Protokoll der Sitzung vom 20.09.2007

Der Bericht der Landesregierung ist auf das eingegangen, was derzeit in der öffentlichen Verwaltung, in öffentlichen Landesbehörden ein Stück weit zu verzeichnen ist. Ich konstatiere da schon, es gibt unterschiedliche Regelungen, auch in den Ministerien, auch in den nachgeordneten Einrichtungen. Viele sind schon sehr weit und haben umfassende Regelungen durchgesetzt. Aber es gibt auch einige, die haben uns signalisiert, sie haben eine abwartende Haltung. Sie warten mal ab, was wir als Gesetzgeber jetzt dazu beschließen, insbesondere nachgeordnete Verwaltungsbereiche. Wir tun das. Wir tun das hoffentlich auch so, dass wir ab dem 1. Januar 2008 eine klare Regelung haben, dass es dann auch für sie nicht mehr im Ermessen liegt, ob und wie sie handeln mögen. Denn das ist, glaube ich, auch in

dem Gesetzentwurf klar und deutlich nachlesbar, an wen wir uns wenden. Minister Zeh hat es noch mal aufgezählt. Ich will es noch mal deutlich machen, damit keine Irritationen in der Öffentlichkeit aufkommen. Es gilt selbstverständlich für öffentliche Einrichtungen. Ich bin froh, dass das auch den Sport- und Kulturbereich umfasst, dass das entgegen der Stellungnahmen, die wir bis jetzt bekommen haben, selbstverständlich auch Messen und Ausstellungen umfasst, also Bereiche, die durchaus ein großes Ärgernis waren. Es umfasst den Bereich der Altenhilfe, der Jugendhilfe, der Gesundheitseinrichtungen - selbstverständlich gehört es dazu. Es umfasst auch Spielcasinos und Spielhallen. Auch dort wissen wir, wie die Räucherhöhlen aussahen. Es umfasst - und das wird aus der Begründung des Gesetzentwurfs auch deutlich - auch Einkaufszentren, Friseurläden und Reisebüros. Das wird beim ersten Lesen nicht gleich so deutlich. Ich finde es richtig und wichtig, denn auch diese Einrichtung suchen Bürgerinnen und Bürger auf und können dem nicht ausweichen, indem sie sagen, ich fahre mal 20 Kilometer, 10 oder 5 Kilometer weiter zum nächsten Friseur, wenn ich rauchfrei frisiert werden möchte. Aber, und das wird ja vermutlich der Streitpunkt werden, wenn wir uns im Ausschuss und dann in der zweiten Lesung hier im Landtag damit beschäftigen: wir haben eine weitestgehende Regelung für Gaststätten im Gesetz stehen; für Diskotheken, die als Gaststätten einzuordnen sind, sogar noch deutlicher. Da gehen wir weiter als in Niedersachsen. In Niedersachsen, wo die Kennzeichnungspflicht zunächst gefordert war, am Ende auch so beschlossen wurde, bin ich der Auffassung, ist das inkonsequent. Denn wir müssen uns in der Tat schon die Frage stellen, ob wir deutlich, klar und konsequent handeln wollen. Ich beantworte diese Frage mit Ja. Auch an zwei anderen Stellen, wo andere Gesetzentwürfe in anderen Bundesländern nicht so weit gehen, wenn es um die Frage von Hotels und Beherbergungsstätten geht, sind wir mit unserem Gesetzentwurf derzeit eines von drei Bundesländern, die weitgehende Regelungen treffen, auch wenn es um Vereinshäuser geht. Ich habe schon die Diskussion gehört, dass uns Gaststättenbetreiber gefragt haben: Was passiert denn dann in den Vereinshäusern und was tun die denn dort? Wir haben die Vereinshäuser im Gesetzentwurf formuliert, das ist gut und richtig.

Es gab zum vorliegenden Gesetzentwurf eine umfängliche Anhörung. Gleichwohl bin ich der Auffassung für die CDU-Fraktion, dass wir uns einer Anhörung im Ausschuss nicht verschließen werden und die Argumente erneut anhören werden, wenngleich ich sage, vieles von dem, was Sie alle in den letzten paar Tagen als schriftliche Stellungnahme bekommen haben, ist alles bekannt, alles gehört, vieles schon gelesen. Trotzdem ist es wichtig, dass wir, wenn wir ein solches Gesetz machen, tatsächlich

auf die Argumente eingehen. Da will ich auf ein Argument eingehen, welches uns die DEHOGA schildert, die DEHOGA, die uns immer wieder von prognostizierten Umsatzeinbußen und möglichen Existenzängsten von Gaststättenbetreibern berichtet und immer wieder versucht, deutlich zu machen, dass dieses Gesetz nicht so kommen könnte.

Minister Zeh hat vorhin eine aktuelle Zusammenfassung von Studien zitiert, die beschreibt, was in anderen Ländern geschehen ist, in Schottland, in Irland, in Italien. Dort wurde auch zunächst suggeriert, es wird zu dramatischen Einbußen kommen. Dies ist nicht geschehen, im Gegenteil. Es gibt eine ganze Menge - auch das hat er gesagt - von Bürgerinnen und Bürgern, die erst wieder in ein Restaurant gehen, wenn sie tatsächlich das Gefühl haben, umfassend für ihren persönlichen Schutz tatsächlich das Mögliche zu erfahren. Insofern bin ich sehr gespannt, ob wir dann bei der Anhörung und in der Diskussion mit der DEHOGA tatsächlich auch eine Untermauerung dieser Fakten bekommen. Ich sage aber, ich glaube an diese bisher prognostizierten Umsatzverluste nicht. Sie sind im Übrigen auch für mich angesichts der gesundheitsschädigenden Wirkung von Zigaretten sowohl für die Mitarbeiter als auch für die Gäste in diesen Einrichtungen nicht vordergründig.

Ich möchte noch auf einen letzten Punkt hinweisen. Frau Taubert, Sie haben das anklingen lassen, nämlich wenn es um den Erstkonsum geht. Es ist erschreckend, was wir beim Erstkonsum von Zigaretten bei Kindern und Jugendlichen erleben. In Thüringen, das sagt die HBSC-Gesundheitsstudie, haben tatsächlich schon 8 Prozent der 7-jährigen Jungen Zigarettenerfahrung, haben probiert - Frau Taubert hat es für sich geschildert -, 27 Prozent der 12-jährigen Mädchen haben schon Zigarettenerfahrung. Ich glaube, das muss uns Sorgen machen. Vor allem muss uns auch Sorgen machen, dass 50 Prozent der 12- bis 19-Jährigen vom Rauchen bereits loskommen wollen, es schon erfolglos versucht, aber augenscheinlich nicht geschafft haben. Wir müssen ihnen ein Stück weit auf diesem Weg helfen, helfen an zwei Stellen, das ist zum einen die Vorbildwirkung, denn die Vorbildwirkung verhindert bei vielen den Einstieg, das wissen wir. Wir müssen zum Zweiten aber auch, indem wir die Gelegenheiten zum Rauchen reduzieren, die Orte abschaffen oder reduzieren, die in Versuchung führen. Beides tut der Gesetzentwurf.

Herr Abgeordneter Panse, gestatten Sie eine Anfrage durch den Abgeordneten Hauboldt?

Ja, gern.

Bitte, Herr Hauboldt.

Danke schön. Herr Kollege Panse, Sie haben vorhin noch mal auf den kommunalrechtlichen Bereich abgehoben und die Bemerkungen hinsichtlich des Verfahrens mit dem Landesverwaltungsamt angesprochen. Nun wird in § 2, im Anwendungsbereich, auf die Behörden-, Landes- und Kommunalverwaltung verwiesen. Sehen Sie denn durchaus personalrechtliche Probleme auf die Bediensteten, auf die Beamten zukommen? Jetzt geht es ja um Ordnungswidrigkeiten in diesem Gesetz, aber ich kann mir vorstellen, dass es durchaus zu Verstößen kommen wird. Sehen Sie da personalrechtliche Probleme auf uns zukommen?

Zunächst sind die Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen im Gesetz genau beschrieben. Es ist auch klar definiert, wer dafür zu sorgen hat, dass diese Verstöße nicht stattfinden. Die rechtlichen Auseinandersetzungen sehe ich in der Tat gelassen. Rauchende Mitarbeiter, die klagen, die auf ihre Individualrechte klagen, das haben in den letzten paar Jahren die verschiedenen Rechtsprechungen deutlich gemacht, das kann höchst unterschiedlich ausgehen. Aber inzwischen ist die gängige Rechtsprechung so, dass gesagt wird, sie müssen innerhalb von so und so viel Minuten einen Ort aufsuchen können, an dem sie rauchen können. Da gibt es inzwischen keine Einschränkungen mehr, da wird inzwischen nicht mehr gesagt, es muss ein Raucherzimmer sein oder es muss ein überdachter Platz sein. Das kann auch der Raucherort vor dem Gebäude sein. Wir haben gehört, dass es in einigen Kommunaleinrichtungen gang und gäbe ist. Selbstverständlich ist das für die Leiter dieser Einrichtungen möglich, das mit den entsprechenden Instrumenten des Hausrechts durchzusetzen. Das gilt bei anderen Verstößen - sei es Alkohol am Arbeitsplatz - in der Tat auch, dass der Arbeitgeber die rechtlichen Instrumentarien hat.

Ich möchte aber gern noch auf § 5 eingehen, weil ich das vorhin angedeutet habe, dass mir das noch Kopfschmerzen bereitet und dass ich mir vielleicht auch Änderungen sehr gut vorstellen kann. Wir haben in § 5 geregelt, wie das mit den Ausnahmen ist, mit den Ausnahmen zur Schaffung von Raucherräumen. Wir schaffen durchaus eine privilegierte Situation in öffentlichen Behörden, indem wir sagen, wir erlauben es dem Leiter einer Einrichtung, Ausnahmen zu schaffen. Ich möchte dazu einmal zwei Zitate aus der Gesetzesbegründung kurz vortragen und dann vielleicht das anklingen lassen, um uns

Argumente zu liefern, wie wir dann im Ausschuss und bei der zweiten Beratung im Plenum handeln können. In der Gesetzesbegründung steht - Frau Präsidentin, ich zitiere: „Die Einrichtung abgeschlossener Raucherzonen bietet keinen hinreichenden Schutz. Die in solchen Zonen erzeugten Giftstoffe können nicht zuverlässig von den Nichtraucherbereichen ferngehalten werden. Sie scheiden daher als gleich wirksame, mildere Alternative aus. Lüftungs- und Reinigungsmaßnahmen sind jedenfalls nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht geeignet, die Giftstoffe ausreichend zu beseitigen.“

An einer anderen Stelle der Gesetzesbegründung geht es konkret um die Raucherräume - Frau Präsidentin, ich zitiere: „Raucherräume müssen abgeschlossen sein und dürfen nicht in Treppenhäuser, Flure oder andere angrenzende Räume, die zum Nichtraucherbereich gehören, belüftet werden.“ Wenn wir uns diese beiden Zitate durchlesen und vor Augen führen, werden wir feststellen, das wird so nicht funktionieren mit Raucherräumen, auch hier im Thüringer Landtag, das ist das beste Beispiel. Wenn die Tür des Raucherzimmers geöffnet wird, kommt eine Wolke raus und es ist eben mitnichten nur die Qualmwolke, die aus dem einen oder anderen Abgeordnetenzimmer herauskommt, sondern es ist auch das, was von dem Raucherzimmer in den Flur dringt. Die Gesetzesbegründung verweist zu Recht darauf, dass ein umfassender Schutz gewährleistet sein muss und der geht nach meinem Verständnis nur, wenn die Raucherräume von außen zugänglich sind, wenn denn überhaupt. Ich bin deswegen sehr wohl für ein konsequentes Handeln an dieser Stelle. Ich mache das für mich persönlich deutlich und bin sehr gespannt auf den Fortgang der Diskussion, dass wir an dieser Stelle diese Ausnahmeregelung zur Einrichtung von Raucherräumen aus dem Gesetz herausnehmen. Aber wir werden das miteinander diskutieren und dann auch hier im Thüringer Landtag abstimmen. Um diese Abstimmung auch sachgerecht vorbereiten zu können, bitten wir, bittet die CDUFraktion, um eine umfassende Beratung des Gesetzentwurfs im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit. Wir werden dazu - das hatte ich angekündigt - auch eine Anhörung beantragen. Ich bitte Sie aber abschließend noch einmal, dass wir uns mein Eingangszitat durchaus vor Augen führen, es geht uns um den umfassenden Nichtraucherschutz und infolgedessen in zweiter Linie um zu erlassende Raucherverbote. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die CDU-Fraktion hat sich der Abgeordnete Heym zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir gehören so ziemlich zu den letzten Bundesländern, die ein Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg bringen. Die meisten haben das bereits getan und ab 1. Januar werden wir voraussichtlich in ganz Deutschland Nichtrauchergesetze in allen Bundesländern haben. Aber das ist auch das Einzige, was einheitlich an der Sache ist, denn der Flickenteppich ist unübersehbar, aber dazu mehr. Damit das auch gleich am Anfang klargestellt ist, dass das Rauchen gefährlich ist, steht nicht nur seit Jahren auf den Zigarettenschachteln, sondern gilt sicherlich auch selbst aus Sicht der härtesten Raucher als unbestritten. Unstreitig ist auch, dass die Folgen des Passivrauchens nicht unterschätzt werden dürfen.

Warum nun seit einiger Zeit die emotional völlig überfrachtete Debatte um das gesetzliche Rauchverbot so hochkocht, mögen weder Raucher noch Nichtraucher so richtig verstehen. Ich könnte mich als tourismuspolitischer Sprecher meiner Fraktion und damit jemand, dem die Sorgen der Thüringer Gastronomiewirtschaft vielleicht etwas näher am Herzen liegen als manchem Kollegen hier im Saal, auch zurücklehnen und mir sagen, das wird schon nicht so schlimm. Mit dem Rauchverbot an Schulen - es ist hier vorhin angesprochen worden - haben wir ja auch unseren Frieden geschlossen und ich frage mich, ob sich schon jemand darum gekümmert hat, wie das von uns beschlossene Verbot eingehalten wird. Mein Kollege Michael Panse scheint ja damit zufrieden zu sein. Ich könnte Ihnen Schulen nennen, in denen man eine Koalition der Schweigenden geschlossen hat. Da rauchen Lehrer an bestimmten Stellen außerhalb des Schulgeländes und die Schüler stehen auch dabei und rauchen auch. Alle sind zufrieden. Das Gesetz wird eingehalten und ansonsten wollen wir das nicht weiter thematisieren.

(Beifall CDU)

Schöne Gesellschaft, könnte man sagen und man musste kein Prophet sein, um vorauszusagen, wie das kommen würde.

Was mich aber eben hier nach vorn getrieben hat, ist die tiefe und eben auch begründete Sorge unseres Gaststättengewerbes. Wohl wissend, dass unser Thüringer Gesetzentwurf nicht so scharf gehalten ist, wie in manchem anderen Bundesland, sind die Bedenken des DEHOGA jedoch nicht vom Tisch zu wischen. Dabei will ich gleich die Begründung des uns vorliegenden Gesetzentwurfs aufgreifen und darauf eingehen. Da heißt es, dass einschlägige Studien aus den USA, Norwegen, Kanada und Irland keine Umsatzverluste festgestellt hätten. Nun wissen

wir alle, wie das mit Studien ist, wer sie benutzt und jeder versucht natürlich, die Interpretation in seinem Sinne glaubhaft rüberzubringen. Ich habe mich nicht mit jedem dieser Länder befasst, aber zu Irland will ich Ihnen aus der „Times“ vom 27. Februar dieses Jahres zitieren, also keine Institution, die in dem Verdacht steht, vielleicht von der einen oder anderen Seite beauftragt worden zu sein. Die „Times“ schreibt: „Nach Einführung des Rauchverbots im Sommer 2006 werden wahrscheinlich die ländlich gelegenen Pubs am stärksten von Geschäftsaufgaben betroffen sein. Warnungen aus der Provinz erhalten Rückendeckung aus Dublin durch offizielle Zahlen, die zeigen, dass die Kneipenschließungen auf dem Land auf Rekordniveau liegen. Im Jahr 2006 wurden ca. 440 Schanklizenzen weniger ausgegeben oder verlängert als im Vorjahr. Der höchste Rückgang, den Irland je zu verzeichnen hatte.“ Und eine Wirtin aus Killmore in der Grafschaft Galway bringt es auf den Punkt: „Voll sind die Kneipen nur noch bei einer Beerdigung oder bei anderen größeren Veranstaltungen.“ In Schottland sieht es ähnlich aus. Unter dem Titel „Arbeitsplatzvernichtung - unselige Folge des Rauchverbots“ kann man lesen: 34 Prozent haben bereits Personal freigesetzt, bei nur 3 Prozent gab es Neueinstellungen. Und so könnte man die Latte der Fakten fortsetzen. Der DEHOGA in Baden-Württemberg hat eine Umfrage in gastgewerblichen Kleinbetrieben durchgeführt. Dort gilt das Rauchverbot - es ist von meinen Vorrednern angesprochen worden - seit ein paar Wochen, seit dem 01.08. dieses Jahres. Die Umfrage unter Kleinbetrieben hat ergeben: Jeder zweite Betrieb fürchtet um seine Existenz, mehr als zwei Drittel rechnen mit Arbeitsplatzverlust. 63 Prozent der Kleinbetriebe haben Umsatzverlust von ca. 20 Prozent. Über 60 Prozent der Diskotheken sehen sich in ihrer Existenz bedroht, haben Umsatzrückgänge von rund 30 Prozent. 53 Prozent der Einraumbetriebe fürchten um ihre Existenz. 70 Prozent melden Umsatzverluste und reden vom Arbeitsplatzabbau. Ich habe am letzten Dienstag im Ordnungsamt eines Landratsamts in Baden-Württemberg angerufen und mit dem zuständigen Abteilungsleiter gesprochen und nach seinen bisherigen Erfahrungen mit dem Gesetz gefragt. Dort ist es so, dass - genau wie das bei uns geregelt werden soll - die Ordnungsämter die Bußgelder von den sündigen Rauchern eintreiben sollen. In Baden-Württemberg sind es 40 €, im Wiederholungsfall 50 €. Bei uns geht es bis 200 € nach dem Gesetzentwurf. Der hat mir gesagt, dass man keine Probleme hat, weil man nicht rausgeht und kontrolliert. Aber die Polizeieinsätze haben spürbar zugenommen, weil sich die Anwohner über lärmende Gäste vor den Kneipentüren beschweren. Damit, muss ich sagen, habe ich eigentlich gar nicht gerechnet, dass das in so einer Dimension aufschlägt, dass das dann auch von den entsprechenden polizeilichen Institutionen mit aufgegriffen werden muss.

Nebenbei bemerkt, der Sozialminister Dr. Zeh ist in seinen Ausführungen auch schon darauf eingegangen, dass der DEHOGA in dieser Woche erklärt hat, dass er zwei Wirte - einer ist aus Baden-Württemberg und einer aus Niedersachsen - bei einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht unterstützen wird, weil das Rauchverbot in die verfassungsmäßigen Rechte der Kleingastronomen eingreift, unter anderem durch Behinderung der freien Berufsausübung und Verletzung der Gleichbehandlung. Die Klage wird noch in diesem Jahr in Karlsruhe eingereicht. Man darf gespannt sein, denn die Gesetzesvorlage, die wir heute erstmals beraten - und ich gehe davon aus, dass sie auch an den Ausschuss überwiesen wird -, deckt sich im Wesentlichen mit den Regelungen in Baden-Württemberg.

Damit will ich auf unsere Thüringer Gegebenheiten kommen. Zwischen 30 und 40 Prozent unserer Gaststätten in Thüringen haben nur einen Raum, können sich also kein Raucherseparee zulegen. Ohne unser geplantes Rauchverbot lag der Umsatzrückgang im Gastgewerbe in Thüringen im letzten Jahr bei 2,6 Prozent, der Beschäftigungsrückgang bei 1,5 Prozent. Der DEHOGA Thüringen schätzt ein, dass der Beschäftigungsabbau durch Umsatzverluste, die durch das Rauchverbot zu erwarten sind, bei 10 bis 15 Prozent liegt, und das heißt ein Wegfall von zwischen 5.000 und 7.500 Arbeitsplätzen im Thüringer Gastgewerbe, zumindest temporär. Was wird mit den Gastwirten, die noch Kredite für ihr Geschäft laufen haben? Notwendige Umarbeiten, die eine Trennung von Rauchern und Nichtrauchern garantieren, können von den Gastwirten preiswirksam nicht auf die Gäste umgelegt werden. Bei den Discotheken in Thüringen sieht man das von mir schon einmal aus Baden-Württemberg aufgezeigte Problem ähnlich. Menschenansammlungen vor den Discos im Freien, die die Anwohner dann stören.

Die Frage stellt sich: Darf in dauerhaft aufgestellten Zelten geraucht werden? Kann im Raucherzimmer eine Theke stehen, diese betrieben werden und dort auch Personal eingesetzt werden? Es sind, wie gesagt, viele Fragen aus der Gastronomiewirtschaft, die hier noch eine Beantwortung erfordern.

Auch unser Thüringer Hotel- und Gaststättenverband befürwortet grundsätzlich den Nichtraucherschutz, aber er hat recht, wenn er meint, dass eine Gaststätte zwar ein offener, aber kein öffentlicher Raum ist. Es gibt keinen Zwang, eine Gaststätte aufzusuchen, und so sollte es für den Gastwirt auch keine Pflicht geben, das Rauchen zu verbieten. Die im Grundgesetz verankerte Entscheidungsfreiheit darf nicht eingeschränkt werden.

(Beifall CDU)

Mit einer Kennzeichnungspflicht darüber, ob in ihrer Gaststätte geraucht wird oder nicht, hätte man den Wirten, gerade der Kleinbetriebe, eine Entscheidungsfreiheit lassen können.

(Beifall CDU)

Mit einer solchen Deklarationspflicht gäbe es eine klare, für jeden sofort erkennbare Abgrenzung, dann wäre es an jedem mündigen Gast, sich frei zu entscheiden, und auch die Gastronomen wären in ihrer Entscheidung nicht entmündigt und könnten die beste Entscheidung für ihr Unternehmen treffen. Das ist das, was mich in meiner Ansicht sicherlich von meinem Kollegen Panse unterscheidet, Konsequenz in dieser Sache sieht da etwas anders aus. Ich komme darauf aber noch zurück.

Nun haben wir mit dem Gesetzentwurf auch noch vor, das Rauchen in Vereins- und Gemeindehäusern zu verbieten, in Klammern steht: „soweit sie der Öffentlichkeit zugänglich sind“. Das Positive an der Regelung ist, dass es wenigstens eine Gleichbehandlung mit den konzessionierten Gaststätten gibt. Als „Gleichheit im Elend“ könnte man das auch bezeichnen.

(Beifall CDU)

Aber wie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht so etwas in der Praxis aus? Ich will es an einem Beispiel machen. Wir haben ja nicht nur reiche Vereine. Es gibt hier und da Vereine, die kein eigenes Gebäude haben. Jetzt geht der Feuerwehrverein, wie gesagt, das ist ja ein armer, in ein Gemeindehaus und will feiern. Die aktiven Feuerwehrleute sind meist auch alle im Verein und eine ganze Menge sind Raucher. Nach dem fünften Bier, wenn eine Zigarette erst so richtig schmeckt, mahnt der Bürgermeister - weil der ja auch eingeladen ist - seine Kameraden, dass man zum Rauchen bitte vor die Tür gehen muss, weil sonst ein Bußgeld von bis zu 200 € fällig wird, auch wenn es draußen gerade tüchtig regnet. Wer meint, dass so etwas funktioniert, dem kann man auch erzählen, dass die Erde eine Scheibe ist.

(Heiterkeit und Beifall SPD)

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ordnungsbehörden auftauchen, ist gering, weil die Kontrollen nur stichprobenartig oder anlassbezogen sind, so steht es im Gesetzentwurf, was umgangssprachlich auch heißt, sie kommen nur, wenn einer den anderen angeschissen hat.

(Heiterkeit und Beifall CDU, SPD)

Oder es funktioniert doch, nämlich so, wie mit dem Beispiel mit der Schule, was ich eingangs erzählt

Dann noch eine Anmerkung: Ich habe mich diese Woche mit meinem Kollegen aus dem Sächsischen Landtag unterhalten. Sachsen-Anhalt hatte ursprünglich auch dieses Rauchverbot in kommunalen, in Gemeindehäusern in den Gesetzestext geschrieben. Sie haben das zurückgehalten, weil man selbst aus dem Ministerium heraus juristische Bedenken darüber hat, ob der Freistaat, in diesem Fall eben das Land Sachsen-Anhalt, überhaupt rechtlich in der Lage ist, über diese kommunalen Einrichtungen zu befinden. Wir haben keine juristischen Bedenken, aber wir hatten ja die in den seltensten Fällen in den vergangenen Jahren; wir werden dann eben immer bloß durch Gerichtsurteile wieder eingeholt.

(Heiterkeit und Beifall SPD)

Wenn die Politik beim Thema „Nichtraucherschutz“ konsequent wäre, müsste man das Rauchen ganz verbieten und auch keinen Tabak mehr verkaufen. Der Bundesfinanzminister müsste dann auf rund 17 Mrd. € Steuern verzichten, 14 Mrd. € aus der Tabaksteuer und noch mal 3 Mrd. € aus der Mehrwertsteuer. Das ist aber gar nichts gegenüber den Kosten, die wir ausgeben, um die Folgen des Rauchens zu heilen oder oft genug das auch nicht schaffen, und das meine ich ohne Ironie. Wieso finden wir keine juristische Grundlage, um deutschlandweit das Rauchen zu verbieten, keinen Tabakverkauf mehr zuzulassen und somit alle Bürgerinnen und Bürger vor den Folgen des Rauchens zu schützen? Oder ist es uns mit dem Nichtraucherschutz vielleicht doch nicht so ernst? Oder: Warum regelt das nicht Europa, die doch eh schon glauben, alles steuern zu müssen?

(Beifall CDU)

Die EU würde dabei sogar fast 1 Mrd. € Subventionen jährlich für den Tabakanbau sparen. Erst 2010 läuft diese Subvention aus. Der zuständige Kommissar Markos Kyprianou hat sich zum Ziel gemacht, bis zum Ende seiner Amtszeit 2009 ein öffentliches Rauchverbot in allen EU-Staaten durchzusetzen. Im EU-Parlament gab es das Verbot, das hat genau sechs Wochen gehalten, dann wurde es wieder aufgehoben, weil sich keiner daran gehalten hat.

(Beifall CDU)

Und das sollen wir nun jemandem erklären. Deshalb sage ich: Was mit diesem Gesetzentwurf auf unserem Tisch liegt, ist auch nur ein scheinheiliges Feigenblatt für dieses Parlament. Wirkliche Konsequenz müsste anders aussehen. Deshalb habe ich auch Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen, die genau aus diesem Grund, weil es eben inkon

sequent ist, diesem Entwurf nicht zustimmen können.

Ich möchte mich an der Stelle auch bei den vielen nicht rauchenden Kolleginnen und Kollegen aus unserem Haus bedanken, die wenigstens auf den Fluren ihr Unverständnis über den vorliegenden Gesetzentwurf teilen. Da ich hier im Saal von einer Mehrheit für diesen Gesetzentwurf ausgehe und der Sozialausschuss die Bearbeitung innehat, bitte ich wirklich inständig, sich mit den ernsten Sorgen der Gastronomen auseinanderzusetzen, diese anzuhören und ihre Belange möglichst wirklich zu berücksichtigen. Ich bedanke mich.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Heym, gestatten Sie eine Anfrage durch Frau Abgeordnete Jung?

Bitte, Frau Jung.