der Selbstständigkeit und vor allen Dingen der Selbstbestimmung und Teilhabe. Das Engagement älterer Menschen in ihrem familiären Umfeld als Betreuungsperson für ihre Enkel oder Urenkel, in den Kommunen, Vereinen oder in der Nachbarschaftshilfe steigt ständig. Bürgerschaftliches Engagement spielt also eine weitaus größere Rolle, als sie oft von Politik honoriert wird. Der Nutzen von dem freiwilligen Engagement wird nicht nur aufseiten der Seniorinnen und Senioren sein, sondern die Gesellschaft als Ganzes wird davon partizipieren. Eine Förderung durch mehr Informationen, Beratungen sowie Bereitstellung und Verbesserung von entsprechenden Strukturen ist also notwendig. Auch deshalb ist es mehr als notwendig, wie in Punkt 2 des Antrags der SPD erwähnt, die Erstellung von Seniorenförderplänen beratend und finanziell zu unterstützen. Unterstützung sollte auch Unterstützung sein. Wir haben in der Beantwortung der Großen Anfrage - ich will das jetzt nicht noch einmal zitieren - zum Beispiel auf Seite 66 bei der Altenhilfeplanung ausgeführt, das beantwortet, was wir nicht unter Unterstützung verstehen, die Aufzählung aller Statistiken, die es im Land gibt und das als Unterstützung zur Erstellung
der Altenhilfeplanung zu werten. Ob ein Landesaltenplan oder Thüringer Leitlinien oder eine Seniorenprogrammatik, Fakt ist, wir brauchen ein Programm, wir brauchen ein Konzept und das Ganze möglichst auch mit Gesetzescharakter.
Das Zusammenspiel von Lebenserfahrungen und gelebtem Leben bestimmt den Gestaltungsraum der Seniorinnen und Senioren. Das erfordert eine Diskussion zur Mitgestaltung und Mitbestimmung. Solange in der Thüringer Kommunalordnung nicht rechtlich verankert wird, dass Kommunen Seniorenbeiräte zwingend notwendig zu installieren haben, werden die weißen Flecken in Thüringen, wo es einen solchen Zusammenschluss von den unterschiedlichsten Seniorenvertretern auf kommunalem Gebiet gibt, weiterhin bestehen bleiben. Dieses wichtige Gremium, welches Kommunen in der Arbeit vor Ort mit Seniorenbeiräten zur Verfügung steht, muss viel, viel intensiver als bisher genutzt werden. Übrigens auch schon eine lange Forderung des Landesseniorenbeirats und der Landesseniorenvertretung. Auch deshalb noch einmal die Forderung nach einem Seniorenmitwirkungsgesetz im Land Thüringen.
Nun möchte ich mich der Einschätzung „gewissenlos“ zuwenden. Gewissenlos deshalb, Herr Minister, Sie werben in vielen Zeitungen „Thüringer Landesregierung als Partner der Senioren“. Wo sind Sie Partner? Ich frage Sie, der erste Anstrich, und das erregt übrigens Senioren in diesem Land, ich konnte mich davon erst kürzlich bei einer großen Seniorentagung wieder überzeugen, Sie schreiben, Sie setzen sich ein für Rentenangleichung in Ost- und Westdeutschland. Wo haben Sie sich dafür eingesetzt?
Beim Thema Rente hat die Thüringer Landesregierung im Bundesrat zugestimmt. Sie verteidigen das Renteneintrittsalter mit 67 mit Vehemenz. Proteste der Thüringer Verbände und Vereine wurden ignoriert. Die Angleichung der Rentenwerte Ost an West wird von Ihnen kleingeredet. Eine klare Positionierung fehlt. Mit 905 € Durchschnittsrente, wie es in Ihrer Anfrage ausgewiesen ist, als die meistens einzige und wichtigste Alterssicherung, wird die Armutsgrenze deutlich unterschritten. Deshalb ist es gewissenlos, wenn Sie zu dem Thema Altersarmut nichts weiter zu bieten haben, als dass ältere Menschen in einem besonderen Maße von Armut bedroht sind und die Zahl der Inanspruchnahme verhältnismäßig klein zu sein scheint. Über zukünftige Auswirkungen der Niedriglöhne, Ihres strikten Verweigerns zur Einführung eines Mindestlohns sagen Sie nichts.
Die OECD-Studie hat mehr als deutlich auf die drohende Altersarmut aufmerksam gemacht. Sie beeinflusst nicht nur das Leben des Einzelnen, sondern der ganzen Gesellschaft. Ich hatte vorhin auf das Ehrenamt hingewiesen. Ehrenamt muss ich mir auch leisten können. Deshalb betrachte ich es schon als zynisch, wenn Sie sagen, Herr Worm, Ehrenamt soll sich auszahlen, auch finanziell, und meinen damit die Bundesratsinitiative, die sich für die Durchsetzung von Steuerfreibeträgen für Ehrenamtliche einsetzt. Wer arm ist, erhält dafür nichts.
In der Beantwortung der Anfrage beschreiben Sie sehr selbstverständlich, dass die Älteren die Jüngeren finanziell unterstützen. Das entfällt aber dann, und auch der Umkehrschluss bei Niedriglöhnen, dass die Jüngeren die Älteren unterstützen, entfällt dann. Die Aussagen auf Seite 18 zu den Impulsen der Familienoffensive sind der Gipfel der Gewissenlosigkeit. Ich lese nur den Punkt 3 vor: „gerade jungen Familien durch ein Landeserziehungsgeld im dritten Lebensjahr des Kindes materielle Sicherheit zu vermitteln und Kinderarmut zu bekämpfen“.
Deshalb sind unsere Forderungen nur als Stichpunkte formuliert. Wir fordern Sie auf, eine Imagekampagne für Senioren in diesem Land einzurichten. Wir fordern fachpolitische Begleitung. Wir fordern Seniorenrechte in der Kommunalordnung, ein Seniorenmitwirkungsgesetz, eine Seniorenprogrammatik mit Gesetzescharakter, ein Programm gegen Altersdiskriminierung. Man sollte darüber nachdenken und diskutieren, ob die Forderung der Seniorenvertretung, den Seniorenbeirat beim Ministerpräsidenten anzusiedeln, umgesetzt wird, und wir fordern ein Programm gegen Altersarmut.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sind gern bereit, dabei mitzutun. Nutzen wir die Potenziale des Alters für unser Land Thüringen. Welche Potenziale im Alter bestehen, möchte ich Ihnen aus einem Zeitungsartikel der „Thüringer Allgemeinen“ zum Schluss noch einmal nahebringen. Da steht: „Aggressiver als Nirvana, stilvoller als The Who, Seniorenband stürmt britische Charts - der Älteste ist 100 Jahre alt. Sie kämpfen eher mit Gelenkschmerzen als mit harten Drogen. Die Band sorgt in Großbritannien für eine Rocksensation“. Ich will nicht weiterlesen, es ist relativ lang. Aber welche Potenziale nicht nur hier bei Senioren vorhanden sind, das kann man aus dem täglichen Leben, wenn man sich umschaut, sehr deutlich erkennen. Nutzen wir sie und schaffen wir in Thüringen die Rahmenbedingungen und die Diskussion, dass das Ganze auch möglich wird. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, vor einem Jahr haben wir uns anlässlich einer Aktuellen Stunde meiner Fraktion mit der Sicherung der ehrenamtlichen Struktur der Landesseniorenvertretung auseinandergesetzt. Ich will heute in Erinnerung rufen, dass die Landesseniorenvertretung unverändert über keine gesicherte Finanzierung verfügt. Im laufenden Doppelhaushalt wurden nicht nur die Mittel für diesen Bereich von 10.000 € auf nur noch 4.000 € gekürzt, sondern auch der entsprechende Haushaltsvermerk für die Förderung ist weggefallen. Stück für Stück wurde die Landesseniorenvertretung im Laufe dieser Legislaturperiode zum Bittsteller degradiert. Ich stelle das voran, weil es bezeichnend ist für den Stellenwert der Seniorenpolitik in dieser Landesregierung.
Uns Frauen wird ja oft unterstellt, wir würden das Altern verleugnen. Wenn das so wäre, müsste die gesamte Landesregierung aus Frauen bestehen. Politik für ältere Menschen findet nämlich praktisch nicht statt. Da die Landesregierung aber männerdominiert ist, ist das vielleicht ein Beweis dafür, dass manche Männer ewig Kinder bleiben wollen.
Kinder, meine Damen und Herren, neigen dazu, die Hand vor das Gesicht zu halten, wenn es um die Wahrnehmung von Dingen geht, die ihnen nicht passen. Besonders Jungen neigen dann dazu, mit den Füßen aufzustampfen und mit lauten „Nein, nein, nein“ der Realität zu entfliehen. Bei trotzigen, kleinen Jungen geht diese Phase in wenigen Minuten vorbei und sie setzen sich dann wieder mit der Wirklichkeit auseinander. Das aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Rückkehr in die Realität, kann von dieser männerdominierten Landesregierung nun nicht behauptet werden,
jedenfalls nicht, wenn es um Seniorenpolitik geht. Seit 1999 wird schlicht und einfach nicht zur Kenntnis genommen, dass Handlungsbedarf in der Seniorenpolitik besteht. Es wird nicht zur Kenntnis genommen, dass wir aufgrund der demographischen Entwicklung in absehbarer Zeit mehr als ein Drittel der Bevölkerung im Altersbereich von über 60 Jahren haben. Denn wäre dies zur Kenntnis genommen worden, dann hätte die gesamte Förderung, die sich auf die Unterstützung der Seniorenpolitik bezieht, erhöht
werden müssen und nicht gesenkt oder mindestens erhalten werden müssen. Sie haben in den vergangenen Jahren bei der Kürzung der Jugendpauschale damit argumentiert, dass die demographische Entwicklung diese Kürzung rechtfertige. Wir haben dieses Argument nie geteilt, aber wenn Sie sich selber ernst nehmen würden, dann hätten Sie die seniorenrelevanten Politikbereiche eben wegen der demographischen Entwicklung stärken müssen.
Erfolgt ist das Gegenteil. Die ständig gekürzte Förderung der Landesseniorenvertretung ist dabei immer nur ein kleines Beispiel. Vielleicht gibt es dafür auch eine einzige plausible Erklärung: Weil diese Landesregierung die besonderen Anforderungen älterer Menschen leugnet, weil diese Landesregierung eine älter werdende Gesellschaft in Thüringen nicht wirklich wahrnehmen will, deshalb gibt es keine erkennbare Seniorenpolitik.
Obwohl das für Männer nun wirklich unüblich ist, gibt es stattdessen viel Schminke, um das wahre Gesicht zu übertünchen, und Schminke ist diese Große Anfrage und Schminke ist der Alternativantrag der CDU zu unserem Antrag und Schminke sind die 17 Thesen, die der Sozialminister am 9. März 2006 vorgestellt hat - zu einem Zeitpunkt, als die Landesseniorenvertretung bettelnd durch das Sozialministerium zog und versuchte, ihre ehrenamtliche Arbeit abzusichern, zu einem Zeitpunkt, zu dem sich die Förderung der Informations- und Koordinierungsdienste unter anderem im Bereich der Altenhilfe und der Selbsthilfegruppen einschließlich des Soziokulturellen Forums der Marie-Seebach-Stiftung vom Wahljahr 2004 von 760.000 € auf nur noch 362.000 € reduziert hatte - in diesem Jahr stehen nur noch 355.000 € zur Verfügung -, zu einem Zeitpunkt, wo Sie unmittelbar nach der Wahl die Investitionsmitfinanzierung der Pflegeeinrichtungen und der ambulanten Dienste, das sogenannte Landespflegegeld, von 13,3 Mio. € im Wahljahr 2004 auf nur noch 8,2 Mio. € reduziert haben. In diesem Haushaltsjahr befinden sich nur noch 7,2 Mio. € im entsprechenden Haushaltstitel und es wird wegen der Gesetzesnovelle weiter sinken. In der Konsequenz bedeutet das, dass die Beratungsangebote für Senioren verschlechtert wurden, dass die ehrenamtliche Arbeit erschwert wurde und dass sich die Kosten für Menschen in Heimen erhöht haben. Zur Vervollständigung sei nur noch mal angeführt, dass die auch für ältere Arbeitnehmer vorgesehene Landesarbeitsmarktpolitik eigentlich nur noch aus dem Europäischen Sozialfonds besteht. So sieht reale Seniorenpolitik der Thüringer Landesregierung aus. Die entsprechenden Thesen des Sozialministers lauten aber: These 3 - Interessen der
älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt fördern, These 7 - Vernetzung der Angebote im Bereich der offenen Altenarbeit, These 9 - Leistungsfähige Pflegeversicherung und Sicherung von Versorgungsstrukturen. Die Beispiele ließen sich fortführen. Immer aber, wenn man sich das ungeschminkte Gesicht anschaut, immer dann ist Abbau, Kürzung und auch Desinteresse zu erkennen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist auch dieser Antrag von Ihnen nichts als der misslungene Versuch, die Untätigkeit zu übertünchen.
Es ist richtig, lieber Kollege Worm, wenn Sie im ersten Satz Ihres Alternativantrags sagen: Ältere Menschen sind ein Reichtum für unsere Gesellschaft. Was die Landesregierung aber im Verlauf der letzten beiden Legislaturperioden bisher geleistet hat, das hat nichts mit Reichtum z.B. an Ideen zu tun; nein, es ist schlicht und einfach ein Armutszeugnis und ein Beweis für politische Ignoranz gegenüber älteren Menschen. Genau so stellt der zuständige Minister am 13. März anlässlich der Regierungspressekonferenz die Antwort der Großen Anfrage der CDU vor. Nein, nein, ich habe nichts mit der Seniorenpolitik zu tun. Genauso hätte der heimliche Lehrplan, der dort verteilten Rede lauten können. Die wesentliche Botschaft damals lautete: Eigentlich ist die Landesregierung kaum zuständig, sondern die Kommunen. Für die Landesregierung wiederum wurde dann betont, dass es sich um eine Querschnittsaufgabe handelt. Innerhalb des Sozialministeriums würde lediglich - und jetzt erlaube ich mir, Frau Präsidentin, zu zitieren - „eine gewisse Konzentration der Arbeit für diesen Personenkreis vorliegen“. Wenn sich der Sozialminister einer Landesregierung derart zum Stellenwert der Seniorenpolitik äußert, dann ist die Schminke nun tatsächlich runter und dann wird das wahre Desinteresse deutlich. Dieser Personenkreis, wie Sie ihn bezeichnen, Herr Minister Zeh, umfasst ein Drittel der Bevölkerung. Dieses eine Drittel der Bevölkerung hat ein Recht darauf, endlich in der Landespolitik ernst genommen zu werden und es ist eben nicht damit getan, auf den Bund einerseits und auf die Kommunen andererseits zu verweisen und sich selbst aus der Verantwortung zu stehlen, ja, aus der Verantwortung zu stehlen. Die Kürzung bzw. der künftige Wegfall des Landespflegegeldes sind dafür ein bezeichnendes Beispiel. Im Bundesrat wurde lauthals nach Kompetenz für die Länder geschrien und Thüringen immer vorneweg. Dort wurde die Zuständigkeit für die investive Förderung eingefordert, um sich dann aus dem Staub zu machen, nicht ohne sich in der Großen Anfrage mit der Investitionsförderung für die Pflegeeinrichtungen zu brüsten. Aber 80 Prozent dieser Mittel, meine Damen und Herren, sind vom Bund gekommen. Selbst vom Rest hat das Land nur die Hälfte übernommen.
Wenn anlässlich der Pressekonferenz zum Thema „Armut im Alter“ vom zuständigen Minister die Aussage getroffen wird, dass es sich um verhältnismäßig kleine Zahlen handelt, dann ist dies eine Missachtung der Menschen und eine Missachtung der Realität, die bereits vor der Tür steht. Sie wissen doch anhand der demographischen Entwicklung und anhand der Arbeitsmarktdaten genau, dass wir in absehbarer Zeit eine enorme Zunahme der Armut im Alter zu erwarten haben. Diejenigen arbeitslosen Menschen, die jetzt über 50 und nahezu chancenlos am Arbeitsmarkt sind, die werden in wenigen Jahren mit geringen Ansprüchen in die Altersrente gehen. Und diejenigen, denen die CDU landespolitisch und bundespolitisch einen Mindestlohn verweigert, die werden sämtlich von Altersarmut betroffen sein. Sie wissen das und es gehört zur Verweigerung Ihrer politischen Verantwortung, die absehbare Situation vieler älterer Menschen in Thüringen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Denn würden Sie das tun, dann würden Sie sowohl bei einer aktiven Arbeitsmarktpolitik als auch bei der Förderung für einen gesetzlichen Mindestlohn an unserer Seite stehen.
Alles in allem ergibt die Beantwortung der Großen Anfrage immerhin zwei Erkenntnisse. Die demographische Entwicklung wird deutlich und die Konzeptionslosigkeit der Landesregierung und deren Untätigkeit über zwei Legislaturperioden werden überdeutlich. Das gipfelt schließlich in diesem Alternativantrag, der auch erst aufgrund unseres Antrags erfolgt ist. Neu übertünchen ist hier wieder mal angesagt. Denn was, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird denn dort wirklich eingefordert? Wo werden denn tatsächlich neue Akzente von der Landesregierung erwartet? Unter Ziffer 1 und 4 geht es um Berichte, die nichts schaden, aber die auch nichts bewegen. Es ist zwar immer gut, den Ist-Zustand zu wissen, zumindest dann, wenn nicht beschönigt wird. Die Gefahr dürfte zumindest beim Landesseniorenbeirat gering sein. In Ziffer 2 wird die Landesregierung aufgefordert, ausgehend von den 17 Thesen vom März 2006, ein Konzept zu entwickeln. Jetzt muss ich fragen: Hatte denn die Landesregierung bei der Vorlage der Thesen kein Konzept? Dass sie keines hatte und hat, das haben wir zwar wahrgenommen, aber die politische Untätigkeit war ja eindeutig. Dass die CDU mit ihrem Antrag das auch noch verdeutlicht, das ist eine neue Qualität. Offenbar muss selbst die CDU-Fraktion ihre Landesregierung hier zum Jagen tragen.
Nun bleibt das Internetportal. Dagegen ist ja nichts einzuwenden, aber es ersetzt doch keine Landesseniorenpolitik. Der Rest dieses Antrags, das ist nichts als heiße Luft. „Die Seniorinnen und Senioren sind aktiv in Thüringen“, so ist Ihr Antrag über
schrieben. Wer aber nicht aktiv ist in Thüringen, das ist die Landesregierung. Deshalb haben wir Ihnen ein Vorschlag unterbreitet, Herr Panse, um endlich Substanz in die Seniorenpolitik zu bringen. Dabei haben wir einen Leitgedanken. Sie schmücken sich doch immer wieder gern mit fremden Federn und verweisen zum Beispiel auf die Mehr-GenerationenHäuser der Bundesregierung. Was aber endlich bei der Landesregierung gefragt ist, das ist eine MehrGenerationen-Politik.
Während die Jungen in der Regel von den Alten lernen können, kann in diesem Fall die Landesregierung von der Jugendpolitik lernen. Jugendpolitik, Herr Minister Zeh, ist ebenso wie Seniorenpolitik Querschnittsaufgabe. Ich hoffe trotzdem, dass Sie deshalb nicht auf die Idee kommen, bestenfalls eine gewisse Konzentration für sich zu reklamieren, sondern die Federführung behalten wollen. Sie fördern dort mit einer eigenen Landesgesetzgebung den Landesjugendring und die ihm angeschlossenen Verbände. Gut so. Deren wesentliche Ziele in der Zusammenarbeit mit der Landesregierung sind die Formulierung jugendpolitischer Interessen einerseits und die Stärkung selbst organisierter Jugendverbände und Jugendgruppen andererseits. Genau das brauchen wir auch im Bereich der Seniorenpolitik. Wir haben es in Form der Landesseniorenvertretung allerdings völlig ungesichert und von der Landespolitik völlig vernachlässigt. Wir brauchen stattdessen eine Landesseniorenvertretung, deren Arbeit langfristig abgesichert ist und hauptamtlich unterstützt wird. Ehrenamt in der Seniorenarbeit benötigt genauso wie in der Jugendarbeit hauptamtliche Unterstützung. Die Landesregierung benötigt wiederum die fachliche Beratung und Unterstützung. Das ist doch überdeutlich. Wer aber sollte besser Unterstützung leisten und die Interessen älterer Menschen formulieren können als diejenigen, die in unseren Städten und Gemeinden bei der Landesseniorenvertretung Thüringen e.V. als Experten in eigener Sache engagiert sind. Diese Landesregierung wird doch wohl nicht bestreiten, dass der Dialog mit dem Landesjugendring und seinen Verbänden in all den Jahren seit Bestehen des Landes fruchtbar war für die Jugendpolitik dieses Landes. Das war aber nur möglich, weil dort Strukturen langfristig und verlässlich gefördert wurden. Und was den Jungen recht ist, das sollte zum Recht der Älteren werden. Verstecken Sie sich damit nicht immer hinter gesetzlichen Normierungen. Es steht der Landesregierung sehr wohl frei, entsprechende Grundlagen zu schaffen. Es geht bei dem allen längst nicht um die Größenordnung, die der Landesjugendring aus guten Gründen an Landesförderung erhält, es geht vor allem nicht darum, Jung und Alt gegeneinander auszuspielen. Im Gegenteil, wir wollen lediglich, dass die im Bereich
der Jugendpolitik gemachten positiven Erfahrungen auf die Seniorenpolitik der Landesregierung übertragen werden. Deshalb auch die Einforderung von Seniorenförderplänen. Wir wissen doch, dass ähnlich wie in der Jugendpolitik die Kommune auch in der Seniorenpolitik eine besondere Verantwortung hat. Die Kommunen aber damit allein zu lassen, das ist politisch unverantwortlich und es entspricht auch nicht der Aufgabenstellung der Thüringer Verfassung.
Dort heißt es nämlich in Artikel 93 - ich zitiere, Frau Präsidentin: „Das Land sorgt dafür, dass die kommunalen Träger der Selbstverwaltung ihre Aufgaben erfüllen können.“ In der Seniorenpolitik besteht nun einmal Handlungsbedarf und Nachholbedarf, das gilt für die Landesregierung und das gilt auch für die Kommunen. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir Seniorenförderpläne. Das Land verfügt mit seinen Hochschulen über ein hervorragendes Instrument, um deren Erstellung in den Kommunen zu unterstützen. Ich bin davon überzeugt, dass der Mittelansatz zur Initiierung solcher Förderpläne überschaubar und haushaltspolitisch zu verantworten ist, wenn man die vorhandenen Ressourcen nutzt und einsetzt. Der Erkenntnisgewinn wäre enorm.
In der 2. Legislaturperiode wurde unter sozialdemokratischer Verantwortung die Jugendpauschale mit Erstellung von Jugendförderplänen entwickelt. Innerhalb eines Zeitraums von etwa einem Jahr ist es damals gelungen, in allen Landkreisen und kreisfreien Städten eine Diskussion um den Stellenwert der Jugendarbeit zu entfachen. Diese Diskussion hält bis heute an und sie hat bei aller Unterschiedlichkeit in den Regionen zu einer kommunalpolitischen Festigkeit der Jugendarbeit geführt. Die Ergebnisse der Jugendförderpläne haben aber auch dazu geführt, dass der Landesregierung klar wurde, wo die tatsächlichen Bedarfe bestehen. Diesen Prozess gilt es im Bereich der Seniorenpolitik ebenfalls in Gang zu setzen und das wollen wir mit unserem Antrag. Die Seniorenarbeit zu stärken, setzt nämlich beides voraus: Erstens, die Unterstützung der Kommunen bei der Entwicklung eines umfassenden Angebots für ältere Menschen und zweitens, die Unterstützung der ehrenamtlichen Strukturen in der Seniorenarbeit durch eine verlässliche Förderung und eine hauptamtlich abgesicherte Koordinierung und Vernetzung. Beide Faktoren wären die entscheidende Grundlage für eine vernünftige Landespolitik, die schließlich ausgleichen, anregen und unterstützen soll und wissen sollte, wo sie ansetzen muss; eine Landespolitik, die bisher offenbar ihre Aufgaben in der Seniorenpolitik nicht gefunden hat und bei der eine gewisse Orientierungslosigkeit und ein ausgeprägtes Desinteresse nicht zu verkennen ist.
Deshalb, meine Damen und Herren von der Mehrheitsfraktion dieses Hauses und von der Landesregierung: Schminken Sie sich die Tünche in der Seniorenpolitik endlich ab und schauen Sie der Wahrheit ins Gesicht.
Sie sollten erkennen, dass weiteres Leugnen nicht hilft. Es gibt kein Konzept der Landesregierung für Seniorenpolitik. Das allein ist die bittere Wahrheit und das, lieber Kollege Worm, das unterstreichen Sie mit Ihrem Antrag und es ist wahrlich kein Alternativantrag. Mit unserem Antrag können Sie stattdessen endlich die Grundlage für den Aufbau einer Thüringer Seniorenpolitik legen. Mehr Generationenpolitik statt den Verweis auf weitgehende Nichtzuständigkeit ist angesagt. Alt und Jung würden davon profitieren. Ich bitte Sie, unserem Antrag mit zuzustimmen. Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Jung, ich achte Sie ja als engagierte Sozialpolitikerin, aber was Sie hier zum Thema „Senioren“ von sich gegeben haben, das war ja nun wirklich unter aller Kanone. Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede klarstellen, dass ich Ihre Pauschalkritik an der Antwort der Landesregierung zur Großen Anfrage für verfehlt halte. Ich kann Ihre Einschätzung zur Arbeit der Landesregierung nicht teilen und darf noch mal explizit an dieser Stelle darauf hinweisen, dass es letztendlich die CDU-Fraktion war, die sich der Thematik der Senioren in Thüringen in dieser umfassenden Form überhaupt erst angenommen und damit auf die Bedeutung und auch die Lebenssituation von älteren Menschen hingewiesen hat. Ich danke an dieser Stelle auch ausdrücklich der Landesregierung für diese umfassende Bestandsaufnahme, die ja immer erst mal eine gewisse Basis für die weitere Arbeit darstellt.
Ich möchte auch noch mal auf Ihre Kritik an diesen 17 Thesen eingehen. Ich weiß ja nicht, inwieweit es Ihrer Aufmerksamkeit vielleicht entgangen ist, dass wir ein seniorenpolitisches Konzept für Thüringen gefordert haben. Sicherlich, diese 17 Thesen
sind auch eine gewisse Basis und darauf muss aufgebaut werden, aber diese Forderung haben wir aufgemacht und auch die Finanzierung der Landesseniorenvertretung, übrigens auch ein Kritikpunkt der Kollegin Künast. Auch das ist eine Tatsache, dass wir hier nicht irgendwelche Zahlen oder irgendwelche Forderungen in den Antrag hineinschreiben müssen, sondern wir werden das in den Haushaltsverhandlungen durchsetzen. Davon werden Sie sich überzeugen können und, ich denke, damit ist den Seniorinnen und Senioren in Thüringen mehr gedient, als wenn wir jetzt irgendwelche Anträge hier verfassen, die wunderbare Forderungen aufwerfen.
Liebe Kollegen, ich denke, mittlerweile gehört es zum Allgemeinwissen, dass in Deutschland zukünftig die Zahl und der Anteil älterer Menschen stark zunehmen wird. Die demographische Entwicklung und der damit verbundene Wandel der Altersstruktur führen zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen in den kommenden Jahrzehnten. Gegebenenfalls, und auch davon spricht man, kann es zu markanten Umbrüchen kommen. Dies ergibt nicht nur einen Strukturwandel des Alters, sondern auch einen Bedeutungswandel. In unserer Großen Anfrage sollte eine erste Bestandsaufnahme vorgenommen und im Weiteren daraus resultierende politische und fachliche Forderungen abgeleitet werden. Den Auftakt dafür bildete der Seniorenkongress „Aktiv in Thüringen“, den wir am 31. März 2007 durchgeführt haben. Ich kann hier resümieren und einschätzen, er war ein großer Erfolg und durch die Fachvorträge und Diskussionen konnten wir eine Vielzahl von Anregungen aufnehmen. Einige davon finden sich auch in unserem Alternativantrag wieder.