Susanne Hennig

Sitzungen

4/2 4/3 4/4 4/6 4/7 4/8 4/9 4/10 4/13 4/15 4/17 4/21 4/24 4/26 4/30 4/34 4/35 4/36 4/38 4/40 4/42 4/43 4/44 4/50 4/51 4/52 4/56 4/57 4/60 4/62 4/63 4/65 4/66 4/67 4/72 4/74 4/78 4/79 4/82 4/85 4/86 4/87 4/94 4/101 4/103 4/104 4/105 4/106

Letzte Beiträge

Räumung des besetzten Hauses und Anwesenheit von Abgeordneten des Thüringer Landtags
Ich frage die Landesregierung:
1. Aufgrund welcher rechtlichen Regelungen war die Polizei berechtigt, Abgeordnete des Thüringer Landtags aus dem Einsatzgebiet weit hinter die Absperrungen zu verweisen?
2. Aus welchen polizeilichen Gründen wurde der Abgeordnete Panse nicht wie andere hinter die Absperrungen verwiesen?
3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass bei dem o. g. polizeilichen Handeln eine Ungleichbehandlung von Abgeordneten vorliegt und wenn ja/nein, wie wird dies jeweils begründet?
4. Wer und auf welcher Grundlage gestattete den Abgeordneten mit unterschiedlichem Maßstab die
Teilnahme und Beobachtung des Einsatzgeschehens?
Die erste Nachfrage beruht ein bisschen auf einer Korrektur Ihrer Aussage. Die Abgeordneten, die von Anfang an anwesend waren, wurden im Laufe des Einsatzes tatsächlich aus dem Einsatzgebiet hinter die Absperrung bewegt, was ich auch so gut nachvollziehen kann. Aber die Abgeordneten Hahnemann und Hennig haben zum Beispiel über den Polizeipsychologen Marx mit der Polizeiführung verhandelt, wieder in Richtung Presse zu gelangen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir schon mitgeteilt, dass der Abgeordnete Panse sich in der Absperrung befindet, und ich kann also nicht davon ausgehen, dass er vom Einsatzgebiet...
... aus der Absperrung verwiesen wurde. Deswegen da noch mal die Nachfrage: Warum ist das nicht passiert?
Zum Zweiten - jetzt war ich selbst vor Ort und ich muss den Einsatzkräften vor Ort auch zugestehen, dass sie natürlich ordentlich gearbeitet haben und es nicht ganz so einfach ist, ohne Presseausweis oder irgendetwas in diese Absperrung zu gelangen. Warum konnte der Abgeordnete Panse auch ohne Presseausweis - davon gehe ich jetzt aus - in diese Absperrung gelangen und Bilder machen?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich glaube, man merkt, dass wir lange nicht mehr über das Thema Ausbildung gesprochen haben und es einiges zu sagen gibt, denn die Ausbildungspolitik in Thüringen steht tatsächlich vor grundlegenden Herausforderungen. Ich glaube, gerade die Mitte dieses Hohen Hauses als auch die Landesregierung unterschätzen das vollkommen.
Was will die Fraktion DIE LINKE? Das haben ja hier einige schon versucht, zu erklären. Ich versuche, es Ihnen mal aus unserer Sicht darzustellen.
Punkt 1: Es geht nicht darum, dass wir sämtliche Förderprogramme verteufeln oder dass alles schlecht wäre, was Sie machen. Um Gottes Willen, darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass wir eine Evaluation der Förderprogramme fordern, die seit 2000 laufen und scheinbar nicht alle zum Erfolg führen. Wir haben seit 2000 einen massiven Rückgang an Lehrstellen. Lediglich die demographische Entwicklung führt dazu, dass wir z.B. einen Anteil der betrieblichen Ausbildungsplätze in einigen Regionen bei 85 Prozent haben, nicht aber die Politik der Landesregierung. Wenn wir von Evaluation der Förderprogramme sprechen, dann muss man sich doch Gedanken darüber machen, wann Fördermaßnahmen laufen, werden die jungen Menschen übernommen, wie sind ihre weiteren Entwicklungen, werden sie beschäftigt, werden sie tatsächlich in Ausbildung vermittelt? Genau das findet sich bei keiner Evaluation. Man muss sich natürlich noch fragen, warum haben wir 48,6 Prozent Altnachfrager? Warum ist die Abwanderung so hoch? Warum ist in der Presse zwei Monate nach Ende des Ausbildungspakts 2008 zu lesen, dass er doch nicht erfüllt werden konnte? Ich denke, da ist es ein bisschen einfach, zu sagen, wir machen das alles schon. Deswegen noch mal die Forderung erneuert - Evaluation der Förderprogramme, die laufen. Das Datum des Antrags hat den Februar 2009, das heißt, die Landesregierung hätte sich schon vorbereiten können, am 1. Juni hier den Bericht zu halten. Noch mal ganz kurz: Es geht um die zielgenaue Förderung, nicht darum Programme zu verteufeln.
Punkt 2: Ich finde, CDU und Landesregierung müssen jetzt langsam mal einig werden, was jetzt Phase ist. Also mal haben wir eine Finanzkrise, dann haben wir keine. Dann gibt es wieder Auswirkungen auf Thüringen, dann wieder doch nicht. Wenn Sie sich in Ihrer Politik einig werden und endlich mal einen roten Faden hätten, dann wäre es vielleicht auch für das Land einfacher.
Deswegen von uns natürlich die Forderung, sich Gedanken darüber zu machen, welche Auswirkungen die Finanzkrise auf Ausbildungsplätze und die Ausbildungssituation in Thüringen hat und bei einem massiven Arbeitsplatzrückgang kann man doch nicht davon ausgehen, dass es keine Auswirkungen geben könnte. Dann lese ich auf der einen Seite von Annette Schavan, wir haben ein Überangebot an
Ausbildungsplätzen. Vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag höre ich, wir werden in diesem Jahr einen Ausbildungsplatzeinbruch von 10 bis 14 Prozent haben und irgendwo dazwischen liegt doch die Wahrheit und auf diesen Weg müssen wir uns begeben. Allianz für Fachkräfte ist für mich nicht der richtige Weg. Ich habe es gerade gesagt, der Ausbildungspakt ist nach wie vor Teil der Fachkräfteallianz und der Ausbildungspakt war in keinem Jahr wirklich erfolgreich. Wir sprechen die ganze Zeit davon, dass es Förderprogramme gibt und so weiter und so fort. Ich glaube, die Landesregierung ist nicht auf die Finanzkrise und die Lehrstellensituation vorbereitet. Wir sprechen zum Beispiel über Opel, wir sprechen über den Erhalt von Opel in Eisenach und das hat auch etwas damit zu tun, wie die Ausbildungsplatzsituation in dieser Region aussehen wird. Wenn ich von der Autoindustrie spreche, genau da sind jetzt die Arbeitsmarktstelleneinbrüche und genau da befindet sich auch eine Masse an Ausbildungsplätzen, die man einfach nicht so hinwerfen darf.
Zu Punkt 3: Der Punkt 3 ist ja einer der interessantesten Punkte des Antrags, weil ich glaube, weder Landesregierung noch CDU-Fraktion wissen wirklich, welche Auswirkungen und welche Ausmaße das auf Thüringen haben kann. Natürlich gibt es seit Februar 2009 einen Vorschlag, wie ein nationaler Qualifikationsrahmen aussehen kann. Das Problem ist nur, wer ihn sich einmal angeschaut hat in seinen 8 Niveaustufen mit seinen 3 verschiedenen Einteilungen und so weiter, wird festgestellt haben, dass er völlig praxisuntauglich ist, abstrakt ist und ich würde sogar mit Ihnen eine Wette abschließen, wenn ich jetzt den Minister frage, an welcher Stelle wird dann jemand eingeordnet, der einen Hauptschulabschluss hat und nichts weiter, jetzt ins europäische Ausland gehen möchte und meinetwegen in Spanien eine Stelle annimmt, ist das Qualifikationsstufe 1, ist das die Null, ist das die 2 und die 3, ist das überhaupt nicht erfasst. Das ist alles nicht klar und, ich denke, dazu macht sich auch Thüringen zu wenig Gedanken. Die Beantwortung meiner Kleinen Anfrage dazu war auch äußerst unbefriedigend, das muss ich sagen. Wenn man noch ein bisschen recherchiert im Internet, dann stellt man fest, Thüringen hat gar nicht so viel Einfluss, weil alle Arbeitsgruppen, die benannt sind, sind ohne Thüringer besetzt und an dieser Stelle würde ich einfach vorschlagen, dass sich die Landesregierung da noch weiter ins Zeug legt. Wenn wir von dem nationalen Qualifikationsrahmen sprechen, dann reden wir von der Zukunft von Menschen, denn auch wenn Sie den europäischen Prozess verfolgt haben, geht es darum, mit diesem Qualifikationsrahmen auch Vergütungsstrukturen in Europa zu schaffen und jeder, den wir
in irgendeiner Art und Weise mit der Einstufung benachteiligen, wird Konsequenzen spüren.
Ich bin der Auffassung, die drei Punkte sind nach wie vor aktuell. Ich würde die CDU-Fraktion bitten, noch einmal zu überdenken, dem Antrag zuzustimmen. Alle Sachen, die ich gerade benannt habe, können im Juniplenum hier berichtet oder wahlweise dem Landesparlament zum 01.06. schriftlich vorgelegt werden. Der Minister hat gerade dargelegt, das ist alles nicht so dramatisch und er hat schon alles; von daher sollte das möglich sein. Ich bitte Sie darum, die Ausbildungssituation nicht immer als ein Anhängsel der Wirtschaftspolitik zu betrachten. Natürlich ist es voneinander abhängig, aber wenn wir nicht mit Leidenschaft um unsere jungen Menschen kämpfen und um ihre Situation, dann wird das leider hier nichts werden. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich möchte nur noch drei, vier kurze unstrukturierte Bemerkungen machen. Zum einen, denke ich, passt die gesamte Debatte, die die CDU führt, in ihr rechtskonservatives Weltbild, das ist klar, und da passt eben nichts hinein,
was außerhalb von Ehe und üblichen Partnerschaften stattfindet. Aus meiner Sicht ist es schon schlimm genug, dass wir hier über Lesben, Schwule, Bi, Hetero oder sonst irgendwie reden müssen. Wenn das in der Gesellschaft verankert und selbstverständlich wäre, dass Lebenspartnerschaften, egal in welcher Form, akzeptiert werden würden, müssten wir uns hier gar nicht verständigen.
Zum Zweiten, liebe CDU-Fraktion, müssten auch Sie wissen, dass es in Ihrer Fraktion, in Ihrer Partei, in Ihrem Umfeld natürlich auch lesbische und schwule Menschen gibt. Nicht umsonst ist schwul oder lesbisch sein keine per se linke Lebenseinstellung. Ich zum Beispiel würde als LINKE niemals die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe fordern. Das ist für mich zu konservativ und ich glaube, dass man Lebenspartnerschaften, egal wie, einfach anerkennen muss.
Solange aber die Ehe besteht und damit Privilegien auch per Grundgesetz bestimmt sind, muss es eine Anpassung der Lebenspartnerschaften geben.
Nicht zuletzt möchte ich Sie daran erinnern, dass auch die CDU in anderen Bundesländern aktiv der Anpassung des Landesrechts zugestimmt hat. Auch daran sollten Sie sich erinnern.
Noch ein ganz kurzes Wort zu Frau Lehmann: Andere Ansichten und Lebensweisen zur Kenntnis nehmen, bringt uns an diesem Punkt nicht weiter, sondern es geht darum, sich gemeinsam zu entwickeln, um Menschen in diesem Freistaat ein anerkanntes Leben zu ermöglichen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich meine, es ist schon sehr offensichtlich, dass das heute eine Feierstunde für die CDU bzw. für die Landesregierung sein soll, welche tollen Maßnahmen doch für die Fachkräftesicherung in Thüringen geschaffen worden sind.
Sie haben mich noch nicht zu Ende gehört. Was hier dargestellt wird, ist eine Zusammenfassung hehrer Ziele, ist eine Sammlung von Maßnahmen. Aber was ist es denn tatsächlich? Es ist tatsächlich in den meisten Fällen nichts Neues. Es sind Maßnahmen, die sowieso stattfinden. Es werden Gelder verteilt, die schon seit Jahren verteilt werden, und seit Jahren ist klar, irgendwie haben wir ein Problem mit Ausbildung, mit Fachkräftenachwuchs usw. Deswegen bin ich froh, dass es eine solche Allianz für Fachkräfteentwicklung in Thüringen gibt, aber sie trifft einfach nicht den Kern der Sache und das ist der Punkt.
Das, was das Papier ist, ist im größten Teil Polemik. Wenn man sich die Pressemeldung von gestern Abend anschaut, wenn man sich anschaut, was heute im Pressespiegel zu lesen ist, dass z.B. in der Ausbildung 27 Prozent der sowieso schon ausbildenden Unternehmen auch jetzt gewillt sind, weniger Ausbildungsplätze anzubieten, dann finden wir uns bei einem Problem wieder, was die Opposition, sprich DIE LINKE, seit vielen, vielen Jahren beklagt, nämlich dass der demographische Wandel nicht unbedingt die Ausbildungssituation verbessert. Das findet sich in diesem Papier überhaupt nicht wieder. Ich bin noch nicht davon überzeugt, dass tatsächlich, wenn 5 bis 10 Prozent weniger Ausbildungsplätze in der Bundesrepublik zu erwarten sind, Thüringen dabei verschont wird. Eines meiner größten Probleme mit dem Papier ist u.a., dass der Ausbildungspakt nach wie vor besteht. Wir haben in den letzten Jahren seit Bestand des Ausbildungspaktes feststellen müssen, dass er nicht funktioniert hat. Die Landesregierung hat sich immer gewehrt, in Richtung Umlagefinanzierung oder Ähnliches zu agieren, und auch auf Bundesebene ist dieses Problem noch nicht gelöst. Dabei verstehe ich das alles nicht. Ausbildung ist meiner Meinung nach kein Werbegeschenk von Unternehmen, von
Wirtschaft oder sonst irgendjemandem, sondern es ist Grundlage gesellschaftlicher Entwicklung und das muss man endlich mal akzeptieren.
Wenn ich sage, das Papier ist nichts Neues - es ist sogar noch viel mehr. Die Landesregierung und die sie tragende Fraktion mir gegenüber handeln sogar entgegengesetzt. Ich sage nur: Familienoffensive. Wir wollen Arbeitnehmerinnen und Leute in Thüringen halten, aber es gibt eine Familienoffensive, die dem völlig falsch gegenübersteht.
Wir sprechen von einer Allianz für Fachkräftenachwuchs, davon, dass die Studierendenzahlen erhöht werden müssen. Was macht Thüringen? Wir führen Verwaltungskostenbeiträge ein. Wir haben Semesterbeiträge von über 200 € im Monat an Thüringer Hochschulen. Das Thüringer Studentenwerk wird nicht ausfinanziert usw. usf.
Das ist nicht wahr? Sie können sich gern meine Kleinen Anfragen dazu anschauen und dann verständigen wir uns noch mal.
Das Problem der Studierwilligen ohne Hochschulzugangsberechtigung: Ich bin dafür, dass der Zugang zu Hochschulen sehr viel vereinfacht wird, die KMK auch. Es findet sich in diesem Papier nicht wieder. Von daher kann ich nur sagen, Allianz für Fachkräfte gut und schön und da bin ich bei Herrn Schubert, mit konkreten Maßnahmen und vor allen Dingen mit kontinuierlicher Politik, das wird hiermit nicht erreicht. Ich sehe nicht, dass die Allianz erfolgreich sein wird, aber wir werden weiter daran arbeiten, sie im Ausbildungsbereich, im Weiterbildungsbereich, in der Arbeitsmarktpolitik voranzutreiben, und wir werden uns spätestens im April oder Mai noch zur Ausbildung verständigen. Danke.
Stabsstelle Berufsschulnetzplanung im Kultusministerium
Ich frage die Landesregierung:
1. Wann und auf welchem Weg wurde der Stabsstelle Berufsschulnetzplanung im Kultusministerium ihre Aufgabe gestellt und wie lautete diese konkret?
2. Arbeitet die Stabsstelle noch, wenn ja, womit beschäftigt sie sich aktuell, wenn nein, welche Gründe gibt es dafür?
3. Wo und durch welche Maßnahmen hat die Stabsstelle konkret die Planung der Berufsschulentwicklung vor Ort unterstützt bzw. unterstützt sie sie noch, welches Vorgehen wurde gewählt, welche Kriterien vertreten?
4. Wie will das Kultusministerium aktuell und künftig auf die Entwicklung der Berufsschullandschaft in Thüringen Einfluss nehmen?
Danke. Herr Minister, wann ist denn mit der Erarbeitung zu rechnen, also wann werden Sie die Ergebnisse der Erarbeitung eines Berufsschulnetzplanes veröffentlichen?
Berufsbildungsbericht des Freistaats Thüringen
Ich frage die Landesregierung:
Wann wird der Berufsbildungsbericht des Freistaats Thüringen 2008 erscheinen?
Herr Minister, ich habe den Artikel 20 der Thüringer Verfassung aufgeschlagen. Da ist die Rede davon, der freie und gleiche Zugang zu öffentlichen Bildungseinrichtungen wird nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet. Stimmen Sie mir zu, dass die Fraktion DIE LINKE jetzt keine besonders radikale Forderung aufgestellt hat, was den freien und gleichen Zugang zu Hochschulen angeht?
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich weiß jetzt eigentlich gar nicht, wo ich so richtig anfangen soll.
Ich habe jetzt eine lange Liste von Sachen, die ich hier aufklären muss, weil ich nämlich glaube, die verbalen Angriffe aus Richtung CDU und des Ministers sind ein Ablenkungsmanöver, weil hier einfach Sprachlosigkeit, fehlende Kenntnis und Ohnmacht existiert, was den Widerstandswillen der Studierenden angeht.
Ich fange bei der SPD an. Bei Ihnen von der CDU dauert es einfach viel länger. Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass wir die Verwaltungskostenbeiträge abschaffen wollen. Das wäre, glaube ich, auch der einzige gemeinsame Nenner. Ich glaube, dass die SPD Gründe sucht, warum sie einem Verfassungsänderungsantrag, der von DER LINKEN kommt, nicht zustimmen kann. Deswegen beantrage ich schon jetzt für unsere Anträge die Ausschussüberweisung und kann die SPD nur auffordern, sich möglicherweise auch mit Änderungsvorschlägen an der Beratung zu beteiligen, weil meiner Meinung nach muss in einer Verfassung nicht geklärt werden, welche Zugangsberechtigung für den Hochschulzugang notwendig ist. Wir haben in Artikel 28 der Thüringer Verfassung den Absatz 4 nicht geändert und dort heißt es, das Gesetz regelt Näheres. Von daher können Sie uns, glaube ich, alle nicht den Vorwurf machen, dass wir auch die Qualifizierung für den Hochschulzugang völlig frei gestalten wollen - das zum Ersten.
Zum Zweiten: Eigentlich wollte ich nur zum Thüringer Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungs- und -zugangsrechts reden, aber ich habe noch ein paar andere Sachen. Was die Verwaltungskostenbeiträge in Berlin angeht, muss man, glaube ich, wohl dazu sagen, dass es die CDU war, die die massive Verschuldung von Berlin verursacht hat. Auch Sie, Herr Schwäblein, müssten wissen - ich sehe ihn gerade nicht, aber das macht nichts -, dass auch ein Land Berlin nicht mehr auf Einnahmen verzichten darf.
Was die Qualität der Gesetzgebung angeht, die Herr Schwäblein hier angemahnt hat in Richtung LINKE, ich glaube, da kann sich die CDU freudig auf die rechte Schulter klopfen, mehrere Gerichte - auch die Boykotte - haben nachgewiesen, dass das Gesetzgebungsverfahren, was die CDU und die Landesregierung im Hochschulgesetz durchgepeitscht haben, nicht wirklich fachlich sauber war. Dann brauchen wir, glaube ich, über Qualität von Gesetzgebung durch die CDU-Fraktion nicht mehr sprechen.
Was die Heimtücke angeht: Ich glaube, die Heimtücke im Gesetzgebungsverfahren Bibliotheksgesetz haben wir Ihnen nicht nur unterstellt, denn die Heimtücke bezog sich ganz klar darauf, parlamentarisches Recht auszuhebeln und eine ordnungsgemäße Gesetzesberatung eben nicht anzustreben.
Wenn es darum geht, Realitäten auszublenden, ich hatte eigentlich noch ein Zitat bzw. eine interessante Erhebung, die ich am Ende meines Beitrags geben wollte, damit das Parlament wieder wach wird, aber ich mache es gleich. Ich sage es einfach: Vor knapp einer Woche hat eine große politische Wochenzeitung namens „SPIEGEL“ eine neue Studie veröffentlicht, die da hieß „Studiengebühren drängen Studentinnen in Sex-Versteigerung“. Ich weiß nicht, ob Sie davon gelesen haben. So explodierte laut einer aktuellen Erhebung die Anzahl der SexAuktionen von Studentinnen auf einem einschlägigen Internetportal mit Beginn des Wintersemesters 2007/2008. Laut der Nachforschung ist seit September 2007 die Zahl um 400 Prozent gestiegen und verläuft von da an auf hohem Niveau. Der Anstieg für den Online-Marktplatz, ich sage jetzt mit Absicht hier den Namen nicht, auf dem Erwachsene Sex gegen Geld versteigern, geht auf die Einführung von Studiengebühren und die schlechte finanzielle Lage von Studentinnen zurück. Diese Zahlen werden auch im übersetzten Bestseller „Mein teures Studium“ aus dem Bertelsmann-Verlag zur Sprache kommen, welches im September erscheint. In Frankreich hat dieses Buch, ganz vorsichtig gesagt, einen Skandal ausgelöst. Im Nachwort der Übersetzung wird speziell auch auf die studentische Prostitution in Deutschland eingegangen.
Eine kurze Anmerkung dazu: Ich finde es außerordentlich perfide, dass die Bertelsmann-Stiftung mit ihrem Lobbyisten-Verein CHE Studiengebühren fordert und nun, nach der Einführung, als Verlag des Konzerns von der entsprechenden Erlebnisliteratur auch noch profitiert. Ich habe so ganz nebenbei, als ich das gelesen habe, mir die stille Frage gestellt, es gibt ja mehrere Vertreter, die hier für Studiengebühren sind, inwieweit sie zu dieser Frage stehen, die ich jetzt nicht stelle.
Jetzt komme ich zu meinem eigentlichen Thema - das Gesetz zur Änderung des Hochschulzugangsrechts: Die CDU/CSU-SPD-Koalition in Berlin hatte sich ja in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Studierendenquote auf mindestens 40 Prozent zu heben. Mit diesem Gesetz trägt die Landesregierung in Thüringen nicht dazu bei. Anstatt die Durchlässigkeit zu erhöhen und die Studienplatzkapazitäten auszubauen, droht vor allem eine weitere Einschränkung des Rechts auf einen Studienplatz. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass es grundsätzlich eigentlich noch ein paar prinzipielle Äußerungen geben sollte dazu, aufgrund der Zeit mache ich das jetzt nicht, sondern gehe gleich auf das Gesetz ein.
Mit diesem Gesetz schafft die Landesregierung eine restriktive Einflussnahme, ja sogar Beschränkung des Rechts auf Zulassung zu einem Studium. Ich will Ihnen das auch an einigen Beispielen kurz auseinandernehmen. Ich glaube, die beabsichtigten Regelungen zu den Auswahlverfahren und den Zugangsbeschränkungen scheinen im deutlichen Widerspruch zu Grundrechten im Grundgesetz und diversen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu stehen. Ich halte den Entwurf für äußerst problematisch, nicht nur, weil ich seine inhaltlichen Vorgaben nicht ganz teile, sondern weil ich glaube, dass sich in diesem Gesetzentwurf eine bedenkliche Grundeinstellung gegenüber Zulassungen zu einem Studium, ja Bildung überhaupt, darstellen. Das Gesetz sorgt in keinem Fall für einen chancengleichen Zugang zu Hochschulen, egal wie viele Auswahlverfahren jetzt noch möglich wären, und von Transparenz und Auswahlverfahren kann ich nicht wirklich etwas erkennen. Ich versuche, das so kurz wie möglich zu halten, und möchte es an einzelnen Beispielen mal verdeutlichen. Es beginnt schon mit Artikel 1 § 2 Abs. 3, wo es um Zulassungen für ausländische Staatsangehörige oder Staatenlose geht. Die darin vorgenommene Einteilung in Gute und Schlechte durch einen Rückgriff auf einen umstrittenen Status der Nationalität bietet meiner Meinung nach keinen Hinweis auf die Befähigung für ein Studium.
Zweites Beispiel: In Artikel 1 § 2 Abs. 4 werden Regelungen für Personen getroffen, die über 55 Jah
re alt sind. Mit Verlaub halte ich das für Regelungen, die Altersdiskriminierung pur sind. In diesem Paragraphen wird eine grundsätzliche Versagung eines Anspruchs auf einen Studienplatz für Menschen über 55 Jahre dargestellt. Meiner Meinung nach ist das grundgesetzwidrig und sachlich auch falsch. Es unterstellt, dass mit Ablauf des 55. Lebensjahres keine beruflichen Absichten mehr vorliegen. Meines Erachtens müsste hier gleichzeitig auch die Vereinbarkeit mit § 10 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes geprüft werden.
Ein nächstes Beispiel ist die Auswahl der Bewerber durch die Hochschule, wo ich einfach glaube, dass dieser Paragraph - es ist der § 6 - daraufhin zu prüfen ist, ob die einzelnen Hochschulen nicht tatsächlich unter dem Gesichtspunkt des freien und gleichen Zugangs zu Hochschulen an diesem Punkt zu großen Auslegungsspielraum bei der Anwendung der Auswahlkriterien haben. So geht das weiter. Wir hatten heute schon das Thema Berufserfahrene ohne Hochschulzugangsberechtigung. Herr Schwäblein, es ist einfach ein Witz zu behaupten, die Regelungen in den letzten Jahren haben ausgereicht. Das ist nicht meine Idee, sondern das steht auch schon in der Begründung des Gesetzentwurfs. Wenn wir im letzten Jahr genau einen Studierenden hatten, der mit § 63 Hochschulgesetz an den Thüringer Hochschulen studiert hat - wir haben in etwa 50.000 Studierende in Thüringen - kann man nicht sagen, wir haben erfolgreiche Regelungen. Ich glaube auch tatsächlich, dass man hier eine Gesetzesänderung vollziehen muss, aber nicht in dem Sinne, wie Sie es tun in Richtung Probesemester und nicht zu planende Zukunft für Studierende.
Mein letztes Bespiel ist natürlich der Verwaltungskostenbeitrag. Das konnten Sie sich sicher noch denken. Ich möchte noch kurz erwähnen, ich habe niemals zum Gebührenboykott aufgerufen, sondern immer meine Unterstützung erklärt. Das ist ein Stück weit ein Unterschied, weil ich nämlich glaube, dass natürlich nur nach geltendem Recht die Verwaltungskostenbeiträge rechtens sind, das ist klar, aber die Exmatrikulation aufgrund der Nichtzahlung ist nicht rechtens. Dazu muss ich einfach noch ein paar Sätze sagen.
Herr Minister, mir ist nicht bekannt geworden, dass die Hochschulen im letzten Jahr etwa 100 Mitarbeiter eingestellt haben. Wenn Sie die Antworten auf die Anfragen, die ich gestellt habe, kennen, dann wissen Sie, dass die Hochschulen für alles Mögliche die Verwaltungskostenbeiträge einsetzen, aber eben nicht für Mitarbeiter und dafür sind sie auch nicht gedacht. „Freibier für alle“ sind unsere Anträge erst recht nicht, das wissen Sie auch, Herr Schwäblein. Ich glaube, wenn wir Thüringen attraktiv machen wollen für andere Studierende, für Studierende aus
anderen Bundesländern, dann ist es genau die Studiengebührenfreiheit, die uns dahin rettet. Ich bin der Überzeugung, der Verwaltungskostenbeitrag ist tatsächlich ein Weg in Richtung Studiengebühren. Sie haben es ausgedrückt, wo keiner protestiert, da ist die Regelung akzeptiert. Wunderbar, aber kein Protest heißt noch lange nicht, dass eine Regelung gut oder richtiger wäre. An diesem Punkt sind wir einfach dabei, dass wir 50 € Verwaltungskostenbeitrag haben. Das macht einen Semesterbeitrag an der FH Jena, glaube ich, von über 200 € inzwischen schon aus und das ist nicht wenig Geld. Wenn wir uns diese Sozialerhebungen der letzten Jahre ansehen, dann wissen Sie, wer es tatsächlich an die Hochschulen schafft und dass es sich die wenigsten Studierenden tatsächlich leisten können, noch viel Geld für das eigentliche Studium zahlen zu können.
Die Erwähnung der Nichtzahlung von Beiträgen als Exmatrikulationsgrund zum § 69 des Thüringer Hochschulgesetzes und Artikel 2 Nummer 7 finde ich besonders spannend im Zusammenhang mit der Begründung, weil die Begründung suggeriert, es sei eine redaktionelle Klarstellung. Also, ich glaube, wir sind uns alle hier im Saal einig, dass das schlichtweg dreist ist. Ich bin ja fast dankbar, dass Sie Ihren Fehler vor der Urteilsverkündung noch erkannt haben und auf die Referentenentwürfe diese Regelung schon anvisiert haben. Aber letztendlich ist es keine redaktionelle Klarstellung, sondern Sie halten als CDU an Ihrem politischen Willen fest und nichts anderes ist Gesetz, Verwaltungskostenbeiträge zu erheben und Studierende so streng wie möglich dafür zu bestrafen, wenn sie sich dagegen wehren.
Das kürzliche Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar hat in der Frage der Zulässigkeit der bisherigen Exmatrikulationspraxis der Hochschulen, die den Hintergrund für diese Änderungen bildet, und das habe ich gerade versucht, noch einmal klarzustellen, dass zwischen Gebühren und Beiträgen im finanzrechtlichen Sinne ein deutlicher und nicht mehr nur redaktioneller Unterschied besteht.
Ich will Ihnen jetzt erklären, warum ich auch die Gebührenboykotte unterstütze. Die Änderung zum Thema Exmatrikulation wegen des Verwaltungskostenbeitrags sind zwar an dieser Stelle nicht mehr formal parlamentsrechtlich zu beanstanden, wie es beim Bibliotheksgesetz der Fall war, aber die Exmatrikulation wegen der Nichtzahlung von 50 € Verwaltungskostenbeitrag bleibt aus anderen Gründen einfach verfassungswidrig - zum Ersten. Das Verhältnis von Pflichtverstoß, also die Nichtzahlung der 50 € und Folgen, nämlich die zwangsweise Beendigung des Studiums, stehen völlig außer Verhältnis. Das heißt, der verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist verletzt.
Für diese Position spricht im Übrigen auch, dass nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungskostenrechts in Thüringen Beiträge bis einschließlich 50 € bei Nichtzahlung nicht einmal mit Säumniszuschlägen belegt werden dürfen. Aber beim Verwaltungskostenbeitrag für Studierende soll jemand für Nichtzahlung von 50 € exmatrikuliert und seiner beruflichen Zukunft beraubt werden.
Zum Zweiten das Argument der korrekten Begriffsverwendung: Wäre der Verwaltungskostenbeitrag wirklich ein Beitrag im Sinne des Abgabenrechts, müsste er zur Finanzierung der Infrastruktur und des Leistungsangebots vollständig an der Hochschule verbleiben. Das tut er natürlich nach der geltenden Gesetzeslage nicht. Von daher ist es angesichts dieser Sachlage auch nicht verwunderlich, dass das Verwaltungsgericht Weimar in seiner Urteilsbegründung hat durchblicken lassen, dass es den Verwaltungskostenbeitrag für mehr als rechtlich problematisch hält.
Wenn wir noch einmal zur Verfassungsmäßigkeit unserer Parteien kommen: Soweit ich weiß, hat die CDU im Grundsatzprogramm formuliert, dass auch die Bundeswehr im Inneren einzusetzen ist. Ich glaube, wir alle hier im Saal wissen, dass das dem Grundgesetz der Bundesrepublik widerspricht.
Insofern bitte ich Sie, soweit Sie tatsächlich Hürden für das Studieren in Thüringen abbauen wollen, unseren Anträgen zuzustimmen. Wir lehnen das Hochschulzulassungs- und -zugangsrecht in diesem Entwurf ab. Ich freue mich auf eine spannende Ausschussberatung und hoffe auch, dass wir im Ergebnis dieser Ausschussberatung in der Thüringer Verfassung wiederfinden können, dass Studieren in Thüringen unentgeltlich möglich ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir beraten heute zu einem Thema, das eine einzige Baustelle darstellt und sehr gern ignoriert wird und obwohl das nicht neu ist und obwohl
die Wichtigkeit bekannt sein sollte, weil es nämlich 70 Prozent der Bevölkerung betrifft, und zwar geht es um die Thüringer Berufsausbildung und ihre berufsschulische Absicherung trotz drastischen Rückgangs der Schülerinnen- und Schülerzahlen im berufsbildenden Bereich. Die Bedeutung des berufsschulischen Ausbildungsteils muss ich, denke ich, zumindest einer Landesregierung und der sie tragenden CDU-Fraktion, die sich „Die Denkfabrik Thüringen“ als Label gesetzt hat und die Köpfe der Menschen als Ressource für die Entwicklung und Zukunft Thüringens erkannt hat, wohl nicht auseinandersetzen und setze Problembewusstsein voraus. Umso unverständlicher ist die Sprach- und Handlungslosigkeit der Landesregierung, wenn es darum geht, die Qualität der berufsbildenden Schulen zukunftsfest zu machen. An diesem Punkt kann ich nur sagen, Gott sei Dank gibt es die Opposition.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein paar Worte zur Vorgeschichte: 1999/2000 gab es von der Uni Erfurt ein Gutachten zu den Prognosen der Schülerzahlen für Regelschulen und Gymnasien und schon da hätte klar sein müssen, in welche Schieflage die berufsbildenden Schulen in absehbarer Zeit geraten, zumindest was die Schülerzahlen angeht. Erst 2004 hat allerdings die Landesregierung zusammen mit dem Thüringer Landkreistag ein Gutachten in Auftrag gegeben, wohl auch infolge eines Antrags der damaligen PDS-Fraktion, die das Thema schon im Landtag thematisiert hatte. Das Zedler-Gutachten ist im April 2007 veröffentlicht worden, hat, soweit ich das beurteilen konnte, die Berufsschullandschaft sehr erschüttert und aufgeweckt und leistet einen erheblichen Beitrag, einen Überblick zu gewinnen, wenn es darum geht, Schülerzahlen abschätzen zu können, Problembewusstsein bei allen Beteiligten zu entwickeln, und hat in seiner Konsequenz die Ausschussberatung von Januar bis Juni 2007 gezogen.
Um was geht es und wie sieht es eigentlich generell in Thüringen aus? Wir haben es mit einer besonders schwierigen Lage zu tun, das gebe ich durchaus zu, denn die Berufsschulnetzplanung ist im Besonderen abhängig von der Arbeitsmarktsituation, von der wirtschaftlichen Entwicklung und von unterschiedlichen Zuständigkeitsebenen. Das Land teilt Personal und Ähnliches für die berufsbildenden Schulen ein. Die Schulträger sind Landkreise und kreisfreie Städte. Hinzu kommt, es bestehen elf Schulämter, die Schulaufsicht, sprich Land, an 13 Standorten bei 17 Landkreisen und kreisfreien Städten, die alle Schulträger sind. Nach Schulgesetz gibt es sieben berufsbildende Schulformen, die die unterschiedlichsten allgemeinen Schulabschlüsse anbieten und voraussetzen und die unterschiedlichsten beruflichen Abschlüsse vermitteln. Hinzu kommt, dass die Aus
bildungssituation in den vergangenen Jahren mehr als schwierig war. Von 30.000 Bewerberinnen 2007 konnten nur knapp 11.000 in einen rein betrieblichen Ausbildungsplatz vermittelt werden. Damit verbunden ist natürlich ganz klar die Warteschleifenproblematik. Tausende Jugendliche sind in den letzten Jahren in perspektivlose, vollzeitschulische Bildungsgänge abgeschoben worden, in denen sie nichts taten, als ihre Schulpflicht abzusitzen. Gleichzeitig hat die CDUMehrheit im Landtag den Titel zur Unterstützung der Schulsozialarbeit an berufsbildenden Schulen abgeschafft, was faktisch auch eine Abschaffung einer flächendeckenden Schulsozialarbeit an berufsbildenden Schulen gleichkam. Die Ausweitung der Angebote von freien Trägern im beruflichen Bereich ist fast eine logische Folge, die ich hier nicht weiter diskutieren möchte, weil das tatsächlich den Rahmen sprengt.
Im Jahr 2005/2006 - Datengrundlage des ZedlerGutachtens - lernten an 55 staatlichen berufsbildenden Schulen knapp 85.000 Schülerinnen und Schüler - inzwischen sind es nur noch 70.000 Schülerinnen und Schüler - und an 63 Schulen in freier Trägerschaft knapp 11.000 Schülerinnen und Schüler nach Daten des Statistikportals des TKM. Nach diesen Daten stellt es sich für 2007/2008 so dar, dass die Schülerzahlen an den freien Schulen tatsächlich ansteigen, während an den staatlichen Schulen die Schülerzahlen sinken.
7,4 Prozent aller Schülerinnen und Schüler befanden sich in 108 Landesfachklassen und 2 Prozent in 41 Bundesfachklassen, die sich über 150 Ausbildungsberufe bzw. Fachrichtungen erstrecken, wobei nicht zu übersehen ist, dass diese sich an der A 4 konzentrieren. Ich sage das im Übrigen alles, um die schwierige Gemengelage in diesem Bereich zu beschreiben. Knapp 3.800 Lehrerinnen und Lehrer sind derzeit an berufsbildenden Schulen in Thüringen beschäftigt, davon 2.566 Personen in Teilzeit. Die Landesregierung geht davon aus, dass dem jahrelangen Mangel an Lehrerinnen und Lehrern ein Überhang bevorsteht. Gleichzeitig haben wir die Situation, dass eine ungleiche Bewertung und Vergütung von Lehrerinnen und Lehrern und Ausbildern dazu führt, dass die Qualität an berufsbildenden Schulen gefährdet wird, weil wir sozusagen eine Zwei-Klassen-Lehrerzimmer-Gesellschaft entwickeln. Im Moment stehen knapp 16.000 Bewerberinnen auf einen Ausbildungsplatz knapp 11.000 gemeldeten Berufsausbildungsstellen gegenüber.
Was sagt das Gutachten? Nur ganz kurz: Kernaussagen des Gutachtens sind: Die Anzahl der 15- bis 25-Jährigen wird sich in Thüringen bis zum Jahr 2010 halbiert haben und nach dem Jahr 2015 nicht wesentlich steigen. Der massive Rückgang der Schülerzahlen im berufsbildenden Bereich um 50 Prozent
gefährdet insbesondere die beruflichen Ausbildungsgänge im dualen Bereich, aber auch nachgefragte vollzeitschulische Ausbildungsgänge. Die Schulraumbilanz im Land insgesamt ergibt etwa einen möglichen Raumüberhang von 1.435 Räumen, was nichts anderes heißt als: Etwa auf ein Drittel aller berufsbildenden Schulen könnte möglicherweise verzichtet werden.
Verehrte Abgeordnete, die Empfehlungen der Gutachter sind in Kurzfassung folgende: Es wird mit Nachdruck die Einrichtung von sechs übergreifenden Planungsraumregionen empfohlen. Zum Zweiten wird vorgeschlagen, Fachklassen auf der Stufe der beruflichen Grundbildung zusammenzulegen. Es sollen zum Dritten eine Reduktion und Schwerpunktbildung von Ausbildungsgängen ausgewogen erfolgen und grundlegende politische Entscheidungen - für die sicher nicht der Landtag zuständig ist - bis zum Jahr 2010 getroffen sein. Bisherige finanzielle Regelungen zur Finanzierung sollen neu gefasst werden, auch das hat das Ministerium bis jetzt abgelehnt. Gefordert wird eine Qualitätsoffensive für berufliche Bildung, die die Lehrer in die Lage versetzen, die pädagogische Leistungsfähigkeit der Einrichtung zu steigern. Wer sich erinnern kann, wir haben vor Kurzem ein Lehrerbildungsgesetz beschlossen, was dem nicht gerecht wird. Und mit Bildungsmarketing soll die künftige Nachfrage im Ausbildungsbereich beeinflusst werden, sprich, möglicherweise junge Menschen aus den alten Bundesländern nach Thüringen zu holen.
Insgesamt habe ich zumindest den Eindruck, dass die Landesregierung nicht ein besonders großes Interesse daran hat, das Parlament in diese Entscheidungsprozesse einzubinden. Gesetzesänderungen werden abgelehnt. In einem Fachgespräch der Fraktion DIE LINKE im Februar 2008 sagte der Leiter der Stabsstelle Dr. Grae noch, dass lediglich versucht wird, über die Klassenzahlen, sprich eine Begrenzung oder eine Mindestzahl von 15, und über Förderzuschüsse Einfluss auf die Berufsschulnetzplanung zu nehmen.
Der Bildungsausschuss wird nur dürftig bis falsch informiert, obwohl ich „falsch informiert“ da wirklich nicht so meine, wie ich sage, sondern wir bekommen einfach eine Auskunft: Der Staatssekretär sagt, am 31.12.2007 werden Schwerpunkte veröffentlicht und sie werden diskutiert und dann sagt Herr Dr. Grae fast wortwörtlich, man kann das eine sagen und das andere erreichen. Ich will damit nur sagen: Zusagen sind an der Stelle einfach nicht eingehalten worden, was mit Sicherheit mit der Schwierigkeit der Materie zusammenhängt.
Gleichzeitig laufen Abstimmungen in den vorgeschlagenen Bildungsregionen und Anhörungen des Kul
tusministeriums der Schulträger finden statt. Dazu muss man sagen, ich habe mich davon auch selbst überzeugt, einzelne Bildungsregionen sind auf einem guten Weg, aber eben nicht alle. Deswegen wird Sie sicherlich an dieser Stelle auch interessieren, wie DIE LINKE-Fraktion im Landtag überhaupt die Situation im berufsbildenden Bereich beurteilt. Die Entwicklung der berufsbildenden Schulen in Thüringen steht aus Sicht der Fraktion DIE LINKE vor einem Neustart und bedarf gerade aufgrund der bildungs- und gesellschaftspolitischen Bedeutung für Thüringen der Einbindung des Thüringer Landesparlaments.
Es handelt sich eben nicht nur um einen strukturellen, sondern auch um einen notwendigen inhaltlichen Neustart, obwohl es schade ist, das betone ich an dieser Stelle auch, dass der entscheidende Auslöser der notwendigen Umstrukturierung der berufsbildenden Schulen eher die demographische Entwicklung ist, weil es ansonsten bis jetzt keinen Anstoß gegeben hat.
Die Personalpolitik der Landesregierung hat mit dem beginnenden Floating in den berufsbildenden Schulen und gleichzeitig propagierten Überhang in anderen Schularten zur Folge, dass wichtige Fachleute aufgrund zu geringer Bezahlung die berufsbildenden Schulen möglicherweise verlassen und damit entscheidende Lücken im Ausbildungsangebot gerissen werden. Nur ein Beispiel dazu: Ich habe mich mit Fachpraxislehrern unterhalten, die etwa zu 80 bis 90 Prozent auch theoretischen Unterricht abhalten und mit Floating und 70 Prozent noch auf 1.100 € netto kommen. Sollte das nicht so sein, würde ich Sie an der Stelle einfach um Prüfung bitten.
Die Idee der Bildungsregion ist generell sinnvoll, muss aber perspektivisch meiner Meinung nach in einer Verwaltung mit Funktional- und Gebietsreform in Thüringen münden. Die Abstimmungen zur zukünftigen Schulnetzplanung in den einzelnen Schulregionen dürfen nicht weiter geprägt sein von wirtschaftlicher Stärke, politischen Gemengelagen und regionalen Entscheidungen, denn es besteht die Gefahr, dass übergreifende Kriterien, die bildungspolitisch wichtig sind, dabei unter die Räder kommen. Es bedarf deswegen einer landesweiten Moderation mit bundes- und europaweitem Blick unter Einbeziehung aller Beteiligten und die Chancen demographischer Entwicklung müssen genutzt werden. Um Qualität und Ausbildungsangebot weiterhin bieten zu können, muss die regionale Zuständigkeit übernommen werden. Dass wir an der Stelle nicht allein auf weiter Flur stehen, hat zuletzt Gerald Grusser von der IHK Erfurt eindrücklich gezeigt. Ich würde gern mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin, aus einer dpa-Meldung vom 04.06. zitieren, da heißt es: „Nur wenn dies bei den erreichbaren Klassenstärken nicht möglich sei, sollten Standorte zusammengelegt wer
den.“ Und jetzt der Satz, auf den ich abziele: „Die Planung für ein künftiges Berufsschulnetz angesichts drastisch sinkender Schülerzahlen sollte vom Land moderiert werden, da eine Planung nur in den einzelnen Kreisen zu Kleinstaaterei führen werde.“ Jetzt kann ich mir nun etwa schon vorstellen, was der Kultusminister zu „Kleinstaaterei“ sagt, aber es ist nicht mein Zitat.
Einmal gesagt reicht, das stimmt an der Stelle.
Zum neuen Lehrerbildungsgesetz habe ich mich schon geäußert und ich glaube, dass es tatsächlich Handlungsbedarf auch vonseiten des Kultusministeriums gibt, was die unterschiedlichen Arbeitsverträge in den Lehrerzimmern angeht. Was eine zweite wichtige Komponente ist, glaube ich, die bis jetzt völlig außer Acht gelassen wurde, dass längere Fahrtwege und Internatsunterbringungen für Auszubildende einer völlig neuen gesetzlichen Grundlage bedürfen, weil es jedem Schüler, egal wie groß sein Geldbeutel ist, möglich sein muss, die Ausbildung machen zu können, die er oder sie machen wollen. Selbstverständlich gehört Schulsozialarbeit an jede berufsbildende Schule, was auch bedeutet, dass ein Landesprogramm „Schulsozialarbeit“ wieder aufgelegt wird.
Es muss unbedingt vermieden werden, Regionen auszudünnen und Fachklassen nur an der Linie der A 4 anzusiedeln. Die letzten Beispiele haben wir in Richtung Hildburghausen, der Abzug der Landesfachklassen an die A 4, sprich Erfurt. Der Schaden für die einzelnen Regionen dürfte erheblich sein, wenn wir so vorgehen. Gleichzeitig muss die Entwicklung berufsbildender Schulen zu regionalen Bildungszentren vorangetrieben werden, um die Einrichtungen zu füllen und ihr Potenzial zu nutzen.
Angebote im ländlichen Raum, da haben wir schon an verschiedenen Tagesordnungspunkten heute diskutiert, und in strukturschwachen Regionen müssen unbedingt erhalten bleiben. Dazu hat es auf der Tagung der Fraktion DIE LINKE am 22. Mai zum Thema „Berufsschule vor dem Neustart“ einen sehr beeindruckenden Beitrag von einer Professorin aus Kassel gegeben zum Thema „Selbstgesteuertes Lernen“ und damit der Erhalt von kleinen berufsbildenden Schulen. Ich kann Ihnen den sehr empfehlen, würde Ihnen auch den Reader der Fraktion zu der Veranstaltung zur Verfügung stellen, damit wir an der Stelle auch auf gleicher Augenhöhe diskutieren können.
Die Diskussion zur Entwicklung berufsbildender Schulen muss unbedingt in einen Zusammenhang mit der Situation auf dem Ausbildungsmarkt, dem schon lange diskutierten regionalen Fachkräftebedarf und der Arbeitsmarktsituation gerade für junge Menschen in Thüringen gestellt werden. Deswegen heute unser Antrag und damit die Frage: Was wollen wir eigentlich mit unserem Antrag? Wir wollen erste Schritte zu einer kreisübergreifenden Berufsschulnetzplanung in Thüringen gehen. Das sogenannte Zedler-Gutachten, ich habe das schon oft genug zitiert oder auch genannt, weist seit Langem auf die Dringlichkeit einer umfangreichen, die Kreisgrenze überschreitenden abgestimmten Planung hin, die nicht den einzelnen Schulträgern allein überlassen werden kann. Es geht eben um die Erarbeitung von Lösungen, die sich nicht nach regionaler politischer Opportunität richten, sondern inhaltlichen Kriterien folgen, wie etwa die Nähe zur regionalen Wirtschaftsstruktur, baulicher Zustand der Schulen, Wirtschaftlichkeit des Betriebes, Attraktivität für die Auszubildenden, Verkehrswege etc. Daher soll nach Meinung der LINKEN die Landesregierung auf vertraglicher Basis eine geeignete universitäre Einrichtung in die vorhandene Stabsstelle im Kultusministerium einbinden und dieser die notwendigen Kompetenzen übertragen, um mit den Akteuren der Berufsausbildung auf regionaler Ebene und zunächst bilateral das Standortproblem zu erörtern und alle planungsrelevanten Informationen zu sammeln. Neben den Vertretern des Ministeriums und der Universität sollen auch Vertreter der Kammern und der Gewerkschaft in der erweiterten Stabsstelle mitarbeiten. Die erweiterte Stabsstelle muss durch die zügige Ergänzung personeller Ressourcen schnell arbeitsfähig gemacht werden, deswegen auch der Antrag, dass Sie, Herr Kultusminister, uns im Oktober 2008 dazu berichten. Denn die Landesregierung soll die neue Stabsstelle beauftragen, bis zum 28.02.2009 den Entwurf einer inhaltlich begründeten Schulnetzplanung für die Thüringer Berufsschulen vorzunehmen. Wir haben das Datum so eng gefasst, weil wir glauben, dass wir weiß Gott keine Zeit mehr haben, um das länger einfach so in den Sand laufen zu lassen. Sicherlich, wenn Sie der Ausschussüberweisung nachher zustimmen, können wir über das Datum noch mal verhandeln. Aber ich glaube, wir haben das gleiche Problembewusstsein.
Die inhaltlichen Stellungnahmen der Landkreise und kreisfreien Städte, die ja schon existieren, müssen berücksichtigt werden, ebenso wie die freien Träger im Bereich der Berufsausbildung im Planungsprozess stärker als bisher zu berücksichtigen sind. Auf Vorschlag der Stabsstelle soll die Landesregierung zeitnah eine Richtlinie zur Planung und künftigen Gestaltung berufsbildender Schulen erlassen, die für alle Schulträger bindend ist und die freien Träger der Berufsbildung stärker als bisher einschließen soll.
Ich hatte das gerade schon einmal erwähnt. Sie haben ja ähnlich, wie ich mir das vorstelle für die berufsbildenden Schulen, auch mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Empfehlung abgeschlossen, wie allgemeinbildende Schulen auszusehen haben, wo Ziele, Größe, Verkehrswege bzw. die Entfernung zur Schule festgeschrieben sind. Vielleicht kann man so etwas Ähnliches auch mit allen Beteiligten an der Berufsausbildung aushandeln.
An dieser Stelle sage ich auch ganz klar, sollte es für die Berufsschulnetzplanung notwendig sein, kreisübergreifend, muss das Schulgesetz einfach geändert werden. Die Stabsstelle ist gehalten, im Planungsprozess die Einführung pädagogischer Konzepte anzuregen, die sich positiv auf den Erhalt auch kleinerer berufsbildender Schulen und die Qualität der Berufsausbildung auswirken können, wie z.B. - ich habe es schon erwähnt - das Konzept des selbstgesteuerten Lernens in berufsfeld- und fächerübergreifenden Klassen oder aber auch Produktionsschulen.
In Konsequenz aus der unsicheren Situation für die Schulträger zeigt die Fraktion DIE LINKE Forderungen nach mehr Verantwortungsübernahme durch das Land. Das sollte hier besonders deutlich geworden sein. Die Beteiligung aller Betroffenen an einer landesweiten Planung ist in diesem Prozess zu sichern. Pädagogische Konzepte zum Erhalt auch kleiner Berufsschulstandorte werden z.B. in Hessen bereits erfolgreich angewandt. Produktionsschulen sind insbesondere für benachteiligte Jugendliche in strukturschwachen Regionen eine perspektivische Angebotsform, wie z.B. die Erfahrungen in Mecklenburg-Vorpommern zeigen.
Werte Kolleginnen und Kollegen, wir haben tatsächlich die Chance, die demographische Entwicklung positiv für die berufsbildenden Schulen zu nutzen. Ergreifen Sie sie zusammen mit der Fraktion DIE LINKE, überweisen Sie unseren Antrag an den Innen- und Bildungsausschuss und stimmen Sie unserem Antrag zu. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich bin über 30, Diplompädagogin, habe meinen Abschluss an der Universität Erfurt gemacht und wenn Sie zur Qualität der Hochschulausbildung in Thüringen stehen, sollten Sie mir zutrauen, dass das auch etwas heißt. Zum anderen kann man Ihnen vielleicht zuordnen, weil Sie in Thüringen in den letzten Jahren nicht wirklich wahrnehmbar waren, dass Sie einfach nicht mitbekommen haben, was hier alles im Argen liegt.
Wenn man hier über Frechheit redet, Herr Althaus, dann können Sie das Ihrem Kollegen auch sagen, wenn wir ab heute anfangen auf gleicher Augenhöhe miteinander zu reden und uns ernst zu nehmen, sollten wir weiterkommen in Thüringen.
Ich will noch ein paar Sätze zum Minister sagen. Ich glaube, die Katze aus dem Sack haben wir schon lange gelassen, was die Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreform angeht, es ist nichts Neues mehr.
Im Übrigen kommt die Forderung nach einer Richtlinie von der Landesregierung, wie Berufsschule eigentlich auszusehen hat in den nächsten Jahren, von den Schulträgern selbst. Deswegen habe ich Ihnen gesagt, ich teile Ihnen mit, wenn wir den Reader haben. Ich stelle ihn zur Verfügung. Die Schulträger, die dort gesprochen haben, haben selbst geäußert, sie hätten gern eine Richtlinie, weil sie eigentlich gar nicht wissen, was sie machen sollen. Fragen Sie doch mal Schulträger, fragen Sie doch mal Verantwortliche, ob sie schon mal was vom europäischen Qualifikationsrahmen oder nationalen Qualifikationsrahmen oder Ähnliches gehört haben. Die meisten Schulträger haben das Gefühl, sie stehen vor einem völligen Chaos und wissen gar nicht wohin.
Zu Herrn Emde - Entscheidungen vor Ort.
Ich stelle niemanden dumm hin, aber ich glaube, Sie müssen endlich mal begreifen, dass Berufsschulnetzplanung vor Ort nicht funktionieren kann. Das kann im Einzelfall funktionieren, aber wir haben es hier mit einer anderen Materie zu tun, als das allgemeinbildende Schulen angeht. Ich habe Ihnen das vorhin lang und breit dargelegt. Wenn Sie ein
klein wenig meine Rede verfolgt haben und den Antrag gelesen haben, dann dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass wir von einem Planungsprozess gesprochen haben, der alle Beteiligten an einen Tisch holt, der alle Beteiligten in ihren Vorschlägen ernst nimmt, und erst dann Vorschläge macht. Ich weiß nicht, warum sich ein Minister, wenn er sagt, es gibt schon eine kreisübergreifende Planung, was durchaus richtig ist, gegen eine thüringenweite Planung stellt.
Sehr gern.
Ich traue den kommunalen Schulträgern zu, in ihrem Bereich ein Schulnetz aufzubauen, aber nicht thüringenweit zu planen, und das dürfte auch Ihnen einleuchtend sein.
Wie gesagt, wir wollen ein Planungsinstrument, was thüringenweit greift und alle Beteiligten an einen Tisch holt. Wir haben erst mit der GEW gesprochen - so viel zu der Unterstellung, wir würden nicht mit den Gewerkschaften reden bzw. Gewerkschaften wären schon immer Ihrer Überzeugung. Das ist einfach nicht wahr. Es gibt neue Forderungen der GEW, die sollten Sie sich zu Gemüte führen. Ich hoffe, dass wir über diese persönlichen Differenzen hinaus an diesem Punkt weiter sachlich diskutieren können, weil wir an diesem Punkt für Thüringen wirklich viel falsch machen können, wenn Sie nicht langsam die Opposition ernst nehmen.
Dieter Althaus in Veranstaltung an der Friedrich-Schiller-Universität Jena?!
Nach Aussagen des Studierendenrates der Friedrich-Schiller-Universität Jena besuchte Dieter Althaus am 21. Mai 2008 die Pflichtveranstaltung der Juristen „Öffentliches Recht“ von Prof. Dr. Ohler und sprach unter Moderation des Rings Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) einen Beitrag zum Thema Bürgergeld.
Ich frage die Landesregierung:
1. Auf welcher Grundlage besteht für politische Parteien, ihre Jugendorganisationen und andere politische Vereinigungen an Thüringer Hochschulen die Möglichkeit, pflichtige Lehrveranstaltungen inhaltlich direkt zu beeinflussen, wie im Fall Dieter Althaus geschehen?
2. Was war Sinn und Zweck des Beitrags von Dieter Althaus, mit welchem Mandat handelte er an der FSU Jena?
3. Seit Anfang der 90er-Jahre gibt es einen Beschluss an der FSU Jena, politischen Parteien keine Räume an der FSU Jena zur Verfügung zu stellen. Angesichts der benannten Veranstaltung stellt sich die Frage, inwieweit sich dieser Beschluss aufgehoben hat. Wie beurteilt die Landesregierung diese Einschätzung?
4. Welche Folgen hätte es für Studierende der FSU Jena gehabt, sich der benannten Veranstaltung und damit einer politischen Pflichtveranstaltung zu entziehen?
Wenn es sich um keine Parteiveranstaltung handelte, warum hat dann zum einen der RCDS moderiert, der ja ganz klar CDU-nah ist?
Zum Zweiten muss ich bei der Beantwortung der vierten Frage noch mal nachhaken. Wenn es sich tatsächlich um eine Pflichtveranstaltung handelt, hat es ja in der Regel auch nach Studienordnung Folgen für die Studierenden, wenn sie dieser fernbleiben. Sie sagen jetzt, weil es Dieter Althaus dort gegeben hat - und ich sage jetzt zum Beispiel als Studierende, ich möchte das nicht hören, wenn ich zum Beispiel für eine Grundsicherung bin, wie sie die LINKE möchte und nicht wie das Bürgergeld von Althaus
und ich möchte aber auch nicht mit ihm diskutieren, dann kann ich der Veranstaltung fernbleiben und mich erwarten keine Folgen. Das war jetzt Ihre Aussage.
Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Ralf Bornkessel, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Monika Döllstedt, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje Ehrlich-Strathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried, Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp,
Dieter Althaus, Matthias Bärwolff, Rolf Baumann, Dagmar Becker, Gustav Bergemann, Sabine Berninger, André Blechschmidt, Ralf Bornkessel, Werner Buse, Christian Carius, Birgit Diezel, Sabine Doht, Monika Döllstedt, Hans-Jürgen Döring, David-Christian Eckardt, Antje Ehrlich-Strathausen, Volker Emde, Petra Enders, Wolfgang Fiedler, Dr. Ruth Fuchs, Heiko Gentzel, Michael Gerstenberger, Prof. Dr. Jens Goebel, Manfred Grob, Evelin Groß, Günter Grüner, Christian Gumprecht, Gerhard Günther, Dr. Roland Hahnemann, Ralf Hauboldt, Dieter Hausold, Susanne Hennig, Michael Heym, Uwe Höhn, Gudrun Holbe, Mike Huster, Siegfried Jaschke, Margit Jung, Ralf Kalich, Dr. Karin Kaschuba, Dr. Birgit Klaubert, Christian Köckert, Eckehard Kölbel, Dr. Michael Krapp,
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Herr Staatssekretär hat uns jetzt in einer langen Rede kurz dargestellt, dass es keine Daten gibt, dass es Richtlinien und Bemühungen gibt, die möglicherweise das Problem erfassen oder auch nicht, dass mit den Hochschulen in den Rahmenleistungsvereinbarungen versucht wird, diesem Problem entgegenzuwirken, aber ansonsten hat er auch meinen Eindruck bestätigt, dass die Anforderungen der SPD nicht zu erfüllen waren durch die Landesregierung.
Ich will an dieser Stelle nur kurz darauf hinweisen, dass ich es richtig finde, das Problem auch im Thüringer Landtag zu diskutieren, es aber grundsätzlich für ein Problem halte, was auf Bundesebene geklärt werden muss, und das nicht nur für Hochschulabsolventen, sondern auch für Absolventen der dualen Ausbildung.
Sehr geehrte Damen und Herren, mit den mittlerweile üblich gewordenen Begriffen „Generation Praktikum“, inzwischen auch als „Generation prekär“ bekannt, bezeichnet man seit den 90er-Jahren ein Lebensgefühl der jüngeren Generation, welches zu Recht mit einem negativen Image verbunden ist. Größere Aufmerksamkeit erlangte diese Problematik erst durch den von Matthias Stolz Anfang des Jahres 2005 in der Wochenzeitung „Die Zeit“ veröffentlichten Artikel. Angelehnt an ältere Begriffe wie „Generation Golf“ oder „Generation X“ beschrieb er, wie junge Akademiker vermehrt und auf Dauer extrem unterbezahlten oder sogar unbezahlten Tätigkeiten in ungesicherten beruflichen Verhältnissen nachgehen müssen. Im Jahr 2006 erreichte der Begriff „Generation Praktikum“ bei der Wahl zum Unwort des Jahres sogar den zweiten Platz.
Letztes Jahr publizierten zwei italienische Autoren ihren Roman „Generation 1.000 Euro“. In ihm schildern sie einen Streik der Praktikanten, der die Wirtschaft Italiens lahmlegt. Aber warum ruft diese „Generation Praktikum“ die Aufmerksamkeit der Gazetten und der Publizistik so heftig hervor? Was geschieht mit den jungen Menschen, die man, mitunter vielleicht nicht zu Unrecht, als „akademisches
Lumpenproletariat“ bezeichnet hat? Es sind Hochschulabsolventen, die breit gebildet sind, oft hervorragende Abschlüsse vorzuweisen haben und nun auf Jobsuche sind. Ich sehe das an diesem Punkt anders als der Staatssekretär; es hat sich auch erwiesen, dass Hochschulabsolventen mit hervorragenden Qualifikationen und Zusatzqualifikationen in diese „Generation Praktikum“ abrutschen. Sie überbrücken die potenziellen Lücken im Lebenslauf, indem sie eine Praktikantenstelle nach der anderen annehmen müssen, obwohl sie eigentlich eine feste Anstellung suchen. Viele Unternehmen nutzen in schamloser Weise genau diese Situation aus und missbrauchen hoch qualifizierte Praktikanten und Hospitanten. Sie beschäftigen sie extrem unter- - bis zu 70 Prozent - oder unbezahlt. Die Unternehmen lassen die jungen Akademiker bewusst in der Hoffnung auf eine Festanstellung arbeiten, dabei gibt es unternehmensseitig keinerlei Absicht, entsprechende Stellen im regulären Angestelltenverhältnis einzurichten. Andere Unternehmen nutzen Praktikantenverträge zur Minderung ihres Risikos, um Neueinstellungen zu wagen, damit sie die gesetzlichen Auflagen zum Kündigungsschutz und die Tarifverträge nicht neu verhandeln müssen. Mit dieser Beschreibung und in dieser Situation nützt es niemandem, wenn dieses Problem kleingeredet oder missachtet wird.
Im Februar 2007 lieferte erstmals eine Studie der DGB-Jugend, der FU Berlin und der Hans-BöcklerStiftung Zahlenmaterial darüber, wie viele Hochschulabsolventen noch nach ihrem Studium ein Praktikum absolvieren. Diese Studie besagt, dass in den letzten zwei Jahren ein deutlicher Anstieg postgradueller Praktika stattfand. Gerade einmal 39 Prozent der Absolventen hatten drei Jahre nach dem Studium eine unbefristete Anstellung gefunden. Jeder Dritte war befristet beschäftigt, wofür es im Schnitt 600 € weniger Lohn gibt als für Festangestellte; 16 Prozent der Absolventen hatten sich selbständig gemacht; 37 Prozent absolvierten direkt nach dem Studium noch Praktika, die Hälfte davon wiederum unbezahlt.
Zahlen über die Gesamtzahl von Praktika in der Bundesrepublik lieferte auch eine Absolventenstudie der konservativen Hochschul-Informations-System GmbH, die im Frühjahr 2007 vorlag. Danach sind Praktika nach dem Studium weder ein Massenphänomen noch ein Dauerproblem nach dem Studium. Der Studie wurde von Anfang an das Etikett des Gefälligkeitsgutachtens angeheftet, wofür auch eine Reihe von Fakten sprechen.
Neu hinzugekommen ist nun eine Studie des Bundesarbeitsministeriums, die behauptet, es sei alles nicht so schlimm und die „Generation Praktikum“
ein Phantom. Nur mit Studien könnte man sicher nicht so einiges begründen oder einiges für erledigt erklären, wie es der Bundesarbeitsminister Scholz von der SPD inzwischen auch tut. Was die Studie des Arbeitsministeriums allerdings sehr deutlich macht, ist durchaus, dass Praktikanten schlecht bezahlt werden und das Problem der Praktikanten nach einer Ausbildung nicht nur eines der Hochschulabsolventen, sondern auch von Absolventen der dualen Ausbildung ist.
Aber, werte Damen und Herren, die nackten Zahlen sprechen eine andere Sprache, als es uns Studien glauben machen wollen. Das beweist eine Petition an den Deutschen Bundestag, die mehr als 100.000 junge Menschen unterzeichnet haben. Ich bin der Überzeugung, dass 100.000 junge Menschen kein Phantom sind, sondern durchaus auf ein Problem hinweisen. Die DGB-Jugend und der Verein „fairwork“, der 2004 als Interessenvertretung von Praktikanten gegründet wurde, haben diese Petition auf den Weg gebracht. Sie sieht vor, Praktika und ähnliche Lernverhältnisse per Gesetz eindeutig von Arbeitsverhältnissen abzugrenzen, damit sie keine regulären Stellen ersetzen. Außerdem sollen Praktika zukünftig auf drei Monate begrenzt und mit mindestens 300 € pro Monat vergütet werden. Auf die geforderte Gesetzesinitiative werde ich gleich an anderer Stelle noch mal zurückkommen.
Werte Abgeordnete, mittlerweile wird versucht, im Internet Hilfestellung für Hochschulabsolventen zu geben, die Schwierigkeiten mit ihrem Praktikum oder Ähnliches haben. Zu nennen wäre da der Internetservice des DGB, wo man Empfehlungen gibt unter dem Motto „Wer bietet gute Praktika?“. Es existiert auch ein Firmenranking nach Qualität der angebotenen Praktika mit der privatwirtschaftlichen Initiative „Fair Company“, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt wird und von der SPD in ihrem Antrag mit Unterstützung beworben wird. Doch es macht diese Initiative „Fair Company“ nicht gerade glaubwürdig, wenn unsere Bundestagsfraktion anfragt, wie im SPD-geführten Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Praktikantinnen und Praktikanten umgegangen wird und man zur Antwort bekommt, man würde gerade darüber diskutieren, ob man Praktikanten Essensgutscheine gibt, um ihren Aufwand ein wenig zu vergüten.
An dieser Stelle bin ich nun bei Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD. Die Problematik der sozialen und der Arbeitssituation von künftigen Jungakademikern und Hochschulabsolventen wurde durch unsere Bundestagsfraktion bzw. auch durch unsere Landtagsfraktion mehrmals thematisiert. Ihre Unterstützung blieb dabei oft einfach aus. Unsere Bundestagsfraktion hatte letztes Jahr einen Antrag
- im Oktober 2007 - im Sinne der Petition für eine gesetzliche Regelung eingebracht. Welche gesetzlichen Regelungen gefordert waren, habe ich eben benannt. Von Ihnen wurde er mit den Stimmen der CDU abgelehnt. Es existieren zum gleichen Sachverhalt weitere Anträge der Oppositionsfraktionen des Deutschen Bundestags und ein konkreter Gesetzentwurf unserer Fraktion. Und was machen Sie, meine Damen und Herren von der SPD? Andrea Nahles verkündet noch im Februar dieses Jahres, eine Arbeitsgruppe gründen zu wollen, weil man nicht um eine Regelung bei diesem Problem herumkommt. Sie stellen aus meiner Sicht einen Schaufensterantrag im Thüringer Landtag, um auf Thüringer Ebene ein bisschen über dieses Problem zu reden.
Inzwischen ist es so weit, dass Ihr eigener Bundesarbeitsminister angekündigt hat, dass es eine gesetzliche Regelung geben soll, allerdings wesentlich abgeschwächter als noch vor einigen Monaten, und zwar im BGB in Anlehnung an das Berufsbildungsgesetz. Aber falls Sie sich tatsächlich Glaubwürdigkeit erhalten wollten und in irgendeiner Art und Weise gestalten wollen, würde das für mich mindestens bedeuten, dass die SPD weiterhin für Mindestlohn in Praktika und eine zeitliche Begrenzung der Praktika eintritt.
Ihr Antrag ist meiner Meinung nach unschädlich, deswegen wird die Fraktion DIE LINKE auch zustimmen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Fachkräftebedarf und außerbetriebliche Ausbildung
Seit Jahren wird in Thüringen ein großer Teil der Ausbildungsplatz Suchenden in öffentlich finanzierte bzw. geförderte vollzeitschulische und außerbetriebliche Ausbildungsplätze vermittelt. Dieser Prozess wird vor allem durch die Arbeitsagenturen und das Thüringer Wirtschaftsministerium verantwortet. Vor dem Hintergrund abnehmender Bewerberzahlen einerseits und aktueller Warnungen vor Fachkräfte
mangel andererseits erlangt die berufliche Strukturierung dieser Ausbildungsangebote zunehmende Bedeutung, um den betreffenden jungen Menschen tatsächliche Perspektiven zu bieten.
Ich frage die Landesregierung:
1. Durch das Studium der Fachkräftestudie und durch Hinweise der Kammern lassen sich Informationen über zukünftige regionale Fachkräftebedarfe gewinnen: Hatten in den letzten Jahren und haben heute solche Informationen Einfluss auf die berufliche Ausrichtung der jeweils in den Regionen im Sommer/Herbst aufgebauten zusätzlichen Ausbildungskapazitäten?
2. Entspricht die berufliche Struktur der ersatzweise mit öffentlicher Unterstützung zur Verfügung gestellten Ausbildungsplätze dem zu erwartenden Fachkräftebedarf in Thüringen in den nächsten Jahren?
3. Wie erklärt die Landesregierung, dass in Thüringen seit Jahren Köche, Verkäufer und Metallbauer weit über dem Bundesdurchschnitt ausgebildet werden und hat eine solche Struktur einen realen Hintergrund in der Thüringer Branchenstruktur?
4. Ist daran gedacht, die Ausbildung in beruflichen Richtungen zu verstärken, die ggf. teurer sind, deren Absolventen aber in Thüringen in wenigen Jahren gesucht werden?
Wir waren uns gestern schon einmal einig, dass das eine sehr verwirrende Struktur ist. Deswegen habe ich noch mehrere Nachfragen.
Die erste Nachfrage: Wir haben in der Anfrage nach der Ausnahmegenehmigung gefragt, die angeblich das Ministerium erteilt hat, und darum die Frage: Gibt es dieses Schriftstück und kann der StuRa der Universität Jena dieses einsehen?
Die zweite Frage hat ein bisschen was mit dem Gesetz von gestern zu tun: In den Übergangsregelungen des Thüringer Lehrerbildungsgesetzes ist festgelegt worden, dass für die Wintersemester 2007/2008 das neue Gesetz Gültigkeit besitzt, was dann wiederum bedeuten würde, dass Studierende, die im Jahr 2007/2008 angefangen haben als Lehramtsstudierende, eigentlich gar nicht wissen, was auf sie zukommt, zumal die Praktika jetzt erst in der Verordnung geregelt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, meiner Meinung nach erleben wir heute relativ unbemerkt eine der größten Katastrophen in der Bildungspolitik dieses Landes,
für mich in etwa gleichzustellen mit der Einführung des dreigliedrigen Schulsystems Anfang der 90erJahre.
Sie zementieren mit diesem Gesetz Ihre unsägliche Schulpolitik, blockieren eine fortschrittliche und der Bedeutung der Lehrerschaft angemessene Ausbildung und nennen das dann auch noch ein modernes Lehrerbildungsgesetz.
Ich habe einfach bei Herrn Döring dann meine Worte wiedergefunden, ich hatte sie umschrieben mit „die CDU-Fraktion hat die Beratung des Gesetzentwurfs mit stoischer Ruhe, Langeweile und Desinteresse begleitet“. Ich wollte es eigentlich nicht sagen, aber Ihr Redebeitrag ermutigt mich wieder dazu.
Die Änderungsanträge der CDU, wenn sie dann ernsthaft an diesem Gesetz hätte arbeiten wollen - was ich Ihnen einfach nicht unterstelle -, bezogen
sich auf Umbenennungen, marginale Streichungen und eine weitere Verkürzung der Ausbildung im Referendarbereich. Das können Sie nicht tatsächlich eine Wertung und eine Wertschätzung der Anzuhörenden nennen.
Herr Emde, natürlich kann sich ein Lehramtstudierender für ein Referendariat oder für einen Beruf als Lehrer in anderen Bundesländern bewerben. Aber ganz ehrlich, das wirkliche Leben sieht ein bisschen anders aus. Man kann sich bewerben, aber ob das was bringt, ist die zweite Frage.
Werte Abgeordnete, es gab massive Kritik in der öffentlichen Anhörung im November letzten Jahres zu dem Gesetz. Ich möchte ein paar wenige Sätze zitieren, Frau Präsidentin: Die Uni Erfurt bescheinigt dem Gesetzentwurf - ich zitiere: „Der vorliegende Gesetzentwurf verzichtet aber auf die Festlegung qualitativer Anforderungsprofile und damit auf die Festschreibung von Ausbildungszielen.“ Oder die GEW Thüringen: „Aus Sicht der GEW kann die Landesregierung bzw. der Gesetzgeber die Verantwortung gegenüber der jungen Generation und deren bessere Bildung und Erziehung nur dann wahrnehmen, wenn das Gesetz auf einem fachlich-theoretischen Konzept für ein Lehrerbildungsprogramm basiert. Dieses ist in der Gänze des Gesetzentwurfs nicht erkennbar.“ Oder der StuRa der Uni Erfurt fragt in seiner Stellungnahme und diese Frage teile ich: „Wenn schon heute Defizite auftreten, wie mag es dann durch eine verkürzte Lehrerbildung erst morgen aussehen?“
Mein erstes Fazit: Der vorliegende Gesetzentwurf ist ohne die Annahme der Änderungsanträge der Opposition nicht zu beschließen - und das sehe ich anders als Sie -, denn er schadet mehr, als er nutzt.
Sehr geehrte Damen und Herren, ein wesentlicher Kritikpunkt meiner Fraktion - und Frau Skibbe hat das schon sehr deutlich gemacht - macht sich an der vorgesehenen Bachelor-Ausbildung und der unterschiedlichen Dauer für Lehrerinnen in den unterschiedlichen Schularten fest. Warum kann man in Thüringen nicht den Weg gehen, den andere Bundesländer uns vormachen - Herr Döring hat Sachsen zitiert und schon angedeutet -, um tatsächlich einem eigenen Slogan, einem eigenen Wahlwerbespot, nämlich dem der Denkfabrik Thüringen, tatsächlich auch einmal die Richtung zu geben? Nordrhein-Westfalen, Berlin, Sachsen sind dabei, für alle Lehrämter 300 Leistungspunkte einzufordern, und nur in Thüringen ist das nicht möglich und Thüringen sucht für sich die Begründung, es könnte ja auch noch weniger sein. Da frage ich Sie, Herr Emde: Was ist bitte eine angemessene Dauer für ein Lehramtsstudium? Nach was bemessen Sie das? Heißt das, wie die GEW das formuliert hat, kurze Beine - kurzes Studium? Ist das
angemessen? Oder sagen wir: lange Beine - langes Studium? Ich halte das für eine Bauchentscheidung Ihrer Fraktion und nicht wirklich fachlich untersetzt.
Eine weitere Anmerkung zur Verkürzung des Studiums an der Universität Erfurt: Wenn Sie sich die Protokolle noch einmal angesehen haben, berichtet die Universität Erfurt, dass derzeit sechs Semester Bachelor studiert wird und drei Semester im Master. Das sind für mich 4,5 Jahre und nicht 4. Sachsen macht es uns vor. Ich denke, das wäre eine Möglichkeit gewesen, hier eine Kompromisslösung zu erzielen, zum Beispiel 180 Leistungspunkte in einem Bachelor und danach 120 Leistungspunkte in einem schulartspezifischen Master-Plus-Referendariat, was bedeutet, 300 Leistungspunkte sind erreicht.
Am Ende bitte.
Ein zweites Fazit, ein gelebtes Beispiel, wie es besser gehen kann. Damit sind wir schon wieder bei dem Entschließungsantrag Ihrer Fraktion, Herr Emde. Es schlägt wirklich dem Fass den Boden aus. Das muss ich hier einmal sagen. Beschlüsse der KMK sind zum einen aufgrund der Zusammensetzung und der politischen Bedeutung des Gremiums naturgemäß am niedrigsten gemeinsamen Nenner angesetzt. Zum anderen, und da werden Sie mir auch zustimmen, sind sie nicht immer der Stein des Weisen, wie es auch auf genau diesen Beschlusswortlaut zutrifft, auf den Sie sich beziehen. Deshalb frage ich mich und ich hätte Ihnen diese Fragen gern im Ausschuss gestellt, wenn es denn dann schon Thema gewesen wäre, ob Sie sich bei der Erstellung Ihres Antrags dieselben Fragen gestellt haben wie ich. Sie wollen tatsächlich, dass der Vorbereitungsdienst im Lehramt auf die Vergabe des Master-Abschlusses an der Universität Erfurt angerechnet wird. Das habe ich so richtig verstanden. Das heißt aber auch, Grundschullehrer müssten 1.800 Stunden für Theorie in 18 Monaten Referendariat zusätzlich schaffen, nach dem gegenwärtigen Stand. Bei den Regelschullehrern wären es 900 Stunden Theorie in 24 Monaten Referendariat zusätzlich. Die Fakten: Die Unis vergeben Kreditpunkte für Leistungen, die sie selbst festlegen. Wie sinnvoll und mit angemessener Qualität die Leis
tungen erwartet und erbracht werden, wird durch eine Akkreditierung durch eine unabhängige Agentur festgestellt. Zwischen dem Ersten Staatsexamen bzw. einer Prüfung, die diesem gleichgestellt sind, und der Aufnahme des Referendariats können bis zu fünf Jahre vergehen, vor allen Dingen auch, und das trifft auch auf Thüringen zu, weil nicht genügend Referendariatsplätze vorhanden sind. Deswegen folgende Fragen, die Sie mir vielleicht noch beantworten können, Herr Emde:
1. Für welche Leistungen soll die Universität Erfurt ECTS-Punkte vergeben?
2. Wie schafft man es in 18 Monaten, zusätzlich 1.800 Stunden zu erlangen, im Studienseminar unterrichtet zu werden, Unterricht mit und ohne Begleitung durch den Mentor vor- und nachzubereiten und zu halten und die Unterrichtsprüfung zu absolvieren und eine Abschlussarbeit zu schreiben?
3. Wenn originäre Leistungen des Referendariats von der Universität Erfurt als ECTS, sprich also leistungspunktefähig, anerkannt werden sollen, wie ist es mit den Grundsätzen und Vereinbarungen zur Akkreditierung von Studiengängen zu vereinbaren und wie soll die Universität Erfurt dazu gebracht werden, dies anzuerkennen? Oder anders gefragt: Ist es doch das Aus für die Studienseminare?
4. Welche Prüfung, welcher Abschluss ist dann dem Ersten Staatsexamen gleichgestellt?
5. Wenn jemand nicht direkt nach dem Erwerb der 240 bzw. 270 Leistungspunkte das Referendariat aufnehmen kann, sondern erst Jahre später, was passiert dann in der Zwischenzeit?
6. Sollen die Einzelheiten wieder per Rechtsverordnung geklärt werden?
7. Das Referendariat für Grundschul- und Regelschullehrer ist dann nicht mehr mit dem Referendariat der anderen Lehrämter vergleichbar. Wie will man diese unterschiedliche Strukturierung begründen und umsetzen?
8. Welchen Abschluss bekommen dann Regelschullehrer?
9. Gibt es in anderen Bundesländern damit schon Erfahrungen und wenn ja, welche? Meines Wissens gibt es die noch nicht.
10. Welche Bundesländer haben diese Neuerungen bereits eingeführt oder sind kurz vor der Einführung?
11. Wenn keine Bundesländer dieses Modell eingeführt haben, warum soll Thüringen zum Vorreiter werden und sich nicht z.B. dem Vorhaben von Berlin und Sachsen anschließen?
Herr Emde, wie Sie sehen, ergeben sich aus Ihrem Entschließungsantrag mehr Fragen als Antworten. Eine vorgesehene Rechtsprüfung der KMK zu Ihrem eigenen Beschluss ist meines Wissens noch zu keinem Ergebnis gekommen, was meiner Meinung nach den gutwilligen Glauben in den Beschluss nicht gerade festigt. Dieser Antrag, werte Damen und Herren der CDU, ist ein unausgegorener Kompromiss, so dass die Umsetzung eigentlich nur scheitern kann.
Sehr geehrte Damen und Herren - ich glaube, meine Fraktion teilt die Meinung -, es ist keine gute Idee, über gesetzliche Regelungen Zweit- und Drittklassenlehrer in den Lehrerzimmern zu schaffen. Die unterschiedliche Dauer der Ausbildung, die Herr Emde als angemessen bezeichnet, zieht eine unterschiedliche Besoldung und damit eine unterschiedliche Bewertung der Leistungen durch die Politik nach sich. Die GEW hat errechnet, bis zu 700 € kann ein Grundschullehrer weniger verdienen als sein gymnasialer Kollege - und das im Monat. In Verbindung mit den Berufschancen durch die im Vergleich zu den anderen Bundesländern mittelprächtige Ausbildung - ich sage das jetzt noch vorsichtig, was uns erwartet - würde ich als junger Mensch in Thüringen kein Lehramtsstudium mehr aufnehmen. Das Problem des fehlenden Lehrernachwuchses wird mit diesem Gesetz nicht gelöst, sondern meines Erachtens nach verschlimmert.
Drittes Fazit: Sonntagsreden und Lehrerwerbungskampagnen sind sinnlos, weil man nicht entsprechend gesetzgeberisch bzw. haushalterisch handelt. Will man jungen Menschen eine Perspektive im Lehrerberuf geben, muss man einfach die beste Ausbildung anbieten und das wird Thüringen mit diesem Gesetz nicht tun.
Dem Gesetzentwurf wurde in der Anhörung der Vorwurf gemacht, dass er die lehramtsbezogenen Studiengänge, sprich die Bachelor- und Master-Studiengänge, in Ketten legt, während die Lehramtsstudiengänge in Jena relativ freie Hand hätten. Wir haben das unter anderem versucht mit unseren Änderungsanträgen aufzulösen. Gleichzeitig wurde die Forderung erhoben, aufgrund des hohen Arbeitsumfangs und der hohen Belastung von Hochschulen im Zusammenhang mit Lehrerbildung die Finanzierung dieses Bereiches aus LUBOM herauszunehmen. Prof. Dr. Hany forderte unter anderem, die notwendi
gen finanziellen Mittel den Universitäten vorab zur Verfügung zu stellen und nicht in LUBOM zu integrieren.
Werte Abgeordnete, ich könnte mich noch endlos und wütend zu Details im Lehrerbildungsgesetz äußern, zum Beispiel auch, dass die Jugendhilfe keinerlei Erwähnung im Gesetz findet oder dass die Universität Jena mit Ausnahmegenehmigung schon nach diesem Gesetz studieren lässt. Über die Rolle und Beachtung des Parlaments an dieser Stelle kann sich jede und jeder in diesem Raum selbst Gedanken machen. Wir werden in absehbarer Zeit Fragen zu klären haben, inwieweit Studierende rechtlich abgesichert waren und sind, die 2007/2008 angefangen haben, in Jena das Lehramt zu studieren. Der Gesetzentwurf hat nach meiner Meinung - ich denke, da steht die Fraktion auch hinter Diana Skibbe und mir - nichts Progressives, nichts qualitativ Charmantes und ist weit davon entfernt, eine bildungspolitische Grundlage für gesellschaftliche Entwicklung zu sein.
Mein Fazit - und das meine ich so, wie ich es sage: Sollte dieses Gesetz in CDU-Fassung den Landtag verlassen, prophezeie ich Ihnen einen weiteren schwarzen Tag für Thüringen.
Wenn ich die Antworten auf meine Fragen kriege.
Zu 1.: Nein und zu 2.: Ja.
Herr Minister, vielleicht können Sie ja jetzt zusammen mit mir dieses leidige Thema der Dauer der bisherigen Lehramtsstudiengänge aufklären, und zwar wenn ich Ihnen einen kurzen Abschnitt vorlesen darf aus dem Protokoll der Anhörung, das ja öffentlich war, da wird Professor Merkens zitiert. „Professor Dr. Merkens legte dar,“ - für alle Unbeteiligten, er ist von der Universität Erfurt - „dass für das Lehramt an Grundschulen 240 Leistungspunkte vorgesehen seien, entspreche nicht dem Umfang an Studien und Semestern, die die Studierenden bisher hätten studieren müssen, nämlich einem sechssemestrigen Bachelor und einem dreisemestrigen Master. Man befürworte intelligente Lösungen zu einem MasterAbschluss.“ Jetzt würde ich Sie gern um eine Interpretation bitten.
Horst Krauße, Thomas Kretschmer, Klaus von der Krone, Jörg Kubitzki, Dagmar Künast, Tilo Kummer, Frank Kuschel, Annette Lehmann, Benno Lemke, Ina Leukefeld, Christine Lieberknecht, Christoph Matschie, Beate Meißner, Mike Mohring, Maik Nothnagel, Michael Panse, Birgit Pelke, Dr. Werner Pidde, Walter Pilger, Egon Primas, Michaele Reimann, Jürgen Reinholz, Dr. Johanna Scheringer-Wright, Prof. Dr. Dagmar Schipanski, Fritz Schröter, Dr. Hartmut Schubert, Gottfried Schugens, Jörg Schwäblein, Heidrun Sedlacik, Reyk Seela, Diana Skibbe, Dr. Volker Sklenar, Andreas Sonntag, Carola Stauche, Christina Tasch, Heike Taubert, Andreas Trautvetter, Elisabeth Wackernagel, Marion Wals
mann, Wolfgang Wehner, Siegfried Wetzel, Katja Wolf, Henry Worm, Dr. Klaus Zeh.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich glaube, das Ministerium weiß, dass gerade der Einzelplan 04 behandelt wird und wird in Kürze hier auftauchen.
Bevor ich zu den konkreten Inhalten des Einzelplans 04, in meinem Fall dem Hochschul- und Forschungsbereich, komme, möchte ich in etwa an dem Punkt anknüpfen, den wir gerade abgeschlossen haben, nämlich dem Politik- und Demokratieverständnis von CDU und Landesregierung, wenn man sich das Verfahren der Haushaltsberatungen auch zum Einzelplan 04 anschaut. Am 04.07.2007 legte die Landesregierung den Abgeordneten des Thüringer Landtags den Entwurf für den Doppelhaushalt 2008/2009 vor. Eine Woche später trat Ministerpräsident Althaus gemeinsam mit Vertretern der Hochschulen vor die Presse und verkündete die Zukunftsinitiative „Exzellentes Thüringen“ mit 2,81 Mrd. € Volumen. Sicherlich ein gutes Programm, wenn die Landesregierung nicht vergisst, auch außerhalb von Exzellenz in Thüringen zu fördern.
Einmal abgesehen davon, dass der Vorschlag unserer Fraktion zu einem eigenen Landesprogramm zur Schaffung von breiter wissenschaftlicher Exzellenz an Thüringer Hochschulen noch im Mai im Parlament mit fadenscheinigen Gründen abgelehnt wurde und nun sich die Regierung mit einem solchen Programm selbst feierte, entzündete sich unsere Kritik an zwei anderen Stellen:
Erstens handelt es sich lediglich um Hochschul- und Forschungspolitik nach Kassenlage. Es ist keine Überzeugung der Regierung zu spüren; so soll das Programm durch Verkauf der Jenoptik-Anteile gegen
finanziert werden. Das bedeutet, es handelt sich lediglich um ein vorübergehendes Projekt und keine dauerhafte Aufgabe des Landes zur Zukunftsgestaltung. Man könnte es zumindest annehmen.
Zweitens spiegelt sich das vollmundige Programm des Ministerpräsidenten im Haushalt nicht wider. Es wäre zumindest zu erwarten gewesen, dass im Doppelhaushalt klar nachvollziehbare Finanzierungsschritte wie Einnahme- und Ausgabetitel verankert wurden; doch es zieht sich ein roter Faden übrigens durch alle Haushaltspläne, dass Verschiebungen, Umbuchungen, Streichungen, Neuveranschlagungen zu mehr Haushaltsunklarheit als zur Haushaltswahrheit beigetragen haben.
Dazu nur ein Beispiel: Der Hochschulpakt 2020 mit dem Bund wurde nicht konkret veranschlagt, obwohl die Mittel bereits beschlossen sind, und so geht es weiter. Laut Haushaltsvermerk in Kapitel 04 69 - Hochschulen gemeinsam - Seite 371, basiert die Mittelveranschlagung im Einzelplan für die Hochschulen auf der Rahmenvereinbarung II, dem Landeshochschulpakt zwischen Land und den Hochschulen.
Zur generellen Beratung des Einzelplans des Kultusministeriums, den jetzt auch wir besprechen: Am 31.08.2007 im Haushaltsausschuss lag die Rahmenvereinbarung dem Parlament nicht vor. Das heißt, die Beratungsunterlagen waren unvollständig und nicht überprüfbar bzw. nachvollziehbar. Erst nach mehrmaligem Intervenieren der Opposition wurde diese Vereinbarung und das korrespondierende Papier zu LUBOM vorgelegt. Die Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen werden, so wurde durch den zuständigen Minister verkündet, erst im nächsten Jahr abgeschlossen, obwohl sie Teil dieses Haushalts sind.
Man muss sich das jetzt mal vorstellen, das Parlament soll einen Gesamtetat zu den Hochschulen beschließen und hat die erforderlichen Unterlagen nicht zur Verfügung. Man verlangt also einen Blankoscheck von uns Abgeordneten und theoretisch müssten wir das gesamte Verfahren zurückweisen. So ist es auch kein Wunder - und ich glaube, da verstehen Sie uns auch -, dass unsere Fraktion, wie an anderen Stellen auch, deutlichen Grund zu Misstrauen gegenüber der Regierung hat.
Werte Abgeordnete, kommen wir zum zweiten Komplex, der Rahmenvereinbarung mit den Hochschulen, die ich hier einmal ganz kurz bewerten möchte: Die neue Rahmenvereinbarung ist im Vergleich zur alten ein deutlicher Fortschritt. Es sind insbesondere sechs Punkte, die positiver zu erwähnen sind:
1. die Herstellung von finanzieller Planungssicherheit bis 2011;
2. die Mittel für Tarif- und Besoldungserhöhungen sollen aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt werden;
3. die flexible Mittelbewirtschaftung;
4. die zusätzliche Finanzierung des Landesanteils, wenn sich eine Hochschule erfolgreich im Wettbewerb der Exzellenzinitiative des Bundes durchsetzt;
5. die Bundesmittel Hochschulbau gemäß Artikel 143 c des Grundgesetzes sind fest enthalten und
6. für Forschungsbauten und Großgeräte nach Artikel 91 b Abs. 1 Nr. 3 Grundgesetz werden EFREMittel zusätzlich eingesetzt.
So weit, so gut. Nachdenklich stimmt - und das wird Sie auch nicht verwundern - die sogenannte Notfallklausel in Punkt 6 der Rahmenvereinbarung. Darin bemüht sich die Landesregierung, die Finanzausstattung einzuhalten und spricht von Abweichungen im Einzelfall aus unabweisbaren Gründen. Doch was sollen unabweisbare Gründe sein? Wenn die Steuern nicht mehr so üppig sprudeln? Hier hält sich die Landesregierung deutlich ein Hintertürchen offen und macht im Grunde alle anderen positiven Punkte zunichte. Für mich ist das ein deutlicher Eingriff in die Autonomie der Hochschule.
Fragezeichen sind auch bei den Tarif- und Besoldungserhöhungen angebracht. Es ist zwar gut, dass diese nun explizit erwähnt werden, aber reichen die Mittel wirklich dafür aus? Auf welcher Basis wurden die Prozentzahlen berechnet? Dazu schweigt die Regierung. Vielleicht bekommen wir nachher noch eine Antwort. Zur endgültigen Bewertung der Haushaltsansätze im Doppelhaushalt reicht aber nicht nur die Vorlage der Rahmenvereinbarung aus. Aus der Vorlage geht nämlich hervor, dass ein Teil der Gesamtzuschüsse den Hochschulen nach dem Modell der leistungs- und belastungsorientierten Mittelvergabe im Verhältnis Staat - Hochschule, genannt „LUBOM Thüringen 2008“, zugewiesen wird. Der Anteil wird von über 20 Prozent auf 40 Prozent im Jahr 2011 gesteigert und wahrscheinlich noch weiter anwachsen. Einige Punkte bei LUBOM sind äußerst problematisch zu sehen. Erste Problematik ist, dass sich das Land an mehreren Stellen die Möglichkeit einräumt, problemlos, ohne den Haushaltsgesetzgeber zu fragen - sprich uns -, Mittel nicht auszuzahlen. Der Aushandlungsprozess zwischen den Hochschulen und der Landesregierung ist sicherlich von den Hochschulen gewollt und stärkt sicherlich auch die Autonomie der Hochschulen an bestimmten Punkten. Dennoch beschränkt LUBOM die Einflussnahme und
die parlamentarische Kontrolle durch den Thüringer Landtag. So wird der garantierte Finanzierungsanteil in der sogenannten Einschleichphase scheibchenweise auf 60 Prozent gesenkt. Der Rest sind flexible Mittel, die nach Leistung bezahlt werden können. Der garantierte Hochschulfinanzierungsanteil sinkt also. Auch die Leistungsindikatoren sind problematisch aus meiner Sicht, da sie zum Teil nur statische Zahlen beinhalten und keine positiven Anreize setzen. Ein Beispiel: BA-Studierende sind wertvoller als Master-Studierende und Studierende in einen Master-Studiengang zu führen, hat eher ideelle als finanzielle Anreize.