Sie habe ich noch vor Augen, Kreisstadtentwicklung, Sie haben sich da nicht mit Ruhm bekleckert. Sie sind nicht nur klein, sondern Sie waren damals sehr kleinmütig, statt sich herauszuhalten.
Also, wenn ich Ihnen sagen soll, ob ich das von Dr. Dietz richtig fand, dann sage ich nein, aber das hat doch nichts damit zu tun, dass wir nicht alle durchgestanden haben. Wir haben als einzige Fraktion mit der FDP, die es heute nicht mehr im Landtag gibt, eine Gebietsreform begonnen und eine durchgestanden und Herr Schuster hat die Tomaten in Sonneberg und in Hildburghausen abbekommen, von denen Christine Lieberknecht gesprochen hat, aber aus Fairness nicht gesagt hat, welche Frucht es war. Das heißt, wir haben das getan. Natürlich ist die Frage berechtigt an Frau Taubert: Sie sagen vor Ort Ihren Landräten nicht, dass sie nicht mehr existieren. Ich rede mit Frau Philipp, die findet Ihre Vorstellung blödsinnig.
Aber ganz gewiss! Sagen Sie nicht nur mit Ihren vagen Sprüchen 200.000, sagen Sie ganz konkret, wie Ihre Kreiskarte aussieht, und schreiben Sie dann auch, wo der Kreissitz ist, und sagen Sie auch, wo die Ämter konzentriert sind. Das hieße, visionäre Verantwortung übernehmen. Stattdessen ergehen Sie sich in Sprüchen, in Forderungen ohne Konkretisierung.
Dann unterscheidet uns aber auch ganz Grundsätzliches. Es mag sein, dass auch in meiner Partei Leute anders denken. Aber ich bin auch berechtigt, eine eigene Meinung zu haben, und die sage ich in aller Konsequenz. Für mich wird es diese großvisionäre Struktur in Thüringen, solange ich Verantwortung habe, nicht geben, weil ich sie für Blödsinn halte.
Ich weiß, dass die Sozialisten meistens strukturverliebt sind, immer Strukturänderungen. Ich habe das jetzt gelesen, Sie wollen auch die Bildungs
struktur verändern - immer Verändern der Struktur. Es kommt auf die Inhalte an, es kommt auf die Art und Weise des Machens an, nicht nur auf die Struktur. Mit der Strukturdebatte, weiß ich, kann man schnell einen Abend bewältigen, wunderbar. Kommt ein Problem auf, jawohl, wir müssen die Struktur ändern! Aber nach der Änderung der Struktur ist man wieder in der Ebene und muss sich wieder dieser Mühe unterziehen, die Inhalte zu prägen. Es bleibt dann die gleiche Aufgabe, ob Sie zehn Kreise haben, 17 Kreise haben - wie immer -, trotzdem müssen Sie den KFA verhandeln. Das heißt, ich würde Sie herzlich bitten, wenn Sie so etwas sagen, es doch so konkret zu machen, damit wir in Sömmerda, in Sondershausen und wo wir überall sind, sagen können, wir als Union wollen gern, das dieser Kyffhäuserkreis, der sich schwer genug findet, erhalten bleibt und seine Identität ausprägt. Wir wollen ihn wirtschaftlich stärken, wir wollen durch Infrastruktur dazu beitragen, dass die Menschen in Artern, in Sondershausen, in Bad Frankenhausen genauso wie in Wiehe gut leben können. Wir wollen das im Unterschied zu der PDS, die euch in Nordthüringen integriert mit einem Großkreis, der im Eichsfeld beginnt und an den Erfurter Stadtgrenzen endet. Wir wollen das im Unterschied zur SPD - wie, weiß ich nicht, es sei denn, es wird dann eine Vorlage von Ihnen kommen. Das ist dann ein fairer Wahlkampf und nicht nur einer mit Sprüchen auf der einen Seite und mit Realitäten auf der anderen Seite. Man kann nämlich gegen Sprüche argumentieren, aber man kann die Menschen überzeugen, wenn man ihnen unter diese Sprüche eine konkrete realisierbare, umsetzbare Konzeption legt. Wenn Sie das fertigbringen bis 2009, ist mir vor dem Wahlkampf überhaupt nicht ungewiss. Ich denke, diese Diskussion führen die Thüringerinnen und Thüringer gern, weil sie in aller Regel gern in ihren Regionen verwurzelt sind und nicht die Anonymität lieben, sondern gerne die Nachbarschaft.
Sie haben weniger Kommunalpolitiker, deswegen haben Sie die Erfahrungen nicht. Ein Kreistagsmitglied möchte gern wissen, über was es entscheidet. Ich habe das Beispiel schon mal gesagt. Vom fränkischen Raum nach Eisenach zu fahren, um mit zu entscheiden, dass in Treffurt die Schule schließt oder nicht schließt, das macht keinen Spaß, das ist keine ehrenamtliche Arbeit mehr. Das sind Bezirksstrukturen. Wir brauchen die Nähe auch zum Problem. Dann lassen Sie uns darüber nachdenken, wie man die Kreise effizienter macht, wie man dafür Sorge trägt, dass sie - so wie auf Landesebene auch - mit Effizienz die Aufgaben erfüllen, die möglich sind. Das tun wir gerade, indem wir kommunalisieren und die Landkreise stärker machen. Ihre abstruse Theorie endet am Ende auch in einer Ländergebietsreform, weil Sie davon ausgehen, Größe ist gut, Kleinheit ist Schwä
che. Wenn Sie diese Theorie haben, bitte schön, ich teile sie nicht. Sie ist auch durch nichts bewiesen. In Europa beweisen gerade die kleinen Länder derzeit, dass sie besonders munter und erfolgreich sind.
In Deutschland beweisen die Regionen, die sich in ihrer Grundstrukturierung aus der Historie heraus erhalten haben, dass sie am erfolgreichsten sind. Gehen Sie in die Nachbarschaft nach Bayern, dort können Sie das sehen, ob Sie im Coburger Land sind oder ob Sie in Oberstdorf sind - das ist eine gewachsene Struktur, in die man mal eingegriffen hat, aber nicht, wie Sie wollen, alle paar Jahre eingreift und mit dem Zirkel neue Strukturen schafft. Günther Beckstein hat das vor einer gewissen Zeit noch mal sehr deutlich gemacht, es gibt in Bayern zum Beispiel die Vergleiche zwischen größeren und kleineren Strukturen. Er hat sehr deutlich gesagt, es gibt überhaupt keine Erfahrungen, dass die kleine Struktur teurer und die große Struktur preiswerter ist; denn je größer die Struktur - und das ist nun wirklich eine Erfahrung, die auch viele aus der eigenen Lebenswirklichkeit mitnehmen -, desto anonymer wird sie und umso teurer wird sie. Wir brauchen also auch einen vernünftigen Mix. Ich gebe gerne zu, dass wir auch Änderungen brauchen, das sagen wir, wir arbeiten auch daran. Wir brauchen in der Frage der Zuständigkeit auch auf der gemeindlichen Ebene neue Vereinbarungen. Aber da wollen Sie immer eine Perspektive wissen, die ist aufgeschrieben: 5.000. Die ist auch im Gesetz fixiert. Sie haben sich jetzt angenähert, weil Sie gemerkt haben, dass mit 8.000 und 10.000 wohl die Probleme mit Ihren Mitgliedern noch größer würden. Ich habe gesehen, im Programm sind Sie jetzt auch auf 5.000 gekommen. Also, danke schön, da sind Sie jetzt bei uns angekommen. Die Größe ist doch fixiert.
Ich habe vorhin Gemeinden genannt, allein in diesem Jahr etwa 40, die den freiwilligen Weg gehen, und im nächsten Jahr werden wir das ebenfalls anbieten.
Was ist wirklich neu bei dem, was Sie aufgezählt haben, oder was habe ich nicht erwähnt von dem, was Sie gesagt haben? Ich glaube, dass ein Stück weit Ihr Grundprinzip ist, die Allgemeinplätze, die Sie aufbereitet haben, immer wieder zu ritualisieren. Sie waren so ähnlich aufgestellt wie beim letzten Mal und Sie ignorieren immer, was wir jetzt in den letzten drei und - ich möchte gern auch sagen - in den letzten 16, 17 Jahren gemeinsam auf den Weg gebracht haben. Nun muss die Opposition ja auch unstreitig den Finger in die Wunde legen, aber sie sollte wenigstens so fair sein, dass sie das, was auch erledigt ist, was erfolgreich ist, nicht immer nur abtut und
sagt, damit haben Sie aber nichts zu tun, sondern, natürlich ist der Erfolg immer ein gemeinsamer - das habe ich auch sehr deutlich gesagt -, Wirtschaft, jeder einzelne Bürger, Kommune, aber auch Landespolitik. Sonst wären doch die Unterschiede in den neuen Ländern nicht inzwischen so deutlich, sonst wären die Unterschiede in Deutschland auch nicht so deutlich. Warum gibt es im Länderfinanzausgleich kaum Länder, die einzahlen, sondern fast nur noch Länder, die bekommen? Weil Politik unterschiedlich wahrgenommen wurde und wir wollen gern in Thüringen dazu beitragen, dass in den nächsten 12, 13 Jahren die Kräfte so angesammelt und gestärkt werden, dass wir dann auch selbstständig agieren können, denn 53 Prozent eigene Steuerkraft reicht noch nicht, das heißt nämlich, zu 47 Prozent kommt Geld von Dritten. Da haben wir noch einen langen Weg vor uns, den wir auch nicht allein bestreiten können, da hängen wir natürlich von der nationalen Konjunktur ab und natürlich von der nationalen Steuerentwicklung, weil das hier im Landtag nicht ein einziger beschließen wird, sondern das ist nationales Recht. Da hängen wir auch von der Sozialentwicklung in Deutschland ab und auch von der europäischen. Aber die Wahrheit muss doch gesagt werden: 53 Prozent eigene Einnahmen und der Rest sind Bundeszuweisungen, Europazuweisungen, Länderfinanzzuweisungen und ein kleiner Bestandteil noch mit rund 300 Mio. € Verwaltungseinnahmen. Das heißt, davon müssen wir ausgehen. Sie nicht, Sie machen Opposition, Sie sagen den Menschen, was sie gerade hören wollen. Aber wir müssen davon ausgehen. Wir haben nicht irgend so eine Quelle, die sprudelt, sondern das ist die Grundlage. In den letzten Jahren haben Sie uns ständig verklopft, warum wir Reformen machen, warum wir Gesetze novellieren. Natürlich haben wir bei den Kindertagesstätten eine Reform durchgeführt, das heißt auch Einsparen, aber es zeigt sich im Ergebnis, die Qualität stimmt, das Bedarfsangebot wird gedeckt
und zusätzlich haben wir Geld für Familien bereitgestellt, Investitionspauschale, Familienstiftung etc.
Wir müssen auch ganz allein entscheiden, dass die Strukturveränderungen bei Kultur, bei Theatern und Orchestern das Aufwachsen in den nächsten Jahren in den Griff bekommen lässt. Es geht nicht um 50 oder 60 Mio. €, es geht darum, dass, wenn wir nichts ändern, 15 bis 20 Mio. € mehr notwendig sind nach 2009, um die heutige Struktur zu erhalten. Deswegen brauchen wir Strukturveränderungen. Sie laufen auch sehr gut, Gera-Altenburg ist ein hervorragender Verbund,
gegen den Sie auch kräftig gewettert haben. Heute läuft dieser Verbund gut, qualitätsvoll und für beide Standorte. Man braucht diese Strukturveränderung, einmal, um die Qualität unserer Thüringer Orchester und Theater zu erhalten, aber wir brauchen sie auch deshalb, weil wir, anders als Sie, uns auch rechtfertigen müssen. Wenn in der Föderalismus-II-Diskussion Länder betrachtet werden, dann werden auch ihre Einnahmen und Ausgaben betrachtet. In diesem Benchmark wollen wir glaubwürdig sein. Wir wollen sagen, das, was wir da für Kultur einsetzen, gehört zum Fundament Thüringens, das brauchen wir. Aber wir wollen auch sagen, wir haben uns bemüht, durch Strukturveränderungen eine realistische Anpassung zu organisieren. Wir wollen sagen können, was wir einsetzen für Bildung, für Hochschulen, für Forschung ist verantwortbar. Wir können nicht, wie manche Kollegen das gern tun, sagen, ihr müsst das finanzieren. Das ist nicht Aufgabe der Nation, das ist Aufgabe des Landes. Jeder hat da eine eigene Verantwortung für sein Land. Wir nehmen die jetzt schon sehr lange wahr, das ist richtig, aber ich finde, man kann auch die Erfolge sehen. Man kann sehen, dass Thüringen blüht, man kann sehen, dass die Struktur gegriffen hat. Die Branchen sind identifiziert, aber Sie wollen von uns einen Branchenkatalog, da gäbe es heute N3 gar nicht. Wir müssen doch offen sein für Neues. Das, was sich heute entwickelt, gab es vor zwei Jahren noch gar nicht. In jedem Jahr entstehen neue Entwicklungen - MP3 - vor zehn Jahren noch ein Traum. Keine deutsche Firma hat sich bereit gefunden, dieses Projekt in Deutschland umzusetzen. Dann ist Fraunhofer nach Asien. Das heißt, wir müssen offen sein. Da kann man sagen, Biotechnologie, Medizintechnik, Informatik, Automobil- und Automobilzulieferindustrie usw., das sind entscheidende Säulen, auf denen unsere Wirtschaft steht - unstreitig. Trotzdem muss man immer offen sein für die Entwicklungen, die sich ergeben, die Netzwerke im Mittelstand knüpfen mit Forschung, mit Technologie, mit Hochschulen. Genau das will das Konzept, was wir vorgestellt haben. Das ist auch visionär. Ob es sich genau erfüllt, hängt von dem ab, was wir morgen und übermorgen tun und was sich auch an äußeren Rahmenbedingungen verändert. Da sind wir nicht ganz allein am großen Steuerknüppel. Deswegen bitte ich Sie einfach, mit einer gewissen Fairness zu sehen, dass diese Entwicklung, die sich in Thüringen ergeben hat, nicht vom Himmel gefallen ist und auch nicht ganz selbstständig nur gekommen ist, sondern etwas mit klarer ordnungspolitischer Weichenstellung über all die Jahre geschehen ist, übrigens auch fünf Jahre lang in gemeinsamer Verantwortung der Großen Koalition - ganz unstreitig -, wo wir ganz genauso auch schwierige Entscheidungen fällen mussten. Ich denke an die Hochschuldiskussion, ich denke an die Kulturdiskussion und vieles
Ich will aber trotzdem fair sein, Sie machen Ihre Sache als Opposition wirklich gut und das sollte auch über 2009 so bleiben.
Vielleicht zitiere ich Ihren Fraktionskollegen, der auch langjähriger Fraktionsvorsitzender war: Das kommt mir schon manchmal so vor, egal, auf welchem Feld ich Sie erlebe. Dass der Heiko Gentzel doch recht hatte, als er sich in der OVZ zitieren ließ: „Der Mann weiß doch nicht, was er will.“
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß, dass ich jetzt zwischen Ihnen und der Mittagspause stehe.
Herr Ministerpräsident, Sie haben noch mal fast eine Stunde gebraucht, um Ihre Regierungserklärung zu erklären. Das war auch notwendig.
Ich weiß nicht, Frau Groß, ob das die richtige Erklärung ist. Ich glaube eher, dass es damit zu tun hat, wenn man alles einfach nebeneinander reiht, wenn die von Ihnen jetzt noch mal herausgestellte zentrale Fachkräftefrage sich irgendwo zwischen dem Zuständigkeitsfinder und der Wanderausstellung einordnet, ohne dass klar wird, wo eine Regierung die Schwerpunkte setzt, dann müssen Sie sich nicht beklagen, wenn Ihre Schwerpunkte nicht erkennbar sind.
Herr Ministerpräsident, Sie haben hier eben gesagt, es kommt auf Strukturen gar nicht an, die Inhalte sind entscheidend. Dann frage ich mal: Warum machen Sie eigentlich eine Behördenstrukturreform und keine Behördeninhaltsreform,
wenn es auf die Strukturen gar nicht ankommt? Natürlich kommt es auch auf Strukturen an, das wissen Sie so gut wie ich auch. Die Frage ist: Wie sind die richtigen Strukturen? In welchen Strukturen kann man die Aufgaben am besten erfüllen? Struktur und Inhalt müssen einander entsprechen. Struktur- und Finanzierungsmöglichkeiten müssen einander entsprechen. Wenn Sie hier sagen, klein ist genauso effizient, man muss gar nicht zusammenlegen oder größere Strukturen schaffen, dann müssen ja der Finanzministerin und auch dem Innenminister die Ohren geklungen haben.
Warum will denn der Innenminister zum Beispiel bei der Polizei größere Strukturen schaffen? Weil das gar nicht notwendig ist? Weil das überhaupt nicht effizienter ist? Weshalb legt die Finanzministerin denn Finanzämter zusammen und schafft größere Strukturen? Weil das überhaupt nicht notwendig ist? Weil das überhaupt keine Effizienz bringt? Herr Ministerpräsident, Sie sind völlig widersprüchlich in dem, was Sie hier sagen und in dem, was Ihre Landesregierung tut.