Es lohnt sich deshalb, genauer hinzuschauen, um nicht nur das zu sehen, was man sehen möchte, denn genau genommen bewegt sich die NPD hier in einer entlarvenden Nähe zur NSDAP und der Nazidiktatur. So schrieb schon Sebastian Haffner 1978 in seinen Anmerkungen zu Hitler über die Männer des 20. Juli 1944 - den konservativen Widerstand: „Diese Opposition kam von rechts. Von ihr aus gesehen, stand Hitler links. Das gibt zu denken. Hitler ist keineswegs so leicht als extrem rechts im politischen Spektrum einzuordnen, wie es viele Leute zu tun gewohnt sind“. Und etwas später: „Offensichtlich steht Hitler in der Reihe der Diktatoren des 20. Jahrhunderts irgendwo zwischen Mussolini und Stalin, und zwar bei genauerem Hinsehen näher bei Stalin als bei Mussolini. Nichts ist irreführender, als Hitler einen Faschisten zu nennen.“
Eine ähnliche Einordnung finden Sie bei anerkannten Historikern wie Horst Möller oder auch Klaus Hildebrand.
Meine Damen und Herren, es gibt auch heute erhebliche inhaltliche Schnittmengen zwischen den verfassungsfeindlichen extremistischen Positionen der NPD auf der rechten Seite und denen von Teilen der Linken auf der ganz linken Außenseite. Darauf hat auch der Journalist Holger Witzel in einem Beitrag für den „Stern“ und die „Südthüringer Zeitung“ unter dem Titel „Braunrote Kungeleien im Mai“ mit aktuellen Beispielen hingewiesen.
Das ist bei der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus ein ernsthaftes Problem. Ich erinnere noch mal an die eingangs zitierte Erklärung der Fraktionsvorsitzenden.
Zuerst muss ich sagen, ich bin erstaunt über mich, dass ich noch hier bin, aber ich möchte Ihnen die Frage stellen, nach dem, was Sie alles so zitiert haben: Haben Sie denn eine ganz persönliche Auffassung zu dem, was die NPD heute treibt, wie rechtsextremistische Gefahr sich so verbreitet, dass sie an den verschiedensten Orten und Plätzen dieses Landes auftauchen und diese Demokratie, zu der übrigens meine Fraktion und meine Partei mit aller Deutlichkeit steht, gefährden wollen. Ich möchte nicht die Auffassung eines Historikers, eines Wissenschaftlers oder
gefährliche rechtsextreme Partei. Aber ich mache auch auf die Gefahren von der extremen linken Seite aufmerksam und das muss auch in diesem Hause gestattet sein,
denn auch der Linksextremismus verfolgt das Ziel, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu überwinden und stellt die Legitimität der Staats- und Verfassungsordnung stets in Frage.
Auch der Linksextremismus nutzt die Debatte, um zukunftsfeste soziale Sicherungssysteme und soziale Probleme in Deutschland zur Agitation gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Ich erinnere hier nur an die Hartz-IV-Proteste, die wir alle erleben konnten.
Wir finden, meine Damen und Herren, auf beiden Seiten ein derart geschlossenes Weltbild, das auf alles eine Antwort oder Verschwörungstheorie parat hat. Das Weltbild basiert auf klaren Feindbildern und utopischen Versprechungen. Politik wird als Projektion von Neid und Minderwertigkeitskomplexen genutzt, nicht ganz zu Unrecht.
Herr Carius, Sie sprachen vorhin von einer ganz besonders extremen Linken. Wen sehen Sie als diese extreme Linke an? Das hätte ich gern mal von Ihnen jetzt gewusst.
Das ist ganz einfach: Jeder, der die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Zweifel stellt. Herr Kuschel, wenn Sie so winken, kann man natürlich auch da noch einmal auf Gedanken kommen.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, verstehe ich auch gar nicht, warum Sie so bellen. Dann scheinen Sie ja auch getroffen zu sein, das wundert mich sehr.
Nicht ganz zu Unrecht hat deshalb Mathias Döpfner in einem Leitartikel vom 10. Juli in der Zeitung „Die Welt“ darauf hingewiesen, dass es gleichgültig sei, ob der Antikapitalismus, der Antiamerikanismus oder der als Antizionismus verkleidete Antisemitismus von ganz links außen oder eben von rechts außen kommt. Gerade die jüngsten Einlassungen des Vorsitzenden der LINKEN, Herrn Lafontaine, ob zum Recht auf Generalstreik, sein Gerede über Fremdarbeiter oder zur angeblich deutschen Neutralität zwischen Hisbollah und Israel, dem Recht Irans auf Atombomben, zeigen, meine Damen und Herren,
dass aufseiten der linken Politiker, Politiker am Werk sind, die nicht nur innenpolitisch, sondern auch außenpolitisch einen Grundbestand an Ideen pflegen, der nicht nur gefährlich nahe bei der NPD ist, sondern schlicht verantwortungslos für unser Land.
Dies alles zeigt: Wir müssen gegen jedwede Form des Extremismus vorgehen, einerlei wie er begründet ist. Es wird bei der Debatte über diese Drucksache in dem heutigen Tagesordnungspunkt und die Tage von Heiligendamm, die wir im Anschluss Gelegenheit haben in Augenschein zu nehmen, notwendig sein, dass wir auch den Blick auf die linksextremistischen Gefahren, auf extremistische Gefahren überhaupt lenken. Deshalb widerspricht unsere Fraktion entschieden dem Ansinnen der LINKEN, die V-Leute aus der NPD abzuziehen und eine unabhängige Beobachtungsstelle Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus einzurichten. Das eine wie das andere ist nicht zielführend. Es gab aus Gründen der Klarheit und Wahrheit viele Gründe dafür, die NPD zu verbieten. Einen Versuch vor dem Bundesverfassungsgericht hat es gegeben, er ist an den Verfahrensklippen gescheitert, Herr Kollege Gentzel hat es dargestellt, die sich objektiv nicht vermeiden ließen. Eine derart gefährliche Partei muss deshalb beobachtet werden. Es geziemt sich nicht, hier nachträglich Gerichtsschelte zu üben. Wir müssen das Urteil akzeptieren. Ein Verbot, das sage ich für uns, wäre sicher die sauberste Lösung gewesen, denn eine nicht verbotene Partei hat in Deutschland auch dann durch die Verfassung verbürgte Rechte, wenn sie diese Verfassung ablehnt. Das kann auch gar nicht anders sein und stürzt uns als Demokraten in Dilemmata, etwa bei der Nutzung öffentlicher Räume oder bei der Publizität, die oft erst durch Gegenaktionen hergestellt wird. Das müssen wir aber aushalten und ansonsten alles tun, was möglich ist, um den Extremismus einzudämmen. Darauf bin ich eingangs bereits eingegangen.
Wir haben auch im Antrag für Demokratie und Toleranz und gegen Extremismus und Gewalt verdeutlicht, wie und was wir von den staatlichen Institutionen und was wir von den Bürgern erwarten. An dieser Linie sollten wir deshalb festhalten. Dieser Antrag ist genau auf der Basis formuliert, auf der auch der Verfassungsschutz arbeitet. Der Maßstab ist die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Ich vertraue darauf und meine Fraktion vertraut darauf, dass der Verfassungsschutz sich an diesen Maßstab hält. Da er eine staatliche Behörde ist, können seine Einschätzungen auch beklagt werden. Dieses Recht, meine Damen und Herren, hat nicht zuletzt eine rechtskonservative Zeitung wie die „Junge Freiheit“ erfolgreich genutzt und nun wird es auch die LINKE nutzen, um gegen die Beobachtung ihrer Abgeord
neten zu klagen. So ist die Arbeit des Bundesamtes und der Landesämter in die rechtsstaatliche Ordnung eingebettet und integriert. Ich kann mir keine bessere Lösung vorstellen. Denn diese Garantien gäbe es eben dann nicht, wenn wir eine bloße Beobachtungsstelle Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus hätten und derartige Garantien gäbe es schon gar nicht, wenn eine solche Stelle mit den Parteigängern der LINKEN besetzt würde. Antifa und Autonome können zur Bekämpfung des Rechtsextremismus keinen sinnvollen Beitrag leisten. Sie sind nicht Teil der Lösung, sondern sie sind Teil des Problems.
Deswegen, lieber Herr Gentzel, lassen Sie mich kurz, die Frau Kollegin Meißner wird das etwas intensiver machen, auf Ihren Antrag zu sprechen kommen.
Zu Punkt 1: Hier sind wir uns einig, aber ich glaube eben nicht, dass es eine rechtliche Pflicht gibt, dann Punkt 2 und 3 mit anzunehmen. Denn das Verbotsverfahren ist ein rechtliches Verfahren. Lediglich der Ausdruck von politischer Überzeugung sollte nicht verwechselt werden mit klaren rechtlichen Hürden. Wir als Landtag sollten es auch tunlichst vermeiden, ohne es genauer geprüft zu haben, wie wir hier die rechtliche Nachweisbarkeit der Verfassungsfeindlichkeit nachweisen können, hier eine solche Folge, wie Sie sie beschrieben haben, aufzubauen. Ich möchte Sie daher noch einmal bitten: Lassen Sie uns diesen Punkt 1 einzeln abstimmen und dann können Sie natürlich gerne zu Punkt 2 und 3 noch einmal eine Extraabstimmung durchführen. Ich denke, beim Kampf gegen die NPD hilft nicht nur zielloser Aktionismus, sondern hier müssen wir auch die rechtlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genau umsetzen.
Für uns bleibt daher eines entscheidend, die Gemeinsamkeiten der Demokraten innerhalb und außerhalb dieses Hauses gegen Extremisten müssen auch innerhalb und außerhalb dieses Hauses ständig und stets ausgetragen werden. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Carius, Sie haben jetzt gerade aktuell wieder ein eindrucksvolles Beispiel für die für mich und meine Fraktion unerträgliche, immer wieder von Ihnen geübte Praxis der Gleichsetzung von rechts und links geliefert,