Thomas Kretschmer
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wie ich im Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit schon gesagt habe, bin ich den Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion für den Antrag dankbar. Er hat ein spannendes Thema besetzt und wir haben, wie der Berichterstatter erwähnt hat, im Ausschuss uns mehrmals und intensiv dazu beraten und auch eine überaus interessante Anhörung durchgeführt, in der die Akteure in dieser Branche zu Wort kamen und auch das Potenzial und zum Teil natürlich auch die Problematik dieser Branche dargestellt haben. Ich habe dann den Kollegen der SPD-Fraktion gesagt, was den Antragstext angeht, könnte ich mir vorstellen, sie würden den Antrag zurückziehen, denn das, was durch die Anhörung zu hören und zu bewerten war, macht deutlich, dass die vier Punkte, die im Antrag der Kollegen enthalten sind, in drei Punkten nicht zutreffend sind und der erste Punkt, auf den ich nachher noch eingehen werde, im Augenblick nicht in unserer Handlungsmaterie liegt. Es wäre unsinnig, wenn der zuständige Bundesminister zu entscheiden hat, die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative aufzufordern. Also noch einmal: Eigentlich könnte ich mir gut vorstellen, Sie ziehen den Antrag zurück. Die Formulierung, die Sie in dem Antrag verwenden, ist teilweise pauschal und teilweise auch nur mit Verweis auf vereinzelte Fehlentwicklungen zu merken. Ich sage mal so: Manchmal ist man bei der Formulierung Ihres Antrags an eine - wie soll ich sagen - Schmähschrift aus einer DGB-Region erinnert, die da
schreibt, der Krake Zeitarbeit will man die Fangarme stutzen.
Meine Damen und Herren, worum geht es denn eigentlich in diesem Antrag bzw. in dieser Branche Zeitarbeit, Leiharbeit, Personaldienstleistungen? Die gesetzliche Grundlage für diese Branche ist das Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, meine Damen und Herren. Leider ist dieser diffuse Sprachgebrauch zum Teil auch schon sehr irreführend. Es geht um die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Dieses Gesetz ist erst unlängst geändert worden in 2003/2004. Meine Damen und Herren der SPD-Fraktion, es war unter Ihrer Regierung geändert worden und es ist gut geändert worden. Das ist aus der Anhörung zumindest für meine Fraktion deutlich erkennbar gewesen. Die Änderungen, die damals vorgenommen worden sind, dienten und dienen dem Schutz der Leiharbeitnehmer, der Zeitarbeitnehmer, indem ein neues Leitbild der Zeitarbeit dargestellt wurde, indem in diesem Gesetz festgeschrieben worden ist, dass für die Zeitarbeitnehmer gleiche wesentliche Arbeitsbedingungen zu herrschen haben wie für die vergleichbare Stammbelegschaft; also gleicher Lohn, gleiche Arbeitsbedingungen, was mit englischen Worten oftmals fordernd auch in Ihrem Antrag dann zu lesen ist - EQUAL-PAY und diese Dinge.
Das sind Ihre Schlagworte, die oftmals dort stehen.
Es ist dann zum Weiteren in dieser Gesetzesänderung die bis damals geltende Höchstdauer der Verleihe aufgehoben worden und es gibt die Ausnahmeregelung in dem damals geänderten Gesetz, dass die befristete Einstellung für die Dauer eines bestimmten Einsatzes von Arbeitnehmerüberlassungen möglich ist, meine Damen und Herren. Also noch mal ganz deutlich: Das, was Sie jetzt in Ihrem Antrag fordern, ist wenige Jahre zuvor durch Ihre Kollegen in der - ich spreche jetzt zur SPD-Fraktion - Bundesregierung durch die Gesetzesänderung eigentlich erst erlassen worden.
Nun noch zu einigen Aspekten, die in Ihrem Antrag dann noch besonders bemerkenswert sind: Bei Ihnen besteht meines Erachtens ein grundsätzliches Missverständnis zur Position der Leiharbeit/Zeitarbeit, wenn Sie beispielsweise in Punkt 4 Ihres Antrags schreiben, Leiharbeit soll Brücke zur regulären Beschäftigung sein. Meine Damen und Herren, das ist
durch die Anhörung auch noch einmal sehr deutlich dargestellt worden. Die Zeitarbeit, die Leiharbeit, die Personalüberlassung ist reguläre Beschäftigung, sozialversicherungspflichtig. Die Männer und Frauen, die in dieser Beschäftigung sind, haben einen Arbeitsvertrag mit denselben Rechten und Pflichten wie beispielsweise auch eine Belegschaft in einer Firma, in der sie beispielsweise über die Personaldienstleistung eingesetzt werden, meine Damen und Herren. Das muss man immer wieder sagen, weil gerade dieser Versuch, es als nicht reguläre Beschäftigung darzustellen, diejenigen bedient, die versuchen, diese Art der Beschäftigung in eine Art Schmuddelecke zu stellen und sie zu diskriminieren, was meines Erachtens, wie gesagt, total falsch ist. Noch mal ganz deutlich: In Ihrem Punkt 4 - Brücke zur regulären Beschäftigung -, es ist reguläre Beschäftigung. Wir haben zwei Dinge zu beachten und das ist in der Anhörung sehr gut zum Ausdruck gekommen, dass gerade in dieser Art der Beschäftigung von vielen Menschen auch der Einstieg zum Aufstieg gesehen wird, dass in der Zeitarbeit Qualifizierung aus sich selbst heraus stattfinden kann, also das Modell „Lernen im Job“ besonders die Chance für gering Qualifizierte da ist.
Meine Damen und Herren, das ist nun schon eine feine Sache, die man beobachten kann, es wird von vielen auch als Sprungbrett in eine andere sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gesehen, beispielsweise in dem Betrieb, in dem die Zeitarbeiter eingesetzt worden sind. Man nennt dieses Klebeeffekt oder Integrationseffekt. Die Zahlen liegen bei 30 Prozent - bemerkenswert -, die anschließend aus dieser Beschäftigung in die andere Beschäftigung hineingehen können.
Noch mal deutlich: Es ist eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, es ist reguläre Beschäftigung und damit ist, wenn Sie das sehen, Ihr vierter Punkt allein schon nicht besonders zu unterstützen, sondern er wird von uns natürlich abgelehnt werden.
Der dritte Punkt in Ihrem Antrag bezieht sich auf die Frage der Mitbestimmungsrechte. Ich habe gerade dargestellt, die Beschäftigten in den Leiharbeitsfirmen haben einen Arbeitsvertrag. Sie haben Rechte und Pflichten und sie haben auch die Möglichkeit, einen Betriebsrat zu bilden und sich natürlich dann auch in dem vertreten zu lassen bzw. selber hineinzugehen. Die Mitbestimmungsrechte sind gewahrt. Ich weiß, dass Sie fordern, dass die Beschäftigten nun auch noch in den Betriebsrat in der Firma hineingehen können, wo sie zeitweilig beschäftigt sind über die Arbeitnehmerüberlassung, meine Damen und Herren. Aber das ist natürlich ein Systembruch und kann auch nicht - so ist die Anhörung zumindest für mich auszuwerten - gewollt sein und wird auch nicht stattfinden. Eine sehr abenteuerliche Forderung, finde ich
zumindest, weil sie an der Materie vorbeigeht, ist, dass Sie gerade die Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes, welche in 2003 getroffen worden ist, wieder umstoßen wollen. Sie wollen die Verleihdauer auf höchstens 12 Monate begrenzen.
Meine Damen und Herren, dieses Beschäftigungsverhältnis, was auf der Seite der Arbeitgeber insbesondere genutzt wird, um eine Flexibilisierung auf Produktionszyklen beispielsweise zu haben - es ist sehr deutlich dargestellt worden, dass der Aufwuchs von Leiharbeitsverhältnissen insbesondere auf einen Anstieg der Konjunktur hindeutet. Wenn Arbeitgeber noch nicht sicher sind, wie ist die Konjunktur, also runtergebrochen, meine Auftragslage in den nächsten Tagen und Wochen, dass sie damit zunächst erst einmal über diese Art der Beschäftigungsverhältnisse diese Auftragsspitzen wegnehmen wollen. Wir sehen das, wenn sich die Konjunktur festigt, dass der Zuwachs dieser Beschäftigungsverhältnisse - auch jetzt aktuell beobachtet - wieder abnimmt. Dass Sie gerade diese Flexibilisierung wegnehmen wollen, indem Sie die Verleihdauer begrenzen wollen, meine Damen und Herren, und das ist von allen deutlich geworden, erst einmal malen Sie eine Schimäre an die Wand, als ob alle Verleiharbeiter jahrelang beschäftigt werden - das ist die Ausnahmeregelung -, sondern die meisten sind sogar nur in relativ kurzer Zeit in solchen Verleihfirmen und wandern dann entweder in ein anderes Arbeitsverhältnis oder in eine andere Beschäftigung. Aber Sie würden mit dieser Regelung insbesondere denen, die in diesem Verleiharbeitsverhältnis auch eine Qualifizierung bekommen sollen, die Chance wegnehmen. Das war sehr schön dargestellt worden in der Anhörung, dass insbesondere auch ältere Arbeitnehmer, also die über 50, beispielsweise die Zeit auch nutzen können, um sich immer wieder auf neuen Arbeitsplätzen auch mit neuen Dingen vertraut zu machen, dass sie mit diesen Möglichkeiten Elternurlaub überbrücken können und andere Freizeiten, die es im betrieblichen Alltag gibt. Das ist sehr deutlich zur Sprache gekommen, dass dieser Regelungswunsch, den Sie dort hegen, ins Leere geht und wir an dieser Stelle überhaupt keine Änderungsmöglichkeit sehen.
Ich komme bewusst auf den sehr spannenden Punkt 1, in dem Sie die Landesregierung auffordern, die Leiharbeit oder die Zeitarbeitsbranche unter das Arbeitnehmerentsendegesetz zu setzen.
Meine Damen und Herren, das kann man sich wünschen, das ist schon klar, aber ich habe dargestellt, es gab eine Frist, den 31. März, in der sich Branchen beim Bundesarbeitsminister melden konnten, die unter das Arbeitnehmerentsendegesetz gestellt werden sollen. Es geht um die spannende Frage von Mindestlohn. Dazu hat nun Herr Bundesminister zu entscheiden, so dass ich finde, es ist wirklich nicht
besonders intelligent, die Landesregierung jetzt aufzufordern, eine Bundesratsinitiative zu ergreifen. Aber wenn man mal in das Thema hineingeht, dann ist das schon klar, dass hier natürlich eine Debatte aufgeworfen wird zum Mindestlohn, die sehr wohl etwas damit zu hat, wie wir die Tarifvertragsparteien eigentlich einschätzen, denn die Frage Mindestlohn, die jetzt hier steht, ist ja eigentlich durch das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz geregelt. Ich habe es vorhin gesagt, derselbe Lohn soll gezahlt werden, den die Stammbelegschaft bekommt mit der Ausnahme, dass die Verhältnisse durch Tarifverträge geregelt sind. Wir haben hier eine Branche, die fast zu 100 Prozent Tarifverträge hat. Dass Ihnen mancher Tarifvertrag nicht gefällt, das habe ich zur Kenntnis genommen und das muss ich ertragen.
Meine Damen und Herren, der Fakt als solcher ist doch eindeutig. Diese Branche ist zu fast 100 Prozent durch Tarifverträge geregelt und der Wunsch, dieses in das Arbeitnehmerentsendegesetz zu nehmen, ist widersinnig und wird von uns auch grundsätzlich abgelehnt.
Meine Damen und Herren, das Zweite, was Sie oft darstellen, ist die Frage der Lohnhöhe.
Wenn sich die Tarifvertragspartner darauf geeinigt haben - und es sind zum Teil sehr starke Bandbreiten, in denen Gehaltsklassen bezahlt werden -, dann weiß ich nicht, warum sich hier die Politik einmischen will. Natürlich ist bei der Lohnhöhe zu berücksichtigen, dass bei dem Arbeitnehmer - das ist meines Erachtens sogar ein ökonomisches Dilemma, wenn man das sehen will - ein höheres Arbeitsplatzrisiko zu beobachten ist. Er muss sehr flexibel, lernfähig und kreativ sein, das ist vollkommen klar. Aber ich bitte Sie zu beachten, dass auf der anderen Seite beim Arbeitgeber auch ein Risiko besteht, vor allem das Risiko, das Sie geflissentlich übersehen, wenn Sie mit anderen Zeitarbeitsverhältnissen in anderen Ländern vergleichen, dass der Arbeitnehmer beim Arbeitgeber auch verbleibt, wenn er keine Beschäftigung in einem Betrieb hat. Das heißt, wenn Sie deutlich sehen, es ist ein festes Arbeitsverhältnis und der Arbeitgeber zahlt Lohn und Gehalt über die gesamte Zeit, in der der Mann, die Frau bei ihm ist, egal ob er einen Betrieb hat, in den er verliehen werden kann oder nicht. Das ist schon bemerkenswert, wenn keine Aufträge da sind oder wenn Zeiten genutzt werden, um zu qualifizieren und zu bilden, dass trotzdem der Lohn bezahlt wird. Wenn Sie das mal ausrechnen, kommen Sie sogar auf vergleichbare Summen. Deutlich bleibt zu sagen, dieses Dilemma werden wir nicht auflösen, sondern das ist die Frage der Tarifvertragsparteien, die die entsprechenden Vorkehrungen getroffen haben.
Sie können sich vielleicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der Opposition, daran erinnern, dass bei der interessanten Anhörung auch der Vertreter Armin Schild aus Frankfurt dabei war, mit Zeitarbeitsfirmen ein Fairnessabkommen abzuschließen. Über den Inhalt des Fairnessabkommens kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber ich finde das Verfahren, dass sich die Tarifvertragsparteien selber um ihre schwarzen Schafe und Fehlentwicklungen kümmern, vollkommen richtig, dass man sagt, wir werden mit diesem Fairnessabkommen dafür sorgen, dass in der Branche die schwarzen Schafe nicht den Ruf der gesamten Branche ruinieren. Das ist sicher kein Novum dieser Branche der Zeitarbeit und der Leiharbeit, dass es schwarze Schafe gibt, ist in vielen anderen Fällen wohl ebenso. Deshalb sage ich mal, wie ein Vertreter der Zeitarbeitsbranche auch sagte, die vorgeschlagenen Veränderungen der Rahmenbedingungen, also die Punkte, die ich jetzt hier im Antrag der SPD-Fraktion genannt habe, lehnen wir entschieden ab. Das hat auch der Vertreter der IGZ gesagt. Auch das, was ich gerade vorgetragen habe, soweit etwaige Fehlentwicklungen in der Personaldienstleistungsbranche feststellbar sind, sollten die Tarifpartner und nicht der Gesetzgeber nach adäquaten Lösungen suchen. Diesen Worten habe ich eigentlich nichts weiter hinzuzufügen, als dass ich noch mal deutlich im Namen meiner Fraktion sage, wir lehnen diesen Antrag ab. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin ja förmlich eingeladen worden von Herrn Kollegen Pilger, noch mal hier das Wort zu nehmen für meine Fraktion. Ich weise, Herr Pilger, zurück, dass das, was ich bei der Einbringung Ihres Antrags für die Fraktion vortragen durfte, eine leere Worthülse ist. Ganz im Gegenteil, ich habe bewusst meine Darstellung vorhin im Grunde genommen aus den Anhörungen heraus zusammengestellt. Dass man unterschiedliche Sicht auf das Ergebnis der Anhörung
haben kann, das gestehe ich Ihnen ja zu, aber ich habe mit meinen Ausführungen deutlich machen wollen, indem ich aus den Anhörungen die entsprechenden Passagen herausgenommen habe, dass der Standpunkt, den wir hier in dieser Frage äußern, durch die Anhörung gedeckt ist. Ich will mal deutlich machen, worum es eigentlich geht. Auch Frau Kollegin Leukefeld stellt hier ein Bild dar, als ob die Welt kurz vor dem Untergang steht. Es geht um 1,5 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse; das ist die Größenordnung, über die wir erst mal reden - 1,5 Prozent der Beschäftigungsverhältnisse, meine Damen und Herren.
Ich kann das auch in absoluten Zahlen sagen: 700.000 Beschäftigte in ganz Deutschland. Das ist eine leichte Rechenübung, die ich hier bringen kann.
Dann bezieht sich Frau Leukefeld auf die Wissenschaft. Also wissen Sie, Frau Kollegin, es war ein Professor da und dieser Professor ist in seiner Meinungsäußerung etwas ambivalent. Ich habe auch noch Dinge von ihm, die waren erst von einer anderen Seite dargestellt worden. Aber wenn wir uns auf die Wissenschaft beziehen, dann will ich Ihnen mal einige Institute nennen, damit wir dann auch in Name und Hausnummer gehen. Ich hatte ja in der Sitzung schon die Zeitschrift der Hans-Böckler-Stiftung gezeigt, die sich auf das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bezieht, die deutlich sagt, gesicherte Rückschlüsse auf einen volkswirtschaftlichen Verdrängungseffekt sind nicht nachweisbar, meine Damen und Herren. Ich kann zitieren und möchte das auch gern tun vom Institut der Wirtschaft in Halle (IWH), die da sagen: „Unterstellt man“ - jetzt kommen wir natürlich hin -, „dass die tarifvertraglichen Regelungen auch eingehalten werden, dann sprechen die Entgeltregelungen nicht dafür, dass Leiharbeit als preislich besonders günstig anzusehen ist.“ Oder direkter formuliert schreiben die Kollegen aus Halle: „Die Regelungen in den Tarifverträgen lassen nicht den Schluss zu, dass Leiharbeit zu Lohndumping eingesetzt wird bzw. werden kann.“ Meine Damen und Herren, das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung belegt diese Zahlen und diese Argumente gleich noch, indem es sagt: „30 Prozent der Firmen nehmen Entleihsätze, die bis zu 10 Prozent niedriger liegen als die Kosten einer Festeinstellung. Aber 30 Prozent
nehmen Entleihsätze, die oberhalb der Einstellungskosten liegen.“ Also das heißt doch, dieses Kostenargument greift überhaupt nicht. Es ist wie im normalen Leben, dass Sie eine Spreizung der Löhne haben und damit überhaupt von Lohndumping grundsätzlich gar nicht reden können. Natürlich haben Sie recht, dass es schwarze Schafe gibt und dass diese schwarzen Schafe auch benannt werden sollen und dass die Branche auch versucht, die schwarzen Schafe zu eliminieren. Mein Gott, wir haben hier auch im Landtag schwarze Schafe, sogar unwürdige Abgeordnete, die sich hinstellen und große Reden halten. Das werden Sie mit Ihren frommen Wünschen auch nicht ändern können, wenn ich das mal so deutlich sagen darf.
Was ich nur bemerkenswert finde, Herr Kollege Pilger, wenn Sie das Fairnessabkommen als Hilfeschrei benennen, dann habe ich jetzt hier, Frau Präsidentin, die Zeitschrift des DGB. Hier ist Kollege Armin Schild. Der sieht nicht so aus, als ob er gerade einen Hilfeschrei gezeigt hat, sondern die Gewerkschaften sind stolz, dass sie in der Frage in einer Regelung mit einem Teil der Zeitarbeitsbranche stehen. Die Geschichte des Niedergangs des Dienstleisters PIN zeigt ganz deutlich, was die eigentliche Absicht ist, jetzt in das Entsendegesetz hineinzukommen; man will sich doch im Grundsatz eines Mitbewerbers entledigen. Die Post hat sich kaputtgelacht, als über diese Regelung der private Dienstleister zugrunde ging und dass die Leute jetzt auf der Straße stehen und in Insolvenz gehen.
Und die zweite Argumentation, die von denen kam, die sich auf ihren Tarifvertrag beriefen, war, die Gefahr aus Europa, die 2009 kommen könnte. Meine Damen und Herren, das ist ja nun besonders bezeichnend, das vorzuschieben, um damit ein bisschen die Landschaft für sich bequemer zu machen.
Meine Damen und Herren, der Gefahr des Lohndumpings aus dem Ausland den Riegel vorzuschieben, ist durch das jetzige Gesetz ja die Möglichkeit gegeben. Denn Sie müssen wissen, das soll man der guten Ehrlichkeit halber sagen, dass diese Arbeitnehmerüberlassung einer Lizenz bedarf. Sie müssen also bei der Bundesagentur für Arbeit eine Erlaubnis haben, um das Geschäft zu betreiben. Das heißt, es kann nicht einfach jeder kommen. Und sie müssen Tarifverträge mit den Gewerkschaften abschließen oder sie müssen, wie ich vorhin gesagt habe, vom ersten Tag 100 Prozent zahlen. So sind die gesetzlichen Regelungen und sie müssen jetzt nur angewendet werden. Da muss ich doch nicht
rufen, ich will das Gesetz ändern, nachdem ich das so registriert habe. Also, meine Damen und Herren, das ist eigentlich eine Gefahr, die uns hier aufgemalt wird, die nicht existiert.
Das ist der Punkt, den ich jetzt noch zuletzt benennen will, Frau Kollegin Leukefeld, darauf habe ich nämlich gewartet. Karl-Josef Laumann hat unlängst erst gesagt, er will nun doch nicht mehr ins Entsendegesetz, weil die angebliche Gefahr 2009 ja jetzt auf 2011 verschoben ist und er sieht im Augenblick überhaupt gar keine Notwendigkeit, dass die Zeitarbeitsbranche ins Entsendegesetz kommt. Vom 15. Mai ist, glaube ich, das Zitat. Ich hatte vorhin einen Ausfall im Internet, deshalb konnte ich es nicht mehr nachschauen, aber ich habe es noch so in Erinnerung. Sie haben das ja genüsslich vorgetragen und der Kollege Meyer von der GeAT hat es in seinen schönen Folien auch gebracht, in Mecklenburg-Vorpommern hat die CDU das gemacht und Karl-Josef Laumann hat das gemacht. Das muss man insoweit auch mal zurechtsetzen. Also, Herr Pilger, ich denke, mit den Ausführungen jetzt auch noch mal deutlich für meine Fraktion zu sagen, dass wir uns sehr gründlich mit der Anhörung beschäftigt und unsere Schlussfolgerungen gezogen haben. Diese Schlussfolgerungen habe ich jetzt vorgetragen und sie sagen eindeutig, es gibt keinen Handlungsbedarf in allen vier Punkten, die Sie darstellen, sondern das Arbeitnehmerentsendegesetz hat die entsprechenden Regelungen, um in der Branche ordentliche Verhältnisse zu schaffen. Und nur, weil einzelne Fehlentwicklungen da sind, müssen wir hier nicht das Bild einer untergehenden Welt malen. Wir bleiben bei der Ablehnung des Antrags.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch meine Fraktion möchte den Gesetzentwurf an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Das liegt ja nahe, Gastgewerbe, Gastwirtschaft, Wirtschaftausschuss, das ist, glaube ich, klar.
Ich verstehe, Herr Gerstenberger, gar nicht Ihre Griesgrämigkeit bei der Besprechung dieses Gesetzes. Es ist der Föderalismusreform geschuldet. Ich bin ja froh, dass wir Dinge hier vor Ort regulieren dürfen. Es ist sicher eine trockene Gesetzesmaterie, aber vom Inhalt her ist es doch eine spannende Geschichte, denken Sie doch einmal an Biergärten oder Straßenwirtschaften. Ich freue mich richtig auf die Arbeit im Ausschuss zu diesem Gesetz und wir werden …
Ja, ich weiß, Ihr wollt eine auswärtige Sitzung, das machen wir dann auch, ja, ja. Gut, jetzt wieder ernsthaft.
Ich bedanke mich bei der Landesregierung für die Vorlage dieses Gesetzes. Wie Herr Minister Reinholz ausführte, ist es die Handlungsmöglichkeit, die wir auf Landesebene jetzt haben, an dieser Stelle eigene Regelungen zu treffen. Es bindet an das an, was im Rahmen der wirtschaftsfreundlichen Verwaltung, im Rahmen der Deregulierung, Entbürokratisierung durch die Landesregierung bisher vorgelegt worden ist. Das ist zum einen sehr gut, weil es für die Unter
nehmen die Kosten senken wird und zum anderen eben viele Dinge einfacher machen kann. Zum Zweiten begrüße ich nachdrücklich den Versuch, die exzessiven Missbräuche des Alkohols - diese FlatratePartys oder das Komatrinken und so weiter - zu begrenzen. Ich werde für meine Fraktion jetzt ausführen, dass wir schauen müssen, ob das Ziel, beides - Deregulierung und Alkoholmissbrauch - einzuschränken, mit dem vorliegenden Gesetz auch erreicht werden kann.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Schubert hat darauf hingewiesen, es ist ein Paradigmenwechsel. Wir sind bisher auch durch die Entbürokratisierung der Bundesregierung in 2005 ein ganzes Stück vorangekommen bei der Zulassung von Gaststättengewerbe, indem personenbezogene Konzessionen erteilt worden sind, insbesondere bei den Betrieben, die Alkohol ausschenken, denn das ist ja der eigentliche Knackpunkt. Der Gesetzesstand, der jetzt erreicht worden ist durch die Bundesregierung bzw. durch die Vorlage des Gesetzes der Landesregierung, hat großzügige Freiheiten für all die Gewerbe, die nichtalkoholische Getränke ausschenken, die Bäckereien, Hotels, etc., die eine Versorgung vornehmen. Der eigentliche Knackpunkt - und deshalb werbe ich auch noch mal, darüber ernsthaft nachzudenken - ist die Frage der Unternehmen, die Alkohol ausschenken. Da finde ich sehr gut, dass man sagt, wir müssen alles tun, um zum Ersten insbesondere die Jugend zu schützen und zum Zweiten insbesondere diesen Alkoholmissbrauch durch den exzessiven Verbrauch zu begrenzen. Das wird meines Erachtens dadurch etwas schwierig, dass dieser Paradigmenwechsel jetzt hinsichtlich der Gewerbeordnung mit der Anzeigepflicht durchgeführt wird. Wenn Sie das mal sehen, in § 14 der Gewerbeordnung steht eigentlich alles bisher schon drin, so dass wir eigentlich sagen müssten, es steht im Gesetz: Alle, die Alkohol ausschenken, haben sich nach § 14 Gewerbeordnung anzumelden. Mehr steht eigentlich in unserem Gesetz auch nicht drin. Deshalb bitte ich Sie einfach mit zu überlegen, ob nicht die Verantwortung der Unternehmen und des Gastgewerbes stärker zu fordern ist, um in der Frage des verantwortlichen Umgangs mit Alkohol nicht nur über das Anzeigeverfahren Möglichkeiten zu schaffen.
In Bayern wird derzeit das Gesetz - wenn ich es richtig sehe - zwischen dem ersten und zweiten Kabinettsdurchgang diskutiert. Dort ist für den Ausschank alkoholhaltiger Getränke sehr wohl weiterhin noch die Konzession da, weil ich damit natürlich härter die Zuverlässigkeit des Unternehmers in der Hand habe, als ich sie über die Gewerbeanzeige realisieren kann. Des Weiteren gibt es in Bayern diese spannende Diskussion, der ich mich nicht anschließe, die sogar versucht, die Sachkunde des Unternehmers/der Unternehmerin herbeizuholen.
Das ist, Herr Kollege Gerstenberger, an sich nicht nötig, denn all die Dinge, das hat Herr Minister Reinholz auch schon gesagt, sind durch die Bauordnung, die Lebensmittelhygieneverordnung geklärt.
In § 4 der Lebensmittelhygieneverordnung beispielsweise - wenn Sie mal schauen - werden sehr wohl auch im Sinne von Verbraucherschutz Kenntnisse abverlangt, wie man mit verderblichen Lebensmitteln umgehen muss, wie man mit Schankanlagen umgehen muss, usw. usf. Dann - da bin ich so ein bisschen hin- und hergerissen - müssen Sie natürlich jetzt als Gastwirt verschiedene Regelungen nebeneinanderlegen. Ein Gesamtschriftstück, wo Sie die anderen zusammenbringen, ist vielleicht eine Leistung, die die Industrie- und Handelskammer bringen kann. Das müssen wir nicht im Gesetz doppelt und dreifach machen in dieser Deutlichkeit. Es steht, Herr Minister Reinholz, wenn ich das noch mal sagen darf, im Vorblatt des Gesetzes, das Ziel dieses Gesetzes ist vorrangig die Überprüfung der Zuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinne der Person des Gastwirts. Nun finde ich aber nichts mehr über die Zuverlässigkeit. Wenn Sie in den § 3 schauen, steht die Zuverlässigkeitsprüfung, die sich auf die Gewerbeordnung bezieht. In der Gewerbeordnung steht nur drin, wer unzuverlässig ist, und das ist relativ knapp gefasst. Ich bitte also auch da noch mal insgesamt nachzuschauen, ob man denn die Zuverlässigkeit, so wie sie im alten Gaststättengesetz oder im Bundesgaststättengesetz dekliniert oder verifiziert war, nicht noch mal mit aufnehmen sollte, weil beispielsweise die Zuverlässigkeit auch definiert war, dass der Gaststätteninhaber insbesondere nicht dem Trunke ergeben sei oder befürchten muss, dass er Unerfahrene, Leichtsinnige oder Willensschwache ausbeuten wird oder dem Alkoholmissbrauch, verbotenem Glücksspiel, Hehlerei und Unsittlichkeit Vorschub zu leisten. Das heißt, da ist schon ein gewisser Katalog, der eigentlich mit unseren Absichten übereinstimmt. Den Alkoholmissbrauch zu begrenzen bzw. auch den Missbrauch und den Verbraucherschutz in den Gaststätten zu realisieren, ist dort besser definiert als so, wie ich es im Augenblick sehe.
Was mich etwas wundert, aber auch darüber werden wir, denke ich, im Ausschuss reden können, in § 4, der fast wörtlich aus dem alten Gaststättengesetz übernommen wird, werden nun Auskünfte nicht nur vom Gastwirt, von seinem Stellvertreter und vom führenden Personal, was bisher die Regelung war, verlangt, sondern insgesamt vom Personal. Also da bin ich noch mal interessiert, zu diskutieren, ob das bei großen Gaststätten wirklich sein muss, dass man von jedem Beschäftigten Auskunft über das Unternehmen haben wolle und das auch provozierend. Ich sehe diese Notwendigkeit noch nicht. Die alte Regelung war, glaube ich, gar nicht so verkehrt.
Dann sollten wir uns im Ausschuss insbesondere noch mal auch über die Frage der Sperrzeiten unterhalten. Das ist meines Erachtens dadurch, dass es noch die alte Gaststättenverordnung gibt, in der auch schon Angaben zur Sperrzeit enthalten sind, nicht mehr so ganz synchron. Im bisherigen Gesetzestext war, dass es eine allgemeine Sperrzeit gibt und die Länder das durch Verordnung regeln können, das steht jetzt etwas losgelöst da. Ich habe es so gelesen, als ob es im Augenblick keine allgemeine Sperrzeit mehr gibt, sondern es gibt die ganzen Ausnahmen für Spielhallen und, und, und. Da müssen wir auch noch mal hinschauen. Ich freue mich, wie gesagt, sehr auf die Ausschussberatung, die meines Erachtens oder auch nach der Meinung meiner Fraktion deutlich machen wird, dass wir dazu eine Anhörung brauchen.
Bei der Regelung in § 8, was den Schutz vor dem Alkoholmissbrauch angeht, bin auch ich der Meinung, dass sie möglicherweise doch nicht so eindeutig gefasst ist, wie Sie, Herr Minister Reinholz, es vorgetragen haben und wie es auch die Absicht war, es zu machen. Denn ich wage einzuwerfen, wir haben erst einmal die Regelungen zum Jugendschutz, die angegeben werden müssen. So, wie es hier steht, könnte es passieren, dass, wenn ich in eine Gaststätte gehe und rufe: „Freibier“, ich dann auch schon Ärger bekomme. Das ist nur mal die Überlegung, wie Sie mit all den normalen Umgängen mit einer flexiblen Preisgestaltung in dem Gaststättenwesen umgehen wollen, ohne in die Gefahr zu geraten, dort in die Flatrate oder Koma oder sonst wie eingestuft zu werden. Dazu, denke ich, werden wir in der Ausschussberatung reden.
Insgesamt noch einmal - Beitrag zur Deregulierung: Es ist für das Gaststättenwesen ein gutes Gesetz und zum Zweiten auch ein guter Versuch, gerade vor Missbrauch zu schützen und den Schutz der Jugendlichen zu unterstützen und für meine Fraktion die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin der Präsidentin dankbar, dass es mir durch ihre Freundlichkeit gelungen ist, noch nach den zwei Rednern, die ja eine sehr plastische Darstellung einer Landschaft, die es in Thüringen nicht gibt, vorgetragen haben, zu sprechen.
Herr Kollege Gerstenberger, es war nicht Antragsziel der CDU-Fraktion, die Landesregierung zu einem Lobgesang zu animieren. Sie haben selbst das nicht mal mehr in Erinnerung, es war ein Gesetzentwurf der CDU-Fraktion. Ich stehe dafür auch heute noch gerade, dass ich ein wenig mitdrehen konnte, dass wir eine veränderte Ladenöffnungszeit in Thüringen bekommen haben.
Selbst der Adressat Ihrer vermeintlichen Kritik ist falsch. Herr Minister Zeh hat auf Wunsch der CDUFraktion einen Sachstandsbericht gegeben: Was ist denn jetzt die Situation nach einem Jahr? Ich bin ihm dankbar, dass er die Ziele des Gesetzes gut dargestellt hat. Er hat gesagt, es war ein Angebot an die Händler, ihre Geschäfte zu öffnen. Es war ein Beitrag im Sinne von Deregulierung und Entbürokratisierung.
Es war aber nicht die Abnahme von unternehmerischer Verantwortung und es war schon gar - und das ist eigentlich Ihr grundsätzlicher Fehler sowohl bei Herrn Kollegen Gerstenberger als auch bei Herrn Dr. Schubert - kein Umsatzsteigerungsgesetz und auch keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, meine Damen und Herren. Wenn Sie es an diesen Kriterien messen, dann werden Sie nie zurechtkommen mit dem Blick in die Landschaft, sondern Sie sollten die Kriterien nehmen, die ich Ihnen gesagt habe, die für meine Fraktion und für die Landesregierung - da nehme ich uns wieder zusammen - Anlass waren, das Ladenöffnungsgesetz zu erstellen - Angebot: Deregulierung/Entbürokratisierung.
Meine Damen und Herren, wenn man heute früh - nach Ihren Beiträgen sowieso - ein bisschen so die Rundfunklandschaft und die Presselandschaft gehört hat, dann hatte man förmlich die Meinung, die CDUFraktion wird sich heute Asche auf das Haupt streuen und sagen, oh, wir haben da einen Riesenfehler gemacht, wir müssen zurückrudern.
Frau Doht, Sie lassen wahrscheinlich einkaufen, so dass Sie nicht wissen, wie das funktioniert.
Ich will Ihnen sagen, wenn Sie mal an die Zeit
- ich bin froh, warten Sie mal, 18.00 Uhr, ich bin 19.30 Uhr spätestens zu Hause und kann dann mit meiner Frau einkaufen gehen. Das ist für mich eine tolle Geschichte, das sage ich Ihnen schon mal.
Es gibt auch Männer, die mit ihren Frauen zusammen einkaufen gehen. Das sollten Sie sich einfach mal merken.
Aber ich will mal kurz zurückblenden in die Zeit vor gut einem Jahr, als wir begannen, die Erörterung zu diesem Gesetz vorzunehmen, mit welchen Drohgebärden, mit welchen Weltuntergangsbildern hier auch aufgelaufen worden ist, also gerade die Gewerkschafter die Riesenängste provozierten.
Meine Damen und Herren, gerade unter diesem Aspekt ist es im Grunde genommen wie eine Erfolgsstory, wenn Sie sagen und auch von den Händlern natürlich unterstützt sagen, es ist nichts passiert. Ja,
es ist nichts passiert. Sie hatten gesagt, die Welt geht unter, wir haben gesagt, nein, es ist ein Angebot. Es wird genau das nicht eintreten, es ist nichts passiert, meine Damen und Herren.
Das ist schon mal für mich der erste Erfolg. Ihre ganze Weltschwarzmalerei ist überhaupt nicht eingetreten. Ich weiß natürlich, dass bei dieser Gesetzesänderung alle Besitzstandswahrer und Reichsbedenkenträger aufgelaufen sind. Herr Kollege Schubert, vielleicht erinnern Sie sich noch mal, Sie wollten als SPD sogar noch reglementieren die Quadratmeterflächen von den Geschäften und die Sortimente von Geschäften, die an Sonntagen öffnen wollten. Ich weiß, es tut weh, wenn man daran erinnert wird.
Das war mit uns nicht zu machen. Allein schon aus diesem Teil ist es ein Erfolg. Man muss ein wenig differenzieren, das sehe ich ein. Wie ist an Werktagen beispielsweise die Nutzung dieses Gesetzes? In den großen Städten, beispielsweise Erfurt, Gera, Jena, Weimar, sind insbesondere die Einkaufszentren wie der Thüringen-Park hier in Erfurt sehr bestrebt, diese neuen Möglichkeiten zu nutzen. Sie nutzen sie sogar so gut, dass zum Beispiel der Geschäftsführer des Thüringen-Parks noch vor wenigen Tagen in der Zeitung auch mit Plänen an die Öffentlichkeit trat, den Thüringen-Park zu erweitern, weil sie zu großen Standorten,
und die meinte er nicht in Thüringen, sondern er sprach von Kassel und Dresden, weil sie dieses Angebot halten müssen. Das ist über das, was Sie gesagt haben, doch hinausgehend der erste Erfolg bei den Großen. Bei den mittleren Städten, das ist meine Erfahrung, die habe ich aber auch, wenn Sie sich daran erinnern können, damals schon gesagt, relativ unverändert an den Werktagen. Es gibt eine Ausnahme, das ist der Lebensmittelhandel - Herr Kubitzki, früher hat man Kaufhalle dazu gesagt oder Waren täglicher Bedarf, weil Sie ja noch nach alter Dienstvorschrift formulieren -, aber dort ist es sehr schön... Was weiß ich, wie die hieß damals, 3076 oder was Ihr da gehabt habt. Aber fragen Sie mal Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie schön das ist, dass man um 20.00 Uhr noch Lebensmittel kaufen kann. Ich habe es ja vorhin gesagt, ich bin auch sehr froh, dass man am Freitag noch einkaufen kann.
In der Fläche ist es genauso unverändert, das war erwartet. Wenn ich jetzt beispielsweise auf die Sams
tage schaue, da will ich noch mal in Erinnerung rufen, wir haben eine sehr großzügige Möglichkeit geschaffen bis 20.00 Uhr, ursprünglich war bis 24.00 Uhr. Das wird von den Großstädten wiederum genutzt, zum Teil auch sehr konzentriert, indem man sich abspricht und da auch schöne Gelegenheiten schafft, einen richtigen Erlebnistag auch zu gestalten.
Herr Lemke, Sie müssen mal mit IKEA sprechen, Sie müssen mal mit dem Thüringen-Park sprechen, dass sie sich sogar Busverkehre organisieren, wo man hin- und herfahren kann, also, wahrscheinlich sind Sie da auch ein Stückchen weltfremd, dass Sie das alles nicht kennen.
Ich gehe aber zurück auf die Situation in den Mittelstädten. Da beklage ich persönlich insbesondere die mangelhafte Abstimmung der Händler. Wissen Sie, wenn Sie in einer Mittelstadt wie bei mir zu Hause in Mühlhausen - aber Sie können es für Gotha, Sie können es auch für andere Städte sagen - am Samstag feststellen, es gibt welche, die machen von 9.00 bis 11.00 Uhr auf, es gibt welche, die machen von 10.00 bis 12.00 Uhr auf, 10.00 bis 13.00 Uhr auf, junge Leute stehen vielleicht erst um 10.00 Uhr auf, da müssen Sie sich nicht wundern, wenn die sagen, ehe ich unsicher bin, ob in meiner Stadt die Einkaufsmeile geöffnet hat oder nicht, dann fahre ich gleich nach Erfurt oder ich fahre gleich nach Kassel oder ich fahre gleich nach Göttingen oder eben natürlich in Ostthüringen ich fahre nach Leipzig, weil ich dann weiß, dass die Geschäfte in den Einkaufszentren von 9.00, von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr offen haben. Das ist nun mal die Situation. Ich habe gerade gesagt, wir haben den Händlern die unternehmerische Verantwortung nicht abnehmen wollen. Deshalb ist das so, dass wir gerade diese Situation auf den Samstag auch sehr ausdifferenziert haben.
Herr Kollege Gerstenberger, eines muss ich aber noch sagen, diese Gleichung, die Sie uns hier vorstellten, längere Einkaufszeit ist mehr Umsatz in der Frage des Lebensmittelhandels, das kann natürlich aufgehen, weil, das hat auch niemand behauptet, allein der Preisdruck im Lebensmittelhandel hat jetzt endlich dazu geführt, dass endlich erst mal die Preise wieder korrigiert werden. Bei fallenden Preisen haben Sie also mindestens noch eine dritte Komponente, die Sie berücksichtigen müssen, die Sie uns aber hier nicht vorgetragen haben, meine Damen und Herren.
Erwartungsgemäß hat sich die Diskussion am Gesetz insbesondere bei den Ausnahmen jetzt kristallisiert. Ich will nicht verhehlen, das Allereinfachste wäre gewesen, wir hätten ein Gesetz gemacht sieben mal 24, da hätte ich keine Ausnahmen, da hätten wir auch keine Diskussionen gehabt, aber dann hätten wir
bestimmte Dinge, die doch traditionell in Deutschland als Schutz des Sonn- und Feiertages, traditionell auch als Arbeitnehmerschutz gelten, einfach ausgehebelt. Wir haben also Ausnahmen zugelassen und dazu sind natürlich auch die Diskussionen jetzt, die will ich auch deutlich benennen, denn es war klar, dass hier auch eine Differenzierung in der Gesetzgebung der Bundesländer stattfinden wird. Ich bleibe dabei, wir haben in unserem Gesetz mit der Regelung zur Adventszeit zumindest aus heutiger Sicht eine verfassungssichere Regelung getroffen, denn die Adventszeit ist geschützt. Wie Herr Kollege Zeh bereits sagte, hat das Oberlandesgericht Chemnitz die Regelung in Leipzig einkassiert, wo man versuchte, die Adventssonntage über die Ortsteile hin zu öffnen. Ich bin sehr gespannt über den Ausgang der Klage, die die evangelische Kirche für das Ladenöffnungsgesetz von Berlin angestrengt hat. Wir haben zunächst eine verfassungssichere Regelung getroffen.
Das Zweite, ja, ich weiß, das tragen uns die Händler vor, dass der 3. Adventssonntag oder das 3. Adventswochenende, damit kommen wir besser zurecht, sicher so ein Angstkaufwochenende ist. Wer seine Geschenke bis dahin nicht zusammen hatte, marschiert jetzt los und sagt, ich muss es tun. Aber, meine Damen und Herren, erklären Sie mir doch bitte einmal, warum, wenn das so ist, die Händler dann wenigstens nicht am Samstag bis 20.00 Uhr aufmachen - warum wird nicht wenigstens diese Gelegenheit genutzt? Dass ich so eine Situation nicht als Erstes hineinbringe und zum Zweiten fehlen mir belastbare Daten zum Adventsgeschäft. Ich höre, dass Händler insgesamt klagen, dass das Adventsgeschäft nicht den Erwartungen entsprochen hat, weil der Internethandel insbesondere sehr starke Zuwächse hat. Das ist das, was Herr Kollege Gerstenberger, auch Herr Dr. Schubert sagten, man kann den Euro nur einmal ausgeben. Wenn ich ihn im Internet ausgegeben habe...
Herr Döring, wenn Sie sich im Internet nicht auskennen, dann tun Sie mir leid. Aber ich mache sehr schöne Geschäfte im Internet.
Es sind dann nicht mehr nur Hunderttausende, es sind Millionen, und zwar in dreistelliger Höhe, die zu Weihnachten über den Internethandel abgewickelt worden sind. Das sind natürlich Millionen, die der Einzelhändler in seinem Geschäft nicht hat umsetzen können. Das hat mit Ladenöffnungszeiten sowieso nichts zu tun. Das haben wir schon immer gesagt: Diesen Druck werden wir verstärkt wahr
nehmen können durch die Möglichkeiten des Internethandels.
Eine zweite Sache, Sie sprechen von den Fragen der Kinderbetreuung bzw. der Arbeitnehmer. Also ich habe auch genau andere Eindrücke von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die gerade über die neuen freien Möglichkeiten nicht murren. Ich erinnere mich, dass ich vor eineinhalb Jahren, also vor gut einem Jahr, etwas flapsig über die Einkaufskultur bei IKEA gesprochen habe. Ich habe inzwischen auch mit dem Betriebsrat und mit der Geschäftsleitung von IKEA ausführliche Gespräche geführt. Ich will einmal sagen, wie gut eigentlich durch IKEA beispielsweise auch auf die Mütter mit Kindern oder Väter mit Kindern eingegangen wird. Die haben einen eigenen Kindergarten jetzt dort gebaut mit den Öffnungszeiten, die die späten Ladenöffnungszeiten natürlich auch unterstützen, meine Damen und Herren. Ich will das einmal in dem Kontext auch sagen. Herr Kollege Dr. Zeh hat einen Problemkreis angesprochen, den man damals möglicherweise so noch nicht sehen konnte, den ich auch heute noch nicht als zu regeln anerkenne - das ist diese Ortsteilregelung. Sie ist als Erstes aufgetreten bei der Zusammenführung der Städte Worbis und Leinefelde. Das waren an sich auch die Treibenden, die das brachten, weil der Präsident der Thüringer Einzelhändler natürlich dort in der unmittelbaren Nähe wohnt. Es sind inzwischen dazu gekommen Zeulenroda und Triebes, das will ich deutlich sagen. Das wäre dann also die nächst größere Einheit, die die Schwierigkeiten damit hat, dass man in den alten Städten unterschiedliche Sonntage hatte und nun bedauert, dass man möglicherweise von einem lieb gewonnenen Sonntag Abschied nehmen muss, weil es in der anderen Teilstadt sozusagen nicht üblich war. Ich warne davor, es zu schnell zu regeln, weil ich sage, wir werden dann natürlich in eine Diskussion der Gleichbehandlung kommen müssen. Denn was mache ich mit einer Einheitsgemeinde, die vier Dorfkerne hat. Die sagen, wir hatten auch unsere vier Einkaufssonntage. Warum soll denn das für Worbis, Leinefelde und Zeulenroda gelten und für uns Einheitsgemeinde XY nicht, meine Damen und Herren? Wir waren sehr bestrebt, das Sonntagsschutzgebot nicht aufweichen zu lassen. Deshalb bin ich der Meinung, auch an dieser Stelle sollte man zunächst erst einmal sehen, wie sich die Gemeindestrukturen weiterentwickeln, und die Ortsteilregelungen dort nicht anfassen.
Ich will zum Abschluss noch einmal deutlich sagen: Ob Sie es als Erfolgsstory sehen, das weiß ich nicht, aber für uns war es ein Beitrag als Angebot zur Deregulierung. Es war eine Möglichkeit, auch gerade solche - wie Sie sagen - Shoppingnights durchzuführen, ohne dass die großartige Genehmigungen
durchführen müssen. Es ist, glaube ich, auch eine Stärkung des Standorts als Handelsstandort generell im Vergleich zu anderen Standorten um uns herum. Danke schön für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin zum Neujahrsempfang der Ingenieurkammer und der Architektenkammer gefragt worden: Wie werden wir denn mit dem Gesetz hier im Landtag zu stehen kommen? Ich habe gesagt, ich wäre sehr glücklich, wenn wir über die Parteigrenzen hinweg ein deutliches Zeichen dafür setzen, dass die Parlamentarier für dieses Gesetz und insbesondere für die Qualität, die Architekten und Ingenieure in ihrer täglichen Arbeit erbringen, eine große Zustimmung erhalten. Insbesondere, Frau Kollegin Doht, sagte man mir, dass man sich auf Sie verlassen würde. Ich muss den Ingenieuren sagen, wer sich auf Sie verlassen hat, der ist dann jetzt verlassen.
Das, was Sie hier vorgetragen haben, ist wirklich bedauernswert. Ich habe vorhin schnell noch einmal in meinen Zitatenspeicher geschaut, es würde auf Sie heute zutreffen, Martin Luther King, der sagt: „Men
schen sind wie Schallplatten, nur gut aufgelegt kommen sie über die Runden“. Sie waren heute nicht gut aufgelegt, ich will Ihnen das auch deutlich sagen.
Auf die Nachfrage von Herrn Kollegen Schubert im Wirtschaftsausschuss, warum wir im Wirtschaftsausschuss noch einmal Änderungen gegenüber einer Vorlage der Kolleginnen aus dem federführenden Ausschuss Bau und Verkehr eingegangen und auch besprochen haben, habe ich ihm schon gesagt, wissen Sie, die Frage der Berufsbezeichnung Ingenieur oder auch dieses Ingenieurkammergesetz ist keine Frage, die man ideologisch zu entscheiden hat, sondern das ist eine Standpunktfrage, stehe ich für die Qualität, die Ingenieure bringen, auch in einer Tradition, die hier dargestellt worden ist. Und die zweite Frage, die dabei herauskommt, ist, stehe ich auch für eine Streitkultur hier im Landtag, die deutlich macht, es gibt Fachausschüsse, die natürlich auch in einem Prozess sich einer Meinung annähern können und in einem Prozess, den ich besonders gut finde, der auch mit den Betroffenen zusammen gestaltet worden ist. Frau Kollegin Doht hat gesagt, sie hat mit Präsidenten der Kammern gesprochen, nur es hat offensichtlich nicht in jedem Fall gefruchtet in Ihrem Prozess der Meinungsbildung. Ich bin eigentlich froh und ich sage das auch den mitberatenden Ausschüssen, dass wir hier am Ende eines streitbaren Weges zu einem guten Ergebnis gekommen sind. Das spricht auch ein wenig für die Qualität dieses Landtags, in dem man aus fachlicher Sicht sehr wohl sich einsetzen und Ergebnisse erzielen kann. Also noch einmal auch herzlichen Dank für diesen Prozess der Meinungsfindung, der am Ende des Weges nach meinem Dafürhalten ein gutes Ergebnis zeitigt.
Frau Doht, was Sie möglicherweise und Ihre Kolleginnen und Kollegen überhaupt nicht verstanden haben, dass hier zwei verschiedene Prozesse laufen, die einmal initiiert worden sind durch den sogenannten Bologna-Prozess, die im Hochschulwesen eine grundsätzliche Reform bringen. Sie haben das hier dargestellt mit den Abschlüssen Bachelor und Master und ich sage ganz deutlich auch wie Frau Kollegin Holbe, wenn Sie sich auch winden, lesen Sie noch einmal in Ihrem Protokoll nach, Sie haben den Bachelorabschluss diskreditiert. Sie haben nämlich gesagt - ich habe genau zugehört -, Bachelor, das kann für diejenigen sein, die merken, dass sie auf dem Weg zum Master nicht entsprechend qualifiziert sind und dann aussteigen wollen.
Meine Damen und Herren, es gibt ein hohes Potenzial von Besitzstandwahrern und Reichsbedenkenträgern, die etwas gegen diese Umstrukturierung der
Hochschullandschaft in Bachelor und Master haben. Da kommen all diese Argumente, die da sagen, der Bachelor, das ist der Loser, der es nicht schafft auf den Master, dem soll man dann wenigstens nach drei Jahren so einen Zettel in die Hand drücken, damit er rausgehen kann in die Praxis.
Meine Damen und Herren, das war es nicht, ganz im Gegenteil, gerade die Wirtschaft hat gefordert - deshalb rede ich hier auch für die Wirtschaft -, dass kürzere Studiengänge laufen und dass Fachkräfte eher der Wirtschaft zur Verfügung stehen. Deshalb ist der Bachelor ganz eindeutig zwar der niedrigste akademische Abschluss, aber er ist der erste berufsqualifizierende Abschluss, meine Damen und Herren, und den lassen wir uns auf diese Art und Weise, glaube ich, auch nicht diskreditieren.
Sie haben vollkommen recht, die Regelstudienzeit für Bachelor ist sechs bis acht Semester. Das ist Hoheit der Schulen, wie sie diese Zeit ausfüllen. Sie wissen, dass wir jetzt keine Scheine mehr beim Studium brauchen, manche sprachen ja vom Scheinstudium, sondern es geht über die Kreditpunkte und animiert förmlich dazu, auch schnell fertig zu werden, natürlich in einer Qualität. Das, was Sie möglicherweise nicht korrekt in Erinnerung haben, darauf aufsetzend kann dann das Masterstudium funktionieren und das Masterstudium geht in der Regel mindestens ein Jahr, höchstens zwei Jahre, meine Damen und Herren.
Wenn Sie das einmal von der Seite sehen, gibt es den Ingenieur nicht mehr, den gibt es einfach nicht mehr. Jetzt finde ich sehr gut und dass es für die Landesregierung und für das Parlament spricht, dass man sagt, wir wollen aber gerade diese deutsche Qualität des Ingenieurwesens, den Ingenieur, weiterhin auch hochhalten und wir wollen ihn sogar so hochhalten, dass er als Berufsbezeichnung geschützt wird und das in einem eigenständigen Gesetz. Es ist dann nur noch die Frage zu klären: Welche Qualitätsansprüche stelle ich an den Ingenieur?
Das kann man natürlich sehr intensiv diskutieren und das haben wir getan. Der Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist meines Erachtens ein guter Vorschlag. Er ist kein Sonderweg - wir wollten auch keinen Sonderweg -, aber ist etwas Besonderes, indem er die Qualität des Ingenieurs deutlich festschreibt und sagt: Liebe Leute, das muss ein akademischer Grad Bachelor sein, er muss mit Erfolg studiert haben - das ist die Berufsbezeichnung, die dort steht.
Eine ganz andere Sache ist, liebe Kolleginnen und Kollegen - da gibt es eine unterschiedliche Meinung, das will ich sagen -, dass wir mit dem Gesetz jetzt einen besonderen Berufsstand noch mal besonders hervorheben, und zwar nicht aus der Masse der Ingenieure heraus, sondern den Beratenden Ingenieur. Das ist, meine Damen und Herren, der freiberufliche Ingenieur. Der hat nach meiner Auffassung und nach der Auffassung vieler meiner Kolleginnen und Kollegen eine besondere Verantwortung, eine besondere Kompetenz gegenüber den anderen Ingenieuren und diese sollte man dann im Gesetz auch nachdrücklich aufschreiben. Dieses Aufschreiben ist dann also auch mit der entsprechenden Formulierung gekommen. Freiberuflich, Frau Kollegin Doht, das hat vielleicht bei Ihnen noch diese Schwierigkeiten, denn wenn man Arbeitnehmer nur in Kohorten organisieren will und Gewerkschaftsfunktionäre davor setzen will, und ruft dann „Mindestlohn“, dann ist vielleicht das Freiberufliche und Unternehmerische etwas fremd.
Ja, ich weiß, dass das weh tut, wenn ich das hier so sage. Deshalb die Regelung jetzt, dass in der Regel der Masterabschluss mit den entsprechenden praktischen Jahren da ist, und der ist privilegiert, allein schon, wenn Sie mal die Zeitleiste sehen. Er ist privilegiert, denn wenn wir die Ausnahmesituation des Bachelors in unser Gesetz geschrieben haben, dann hat er mit der praktischen Arbeit von vier Jahren innerhalb von fünf Jahren zumindest eine längere Zeit, ehe er überhaupt in die Anerkennung des Beratenden Ingenieurs kommt.
Meine Damen und Herren, ich glaube, damit ist auch Ihre Frage, wie das mit der Regel und mit der Ausnahme zu klären ist, deutlich beantwortet. Sie ist sogar so deutlich beantwortet, dass wir jetzt als erstes Bundesland, denke ich, auch Bezug nehmend auf den Beratenden Ingenieur, wirklich den akademischen Grad des Masters als den Regelfall fordern. Das ist für mich ein schöner Erfolg und deshalb bin ich überaus dankbar, dass wir in einem guten Gespräch mit den betreffenden Arbeitskreisen, mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch des zuständigen Ministeriums und mit den Kammern dieses Ergebnis erreicht haben.
Meine Damen und Herren, ich bin Diplomingenieur, ich kann für Architekten nur mittelbar sprechen. Also wenn der Herr Präsident der Architektenkammer jetzt noch mit einem Brief hinterher zieht, dann kann ich das in gewisser Weise vielleicht verstehen. Aber ich muss dann sagen, dann ist vielleicht eine falsche Gesprächsebene getroffen worden, die wir jetzt hier auch nicht wieder neu aufnehmen wollen, sondern wir wollen jetzt auf den Gesetzestext zurück
kommen.
Was ich zum bauvorlageberechtigten Ingenieur sagen möchte, ist Folgendes: Ich verstehe Sie, Frau Doht, insofern, weil ich auch der Meinung bin, wir sollten die Regelung, die wir jetzt für den Beratenden Ingenieur festgeschrieben haben, am besten auch für den bauvorlageberechtigten Ingenieur hineinschreiben. Aber es gibt da, was Frau Kollegin Holbe gesagt hat, eine nicht uninteressante Konstellation. Wenn also in Deutschland eine neue Überlegung da in einer Arbeitsgruppe jetzt Raum greift, die im Jahr 2009 ein Ergebnis vorlegen soll, wie man die Bauvorlageberechtigung regeln will, dann wären wir meines Erachtens, selbst wenn es strittig ist, töricht, jetzt etwas zu ändern, wohl wissend, dass wir in 2009 wiederum ändern würden. Das ist also eine Frage, wo Leute dann die Politik fragen, wie verlässlich ist denn eigentlich Politik. Ich bin an dieser Stelle fest der Meinung, dann lasst uns mit diesem Übergangszustand jetzt noch bis 2009 gehen und schauen, wie wir die entsprechenden Regelungen führen werden.
Zu Ihrem Antrag, Frau Kollegin Doht, nur zwei Bemerkungen: Also in dem Punkt 1, den Sie ja durch alle Ausschüsse durchgeschleppt haben, wo wir Ihnen ja mehrmals auch argumentativ gesagt haben, liebe Leute, lasst das, wollen Sie die sechs Semester durch acht Semester ersetzen. Frau Kollegin Holbe sagte sehr deutlich, die Anzahl der Semester wird nie über die Qualität entscheiden, weiß Gott nicht. Aber wissen Sie, die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master ist zum Teil so zählebig und von Widerständen begleitet, dass ich eigentlich stolz bin, dass wir in den Ingenieurwissenschaften die Vorreiter sind. Es ist ziemlich deutlich, dass durch die entsprechenden Akkreditierungen die ingenieurtechnischen Studiengänge in Thüringen sehr weit auf Bachelor und Master umgestellt worden sind. Frau Doht, das ist nun weltfremd, zu sagen, da wollen wir jetzt acht Semester. Was ist denn das nun? Ist das der Bachelor oder ist das Master oder haben Sie die alte Erinnerung noch vom Vordiplom? Ich weiß ja nicht, was das werden soll. Das ist einfach weltfremd und verbohrt sondergleichen, weil wir es Ihnen jetzt schon mehrmals gesagt haben, dass Sie diesen Antrag wieder hervorziehen. Es tut mir im Besonderen leid, weil ich gerne diese Einmütigkeit des Landtags zum gefundenen Gesetz auch den Ingenieuren und den Architekten übermittelt hätte. Dann - ich habe ja gesagt, manchmal irre auch ich - aber in Punkt 2 Ihres Antrags ist, glaube ich, ein Fehler. In Punkt 2 Ihres Antrags steht: „Nummer 2 der Beschlussempfehlung erhält folgende Fassung:“. Dann nehmen Sie auf § 1 Abs. 5 Bezug. Ich vermute, denn es ist etwas schwierig, Sie wollen jetzt die Master- und Bachelorregelung wieder aushebeln, nur in der Beschlussempfehlung ist in Punkt 2 § 29 Abs. 1 ge
regelt. Das heißt, Ihr Antrag ist nicht mehr zielführend. Ich bitte Sie also noch einmal, gehen Sie in sich, hören Sie auch auf die Stimmen der Ingenieure, die großes Vertrauen Ihnen persönlich gegenüber dargestellt haben, weichen Sie von Ihrem Änderungsantrag ab, treten Sie der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr bei und beschließen Sie mit uns gemeinsam das Gesetz. Ich denke, wir werden dann etwas Gutes für Architekten und Ingenieure in Thüringen tun. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, entgegen der üblichen Praxis, dass man in der Aktuellen Stunde meistens Problemfälle oder Negativmeldungen vorträgt, ist es, wie Herr Dr. Schubert zu Recht sagt, gut, dass wir insbesondere über eine Positivmeldung hier vortragen können. Die Zeitungen haben es geschrieben - „Schaeffler will 600 Jobs in Erfurt schaffen“ und „Erfurt ist die Mitte Europas“, zwei Titelzeilen, die ich nachdrücklich unterstützen kann. Herr Dr. Schubert, Sie begannen mich zu verwundern, weil zunächst zwei Drittel Ihres Vortrags angenehm waren, zu lauschen, das letzte Drittel hat es aber wieder reingerissen. Es muss bei Ihnen immer diese Negativsicht sein, sonst kommen Sie nicht zurande. Sie haben zu Recht vorgetragen, was die Gruppe am Standort in Erfurt vorhat - der erste Schritt, 80 Mio. € zu investieren und zunächst mit 250 Arbeitskräften zu beginnen.
Meine Damen und Herren, mindestens drei Faktoren auch im Bereich der Infrastruktur sind entscheidend dafür, dass sich in Erfurt so viel Logistik ansiedelt. Das ist nun einmal die Autobahn, das ist nun einmal der Eisenbahnknotenpunkt und - ob Sie das nun gut oder schlecht finden, Herr Kollege Dr. Schubert - das ist auch der Erfurter Flughafen. Ich denke, es zahlt sich aus, dass man über die Jahre hinweg für den Ausbau der Infrastrukur eingetreten ist. Das war bei anderen Fraktionen nicht immer so,
aber jetzt kommen solche Erfolge. Ich bin Ihnen auch dankbar, dass Sie sagen, diese Ansiedlung ist eine Arbeit von mehreren und sie ist insbesondere, das will ich auch einmal in Richtung der LEG sagen, auch viel Kleinarbeit, denn das eine ist, das Ergebnis zu verkünden, das andere ist, es zu schaffen, dass sich hier angesiedelt wird. Aber es haben
jetzt auch noch Leute damit zu tun, dass man alles das, was verkündet ist, auch umgesetzt wird, also Fragen der Genehmigung, des Baus, der Fachkräfte, die hier angesprochen worden sind. Ich glaube, einer der Standortvorteile und der Vorzüge der LEG ist auch, dass man hier so ein Rundumsorglospaket für die Ansiedlung herstellt, dass man von der Werbung für den Standort bis zur Errichtung und der Darstellung der entsprechenden Bedingungen durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LEG und natürlich auch des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Arbeit die Ansiedlung wasserfest macht, dass es dann auch dabei bleibt.
Zur Rolle des Oberbürgermeisters der Stadt Erfurt habe ich einen anderen Blick, weil - in aller Freude, dass wir hier so etwas angesiedelt haben, darf man sich nicht vorher verplaudern, denn in der Regel sind solche Dinge dann auch etwas delikat zu behandeln, weil das Ergebnis verkauft wird, nicht die Bemühungen, dass man ein Ergebnis erreichen kann. Das nur dazu.
Ich will noch sagen, weil wir die Aktuelle Stunde „Bedeutung der Ansiedlung“ genannt haben, diese Logistik ist kein Selbstzweck. Es ist eine Dienstleistung für Produzenten und den Handel. Wenn Sie dort hineinschauen, wissen Sie, dass es darum geht, zu transportieren, aber auch zu verpacken und zu kommissionieren, also ausdrücklich auch um Servicekontakte zu den Kunden. Deshalb ist die Bedeutung dieser Ansiedlung neben der namhaften Ansiedlung einer Gruppe, die seit 1946 ihren Sitz in Herzogenaurach hat, dass auch sekundäre Effekte damit eintreten werden. Das heißt, es werden weitere Arbeiten daraus generiert in der Frage von Wartung und Zuleistung. Es werden Mitnahmeeffekte entstehen und dass Investoren so gut behandelt werden, wird natürlich eine Mund-zu-Mund-Propaganda unter Unternehmen hervorrufen, dass wir sagen, damit ist auch die Bedingung für weitere Ansiedlungen hier in Erfurt als Logistikstandort, aber auch insbesondere natürlich für Thüringen als Wirtschaftsstandort gegeben.
Für meine Fraktion ist über die Freude dieser Ansiedlung hier in Erfurt hinaus von besonderer Bedeutung, dass man mit dieser Ansiedlung auch weiterhin das Bild von Thüringen als Positivstandort bekräftigt, Herr Schubert. Das ist vielleicht auch die unterschiedliche Herangehensweise. Wenn Sie nur aufzählen, was alles schlecht ist, werden Sie keinen Investor begeistern hierherzukommen, sondern wir sagen Rundumsorglospaket. Natürlich kommen und gehen sie. Sie haben es geschildert. Es ist kein grundsätzlicher Einbruch in der Logistik, wie wir sehen, da sich hier jemand ansiedelt. Was Sie zur Fiege-Gruppe gesagt haben, das ist etwas Normales, dass auch mal ein Personalabbau stattfindet. Aber
wenn ich es richtig sehe, war gerade Herr Minister Reinholz, den Sie angesprochen haben, derjenige, der mit den Beschäftigten zusammengekommen ist und auch versucht hat, gerade diese Überleitung in das neue Unternehmen zu bringen. Ich glaube, das ist eine gute Chance, denn Fachkräfte im Logistikbereich werden, denke ich, auch von der neuen Ansiedlung dankend entgegengenommen. Also noch mal, neben der Ansiedlung von 600 neuen Arbeitsplätzen voraussichtlich in Erfurt gilt auch der Ruf darüber hinaus Thüringen als Logistikstandort und Drehscheibe von Europa - also eine gute Geschichte, die wir heute vortragen durften.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Kollege Schubert, als Sie hier geredet haben, fiel mir ein Wort von Lothar Späth ein: Man soll eine Mumie nicht dreimal um den Friedhof tragen, sondern
man soll sie dann gleich beerdigen. Ihre Rede haben Sie vor zwei Jahren schon gehalten und nun noch mal. Es ist immer dasselbe Strickmuster, Sie machen die Wirtschaftspolitik schlecht, beschimpfen den Wirtschaftsminister und meinen, das ist eine tolle Aktion. Also da sage ich schon eher mal: Hut ab vor der Tour der Räson, die die Kollegin Leukefeld gemacht hat, indem sie in der knappen Zeit versuchte, alle Felder zu beleuchten und sogar auch die guten Anträge der CDU-Fraktion gelobt hat.
Ihre Frage, wird der Einzelplan des Wirtschaftsministers der Entwicklung der Thüringer Wirtschaft gerecht, möchte ich natürlich mit Ja beantworten, meine Damen und Herren. Die Eckwerte des Haushalts sind benannt worden, sie sind immerhin für das Jahr 2008 und 2009 deutlich erhöht worden gegenüber 2006 und 2007 und sie werden damit der Wirtschaftssituation gerecht. So wie meine Vorredner - damit meine ich nachdrücklich nicht Herrn Kollegen Schubert - gesagt haben, hat sich Thüringen als Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort etabliert und, meine Damen und Herren, immerhin mit 2,7 Prozent Wachstum und mit einem hohen Industriebesatz mit guten Zuwachsraten, im Export ca. 15 Prozent Erhöhung in den Aufträgen, mit einer guten Branchenstruktur, die besonders im Bertelsmann-Bericht auch als Konjunkturresistenz geschildert worden ist. Das Problem will ich nicht verhehlen, wir haben jetzt die Frage der Konsumzurückhaltung der Bevölkerung, die auf die Preisentwicklung, meinetwegen auch im Energiesektor und in anderen Dingen, verhalten reagiert.
Herr Kollege Schubert, ich weiß nicht, auf welche Zahlen Sie zurückgegriffen haben, aber die Langzeitarbeitslosigkeit ist um 15 Prozent gesunken, weil sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zunehmen, und der zweite Punkt, die Jugendarbeitslosigkeit ist gesunken und der dritte Punkt ist, die Frauenerwerbstätigkeit ist gestiegen, meine Damen und Herren. Also eine gute Wirtschaftssituation, die mit diesem Einzelplan des Wirtschaftsministers, dem Einzelplan 07, unterstützt werden soll, denn wir müssen nun feststellen, so gut es einerseits ist, ist diese Wirtschaftssituation noch nicht selbsttragend.
Frau Ministerin Diezel hat vorhin in ihrer Rede deutlich darauf hingewiesen, wir haben den Zielhorizont 2012 und 2013, dann also, wenn der Solidarpakt zu Ende geht bzw. die Erwartung, dass wir noch einmal Ziel-1-Gebiet in der EU-Förderung werden, relativ gering ist. Wir müssen die entsprechenden Schwerpunkte im Haushalt auf diese Zielhorizonte darstellen und das bedeutet insbesondere Stärkung der Instrumente, mit denen wir die Wirtschaftsförderung durchführen und ich meine insbesondere die Institutionen
Landesentwicklungsgesellschaft, Thüringer Aufbaubank und die GFAW. Ich meine damit insbesondere die Frage der Arbeitsmarktförderung und, Frau Kollegin Leukefeld, mit einem anderen Blick als Sie, und zwar als Brücke in den ersten Arbeitsmarkt. Das sind Fragen der Qualifizierung, insbesondere der Berufsbildung, der Ausbildungsplatzförderung, aber auch der Förderung der Zielgruppen. Dann, meine Damen und Herren, es ist doch unstrittig, dass wir gerade im Bereich der Technologieförderung die Bündelung vorgenommen haben und insbesondere die wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen und die Verbundforschung verstärken. Natürlich gebe ich zu, dass, wenn man den Haushalt sehr partiell liest, man einen Rückgang der Technologiefördermittel erkennen kann, aber wir müssen berücksichtigen, dass die Verstärkung durch europäische Mittel eintritt und dass der Fördersatz durch europäische Mittel erhöht worden ist, meine Damen und Herren.
Benannt wurden ebenfalls der Sport und Tourismus, dass die insbesondere stärker auch verzahnt werden sollen und auch die Investitionen insbesondere durch die Gemeinschaftsaufgabe befördert werden sollen. Es ist ein deutlicher Unterschied zu den Änderungsanträgen der Opposition, die, ich will nicht sagen, darauf abzielen, diese Linie zu schwächen, sondern - so wie gestern noch gesagt worden ist -, denen eine andere Politikhaltung zugrunde liegt.
Meine Damen und Herren, Sie haben, wenn ich einmal über die Schwarzmalerei von Herrn Dr. Schubert hinwegsehe, den Eindruck, die Situation ist so gut, dass Sie Mittel jetzt schon wieder verteilen und Wohltaten ausbringen können. Das geht so nicht, meine Damen und Herren. Wir können diese Aufschwungsituation der Thüringer Wirtschaft nicht dadurch bremsen, dass wir ihnen die entsprechenden Mittel wegnehmen. Ich will dazu einige Punkte nennen.
Es ist hier die LEG angesprochen worden, insbesondere in zwei Titeln. Das eine ist der sogenannte Industrietitel. Aus diesem Titel soll die Landesentwicklungsgesellschaft insbesondere die Entwicklung, die Sanierung, die Verwertung von Industrie und Gewerbeflächen, insbesondere der Altstandorte, vornehmen, meine Damen und Herren. Und ich sage es unumwunden, es tut mir schon weh, wenn wir mit Blick auf die Vorjahreshaushalte feststellen müssen, dass der Titel um 5,7 Mio. € bzw. 7,7 Mio. € verringert worden ist und jetzt beantragen die Fraktionen auch noch die Streichung der schon verringerten Mittel noch einmal jeweils um 6 Mio. €. Dem Haushalts- und Finanzausschuss, wenn ich recht informiert bin, lag die Liste der Projekte vor, die die LEG von den 26 Mio. € des nächsten Jahres bzw. 24 Mio. € des übernächsten Jahres finanzieren will. Es sind mehr als 60 Projekte in allen Regionen des Frei
staats. Wer die 6 Mio. € dort wegnimmt, der soll auch bitte schön sagen, welches Projekt in seiner Region oder in der Region des Nachbars nicht mehr stattfinden soll.
Das wäre dann sehr redlich und ordentlich. Ich bin dem Kollegen Schwäblein dankbar, der mit dem Blick auf seine Technologieförderung sagen könnte, was er nicht getan hat, ach, das ist aber schön, aber nein, er hat deutlich darauf hingewiesen, die Mittel bei der LEG sind gut angelegt und sollen dort bitte schön auch bleiben.
Die zweite Sache, die ist nun schon etwas kurios. Sie wollen 40 Mio. € aus dem Einzelplan 17, die für die LEG in zwei Tranchen zur Verfügung gestellt worden sind, die wir im Übrigen im letzten Doppelhaushalt mit einer harten Patronatserklärung abgesichert haben, nun strecken und sagen, ach, das ist alles nicht so schlimm, weil wir den Ertragszuschuss für die LEG dann um die zusätzlichen Zinszahlungen erhöhen werden. Da haben Sie offensichtlich unterschiedliche Zinsmodelle. Die SPD sagt, das wird noch mal 1,5 Mio. € kosten, die PDS sagt, es kostet nur 1 Mio. €, das lässt sich vielleicht mit einem günstigen Zinssatz machen, das machen wir mal einfach so nebenbei. Ich erinnere beide Fraktionen daran, vor zwei Jahren standen Sie hier am Pult und haben hart gegen diese Patronatserklärung gewettert und warum wir die 40 Mio. € nicht gleich bereitstellen, um die LEG entsprechend arbeitsfähig zu halten. Die Antwort sowohl aus dem Finanzministerium als auch von uns war: Es muss ein Konzept da sein, wie man weiter arbeiten kann. Jetzt haben wir die Mittel, um die LEG zu entschulden und jetzt fällt Ihnen einfach ein, ach, das können wir jetzt auf vier Jahre strecken und nehmen, wie gesagt, Millionenbeträge zusätzlicher Zinsausgaben in Kauf, meine Damen und Herren. Das kann natürlich nicht der Weg sein.
Dieselbe Überlegung befällt mich, wenn ich die Dinge betrachte, die wir für die Thüringer Aufbaubank leisten wollen und müssen, und sehe, welchen Antrag Sie uns dazu auf den Tisch legen. Die Thüringer Aufbaubank hat durch den erhöhten Prüfaufwand, der insbesondere aus der Europäischen Kommission auf sie zuläuft, erhöhten Aufwand und das muss man nicht gut finden, aber man muss es tun, ansonsten hätten wir Schwierigkeiten mit den Fördermitteln der Europäischen Gemeinschaft. Deshalb gibt es einen Zuwachs der Aufwendungen für die Thüringer Aufbaubank. Das interessiert Sie nicht, Sie wollen an dieser Stelle diesen Aufwand der Aufbaubank offensichtlich ignorieren, muss nicht mehr geprüft werden, und wir haben dann hinterher den Ärger mit der Kommission. Sie nehmen dort einfach kurzerhand
3 Mio. € weg.
Die größte Geschichte, wie ich finde, Frau Kollegin Leukefeld, ist, dass Sie uns einerseits unterstellen, wir wollen die aktive Arbeitsmarktpolitik nicht mehr ausführen. Das ist nicht richtig, das wissen Sie, denn der Titel „Arbeit für Thüringen“ wird abfinanziert und mit anderen Mitteln wird natürlich weitergemacht. Aber was ich nun überhaupt nicht verstehen kann, ist Ihre Einlassung, dass die GFAW der Thüringer Aufbaubank angegliedert ist, was natürlich nicht stimmt, sie ist eine selbstständige Tochter mit einem selbstständigen Aufgabenbereich und mit allen Möglichkeiten, die wir haben, und sie ist für uns die Institution der aktiven Arbeitsmarktpolitik.
Ja, sicher.
Ich ahnte die Frage und wenn ich jetzt nicht durch Frau Präsidentin angehalten worden wäre, auf Ihre Frage zu antworten, dann hätte ich jetzt gleich weiter in meinem Redefluss genau diesen Punkt gebracht. Hier steht es, Synergie.
Nein, Frau Kollegin Leukefeld, natürlich, Synergieeffekte werden eintreten, davon bin ich überzeugt, in beispielsweise den Bereichen der Verwaltung eines Unternehmens, das heißt, die Frage der Personalverwaltung, die Frage der Lohnabrechnung, wo man Dinge zusammentun kann, wie die Frage der Verwendungsnachweismittelprüfung. Das sind Dinge, die in der Thüringer Aufbaubank, denke ich, exzellent betrieben werden und die dann durch die Übernahme dieser Funktion als Geschäftsbesorgung sozusagen für die GFAW diese Synergieeffekte bringen werden. Die werden nicht von heute auf morgen kommen, das müssen Sie, denke ich, doch registrieren. Nur, Ihr Ansatz, der Rückgang der Arbeitsfördermittel per se als sinkende Kosten der Verwaltung zu deklarieren und der GFAW dann einfach 2 Mio. € zu
kürzen, bedeutet immerhin mehr als 26 Prozent der Zuwendungen der GFAW. Bei Weitem werden die Mittel erstens nicht so gekürzt und zum Zweiten wissen Sie genau, selbst bei geringer werdenden Mitteln werden sie nicht sofort Leute freisetzen können, denn es sind noch so viele Arbeiten zu leisten, die auch bei geringer werdenden Mitteln zu machen sind. Ich habe eher den Eindruck - ich sage das vielleicht jetzt falsch -, Sie merken sehr wohl, dass wir auch mit der GFAW gute Arbeit im Bereich der Arbeitsmarktpolitik machen und haben so den Hintergedanken, wenn wir ihnen Geld wegnehmen, dann wird es schwerer, gute Arbeit zu leisten. Vielleicht haben wir anschließend sogar noch die Möglichkeit zu sehen, die haben das Instrument der aktiven Arbeitsmarktpolitik aufgelöst. Also wissen Sie, wenn Sie einen Schuhlöffel zum Anziehen brauchen, dann müssen Sie den Scheibenwischer auch noch ausstellen da hinten. Ich meine, das ist so ein Antrag, bei dem ich überhaupt nicht verstehe, warum Sie ihn stellen und der GFAW möglicherweise damit die Arbeit erheblich erschweren.
Bei der Frage Kommunal-Kombi haben sich beide Fraktionen mit Anträgen geäußert. Ich will voranstellen, nach meinem Eindruck ist das Experiment Bürgerarbeit gescheitert, weil Sie dort in der Region nicht die entsprechenden Leute zusammenbekommen haben. Es ist zum Zweiten wesentlich zu teuer - es ist gescheitert, meine Damen und Herren.
Wenn Sie sich die Anträge anschauen zur Kommunal-Kombi, DIE LINKE hat es etwas im Dunkeln gelassen, was eigentlich womit finanziert werden soll. Ich bin den Kollegen der SPD-Fraktion dankbar, dass sie in ihrem Antrag deutlich geschrieben haben, wofür sie das Geld nehmen wollen, nämlich die 11,1 Mio. € im nächsten Jahr und die 22,2 Mio. € im übernächsten Jahr wollen sie nehmen, um einen 15-prozentigen Landesanteil darzustellen. Da habe ich mich vorhin schnell mal hingesetzt und habe ausgerechnet, was denn das ganze Unternehmen Kommunal-Kombi für Thüringen dann insbesondere kosten soll. Das bedeutet, im nächsten Jahr werden insgesamt 74 Mio. € dafür aufgewendet und im übernächsten Jahr 148 Mio. €, das heißt, 222 Mio. € sollen in die Hand genommen werden. Das stützt meine These, dass auch dieses Experiment viel zu teuer ist, um im nächsten Jahr möglicherweise 5.000 Leute und im übernächsten Jahr möglicherweise 10.000 Leute in Beschäftigung zu bringen. Das ist mit uns nicht zu machen. Wir werden uns als Fraktion mit einem anderen Modell zu Wort melden und zu gegebener Zeit diese Frage mit diesen Mitteln dort bringen. Ich bin froh, dass wir das in unseren Anträgen so nicht bedacht haben.
Meine Damen und Herren, zu weiteren Anträgen der Kolleginnen und Kollegen: Was ich überhaupt nicht verstanden habe, Frau Kollegin Leukefeld, ist, dass Sie diese 5,2 Mio. € der vorzeitigen Rückführung für Haftungsanteile des Landes an Darlehen der Treuhandanstalt für die Konsolidierung an die BVS streichen oder sagen wir mal strecken. Ich finde das ja schon toll, so nach dem Motto, nach uns die Sintflut, das sollen die in der nächsten Legislatur mal aufbringen. Wir nehmen die jetzt mal weg, das brauchen wir nicht zu bezahlen. Das nährt meine Gewissheit, dass Sie gar nicht in Regierung und in Verantwortung kommen werden in der nächsten Legislaturperiode, wenn Sie das einfach in die nächste Legislatur hineinschieben wollen. Sie sollten nur, wenn das so ist, Ihrem Genossen Ramelow dann sagen, dass es mit Tanzen in Thüringen nichts wird und er seine Pirouetten in Berlin weiterdrehen soll.
Ich habe noch zwei, drei weitere Anträge, die ich nicht verstehe: 600.000 € zu streichen in der Imagekampagne „Denkfabrik für Volkshochschule“, 1,5 Mio. € bei Thüringen-Akquisition und Standort-Marketing zu streichen - das, was ich brauche, um den entsprechenden Rahmen zu bilden, um weiter anzusiedeln. Oder auch in der Außenwirtschaftsförderung, das müssen Sie sich mal vorstellen, 300.000 € zu kürzen, das hört sich zunächst vielleicht gar nicht so gewaltig an, sind aber immerhin 60 Prozent der Mittel, die wir dort eingestellt haben, die man einfach mal so für andere Dinge bringt. Den Kollegen der SPD-Fraktion muss ich sagen, mit dem einen Antrag haben Sie einen richtigen Bock geschossen, würde ich mal sagen. Ich weiß nicht, ob das ein Matschiebock ist oder ein Schubertbock. Lieber Volker Sklenar, ich glaube, du hast den Antrag gesehen, er würde dir vielleicht sogar gefallen, aber ich muss sagen, das kann es nicht sein. Die SPD-Fraktion will in diesem Antrag Rückzahlungen im Bereich der allgemeinen Bewilligungen im Bereich der Wirtschaft, also aus dem Landesprogramm und aus dem Thüringer Darlehensprogramm, jeweils 500.000 €, also eine halbe Million, nehmen für eine stärkere Bejagung, um Wildbestände zu reduzieren. Meine Damen und Herren, das ist, wie gesagt, ein Bock - ich nehme Wirtschaftsfördermittel, um Mittel zu verstärken für eine stärkere Bejagung in den Wäldern.
Ich habe das schon verstanden, Sie wollen die Mittel aus dem Einzelplan des Wirtschaftsministers nehmen.
Ich schaue mir den Antrag an, aber ich habe ihn genauso gesehen. Hier: aus Rückzahlungen wollt ihr Geld nehmen. Wofür? „Notwendig ist die stärkere Bejagung.“, das ist der Antrag. Dann müsst ihr einen anderen Antrag haben als ich. Ein paar Jahre bin ich schon hier mit im Geschäft, so dass ich zumindest in der Lage bin, Anträge zu lesen oder Ihr müsst andere Anträge stellen.
Dann will ich aber ernsthaft noch auf einen Antrag der Kollegen der SPD-Fraktion eingehen, der sich damit beschäftigt, dass die Erwartung vorherrscht, dass die Zuführung des Bundes für die Gemeinschaftsaufgabe aufgestockt wird. Ich meine, Herr Kollege Schubert, ich kann den tatsächlichen Wahrheitsgehalt der Höhe der zusätzlichen Mittel nicht einschätzen - das will ich redlicherweise sagen -, aber wir treffen uns in dem politischen Willen, dass jeder Bundeseuro aus dem Landeshaushalt den erforderlichen Kofinanzierungseuro finden wird. Darin treffen wir uns in dem Mittel. Sie wissen, ich habe das zumindest in den Protokollen des Haushalts- und Finanzausschusses nachgelesen, Sie hatten bereits im September des Jahres nachgefragt, es war nicht der Bundesminister Glos, der etwas gekürzt hat, sondern es war eine Diskussion um die Fortsetzung oder Aufstockung der GA oder die Fortsetzung der Investitionszulage. Herr Minister Reinholz hat damals deutlich gesagt, wir wissen nicht, wie die Diskussion ausgehen wird. Es kann sein, dass es 50 Mio. € zusätzlich gibt. Es ist scheinbar so, dass es 50 Mio. € zusätzlich gibt. Das wäre dann aber ein Landesanteil für Thüringen von 6,68 Mio. €. Wie gesagt, ich kann es nicht einschätzen.
In der bisherigen Haushaltssituation sind zumindest Vorkehrungen getroffen, dass man diese zusätzlichen Mittel auch kofinanzieren kann. Sie sehen in dem Verstärkungstitel der Titelgruppe 83 zwei Titel, in Titel 119 41 sind Rückzahlungen von Überzahlungen aus der Gemeinschaftsaufgabe und im zweiten sind Zinsen von anderen. Falls das nicht ausreichen sollte, dann will ich das hier für das Protokoll sagen, ist es Wille meiner Fraktion, dass man den Rest dann aus Steuermehreinnahmen ziehen sollte.
Sie haben Ihren Antrag anders formuliert. Erstens haben Sie mit einer Summe den Antrag eingeleitet, wo ich nicht weiß, wie viel es ist. Ich kann den Wahrheitsgehalt - habe ich deutlich gesagt - nicht prüfen. Und einfach nur zu sagen, ich bekomme 7,8 Mio. € im nächsten Jahr bei der Lohnsteuer mehr, das ist
für mich auch ein bisschen ein Tanz auf dem Bodensee. Ich weise darauf hin, dass im jetzt bestehenden Plan Vorkehrungen getroffen sind, dass bei Mehreinnahmen aus dem Bund für die Gemeinschaftsaufgabe zunächst erst einmal eine Deckungsmöglichkeit da ist, und wenn das nicht ausreichen sollte, dass es politischer Wille meiner Fraktion ist, den Rest über zusätzliche Steuereinnahmen zu finanzieren, so dass das Wort steht, dass jeder Euro, der aus dem Bundeshaushalt kommt, auch durch Landesmittel kofinanziert wird.
Ich möchte noch kurz auch auf die Anträge der CDUFraktion eingehen. Viel muss ich zusätzlich nicht sagen, da sie die Würdigung schon von Vorrednern gefunden haben. Ich will nur deutlich sagen, Herr Kollege Schubert, so steht der Antrag nicht, den Sie bei der Destination Thüringer Wald vorgestellt haben, die 130.000 €. Da steht nichts von einer Personalstelle, sondern es steht sehr deutlich „Beauftragung von Marketing- und Managementleistungen des Regionalverbundes“. Wir müssen nicht drum herumreden, wir müssen schon immer, die Anträge auf dem Tisch haben, die wir dort sehen. Ich denke, es ist auch sehr gut bei der Frage der Dopingprävention dargestellt worden. In der Frage spielt Thüringen auch den Vorreiter im Bereich der Dopingbekämpfung, so dass wir ihn dann auch mit den entsprechenden Mitteln unterlegen und natürlich die Werbemaßnahmen bei der Thüringer Tourismusgesellschaft bei Sportveranstaltungen auch deutlich verstärken.
Bei unserem Entschließungsantrag will ich nur deutlich sagen, wenn man mal in die Landschaft der Richtlinien schaut, wird man erstaunt sein - ich hoffe, dass es Ihnen so geht, bei mir war es jedenfalls so; obwohl ich meine, wir sind lange vor der Medienblase Klima schon in dem Bereich sehr aktiv -, wir haben immerhin 13 Richtlinien, die sich in diesem Bereich Energieberatung/Energieeffizienz bewegen. Da sind sieben Richtlinien im Landwirtschaftsministerium, es sind vier Richtlinien im Ministerium für Bau und Verkehr und es sind zwei im Thüringer Wirtschaftsministerium, die dort stehen.
Die Fraktion ist mit dem Entschließungsantrag deutlich der Meinung, dass wir bei der Energieberatung/Energieeffizienz, insbesondere auch bei der Energietechnologie diese Frage mal beleuchten, inwieweit dort Änderungsbedarf oder Bündelungsbedarf besteht. Meines Erachtens macht es keinen Sinn, jetzt einfach Geld dort hineinzutun - es verpufft, wenn man nicht vorher die Situation in dem von uns dargestellten Sinn analysiert.
Deshalb bitte ich Sie, diesem Entschließungsantrag auch zuzustimmen, so dass die entsprechenden Dinge auch geleistet werden können.
Frau Kollegin Leukefeld hat vorhin gefragt, ob dieser Einzelplan 07 den Fragen der Entwicklung der Thüringer Wirtschaft gerecht wird. Ich sage noch einmal, er wird mit den Änderungen meiner Fraktion natürlich entsprechend den Fragen der Thüringer Wirtschaft gerecht. Ich bitte Sie um Zustimmung.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin meiner Kollegin Christina Tasch dankbar, ich will Ihnen auch sagen warum: weil sie mich immer mahnt, bleib doch ruhig bei diesen Angelegenheiten. Diese Streiterei wird im Grunde genommen immer negativ mit dem Bild des Hainich verbunden werden. Die Freude, die wir heute über dieses Jubiläum empfinden, ist dann überlagert durch den Streit, der allgemein in der Erinnerung der Menschen, die sich vielleicht für diese Landtagssitzung interessieren, bleiben wird, deshalb bin ich Frau Kollegin Tasch dankbar, dass Sie mich immer mahnen, und zum Zweiten, dass Sie auch auf die Bedeutung des heutigen Tages hingewiesen haben.
Frau Kollegin Becker, es ist nicht die abgefaulte Hand, die jetzt hier steht, das ist eine zu Recht auch mit Freude und Stolz erfüllte Hand. Ich habe deshalb schnell noch mal nachgesehen, weil das, was Sie hier vorgetragen haben, bedient genau das Antibild von dem, was Frau Kollegin Tasch hier sagte. Mit Ihrem Gegeifere und Gekeife - und ich muss mich mäßigen, dass ich keine Worte... ja, ja - haben Sie die Freude über das Geschaffene und den Wunsch, es weiter zu gestalten, erheblich gebremst. Sie haben es in einer Art und Weise getan, die zumindest - ich habe es vorhin gesagt - geschichtsklitternd, allenfalls noch freundlich auch benannt ist. Ich habe schnell noch mal in den entsprechenden Protokollen nachgesehen, die vom Juli und vom Dezember 1997 über die sehr intensive Diskussion bei dem Gesetz zur Errichtung des Nationalparks dargestellt sind.
28 Änderungsanträge, wenn ich noch mal daran erinnere, weil wir versucht haben, gemeinsam versucht haben, das will ich mal deutlich sagen - der damalige Vorsitzende Dietmar Werner hat das auch gesagt, es ist eine politische Streitkultur gewesen, die das Für und Wider abgewogen hat, die Hinweise und Ergebnisse gebracht hat. Ich sage es noch mal: 80 haben namentlich abgestimmt - das kann man alles nachlesen -, 70 haben zugestimmt und aus den Reihen meiner Fraktion waren es zwei, die dagegen waren; einen haben Sie genannt, Herrn Kollegen Wunderlich, das muss man akzeptieren, gerade seine forstwirtschaftlichen Dinge. Die zweite Sache, die will ich deutlich benennen, den zweiten Kollegen, der hat nämlich deutlich gemacht, dass Sie, Frau Becker, insbesondere, aber auch Ihre Kolleginnen und Kollegen, die zunächst mit den ersten Dingen über die Übernahme der BUND-Vorstellung ein gestörtes Verhältnis zum Eigentum hatten. Kollege Bonitz wird im Gedächtnis meiner Fraktion immer als derjenige bleiben, der sich insbesondere für diejenigen eingesetzt hat, die zu Unrecht enteignet worden sind, die durch den Stalinismus zu Schaden gekommen sind.
Ich erinnere mich sehr deutlich, dass er gesagt hat, die durch den Truppenübungsplatz Weberstedt und durch die NVA usw. Enteigneten, die können doch durch das Land nicht noch mal enteignet werden. Diese Spannung, meine Damen und Herren, lag doch in der Region und musste erst geglättet werden, damit für den Nationalpark die Stimmung so werden konnte, wie sie jetzt ist.
Die zweite für mich damals unvorstellbare Unwissenheit war, dass Sie eine Kernzone, die dann niemand mehr begehen kann, über Wirtschaftswälder legen wollten
und damit eigentlich sagen wollten, wie sich Urwald entwickelt. Der Plenterwald ist eines der hervorragenden Merkmale gerade für die Laubgenossenschaften neben der Wirtschaftlichkeit, aber auch die interessante Frage, wie man einen Wald entwickeln kann. Deshalb diese Widerstände. Ich nehme noch einen. Volker Sklenar, du weißt das, die Stadt Mühlhausen war so bestrebt, ein Buchenzentrum zu entwickeln. Wir haben hier diese Ausstellung gehabt mit der rotkernigen Buche, wunderschöne Möbel. Das sind doch alles Dinge, die mit der Idee, die Sie damals hatten, überhaupt nicht passten. Und jetzt spreche ich, sicher auch im Sinne der Kollegin Leh
mann, für die Region; durch die ursprüngliche Planung hätten Sie doch den heutigen Unstrut-Hainich-Kreis komplett von der Eisenacher Region abgeschnitten. Wir wären doch überhaupt nicht mehr hingekommen zur Autobahn, die uns ein bisschen Wirtschaftskraft bringen würde. Ich bringe das nur in Erinnerung, dass ich deutlich mache, die damalige Nachdenklichkeit von Teilen meiner Fraktion hat dazu geführt, dass heute genau das Sinnhafte entstanden ist. Sie loben Herrn Landrat Zanker. Da lachen wir uns heute noch kaputt - 5.000 Arbeitsplätze wollte er schaffen.
Der Gewerkschaftsbund, der ja nicht immer ganz realistisch ist, hat von 1.000 Arbeitsplätzen gesprochen. Die Industrie- und Handelskammer hat in der damaligen Anhörung gesagt, wenn 200 Arbeitsplätze kommen, ist das gut. Das ist so in etwa das, was wir jetzt wahrscheinlich gerade im engeren Bereich des Nationalparks erreicht haben. Frau Kollegin Tasch hat darauf hingewiesen - und das kann ich nur bestätigen -, dass natürlich im weiten Umfeld, in den Bereichen Tourismus und Bildungsarbeit weitere Arbeitsplätze entstanden sind, aber bei Weitem nicht in dieser Art und Weise, meine Damen und Herren. Deshalb will ich mal deutlich sagen, es war sowieso - und das ist von Herrn Kollegen Kummer ganz gut dargestellt worden - die Vorbildwirkung eines Nationalparks, der im Laubwaldbereich steht, auch eine spannende Diskussion. Ich stehe dazu, ich bin auch froh. Wir waren ja, das hat aber Volker Sklenar organisiert, im Nationalpark Bayerischer Wald, eine Busreise, und haben uns das angesehen. Da ist mir sofort aufgefallen, das ist ein Nadelwald. Wenn Sie jetzt zu dieser Jahreszeit - na, jetzt geht es noch, aber noch 14 Tage später - in den Hainich kommen und es ist ein bisschen nebelig, Allerheiligen, Totensonntag, da war dieses Wort, was ich gesagt habe, wenn wir nicht aufpassen, bekommen wir Depressivtourismus, weil das eine traurige Geschichte ist. Sie wissen, wenn sich dann noch jemand im Kerngebiet das Leben nimmt, dann kann ich den nicht mal rausholen, weil das Betreten verboten war. Ich sage das einfach alles nur, weil diese plastischen Bilder, die wir damals gestellt haben, nicht aus der Erinnerung sind und ich mich hier nicht von Ihnen beschimpfen lasse, dass ich hier mit einer abgefaulten Hand diesen Erfolg hätte mitfeiern sollen.
Dann will ich noch mal etwas sagen, warum wir möglicherweise in der Region immer sehr kritisch zu den Dingen sind, die aus dem Gebäude am Lindenbühl oder jetzt neuerdings aus Bad Langensalza kommen - also vom Landrat.
Nichts gegen die Kreativität der Ideen, die auf dem Tisch liegen, sie sind aber in der Regel damit verbunden, dass auch er ein gestörtes Verhältnis zum Eigentum hat. Dieses gestörte Verhältnis zum Eigentum ist beispielsweise die Finanzkraft des Landes. Ich kann mich nicht dauernd hinstellen und tolle Ideen haben - im Übrigen mit seinem eigenen Haushalt nahe am Bankrott. Er bekommt sogar einen Kommissar, den hat er sich selber gewünscht, dass ihm jemand hilft, den Haushalt in Ordnung zu bringen. Das müssen Sie sich mal vorstellen. Aber wir wollten hier keine Regionalpolitik ausbringen. Er stellt sich hin und sagt, es müsste das und das und das kommen, und stellt das immer so fordernd hin, dass das böse Land dann aber - und vor allen Dingen die CDU - endlich das Geld rausrücken muss, weil diese tolle Idee kommen muss. Das war bei dem Baumkronenerlebnispfad genau dasselbe. Erst mal hat er in Verkennung der Tatsachen behauptet, es wäre der Erste in Deutschland. Da mussten wir ihn darauf hinweisen und sagen, lieber Landrat Harald Zanker, setze dich in dein Auto, fahre in die Südliche Weinstraße, Fischbach habe ich benannt, da ist eine sehr erfolgreiche Konversionsmaßnahme gewesen. Die Amerikaner haben dieses Gelände verlassen, dann ist dort ein Erlebnispfad errichtet worden, eine kleine andere Ausrichtung mit einem Öko-Zentrum, bei dem man auch wunderschön alles sehen kann - also genau diese Konstellation, die jetzt möglicherweise auch kommen wird, also Pfad neben dem Nationalparkzentrum oder Öko-Zentrum, wie man es nennen will. Das ist eine wunderschöne Geschichte, die läuft. Bei Eintrittspreisen, bei denen wir uns gewundert haben, dass man die überhaupt bringt, 7 € bis 11 € oder damals waren es sicher DM, Entschuldigung. So war der Streit, dann auch zu sagen: Ja, wir sind für den Pfad, aber wie soll es denn finanziert werden? Ich kann mich doch nicht dauernd hinstellen und sagen: Du Land, du musst das machen, und wenn du es nicht machst, dann sind wir ganz böse. So ist im Grunde genommen leider auch die Entwicklung beim Nationalparkhaus gelaufen. Ohne eine realistische finanzielle Untermauerung ist immer wieder weitergearbeitet worden mit Unterschriftensammlungen - faszinierend. Ich bin gestern mit den Kolleginnen und Kollegen bei der Unterschriftenübergabe gewesen. Ich sage, es ist gut, wenn man sich für etwas einbringt. Man muss aber doch auch deutlich sagen, ich muss eine realistische Umsetzungschance haben, um das zu bringen. Wenn die nicht da ist, dann bin ich doch schon sehr erschrocken, wenn man dann immer wieder nur diese Luftschlösser baut und anschließend die Landesregierung und meine Fraktion braucht, um es wieder auf Realität herunterbrechen zu können und daraus eben noch einen Erfolg zu bauen. Denn wenn das Luftschloss geplatzt ist, dann bleibt nur verbrannte Erde, es bleiben enttäuschte Menschen in der Region, insbesondere die Arbeitsgemeinschaft der Kommunen der An
rainergemeinden möchte ich hier noch benennen, die natürlich auch daran arbeiten, an diesem Vorgang und an diesem guten Ergebnis Nationalpark zu partizipieren. Deshalb, Frau Kollegin Becker, lassen Sie uns doch mal in Rückbesinnung auf all das, was wir strittig besprochen und diskutiert haben, aber doch in großer Einigkeit verabschiedet haben, diesen Augenblick der Einigkeit genießen, anstatt uns dauernd die damalig kontroversen Argumente um die Ohren zu hauen und sich jetzt hier hinzustellen und zu streiten, wer denn nun die Mutter oder der Vater des Nationalparks ist, sondern lassen Sie uns sagen, bleiben wir doch in der Familie der Fans für den Nationalpark und sehen zu, dass wir realistischerweise ihn noch weiterentwickeln können. Danke für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich bin froh, dass durch die Kollegen der SPD-Fraktion mit diesem Antrag, der ja im Fokus auf eine Branche
gerichtet worden ist, die einerseits mit boomenden Wachstumsraten in der Öffentlichkeit und im Bewusstsein ist, im Übrigen sozialversicherungspflichtige Verhältnisse schafft, Herr Kollege Pilger, andererseits aber auch durch teilweise Unkenntnis und auch durch schwarze Schafe in Verruf gekommen ist bzw. teilweise im Verruf steht. Ich will das ganz deutlich sagen, das ist wie überall im Leben. Sie brauchen eins, zwei schwarze Schafe - manchmal sind es auch zehn - und damit geht natürlich eine ganze Branche, ein ganzer Stand möglicherweise einen schweren Gang.
Deshalb will ich für meine Fraktion gleich sagen, wir werden am Ende für die Überweisung des Antrags an den Wirtschaftsausschuss stimmen und wir würden im Wirtschaftsausschuss gern eine Anhörung beantragen, bei der die Akteure dieser Branche zu Wort kommen, damit man sich verlässlich ein Bild machen und aus der Phase dieser Gemengelage herauskommen kann.
Das fängt schon damit an, Herr Kollege Pilger, dass die Begriffe - auch in Ihrem Antrag interessanterweise - „Leiharbeit“, „Zeitarbeit“, „Arbeitnehmerüberlassung“ nicht exakt gefasst sind und zum Teil von unterschiedlichen Inhalten besetzt werden. Ich sage mal so, Leiharbeit hört sich so an, als ob man sich etwas unentgeltlich ausleihen kann; das ist natürlich nicht so. Und Zeitarbeit bringt die Vermischung mit befristeten Arbeitszeitverhältnissen, genau das ist es nicht, sondern die haben richtige Arbeitszeitverhältnisse. Der Verleiher trägt das Arbeitnehmerrisiko mit allen Rechten und Pflichten. Deshalb ist es uns schon wichtig, dass wir einerseits diese Flexibilisierungsbedürfnisse der Entleiher mit den Schutzinteressen der Arbeitnehmer verbinden und deutlich sagen, das ist eine Zeitarbeitsbranche, die ihre Berechtigung hat und die natürlich - genau wie mit der Konjunktur - auch Ansprüche stellt an die Geschäftsentwicklung, die etwas damit zu tun hat, dass Facharbeiter gebraucht werden, vielleicht auch nur kurzfristig oder längerfristig. Deshalb hat sie also nach unserem Dafürhalten auch die Berechtigung.
Wir hatten mit den Kollegen meines Facharbeitskreises in dieser Woche das Gespräch mit dem Interessenverband der deutschen Zeitarbeitsunternehmen, also einer Dachorganisation. Die dortigen Ausführungen haben uns sehr interessiert und angesprochen. Mit 1,7 Prozent liegt der Beschäftigtenanteil der Leiharbeit in Deutschland weit unter dem in Europa. Zum Beispiel liegt der Beschäftigtenanteil in Großbritannien bei 3,7 Prozent oder in den Niederlanden bei 4,5 Prozent. Dann kommt dazu, Herr Kollege Pilger, und ich habe es gestern auch schon bei der von Ihnen zu Recht genannten Verquickung der Diskussion zum Mindestlohn gesagt, eine der wenigen Länder hat reguläre Arbeitsver
hältnisse, der Verleiher also Arbeitnehmerrisiko und die Anstellung der Belegschaft in der Leiharbeitsfirma ist dann eine mit allen Rechten und Pflichten, mit Urlaubsansprüchen, Weihnachtsgeld und Betriebsrat gebildet, sogar zwei freigestellt von der Firma, zu der ich gleich vielleicht auch noch etwas sagen kann, und sogar, meine Damen und Herren, von der von mir aus jetzt rechten Seite, mit einem gesicherten Einkommen über die gesamte Zeit der Anstellung. Der spannende Unterschied zum Beispiel zu der Leiharbeit in Großbritannien ist, sie kriegen nur Geld, wenn sie in der Arbeit sind. Die Frage für den Leiharbeiter ist es ja oder für den, der in dieser Firma beschäftigt ist: Was passiert denn, wenn im Augenblick durch die Konjunktur oder durch die Situation in der Branche keine Arbeit da ist? Dann ist der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin normalerweise daheim und bekommt in England kein Geld. Das ist klar, das sagen die dort. Ich sage einmal hier, er bekommt auch weiterhin sein Einkommen. Man kann nun über den angestrebten Mindestlohn der Branche streiten, aber 6,22 € als Mindestlohn in Ost- und Mitteldeutschland und zu wissen, es kommt jeden Monat, egal, ob ich in Beschäftigung bin oder nicht, ist also auch schon ein Stückchen soziale Sicherheit, die man einfach nicht so wegwischen kann. Ich habe auch deutlich gemacht, wir müssen hinschauen, mit welchen wir es zu tun haben. Es ist von beiden Kolleginnen und Kollegen angesprochen worden, wenn man mal befragt, wer die Kunden der Zeitarbeitsbranche sind, aus welcher Motivation heraus sie denn Arbeitnehmerüberlassungen nehmen, also Zeitarbeitskräfte nehmen, da sagt ein großer Block, um die 50 Prozent: weil ich in meinem Unternehmen Personal dann habe, wenn ich es brauche. So ein bisschen hat das etwas mit Kündigungsschutz zu tun, wie sie eigene Belegschaften aufbauen können und wie sie flexibel auch auf Spitzen reagieren können. 10 Prozent sagen - es ist eine aktuelle EmnidUmfrage, aus der ich jetzt zitiere: Das Unternehmen kann die Wettbewerbsfähigkeit steigern. Das ist die Frage Fachkräfte, die dahinter steht. Das will ich der guten Ordnung halber auch sagen, 30 Prozent sagen: Ich kann im Unternehmen Kosten sparen. Nun ist das ja per se nichts Schlechtes. Schlecht finde ich nur - und das muss man auch so deutlich sagen -, wenn dieses Instrumentarium nach meinem Dafürhalten im Grundsatz missbraucht wird, um geltende Tarifverträge einfach auszuhebeln, um Belegschaften auszukehren. Aber Sie kennen diese, Herr Blechschmidt, Missbrauchstatbestände immer mal wieder. Ich erinnere, es gab von der Arbeitsverwaltung die Einstellungszuschläge für Frauen beispielsweise aus der Arbeit heraus. Ich habe das selber erlebt, dass Unternehmer mit der Belegschaft zum Arbeitsamt gefahren sind im Bus und haben gesagt, ihr seid jetzt gekündigt und dann geht rein, ich stelle euch wieder ein. Es ist dann ein Reflex darauf, dass die entsprechenden Regeln auch geändert worden sind, dass
man sagt, das Unternehmen muss die Belegschaftshöhe schon eine ganze Zeit auch haben und nicht durch einen Abbau erst die Freisetzung hervorgerufen haben. Das kann man ja dann, glaube ich, auch noch einmal bereden, wie man möglicherweise im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz noch Änderungen herbeiführen müsste, um diesen Missbrauch einzuengen. Ich sage es einmal so, nie werden wir ihn ganz verhehlen. Ich will aber noch einmal deutlich sagen, das unterscheidet uns möglicherweise in der Betrachtung der Branche. Ich sage, es sind normale Arbeitsverhältnisse, es ist auch keine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt, es ist der erste Arbeitsmarkt, nur in einer sehr spezifischen und flexiblen Art und Weise, wie gesagt, auch mit den Möglichkeiten, die dort aufgeführt sind. Es gibt auch andere Branchen. Pendler fahren auch jeden Tag hin und her und leben mit einer gewissen Unsicherheit. Deshalb von mir oder von meiner Fraktion der Antrag, diese spannende Thematik im Wirtschaftsausschuss weiterzuberaten und durch eine Anhörung auch aufzuhellen und dann möglicherweise mit einer Beschlussempfehlung hier in den Landtag zurückzukommen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, da ich mir ziemlich sicher bin, dass durch den nachfolgenden Beitrag von Herrn Minister Reinholz die Fakten auf den Tisch kommen, will ich eigentlich nur auf diesen etwas wenig tiefgängigen Beitrag von Kollegen Schubert eingehen, das Land hat dies in die Welt gesetzt und GA-Mittel verschwendet. Suchen Sie sich mal die Unterlagen heraus; es gab in der Amtszeit von Herrn Minister Schuster sehr wohl eine Potenzialanalyse. Darunter hat zum Beispiel meine Heimatstadt Mühlhausen schwer gelitten. Sie wollte ein Erlebnisbad haben und war in dieser Potenzialanalyse nicht vorgesehen und hat dann - und das ist die eigentliche Crux, die wir jetzt betrachten müssen - auf eigene Kappe angefangen zu bauen, so, wie die kommunale Selbständigkeit es eben zulässt. Also neben den durch die damalige Analyse belegten Standorten - und da sind nicht GA-Mittel verschwendet worden, sondern mit der Gemeinschaftsaufgabe gefördert worden - waren Plätze besetzt worden, die durch andere Bauten, durch die kommunale Selbstständigkeit, Selbstverwaltung dazukamen, wie beispielsweise in Mühlhausen. Gehen Sie in weitere Städte, die in ihren Sportbädern beispielsweise Erlebnisbereiche dazugenommen haben, so dass wir über eine verdammt hohe Bäderdichte mit Erlebnisbereichen verfügen.
Die zweite Geschichte ist: Wenn Sie sagen, Sie haben das alles schon gewusst - toll -, aber dass auch in der Frage der Demographie heute mit anderen Zahlen zu rechnen ist als damals, das will ich der guten Ordnung halber auch noch sagen.
Ich denke, es war insbesondere von der Opposition immer schon die Absicht, gerade die Frage der Erlebnisbäder mit der Bezeichnung „Spaßbäder“ und anderen Verunglimpfungen eigentlich schlechtzureden, und nun müssen Sie sich nicht wundern.
Ja, sicher. Schauen Sie sich doch das an. Ich habe hier an diesem Pult oder noch in dem alten Gebäude, was wir hatten, deutlich gesagt, ja, natürlich sollen die Leute den Spaß beim Baden haben, aber es war doch nicht der Spaß der Landesregierung, Geld in die Landschaft zu setzen, so wie Sie es darstellen, um sich hinterher hinzustellen und zu sagen, nun Kommunen, nun kommt doch mal zurecht mit euren Bädern.
Also, bitte mal wieder zu der Wahrheit zurück. Bei der Errichtung der Bäder war schon eine Konzeption zugrunde gelegt worden, dass man in allen Regionen sowohl der eigenen Bevölkerung ein Angebot unterbreiten kann als auch den Tourismus befördern kann. Wenn sich hier und da die Entwicklung anders dargestellt hat, als damals angenommen worden ist, muss man sich nicht hämisch hinstellen und sich kaputtlachen, sondern da muss man sagen, was können wir denn nun daraus machen,
dass die Bäder entweder privatisiert oder weitergeführt werden können oder im schlimmsten Fall auch nicht mehr betrieben werden können, meine Damen und Herren. Das ist doch im Augenblick die Aufgabe und nicht, sich hier hinzustellen und schadenfroh die Hände zu reiben und zu sagen, das Land hat die Bäder in die Welt gesetzt und GA verschwendet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Schubert, eine tapfere Rede, toll. Respekt und Anerkennung den Beschäftigten zu zollen, das ist okay,
aber dann noch den Eindruck zu erzeugen, man muss nur wollen und man kann das Werk erhalten, die Belegschaft möglicherweise auch im falschen Weg zu bestärken, das will ich Ihnen deutlich sagen. Ich habe Herrn Kollegen Matschie heute früh in Antenne Thüringen gehört, das hörte sich so an: Der Erhalt des Werkes oder der Fahrradproduktion ist an sich eine relativ einfache Geschichte, man muss nur wollen. Diesen Eindruck bedient im Grunde genommen auch ihre Aktuelle Stunde, Aktivitäten der Landesregierung zur Weiterproduktion in der Firma Bike Systems. Wenn das Thema nicht traurig und ernsthaft genug wäre, hätte ich sagen können, wenn Sie den Text lesen, hört es sich so an, als ob Herr Minister Reinholz oder vielleicht Herr Minister Zeh und wer auch immer in die Firma geht und soll mit montieren oder so was. Was an Aktivitäten möglich ist …
Ich komme schon noch mit weiteren Dingen, wo Sie auch sehen, dass sie den Beschäftigten in Nordhausen mit der Bestärkung des falschen Weges überhaupt nicht helfen werden, das werden Sie auch noch feststellen, meine Damen und Herren.
Ja, das haben Sie ja gesagt, und die Wege, die zu unternehmen sind, sind einesteils Investorensuche und zum Zweiten, wenn man auch sieht, dass es schwierig ist, eine Produktion dort zu etablieren, dass man auch sagt, im Interesse der Beschäftigten mit einer Auffanggesellschaft, beispielsweise das, was Sie, Herr Schubert, hier auch genannt haben, die Möglichkeit zu schaffen, dass sie ihren Lebensunterhalt weiter verdienen können, das ist ganz deutlich. Aber, meine Damen und Herren, ich will mit Aussagen von Beteiligten dort deutlich machen, dass das eben nicht mit einem Fingerschnips geht, und schon gar nicht mit dieser sehr plakativen und sehr interessanten Aktion, diese Fahrräder zu bauen, wo sie deutlich wissen, mit diesen Fahrrädern - 1.800 Streikrädern - können sie keinen dauerhaften Marktzugang erreichen. Sie können über den Investor reden, wie Sie wollen, aber immerhin hat dieser Investor im Jahre 2006 1,2 Mio. € Verlust in diesem Engagement gemacht. Das hat er sich vielleicht auch nicht überlegt, als er das übernommen hat. Aber deutlich ist, dass Sie an dieser Stelle mit diesem Standort zumindest nicht marktfähig arbeiten können. Ich will Ihnen mal deutlich sagen, Sie wissen, Herr Rechtsanwalt Jürgen Metz, der den Betriebsrat dort betreut, hat sehr deutlich gesagt zur Produktion in eigener Regie - es ist ein Interview in der „Jungen Welt“ gewesen, wenn Sie vielleicht darauf vertrauen, dass ich mich auf diese Basis beziehe -: „Unter den konkreten Voraussetzungen ist es unmöglich, dort eine Produktion in eigener Regie durchzuführen.“ Das heißt, in der Fahrradbranche muss mit enormen Kapitalressourcen gearbeitet werden, weil kurzfristige Aufträge eingehen, die intensive, kapitalintensive Vorratshaltung brauchen. Auch, meine Damen und Herren, ein anderer Anwalt, und zwar der Insolvenzverwalter, Herr Wutzke aus der Kanzlei Wutzke & Förster, sagt: „Es gibt keine ernsthaften Interessenten, die dort auftreten, weil der Standort von seiner Struktur her sehr schwierig ist.“ Einerseits kein eigener Vertrieb und keine eigene Entwicklung und andererseits Fahrradproduktion nur im Halbjahresgeschäft; im Herbst kommen die Aufträge und im Frühjahr müssen die Räder fertig sein, meine Damen und Herren. So viel zunächst erst einmal zum Umfeld, in dem wir uns bewegen.
Wissen Sie, Herr Matschie, Ihre Ansprache heute früh im Radio habe ich vernommen, wie gesagt, den Eindruck schaffen, ja, das muss nur gemacht werden und dann läuft das. Ich bin recht froh, weil, auch das ist wiederum unverfänglich, Sie haben heute den Ar
tikel und den Kommentar in der „Thüringer Allgemeinen“, den Artikel von Frau Klein „In der Warteschleife“, die darauf hinweist, so sicher ist das noch nicht, dass die Produktion beginnt. Denn das ist eigentlich die Crux: Fahrräder auf Vorkasse produzieren zu wollen, aber die Möglichkeiten noch nicht zu haben, weil man weder über die Hallen noch über das Material verfügt, das ist doch eine andere Geschichte.
Und das Zweite, was Herr Grosser dazu schreibt, dass man eben auch sagt, was will ich: Eine schöne Aktion, die das Herz erwärmt und die auch die Solidarität betrifft mit einer Anarcho-Gewerkschaft, die sich am Ende des Weges nicht einbringen wird, wie es weitergeht, oder sagt, es lässt sich im Augenblick eine effektive Produktion mit den Fahrrädern dort nicht gewährleisten, denn dann müssen sie 200.000 Stück mindestens haben? Das ist zumindest mein Eindruck, den ich aus den Unterlagen von Ihnen gewonnen habe, sich dem Weg, den die LEG beispielsweise aufbaut, zu verwehren, in einer Auffanggesellschaft, wo Fachleute auch in der Region gebraucht werden, beispielsweise dann weitere Arbeit zu finden. Also, ich sage es noch einmal, Herr Kollege Matschie, Sie tun sich selbst keinen Gefallen, denn wenn Sie wissen, wer jetzt die Leute unterstützt, das geht von NPD bis Linksextremismus, dann wissen Sie ganz genau...
Ach, schauen Sie doch einmal in die Unterlagen dieser Union hinein, da kommen Sie doch überhaupt nicht gut bei weg.
Sie machen doch falsche Hoffnungen am Ende des Weges.
Ja, Sie finden aber keine Lösung, wenn Sie den Leuten nicht reinen Wein einschenken, und deshalb sage ich deutlich, man muss auf das, was machbar ist, hindeuten und die Möglichkeiten der Landesregierung, die sowohl über den Minister als auch die Landesentwicklungsgesellschaft dargestellt werden, nutzen. Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Becker, möglicherweise haben Sie sich versprochen, weil Sie uns aufforderten, mit in die Polemik einzustimmen.
Gut, wenn Sie Polemik machen wollen und das sogar noch zugeben, dann fällt es mir noch leichter, weil, ich gebe schon zu, da ist Polemik im Gange. Wenn Sie sagen, warum die IG Metall dort nicht auftritt, die kommt nicht zu Fuß, weil das eine andere Entwicklung genommen hat. Gehen Sie mal auf die Internetseite und schauen Sie mal bei Bike Systems. Da ist Ruhe. Aber gehen Sie mal auf die Internetseite „Strike-Bike“, da sehen Sie eine Betätigung in dem Internet, linksextremistisch und was für Truppenteile, da wird mir als ehemaligem DDR-Bürger angst und bange, wenn ich das sehe. Ich sage Ihnen nur mal, Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union, die haben plötzlich ein Feld entdeckt, wo sie mal Klassenkampf spielen können auf den Schultern der Arbeitnehmer. Das will ich Ihnen deutlich sagen. Wenn Sie nur mal hineinschauen - und deshalb wundert es mich, warum Sie jetzt in dieser Schiene so verfahren -, was diese freie Gewerkschaft oder Anarchogewerkschaft sagt: „Betriebe und Ausbildungsstätten sind zentrale Orte unseres Widerstandes.“ Jetzt, Herr Matschie, wieder in Ihre Richtung: Der DGB - das ist nun mal eine Gewerkschaft, die ich auch sehr schätze - ist für uns keine neue Heimat. Wir halten es für aussichtslos, mit dem DGB Revolution, Klassenkampf, Organisation machen zu wollen. Das ist das Umfeld und das beklage ich. In der Zeitung steht es: Sie sind falschen Propheten hinterhergelaufen. Ich habe beide Anwälte zitiert, um deutlich zu machen, es ist
verdammt schwierig an dieser Stelle, Fahrradproduktion zu organisieren. Die Zeitung schreibt heute: „Die Produktion von Fahrrädern am Standort Nordhausen langfristig aufrechtzuerhalten, ist zum Scheitern verurteilt.“ Ich kann es nur so sagen, was man dort feststellt. Der Korrespondent schreibt: „Das ist bitter. Aber am Ende erhält er Stellen.“
Meine Damen und Herren, warum ich mich jetzt insbesondere noch mal gemeldet habe, weil Herr Kollege Buse sagte, wissen Sie, was da läuft. Ich habe extra noch mal mit dem Kollegen Manfred Grund gesprochen, der mir signalisiert hatte, er hatte am 2. Oktober ein Interview mit dem holländischen Sender RTL und dieses ist dann am 3. Oktober auch ausgesendet worden. Wenn das öffentlich dargestellt wurde, glaube ich das auch so: Er hat bei seinem Besuch deutlich gemacht, dass er durch seine Beziehungen oder durch seinen Erfahrungshintergrund einen chinesischen Investor in Aussicht gestellt hat, und zwar ging es darum, hochwertige Sporträder zu fabrizieren aus Carbon. Wie das nun so ist, so denke ich, war es auch deutlich, sollte vom Betriebsrat bzw. insbesondere von Herrn Rechtsanwalt Metz ein Exposé erstellt werden, damit der Investor auch sagen kann, auf was er sich einlässt. Dieses Exposé hat es nie gegeben. Nun gehe ich in den Originalton, Herr Kollege Grund sagt, er hatte den Eindruck, dass zu diesem Zeitpunkt größeres Interesse an einem Sozialplan als an einem Investor herrschte, meine Damen und Herren. Da muss man nun mal schauen, in welche Richtung man laufen will, wenn Sie schon sagen, was macht die Landesregierung. Wenn es dann schon Absichten von Investoren gibt, dann kann ich nicht noch sortieren, das ist der Richtige oder nicht der Richtige oder ich muss dann noch hineingehen. Deshalb wollte ich das nur einmal so deutlich sagen. Wenn es dann am Ende des Weges - das war das, was ich von den Anwälten hier gesagt habe - keine Aufträge gibt, wenn es keine Produktion zu leisten gibt, dann kann man auch der Belegschaft nicht diese Hoffnung geben und ihnen damit die Chance, in anderen Arbeitsverhältnissen unterzukommen, letztendlich nehmen, meine Damen und Herren. Das wollte ich hier auch noch einmal deutlich bemerken.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist schon verwunderlich, da werden Aktionstage geschmiedet und gebündelt, aber es will keiner reden zum Mindestlohn. Also fange ich mal an.
Wo denn? Ihr Chef ist ja gar nicht da, der sonst dafür kämpft.
Ich möchte meine Ausführungen zu diesem Antrag der SPD-Fraktion damit beginnen, dass mich die notorische Unbelehrbarkeit und die ignorante Ablehnung unserer Argumente sehr ärgern. Es kommt also wieder der Antrag, der ja im Grunde genommen für diese Aktionstage aufgewertet wurde, es ist nämlich der alte Antrag aus den letzten Plenarsitzungen und nicht für den jetzigen Aktionstag und für die Demo eingebracht, also der Irrweg Mindestlohn kommt wieder. „Wörter, die so harmlos klingen, können wie Waffen sein“, meine Damen und Herren, habe ich letztens gelesen. „Mindestlohn“ ist so ein Wort. Ist es denn nicht nur gerecht, wenn die Politik mit einem gesicherten Mindestlohn dafür sorgt, dass auch in den unteren Lohngruppen ein Einkommen erzielt wird, das den Menschen ermöglicht, ein Leben mit der Würde eines wirtschaftlichen Mindeststandards
zu führen? Wer darauf mit einem entschiedenen Nein antwortet, der gerät leicht in den Verdacht, er wolle der Hemdsärmligkeit der Starken das Wort reden und habe keinen Sinn für den sozialen Schutz der Schwachen.
Mir ist bewusst, dass die Forderung nach Mindestlöhnen durchaus Zuspruch findet. Wenn allerdings Politiker davor warnen, dann nicht, weil sie den Unmut der Bürger auf sich ziehen wollen, sondern aus Verantwortung für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Wer sich dem Argument nicht beugen will, der Mindestlohn sei doch ein marktkonformes Instrument praktizierter Solidarität, dem wird vorgehalten, er vertrete die Prinzipien eines Ellenbogenkapitalismus, dem jegliche Solidarität ein Fremdwort sei.
Aber ich werde mich auch weiterhin nicht einschüchtern lassen. Für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns gibt es kein überzeugendes, nicht mal ein passables Argument. Selbstverständlich ist es unser Ziel, dass alle, die arbeiten wollen, eine Arbeit finden, mit der ein Einkommen zu erzielen ist, mit dem so etwas wie ein landesüblicher Standard der Lebensführung und -vorsorge erreichbar ist. Darüber muss man nicht streiten. Das Anliegen, dass diejenigen, die Vollzeit arbeiten, von ihrem Einkommen auch leben können und deutlich mehr bekommen als das Existenzminimum, unterstütze ich, unterstützt meine Fraktion. Es geht aber vor allen Erwägungen rund um diese oder jene Vorstellung von einem angemessenen Einkommen darum, ob mit einem als verbindlich geltenden flächendeckenden Mindestlohn der Beschäftigungsmisere in den unteren Qualifikationsbereichen beizukommen ist. Das Signal, jetzt einen Mindestlohn einzuführen, weist in allen Belangen in die falsche Richtung - ökonomisch, weil der gesetzliche Mindestlohn die kostenbedingte Arbeitslosigkeit erhöht; finanzwirtschaftlich, weil der Staat die durch den Mindestlohn verhärtete und steigende Arbeitslosigkeit aus Steuern und Krediten zu alimentieren hätte; politisch, weil der Staat unvermeidbar zum gegnerschaftlich bestreikten Partner würde, wenn der Mindestlohn nicht zur Zufriedenheit der Gewerkschaften geriete. Man kann es drehen und wenden, wie man will, mit dem gesetzlichen Mindestlohn gerieten Staat, Gesellschaft und Wirtschaft auf eine Rutsche, die ökonomisch und politisch nicht dahin führt, wo Wohlstand und Gerechtigkeit zu Hause sind. Der gesetzliche Mindestlohn weist einen verhängnisvollen Irrweg. Es ist außerdem unredlich, Deutschland mit seinen starren Arbeitsmarktregeln und hohen Lohnzusatzkosten mit Ländern wie Großbritannien zu vergleichen, denn diese Länder haben ein nicht mit Deutschland vergleichbares Sozialsystem. Ein Mindestlohn von 6,50 € pro Stunde bringt
den Beschäftigten netto nur etwa 4,80 € Stundenlohn, kostet die Arbeitgeber aber mehr als 8,60 € pro geleisteter Arbeitsstunde. Das war auch einer der Gründe, weshalb das Konzept des solidarischen Bürgergeldes entwickelt wurde. Es ist eine echte Alternative zum Mindestlohn.
Statt Arbeitsplätze zu vernichten, schafft es allein im Niedriglohnbereich über 1 Mio. Vollzeitarbeitsplätze, aber es bringt auch den Beziehern niedrigerer Einkommen mehr. Ab einem Stundenlohn von 2,15 € hat ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin in Verbindung mit dem solidarischen Bürgergeld von 800 € abzüglich 200 € Gesundheitsprämie ein höheres Einkommen als bei einem Mindestlohn von 6,50 €. Bei einem Stundenlohn von 4,50 € hat ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin in Verbindung mit dem solidarischen Bürgergeld sogar ein um 190 € höheres Monatsnettoeinkommen als bei einem Mindestlohn von 6,50 €. Die Grundlage hierbei bilden 160 Monatsarbeitsstunden. Das heißt, meine Damen und Herren, ein Mindestlohn vernichtet nicht nur Beschäftigung, er stellt die Beschäftigten auch schlechter als ein garantiertes Mindesteinkommen für alle. Fachleute warnen zu Recht vor der Einführung von Mindestlöhnen, weil diese Arbeitsplätze gefährden. Gerade die Debatte um einen Mindestlohn unterstreicht, wie wichtig es ist, eine klare Alternative zu diesem ökonomisch gefährlichen Weg zu haben. Die ordnungspolitische Begründung des Unsinns Mindestlohn trägt leider bei den Menschen aus unterschiedlichen Gründen nicht - daher klare Ansage: Wer in Vollzeit arbeitet, muss existenzsicherndes Einkommen bekommen. Und da sage ich: Mindesteinkommen statt Mindestlohn,
weil es Wachstum und Beschäftigung schafft, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern netto mehr bringt und vor allem die notwendige Solidarität der Gesellschaft sichert. Man kann wohl nicht oft genug daran erinnern, wie frisch die Grundeinkommensdiskussion in Deutschland noch ist. Dass sie jetzt bereits eine wichtige Rolle in der Programmdiskussion der CDU spielt, haben wohl die wenigsten erwartet. Unter der Leitung unseres Ministerpräsidenten Dieter Althaus ist Mitte September in der CDU die Kommission „Solidarisches Bürgergeld“ zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Die Kommission soll das Thema „Solidarisches Bürgergeld“ sachlich begleiten und weiterentwickeln. Auf der Agenda stehen Fragen der Finanzierung, der moralischen und rechtlichen Beurteilung vor dem Hintergrund der langfristig ohnehin notwendigen Veränderungen im Steuer- und Sozialsystem. Ich erinnere daran, dass der Vorsitzende des DGB Thüringen die
sen Vorschlag „solidarisches Bürgergeld“ als interessanten Vorschlag eingestuft hat. Es geht also dabei nicht mehr nur darum, ob ein Grundeinkommen eingeführt werden soll, sondern gleichzeitig auch darum, wie ein einhergehender Umbau der sozialen Sicherung ausgestaltet werden könnte. Dabei hat das Grundeinkommenskonzept gegenüber den bestehenden Sozialversicherungssystemen den Vorteil, dass es nicht über den Faktor Arbeit finanziert wird und der bürokratische Aufwand, wie er mit der Sozialversicherungsverwaltung verbunden ist, nahezu vollständig entbehrlich wäre. Das ist einerseits erfreulich, weil dadurch eine Realisierung eines Grundeinkommens tatsächlich näher rückt, andererseits sind sicherlich manche erschrocken, was mit einer visionären Forderung passieren kann, wenn sie erst einmal von Parteien für sich vereinnahmt wird. In den Sog der Realpolitik geraten, kann es dabei urplötzlich vorrangig um Fragen der kurzfristigen Finanzierbarkeit und realpolitischer Machbarkeit gehen, hinter denen die Ursprungsforderung der strukturellen Reform der Sozialsysteme nur noch schwer erkennbar ist. Das ist ein Bohren dicker Bretter und braucht Zeit, zumal bei anderen Parteien in dieser Frage entweder Ablehnung oder merkwürdige Stille herrscht. Auch die Thüringer SPD kann immer nur das Plakat „Mindestlohn“ hochhalten und der Versuch, dieses zum Mobilisierungsthema für den nächsten Bundestagswahlkampf zu machen, ist unübersehbar. Doch glauben Sie mir, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, einen Wettbewerb über die Höhe des Mindestlohns werden Sie gegen den Salon-RobinHood Lafontaine immer verlieren.
Nun hat die Berliner Koalition in Meseberg im August einen Kompromiss gefunden, um für die aktuelle Situation Antworten zu finden. Ich bin mit dieser Lösung nicht zufrieden. Die Probleme will ich gleich noch schildern. Wenn aber in Umfragen zwei Drittel der Deutschen für Mindestlohn sind, wenn aber die Probleme mit Hartz IV wachsen, die Zahl der Aufstocker rasant zunimmt, muss Politik handeln, bis Reformen wie das Bürgergeld greifen können. Der Mindestlohn-Kompromiss der Großen Koalition sieht die Ausweitung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und die Anwendung eines aktualisierten Mindestarbeitsbedingungsgesetzes als branchenbezogenes Verfahren für Lohnuntergrenzen vor. Wir stehen zu diesem Kompromiss mit Bauchschmerzen, meine Damen und Herren. Nur die SPD ist wortbrüchig - wie versprochen, so gebrochen. Der SPD-Bundesvorsitzende Beck, der ja wohl bei den Koalitionsverhandlungen eingebunden ist, bringt als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz einen Gesetzentwurf für flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in den Bundesrat ein. Meine Damen und Herren, das ist Bruch der Vereinbarung.
Auch die Berliner SPD fordert einen allgemeinen Mindestlohn von 7,50 €. Ich darf nur daran erinnern, dass in Berlin die Tarifauseinandersetzungen für den eigenen öffentlichen Dienst mit ver.di laufen. Ver.di fordert von Herrn Wowereit, dem Bürgermeister, mehr soziale Gerechtigkeit für gute Arbeit. Also auf der einen Seite solche Gesetze in den Bundesrat einzubringen, aber selber mit den eigenen Beschäftigten nicht sehr pfleglich umgehen!
Meine Damen und Herren, alles Wahlkampfvorbereitung für das vermeintlich die eigene Wählerklientel mobilisierende Thema „Mindestlohn“.
Ich darf Sie daran erinnern, dass Sie sehen, wo man hinkommt bei dieser Auswertung mit dem Mindestlohn. Morgen, glaube ich, wird wegen des Mindestlohns mit Blick auf die Post wieder im Bundesrat diskutiert. Sie können in den Medien verfolgen, wie schwierig gerade der Umgang mit diesem Tarifvertrag ist, den das ehemalige Monopolunternehmen mit ver.di ausgehandelt hat. All diejenigen, die sozusagen die Postkonkurrenz darstellen, die neuen Postdienstleister, sind natürlich in diesen Tarifvertrag gar nicht einbezogen und sagen sehr wohl, wenn der für allgemeinverbindlich erklärt wird, dass mindestens 20.000 Arbeitsplätze in den neuen Dienstleistungen verlorengehen. Florian Gerster, der Chef des Arbeitgeberverbandes Neue Brief- und Zustelldienste, hat dieses gesagt.
Wem das noch nicht ausreicht, dem will ich gleich dazu sagen, auch der Einzelhandel kritisiert gerade diesen Mindestlohntarif, diese Mindestlohndebatte, weil der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels mehr als 10.000 Postagenturen und Servicestellen durch diesen Mindestlohn gefährdet sieht. Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung greift nach Auffassung des HDE in die Tarifzuständigkeit des Einzelhandels ein. Um der ganzen Sache noch eine Krone aufzusetzen, meine Damen und Herren, können Sie lesen, dass nun sogar noch versucht wird, eine eigenständige Gewerkschaft zu gründen, nämlich die Gewerkschaft der neuen Brief- und Zustelldienste e.V. mit Sitz in Köln, um als eigener Tarifpartner auch dort Tarifverträge zu machen.
Meine Damen und Herren, ein wunderbares Chaos, was durch solche Fragen dann auch angerichtet wird. Ich will Sie nur daran erinnern, wenn Sie sagen, die neuen Dienstleister würden mit Dumpingpreisen vielleicht arbeiten: Nein, die eigentliche Ursache, warum die unterschiedliche Löhne haben, liegt doch darin, dass die alte Post, jetzt nicht mehr Monopol, beispielsweise keine Mehrwertsteuer zahlen soll, 19 Prozent. Die bekommen das schon zusammen, warum die einen 8,90 € verlangen und die anderen mit 6,50 € rechnen. Denn das ist so in etwa die Dimension, in der wir uns in Ost- und Mitteldeutschland be
wegen. 19 Prozent, also keine Mehrwertsteuer, dann ist das natürlich klar, dass man neben all diesen gesetzlichen Problemen, die man damit hat, zu unterschiedlichen Ergebnissen kommt.
Meine Damen und Herren, nachdem ich Ihnen meine und unsere Bauchschmerzen auch mit diesem Kompromiss vorgetragen habe, möchte ich nochmals sagen, wir stehen aber zu dem Kompromiss und werden sehen, was dabei rauskommt.
Ich will nur in Richtung der Kollegen der SPD sagen: Wenn der Herr Ministerpräsident Beck dann zu diesem Thema im Bundesrat aktiv ist, wird er dann hoffentlich da sein. Denn bei seiner letzten Aktion „Anreizregulierung“ hat man ja von diesem Bundesland überhaupt keinen Vertreter gefunden zu den eigenen Anträgen.
Aber man wird ja aus Erfahrung vielleicht schlau.
Frau Kollegin Taubert, zum Antrag Ihrer Fraktion für einen flächendeckenden Mindestlohn in Deutschland noch Folgendes: Die SPD ist also auch auf diese - ja, wie soll ich mal sagen - wortbrüchige Linie ihres Bundesvorsitzenden eingeschworen. Ihr Antrag besteht aus drei Teilen. Der Punkt I beschreibt mit Wortmalerei Normalitäten und irrige Vorstellungen der SPD. Der Punkt II will die Landesregierung zum Bruch des Kompromisses der Großen Koalition auffordern und den Antrag von Rheinland-Pfalz im Bundesrat unterstützen. Dann ist klar, dass ich Punkt I und Punkt II im Namen meiner Fraktion natürlich ablehne.
Beim Punkt III will ich einen Augenblick noch verweilen. Rein formal ist er eine Blüte schlechtester Parteitagsprosa. Der Landtag bekräftigt, dass möglich und erwünscht ist, was die Koalition in Meseberg vereinbart hat - toll -, und weiter, dass diese Vereinbarung des Mindestlohnkompromisses vom Landtag unterstützt wird. Prima!
Nun noch einmal zurück: Gerade in den Punkten I und II wurde zum Bruch der Vereinbarung aufgefordert, also auch klar eine Ablehnung des Punktes III. Die Debatte um den Irrwegantrag „Mindestlohn“ der SPD-Fraktion unterstreicht, wie wichtig es ist, eine klare soziale Alternative zu diesem ökonomisch gefährlichen Weg zu haben. Ich bin für ein Mindesteinkommen statt eines Mindestlohns, weil es Wachstum und Beschäftigung schafft, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern netto mehr bringt und vor allem die notwendige Solidarität der Gesellschaft sichert. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich hatte mit dem Blick auf den späten Zeitpunkt meine Ausführungen sehr konzentriert vorgetragen, um insbesondere, Herr Kollege Pilger, die von Ihnen schablonenhaft vorgestanzten Argumente eines Pro für den Mindestlohn nicht mit einem Kontra zu verbinden. Ich habe gerade gestern oder heute in der Zeitung gelesen, auch Journalisten meinen, es sind Totschlagargumente, die die Diskussion nicht bewegen. Ich hatte also versucht, mit meinem Vortrag sicher die Gemengelage zu beschreiben, aber auch zu sagen: Wir haben als Union einen Weg, wie wir auf der Stelle vorankommen und etwas bewegen können. Sie haben schon recht, das, was sozial hinter
dieser Frage steht, bewegt die Männer und Frauen meiner Fraktion ganz genauso.
Was mich aber wirklich ärgert und deshalb habe ich mich noch mal gemeldet: Wenn ich Ihnen in wenigen Worten ein paar volkswirtschaftlich von führenden Fachkräften auch benannte Tatsachen hier anbei gebe, dann tun Sie es ab in einer schnodderigen Art wie „volkswirtschaftlich verbrämt“. Im Übrigen, ich sage, das sind ganz aktuelle Dinge, die ich Ihnen jetzt natürlich vortrage, weil, das lasse ich nicht auf mir sitzen, denn ich bereite mich auf solche Dinge vor, indem ich Ihnen auch die entsprechenden Unterlagen und Aussagen bringe.
Im Übrigen sind es auch Leute, die zum Beispiel Ihrer Partei angehören, die einen klaren Standpunkt aus einer wissenschaftlichen Betrachtungsweise heraus zu dem Mindestlohn haben. Das müssen Sie sich jetzt anhören. Ich erinnere mal daran, dass in dem Jahresgutachten 2006/2007, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die Überschrift steht „Mindestlöhne ein Irrweg“ - verbrämte Volkswirtschaftler, sehe ich ein. Das muss man wahrscheinlich nicht akzeptieren, wenn man wie Sie nur eine steife Brille drauf hat und meint, das, was auf Ihrem Zettel von Ihren Kollegen aufgeschrieben ist, sagt man, egal an wen es geht. Das hat mich auch geärgert, das wissen Sie auch.
Wenn Sie sagen, ich wüsste nicht, wie das ist, wenn man nur mit 640 oder 450 € zurechtkommen muss, dann ist das eine bodenlose Gemeinheit, mir so etwas zu unterstellen, und das wissen Sie auch.
Nun aber wieder zu dem ernsteren Teil zurück - Thomas Straubhaar: „Mindestlohn ist in Deutschland schädlich.“ Da können Sie sagen, der kennt den Althaus, der hat hier was von Hamburg und hier in Erfurt gemacht.
Axel Börsch-Supan, Universität Mannheim, auf die Frage: Was halten Sie von einem Mindestlohn in Deutschland? Antwort: „Ein Mindestlohn in Deutschland ist bis zur Höhe des impliziten Stundenlohns Arbeitslosengeld-II-unschädlich, ab jeder Höhe deswegen darüber schädlich, da haben wir gesagt, es existiert im Grunde genommen Mindestlohn im Bereich Arbeitslosengeld II.“