i) Änderung der Geschäftsord- nung des Thüringer Landtags hier: § 78, §§ 94 bis 99 und §§ 101 bis 103 Antrag der Fraktion der Links- partei.PDS - Drucksache 4/2736 - dazu: Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses - Drucksache 4/2996 -
Ich erteile das Wort Abgeordneten Wehner aus dem Petitionsausschuss zur gemeinsamen Berichterstattung.
Frau Präsidentin, verehrte Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, um das Petitionsrecht neu zu regeln, haben die Fraktionen des Thüringer Landtags Gesetzentwürfe zum Petitionsrecht, zum Bürgerbeauftragtengesetz sowie jeweils entsprechende Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung in den Thüringer Landtag eingebracht.
Der Thüringer Landtag hat den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2701 - „Erstes Gesetz zur Änderung des Thüringer Bürgerbeauftragtengesetzes“, den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion, „Thüringer Gesetz über den Bürgerbeauftragten“ - Drucksache 4/2728 - und den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS „Gesetz zur Stärkung des Thüringer Bürgerbeauftragten“ - Drucksache 4/2735 - sowie den Gesetzentwurf der Fraktion der Linkspartei.PDS für ein „Gesetz zur Behandlung von Petitionen durch den Petitionsausschuss“ - Drucksache 4/2710 - und den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU „Thüringer Gesetz über das Petitionswesen“ - Drucksache 4/2729 - sowie die entsprechenden Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags, das sind die Drucksachen 4/2702, 4/2730, 4/2734 und 4/2736, am 01.03.2007 beraten und zur weiteren Beratung federführend an den Petitionsausschuss sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten überwiesen.
Der Petitionsausschuss hat die Entwürfe in seiner 32. Sitzung am 01.03.2007, in seiner 34. Sitzung am 28.03.2007 sowie in seiner 35. Sitzung am 19.04.2007 beraten und eine schriftliche Anhörung durchgeführt. Beratungsgrundlagen wurden aufgrund einer Mehrheitsentscheidung jeweils die Entwürfe der Fraktion der CDU.
Der Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten hat diese Entwürfe in seiner 34. Sitzung am heutigen Morgen beraten. Im Ergebnis der Beratung und in Auswertung der Anhörung haben die Fraktionen Änderungsanträge eingebracht. Auf Vorschlag der Fraktion der CDU wurde § 1 des Bürgerbeauftragtengesetzes neu gefasst und dabei klargestellt, dass dem Bürgerbeauftragten die Bearbeitung von Auskunftsbegehren und Informationsersuchen obliegt, auch wenn es sich dabei um Petitionen handelt. Auf Vorschlag der Fraktion der SPD wurde in Absatz 1 Satz 3 aufgenommen, wonach der Bürgerbeauftragte insbesondere die Aufgabe hat, auf die Beseitigung bekannt gewordener Mängel hinzuwirken. Ebenso wurde § 4 des Gesetzentwurfs neu gefasst, um die Befugnisse des Bürgerbeauftragten und die Befugnisse des Petitionsausschusses gleichlautend zu regeln. Zudem soll die derzeitige Praxis der Bearbeitung von Angelegenheiten durch den Bür
gerbeauftragten entsprechend gesetzlich geregelt werden. Die Befugnisse des Bürgerbeauftragten gegenüber Privaten werden so formuliert, wie sie im Gesetzentwurf für das Petitionswesen und für den Petitionsausschuss formuliert sind. Weiter wurde mit der Neufassung des § 7 das Vorschlagsrecht für die Wahl des Bürgerbeauftragten geändert. Das Vorschlagsrecht soll zukünftig den Fraktionen des Thüringer Landtags obliegen. Dafür hatten sich die Anzuhörenden ausgesprochen. Beim Petitionsgesetz - Drucksache 4/2729 - wurden in § 10 hinsichtlich der Einsichtnahme bei der Vorlage von Akten mit personenbezogen Daten auf Vorschlag der Fraktion der Linkspartei.PDS die Voraussetzungen für die Einsicht in Unterlagen mit personenbezogenen Daten geregelt. § 11 berücksichtigt die Anregung des Datenschutzbeauftragten. In § 14 wurde bei der Definition von Massen- und Sammelpetitionen eine bestimmte Personenzahl, nämlich 50, die vom Sprecher des Bündnisses für „Mehr Demokratie in Thüringen“ vorgeschlagen wurde, aufgenommen. Mehrheitlich abgelehnt wurden die Änderungsanträge der Fraktion der Linkspartei.PDS, die Sitzungen des Petitionsausschusses grundsätzlich öffentlich durchzuführen sowie bei Massen- und Sammelpetitionen die Petenten unter Hinzuziehung der Fachausschüsse öffentlich anzuhören. Dies scheint der einzige grundlegende Unterschied in den Gesetzeswerken noch zu sein, wo es unterschiedliche Auffassungen gibt. Der Petitionsausschuss hat im Ergebnis seiner Beratungen wie der mitberatende Ausschuss für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten empfohlen, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in Drucksache 4/2728 mit den Änderungen, den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in Drucksache 4/2729 mit den Änderungen sowie den Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 4/2730 - anzunehmen. Hinsichtlich des Inhalts der Änderungen verweise ich auch auf die Beschlussempfehlungen in den Drucksachen 4/2994, 4/2995 und 4/2996. Darüber hinaus hat der Petitionsausschuss mehrheitlich empfohlen, die Gesetzentwürfe der Fraktion der SPD - Drucksache 4/2701 -, der Fraktion der Linkspartei.PDS - Drucksachen 4/2735 und 4/2710 - sowie die Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags - Drucksachen 4/2702, 4/2734 und 4/2736 - abzulehnen. Herzlichen Dank.
Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Hahnemann, Die Linkspartei.PDS.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, die genannten Änderungsanträge, insbesondere die der CDU-Fraktion, die mehrheitlich im Ausschuss beschlossen wurden, haben natürlich an der nach unserer Auffassung von Beginn an falschen Weichenstellung in der Betrachtung der Gesetzentwürfe, insbesondere in Betrachtung des Gesetzentwurfs zum Bürgerbeauftragten, nichts mehr geändert.
Obwohl mehrere Anzuhörende, darunter der derzeit amtierende Bürgerbeauftragte in Thüringen und sein Amtskollege aus Mecklenburg-Vorpommern, die neue Kompetenzaufteilung zwischen Bürgerbeauftragtem und Petitionsausschuss und die Definition des Begriffs „Petition“ scharf kritisieren, wurde an diesen entscheidenden Punkten nichts geändert. Der Bürgerbeauftragte aus dem Norden brachte es eigentlich auf den Punkt: Mit solcher Aufgabenverteilung zwischen Beauftragtem und Ausschuss verliert ein Bürgerbeauftragter eigentlich seine Funktion. Diese Kritik und auch andere Kritik aus der Anhörung bestätigt im Grunde genommen unsere Feststellung aus der ersten Beratung: Der Gesetzentwurf der CDU führt zur faktischen Abschaffung des Bürgerbeauftragten.
Diese faktische Abschaffung wird nach unserer Auffassung auch dadurch unterstützt, dass der Bürgerbeauftragte nur die Kompetenzen behält, die er bisher hatte, also Informations- und Zugangsrechte, und diese nur im Rahmen der Bearbeitung von Bürgeranliegen - so der Wortlaut der Vorschrift. Aber was ist dann mit dem Recht, auch eigenständig tätig zu werden? Mit welchen gesetzlich gesicherten Handlungsmöglichkeiten ist er untersetzt? Soweit ersichtlich mit keinen! Damit ist dieses Selbstbefassungsrecht nichts weiter als ein Papiertiger. Zahlreiche Anzuhörende, meine Damen und Herren, samt und sonders amtierende oder ehemalige Amtsinhaber, fordern eine Stärkung des Bürgerbeauftragten. Der Bürgerbeauftragte von Schleswig-Holstein weist ausdrücklich darauf hin, dass Bürger gegenüber der Verwaltung immer häufiger und immer mehr Unterstützung brauchen. Der Bürgerbeauftragte aus Mecklenburg-Vorpommern fordert dazu ausdrücklich eine Ausweitung der Kompetenzen und der Rechte des Bürgerbeauftragten. Er spricht sich auch für ein wirksames Selbstbefassungsrecht des Bürgerbeauftragten aus und unterstreicht die Kontrollfunktion, die ein Bürgerbeauftragter gegenüber der Verwaltung haben sollte. Diese Kritiken unterstützen den Ansatz, den die Fraktion der Linkspartei.PDS in ihrem Gesetzentwurf gewählt hat: ein Bürgerbeauftragter als Bürgeranwalt, der sich mit und für die Bürger um die Verwirklichung einer transparenten und bürgerfreundlichen Verwaltung kümmert. Wegen der generellen Bedeutung dieser Funktion hat die Frak
tion die Kernpunkte ihres Gesetzentwurfs als Änderungsanträge sowohl im Ausschuss als auch für diese zweite Beratung noch einmal eingebracht.
Ich will diese Kernpunkte noch einmal kurz nennen: Ein Bürgerbeauftragter soll eigene Rechte und Befugnisse bekommen, von einem Selbstbefassungsrecht bis hin zur Möglichkeit, Schlichtungsgespräche zu führen und bis hin zu dem Recht, Mängel in der Verwaltung zu beanstanden und deren Beseitigung zu fordern. Er soll zum Beispiel Vorschläge für gesetzliche Regelungen machen können. Er hat auf der Grundlage der an ihn ergangenen Anliegen eine gute Einsicht in mangelhafte oder nötige gesetzliche Regelungen. Eine eigene Öffentlichkeitsarbeit gehört genauso zu seinen Aufgaben wie Netzwerkarbeit im nicht parlamentarischen Bereich. Vor allem hinsichtlich seiner Aufgabenstellungen und Kontrollfunktionen, insbesondere aber hinsichtlich des Beanstandungsrechts, wurden verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht. Diese sind aber eine klassische und haltlose Vernebelungsaktion der CDU-Fraktion und der Landesregierung, um damit eine politische Ablehnung des Bürgerbeauftragten verstecken zu können.
Meine Damen und Herren, lesen Sie den § 39 des Thüringer Datenschutzgesetzes. Dort werden Sie das Beanstandungsrecht auch finden, und mir ist nicht erinnerlich, dass irgendwann mal irgendjemand dieses Beanstandungsrecht des Datenschutzbeauftragten als verfassungswidrig eingestuft hätte. Was sich tatsächlich hinter solchen Scheinargumentationen verbirgt, ist Folgendes: Im Grunde genommen wollen Sie keinen Bürgerbeauftragten. Sie wollen keinen Bürgerbeauftragten, der der Verwaltung als wirksames Korrektiv und als hilfreiche Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger auf Augenhöhe entgegentreten könnte.
Und noch etwas anderes zieht sich wie eine Art Botschaft und wie ein ideeller roter Faden durch den gesamten Gesetzentwurf: Die Mehrheit dieses Hauses und mit ihr die Landesregierung wollen nicht nur keinen starken Bürgerbeauftragten, sie wollen in Wirklichkeit eigentlich gar keinen Bürgerbeauftragten. Das, meine Damen und Herren, ist des Pudels Kern.
Von dieser Grundhaltung zum Beispiel zeugt die beabsichtigte Regelung der Zuständigkeiten des Petitionsausschusses und des Bürgerbeauftragten. Letzterer wird nach der beabsichtigten Fassung zu einer Art Anhängsel des Petitionsausschusses. Das erwächst schon allein aus dem Umstand, dass im allgemeinen Verständnis und nach der Landesverfassung Bürgeranliegen auch als Petition definiert
werden können. Der gegenwärtige Thüringer Amtsinhaber weist in seiner Stellungnahme zu Recht auf dieses Grundproblem hin.
Wir haben in unserem Gesetzentwurf und auch in den vorliegenden Änderungsanträgen eine Aufgabenverteilung vorgeschlagen, die das Petitionsrecht der Bürger wirksam zur Geltung bringt, aber gleichzeitig die Zuständigkeitsbereiche der beiden Institutionen klar abgrenzt. Nach unserem Vorschlag würden die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, wer ihre Petition bearbeitet. Dadurch würden Doppelbearbeitungen vermieden und auch der Bürgerbeauftragte bearbeitet weiter Petitionen, sofern der Bürger das will. Lediglich für Massen- und Sammelpetitionen würde es eine alleinige Zuständigkeit des Petitionsausschusses geben.
Nun wird stets zweierlei eingewendet. Der Bürgerbeauftragte sei mit der Vielfalt der von uns vorgeschlagenen Aufgaben überfordert und außerdem könne der Petitionsausschuss das alles auch und gegebenenfalls sogar besser.
Zum Argument der angeblichen Überforderung: Das ist unseres Erachtens vor allem eine Frage der Arbeitsorganisation und noch mehr eine Frage einer angemessenen personellen, sächlichen und finanziellen Ausstattung des Amts eines Bürgerbeauftragten. Wir haben eine entsprechende Gewährleistung in § 1 unseres Gesetzentwurfs vorgeschlagen. Auch das finden Sie in unseren Änderungsanträgen.
Nun zum Argument, der Ausschuss könne das auch und gegebenenfalls sogar besser: Es ist schon bezeichnend, wenn ausgerechnet der bisherige Amtsinhaber Thüringens, Dr. Wilsdorf, in seiner Stellungnahme darauf verweist, dass der Petitionsausschuss in der Vergangenheit eine gewisse Unflexibilität bei den Reaktionsmöglichkeiten an den Tag gelegt habe und dies eigentlich für die Institution des Bürgerbeauftragten spreche. Damit bestätigt er - wenn auch so ein bisschen durch die Blume - die strukturelle Kritik, die ich in der ersten Beratung an der Rolle und an der Arbeit des Petitionsausschusses geübt habe, und, ich glaube, ich muss mich nicht revidieren. Die Arbeit eines Ausschusses ist letztlich von politischen Mehrheiten geprägt und nichts hat dieses besser bewiesen als die Beratung der vorliegenden Gesetzentwürfe und Anträge.
Ich war dabei. Also ist ein Ausschuss nur bedingt und keinesfalls so wirksam für die Anwaltschaft im Interesse der Bürgerinnen und Bürger geeignet,
Zudem stellt sich hier notwendig auch eine Folgefrage: Wie unabhängig wird denn der Bürgerbeauftragte nach der jetzt absehbaren Regelung zukünftig wirklich sein? Die Einführung eines Vorschlagsrechts der Fraktionen ist symbolische Politik und ändert an der Gefahr überhaupt nichts. Es enthebt das Amt des Bürgerbeauftragten noch nicht der Gefahr, als Abstellgleis für ausrangiertes Politpersonal einer ausreichenden Mehrheit missbraucht zu werden. Um dieser Gefahr vorzubeugen, die wir aus früheren Erfahrungen mit solchen Vorgängen kennen und die sehr real ist, hatten wir vorgeschlagen, das Vorschlagsrecht überhaupt nicht einzuschränken. Jeder sollte Vorschläge einreichen können, auch nichtparlamentarische Verbände und Organisationen, auch einzelne Bürgerinnen und Bürger. Zudem waren wir für eine Wahl des Bürgerbeauftragten mit einer Zweidrittelmehrheit des Thüringer Landtags.
Meine Damen und Herren, formal bestünde also noch die Möglichkeit, einen Gesetzentwurf zu beschließen, mit dem Thüringerinnen und Thüringer einen unabhängigen Bürgerbeauftragten als eine Art Bürgeranwalt mit umfangreichem Aufgabenbereich, wirksamen Rechten und Einflussmöglichkeiten und einer klar geregelten Abgrenzung der Arbeitsbereiche des Bürgerbeauftragten und des Petitionsausschusses bekommen. Es wäre ein Bürgeranwalt, der nicht zuletzt als Unterstützer der Bürgerinnen und Bürger der Verwaltung auf Augenhöhe begegnen könnte. Übrigens wäre ein Bürgerbeauftragter, der gegenüber der Verwaltung als Anwalt für Bürgerfreundlichkeit und Transparenz auftritt, auch im Hinblick auf anstehende Verwaltungs-, Funktional- und Gebietsreformen von großem Nutzen.
Meine Damen und Herren, heute entscheidet der Thüringer Landtag also im Grundsatz zwischen einem Bürgerbeauftragten als Interessenvertreter der Menschen im Land oder einem Bürgerbeauftragten als Anhängsel des Petitionsausschusses - schade.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, zuerst das Erfreuliche: Es ist gut, dass es uns gemeinsam gelungen ist, die Beratung zur
Novellierung des Petitionsgesetzes und des Bürgerbeauftragtengesetzes so konzentriert und engagiert durchzuführen, dass wir die beiden Gesetze heute in zweiter Lesung verabschieden können.
Lassen Sie mich zunächst noch einige Worte zum Petitionsgesetz sagen. Wir haben eine sehr interessante schriftliche Anhörung durchgeführt, die im Grunde vor allem unsere Bestrebungen bestätigt hat, die derzeit sowohl im Thüringer Petitionsgesetz als auch in der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags niedergelegten Vorschriften für den Petitionsausschuss in einem Gesetz zusammenzuführen. Damit werden wir ein gutes Stück Klarheit und Transparenz in den Bestimmungen des Petitionswesens erreichen. Insbesondere die Stellungnahme des Thüringer Datenschutzbeauftragten hat uns gezeigt, dass es notwendig war, das bisherige Verfahren des Petitionsausschusses bezüglich der Übermittlung personenbezogener Daten an die Landesregierung zu überdenken. Auch die Stellungnahme des Bündnisses für Mehr Demokratie hat uns einige Anregungen gegeben, die sich in der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses wiederfinden. Kollege Wehner ist in seiner Berichterstattung schon darauf eingegangen. So weit zum Konsens.
Aber, meine Damen und Herren, es gab und gibt - wir haben es gerade vernehmen können - auch noch eine ganze Reihe streitbefangener Themen. Dazu gehört zuallererst die Frage der Öffentlichkeit der Petitionsausschuss-Sitzungen. Hier, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der Linkspartei, kann ich nur feststellen, dass es Ihnen wohl doch mehr um politisches Schaulaufen geht als um eine Systematik, die sich bewährt hat, weil sie richtig ist. Sie können auch in den Diskussionen, wie wir sie erlebt haben, immer wieder auf den Bayerischen Landtag verweisen, dessen Eingabenausschuss seit jeher öffentlich tagt. Aber - und das ist genau der Punkt, den Sie offenbar nicht verstehen - in Bayern gibt es sowohl hinsichtlich der Öffentlichkeit der Sitzungen und vor allem hinsichtlich der Behandlung von Petitionen ein völlig anderes System, dessen einzelne Parameter sich unserer Ansicht nach nur schwer auf den Thüringer Landtag übertragen lassen. Die Bescheidung von Petitionen folgt in Bayern dem Fachausschussprinzip. Das heißt, dass Eingaben eben nicht vom Eingabenausschuss, sondern vom jeweils zuständigen Fachausschuss bearbeitet werden. Wenn Sie die Stellungnahme des Bayerischen Landtags richtig gelesen haben, dann stellen Sie fest, dass sich dieses System nicht nur bewährt hat. Es gibt auch Kritik, dass die Fachausschüsse die Petitionen als lästigen Mehraufwand zu ihrer eigentlichen Arbeit betrachten. Und - das ist ein weiterer Punkt, der die Vergleichbarkeit beider Systeme zweifelhaft macht - sämtliche Ausschüsse des Bayerischen Landtags tagen öffentlich. Der Eingabeausschuss ist dort nicht
die Ausnahme, sondern er ist die Regel. In Thüringen jedoch hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, die Ausschüsse in der Regel nicht öffentlich tagen zu lassen, insbesondere bei der oft diffizilen Arbeit des Petitionsausschusses sehe ich keinerlei Anlass, sich von dieser Regel abzuwenden. Ich bin auch froh darüber, dass wir in diesem Punkt einig mit der SPD waren und sind, denn - und das habe ich auch bereits in der ersten Beratung hier an diesem Pult gesagt - die Probleme, mit denen sich die Menschen an den Thüringer Landtag wenden, sind nicht geeignet, mit ihnen öffentlich Politik zu treiben. Es ist wirklich schade, meine Damen und Herren von der Linkspartei, wenn sich die Leute mit Problemen an den Thüringer Landtag wenden, dass Sie auf Ihren Forderungen herumreiten und dieselben - und wir haben es jetzt eben vom Kollegen Hahnemann gehört - Forderungen wieder aufmachen und das letztendlich nichts anderes ist als das, was wir vor gut zwei Monaten hier schon einmal an der Stelle gehört haben. Wir tauschen dieselben Argumente aus und das lässt den Schluss zu, dass es Ihnen vielleicht doch nicht wirklich um die Sache selbst geht, sondern um stereotype Wiederholung von Oppositionsphrasen.
Das bringt mich zu dem nächsten Punkt, über den im Petitionsausschuss keine Einigkeit erzielt werden konnte, die Behandlung von Massen- und Sammelpetitionen. Mir ist immer noch nicht verständlich, warum Sie, liebe Kollegen von der Linkspartei, Massen- und Sammelpetitionen gegenüber Einzelpetitionen privilegieren wollen. Für mich gibt es da nur einen nachvollziehbaren Grund: Sie suchen verzweifelt nach einem Podium für plakative Politik. Es ist Ihnen unbenommen, den Begehren der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land mit Anträgen oder Gesetzentwürfen entgegenzukommen. Das war mit der alten Gesetzeslage so und das bleibt auch für die Zukunft so. Aber - und das hat sich offenbar im Vergleich zur ersten Beratung des Petitionsgesetzes nicht geändert - Sie wollen oder können die parlamentarischen Möglichkeiten, die Sie eigentlich mit der alten Gesetzeslage auch schon hatten, nicht ausreichend nutzen. Vielleicht gewinnen wir ja in der nächsten Zukunft die Weisheit, insbesondere Ihre Kollegen, dass Petitionen in erster Linie die persönliche Angelegenheit von Menschen sind. Jede dieser Angelegenheiten verdient es, umfassend und vor allem unpolitisch behandelt zu werden.
Einen weiteren Punkt möchte ich hervorheben. Die Linkspartei wollte eine Formulierung in das Petitionsgesetz aufnehmen, dass der Petitionsausschuss Maßnahmen der Exekutive bis zum Abschluss des Petitionsverfahrens aussetzen kann. Über diesen Passus haben wir auch lange im Ausschuss diskutiert, aber rein rechtlich kann der Ausschuss keine Maßnahmen der Exekutive aussetzen. Wir können als Petitionsausschuss die Landesregierung oder die
zuständige Behörde ersuchen, beispielsweise eine mögliche Abschiebung auszusetzen bis das Petitionsverfahren erledigt ist. Aber ich halte es eben für falsch - und nicht nur ich, sondern auch die Kollegen meiner Fraktion -, diese oder eine ähnliche Formulierung im Gesetz zu verankern. Ich sage Ihnen auch warum: Mit jeder Feststellung derartiger Wünsche in einem Gesetz wecken wir Hoffnungen, die wir und Sie nicht erfüllen könnten. Der Petitionsausschuss kann zwar ersuchen, bitten oder begehren, wie auch immer man es nennen will, ob die Behörde oder die Landesregierung diesen Bitten aber folgt, ist allein ihre Entscheidung. Das ist - einfach ausgedrückt - der Grundsatz der Gewaltenteilung.
Wir werden mit der Verabschiedung des Thüringer Gesetzes über das Petitionswesen einen großen Schritt zu einem modernen Petitionsrecht gehen. Mit der Erweiterung der Befugnisse des Petitionsausschusses, insbesondere der Möglichkeit, direkt an die jeweiligen Behörden herantreten zu können, mit der Festschreibung der Rechte der Strafvollzugskommission und nicht zuletzt mit der Vereinigung aller dem Petitionsausschuss betreffenden Bestimmungen in einem Gesetz, können wir guten Gewissens sagen, dass wir ein gutes Stück Arbeit vollbracht haben. Insofern kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, warum Sie, Frau Sedlacik, in einer Pressemitteilung am 19. April titeln, dass die CDU-Fraktion - und ich zitiere: „an ihren bürgerunfreundlichen Petitionsregelungen festhält“. Frau Kollegin Sedlacik, damit beweisen Sie, dass es Ihnen entweder an Verständnis für die vorliegenden Gesetzentwürfe mangelt oder es geht Ihnen nur um das schlechte Futter für die Presse. Wenn sich Ihre Verständnislosigkeit nur auf die Entwürfe der CDU-Fraktion beziehen würde, könnte man das ja auch noch politisch nachvollziehen, aber offenbar haben Sie sich auch mit den Entwürfen Ihrer eigenen Fraktion nur unzureichend auseinandergesetzt, aber dazu komme ich später noch.
Damit komme ich zum Bürgerbeauftragten: Wir sind mit zwei völlig verschiedenen Gesetzentwürfen in die Ausschussberatungen gegangen, zum einen der Entwurf der CDU-Fraktion mit dem eine Trennung der Zuständigkeiten des Petitionsausschusses einerseits und des Bürgerbeauftragten andererseits durchgesetzt werden sollte. Da, lieber Kollege Hahnemann, verstehe ich Ihre Argumentation von diesem Pult aus nicht, weil Ihre Kollegen im Ausschuss genau auch diese Trennung zwischen dem Bürgerbeauftragten und dem Petitionsausschuss immer wieder gefordert haben. Und dann kommen Sie hier vor, der auch in der Gesetzesberatung bei keiner Veranstaltung dabei gewesen ist, und erzählen uns hier das völlige Gegenteil. Also, das muss einem jemand mal erklären, wie Sie innerhalb Ihrer eigenen Truppe hier argumentieren und Ihre Positionen austauschen.
Die Argumente, warum wir hier eine Trennung zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragtem vorgenommen haben, sind das Resultat einer siebenjährigen Erfahrung mit dem Amt des Bürgerbeauftragten und zum anderen die feste Überzeugung, dass es Angelegenheiten gibt, in denen der Bürgerbeauftragte effektiver und unkomplizierter helfen kann, aber dass es auch Angelegenheiten gibt, deren Bearbeitung durch den Petitionsausschuss sinnvoller ist.
Zum Zweiten hatten wir den Gesetzentwurf der Linkspartei.PDS zu beraten, der den Bürgerbeauftragten vollkommen umgestalten will. Es wäre auch überflüssig und nicht zielführend, heute noch mal auf alle Ungereimtheiten dieses Gesetzentwurfs einzugehen. Das haben wir bereits in der ersten Beratung ausreichend getan. Aber einige Fragen des Amts des Bürgerbeauftragten sollten doch noch mal diskutiert werden.
Auch zu den Gesetzentwürfen für ein neues Bürgerbeauftragtengesetz haben wir die Anhörung durchgeführt. Sinnvollverweise haben wir dabei vor allem die Bürgerbeauftragten der anderen Länder angehört und alle Stellungnahmen ähneln sich in drei Punkten. Erstens sind sich die Kollegen der anderen Länder einig, dass der Bürgerbeauftragte mit der einfachen Mehrheit der Mitglieder des Landtags gewählt werden sollte. Vor allem der Bürgerbeauftragte des Landes Mecklenburg-Vorpommern und der RheinlandPfälzer Bürgerbeauftragte, den Sie hier ja auch schon mehrfach bemüht haben in Ihrer Rede, haben sehr eindringlich verdeutlicht, warum sie Bedenken gegen die von den Oppositionsfraktionen vorgeschlagene Zweidrittelmehrheit haben. Damit es wenigstens auch in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, will ich die Argumentation des rheinland-pfälzischen Bürgerbeauftragten hier noch mal vortragen, der in seiner Anhörung geschrieben hat: „Hinsichtlich der von den Fraktionen von SPD und Linkspartei vorgeschlagenen Änderungen zur Wahl des Bürgerbeauftragten ist anzumerken, dass nach den Erfahrungen in Rheinland-Pfalz die Wahl mit einfacher Mehrheit der breiten Akzeptanz des Bürgerbeauftragten in Parlament und Bevölkerung keineswegs geschadet hat. Insofern wird eine wie von den Fraktionen von SPD und Linkspartei vorgeschlagene Änderung, dass der Bürgerbeauftragte mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden soll, nicht für erforderlich erachtet. Vielmehr hat sich in Rheinland-Pfalz in den vergange
nen 30 Jahren gezeigt, dass das Amt des Bürgerbeauftragten in allen Landtagsfraktionen und der Bevölkerung hohes Ansehen genießt. Dies wird unter anderem auch durch die alltägliche konstruktive Zusammenarbeit mit allen Fraktionen des Landtags und dem Petitionsausschuss deutlich. Die Wahl des Bürgerbeauftragten mit einer Zweidrittelmehrheit könnte angesichts der jeweiligen politischen Verhältnisse im Übrigen auch dazu führen, dass eine Wahl zum einen nur schwer möglich wird und zum anderen eine politische Diskussion um das Amt des Bürgerbeauftragten entsteht, bei der das Amt eventuell bereits im Vorfeld beschädigt wird.“
Genau das, lieber Kollege Hahnemann, ist der Punkt, was Sie hier schon geschafft haben. Sie reiten mit Ihrer Scheinheiligkeit von mehr Demokratie auf einer Zweidrittelmehrheit rum und erfüllen damit genau die Befürchtungen, die der rheinland-pfälzische Bürgerbeauftragte in seiner eben vorgetragenen Argumentation verwendet, die Bedenken, um von einer Wahl mit Zweidrittelmehrheit abzusehen. Das ist insofern verwunderlich, weil Ihnen die Stellungnahme dieses Bürgerbeauftragten eigentlich auch zugänglich gewesen ist.
Mit der Wahl des Bürgerbeauftragten eng verbunden ist das Vorschlagsrecht. Alle Stellungnahmen beinhalten übereinstimmend den Hinweis, dass der Bürgerbeauftragte schon aufgrund seiner Ansiedlung beim Landtag und seines Kontrollrechts gegenüber der Landesregierung von den Fraktionen vorgeschlagen werden sollte. Da sich die CDU-Fraktion im Gegensatz zur Opposition einleuchtenden Argumenten nicht verschließt, haben wir einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, der nun noch Bestandteil der Beschlussempfehlung geworden ist.