der Antwort auf die Große Anfrage der Linkspartei.PDS kann man die These von Ada-Charlotte Regelmann „Man muss es sich leisten können.“ nur als bestätigt sehen.

Frau Abgeordnete Hennig, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Seela?

Am Ende bitte.

Auch er am Ende bitte.

Studierende bedienen also den Niedriglohnsektor an Thüringer Hochschulen ohne Personalvertretung und wissen um ihre Rechte. Dass es anders geht, hat mein Kollege von der SPD-Fraktion schon mehr als deutlich gemacht. Es gibt das Berliner Modell eines Tarifvertrags schon seit 1986, in dem Probezeit, Arbeitszeit, Umfang und Definition von Aufgaben geregelt sind, in dem eine Vergütung von 10,98 € die Stunde aktuell gezahlt wird - das erhalten in Thüringen nicht einmal wissenschaftliche Hilfskräfte mit Hochschulabschluss -, in dem ein Urlaubsanspruch von 31 Tagen im Jahr geregelt ist und Ähnliches. Für zukünftige Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Person der studentischen Beschäftigten gehört es zur Normalität, hochqualifizierte Arbeit für wenig Geld zu

leisten, keine Personalvertretung zu kennen und Ansprüche nicht durchzusetzen. Nicht umsonst sprechen wir an der einen oder anderen Stelle von prekärer Wissenschaft und Wissenschaftlerinnen, die mit ihrer Arbeitskraft die größten Sponsoren des unterfinanzierten Hochschulsystems sind.

Man lernt ja an der einen oder anderen Stelle dazu, die Große Anfrage hat längst nicht alle Fragen abgedeckt, die wir haben. Deswegen habe ich einige Kleine Anfragen nachgereicht zur Finanzierung, zur Dauer, zum BAföG bzw. inwieweit die Landesregierung das Berliner Tarifmodell für gerecht hält und auch für übertragbar auf Thüringen, könnte mich aber auch an der Stelle dem Vorschlag der SPDFraktion annähern. Die Beantwortung der Kleinen Anfragen, Herr Seela, wird sicherlich hilfreich für die Fortberatung im Ausschuss sein, die wir ja hoffentlich auch mit Ihren Stimmen vollziehen können. Parallel dazu fordern wir natürlich die Anhebung der Stundenhöchstsätze für studentische Beschäftigte auf einen Mindestlohn von 8 € die Stunde - wir hatten dieses Thema heute schon mal -,

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

die Regelung und Realisierung einer Personalvertretung für studentische Beschäftigte, die Aufhebung der Benachteiligung in Höhe der Stundensätze der unterschiedlichen Hochschularten, die Einhaltung von Ausschreibungspflichten und die Aufhebung der unterschiedlichen Ost- und Westtarife. Die Landesregierung hat an dieser Stelle genug Handlungsspielraum, den wir sicherlich im Ausschuss auch gemeinsam ausloten können.

Zusammen mit außerparlamentarischen Partnern und Studierenden werden wir das Thema „Studentische Beschäftigung“ wieder in den Fokus der Öffentlichkeit bringen und Verbesserungen, wie ich sie gerade genannt habe, versuchen voranzutreiben. Unabhängig davon streitet meine Fraktion - und das wird auch in diesem Jahr wieder ganz aktuell - für eine finanziell besser ausgestattete Hochschullandschaft, die die Qualität von Lehre und Forschung in den Mittelpunkt stellt und in der der demokratische Prozess in allen Fragen und Bereichen zur Selbstverständlichkeit gehören. Es ist nicht tragbar, dass Arbeitnehmerinnen im Wissenschaftsbereich, egal auf welcher Ebene, mit ihrer eigenen Arbeitskraft und der Akzeptanz niedriger Entlohnung - und das ist ja ein Problem, womit, glaube ich, die Anfrage so ein bisschen aufräumt - die größten Sponsoren des unterfinanzierten Hochschulsystems sind.

Ich hoffe, nach meiner Rede ist etwas deutlicher, worauf wir hinauswollen mit der Großen Anfrage. Sie haben das wunderbar gemacht, Herr Seela, ich kann Sie nur noch mal loben und Sie haben sehr gut

orakelt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Moment mal, Frau Hennig, Sie haben eigentlich versprochen, dass Sie die Anfragen der beiden Herren jetzt noch zulassen, und zwar erst der Herr Abgeordnete Schwäblein und dann der Herr Abgeordnete Seela.

Vielen Dank. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit verzichte ich auf einen eigenen Redebeitrag und mache das jetzt mit einer Frage. Eine Vorbemerkung: Ich war Anfang der 70er-Jahre selbst Hilfsbremser an der Uni Ilmenau, habe insoweit auch Erfahrungen über das Segment, über das wir jetzt gesprochen haben. Da Sie das wahrscheinlich jetzt schwer nachempfinden können, fragen Sie doch bitte mal Ihre Eltern, ob die nicht glücklich gewesen wären, für 12 Mark West die Stunde arbeiten zu dürfen.

Herr Schwäblein, ich war selbst studentische Hilfskraft an der Uni Erfurt. Ich war froh, überhaupt etwas zu meinem Studium hinzuverdienen zu können. Das Problem ist doch, die meisten Studierenden verdienen nicht mal 12 Mark West die Stunde, sondern weit darunter.

Herr Abgeordneter Seela, bitte.

Danke, Frau Vorsitzende. Frau Kollegin Hennig, meine Frage geht in die fast gleiche Richtung, auch noch mal in Richtung Stundensätze bei den studentischen Hilfskräften. Meine Frage: Wissen Sie, welchen Bruttostundenlohn ein Mitarbeiter eines Wachdienstes oder eine Friseurin haben?

Ich weiß das, das bewegt sich in etwa zwischen...

Die Frage war, glaube ich, an Frau Abgeordnete Hennig gerichtet. Frau Hennig, bitte.

Ich weiß das sehr wohl; ich weiß, in welch niedrigem Sektor sich auch unsere Wachdienstleute im Haus befinden. Trotzdem muss ich an der Stelle sagen, viele Studierende arbeiten in einem wissenschaftlichen Bereich, der eine wesentlich höhere Qualifikation erfordert. Sie erbringen eine Arbeitsleistung und, ich denke, die muss auch entsprechend entlohnt werden. Das Beispiel Berlin zeigt, dass es geht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Mir liegen seitens der Abgeordneten keine weiteren Redemeldungen mehr vor. Ich denke, für die Landesregierung möchte der Kultusminister Prof. Goebel das Wort ergreifen.