Gewährleistung der sozialen Sicherungssysteme in Deutschland leisten können. Lohndumping und das Missachten von sozialen Standards durch in- und ausländische Billiglohnunternehmen muss nicht hingenommen werden, sondern kann durch Tariftreueerklärungen aktiv durch den Gesetzgeber bekämpft werden.“
Der Berliner Senat, meine Damen und Herren, diskutiert gegenwärtig über Eckpunkte zur Ergänzung und Erweiterung des Vergabegesetzes. Unter anderem soll die gesetzliche Regelung zur Tariftreue auf alle öffentlichen Aufträge des Landes erweitert werden. Die Vergabe öffentlicher Aufträge soll an die Existenz von Tarifverträgen gebunden werden und man beabsichtigt, Frauenförderung, Schaffung von Ausbildungsplätzen und die Beteiligung sozialer Unternehmen an öffentlichen Ausschreibungen in die Vergabekriterien aufzunehmen.
Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Was spricht eigentlich dagegen, dass Unternehmen, die öffentliche Aufträge erhalten wollen, erklären, dass sie und alle von ihnen eingesetzten Nachunternehmer die tariflichen Entgelte zahlen, dass soziale Konditionen als vergabefremde Zuschlagskriterien aufgenommen werden können? Nichts spricht dagegen, denn in Artikel 26 der Europäischen Vergaberichtlinie EG 18/2004 werden soziale und ökologische Kriterien ausdrücklich als mögliche Mindestvertragsbedingungen benannt. Derzeit gibt es Tariftreuegesetze in Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und im Saarland. Hessen soll noch vor der Landtagswahl 2008 als achtes Bundesland ein Tariftreuegesetz zum Schutz vor Lohndumping bekommen und die Landesregierung kündigte Verhandlungen mit dem DGB an. Es soll geklärt werden, ob eine Tariftreueregelung wie in einigen anderen Bundesländern möglich sei. Nur in Thüringen verschließt sich die CDU permanent einer vernünftigen Lösung, die in anderen Bundesländern schon längst Praxis ist.
Ein Thüringer Vergabe- oder Tariftreuegesetz, das Auftragnehmer dazu zwingt, ihren Beschäftigten den jeweiligen tariflichen Lohn zu zahlen, ist ein Beitrag zur Stabilisierung der Arbeitsbedingungen in kleinen und mittelständischen Unternehmen und dient gleichzeitig dazu, Wettbewerbsverzerrung durch den Einsatz von Niedriglohnkräften zu verhindern. Es sichert Arbeitsplätze in Thüringen, auskömmliche Löhne und trägt dazu bei, Belastungen für die sozialen Sicherungssysteme zu vermeiden. Eine Alternative zu einem Thüringer Vergabegesetz gibt es nach Meinung meiner Fraktion nicht, auch nicht in Form einer Vergabemittelstandsrichtlinie und schon gar nicht in Form des Entschließungsantrags der CDU.
Meine Damen und Herren, was wird uns denn dort suggeriert? Bei der Vergabe von Bauleistungen, heißt es dort unter zweitens, durch Landeseinrichtungen bereits im Vorfeld des Paktes, der geschlossen werden soll, in einer Vorbildfunktion im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Prinzipien eines zukünftigen Paktes anzuwenden. Jetzt kommen die Prinzipien: Schaffung eines allgemeinen Bewusstseins für die negativen Folgen von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung am Bau. Das unterstellt den Thüringer Unternehmerinnen und Unternehmern, dass sie sich über die negativen Folgen Ihres Tuns und Handelns nicht im Klaren sind. Wie naiv und wie weltfremd und realitätsfern ist eigentlich die CDU?
Hunderte von Unternehmern sind ArbeitslosengeldII-Empfänger, denen die negativen Auswirkungen des Lohndumpings am eigenen Leibe durchaus in Thüringen bewusst sind. An wen wollen Sie dort appellieren, dass sich etwas ändert, meine Damen und Herren? Das ist Schaumschlägerei und nichts Brauchbares! Fairer Wettbewerb unter gleichen Bedingungen statt ruinöse Preiskonkurrenz durch illegale Praktiken - das unterstellt, Sie nehmen zur Kenntnis, dass es illegale Praktiken, ruinösen Wettbewerb gibt, und Sie appellieren jetzt an die, die genau diesen Wettbewerb in Thüringen eingeführt haben, doch bitte schön freiwillig auf dieses Instrument zu verzichten. Wie naiv sind Sie eigentlich; erwarten Sie, dass das, was 40 Jahre im Altbundesgebiet nicht geklappt hat, jetzt nach 15 Jahren hier im Bundesgebiet klappen soll? Das halte ich für undenkbar. Das ist völliger Unsinn. Aber die Krönung kommt im dritten Punkt: Ordnungsgemäße Entrichtung der Steuern und der Beiträge zur Sozialversicherung durch alle Unternehmen.
Meine Damen und Herren, wenn wir dann einen solchen Pakt haben, alle aufgefordert haben, dass sie das machen, stellen wir die Finanzverwaltung, die Steuerverwaltung und die Steuerprüfung ein, weil nach einem solchen Appell alle sofort das tun werden, was man vereinbart, ehrlich und offen ihre Steuern zu bezahlen - das löst dann das Vergabeproblem bei uns im Freistaat Thüringen. Das sind Ihre Antworten, die dann zum Schluss darin gipfeln, dass offensichtlich unsere Gerichte im Gesetzesvollzug gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung nicht konsequent genug handeln, denn sie werden zu konsequentem Handeln im Gesetzesvollzug aufgefordert.
Meine Damen und Herren, was Sie hier mit Ihrem Entschließungsantrag in Drucksache 4/3196 vorgelegt haben, entspricht in etwa der Ehrenerklärung der Radsportler der „Tour de France“.
In etwa ist es dieses Niveau, es fehlt nur der Antrag auf freiwillige Rückzahlung des Jahresgehalts, wenn man gegen einen dieser Ehrenkodexerklärungen verstößt. Das war also nicht das, was der Wirtschaft hilft. Das ist nicht das, was notwendig ist, meine Damen und Herren. Wir brauchen ein Vergabegesetz und nicht Ehrenerklärungen und scheinheilige Entschließungsanträge von Ihrer Seite. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, mit der heute zu beratenden Vorlage 4/3150 empfiehlt uns der Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Ablehnung des Vergabegesetzentwurfs meiner Fraktion, der SPD. Das ist bedauerlich, denn die Notwendigkeit eines Vergabegesetzes besteht nach wie vor.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, selbst der hessische Ministerpräsident, Herr Koch, sonst bekannt als Verfechter eines breiten Niedriglohnsektors, sieht mittlerweile die Notwendigkeit für ein Vergabegesetz mit Tariftreueklausel ein.
Auch Rheinland-Pfalz plant ein umfassendes Tariftreuegesetz und in Schleswig-Holstein soll der Anwendungsbereich des bestehenden Vergabegesetzes deutlich erweitert werden. Thüringen als das Bundesland mit den niedrigsten Löhnen in der Bundesrepublik hinkt dank Ihrer Politik wieder einmal der Entwicklung weit hinterher.
Auf diesen Umstand ist die Thüringer Landesregierung durchaus stolz. Die Thüringer Billiglöhne werden mitunter sogar vom Ministerpräsidenten als wichtiger Standortfaktor gepriesen. Angesichts solcher politischer Überzeugungen innerhalb der Thüringer Landesregierung scheinen der Thüringer CDU offenbar die Hände gebunden zu sein. Die Sozial- und Arbeitsmarktpolitiker in Ihren Reihen dürfen dem selbstverständlich nicht widersprechen. Angesichts der neuen Entwicklungen auch in CDU-regierten Ländern ist es für mich überraschend, wenn die CDU unseren Gesetzentwurf in allen Punkten ablehnen wird,
wie es sich bereits nach der bisherigen Debatte abzeichnet. Auch die klaren Worte, die das Verfassungsgericht zur Zulässigkeit und Geeignetheit einer Tariftreueklausel gefunden hatte, führten bei Ihnen nur zu einigen argumentativen Klimmzügen, um die Ablehnung unseres Gesetzentwurfs zu begründen. Dabei haben die Verfassungsrichter in ihrem Urteil sehr deutlich gemacht, dass mit einer Tariftreueklausel wichtige verfassungsrechtlich legitime Ziele verfolgt werden. Eine Tariftreueklausel diene insbesondere dem Schutz von Unternehmen vor Verdrängungswettbewerb über die Lohnkosten, dem Schutz der Arbeitnehmer vor Arbeitslosigkeit und niedrigen Löhnen sowie mittelbar einer Entlastung der sozialen Sicherungssysteme. Diese besonders wichtigen Gemeinwohlbelange besitzen nach Auffassung des Verfassungsgerichts überragende Bedeutung. Die Grenze der Zumutbarkeit für einen Bewerber um einen öffentlichen Auftrag sei dagegen angesichts der wichtigen sozialen Ziele der Tariftreueregelung keineswegs überschritten. Die Gründe für eine Tariftreueregelung wiegen also offenbar nach der Einschätzung des Verfassungsgerichts in Justizias Waagschale ungleich schwerer als die Gründe dagegen. Diese unmissverständliche Botschaft des höchsten deutschen Gerichts ist den Kollegen von der CDU aber offenbar egal. Mit der Ablehnung unseres Gesetzentwurfs zeigen Sie erneut, dass Sie die berechtigten Interessen vieler Thüringer Arbeitnehmer, die teilweise zu Armutslöhnen auch bei der Ausführung öffentlicher Aufträge eingesetzt werden, nicht ernst nehmen. Sie wollen offenbar auch bei öffentlichen Vergaben weiterhin den Wettbewerb um den niedrigsten Lohn. Die Qualität der Auftragsausführung wird dabei in Thüringen auch weiterhin erst an zweiter oder dritter Stelle stehen. Die Kosten, eine Tariftreueregelung in Thüringen zu unterlassen, werden aufgrund schlechter Auftragsausführung die Kosten der Einführung und Umsetzung dieses Instruments - langfristig gesehen - deutlich übersteigen. Sie schaden dabei nicht nur den Arbeitnehmern und Unternehmern, sondern auch der öffentlichen Hand selbst. Das Problem „Lohndumping“ bei öffentlichen Vergaben haben wir nicht erst seit gestern. Es hat sich weder durch Zeitablauf noch durch irgendeine Richtlinie von selbst erledigt.
Bereits seit mehr als sieben Jahren sperrt sich die CDU gegen eine Tariftreueklausel in Thüringen. Angesichts dieser starren Haltung und dem Ignorieren der Problemlage innerhalb der CDU ist es aus Sicht vieler Betroffener mehr als provokant, einen Vorschlag zur Lösung dieses Problems als „alten Hut“ zu bezeichnen, wie dies Herr Kollege Kretschmer bei der Einbringung des Gesetzes getan hatte.
Keinen Ersatz für die von uns vorgeschlagene gesetzliche Regelung sehen wir in der Thüringer Vergabemittelstandsrichtlinie. Diese enthält bloße Hinweise für die Vergabestellen, die deren Arbeit erleichtern sollen. Sie entfaltet jedoch keine eigenständige Wirkung. Sicher ist es richtig, dass auch in der Richtlinie darauf hingewiesen wird, dass Unternehmen, die gegen allgemeinverbindliche Tarifverträge verstoßen, als ungeeignet von Vergaben auszuschließen sind. Dies würde aber auch gelten, wenn dies nicht in der Richtlinie stehen würde. Die Ungeeignetheit ergibt sich unmittelbar daraus, dass ein solcher Auftragnehmer rechtswidrig handelt. Mit der Vergabemittelstandsrichtlinie werden jedoch keine neuen Rechte der Vergabestellen begründet, gegen Unternehmen vorzugehen, die Lohndumping betreiben. Es ist daher in diesem Zusammenhang unzutreffend und irreführend, von einer Umsetzung der Vergabemittelstandsrichtlinie zu sprechen. Es ist deshalb auch irreführend, wenn Sie die Umsetzung der Vergaberichtlinie als Erfolg darstellen.
Nun haben wir in Thüringen das Problem, dass ein großer Teil der Unternehmen, die an Ausschreibungen teilnehmen, weder vertraglich noch über das Instrument der Allgemeinverbindlichkeitserklärung an Tarifverträge gebunden sind. Gerade bei diesen nicht gebundenen Unternehmen liegen aber die Probleme, wenn wir über Dumping und Billiglöhne klagen. Wie auch in den Beratungen im Wirtschaftsausschuss nochmals deutlich geworden ist, können solche Unternehmen aufgrund der Richtlinie nicht zur Zahlung von Tariflöhnen verpflichtet werden. Ein solches Unternehmen kann auch aufgrund der Richtlinie nicht von der Vergabe ausgeschlossen oder sonst mit Sanktionen belegt werden, wenn es keine Tariflöhne bei der öffentlichen Auftragsausführung bezahlt. Sanktionen sind nur gegenüber den tariflich gebundenen Unternehmen möglich. Die eigentlichen Preisdrücker können dagegen schalten und walten wie sie wollen und mit Lohndumping andere Unternehmen bei öffentlichen Vergaben aus dem Rennen werfen. Da hilft uns die Vergabemittelstandsrichtlinie keinen Schritt weiter. Ein möglicher Weg, diesem Missstand entgegenzuwirken, ist dagegen das von uns vorgeschlagene Vergabegesetz. Die wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Notwendigkeit einer Tariftreueklausel besteht angesichts teilweise beschämender Lohngestaltung in manchen Unternehmen, die auch an öffentlichen Vergaben teilnehmen, nach wie vor. Auch uns ist bewusst, dass Sie dem mit einem Vergabegesetz nicht zu 100 Prozent begegnen können. Auch ist uns bewusst, dass selbst manche Tariflöhne nicht unseren gemeinsamen Vorstellungen einer auskömmlichen Entlohnung entsprechen. Fest steht jedoch, dass der Beitrag der Vergabemittelstandsrichtlinie zur Verbesserung des unbefriedigenden Status quo insbesondere in den Problemfällen gegen null geht.
Selbst im Bericht der Landesregierung zur Umsetzung der Vergaberichtlinie wird eingeräumt, dass es für die Prüfung der Auskömmlichkeit in den Fällen, für die es keine allgemeinverbindlichen Tarifverträge gibt, eine Möglichkeit der Vergabestelle hilfreich wäre, in Form einer Auflage die Anwendung Thüringer Tarife vorzugeben. Gemeint ist damit nichts anderes als die in unserem Gesetzentwurf geforderte Tariftreueerklärung. Ganz entscheidend ist, dass auch nur mittels eines Gesetzes Sanktionen bei Verstößen gegen die Verpflichtung zur tariflichen Bezahlung durchgesetzt werden können. Hinzu kommt, dass mit einer gesetzlichen Tariftreueklausel die Ordnungsfunktion der Tarifverträge und deren Durchsetzungskraft gestärkt würden. Dies könnte wiederum mittelbar die Verhandlungsposition der Gewerkschaften auch in solchen Branchen stärken, in denen aufgrund des großen Teils nicht tariflich gebundener Unternehmen oftmals kaum bessere Tarifabschlüsse durchgesetzt werden können.
Im Unterschied zur CDU halten wir es durchaus für geboten und richtig, auch arbeitsmarkt- und sozialpolitische Ziele bei Vergaben heranzuziehen. Dies entspricht im Übrigen - wie vorhin schon ausgeführt - auch der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, das gerade diese wichtigen sozialen Ziele als die überragenden Gemeinwohlbelange zur Begründung seiner Entscheidung herangezogen hat. Sie, Herr Kretschmer, hatten es dagegen mehrfach als großen Irrtum bezeichnet, dass man im Rahmen der Vergabe öffentlicher Aufträge Sozialpolitik leisten will. Auch hatten Sie sich in der Debatte vom Januar 2007 die Mühe gemacht, die Vergabegesetze anderer Bundesländer und deren Umsetzung in ein schlechtes Bild zu rücken und in diesem Zusammenhang angeführt, dass in NRW 44 Prozent der befragten Unternehmen das Tariftreuegesetz dort nicht zur Sicherung tarifgebundener Arbeitsplätze für hilfreich hielten. Da stelle ich mir, und viele andere auch, die Frage: Was ist mit den anderen 56 Prozent? Die sehen das offenbar anders. Zu fragen ist auch, wie viele der tarifgebundenen Unternehmen diese Frage positiv beantworten.
Zum Abschluss möchte ich noch auf die von der CDU nun anstelle der verfassungsmäßigen Bedenken vorgetragenen europarechtlichen Zweifel, insbesondere wegen einer angeblichen Verletzung der Dienstleistungsfreiheit, eingehen. Auch das Europarecht ist nicht blind, wenn es um den Schutz vor Lohndumping geht. Der Europäische Gerichtshof hält Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit für zulässig, wenn diese durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sind. Wenn überhaupt in der von uns geforderten Tariftreueklausel eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit gesehen werden kann, so ist diese zumindest durch ein Allgemeininteresse gerechtfertigt. Zu den zwingen
den Gründen des Allgemeininteresses gehören auch der Schutz der Arbeitnehmer sowie der Schutz des Tarifsystems vor Destabilisierung. Genau diese Ziele verfolgen wir mit unserem Vergabegesetz. Ich kann mir daher nicht vorstellen, dass der Europäische Gerichtshof Wettbewerbsvorteilen durch Niedriglohn einen umfassenden gemeinschaftsrechtlichen Schutz zubilligen wird vor dem Schutz der Arbeitsnehmer. Der im Allgemeininteresse liegende Schutz der Arbeitnehmer kann auch durch ein Vergabegesetz vor das Interesse, die Konkurrenz mit Dumpingpreisen zu verdrängen, gestellt werden. Ich warte optimistisch mit Spannung auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs.
Ich bitte Sie nochmals, im Interesse der Arbeitnehmer und der tariflich gebundenen Unternehmen in Thüringen die Beschlussempfehlung abzulehnen und unserem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Noch einige kurze Bemerkungen zu Ihrem heute vorgelegten Entschließungsantrag, eigentlich ist es nur eine einzige. Sie machen damit eine neue Baustelle auf. Natürlich begrüßen wir als SPD-Fraktion jede Initiative, die rechtswidrige Zustände in der Wirtschaft eindämmt und wir werden deshalb Ihrem Antrag auch zustimmen. Mit unserem Anliegen, das wir mit unserem Tariftreuegesetz verfolgen, hat Ihr Antrag jedoch absolut nichts zu tun.
Sie verkleistern damit nur Ihre Untätigkeit auf diesem Gebiet. Festzuhalten ist jedoch, dass sich die CDU-Fraktion überhaupt auf einem Feld, das arbeitsmarkt- und sozialpolitisch erforderlich ist, in Bewegung gesetzt hat. Damit hat unsere Beharrlichkeit wenigstens zu einem kleinen Schritt für die Beschäftigten und für die Unternehmen beigetragen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Rundfunk heute ist ein sehr hoher Erwartungsdruck aufgebaut worden, als ob heute ein Vergabegesetz verabschiedet würde und vorher alles ungeregelt und schlecht war. Ich muss sagen, beides ist falsch, denn erstens hat Kollege Krapp vorgetragen, dass die Mehrheit im Wirtschaftsausschuss das Gesetz der SPD-Fraktion abgelehnt hat und - ich gehe davon aus, dass meine Fraktion diese Ablehnung auch in
der Abstimmung hier vortragen wird - zum Zweiten gibt es gute Regeln, die bei rechter Nutzung für faire Bedingungen sorgen. Ich komme noch darauf zu sprechen.
Bei der Einbringung des Gesetzes im Januar rekurrierte die SPD auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtshofs vom 11.07.2006, also heute genau vor einem Jahr. Er wurde am 3. November 2006 veröffentlicht und daraufhin folgten dann die Aktivitäten sowohl von der PDS als auch die der SPD, die da meint, jetzt ist die Bahn frei für ein Tariftreuegesetz. Der jetzige Geschäftsführer der IG Bauen-Agrar-Umwelt, Kollege Köster, hat nun weder Kosten noch Mühen gescheut, den Abgeordneten eine Kopie des Beschlusses des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichtshofs vom 11.07. zu übersenden. In einem bemerkenswerten Anschreiben empfiehlt er die Lektüre des Textes und legt das Ergebnis des Studiums des Textes gleich fest. Man soll den SPD-Gesetzentwurf annehmen.
Ein Deutschlehrer hätte womöglich Freude an dem bemerkenswerten Schreiben. Für uns will ich nur sagen, es ist vergebene Liebesmühe, wir bleiben bei der Ablehnung des Gesetzes.
Herr Gerstenberger, nicht weil wir auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewartet haben, sondern - das habe ich Ihnen in der letzten Befassung zu diesem Gesetz schon gesagt - es war der Respekt vor einem Verfassungsorgan, den ich damals mit angeführt habe, aber wir haben - und das werde ich Ihnen wie beim letzten Mal wieder vortragen - sowohl rechtliche als auch inhaltliche gute Begründungen, warum wir das Gesetz ablehnen, die ich im Januar schon vorgetragen habe. Ich werde sie heute auch noch mal vortragen, damit Sie nicht sagen, wir machen das nur wegen dieses Verfassungsgerichtsurteils. Ich bin aber zufrieden über die Überweisung an den Ausschuss, weil wir uns dort inhaltlich mit der Materie weiter befassen konnten.
Ich will bei der rechtlichen Würdigung noch mal darauf eingehen, dass auch die bayerische Staatsregierung in einem Gerichtsverfahren angemahnt hat, zu prüfen, inwieweit das Tariftreuegesetz mit europäischem Recht vereinbar ist. Es ist hier von den Kollegen auch beim letzten Mal vorgetragen worden, dass das Oberlandesgericht Celle zum niedersächsischen Gesetz eine Position entwickelt hat, die sagt, dass der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts das Tariftreuegesetz ebenfalls nicht anwen
den darf. Das ist diese Prüfungsmaterie, die das Oberlandesgericht in Celle beschieden hat. Ich habe in der ersten Lesung des Gesetzes auch deutlich noch mal auf das Verfahren, welches in Düsseldorf am Oberlandesgericht im Jahr 2004 viel gesprochen wurde, das gerade die Frage der Prüfung der Tarifverträge aufnimmt und deutlich sagt, dass diese Frage eigentlich durch das Gesetz gar nicht untersetzt werden kann. Ganz im Gegenteil ist damals gesagt worden bei der Bewertung, welche Tarifverträge denn vor Ort gehen und welche ausgewählt werden sollen, spricht das Gesetz von einer Tarifzensur, die dem öffentlichen Auftraggeber überhaupt nicht zusteht. Das sind eigentlich Probleme, die ich hier schildere. In der Auswertung im nordrhein-westfälischen Landtag ist deutlich gesagt worden, dass die öffentliche Hand oftmals überfordert ist in der Frage der Prüfung der Tarifverträge.
Meine Damen und Herren, allein im Bereich der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) existieren 1.200 Tarifverträge. Deshalb sage ich noch mal, die öffentliche Hand ist überfordert in der Frage, welche gültig sind. Sie ist auch überfordert bei den Nebenbedingungen, wie Urlaub und Qualifizierung und all diesen Dingen. Deshalb habe ich Ihnen diese rechtlichen Bedenken vorgetragen. Ich habe aber auch die inhaltlichen Bedenken vorgetragen und sie sind sehr schön - selbst wenn Sie meine Bemerkung über die Frage Nordrhein-Westfalen verkürzt haben, Herr Kollege Pilger - im Vorgang NordrheinWestfalen nachzusehen, denn dort haben wir die Ergebnisse eines lebenden Gesetzes. Es ist interessant, sich anzusehen, warum dieses Gesetz wieder abgeschafft worden ist: Erstens, weil erhebliche Mängel in der Durchführung dieses Gesetzes zu beobachten sind und zweitens ist die Wirkungslosigkeit des Tariftreuegesetzes in Nordrhein-Westfalen festgestellt worden. Bei der Befragung, die Sie hier zitieren, müssen Sie natürlich der guten Ordnung halber sagen, 44 Prozent der befragten Unternehmer halten das Tariftreuegesetz in Nordrhein-Westfalen zur Sicherung tarifgebundener Arbeitsplätze für nicht hilfreich. Nun kommt die zweite Hälfte, nur 3 Prozent der befragten Unternehmer vertreten die Auffassung, dass sich das Tariftreuegesetz in Nordrhein-Westfalen positiv auf die Wettbewerbschancen des eigenen Betriebes ausgewirkt hat. Der Rest hat sich überhaupt nicht geäußert. Also, 44 zu 3, Herr Kollege Pilger, machen Sie uns hier nicht weis, dass hier eine Zustimmung in der Unternehmerschaft zu diesem Gesetz existiert. Das will ich doch mal deutlich sagen.
Wie gesagt, es sind dann also auch die tatsächliche Einhaltung der Tariftreue von 70 Prozent der Landkreise und 96 der Gemeinden in Nordrhein-West
falen gar nicht überprüft worden und 80 Prozent der Vergabestellen haben erhebliche Schwierigkeiten bei der Abgrenzung der jeweils gültigen Tarifverträge. Besonders die rechtlichen und tatsächlichen Probleme bei der Auswahl der anzuwendenden Tarifverträge - ich habe das vorhin im Bereich der NGG vorgetragen - haben die Probleme gebracht, auch bei den Tarifverträgen beispielsweise im öffentlichen Personennahverkehr. Außerdem stellen fast 70 Prozent der Vergabestellen fest, dass die Nachprüfung der Kalkulation schwierig sei und rund 65 Prozent sind der Auffassung, dass sich das Tariftreuegesetz nicht in allen Punkt korrekt umsetzen lässt. Das, meine Damen und Herren, hat dazu geführt, dass NordrheinWestfalen im Oktober des letzten Jahres dieses Gesetz außer Kraft gesetzt hat. Also eine Frage der inhaltlichen Begründung unserer Ablehnung, die sich weiterhin daran anknüpft, darum bin ich dankbar, dass wir im Wirtschaftsausschuss die Gelegenheit hatten, uns mit der Materie zu beschäftigen. Ich bin den Kollegen der SPD auch dankbar, dass sie uns die Peinlichkeit erspart haben, erneut eine Anhörung durchzuführen, denn die Rechtslage und die Situation ist eigentlich nach meinem Dafürhalten unverändert. Aber durch die Befassung im Ausschuss auf der Grundlage eines Entschließungsantrages meiner Fraktion aus dem Jahr 2005 ist uns eine sehr informative Vorlage, die der Vorsitzende hier benannt hat, die Vorlage 4/1514, die ich vielleicht dem Kollegen Köster schicke, damit er sich das mal anlesen kann, und dann natürlich auch die Antwort auf die Anfrage des Kollegen Pilger, die hier vorgetragen wurde, deutlich geworden.
Ich habe im Ausschuss schon für meine Fraktion gesagt, und ich will kurz ein paar Punkte dieser Vorlage hier vortragen, dass sich anhand gerade dieser Vorlage unser Eindruck verstärkt hat, dass sich mit den jetzigen Regelungen sehr wohl faire Regeln am Bau bzw. in der Bauindustrie durchsetzen lassen. Die Landessregierung hat in dieser Vorlage vorgetragen, dass das Thema der Vergabe zu angemessenen Preisen unter anderem im Rahmen einer Informationsveranstaltung im Landesverwaltungsamt mit den Vergabestellen und den Nachprüfungsstellen behandelt wurde. Die Sitzungen der Planungsregionen sind zu diesbezüglicher Unterrichtung der Landräte und Bürgermeister genutzt worden und es ist ein Leitfaden mit praktischen Anwendungsbeispielen unter der Überschrift „billig muss nicht wirtschaftlich sein“ herausgegeben worden. Die Frage der praktischen Umsetzung der Vergabemittelstandsrichtlinie hat zu einer umfangreichen Befragung der Vergabestellen geführt, die dann in den entsprechenden Berichten bzw. in der Antwort auf die Frage des Kollegen Pilger niedergelegt worden sind. Den Berichten der beteiligten Vergabestellen ist zu entnehmen, dass die Vorgaben der Vergabemittelstandsrichtlinie im Hinblick auf die Teil- und Fachlosvergabe, die Ge
neralunternehmerausschreibung als Ausnahme und die getrennte Vergabe von Planung und Ausführung eingehalten würden. Diesbezüglich - und das zitiere ich noch einmal, Herr Kollege Pilger, mit vollem Bewusstsein - kann man die praktische Umsetzung der Vergabemittelstandsrichtlinie als Erfolg ansehen. Vorbehalte, auch das will ich hier nicht verhehlen, gibt es bei dem Verzicht auf Sicherheitsleistungen. Unsicherheiten sind bei der Anwendung der Vermutungsregelung bei der Vergabemittelstandsrichtlinie festzustellen. Insbesondere aus Angst vor zivilrechtlichen Schadenersatzklagen werden die Möglichkeiten der Vermutungsregelung nicht hinreichend ausgeschöpft. Das aus dem Bericht.