Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, der Thüringer Landtag bat mit Beschluss vom 22. Dezember 2005 die Landesregierung, gemeinsam mit den Trägern von Schulen in freier Trägerschaft ein Gutachten zur Ermittlung der Kosten an staatlichen Schulen im Vergleich zu Schulen in freier Trägerschaft in Auftrag zu geben. Dies ist geschehen. Im Gegensatz zu Ihnen, Herr Döring, bin ich nicht der Meinung, dass dies ein Ausfluss möglicher ominöser Kultusbürokratie ist, sondern es ist die Umsetzung eines klugen Beschlusses dieses Hohen Hauses, um tatsächlich sowohl im Bereich der staatlichen Schulen als auch der Schulen in freier Trägerschaft Offenlegung und Kostentransparenz zu erzielen. Ich will auch ausdrücklich für die Landesregierung und die CDU-Fraktion sagen, wir stehen zu den Schulen in freier Trägerschaft. Aber wir stehen auch in derselben Art und Weise zu den staatlichen Schulen.

Der vom Thüringer Kultusministerium gemeinsam mit sechs Vertretern von Schulen in freier Träger

schaft, dem Bistum Erfurt, dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirchen in Mitteldeutschland e.V., der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen, dem Verband Deutscher Privatschulen/Landesverband Sachsen-Thüringen, der Arbeitsgemeinschaft Waldorfpädagogik GbR und der Stiftung Deutsche Landerziehungsheime, beauftragte Gutachter, die Kienbaum-Management-Consultings-GmbH, hat am 15. März 2007 den Bericht mit den abschließenden Ergebnissen des Gutachtens übersandt. Dieses Gutachten wurde gestern durch die Gutachter und die Auftraggeber der Öffentlichkeit vorgestellt. Der Endbericht enthält die Darstellung der von dem beauftragten Gutachter angewandten Vorgehensweise und Methodik zur Ermittlung der Schülerkosten an staatlichen Schulen und wurde dem Landtag gestern übersandt. Der Betrachtungszeitraum umfasst grundsätzlich die Jahre 2003 - 2005; neben der Darstellung der Kosten pro Jahr wurde ein Mittelwert über den vorgenannten Zeitraum, drei Jahre, gebildet. Hierzu wurden die Schülerzahlen von den Schuljahren auf die Wirtschafts- bzw. Kalenderjahre umgerechnet. Ein Schüler einer staatlichen Schule kostet für die Jahre 2003 - 2005 nach dem gewichteten Mittelwert für allgemeinbildende und berufsbildende Schulen 5.959 €, für allgemeinbildende Schulen ergibt sich ein Mittelwert in Höhe von 6.913 €, für berufsbildende Schulen in Höhe von 3.448 €. Herr Dr. Krause, ich gebe Ihnen ausdrücklich recht, es ist eine Ist-Kosten-Analyse und keine Soll-KostenAnalyse. Auch dazu werden wir sicherlich in den nächsten Wochen weiter analysieren. Ich gebe auch Ihnen, Frau Reimann, ausdrücklich recht, was für Gemeinden gilt, gilt für Schulen in gleichem Maße. Kleine Schulen können genauso wie kleine Gemeinden hoch leistungsfähig sein und übrigens nicht teuer. Insofern wäre es gut, auch diesen Aspekt an beiden Stellen letztendlich zum Ansatz zu bringen und das eine nicht vom anderen auseinanderzuhalten. Die als Auftraggeber auftretenden Vertreter von Schulen in freier Trägerschaft waren bedauerlicherweise bis auf den Vertreter der Stiftung Deutsche Landerziehungsheime nicht bereit, im Rahmen des Gutachtens die bei ihnen anfallenden Kosten für einen Schüler einer Schule in freier Trägerschaft auch darzustellen. Sie baten ausdrücklich um den eindeutigen Hinweis, dass das Ergänzungsgutachten über die Kosten von freien Schulen nicht von Ihnen in Auftrag gegeben wurde. Der Gutachter hatte von Anfang an angeboten, auch die Kosten der Schulen in freier Trägerschaft zu untersuchen, dies konnte daher nur auf freiwilliger Basis im Rahmen eines Ergänzungsgutachtens erfolgen. Dieses Ergänzungsgutachten wurde von uns in Auftrag gegeben und am 15. März 2007 ebenfalls übersandt. Die Träger von Schulen in freier Trägerschaft können rechtlich nicht verpflichtet werden, ihre Daten für den erbetenen Vergleich offenzulegen; vor diesem Hintergrund wurden im Mai 2006 und nochmals im No

vember 2006 alle Träger von Schulen in freier Trägerschaft über die Erstellung des Gutachtens informiert und es wurde diesen Gelegenheit gegeben, sich hieran zu beteiligen und ihre Daten dem Gutachter zuzuarbeiten. Auf Grundlage des entwickelten Datenerhebungsbogens für die kommunalen Schulträger wurde auch den Trägern von Schulen in freier Trägerschaft ein Datenerhebungsbogen zur Verfügung gestellt, anhand welchem diese ihre Daten dem Gutachter zusenden konnten. 19 freie Träger haben ihre Daten bereitgestellt, welche im Ergänzungsgutachten enthalten sind. Aufgrund der geringen Beteiligung ist ein direkter Vergleich der Kosten von staatlichen Schulen und freien Schulen aber nicht möglich. Trotz des nicht zustande gekommenen Vergleichs will ich ausdrücklich die gute und auch hervorragende Zusammenarbeit mit allen freien Trägern im Verlaufe auch der Erstellung dieses Gutachtens betonen. Das Thüringer Kultusministerium wird auf der Grundlage des Schülerkostengutachtens einen Entwurf einer Verordnung zur staatlichen Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft erarbeiten, der zum 1. Januar 2008 in Kraft gesetzt werden muss. Nach dem Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft richtet sich die Finanzhilfe für Schulen in freier Trägerschaft ab dem Jahr 2008 nach den Kosten für Schüler in einer staatlichen Schule, in einer vergleichbaren Schulart und Schulform, Fachrichtung oder auch des vergleichbaren Bildungsgangs im vorletzten Jahr. Somit sind auf der Grundlage des Gutachtens auch noch die Kosten auf das Jahr 2006 zu erheben. Kienbaum konnte nur die Kosten der Jahre 2003 - 2005 erheben, da das Jahr 2006 im Erhebungszeitraum noch nicht abgeschlossen war. Nach § 16 Abs. 7 Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft sind zu dieser Verordnung die freien Schulträger anzuhören und es ist das Benehmen mit dem zuständigen Ausschuss des Thüringer Landtags herzustellen. Dies wird geschehen, so dass die Finanzierung der Schulen in freier Trägerschaft ab dem Jahre 2008 nach den neuen gesetzlichen Bestimmungen finanziert werden kann. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich den ersten Teil der Aktuellen Stunde.

Ich rufe auf den zweiten Teil der Aktuellen Stunde

b) auf Antrag der Fraktion der SPD zum Thema: „Ausgestaltung der Rahmenverein- barung des Landes mit den Hoch- schulen und Pläne zur Einführung allgemeiner Studiengebühren in Thüringen“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksachen 4/2703/2811 -

Ich eröffne die Aussprache und als erster Redner hat das Wort Abgeordneter Eckardt, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, werte Gäste, wie wir wissen, verhandelt das Kultusministerium derzeit mit den Hochschulen über eine ab 2008 geltende Rahmenvereinbarung, die an die Stelle des Hochschulpakts treten soll. Über den konkreten Inhalt dieser Rahmenvereinbarung ist uns leider noch nichts bekannt. Allerdings hat sich der Ministerpräsident in den vergangenen Wochen mehrfach öffentlich gegen Mittelkürzungen im Hochschulbereich ausgesprochen, dies letztmalig auch zum gestrigen parlamentarischen Abend. Staatssekretär Bauer-Wabnegg sieht das ja für das Hochschulpersonal etwas anders, aber ich gehe selbstverständlich davon aus, dass das Wort eines Ministerpräsidenten hier mehr gilt und er seinen Staatssekretär zurückholt.

(Beifall bei der SPD)

Uns allen hier muss aber auch klar sein, dass eine bloße Bestätigung der jetzigen Finanzmittel durch die Rahmenvereinbarung nicht ausreichen wird. Gerade das hat uns ja der bisherige Hochschulpakt gezeigt, der den Hochschulen zwar eine Finanzierungszusage bis einschließlich 2007 geboten hat, dies aber - verkürzt gesagt - lediglich auf dem Stand der im Jahr 2001 vom Land verausgabten Gelder. Die Förderung der Sach- und Investitionskosten ist laut Hochschulpakt bis 2007 jährlich um gerade einmal 1 Prozent gestiegen, bei den Personalkosten ist es sogar zu einer Deckelung gekommen. Vor dem Hintergrund der realen Studierendenzahlentwicklung zwischen 2001 und 2007 hat es ein Plus von 15,9 Prozent gegeben. Aber auch im Hinblick auf tarifvertraglich bedingte, für die Hochschulen somit unabwendbare Personalkostensteigerungen, die jährliche Inflationsrate oder die Erhöhung der Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte in diesem Jahr ist der Hochschulpakt dem tatsächlichen Finanzbedarf der Thüringer Hochschulen somit nicht gerecht geworden. Bereits Ende 2004, rund zwei Jahre nach In

krafttreten des Hochschulpakts, waren die Thüringer Hochschulen bloß noch in der Lage, ihre Stellenpläne zu 90 Prozent auszufinanzieren. Heute, während des zu Ende gehenden Wintersemesters 2006/2007, liegt dieser Prozentsatz sogar nur noch bei 80 Prozent. Dank der unzureichenden materiellen Ausgestaltung des Hochschulpakts können die Hochschulen inzwischen 500 Stellen nicht mehr besetzen. Und wie ich aus einer ganzen Reihe von Gesprächen mit Hochschulrektoren weiß, wäre der Grad der Unterfinanzierung im Personalbereich sogar noch höher, wenn man sich vor Ort nicht der Umleitung eigentlich anderweitig benötigter Sach- und Investitionsmittel bedienen würde. Unter einer sachgerechten Finanzausstattung der Hochschulen stelle ich mir - ehrlich gesagt - etwas anderes vor. Um es auch einmal ganz deutlich zu sagen, ich halte nichts von Taschenspielertricks à la Bauer-Wabnegg, der die Tatsache, dass den Hochschulen bereits jetzt 500 Stellen fehlen, dazu nutzten will, 200 Stellen davon einfach für überflüssig zu erklären.

(Beifall bei der SPD)

Das ist nichts anderes als eine Bankrotterklärung des Kultusministeriums, das in den letzten Jahren nicht in der Lage gewesen ist, für eine angemessene Personalausstattung an den Thüringer Hochschulen zu sorgen.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, eines ist damit klar geworden: Bei der jetzt anstehenden Ausgestaltung der Rahmenvereinbarung kann es nicht um eine Neuauflage des Hochschulpakts und eine staatliche Festschreibung der Landesförderung über den Zeitraum von vier Jahren gehen. Den Hochschulen muss durch Aufnahme eines dynamischen Faktors nach dem Vorbild des in Hessen 2002 geschlossenen Hochschulpakts insbesondere die Abdeckung von Personalkostensteigerungen ermöglicht werden. Dies erscheint mir umso wichtiger, als mit den für 2008 tarifvertraglich anstehenden Lohn- und Gehaltserhöhungen um 2,9 Prozent sowie der ebenfalls ab 2008 erfolgenden Anhebung der Löhne und Gehälter auf Westniveau den Hochschulen zwangsläufig ein Personalkostenaufwuchs von über 11 Prozent entstehen wird, und dies angesichts einer bereits jetzt bestehenden 20-prozentigen Unterfinanzierung im Personalbereich. Das ist für die Hochschulen beim besten Willen nicht allein zu stemmen. Hier ist das Land in der Pflicht, für den nötigen finanziellen Ausgleich zu sorgen. Nun kann man es sich natürlich auch so einfach machen wie der Herr Kollege Schwäblein und einfach mal fordern, zusätzliches Geld für die Hochschulen müsse durch die sofortige Einführung allgemeiner Studiengebühren akquiriert werden. Die

Forderung selbst nehme ich Herrn Schwäblein nicht einmal übel, denn ich weiß, dass er diese Position seit Jahren vehement vertritt; was ich beim Kollegen Schwäblein aber nicht nachvollziehen kann, ist seine ebenfalls seit Jahren anhaltende Selbstimmunisierung gegenüber der Faktenlage. Wir alle wissen, dass bereits jetzt viel zu wenig junge Thüringerinnen und Thüringer ein Studium aufnehmen. So liegt der Anteil der Studienanfänger pro Geburtsjahrgang im Freistaat bei gerade einmal 30 Prozent, während der internationale Durchschnitt über 50 Prozent beträgt. Eine Einführung von Studiengebühren würde insbesondere Kinder aus einkommensschwachen Familien von den Hochschulen fernhalten und somit die Studierendenquote noch weiter verringern.

Eine zweite Tatsache: Durch den demographischen Wandel droht Thüringen schon in wenigen Jahren ein massiver Fachkräftemangel. Auch daher kann sich das Land überhaupt nicht leisten, den Zugang zu den Hochschulen durch Gebührenbarrieren zu verbauen. Das Erststudium muss in Thüringen auch in Zukunft gebührenfrei bleiben, das liegt in unserem ureigensten Landesinteresse.

(Beifall bei der SPD)

Damit ist der Freistaat in der Pflicht, die Anzahl der Studienplätze in den kommenden Jahren trotz der eigenen demographischen Entwicklung stabil zu halten, um so einen Teil der aufgrund des massiven Studierendenzuwachses im Westen bundesweit benötigten zusätzlichen 90.000 Studienplätzen zur Verfügung zu stellen. Jetzt frage ich Sie, Herr Schwäblein: Wie soll denn Thüringen mit Studiengebühren die Westabiturienten hierher locken, wenn gleichzeitig das benachbarte Sachsen ausdrücklich auf Studiengebühren verzichten wird und wir als Thüringen dem Hochschulpakt 2020 mit dem Bund gerecht werden wollen?

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Sofort, Frau Präsidentin. Ich kann Ihnen allerdings schon jetzt sagen, dass allgemeine Studiengebühren für meine Fraktion nicht nur aus sozialen Gründen abgelehnt werden, sondern auch deshalb, weil ihre Einführung überhaupt nicht im Landesinteresse sein kann. Der Freistaat ist auch zukünftig in der Pflicht, für eine angemessene Finanzierung der Hochschulen Sorge zu tragen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort Abgeordnete Dr. Kaschuba, Die Linkspartei.PDS-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, die SPD-Fraktion hat die Aktuelle Stunde zur Ausgestaltung der Rahmenvereinbarung mit den Hochschulen aufgrund von Pressemeldungen beantragt. Das freut uns erst einmal; gleichzeitig hätten wir uns noch mehr gefreut, wenn die SPD-Fraktion ihre Forderungen zur guten und finanziellen Ausstattung der Hochschulen auch im Abstimmungsverhalten in Ausschüssen, z.B. zur Exzellenzinitiative, zum Ausdruck gebracht hätte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass meine Fraktion am 22.02. dieses Jahres im Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien den Antrag „Stand der Verhandlungen zu den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Thüringer Hochschulen“ stellte. Das Ergebnis der Beratung war, dass die Verhandlungen noch weitreichend offen seien, laut Landesregierung. Zwei Tage später flatterte uns ein Papier ins Haus, „Modell LUBOM - Thüringen 2008“, datiert vom 9. Januar 2007. Die interessanten Details dieses Papiers wurden uns im Ausschuss vorenthalten. Wir hätten uns gewünscht, dass die Landesregierung die Kommunikation mit den Parlamentariern pflegt auch in diesen Themenbereichen, da es sich ja um zukunftsweisende Themen handelt, die die Hochschullandschaft des Landes berühren.

Ich möchte einiges zu den Details sagen. Man konnte aus diesen Details Schlussfolgerungen ziehen zur künftigen Personal- und Finanzsituation der Hochschulen. Der Anteil der flexiblen Mittel im Verhältnis zum garantierten Hochschulfinanzierungsanteil steigt. Es wird ein Spielraum zur Senkung der Personalmittel bis zu 15 Prozent im Jahr 2011 formuliert und Mittel für Lehre und Forschung werden nur zu 80 Prozent garantiert. Das sind nur einige Details, aber sie zeigen den Weg. In den vergangenen Jahren blieben durch Einfrierung der staatlichen Gelder bei gleichzeitiger Steigerung der Gehälter an den Universitäten bisher 500 Stellen unbesetzt. Das hatte der Kollege von der SPD bereits gesagt. Jetzt sollen 200 Stellen gestrichen werden und die Frage ist: Welche Stellen sind das und warum sollen sie gestrichen werden, vor allen Dingen unter der Voraussetzung, dass das Zentrum für Hochschulentwicklung festgestellt hat, dass die Studienanfängerzahlen in Thüringen bis 2010 auf dem Niveau von 2005 gehalten werden sollen, dafür durch den Bund auch 14,9 Mio. € zur Verfügung gestellt werden? Wir möchten gerne wissen, wohin diese Mittel fließen sollen. Es wird deut

lich, wohin die Reise bei den Verhandlungen zu den Rahmenvereinbarungen geht durch die Landesregierung. Von einer langfristigen Planung und Schwerpunktsetzung im Bereich Wissenschaft als einem der wichtigsten Zukunftsbereiche des Landes bleibt nicht viel übrig, insbesondere wenn ich mir ansehe, dass die Alma Mater Jenensis der gerade frisch gekürten Stadt der Wissenschaft den Hauptanteil der Einsparung tragen soll. Da frage ich mich: Wie ist es vereinbar, dass man auf der einen Seite dieses Ereignis feiert und auf der anderen Seite kürzt? Ich glaube, das eigentliche Problem der Landesregierung ist, dass sie auch die Hochschulen als betriebswirtschaftlich zu diskutierende Einrichtungen und nicht als bildungspolitische Einrichtungen betrachtet. Dem muss man einen Riegel vorschieben, weil sonst dem Land Schaden zugefügt wird.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Letztlich kann man feststellen, dass sich der Ministerpräsident und auch der Kultusminister für die Leistungen der Forschungseinrichtungen und Hochschulen feiern lassen. Der Kultusminister verkündet bei Preisverleihungen: Wissenschaftsentwicklung braucht Geld und Autonomie. Wenn die Rolle vom Laudator zum Regierungsmitglied wieder gewechselt wird, werden Stellen und Mittel gekürzt und auf subtile Weise über Steuerungsinstrumente wie Rahmenvereinbarungen und LUBOM in die Freiheit der Wissenschaft und die Autonomie der Hochschulen eingegriffen.

Wir fordern für Thüringen einen Hochschulrahmenplan, der mit den Hochschulen erarbeitet und mit dem Parlament verabschiedet wird und nicht Hochschulplanung und Gestaltung im stillen Kämmerlein. Wir gehen davon aus, das, was die Hochschulen eigentlich wirklich weiterbringen würde, ließe sich letztens in drei Punkten zusammenfassen - Herr Seela hat einen schönen Tag im Moment, er war ja auch mal kurzfristig Mitglied einer Hochschule -: Hochschulautonomie, Abbau von hemmenden Regelungen sowie eine bedarfsgerechte Ausfinanzierung der Hochschulen. Das wären für uns wichtige Punkte. Wir benötigen längerfristig eine Stärkung der Hochschulen. Sie sollten Anziehungspunkte werden, auch um im Wettbewerb um Studierendenzahlen in Thüringen standhalten zu können. Wir wissen, dass es einen enormen Fachkräftebedarf gibt in Zukunft. Ich denke, wenn Thüringen seine Hochschulstandorte ausbauen will, muss es seine Wettbewerbsvorteile stärken. Dazu gehört nicht unbedingt der Stellenabbau, sondern wir denken, dazu gehört eine ausreichende Stellenausfinanzierung an den Hochschulen. Das, was die Landesregierung derzeit tut, ist nicht sehr hochschulfreundlich; man könnte fast sagen, es ist thüringenfeindlich. Danke.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Als nächster Redner folgt Abgeordneter Schwäblein, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich etwas unkonventionell beginnen. Ich möchte meiner Freude Ausdruck verleihen, dass die personellen Veränderungen der Landesregierung den Kultusbereich nicht betreffen und wir mit dem bewährten Staatssekretär weitermachen können. Das darf ja mal angemerkt werden.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Da hat er noch mal Glück gehabt.)

So meine ich das nicht, nein. Zurück zum Thema.

(Heiterkeit bei der CDU)

Die Opposition versucht über Rahmenbedingungen und angebliche Pläne der Regierung zur Einführung von Studiengebühren hier ein Thema aufzumachen. Das Erste ist in einem ganz frühen Verhandlungsstadium, so dass es sich eigentlich kaum lohnt, jetzt über Ergebnisse reden zu wollen, weil die nicht vorliegen. Wir können uns aber über Ziele durchaus verständigen.

Beim Zweiten will ich gleich vorab sagen, es gibt die Pläne zur Einführung von Studiengebühren seitens der Regierung nicht. Also, wenn die SPD gewollt hätte, meine Meinung zu erfahren, da hätte sie mich direkt fragen können, da braucht sie hier keine Aktuelle Stunde zu berufen. Wenn sie die Meinung meiner Fraktion hören will, dann ist die auch eindeutig. Ich habe dazu tatsächlich eine Minderheitsposition. Ich sage das auch, aber ich füge mich, wenn jetzt keine Pläne existieren, werde ich sie nicht weiter verfolgen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: So ist das doch viel schöner.)

Ich darf nur feststellen, dass andere Länder offensichtlich sogar bereit sind umzudenken. Kollege Eckardt, Sie hätten sich vielleicht sogar das Forum der CDU in Sachsen anhören sollen zu ihren Hochschulen. Da hat nämlich der Ministerpräsident des Freistaats Sachsen, der ja immer hier so zum Vorbild genommen wird für unsere Politik, am Montag erklärt: Solange sächsische Hochschulen keine Gebühren erheben dürften, seien sie im Nachteil gegenüber den Konkurrenten in anderen Bundesländern. Jetzt wörtlich, ich darf zitieren: „Wer gegen Studiengebüh

ren in Verbindung mit einem großzügigen Darlehensmodell ist und trotzdem von Wettbewerb spricht, benachteiligt die sächsischen Hochschulen“, warnte Milbradt. Der Verzicht auf Studiengebühren entziehe den Hochschulen potenzielle Einnahmen von 100 Mio. € im Jahr. Bei uns sind es ja nur 50. Die sollten auch nie und nimmer die staatliche Aufgabe, Hochschulen ausreichend zu finanzieren, ersetzen. Ich will das auch nicht falsch verstanden wissen, aber wir werden feststellen müssen - Sie wahrscheinlich ein bisschen später als ich, das nehme ich mir jetzt einfach heraus -, dass unsere Studienbedingungen im Gegensatz zu den Ländern im Süden und im Westen sich deutlich verschlechtern werden. Nun ist gesagt worden, die armen jungen Leute aus Thüringen - ja, warum gehen sie denn dann trotzdem in die Länder mit den Studiengebühren? Sie wechseln jetzt ja gerade nicht verstärkt an Thüringer Hochschulen, das Studierverhalten ist gleich. Auch die Anfängerzahlen in den Ländern, die es gemacht haben, haben nicht abgenommen, sondern die Bedingungen werden sich dramatisch verändern. Herr Matschie, als Ihr Kopf noch stärker war als Ihr anderes Körperteil - also, ich habe jetzt ein Zitat, dass sich der Hintern immer an den Sessel anpasst, auf dem man sitzt -, als Ihr Kopf noch stärker war als Parlamentarischer Staatssekretär in Berlin, waren Sie sehr wohl noch für Studiengebühren, bis Sie von Ihrer Chefin eine aufs Haupt gekriegt haben.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das ist eine böswillige Unterstellung.)

Nein, das ist ein Zitat und belegt und jederzeit nachzulesen, sollte auch für Sie möglich sein.

Ihr Ausweichmodell - Sie sehen ja auch, dass Hochschulen mehr Geld brauchen -, dieser Studienlastenausgleich der Länder, ist nun erfreulicherweise - weil es ja Rheinland-Pfalz eingebracht hat in die Kultusministerkonferenz - dort mal modellhaft gerechnet worden. Im Moment würden wir, selbst wenn wir nur Studienanfänger in die Berechnung einbeziehen würden, auf 6,5 Mio. Nasse für Thüringen kommen und für das ganze Studium hochgerechnet wäre es im Moment ein Nachteil von in Summe knapp 33 Mio. €, die wir an andere Länder zu bezahlen hätten, wenn wir auf Ihr Modell eingehen würden, Herr Matschie. Das muss auch den Bürgern draußen einmal gesagt werden, was Sie diesem Land eigentlich empfehlen zum Schaden des Landes.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Es geht nicht um heute, es geht um morgen und übermorgen.)

Ja, aber erst mal müssen wir bezahlen, und ob das eintritt, was Sie sich vorstellen und wir uns vielleicht auch wünschen, dass ganz viele aus anderen Län

dern hierherkommen, das wissen wir noch nicht. Richtig ist, Hochschulen brauchen deutlich mehr Geld und sie sind zurzeit unterfinanziert. Wenn unsere Finanzministerin bei den Hochschulen anfangen will, dort in die Tasche zu greifen, wird sie auf Widerstand stoßen sowohl seitens des Kultusministeriums als auch seitens der Wissenschaftspolitiker unserer Fraktion.

(Zwischenruf Abg. Matschie, SPD: Hat sie denn das vor?)

Ich weiß es noch nicht sicher, die Pläne sind im Moment in der Regierung am Ausverhandeln, mit uns ist noch nicht gesprochen worden. Ich kann nur davor warnen, den Hochschulen Geld zu streichen, weil das die Zukunftsfähigkeit unseres Landes tangiert.

Ich will abschließen mit einer Erkenntnis - vielleicht nehmen Sie sie irgendwann mal für sich auf: Das Thema „Studiengebühren“ ist in Deutschland eigentlich schon durch, es haben bloß noch nicht alle gemerkt.