Michael Panse
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Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, werte Kollegen von der SPD-Fraktion. Der Antrag, den Sie uns heute hier vorgelegt haben, ist ein Schaufensterantrag. Der Umgang, den Sie als Fraktion in den vergangenen Monaten mit diesem Antrag praktiziert haben, das ist - da setze ich noch eins drauf - pure Heuchelei. Dreimal bereits haben wir von Ihnen einen Antrag vorgelegt bekommen in den Monaten April, Mai und Juni. Sie haben jeweils, als es konkret wurde, als wir über diesen Antrag reden wollten, den Antrag zurückgezogen, jedes Mal mit der Ankündigung, das kommt später wieder. Jetzt, drei Wochen vor der Landtagswahl, legen Sie den Antrag vor und, Frau Ehrlich-Strathausen, bei allem Respekt, Sie sind eine Weile in dem Parlament hier schon dabei, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie wirklich so naiv sind, dass Sie drei Wochen vor der Landtagswahl uns einen solchen Antrag hier präsentieren und glauben, die Landesregierung könnte innerhalb der nächsten drei Wochen das auch nur andeutungsweise umsetzen, was Sie in diesen Antrag hineingeschrieben haben. Es ist Heuchelei und es ist deswegen Heuchelei, weil Ihr Fraktionsvorsitzender ja eigentlich deutlich gemacht hat - er ist heute leider nicht da -, worum es bei dem Antrag wirklich geht. Als wir ihn beim letzten Mal auf der Tagesordnung hatten, hat ihn die SPD-Fraktion, ich glaube abends um 22.00 Uhr, dann zurückgezogen mit der Ankündigung, wir werden ihn noch einmal später bringen. Die Sprecherin der SPD-Fraktion hat dazu erklärt, dass abends um 22.00 Uhr bei ihrer Truppe so ein Stückchen die Konzentration fehlt, um sachgerecht einen Antrag zu beraten. Das hat sie wörtlich gesagt, das ist in der Zeitung nachzulesen. Ich stelle mir schon die Frage, die können Sie ja vielleicht Ihrem Fraktionsvorsitzenden einmal mit auf den Weg geben, wie das mit der Arbeitsfähigkeit dieses Teams ist, mit dem Sie hier antreten und meinen, vielleicht das Land regieren zu wollen. Mit einer solchen Arbeitsfähigkeit, wo man sagt, abends um 22.00 Uhr sind wir nicht mehr in der Lage, konzentrierte Diskussionen zu führen, da sage ich Ihnen ganz deutlich, da fehlt so ein Stückchen die Wettkampfhärte. Jedes kommunale Parlament kommt abends um 22.00 Uhr erst richtig in Gang. Wenn aber Herr Matschie abends um 22.00 Uhr sagt, seine Truppe ist nicht mehr in der Lage, eine Diskussion zu führen, dann ist das ein Armutszeugnis oder aber, da bleibe ich bei dem, was ich eingangs gesagt habe, pure Heuchelei; Sie wollten diesen Antrag schieben bis zum letzten Moment, wohl wissend, dass über diesen Antrag gar nicht mehr entschieden werden kann, dass auch nichts mehr an dieser Stelle noch getan werden kann. Wenn Sie einen solchen Antrag zu Beginn einer Legislaturperiode stellen, dann kann man selbstverständlich einen solchen Antrag in den Ausschüssen beraten, dann kann man auch diesen
Handlungsempfehlungen einzeln nachgehen. Wir haben das ja getan, es gibt ja Handlungsempfehlungen, die auf dem Tisch liegen. Frau Ehrlich-Strathausen, das ist jetzt nicht Ihre Schuld, dass Sie an den Sitzungen nicht persönlich teilnehmen konnten, aber kein Einziger Ihrer Fraktion hat …
Ja, ich weiß, da gab es schon einmal eine Kollegin, die hat sich bitter darüber beklagt, deswegen sage ich das nicht noch einmal, aber ich hatte den Eindruck, Ihre Fraktion wäre so groß, dass vielleicht auch jemand anderes hätte an den Sitzungen teilnehmen können. Sie haben sich aber strikt seit dem letzten Jahr diesen Beratungen verweigert. Diese Beratungen, wo Sie gerade gesagt haben - ich habe es mir aufgeschrieben - „ein breiter Diskussionsprozess mit allen beteiligten Partnern“, das fordern Sie ja auch im Vorspann Ihres Antrags, Kommunen und alle beteiligten Wohlfahrtsverbände, Jugendverbände, die sollen alle miteinander diskutieren, genau das findet in dieser Arbeitsgruppe statt, genau dies geschieht dort. Da sitzen die Kommunen, da sitzen die Gewerkschaften, da sitzen politische Vertreter, da sitzen die Jugendverbände, da sitzen die Wohlfahrtsverbände, alle diese zusammen haben Handlungsempfehlungen erarbeitet, Handlungsempfehlungen, die sie uns vorgelegt haben, die sie abgestimmt haben auch mit der Landesregierung, Handlungsempfehlungen, die aber auch dem folgen, was augenscheinlich realistisch umsetzbar erscheint. Da sind wir bei den Forderungen, die Sie aufmachen. Wenn man das mal versucht zu summieren - bei dem Antrag jetzt ist es nicht ganz so deutlich, weil Sie es nicht mehr so konkret reinschreiben, wer das alles bezahlt, man kann aber nachvollziehen, was das kostet. Die 2.000 Erzieherstellen sind die eine Seite, da sage ich dann etwas dazu, das kostenfreie Mittagessen ist die andere Seite. Man kommt schnell bei dem, was Sie uns hier präsentieren, auf Summen in Größenordnungen von 200 Mio. €. Sie haben versäumt, den Deckungsvorschlag dazu zu unterbreiten. Sie kritisieren bei der Landesregierung, dass gesagt wird, da muss man im kommenden Haushalt schauen, was es für ein Spiel gibt. Bei Ihren rund 200 Mio. € haben Sie keinen Deckungsvorschlag gemacht. Gleichwohl gibt es aber ein Zitat von dem nicht anwesenden Kollegen Matschie, der beim letzten parlamentarischen Abend der Handwerker sich dazu positioniert hat, als die Handwerker gesagt haben, man bräuchte mehr Geld für den investiven Bereich, man müsste im Handwerk mehr tun. Da hat er ihnen geantwortet - und das habe ich mir aufmerksam aufgeschrieben -, es gäbe ja nur drei Möglichkeiten in Zeiten, wo die Steuermindereinnahmen und Mehrausgaben uns drücken, wenn man zusätzliches Geld erwirtschaften würde. Diese drei Möglichkeiten, die Herr Matschie
dort präsentiert hat, wären: Investitionen kürzen, das will sicherlich keiner; mehr Schulden machen, da, glaube ich, sind wir uns auch einig, dass wir das alle nicht wollen; und dann hat er noch vorgeschlagen, Sozialausgaben kürzen. Das waren die drei Punkte, die er angeboten hat. Das sind alles drei Punkte, über die man, glaube ich, nicht wirklich ernsthaft intensiv verhandeln kann. Deswegen muss man dann aber hier die Frage stellen, welche Vorstellungen Sie haben, wie Sie 200 Mio. € schultern mögen, kostenfreies Mittagessen, 2.000 Erzieherstellen, das sind ja einige der Forderungen. Die anderen Sachen sind mehr so aus Ihrem Wahlprogramm: längeres gemeinsames Lernen, kein Kind aussortieren, da ist viel Polemik dabei, da ist auch viel Unredliches dabei, was Sie unterstellen, nämlich die Aussortierung von Kindern findet in dieser Form, wie Sie sie hier darstellen - ich halte den Begriff schon für sehr zweifelhaft - so nicht statt.
Kostenfreies Mittagessen - lassen Sie mich bei dem Punkt anfangen -, kein Kind ohne Mahlzeit. In allen Kindertagesstätten, in allen Grundschulen wird Mittagessenversorgung bei uns angeboten. Wir sind eines der wenigen Bundesländer, was das tut, was das tun kann. 100 Prozent der Kinder in Kindertagesstätten nehmen an der Mittagsversorgung teil. Trotzdem gibt es eine Diskussion um kostenfreies Mittagessen. Jetzt sagen Sie, die Kommunen können das nicht allein, das geht nur gemeinsam zwischen Land und Kommunen. Unabhängig davon, dass in der Landeshauptstadt Erfurt die Kommune beschlossen hat, wir machen das, wir machen das komplett allein, da scheint das zu gehen; vielleicht liegt es daran, dass Herr Bausewein und Frau Thierbach auch ein besonderes Talent haben, Geld auszugeben, aber sie haben damit auch etwas in Gang gesetzt, wo wir jetzt inzwischen die ersten Probleme haben. Ich kann Ihnen das einmal anschaulich beschreiben. Ich habe kurz vor der Sommerpause zwei Tage in einer Kindertagesstätte gearbeitet im Erfurter Norden. 70 Prozent der Kinder aus HartzIV-Familien, das heißt also, 70 Prozent der Kinder bekommen kostenfreies Mittagessen nach den Beschlüssen des Stadtrats. Jetzt hat die Leiterin in der AWO-Kita in der Sofioter Straße zu mir gesagt: Wissen Sie, das schafft neue Probleme. Das schafft nämlich die nächsten Probleme, dass die Kinder die komplette Sommerpause in der Kindertageseinrichtung bleiben, keine 14 Tage mehr rausgenommen werden, keine Ferien, kein gar nichts, und wenn sie mit den Eltern darüber diskutieren und sagen, auch wenn man wenig Geld hat, könnte man den Kindern 14 Tage in der Sommerpause auch mal Ferien bieten und wenn es mit der Decke beim Picknick im Steiger ist
oder beim kostenfreien Besuch der Schwimmbäder und Ähnliches, da sagen die Eltern, nein, aber das ist ja so praktisch, es gibt kostenfreies Mittagessen, es kostet ja nichts. Wer also glaubt, mit solchen Lösungen allgemeine Lösungen schon für die Gesellschaft parat zu haben, der irrt, an dieser Stelle hat das nicht funktioniert.
Sie bieten dann in Ihrem sechsten Punkt, glaube ich, die Diskussion an: kein Kind ohne Ferienerholung. Auch dazu will ich Ihnen etwas sagen, weil Sie augenscheinlich nicht wissen, dass es das in Thüringen gibt. Eltern, die sich im Sozialhilfeleistungsbezug befinden, können selbstverständlich Ferien machen, die können auch Zuschüsse dafür bekommen; es ist nur vielleicht mal eine Frage, wie man das als Politiker den Leuten auch erklärt und publik macht. Viele wissen das gar nicht, dass sie bei der Stiftung FamilienSinn selbstverständlich einen Antrag stellen können, Zuschüsse bekommen und dann nicht nur Familienerholungsstätten besuchen können - das steht ja im Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz, Frau Ehrlich-Strathausen, da kann man es nachlesen -, sondern sie in Thüringen auch, wenn sie Urlaub machen und das nachweisen, tatsächlich Zuschüsse in Anspruch nehmen können, die es ihnen ermöglichen, mit den Kindern Urlaub zu machen. Das geht zugegebenermaßen nur alle zwei Jahre, aber es geht. Sich hier hinzustellen und zu sagen, Kinder aus sozial schwachen Familien könnten das nicht, das ist schlichtweg unredlich und falsch, dient vielleicht aber ein Stückchen dem, was Sie insgesamt mit Ihrem Antrag auch versuchen, die beginnende Arbeit der Stiftung FamilienSinn zu diskreditieren. Beratung, Fortbildung, Familienbildung, das sind alles Aufgaben, die sich die Stiftung FamilienSinn auf die Fahne geschrieben hat.
Am Ende meiner Rede sehr gern.
Das sind alles Aufgaben, die sich die Stiftung FamilienSinn auf die Fahne geschrieben hat und die sie auch bearbeitet. Wir haben vor einigen Wochen hier auch im Parlament über die Frage Familienhebammen miteinander diskutiert. Die Fortbildung, die von der Stiftung FamilienSinn organisiert wird, ist ein
hervorragendes Instrument, um Eltern gleich zu Beginn des Lebens ihres Kindes ein Stückchen Kompetenz wieder mit zurückzugeben, mit auf den Weg zu geben und Hilfen zu vermitteln. Das ist etwas, was wir auch intensiv in der Arbeitsgruppe miteinander besprochen haben. Augenscheinlich ein Hilfeinstrument, was wirkt.
Sie schreiben in Ihrem Antrag erneut über die 2.000 fehlenden Stellen. Ich will mit der Mär gern hier auch mal aufräumen, die so den ganzen Tag auch in der Öffentlichkeit durch das Land getragen wird. Derzeit haben wir in den Thüringer Kindertageseinrichtungen 400 Erzieherstellen mehr, als das Landesgesetz vorgibt. Prof. Merten hat allerdings das Landesgesetz, den Ist-Stand des Landesgesetzes so, wie er formuliert ist, mit den Wunschvorstellungen formuliert, wo die Reise hingehen soll. Da kommt man auf 2.000 Stellen. Wenn er allerdings fairerweise dazusagt, wir haben bereits jetzt 400 Stellen mehr, als das Landesgesetz vorsieht, sind wir bei 1.600 Stellen. Das gehört zur Redlichkeit dazu, weil ich Ihnen das ein paar Mal gesagt habe, dass man das vielleicht auch mal so einflechtet und nicht jedes Mal immer wieder gebetsmühlenartig von den 2.000 fehlenden Stellen fabuliert. Das gilt genauso für die Rubrik, 50 Mio. € hat die Landesregierung den Kindertagesstätten entzogen. Das ist eine Lüge, schlichtweg eine Lüge. Beim Blick in den Haushalt ist das nachzuvollziehen, dass dieses eben schlichtweg nicht stimmt.
Frau Jung, wenn Sie das wiederholen, sage ich auch Ihnen hier am Pult, dann ist das eine Lüge. Es ist ja zu erklären. Die tatsächlich direkten Zuschüsse zu den Kindertagesstätten sind um rund 50 Mio. bzw. 48 Mio. gesunken, aber das Landeserziehungsgeld in Größenordnung von 24 bis 26 Mio. wird übergeleitet an die Kindertagesstätten und fließt den Kindertagesstätten zu. Das macht für jeden erwachsenen Menschen, der rechnen kann, in der Tat keine 50 Mio. €, die den Kindertagesstätten entzogen wurden - so behaupten sie es in jeder Ihrer Pressemitteilungen erneut -, sondern es ist tatsächlich eine Größenordnung von etwas mehr als 20 Mio. €. Bei dieser Größenordnung diskutieren wir momentan, was wir Schritt für Schritt drauflegen. Die Entscheidung, die wir hier im Thüringer Landtag miteinander getroffen haben, die wir als CDU-Fraktion auch getragen haben - Sie nicht -, hat dazu geführt, dass ab 1. August die Kommunen mehr Geld bekommen. Siehe da, sie setzen dieses „mehr Geld“ tatsächlich auch in mehr Personal um. Bettina Löbel, die ich sonst selten zitiere, zumindest als Argumentationsverstärker hier vom Rednerpult aus, Bettina Löbel in der Einrichtung am Südpark 1,1 VbE-Erzieherstel
len mehr, allein durch die Regelung, die wir getroffen haben. Es ist ein erster Schritt, der getan ist. Wir haben gleichzeitig angekündigt, was ab 1. Januar 2010 geschieht, wie wir Schritt für Schritt die Zuschüsse erhöhen und wie wir zu den 1.000 Personalstellen mehr kommen wollen.
Da sind wir wieder bei dem, Frau Ehrlich-Strathausen, was Sie angemahnt haben - das Gespräch zwischen allen beteiligten Partnern, denn da gehören die Kommunen selbstverständlich mit ins Boot. Nicht nur dann, wenn die Kommunen danach schreien und sagen, Land, gib mir mal Geld, wir haben höhere Tarifabschlüsse, wir müssen die kommunalen Bediensteten besser bezahlen, Land, gib mir mal Geld dazu, sondern auch dann, wenn wir gemeinsam überlegen, wie wir Verbesserungen im Kindertagesstättenbereich vornehmen können und mit welchem Geld, mit wessen Geld, wohlgemerkt Steuergeld, wir dies letztendlich dann bezahlen oder ob wir vielleicht zu einem der drei Vorschläge greifen, die Herr Matschie bei den Handwerkern unterbreitet hat. Ich selber sage Ihnen, das ist für mich kein akzeptabler Vorschlag, weder Sozialleistungen kürzen noch mehr Schulden machen und Investitionen kürzen. Das alles dreies ist nichts, was funktioniert, also werden wir schauen, wie wir gemeinsam bei möglichen Mehreinnahmen, so sie bestehen, auch mehr Ausgaben leisten können oder wie wir verträglich in anderen Bereichen auch Mittel umschichten können. Dies wird geschehen, das sage ich Ihnen voraus. Ob mit Ihrer Mitwirkung oder ohne Ihre Mitwirkung wird sich der am 30. August zu wählende Landtag im Herbst dieses Jahres mit einer Haushaltsaufstellung beschäftigen müssen, mit einer Haushaltsaufstellung, bei der er eigene Schwerpunkte setzen kann, genau das, was Sie hier entweder skizzieren, oder das, was ein verantwortlicher Haushälter letztendlich auch an Mitteln bereitstellen kann. Dann werden wir auch Vorschläge und Anträge wieder diskutieren können, aber eben nicht Anträge, die Sie meinen, jetzt kurz vor Ultimo, drei Wochen vor Abschluss der Legislaturperiode, der Landesregierung als Aufgabenstellung mit auf den Weg zu geben, insbesondere auch deswegen nicht, weil Sie sich dem dazugehörigen Diskussionsprozess seit fast einem Jahr verweigern. Sie bringen zwar jeden Monat einen neuen Vorschlag, Sie haben es aber beim letzten Mal nicht einmal versucht, diesen Vorschlag an den Sozialausschuss zu überweisen. Vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn der Sozialausschuss über Ihre sinnigen Vorschläge hätte auch diskutieren können, aber das wollten Sie gar nicht. Sie wollten eigentlich Klamauk bis zur letzten Stunde, Sie wollten den Vorschlag ganz am Ende. Eigentlich ist es ein Rausriss aus Ihrem Wahlprogramm, insofern sollten Sie es als Ihren Teil des Wahlprogramms auch betrachten. Heben Sie es sich auf, Sie werden es vermutlich nach dem 30. August nicht umsetzen können,
aber Sie können es dann weiter als Ihre Forderung durch das Land tragen. Die CDU-Fraktion wird den vorliegenden Antrag selbstverständlich ablehnen, erstens, weil er nicht zeitgemäß ist, zweitens, weil er ein Schaufensterantrag ist, und drittens, weil die gemachten Vorschläge durch null Deckung untersetzt sind. Vielen Dank.
Zunächst, Herr Kubitzki, bin ich Ihnen sehr dankbar, dass Sie damit bestätigen, dass es offensichtlich so was gibt. Wenn man den Ausführungen der Kollegin von der SPD folgt, hat man den Eindruck, dass es so etwas überhaupt nicht gibt. Zweitens pflichte ich Ihnen bei, dass augenscheinlich zu wenig Mittel für diesen Bereich zur Verfügung stehen. Wenn ein Drittel der Anträge nur bewilligt werden konnte und man weiß, dass jemandem alle zwei Jahre auch Mittel bewilligt werden können, heißt das, dass trotzdem einige Antragsteller leer ausgehen. Wir werden uns selbstverständlich dieser Aufgabe dann auch stellen müssen, diese Mittel zu verstärken. Ich halte aber dieses Instrumentarium für zielführend, für richtig, dass auf Antrag unkompliziert auch die Stiftung FamilienSinn diese Mittel gewähren kann. Natürlich geht es dabei, das klingt auch sehr hart, immer ein Stückchen nach dem Windhundprinzip. Jetzt werden Sie keine Anträge mehr für 2009 bewilligt bekommen können, weil nur begrenzte Mittel da waren. Wichtig ist aber, dass erstens die Betroffenen um dieses Instrumentarium wissen und dass zweitens, wenn wir diesen Mehrbedarf erkennen - und den erkenne ich genauso wie Sie, ich habe dieses Interview von Herrn Illert auch gehört -, wir dann in künftigen Haushalten auch mehr Mittel bereitstellen. Das
gilt auch für die Stiftung FamilienSinn. Wir werden auch bei der Stiftung FamilienSinn schauen, wie wir Sachen effektiver bewirtschaften können, wie wir der Stiftung FamilienSinn auch mehr Mittel bereitstellen können. Andere erfolgreiche Stiftungen, die wir in den vergangenen Jahren hatten - wir hatten das ein paar Mal diskutiert -, die sind erst dann richtig gut ins Laufen gekommen, als sie die ausreichende Finanzausstattung hatten. Da brauchen wir mehr Geld. Die Stiftung „Nothilfe für die Familie, Hilfe für schwangere Frauen in Not“ ist ein Beispiel dafür. Da haben wir mehrmals als Parlament Mittel nachgeschossen, auch Mittel in Zeiten, wo zusätzliche Mittel bereitstanden, und auch zusätzlich in die Einlage mit reingegeben. Das gilt auch für die Ehrenamtsstiftung, wo wir irgendwann wollen, dass sich die Ehrenamtsstiftung aus Erträgen finanzieren kann. Das gilt auch für die Stiftung FamilienSinn, wo wir wissen, dass zurzeit vieles von den Mitteln, die auf dem Kreditmarkt angelegt waren, nicht das an Zinsen trägt, was wir uns vielleicht mal bei der Gründung der Stiftung erhofft hatten. Das ist ein Kapitel in all den betroffenen Stiftungen. Ich bin aber dankbar, dass Sie zumindest den Bedarf auch erkennen und dass wir dann offensichtlich gemeinsam darum streiten können, dass wir auch mehr Mittel bereitstellen.
Frau Präsidentin, dieses Mal geht es auch ganz schnell. Frau Ehrlich-Strathausen, das war so wirr durcheinander, da war nicht alles zu verstehen, was Sie gemeint haben. Vielleicht wäre es wirklich gut gewesen, man hätte das im Ausschuss miteinander diskutiert. Da wäre vielleicht einiges auch erklärbar gewesen, was Sie hier nicht mehr hinbekommen.
Was mich aber eigentlich hier vor getrieben hat, sind zwei Sachen aus Ihrer Rede, Herr Bärwolff. Sie haben sich hier vorn ans Rednerpult gestellt und haben im Zusammenhang mit dem Ministerpräsidenten gesagt - ich zitiere - „unser geliebter Führer“. Ich bitte Sie eindringlich, gehen Sie hier vor, entschuldigen Sie sich dafür. Das ist Sprachgebrauch, der aus einer ganz finsteren dunkelbraunen Ecke kommt. Selbst wenn es von Ihnen spaßig gemeint gewesen sein sollte, erwarte ich von Ihnen, dass Sie das hier heute noch richtigstellen. Ansonsten, das verspreche ich Ihnen, werde ich Ihnen das bei jeder passenden Gelegenheit vorhalten.
Ich hoffe, es ist ihm rausgerutscht, aber da hat er die Gelegenheit, das entsprechend auch hier richtigzustellen. Es ist im Protokoll nachzulesen.
Ein zweiter Punkt, Herr Bärwolff, das ist nur als Hinweis gemeint, da müssen Sie schon aufpassen. Ich habe mich vorhin in der Tat vertan; wenn ich hier vom Kapitalmarkt an dieser Stelle rede, aber den Zinsmarkt meine, ist das ein Fehler gewesen. Wenn Sie das aber konsequent weiter forttragen und das irgendwann bei Ihren Freunden von der Kommunistischen Plattform kundtun, bekommen Sie zu Recht dort Kloppe. Deswegen übernehmen Sie nicht die Fehler von mir; ich rücke es jetzt gerade, was ich vorhin falsch gesagt habe. Natürlich geht es da um den Zinsmarkt. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, vorab eine einleitende Bemerkung: Herr Fiedler ist darauf eingegangen, es war gestern hier im Landtag Thema, ich war bei der Räumung des besetzten Hauses vor Ort. Ich habe an dem Tag und an den Tagen danach aus meiner Position zu den Vorgängen dort keinen Hehl gemacht. Ich habe keinen Hehl daraus gemacht, was ich dort für Straftatbestände zu erkennen meinte. Ich habe diese Position öffentlich bekundet.
Seit einigen Tagen versucht eine rechtsextreme Gruppierung in Erfurt, diese Position, die ich dort formuliert habe, für ihre politischen Zwecke zu vereinnahmen und daraus zu erklären, wir hätten Gemeinsamkeiten. Ich will vorab erklären, es gibt keine Gemeinsamkeiten, weder mit Linksextremisten noch mit Rechtsextremisten.
Wir als CDU-Fraktion distanzieren uns von beiden, von Linksextremisten und von Rechtsextremisten. Das sind beides Gruppierungen, die wir weder in Parlamenten noch im demokratischen Spektrum sehen wollen. Das sind Verfassungsfeinde und Verfassungsfeinde werden jetzt Verfassungsfeinde genannt, werden Verfassungsfeinde in Zukunft von uns genannt und werden als Verfassungsfeinde von uns immer wieder gebrandmarkt. Das ist richtig und das ist notwendig und ich sage das deswegen vorweg, damit bei dem einen oder anderen von Ihnen erst gar keine Irritationen aufkommen.
Ein zweiter Punkt, Herr Kollege Dr. Hahnemann, wenn Sie sich hier hinstellen und die Linkspartei als Opfer von Diffamierung sehen, sage ich Ihnen, Sie sind zuallererst ein Opfer von sich selbst. Von dem, was Sie in der Vergangenheit getan haben, von dem, was Sie hier wieder versucht haben zu rechtfertigen, von dem, wie Sie junge Menschen ermutigt haben, wie Sie jetzt auch meinen, diese Situation zu beschönigen oder umzudrehen und damit noch zu erklären, dass es irgendwo eine Rechtfertigung dafür gäbe; die gibt es nicht. Mich würde sehr interessieren, ob Sie das, was Sie hier vorgetragen haben, für sich persönlich erklärt haben oder für den ganz linken Flügel hier in diesem Parlament oder vielleicht für die Linkspartei in Gänze. Ich sage auch ganz deutlich: Es ist gut, dass das, was Sie hier gesagt haben, sowohl in Textform dokumentiert ist
als auch offensichtlich später mal als Video angeschaut werden kann. Was Sie zu der Situation vor Ort gesagt haben, hätten Sie anders einschätzen können. Sie waren genauso wie die Abgeordnete Hennig sehr frühzeitig vor Ort, ich glaube, zu dem Zeitpunkt, als der Polizeieinsatz dort schon begann. Die Frage ist zu stellen, auf welchem informellen Weg Sie der Meinung waren, dass Sie an diesem Tag dort vor Ort präsent sein müssten. Wie auch immer. Die Räumung dort nicht deeskalierend zu begleiten, sondern Sie meinen, dort beobachten zu müssen. Das war augenscheinlich Ihr Ziel. Das haben Sie uns gerade dargestellt. Das ist offensichtlich auch einer Ihrer zentralen Kritikpunkte, was Sie an dem Einsatz festmachen, dass Sie eben nicht so nah herangelassen wurden, wie Sie vielleicht gemeint haben, dabei sein zu wollen. Im Innenausschuss ist erklärt worden, warum die Abgeordneten gebeten wurden, sich vom Ort des Geschehens zu entfernen - Sie zu einem späteren Zeitpunkt als die Kollegin Hennig -, warum Sie auch wieder, zumindest bis auf Höhe der Pressevertreter, herankommen konnten, als Sie sich dann massiv darüber beklagt haben. Das war alles kein Problem. Das einzige Problem, was Sie haben, ist, dass Sie meinen, Sie konnten dort nicht dokumentieren, Sie konnten nicht beobachten, was geschehen ist. Das ist Ihr tiefes Misstrauen gegenüber dem Rechtsstaat, dass Sie glauben, dass dort etwas geschieht, was Sie beobachten und hinterher brandmarken müssten.
Ich muss für die CDU Fraktion ganz deutlich sagen, was dort geschehen ist, das war rechtsstaatlich. Was die Polizei dort getan hat, war konsequent, war sachlich und war angemessen. Der Polizei gebührt unser Dank dafür.
Den 800 Polizeibeamten, die an diesem Tag im Einsatz waren, gebührt unser Dank. Auch deswegen waren sie in einer so hohen Anzahl im Einsatz, um zu vermeiden, dass dort mehr passiert. Es wird von verschiedenen Seiten bis hin zu Ihrem Parteivorsitzenden kritisiert, dass das vielleicht zu viel Polizei gewesen sein könnte. Ich wage die Frage zu formulieren, was geschehen wäre, wenn dort mehrere Polizisten durch die Hausbesetzer zu Schaden gekommen wären. Brandmittel, das haben wir gehört, standen dort bereit, Pflastersteine lagen auf den Dächern, es war eine hohe Bereitschaft da, sich auch in einer Form mit der Polizei auseinanderzusetzen, die offensichtlich zu Verletzungen hätte führen können. Wir haben das in den letzten Tagen gerade in Berlin erlebt. Wir erleben das in anderen Städten in
Deutschland. Ich möchte erleben, was hier los gewesen wäre, wenn Polizeibeamte bei diesem Einsatz zu Schaden gekommen wären. Wie die gleichen Leute, die heute sagen, es war viel zu viel Polizei, dann gesagt hätten, wie kann der Innenminister verantworten, zu wenig Polizisten in zu schlechter Ausrüstung in die Situation zu schicken, wo ihnen etwas passieren kann. Deswegen ist es heuchlerisch zu behaupten, es war zu viel Polizei. Das hat Ihr Parteivorsitzender getan.
Ich weise das zurück und sage noch mal, es gebührt der Dank den Polizeibeamten und der Einsatzleitung für das, was an diesem Tag geplant und letztendlich durchgeführt wurde.
Ich will mit einem weiteren Punkt aufräumen. Sie haben etwas zur Historie der Besetzung gesagt und versuchen, dies in einen politischen Kontext zu setzen. Das ist nicht so. Als vor acht Jahren dieses Gelände besetzt wurde, sind die damaligen Besetzer über das Thema Topf & Söhne und was dort Furchtbares auf diesem Gelände geschehen ist, erst gestolpert. Das war nicht das Ziel der damaligen Besetzung. Erst Schritt für Schritt ist diese Geschichte dort aufgearbeitet worden und es ist mit dem heutigen Investor erreicht worden, dass dort auch eine Gedenkstätte entstehen soll. Das ist richtig und notwendig und wird auch von meiner Fraktion begrüßt. Wir müssen aber auch zur Kenntnis nehmen, dass selbst diejenigen, die sich in dieser Initiative engagiert haben, am Ende die Hausbesetzer aufgefordert haben, dieses Gelände zu verlassen, um diese Gedenkstättenidee nicht zu gefährden. Das haben Sie nicht getan, das haben die Vertreter Ihrer Fraktion nicht getan. Sie haben im Gegensatz dazu, so wie Sie es hier auch gerade wieder getan haben, immer wieder in Pressemitteilungen darauf hingewiesen, dass doch dieses Konzept benötigt würde, dass man doch - ich zitiere - „schon aus humanitären Gründen Menschen nicht bei solchem Wetter auf die Straße setzen dürfte“. So ist es in Presseerklärungen von Ihnen erklärt worden. Frau Kollegin Hennig hat erklärt, die Stadt trage Verantwortung, dass Menschen ohne festen Wohnsitz nicht einfach obdachlos werden. Selbstverständlich trägt die Stadt dafür Verantwortung, aber in der Stadt werden Menschen ohne festen Wohnsitz nicht einfach obdachlos. Die allermeisten von denen, die sich auf diesem Gelände befanden, sind weder obdachlos noch ohne festen Wohnsitz. Das sind zum Teil Wochenendhausbesetzer gewesen, das sind zum Teil Leute gewesen, die einen festen Wohnsitz bei Vati und Mutti zu Hause hatten, das sind zum Teil Leute gewesen, die zum Duschen mal fix nach Hause gegangen sind und ansonsten einem alternativen Lebensstil gefrönt haben. Insofern ist das, glaube ich,
ein Stückchen schon Verkennung der Tatsachen, was sich auf dem Gelände auch in den letzten Jahren abgespielt hat.
Es gab Versuche, das hat ja, glaube ich, sogar Ihr Parteivorsitzender anerkannt. Ihr Parteivorsitzender, der sonst vorsichtiger ist, so den Keil zwischen die LINKEN und die ganz LINKEN bei Ihnen zu treiben, hat erklärt - ich zitiere auch aus seinen Positionen -: „Es war irgendwann der Zeitpunkt erreicht, wo die Jungen augenscheinlich nicht mehr bereit waren zu verhandeln. Es war augenscheinlich der Zeitpunkt erreicht, wo es nicht mehr anders ging.“ Das muss man zur Kenntnis nehmen. Da kann man sich an der gleichen Stelle nicht hier hinstellen und sagen, dieses Projekt hätte noch ein bisschen weitergehen können oder, wie Sie es erklärt haben, man hätte es politisch lösen können, man hätte es nicht polizeilich lösen müssen. Wo waren denn Ihre Vorschläge, etwas politisch zu lösen an dieser Stelle? Es war nichts. Sie haben dort daneben gestanden bis zu dem Zeitpunkt, als Sie gebeten wurden zu gehen. Sie haben nicht deeskalierend auf die Hausbesetzer eingewirkt und deswegen ist das auch nicht glaubhaft, wenn Sie sagen, man hätte es politisch lösen können. Auch Sie haben nicht den Versuch unternommen, es politisch zu lösen, weder mit Ihren Parteifreunden in der Stadt Erfurt, weder mit der Beigeordneten in der Stadt Erfurt noch mit Bürgermeister, noch mit sonst wem. Es gab Angebote an die Hausbesetzer, die sind ausgeschlagen worden.
Wenn ich jetzt im Nachhinein lese, wie dieser Einsatz bewertet wird - wir haben gerade die Diskussion gehört, dass sich da einige der zeitweilig Festgesetzten auch ungerecht behandelt fühlen -, da kann man die Tageszeitung von heute aufschlagen und da liest man noch ganz andere Töne. Da ist davon die Rede, dass - ich zitiere aus der TLZ - „Waffen auf friedlich frühstückende, biertrinkende oder friedlich an einen Betonklotz gekettete Besetzer“ gerichtet worden wären.
Da ist davon zu lesen, dass die Steinwürfe gegen Polizisten und brennende Autos vor allem eines für die Besetzer gewesen wäre, ein Zeugnis von Ohnmacht. Wenn man so etwas unwidersprochen im Raum stehen lässt, ist das schlichtweg ein Skandal. Wenn man so etwas unwidersprochen hier im Raum stehen lässt und dazu nicht Position bezieht, ist das politisch verantwortungslos, Herr Kollege Hahnemann.
Dazu gehört auch, was man so im Internet zu diesem ganzen Geschehen lesen kann. Da positioniert
sich ein Landtags-, Bundestags- und Stadtratskandidat der Grünen im Internet mit seiner eigenen Abenteuergeschichte, die er da darstellt mit den Worten, er hätte das dort als Folter empfunden, was ihm passiert ist, als Folter die Ingewahrsamnahme, weil er nämlich in der Zelle nicht auf das Klo konnte, weil er erst sehr spät zwei Becher Wasser bekam und später ein Brötchen mit Kochschinken und - ich zitiere aus seinem Interneteintrag: „Die Polizistin, die mich erkennungsdienstlich behandelte, war die einzige an diesem Tag, die eine gewisse Professionalität an den Tag legte, weder folterte noch rumnervte.“
Da frage ich mich, wes Geistes Kind meinen für Politik Position beziehen zu wollen, zu kandidieren, wenn solche Schilderungen unwidersprochen dann auch im Raum stehen bleiben.
Wie die Räumung tatsächlich war, haben wir vom Innenminister gehört, vielen Dank für den Bericht. Ich habe das vor Ort erleben können. Ja, es ist zutreffend, es gibt auch Fotos davon, weil wir in der Vergangenheit nämlich erlebt haben, dass hinterher die Geschichte immer wieder ein Stückchen verdreht wurde, immer wieder anders erzählt wurde. Das haben schon Vorgänger hier im Parlament getan. Ich kann mich erinnern an Demonstrationen in Erfurt, als Steffen Dittes uns hinterher abenteuerliche Geschichten erzählen wollte, wie das abgegangen ist.
Genau das Gleiche gilt aber auch für die Veranstaltung an dem Abend. Auch an dem Abend die Demonstration, die da stattfand, wo die gleichen üblichen Kolleginnen und Kollegen wieder vertreten waren - Frau Hennig, Herr Hahnemann, Herr Bärwolff, das ist genannt worden - und es dort eine Diskussion gab zunächst zwischen dem Demonstrationsleiter Bärwolff und der Polizei, als es um die Frage ging, wie die Demonstration sich jetzt in Bewegung setzt. Als der Landtagskollege Bärwolff nicht mehr Demonstrationsleiter war, ein junger Mann augenscheinlich von der Linkspartei der Stadt Erfurt das Zepter übernahm als Demonstrationsleiter und auf einen Polizisten zuging und dort, so ist es auch in der Presse nachzulesen, sagte: Wenn Sie uns jetzt nicht loslaufen lassen, werden wir Erfurt in Schutt und Asche legen. Das hat ein Vertreter - ich glaube, der ist jetzt inzwischen verantwortlich für die Wahlkampforganisation in der Stadt Erfurt für die Linkspartei - der Linkspartei gegenüber einem Polizeibeamten und im Beisein eines Journalisten gesagt. Ich finde, das ist ein Skandal.
Und ich finde, es ist ein Skandal, dass Sie sich davon nicht distanzieren, dass Sie dazu nichts sagen, obwohl Sie augenscheinlich diese Vorwürfe kennen, teilweise selbst miterlebt haben.
Ich will für uns ganz deutlich sagen: Für uns ist das, was sich an diesem Tag abgespielt hat, aber auch das, was sich in der Folge abgespielt hat, etwas, wenn Sie sich ausdrücklich als Partei nicht davon distanzieren, wo die Verantwortung mit Ihnen gemeinsam mit nach Hause geht. Daran ändern Ihre Versuche, etwas zu relativieren, hier vorn nichts. Ich bleibe dabei, das, was sich in diesen Tagen und auch danach abgespielt hat, das sind keine politischen Botschaften mehr, dort ging es vielen der Betroffenen um Randale. Wenn man das bei der Demonstration erlebt hat - bei der Demonstration wechselte der Spruch, der vorher an Häuserwände geschrieben war, „Wir bleiben alle“, zu fortgerückter Stunde in den Slogan „Bier ist alle“. Da wird so ein Stückchen klar, was da für Leute auch durch die Innenstadt gezogen sind. Wir haben vom Innenminister gehört, dass dieses Treiben bis jetzt noch nicht zu Ende ist. Ich bin für die CDU-Fraktion der Polizei dankbar, dass sie an dieser Stelle ihren Job macht. Und ich sage auch, das konnten wir in den letzten paar Tagen erleben, die übergroße Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Erfurt sieht das so, Sie sind mit Ihrer Position, die Sie hier gerade skizziert haben, ausgesprochen einsam. Ich kann Sie nur auffordern und da fordere ich insbesondere die erste Reihe der Linksfraktion hier auf: Erklären Sie, wie Sie in Gänze als Fraktion oder als Partei zu diesem Thema stehen, ansonsten nehmen Sie in Kauf, dass dieses Thema Sie noch eine ganze Weile begleiten wird. Dann komme ich zu dem zurück, was ich vorhin gesagt habe: Unrecht wird für uns immer als Unrecht benannt und als Unrecht gebrandmarkt werden, das gilt sowohl für Unrecht von Linksextremisten wie für Unrecht von Rechtsextremisten, da machen wir keinen Unterschied. Vielen Dank.
Abgeordneter Seela fragt die Landesregierung:
Vollsperrung der Bundesstraße B 7 im Bereich Mühltal
Laut Ostthüringer Zeitung vom 13. März 2009, Lokalteil Jena, soll die Bundesstraße B 7 im Bereich des Mühltals vom Ortsausgang Jena (Beginn des Mühltals) bis Ortseingang Isserstedt im Zuge von zwei Brückenbauarbeiten vom 1. Juni bis Ende August dieses Jahres vollständig für jeglichen Fahrzeugverkehr gesperrt werden. Bereits im Jahr 1992 gab es eine Brückenbaumaßnahme im genannten Bundesstraßenabschnitt in Höhe der Gaststätte „Carl August“, bei der jedoch nebst Baustellenampelregelung eine einspurige Behelfsbrücke für den Pkw-Verkehr zur Verfügung stand. Auf diese Weise konnte damals den Berufspendlerströmen zwischen den Städten und Einzugsgebieten Jena, Weimar und Apolda einschließlich der Zugänglichkeit zum Globus-Einkaufsmarkt Isserstedt Rechnung getragen werden.
Sollte der Pkw-Verkehr auf die „Umleitungsstrecken“ Großschwabhausen-Münchenroda/Remderoda bzw. Rautal-Closewitz-Lützeroda ausweichen müssen, ist davon auszugehen, dass die Strecken aufgrund ihres baulichen Zustandes sowie ihrer Kapazität für eine Umleitung nicht ausgelegt sind.
1. Aufgrund welcher Gutachten wurde die Entscheidung zu den Brückenbaumaßnahmen getroffen (bitte mit Datum und Votum angeben)?
2. Wurden die im genannten Zeitungsartikel verbreiteten Planungen mit den Ortsteilbürgermeistern bzw. Ortsbürgermeistern der an den möglichen „Umleitungsstrecken“ gelegenen Ortschaften be
sprochen (bitte Verantwortlichkeit, Datum des Ge- sprächs und die Positionierung der Mandatsträger angeben)?
3. Wurde die Errichtung zweier einspuriger Behelfsbrücken in den vorgesehenen Baustellenabschnitten nebst Ampel geprüft (bitte Verantwort- lichkeit, Datum der Prüfung und Ergebnis sowie Kosten bei Einrichtung angeben)?
4. Wird die Bauphase gleichzeitig dazu genutzt, um die stadteinwärts folgende „60 km/h“-Kurve zu entschärfen, da es in den vergangenen Jahren an dieser Stelle wiederholt zu schweren Unfällen kam, und um am Abzweig Cospeda eine Linksabbiegespur einzurichten (bitte im Falle der Verneinung Begründung dafür angeben)?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das der Bericht aus dem Ausschuss gerade war, dann waren wir in verschiedenen Ausschüssen, Frau Kollegin. Ich habe auch den Beratungsverlauf im Ausschuss erlebt. Wir sind mitnichten zu dem Votum gekommen, dass alle Gutachten der letzten Monate den Gesetzentwurf der Opposition bestätigt hätten. Ich werde darauf gern eingehen und werde Ihnen das auch erklären. Es ist schlichtweg falsch und es ist deswegen auch nicht angemessen, uns dies hier als Bericht des Ausschusses zu verkaufen. So war es nicht.
Wir haben hier in der Tat so oft miteinander diskutiert zum Familienfördergesetz oder zum Gesetzent
wurf der Oppositionsfraktionen, Frau Kollegin Jung, Sie haben es gerade gesagt, eigentlich fällt einem kaum noch etwas Neues ein. Sehr wohl sollten wir allerdings eine Zusammenfassung dazu bieten, weil natürlich das, was Frau Kollegin Künast gerade geschildert hat, was wir in den letzten 16/18 Monaten miteinander im Sozialausschuss diskutiert haben, sehr wohl eine ganze Menge an zusätzlichen Erkenntnissen gebracht hat und - ich sage für die CDU-Fraktion - sehr wohl seine Berechtigung hatte, dass wir das diskutiert haben. Wir haben von Beginn an gesagt, das hat die Landesregierung gesagt, aber das haben auch wir als CDU-Fraktion gesagt mit der Verabschiedung der Familienoffensive, wir werden das wissenschaftlich begleiten lassen. Wir werden uns sehr genau die Auswirkungen und Ergebnisse anschauen. Wir werden daraus unsere Schlussfolgerungen ziehen und gegebenenfalls auch Handlungs- und Änderungsvorschläge vorlegen. Genau das ist geschehen. Die Landesregierung hat ein Gutachten bei Herrn Prof. Opielka in Auftrag gegeben. Prof. Opielka und sein Team haben dieses Gutachten erarbeitet. Ich darf daran erinnern, es war die Landesregierung und nicht, wie heute vielleicht manche glauben, die Opposition, die dieses Gutachten in Auftrag gegeben hat. Wir haben als CDUFraktion gesagt, dieses Ergebnis wird für uns die Richtschnur des Handelns sein. Das habe ich in der letzten Plenarsitzung mehrfach gesagt. Ich habe auch in der letzten Plenarsitzung gesagt, dass wir zur heutigen Sitzung Vorschläge vorlegen werden und mitnichten dem Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit, wie Sie es interpretiert haben, Frau Kollegin, sondern heute im Plenum. Das haben wir getan, unser Antrag liegt Ihnen vor. Über unseren Antrag werden wir miteinander diskutieren und den werden wir heute vermutlich auch abschließend beraten können.
Zu dem Gesetzentwurf, den Sie uns präsentiert haben, haben wir uns im Verlauf der Diskussion im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit sehr eindringlich mit den Fragen beschäftigt, ob und wie er finanzierbar ist. Wir haben uns in den letzten Wochen sehr deutlich mit der Frage beschäftigt, inwieweit er mit den Gutachten, die Sie zitiert haben, korrespondiert. Ich weise darauf hin, es gibt, insbesondere was das Gutachten von Prof. Opielka angeht, gravierende Abweichungen zu Ihrer Interpretation. Prof. Opielka sagt eben mitnichten, dass der Gesetzentwurf der Opposition tauglich wäre und hier beraten oder beschlossen werden sollte. Prof. Opielka weist auf zwölf verschiedene Handlungsempfehlungen hin und bei diesen Handlungsempfehlungen - auch das habe ich hier bereits gesagt - sind wir uns weitestgehend sogar einig und die werden wir Schritt für Schritt auch umsetzen. Ich weise aber zunächst mal auf die Differenzen hin, was Prof. Opielka am Gesetzentwurf der Opposition augenscheinlich nicht
an Übereinstimmung untergeschoben werden kann. Prof. Opielka regt an, das Landeserziehungsgeld auszuweiten, die Lücke zwischen Landeserziehungsgeld und Bundeselterngeld zu schließen. Das heißt - so ist es in unserem Antrag formuliert -, wir wollen das Landeserziehungsgeld zusätzlich für die Kinder zwischen dem ersten und dem zweiten Geburtstag einführen. Das ist das, was Prof. Opielka fordert, das ist mitnichten das, was Sie in Ihrem Gesetzentwurf fordern. Sie fordern eine ersatzlose Streichung des Landeserziehungsgelds, ein Griff in die Taschen der Eltern, auch derjenigen, die ihr Kind nicht in der Kindertagesstätte betreuen lassen, aber eben auch derjenigen, die in der Kindertagesstätte sind und wo Geschwisterkinder den Bonus bekommen. Das ist von uns keinesfalls gewollt, wird von uns keinesfalls getragen und es ist nicht so, dass Sie Prof. Opielka als Kronzeugen für Ihren Gesetzentwurf anführen können.
Auch an der zweiten Stelle, wo es immer Diskussionen gibt, die Frage der Stiftung FamilienSinn: Prof. Opielka regt eine Fortentwicklung der Stiftung FamilienSinn an. Er stellt kritische Fragen, aber er sagt, die Stiftung FamilienSinn soll weiterentwickelt werden. Sie wollen eine Streichung der Stiftung FamilienSinn. Sie wollen auch da Gelder, die für einen wichtigen Bereich vorgesehen sind, ersatzlos wegnehmen und eben in Kitas stecken.
Natürlich, Herr Kollege Matschie, aber Ihre Frau Kollegin Künast hat sich gerade darauf berufen, dass alle Gutachten genau das bestätigen würden, was sie als Bericht des Ausschusses vorgetragen hat. Das ist falsch. Ich bin vorsichtig mit der Wortwahl, was es sonst auch noch sein könnte, aber es ist falsch.
Das ist ja nachzulesen, man muss sich mit dem Gutachten eben auch beschäftigen.
Sie wollen in Ihrem Gesetzentwurf einen Personalschlüssel für die Drei- bis Sechseinhalbjährigen von 1 : 10. Prof. Opielka weist darauf hin, dass bei dieser Altersgruppe augenscheinlich 1 : 15 der Durchschnitt ist. Ich war diese Woche überrascht, Frau Kollegin Jung, Sie waren dabei, Prof. Merten hat in Jena Studien vorgestellt, darin war das erste Mal davon die Rede, dass auch die europaweite Empfehlung bei 1 : 15 liegt. Ich darf darauf hinweisen,
das ist genau das, was wir in Thüringen derzeit als Norm haben. Man kann darüber streiten, dass wir uns gern mehr wünschen, aber man kann es eben nicht als Begründung anführen, dass es im Gutachten von Prof. Opielka stünde. Im Übrigen sagt Prof. Merten an dieser Stelle auch sehr deutlich, er möchte mehr, aber er erklärt eben auch, es gibt offensichtlich eine europaweite Norm, die bei 1 : 15 liegt. Das ist in der Vergangenheit hier immer ganz anders diskutiert worden.
Auch was letztendlich die 2.000 Stellen angeht: Sie, Herr Matschie, sagen immer wieder, 2.000 Stellen sind dringend nötig und die benötigen wir sofort. Auch das ist durch die Studie von Prof. Opielka nicht zu untermauern. Prof. Opielka und Prof. Winkler, die uns im Ausschuss für Soziales, Familie und Gesundheit zu dem Thema Rede gestanden haben, regen die zusätzliche Bereitstellung von 700 Erzieherstellen an. Das ist nachzulesen, das ist nachzurechnen. Die reden mitnichten von 2.000 Erzieherstellen, man kann das ja an dem Schlüssel festmachen, was Sie sagen; 1 : 4 für die Null- bis Einjährigen, 1 : 6 für die Ein- bis Zweijährigen. Sie sagen darüber hinaus für die Zwei- bis Dreijährigen 1 : 8 und Sie sagen darüber hinaus für die größeren Kinder 1 : 15. Genau dem folgt im Übrigen unser Vorschlag, der Ihnen heute vorliegt. Ich werde darauf eingehen und werde es dann sicherlich auch vorrechnen. Das führt eben zu 700 Personalstellen und nicht zu 2.000 Personalstellen.
Wir haben uns mit dem, was wir als CDU-Fraktion Ihnen heute vorgelegt haben, an dem orientiert, was finanziell machbar ist. Wir haben uns an dem orientiert, dass wir gesagt haben, wir wollen erste Schritte auch in dieser Legislaturperiode noch gehen, um eine spürbare Verbesserung der Betreuungssituation für die Kleinstkinder zu erreichen. Denn das sagt uns auch jeder, der Schuh drückt am meisten in der Personalsituation bei den Null- bis Zweijährigen. Wir haben deswegen sehr wohl mit unserer Positionsbeschreibung recht, wenn wir sagen, wir wollen dort den Kommunen mehr Geld geben. Mehr Geld, wohlgemerkt zusätzlich, um die Personalsituation in diesem Bereich zu verbessern. Der Vorschlag, den wir Ihnen als CDU-Fraktion auf den Tisch legen - und von der Landesregierung ist dieser Vorschlag auch schon unterbreitet worden -, bedeutet 20 € pro Kind pro Monat als zusätzliche Landespauschale für die Kleinkinder, also für die Ein- bis Dreijährigen. Das bedeutet in der Summe immerhin ab August dieses Jahres 3,5 Mio. € zusätzliche Finanzmittel für die Kommunen. Das bedeutet im nächsten Jahr 8,4 Mio. € für die Kommunen und wir haben im nächsten Schritt auch angekündigt, dass sich das Schritt für Schritt auf eine Landespauschale von 50 € summieren soll und es in der Endausbaustufe dann mal 21 Mio. € sein werden. Das
geht nur Schritt für Schritt, weil auch das Geld, das wir in diesem Bereich einsetzen, nicht auf Bäumen wächst, aber wir haben sehr wohl die Bereitschaft erklärt, wir wollen dieses Geld zusätzlich einsetzen und, Herr Matschie, wir wollen es eben nicht vorher den Eltern wegnehmen, sondern wir wollen es zusätzlich in diesem Bereich einsetzen. Das ist ein gravierender Unterschied. Wir haben darüber hinaus gesagt, für die Kinder, die sich in Betreuung befinden, für die wir bis jetzt den Zuschuss direkt bezahlt haben, für die Kleinstkinder, die Null- bis Einjährigen, soll ein zusätzlicher Zuschuss von 20 € ab dem Monat August gewährt werden und 50 € ab 01.01.2010. Auch das bedeutet, das will ich nur mal als Zahl in den Raum stellen, noch in diesem Jahr 70.000 € zusätzlich, das ist ein verhältnismäßig kleiner Betrag, aber im nächsten Jahr immerhin 420.000 € zusätzlich für die Kommunen. Ich sage bewusst immer wieder: zusätzlich. Wir wollen nämlich, dass dieses Geld tatsächlich zusätzlich in mehr Betreuungsqualität fließt.
Das Landeserziehungsgeld, das wissen Sie aus den vorangegangenen Diskussionen, ist für uns ein elementarer, ein wichtiger Baustein. Insofern ist es sehr gut, dass in unserem Antrag auch klar formuliert ist, was wir in diesem Bereich vorhaben. Wir wollen ab 01.01.2010 das Landeserziehungsgeld auf die doppelte Bezugsdauer ausweiten, damit die Eltern eine Antwort bekommen, wie sie im Anschluss an das Bundeselterngeld unterstützt werden, so sie die Betreuung selbst organisieren, und damit die Eltern auch gleichzeitig eine Antwort bekommen, wie sie eine lückenlose Anerkennung ihrer Betreuungs- und Erziehungsleistungen erhalten können. Ich habe diese Woche in der Diskussionsrunde gehört, eigentlich würde man das bei den LINKEN vielleicht auch so wollen, aber das Geld reicht eben nicht und man müsste ja irgendwie sehen, wie man es finanziert. Ich lese sehr wohl Positionspapiere der LINKEN aus dem Saarland, die von Erziehungsgehalt sprechen. Das geht deutlich über das hinaus, was wir hier miteinander diskutieren. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Sie das so ernst meinen. Wir werden dann irgendwann auch zur Nagelprobe kommen, wenn es um die Frage geht, ob wir das Landeserziehungsgeld tatsächlich ausweiten und das hier auch in Beschlussfassung gießen. Ich bin da sehr gespannt. Ich habe es aber, wie gesagt, Frau Kollegin Jung, in dieser Woche das erste Mal mit Interesse gehört.
Wenn wir das Landeserziehungsgeld ausweiten, bedeutet das rund 38 Mio. € Mehrkosten. 38 Mio. € bezahlen wir zurzeit für die Zwei- bis Dreijährigen an Landeserziehungsgeld, rund 4 Mio. € verbleiben sowieso bei den Eltern als sogenannter Geschwisterbonus und von den restlichen Geldern fließen dann, wenn ein Kind eine Einrichtung besucht, die 150 € per Abtretungserklärung an die Einrichtung.
Das sind derzeit bei den Kindern von zwei bis drei Jahren rund 25 Mio. €, die den Einrichtungen direkt zufließen. Das wird bei den Ein- bis Zweijährigen etwas anders aussehen. Bei den Ein- bis Zweijährigen haben wir derzeit thüringenweit eine Betreuungsquote von rund einem Drittel, 33 Prozent. Man darf also unterstellen, wenn man die Zahlen der Zwei- bis Dreijährigen herunterbricht, dass etwa 10 bis 12 Mio. € Landeserziehungsgeld in die Kindertageseinrichtungen übergeleitet werden. Auch das wird ein zusätzlicher Mosaikstein sein, wonach die Träger in der Lage sein werden, erheblich mehr an personellen Ressourcen, an Betreuungsressourcen für die Kinder einzusetzen. Wir wollen das, wir wollen das aber wohlgemerkt im Gleichklang mit der Förderung der Eltern und mit der zusätzlichen Bereitstellung von Mitteln für die Einrichtungen.
Wir wollen als Drittes etwas, was wir auch schon angekündigt haben und jetzt aber auch per Beschlussfassung deutlich signalisieren wollen. Wir wollen den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz absenken auf das vollendete erste Lebensjahr. Wir sind das erste Bundesland, was so etwas einführen kann, das erste Bundesland, was das auch signalisiert. Es gibt kein anderes Bundesland, in dem Sie einen Betreuungsanspruch auf einen Ganztagsplatz in dieser Form vorfinden. Insofern ist es ein deutliches Signal an die jungen Eltern, dass sie entweder eine materielle Unterstützung für die Betreuung ihres Kindes oder aber dass sie einen garantierten Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz bekommen. Wir haben derzeit Zahlen, die uns in Thüringen ausgesprochen stolz machen können, was die Inanspruchnahme von Ganztagsbetreuungsplätzen angeht. Alle Kinder, die wir insgesamt in der Alterskategorie haben, da liegen wir deutschlandweit vorn mit 85,4 Prozent der Kinder, die einen Ganztagsbetreuungsplatz in Anspruch nehmen. Es gibt Bundesländer, die liegen deutlich hinter uns. Das sind dann die Bundesländer in der Regel, die sich eine andere Betreuungsqualität, was die Personalintensität angeht, leisten können. Die letzten Studien, die wir dazu vorgelegt bekommen haben, sagen etwas über das Ranking, wie ist die Personalquote zwischen Kind und Erzieherin. Thüringen liegt zumindest unter den fünf neuen Bundesländern immer noch am besten, allerdings mit allen fünf anderen neuen Bundesländern am Ende der Tabelle deutschlandweit. Thüringen hat eine Gesamtbetreuungsrelation von 1 : 9,5. Ich darf mal die anderen Zahlen aus den anderen neuen Bundesländern zitieren: Brandenburg und Sachsen 1 : 10,5, Mecklenburg-Vorpommern 1 : 10,2, Sachsen-Anhalt 1 : 9,8. Das sind vergleichsweise schlechte Werte, wenn wir uns die Zahlen der alten Bundesländer anschauen. Bremen liegt bei 1 : 6. Aber Bremen - und dann komme ich zu dem zurück, was ich vorher gesagt habe - hat nur eine Ganztagsbetreuungsquote von
20 Prozent. Lediglich ein Fünftel der Kinder in Bremen nimmt einen Ganztagsbetreuungsplatz in Anspruch. Selbstverständlich fällt es den Kolleginnen und Kollegen in Bremen etwas leichter, auch zusätzliches Geld in Betreuungsqualität zu stecken, wenn sie die Intensität, die Dauer der Betreuung in diesem Maße nicht sicherstellen müssen.
Wir haben bei den Drei- bis Sechsjährigen ebenfalls deutschlandweit mit Abstand die höchste Quote. 95,9 Prozent der Kinder bei den Drei- bis Sechseinhalbjährigen besuchen eine Einrichtung. Das sind Zahlen, die liegen über dem, was es zu DDR-Zeiten gab, die statistischen Zahlen der letzten Jahre sind noch abrufbar. Das ist insofern etwas, was uns ein Stück weit mit Stolz erfüllen darf, was wir auch deutlich sagen dürfen, denn es dokumentiert ein Zweites. Es dokumentiert nicht nur, dass wir ausreichend Plätze für diese Kategorie der Kinder vorhalten, sondern, dass augenscheinlich die Eltern diese Betreuungssituation akzeptieren, qualitativ hoch einschätzen und auch gern nutzen. Das ist auch das, was sich in den Studien von Prof. Opielka und Prof. Winkler wiederfindet. Sie sagen unisono, die Eltern sind hoch zufrieden mit der Betreuung. Ich weiß sehr wohl, dass das anders reflektiert wird von den Erzieherinnen, die zum Teil sagen, das geht auf unsere Knochen und auf unsere Kosten, wir müssen auch vieles leisten, dass die Eltern so hoch zufrieden sind. Allerdings ist die übergroße Mehrheit der Thüringer Eltern mit der Betreuungsqualität, mit der Betreuungsintensität in den Einrichtungen augenscheinlich zufrieden. Das sagt uns die Studie von Prof. Opielka und es ist nachlesbar. Das ist Anerkennung wert, Anerkennung wert auch für die Arbeit, die die Erzieherinnen in den Kindertageseinrichtungen leisten.
Wir haben uns, was die Betreuungszahlen der letzten Jahre angeht, sehr genau die Zahlen angeschaut, wie viel Personal leistet welche Betreuung mit wie vielen Kindern. Auch da müssen wir mal mit einer Mär der letzten paar Jahre aufräumen, was uns so immer wieder gesagt wurde, massenhaft Personalabbau, massenhaft Entlassungen. Das ist mitnichten so. Das Landesamt für Statistik hat die Zahlen vorgelegt, wie viele Erzieherinnen in Kindertageseinrichtungen beschäftigt sind. Zwischen 2002 und 2008 ist die Zahl der Erzieherinnen in den Kindertageseinrichtungen von 9.396 auf 9.986 gestiegen, umgerechnet in Vollbeschäftigteneinheiten nach wie vor eine deutliche Steigerung von 7.890 Vollbeschäftigteneinheiten auf 8.321. Das ist eine Steigerung. Frau Jung, wir wissen beide, im gleichen Zeitraum sind auch mehr Kinder betreut worden, das ist richtig, aber wir wissen auch beide, dass damit mit der Mär aufgeräumt ist, dass in den letzten paar Jahren scharenweise Erzieherinnen entlassen wurden. Das ist augenscheinlich falsch, es sind mehr Er
zieherinnen, die heute beschäftigt werden in diesem Bereich. Es sind auch - und das sage ich deutlich - mehr Kinder, die betreut werden und wir haben auch den Rechtsanspruch zwischenzeitlich abgesenkt. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Wir müssen uns aber auch die Frage stellen, wenn wir über 8.321 Vollbeschäftigteneinheiten im Kindertagesstättenbereich reden: Wie viele müssten es denn laut Gesetz sein und was geschieht denn mit den Erzieherinnen, die in den Einrichtungen diese Betreuung leisten? Wenn man die Zahlen miteinander vergleicht - das Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz gibt eine klare Norm vor, was die Personalmindestausstattung angeht -, dann stellen wir fest, wir haben in Thüringen wohlgemerkt derzeit eine Größenordnung von etwa 400 Erzieherinnen mehr, die beschäftigt werden, als das Kindertageseinrichtungsgesetz vorschreibt - 400 Vollbeschäftigteneinheiten Erzieherinnen mehr. Die tun das deswegen, weil augenscheinlich die kommunale Seite in vielen Bereichen bereits zusätzlich noch eine Scheibe zu dem drauflegt, was das Kita-Gesetz vorgibt. Wir sagen als CDU-Fraktion, wir finden es richtig und notwendig, wir wollen das auch. Wir haben mit dem Kita-Gesetz eine Personalmindestausstattung formuliert und haben gesagt, bitte schön, ihr als Kommunen, wenn ihr in der Lage seid, wenn ihr das auch für notwendig erachtet, legt entsprechend eurer Leistungsfähigkeit da etwas drauf. 400 Erzieherinnen mehr, die es in Thüringen gibt, müssen selbstverständlich auch in die Betreuungsqualität mit eingerechnet werden. Das geschieht momentan bei all den Studien, die Zahlen miteinander vergleichen, eben nicht. Da wird lediglich das genommen, was im Gesetzestext drinsteht, dann wird formuliert, wo wollen wir gern hin - 2.000 Personalstellen mehr, Herr Matschie - und da wird gesagt, jetzt brauchen wir 2.000 Erzieherstellen mehr. Augenscheinlich ist das nicht so. Es gibt eine ganze Menge Erzieherstellen, die bereits auch mehr in den Einrichtungen sind. Wir wollen, dass sie dort bleiben, wir wollen den Kommunen helfen, dass sie zusätzliche Erzieher auch einstellen können.
Ich will das gern mal an einem Beispiel illustrieren. In der Landeshauptstadt in Erfurt genauso wie in Jena - mein Kollege Seela, wir haben gerade darüber gesprochen - ist es in Erfurt üblich, dass wir mehr Personal zur Verfügung stellen, weil wir der Auffassung sind, dass wir bei den Null- bis Zweijährigen mehr Personal brauchen. Das führt dazu, dass die Stadt Erfurt bereits jetzt einen Personalschlüssel der Null- bis Zweijährigen von 1 : 6 sicherstellt. Jetzt hat sich eine Kollegin der LINKEN Stadtratsfraktion gedacht, na ja, jetzt müssen wir mal fragen, was bedeutet denn das, was der Dieter Althaus da als Wahlgeschenk verkündet. Das heißt, was sind die Auswirkungen für die kommunale Seite,
wie viel müssen die denn drauflegen, müssen die vielleicht die Zeche bezahlen und wie geht denn die Sache aus. Also hat sie die Stadtverwaltung in einer Anfrage damit konfrontiert, erstens, wie viel Geld bekommen wir, zweitens, wie viele Personalstellen bräuchten wir, um auf einen Schlüssel von 1 : 5 bzw. 1 : 8 zu kommen und drittens, wer soll die Differenz tragen. Ich war durchaus angenehm überrascht über die Beantwortung der Anfrage, weil die Beantwortung der Anfrage deutlich macht, die Kommunen tun mehr und sie brauchen Hilfe des Landes, um auf diese Quote zu kommen, die wir gern hätten. Die Stadt Erfurt - Oberbürgermeister Bausewein ist nicht verdächtig, dass er das nur uns zuliebe getan hat, Sozialbeigeordnete Thierbach ganz sicher auch nicht -, Oberbürgermeister Bausewein hat geantwortet, wir bekommen in diesem Jahr, in 2009, vom Land 367.000 € zusätzlich, damit könnten wir 18 Personalstellen zusätzlich finanzieren für die Null- bis Zweijährigen und exakt damit ist der Bedarf gedeckt, 19 bräuchten wir, um auf einen Personalschlüssel von 1 : 5 zu gelangen. Für nächstes Jahr hat er es auch schon mal gleich vorsorglich ausgerechnet und gesagt, na ja, danach bekommt die Stadt Erfurt 2,1 Mio. € vom Land zusätzlich und bräuchte exakt 2,48 Mio. € - also rund 2,5 Mio. € -, um genau 62 zusätzliche Personalstellen zu schaffen, aber 53 bezahlt allein das Land mit dem Geld, was es der Kommune gibt.
Ich sage an dieser Stelle, und das sage ich ganz deutlich, die Kommunen sind auch in der Lage dazu, wenn sie ihren Beitrag dazu leisten, genau diesen Personalschlüssel zu erreichen. Sie wollten das immer im Gespräch mit uns gemeinsam. Es gab die Gespräche vonseiten des Kultusministeriums mit den kommunalen Spitzenverbänden. Ich muss sehr wohl registrieren, es gab nicht eine übergroße Bereitschaft, jetzt vor der Wahl noch zu sagen, wir treffen da auch gemeinsame Entscheidungen. Das darf man hier an dem Pult mal deutlich sagen. Es gab aber immer wieder in Gesprächen das Signal, wir wollen, wir akzeptieren, wir wissen, dass es einen besseren Betreuungsschlüssel gibt und wir müssen nur mal sehen, wer wie was bezahlt.
Prof. Opielka sagt das ganz gut in seinem Gutachten, wer hat bis jetzt was bezahlt und trifft dann auch eine Empfehlung dazu. Er sagt, der Freistaat Thüringen bezahlt mit rund 37 Prozent einen hohen Anteil, die kommunale Seite mit rund 42 Prozent ebenfalls einen hohen Anteil, die Eltern mit 18 Prozent, zumindest im nationalen Maßstab, einen vergleichsweise niedrigen Anteil. Ich habe das hier an der Stelle schon mal gesagt, jetzt müssen wir überlegen, wem können wir welche Lasten aufhalsen, wenn wir tatsächlich zu einer qualitativen Verbesserung kommen wollen. Die Variante, dass es das Land allein bezahlt, scheidet nach meinem Dafürhalten aus.
Auch Prof. Opielka sagt, bitte redet mit den beteiligten Partnern, schaut, wie man eine einigermaßen gerechte Verteilung zwischen allen Beteiligten hinbekommt. Den Eltern wollen wir es auch nicht aufhalsen. Wir haben das hier mal diskutiert, Steigerung von Elternbeiträgen kann nicht unser aller Ziel sein, also bleibt letztendlich als Verhandlungspartner das Land und die kommunale Seite. Genau das fordern wir in unserem Entschließungsantrag, genau das fordern wir vom Kultusministerium, mit der kommunalen Seite eine einvernehmliche Regelung dazu zu treffen, das dann auch in eine gesetzliche Form zu fixieren, denn das ist sehr wichtig, dass wir das tatsächlich dann auch so normieren, dass sich auch die kleineren Kommunen, die nicht so zahlungsbereit oder zahlungsfähig sind, dann in diesem Gesetz wiederfinden und das auch finanzieren und sicherstellen müssen. Das ist sicherlich ein Anspruch. Das haben wir aber in unserem Antrag sehr klar beschrieben.
Dann komme ich auch zu dem zurück, was ich vorhin gesagt habe. Wir wollen, dass dieses Geld, was jetzt fließt, in zusätzliche Betreuungsqualität fließt. Wir wollen festschrieben - und das soll per Verordnung geschehen -, dass das, was bis jetzt mehr geschieht, auch bleibt und dass zusätzlich additiv etwas draufkommt. Wir legen mit dem Antrag, den wir Ihnen heute hier vorlegen, den Grundstein dafür, dass für die Personalentwicklung der Null- bis Zweijährigen und der Zwei- bis Dreijährigen die Quote von 1 : 5 bzw. 1 : 8 erreicht werden kann. Das Land bezahlt mit dem Geld, was wir bereitstellen, über zwei Drittel der Kosten, die dazu notwendig sind. Ich halte das für angemessen, dass wir in Gesprächen mit der kommunalen Seite klären, wie mit dem weiteren Teil verfahren wird. Ich halte das für angemessen, dass wir die kommunale Seite binden, dass sie da, wo sie mehr leisten, auch weiterhin mehr leisten. Ich halte es dann aber auch für richtig, dass wir bei so einer Diskussion wie heute sehr ehrlich sagen, was geht und was nicht geht. Das, was wir Ihnen vorgeschlagen haben, geht, es ist finanzierbar. Das, was Sie uns vorgestellt haben, haben wir im Sozialausschuss errechnet, das kann eine Größenordnung von bis zu 120 Mio. € Mehrkosten bedeuten, 80 Mio. € allein für die 2.000 geforderten Personalstellen, 20 bis 40 Mio. € für das, was an weiteren zusätzlichen Leistungen in diesem Paket noch mit drin ist. Sie haben uns die Antwort nicht gegeben, wer die Differenz bezahlt, die Differenz zu den 60 Mio. €, die Sie an Mehrkosten dem Land aufbürden.
In Ihrem Gesetzentwurf ist klar definiert, 60 Mio. € bezahlt das Land mehr. Der Rest bleibt offen. Ich habe Ihnen mehrfach die Frage gestellt, wem Sie den Rest aufbürden wollen, 40 bis 60 Mio. € - der kommunalen Seite, den Eltern, den Trägern, wem auch immer. Ich halte es für unredlich, wenn man
sagt, wir stellen nur die 60 Mio. € in diesem Bereich zur Verfügung und um den Rest kümmern wir uns nicht. Ich halte es deswegen auch für unredlich, weil Sie in der Diskussion der letzten Tage uns immer wieder vorgeworfen haben, wir würden die Kommunen über Gebühr belasten und die Kommunen würden sich das Geld über den Kommunalen Finanzausgleich sowieso zurückholen müssen von uns. Deswegen geben Sie die Antwort darauf, wie Sie glauben mit den 40 bis 60 Mio. € in diesem Bereich umzugehen. Bis jetzt haben wir diese Antwort nicht erhalten. Deswegen, Herr Matschie, ist es auch unredlich, zu sagen, wir wollen 2.000 Personalstellen mehr. Wir lassen 2.000 gelbe Luftballons aufsteigen mit heißer Luft oder mit Helium gefüllt. Die kommen schneller wieder runter, als dass Sie die Antwort geben können, wie Sie das finanzieren wollen. Selbstverständlich, jemand, der sachlich Politik auch machen möchte, wird Ihnen immer wieder diese Frage stellen, wie Sie denn das zu bezahlen meinen. Ihre einzige Antwort, die Sie darauf geben mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, heißt: Eltern das Geld wegnehmen, Landeserziehungsgeld den Eltern wegnehmen, Familienstiftung auflösen. Die können Sie nur einmal auflösen, weil das Geld nicht jedes Jahr wieder zur Verfügung stehen wird, und ansonsten schauen wir mal, wie wir es finanzieren. Das ist unredlich. Deswegen, das habe ich in den letzten Sitzungen deutlich gemacht, haben wir im Sozialausschuss Ihren Antrag abgelehnt und wir werden ihn auch heute hier im Plenum ablehnen. Deswegen, das habe ich aber auch das letzte Mal gesagt, werden wir als CDU-Fraktion Ihnen unsere Vorschläge unterbreiten, was wir in diesem Bereich tun wollen und tun werden.
Ich werbe um Zustimmung zu unserem Antrag. Ich werbe vor allem aber auch um eine sachliche Diskussion in diesem Bereich. Das, was wir emotional in den letzten Monaten, in den letzten Jahren auch erlebt haben, ist eine aufgeheizte Stimmung, ist viel Verunsicherung auch bei Erzieherinnen. Wir waren in dieser Woche erst - Frau Kollegin Taubert, war dabei - bei einer Diskussionsrunde in Gera. Da ist viel Unsicherheit, da ist viel Angst, da ist auch viel berechtigte Kritik bei den Erzieherinnen. Sie haben aber einen Anspruch darauf, dass man ihnen auch erklärt, was jährlich geht, und dass man ihnen nicht Nebel streut und sagt, wir versprechen euch das zu irgendwann und das wird und das geht ganz schnell. Mir haben Trägervertreter im Anschluss an das Gespräch gesagt, 2.000 Erzieherstellen, das ist eine ganz tolle Sache, wo sollen denn die überhaupt herkommen. Habt ihr hin und wieder mal den Markt derzeit an Arbeitskräften beobachtet, was denn an Erzieherinnen derzeit auf dem Arbeitskräftemarkt verfügbar ist? Glaubt ihr denn, wir können das nicht einigermaßen auch einschätzen, wie realistisch die Situation ist, wenn wir heute behaupten, 2.000 Er
zieherstellen, man müsste es nur wollen, wir stellen sie sofort ein.
Herr Matschie, Sie haben mit Ihrer Fraktion einen Antrag vorgelegt, zu dem kommen wir im Rahmen des morgigen Plenums sicherlich noch mal, da fordern Sie das selbstverständlich zusammen gleich in einem Topf mit kostenfreiem Mittagessen, mit 2.000 Erzieherstellen, alles, was Ihnen dazu eingefallen ist, ohne auch nur einen Satz zu sagen, wie das finanziert werden soll. Das ist nicht redlich, das ist Wahlkampf. Aus diesem Grund werden Sie sicherlich von uns nicht erwarten, dass wir das in dieser Form mitmachen. Ich bitte um Zustimmung zu dem von uns Ihnen vorgelegten Antrag. Wir werden den Gesetzentwurf, der uns heute vorliegt, ablehnen. Danke schön.
Dafür durfte ich ja auch als Erster reden. Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Werter Herr Kollege Matschie, das bleibt ja nicht so unwidersprochen hier im Raum stehen, was Sie verkündet haben. Sie haben zwar während meiner Rede ja augenscheinlich im Raum gesessen, aber ganz offensichtlich nicht zugehört. Ich habe sehr wohl weder hier etwas schöngeredet noch etwas versucht zu beschönigen, sondern es lediglich erklärt, wie die Situation ist, habe auch erklärt, was wir tun. Das, was Sie hier an einigen Stellen vorgetragen haben, das war nicht nur unredlich, das war schlichtweg gelogen. Volksbegehren heißt nicht Volksverdummung. Dass das erste Volksbegehren gescheitert ist, lag daran, dass es verfassungswidrig war, nicht daran, dass es der CDU nicht gefallen hat, sondern es war verfassungswidrig. Sie als Berater, der dieses Volksbegehren mit Ihrer Fraktion mitgeschrieben haben, tragen die Verantwortung, dass ein verfassungswidriges Gesetz gegebenenfalls hier das Parlament passiert hätte. Genau deswegen hat das Verfassungsgericht gesagt, es ist verfassungswidrig und wurde gestoppt. Nehmen Sie das bitte
zur Kenntnis, weil es objektiv ja für jeden auch nachlesbar ist. Stellen Sie sich hier vorn nicht hin und versuchen Sie im Stil von Volksverdummung den Leuten etwas anderes zu erklären. Das ist der erste Punkt.
Nein, Herr Matschie, das ist ja geschwindelt, was Sie machen und das ist eben nicht redlich. Auch in einem Wahlkampf ist das nicht redlich, das hat Ihnen ja selbst Kollegin Jung an einer Stelle hier gesagt.
Ein weiterer Punkt: 48 Mio. € den Kitas weggenommen, das ist genauso gelogen. Sie unterschlagen bei jeder Diskussion, dass - wie es Frau Jung auch gerade vorgerechnet hat - 25 Mio. € Landeserziehungsgeld bei Abtretungserklärung den Kitas wieder zufließen - bei jeder der Diskussionen. Sie stellen sich unisono hin und sagen 48 Mio. € den Kitas geklaut, deswegen fehlen jetzt 2.000 Erzieherstellen. Das passt alles mit rechnen zusammen, 48 Mio. € führen nicht zu 2.000 Erzieherstellen, das wissen Sie und 48 Mio. € sind auch nicht richtig, weil eben 25 Mio. € als Landeserziehungsgeld weiter in die Kindertagesstätten fließen.
Ein dritter Punkt: Sie haben sich hier vorn hingestellt und haben gesagt, wir hätten im Sozialausschuss das Gesetz ohne weitere Debatte abgelehnt. Das ist gelogen. Das lag aber daran, dass Sie im Sozialausschuss augenscheinlich kein einziges Mal teilgenommen haben. Genau zu jeder SozialausschussSitzung haben wir zu dem Thema diskutiert, sehr wohl, Anhörungen veranstaltet, Prof. Opielka eingeladen, Prof. Winkler eingeladen, uns mit dem Gutachten auseinandergesetzt in nahezu jeder Sitzung. Sich hier vorn hinzustellen und zu sagen, wir hätten das ohne weitere Beratung abgelehnt, ist unredlich und gelogen, Herr Matschie,
weil Sie an keiner einzigen dieser Beratungen, nicht einmal an den Anhörungen teilgenommen haben.
Ein dritter Punkt: Sie beklagen die Situation der Kitas in Thüringen und blenden dabei völlig aus, wie die Kita-Situation in ganz Deutschland aussieht. Gestern gab es in ganz Deutschland Streiks in Kindertagesstätten, nicht in Thüringen, aber in ganz Deutschland gab es Streiks in Kindertagesstätten, weil überall die Kritik daran besteht, dass man in den Kindertagesstätten einen Happen drauflegen kann. Ich habe das vorhin deutlich gesagt, dass es in den einen Einrichtungen um mehr Betreuungsqua
lität geht, in anderen Ländern um mehr Betreuungsquantität geht, in den dritten Länder es darum geht, dass man überhaupt erst mal Plätze bereitstellt. Stellen Sie sich hier vorn bitte nicht hin und suggerieren den Menschen im Freistaat Thüringen, uns geht es hier in Thüringen außerordentlich schlecht. Ich habe vorhin sowohl die Betreuungsquoten als auch die Betreuungsrelationen als auch das, was von allen anderen Bundesländern anerkannt wird, hier dargestellt und das ist eben diese hohe Zahl an Kindern, die eine Einrichtung besuchen. Das ist augenscheinlich die Situation, dass die Eltern den Kindertagesstätten vertrauen und das ist aber auch, dass wir in Thüringen uns auch jetzt schon als einzige einen Rechtsanspruch ab zwei Jahren leisten - als einzige. Kein anderes Bundesland tut das.
Ein letzter Punkt, Herr Matschie, und da enttäuschen Sie mich wirklich: Wenn Sie fragen, warum wir Eltern, die Kinder in häuslicher Gemeinschaft betreuen und erziehen, unterstützen und warum das so sein soll, da sage ich Ihnen ganz deutlich, ein Blick in Verfassung und Grundgesetz reicht. Das steht wörtlich in Grundgesetz und Verfassung: Eltern, die Kinder in häuslicher Gemeinschaft betreuen und erziehen, verdienen Förderung und Anerkennung. Förderung und Anerkennung - nicht nur Anerkennung in Sonntagsreden, dass man denen sagt, wie schön das ist, liebe Eltern, dass ihr das zu Hause tut, sondern auch Förderung. Das tun wir, das tun wir mit dem Landeserziehungsgeld, wohlgemerkt auch für die Eltern, die sich in sozial schwieriger Situation befinden und ihr Kind zu Hause betreuen. Weil, da hat nämlich Frau Jung ausnahmsweise völlig recht, auch dieses Kind uns gleich viel wert ist. Wenn die Eltern ihr Kind zu Hause betreuen, sehr wohl können die das qualitativ ordentlich tun. Und wenn sie das deswegen tun, weil das Familieneinkommen nicht ausreicht, bei jemandem, der Sozialhilfeleistungen empfängt, sollten Sie sich als jemand, der in der Bundesregierung mal Mitverantwortung getragen hat, als Hartz-IV eingeführt wurde, die Frage stellen, ob die Hartz-IV-Regelsätze auskömmlich sind.
Wenn diese Eltern diese 150 € auch nehmen, um sie dem Familieneinkommen zugutekommen zu lassen, ihre Kinder vernünftig betreuen, mit ihren Kindern vernünftig umgehen, haben Sie nicht das Recht, sich hier vorn hinzustellen, diese Eltern schlechtzureden, diesen Eltern zu misstrauen und zu unterstellen, sie würden das zu ungunsten ihrer Kinder tun. Das ist unredlich, Herr Matschie, das weise ich für die CDUFraktion entschieden zurück.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Werter Herr Kollege Kubitzki, erste Bemerkung vorab: Ich finde es erbärmlich, dass, während wir hier über Kinderarmut reden, offensichtlich die übergroße Mehrheit Ihrer Fraktion draußen zum Fototermin ist. Das ist Ihnen augenscheinlich thematisch wichtiger als hier dieses Thema, was wir seit drei Plenarsitzungen vor uns herschieben, hier endlich mal abhandeln und miteinander diskutieren können. Das als erste Feststellung.
Zweitens: Ihr letzter Satz macht mich nachdenklich und da möchte ich auch Widerspruch signalisieren. Sie haben gesagt, wir als Gesellschaft tragen die Verantwortung dafür, dass Kinder vernünftig ernährt werden. Das stimmt nicht. Die Eltern tragen die Verantwortung dafür, dass ihre Kinder vernünftig ernährt werden, und die Eltern behalten diese Verantwortung auch. Wenn wir Eltern, die das augenscheinlich nicht umfänglich wahrnehmen oder nicht wahrnehmen können, unter die Arme greifen, ersetzt es nicht die Verantwortung der Eltern, die ihnen laut Grundgesetz und laut Verfassung des Freistaats Thüringen ganz klar zugeschrieben ist. Deswegen melde ich da Widerspruch an.
Die drei Anträge, über die wir heute sprechen, beschäftigen uns seit über einem Jahr; das Thema beschäftigt uns schon deutlich länger. Wir haben bereits im Jahr 2007 mit Landtagsanfragen von verschiedenen Kollegen des Parlaments hier versucht zu ergründen, was die Ursachen für die Nichtteilnahme am Mittagessen sind, versucht zu ergründen, wie hoch die Zahl der Kinder ist, die am Mittagessen nicht teilnehmen.
Ja, gern.
Die Armut der Kinder - ich komme dazu noch - ist nicht Armut der Eltern, sondern Einkommensarmut der Eltern. Die Eltern haben kein ausreichend verfügbares Einkommen oder sie sind nicht bereit, das ihnen zur Verfügung stehende verfügbare Einkommen so einzusetzen, dass es dem Wohle der Kinder zugutekommt. Das sind zwei Ursachen, wo wir über Auswirkungen von Kinderarmut an dieser Stelle reden.
Im Übrigen eine Bemerkung auch noch dazu vorab: Bis vor wenigen Jahren haben wir über Kinderarmut geredet, wenn wir über Familien gesprochen haben, die wenige Kinder haben. Heute reden wir in der Tat über Kinderarmut, wenn wir über die Einkommenssituation von Eltern reden, wenn wir meinen zu erkennen, dass Eltern nicht genügend Geld zur Verfügung haben. Ich werde nachher darauf zurückkommen, wie sich das eigentlich in unserem Sozialsystem darstellen müsste, warum eigentlich Eltern genügend Einkommen haben sollten oder zumindest ein Minimum, ein Existenzminimum an Mitteln zur Verfügung haben sollten, was für mich auch vieles von den Anträgen, die wir momentan sehr populär miteinander diskutieren können, sehr fragwürdig macht.
Wir haben bei den zwei Anträgen, die uns vorliegen, Sie haben das richtig gesagt, einen Antrag, mit dem die SPD-Fraktion augenscheinlich den ersten Antrag, den wir im Tagesordnungspunkt 19 a sonst miteinander besprochen hätten, selbst ersetzt hat durch einen weitergehenden Antrag. Sie haben es als Rückschritt beschrieben, ich will nachher gern auf die Mängel hinweisen, die auch bei dem weitergehenden Antrag bestehen. Wir haben bei beiden Anträgen, sowohl bei Ihrem Antrag als auch beim Antrag der SPD-Fraktion, uns die Diskussion im Sozialausschuss nicht leicht gemacht. Wir haben sehr lange darüber diskutiert, wir haben sozial handelnde Akteure befragt, wir haben uns Berichte zukommen lassen. Das Sozialministerium hat uns das empirica-Gutachten zur Verfügung gestellt, was
über das Ausmaß an Kinderarmut berichtet, und wir haben viele Zahlen, die versuchen Kinderarmut zu definieren, die versuchen Kinderarmut an einer Grenze zu definieren. Das gelingt augenscheinlich nicht. Wir haben völlig unterschiedliche Messungsmethoden auf Bundesebene und auch in den Ländern. Wir haben völlig unterschiedliche Armutsquoten, wie es denn immer benannt wird, und wir haben bei all den Problemen immer wieder auch die Fragestellung: Was ist denn eigentlich das, was Eltern verfügbar haben? Hartz-IV-Leistung ist auf der einen Seite relativ klar definiert, das ist von der Summe her klar, da ist klar, was noch an Wohngeld dazukommt, aber es ist eine ganze Menge auch mehr, wenn wir über soziale Transferleistungen in verschiedenen Bereichen sprechen. Das wird so nicht erfasst, das wird in den seltensten Fällen bei der Armutsdefinition mit hineingerechnet und das macht diese Grenzen fließend, auch hin zu denjenigen Familien oder Alleinerziehenden, die über ein niedriges Einkommen verfügen.
Wenn wir aber über das Mittagessen in Kindertageseinrichtungen und in Schulen reden, müssen wir zunächst die Frage stellen, welche Mittel denn den Eltern dafür überhaupt zur Verfügung stehen und welche Mittel sie dafür einsetzen sollen, denn es ist natürlich so, dass die Eltern in der Regel dafür zuständig sind, das Essengeld, die Essenversorgung ihrer Kinder nicht nur sicherzustellen, sondern es auch zu finanzieren, wenn sie an anderer Stelle wahrgenommen wird. Da muss man schon fragen: Welches Geld stünde oder steht denn dafür zur Verfügung? Ich darf daran erinnern, Rot-Grün hat im Bund mit der Beschlussfassung zu den Hartz-IV-Gesetzen festgelegt, dass Eltern, die sich im Hilfebezug befinden, für die Kinder bis zum 14. Lebensjahr 60 Prozent der Hilfeleistung eines Erwachsenen bekommen, ab 15 Jahre waren es 80 Prozent. In diesem Leistungsbezug war und ist und soll alles enthalten sein, was das Minimum zum Leben auch abdeckt: Kleidung ausdrücklich, Wohnen, Grundbedürfnisse, Essen - all dies soll sich in den Regelsätzen von Hartz IV wiederfinden. Wir wissen alle, es gab schon damals beim Inkrafttreten heftige Kritik - die Linkspartei, die damals gesagt hat, das wollen wir gar nicht, das halten wir für falsch; andere, die gesagt haben, die Summe ist nicht richtig bemessen; andere, die gesagt haben, man kann nicht ein Kind an 60 Prozent des Erwachsenenbedarfs definieren.
So oder so, wir wissen, dass die Sozialminister der Länder schon seit vielen Jahren, schon seit November 2007 nämlich konkret, Änderungen bei den Regelsätzen einfordern und sagen, wir brauchen kinderspezifische Regelsätze, Regelsätze, die auch unterschiedliche Bedarfe bei Kindern berücksichtigen. Der saarländische Ministerpräsident - ich darf daran erinnern, der Herr Müller - hat an dieser Stelle ge
fordert, dass für Kinder, die sich in Fremdversorgung befinden, also die in Kindertageseinrichtungen oder in den Schulen versorgt werden, ein Essengeldzuschuss bezahlt wird zu den Regelsätzen Hartz IV von 1 € bis 1,40 €. Dieser Vorschlag steht immer noch im Raum und ist vom Bund nicht abschließend diskutiert worden. Die Bundesregierung hat an dieser Stelle trotz mehrfacher Aufforderung sich gescheut, diese Forderung nach kinderspezifischen Regelsätzen in letzter Konsequenz umzusetzen. Wir haben jüngst erlebt durch das Urteil des Bundessozialgerichts, dass es zumindest eine Zwischenstufe gibt, dass zusätzlich bei den 6- bis 13-Jährigen eine prozentuale Stufe von 70 Prozent eingefügt wurde, also dass die Kinder zwischen 6 und 13 Jahren 70 Prozent des Regelbedarfs eines Erwachsenen bekommen, danach dann 80 Prozent, aber es ist auch nur ein Zwischenschritt und er berücksichtigt ausschließlich die Kinder, die sich im Schulalter, im Grund- und Regelschulalter, befinden. Wir begrüßen sehr, dass es neben dieser 10-prozentigen Anpassung, die für uns ein erster Schritt ist, gleichzeitig ein Schulstarterpaket geben wird, was im Übrigen jetzt nach letzten Diskussionen bis ins Alter des Gymnasiums gezahlt wird. Das finde ich richtig, das ist auch eine Hilfemöglichkeit. Wir begrüßen darüber hinaus auch die 100 € Kinderbonus, die gezahlt werden. Alle drei sind Maßnahmen, wo wir als CDU-Fraktion sagen, es sind familienunterstützende, direkte Leistungen, die Familien helfen, die aber - und der Hinweis ist mir dann schon wichtig - die Familien nicht bevormunden, nämlich nicht bevormunden, wie sie dieses Geld einsetzen, wie sie dieses Geld verwenden. Das ist - das habe ich eingangs schon deutlich gemacht - Eigenverantwortung der Eltern.
Wir haben im Sozialausschuss gehört, das können nicht alle Eltern. Daraus abzuleiten, dass wir Eltern per se vorschreiben, wie sie diese Mittel einsetzen, halte ich für falsch. Wir müssen nach Hilfemöglichkeiten suchen, wie wir Eltern diese Kompetenz zurückgeben können und nicht, wie wir diesen Effekt verstärken, dass Eltern sagen, wir können es nicht, jemand anders soll es für uns lösen.
Wir haben beim Grundprinzip von Hartz IV die Idee, dass damit alle Grundbedürfnisse abgedeckt werden. Wir haben gleichzeitig das System bei Hartz IV, dass es in einem Lohnabstandsgebot sich immer noch bewegen soll zu denjenigen, die über eigenes Erwerbseinkommen verfügen. Wenn wir dieses Grundprinzip weiterverfolgen - und ich sehe das zumindest für die SPD und für die CDU -, müssen wir dafür sorgen, dass die Regelsätze tatsächlich auskömmlich sind. Dazu ist der Bund gefordert, das Existenzminimum neu zu definieren und festzustellen, was in diesen Sätzen drin sein muss, dann aber auch beispielsweise die Frage zu beantworten, wie es mit zusätzlichen Leistungen durch Dritte aussieht.
Wir alle wissen, es gibt in manchen Kommunen da noch ein Sozialticket für Nahverkehrsleistungen, da inzwischen schon kostenfreies Mittagessen, da noch Gutscheine für andere Leistungen. Das sind alles zusätzliche Leistungen, die zu den Hartz-IV-Regelleistungen hinzukommen. Das Bundesfinanzministerium hat im Dezember 2007 in einem Erlass festgestellt, diese zusätzlichen Leistungen bleiben anrechnungsfrei so lange, wie sie den Gesamtbetrag von 80 € nicht übersteigen, hat aber auch gleichzeitig signalisiert, mit der Neubemessung der Regelsätze wird diese Diskussion vermutlich erneut aufgemacht und dieser Erlass hinfällig werden, diese Frage nämlich, dass das, was bis jetzt kostenfrei dann zusätzlich gewährt wird, dann auch sich in den Regelsätzen wiederfindet, demzufolge konsequenterweise nicht zweimal beleistet werden kann. Ich habe im Sozialausschuss immer wieder darauf hingewiesen, dass dieser Punkt kommen wird. Wir haben beispielsweise auch im Sozialausschuss deswegen darüber diskutiert, dass wir zunächst abwarten wollen, bis wir klare Signale von der Bundesregierung zu der Neubemessung der Regelsätze erhalten.
Wir haben diese ganz klaren Signale bis jetzt nicht erhalten, das ist ein Manko. Ich sage für die CDUFraktion, wir drängen darauf, dass diese Regelsätze auch klar bemessen werden. Ich sage aber auch für die CDU-Fraktion, es ist nicht zu erwarten, dass das in den nächsten fünf Monaten noch geschieht vor der Bundestagswahl. Insofern bleibt es eine Hausaufgabe für die nächste Bundesregierung, zügig auch Änderungen herbeizuführen.
Lassen Sie mich aber einige wenige Sätze auch zu den vorliegenden Anträgen sagen, weil wir uns das als CDU-Fraktion nicht leicht gemacht haben, wie wir mit den Anträgen umgehen, vor allem auch nicht leicht machen, warum wir diese Anträge hier im Plenum ablehnen werden.
Wir haben bei dem Antrag von SPD und LINKEN zwei wesentliche Gründe, mit denen wir nicht einverstanden sind, die wir auch momentan nicht lösen können. Zum einen haben wir in einem erheblichen Umfang Mehrkosten, die nicht gedeckt sind, die in beiden Anträgen, weder der SPD noch der LINKEN, eine Deckung erfahren. Wir haben es im Sozialausschuss durchgerechnet, beim Antrag der LINKEN sind es in dem einen Bereich allein 39,2 Mio. €, die wir benötigen würden, davon 26 Mio. € für den 1 €, den Sie fordern als Zuschuss für die derzeit rund 70.000 Kinder im Kita-Alter, und Sie fordern darüber hinaus ja noch die 12 Mio. € Komplettessenkosten für bedürftige Kinder. Für diese Kosten gibt es keinen Deckungsvorschlag und - das sage ich auch ganz deutlich - so sehr wie ein Antrag dann auch populär sein mag, wenn es dafür keine Deckung gibt,
ist es ein populistischer Antrag, den wir als CDUFraktion für unseriös halten und an dieser Stelle auch nicht mittragen wollen und nicht mittragen können.
Ein zweiter Punkt, weil ich gesagt habe, es sind zwei Punkte, mit denen wir an dieser Stelle nicht einverstanden sind: Die von Ihnen vorgeschlagene Bezuschussung kommt nicht allen Kindern und nicht allen Familien zugute, sondern lediglich den Kindern, die sich in einer Ganztagsbetreuung befinden, in Horten oder in Kindertageseinrichtungen. Damit wird die Unterstützungsleistung, die gewährt werden soll, daran gekoppelt, ob sich die Eltern dafür entschieden haben, dass ihr Kind ganztags außerhalb des eigenen Haushalts betreut wird. Wir halten das für falsch. Wir haben das auch bei der Kindertagesstättendiskussion schon gesagt, wenn wir ein Wunsch- und Wahlrecht der Eltern wollen, müssen wir uns davor hüten, eine wie auch immer geartete Lenkungsintention zu verfolgen, die Sie ja mit diesem Antrag dann auch vorgeben, wo wir Eltern suggerieren, wenn ihr bereit seid, dies und jenes zu tun, dann sind wir auch bereit, euch entsprechend unter die Arme zu greifen. Das halten wir für falsch, weil es nicht dem Wunsch- und Wahlrecht entspricht. Dann wäre es sachlich richtiger und konsequenter, den Eltern in Gänze insgesamt mehr Mittel zur Verfügung zu stellen. Wir haben diese Diskussion immer wieder, wenn es um Kindergeld geht, wir haben diese Diskussion dann aber auch, wenn es um die sozialen Bemessungssätze geht.
Ein ähnliches Problem birgt auch der Antrag der SPD-Fraktion. Sie schreiben zwar in Ihrem Antrag, Sie schlagen für diesen Essenfonds, den Sie uns vorschlagen, als Deckungsmöglichkeit das Familiendarlehen vor im Einzelplan 08. Da muss ich Ihnen den Vorwurf machen, es wäre gut gewesen, wenn Sie Herrn Pidde danach gefragt hätten. Herr Pidde, der für Sie ausgewiesener Finanzpolitiker ist und durchaus im Ausschuss und im Haushalt, denke ich, weiß, was gehauen und gestochen ist. Im Haushalt 2009 stehen 3,66 Mio. € für das Familiendarlehen und für den Kinderbonus drin, das ist richtig. Da steht aber auch drin, dass diese Mittel gesperrt sind bis zur Vorlage einer entsprechenden Verordnung. Wir wissen um die Probleme, warum diese Verordnung nicht vorliegt, weil es derzeit nicht so einfach ist, festzustellen, wie man das machen kann, dass Eltern, die sich im Sozialhilfebezug befinden, gleichzeitig auch diese Leistungen empfangen können. Aus diesem Grund sind die Mittel gesperrt. Aus diesem Grund kann man aber nicht einfach hingehen, ohne dass man den Haushalt ändert, und sagen, wir nehmen mal diese 3,6 Mio. €, das ist ja Geld, was schlafend in der Ecke herumliegt, damit könnte man etwas anderes machen. Das geht rein haushaltstechnisch nicht, Frau Kollegin Taubert, Sie haben es aber in Ihrem Antrag so formuliert. Deswegen sage ich
einfach: Sprechen Sie darüber, sprechen Sie mit Ihren Finanzpolitikern vorher darüber, die zeigen Ihnen den Weg auf, wie es gehen könnte. So geht es definitiv nicht.
Ich will Ihnen Weiteres sagen: Die 3,6 Mio. € passen überhaupt nicht mit dem zusammen, was Sie mit diesem Geld vorhaben. 3,6 Mio. € für das, was Sie in den Punkten 1 und 2 fordern und anregen, das geht nicht zusammen. Ich will es mal auf die Spitze treiben. Das, was Sie in Ihrem Punkt 2 als Endausbauziel vorsehen, wo Sie sagen, alle Kinder, die in Tageseinrichtungen und in Schulen an der Essenversorgung teilnehmen, sollen das kostenfrei tun, das bedeutet 111 Mio. €. 111 Mio. € für den Freistaat Thüringen in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wirklich ernst meinen. Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass Sie eine Deckungsquelle für 111 Mio. haben. Ich kann mir auch nicht wirklich vorstellen, nach dem, was Herr Kubitzki gerade skizziert hat, dass die Kommunen aufspringen werden und sagen, wir haben mindestens 50, 60, 70 Mio. in der Ecke liegen, die wir da noch mit beisteuern würden. Wir führen die gleiche Diskussion zurzeit über den Kindertagesstättenbereich und stellen fest, wie begrenzt die Mittel auf allen Ebenen sind, Land, Bund, Kommunen. Das wird nicht gehen.
Wir haben als CDU-Fraktion deswegen gesagt, wir präferieren einen anderen Weg, Herr Kubitzki hat es angeschnitten, die Sozialministerin ist im Gespräch mit den handelnden Akteuren, sehr weit im Gespräch. Ich bin dankbar dafür, dass wir als Fraktion zu diesen Gesprächen auch mit eingeladen sind, ich bedaure, dass nicht alle Fraktionen des Thüringer Landtags regelmäßig diese Gesprächsmöglichkeiten mit nutzen, weil dann wüssten Sie auch regelmäßig, auf welchem Stand der Gespräche sich das Sozialministerium gerade befindet.
Die angekündigten Sozialfonds halten wir für unterstützenswert und die begrüßen wir, das wollen wir. Wir wollen als CDU-Fraktion einen Sozialfonds, wo einzeln vor Ort - und da widersprechen wir uns, Herr Kubitzki - auch geprüft werden kann: Wie ist es mit der Bedürftigkeit des Kindes und der Familie bestellt? Wie können wir dieser Familie in begründeten Notlagen auch helfen? Da geht es mitnichten nur darum, dass Kinder kostenfrei Mittagessen erhalten, da geht es uns um eine ganze Menge mehr, da geht es um Beteiligungsgerechtigkeit. Wir erleben leider in Schulen und in Kindertagesstätten, dass Kinder und Schüler von kulturellen Veranstaltungen ausgeschlossen sind, weil die Eltern nicht bereit sind, den 1,50 € für das Puppentheater zu bezahlen. Wir erleben, dass Kinder im Grundschulalter schon nicht mit in die Schwimmhalle gehen, weil die Eltern sagen, die 2, 3 € bezahle ich nicht oder kann ich nicht
bezahlen. Das wirkt sich mindestens genauso schlimm in der Psyche der Kinder aus wie die Frage, ob sie mittags eine Scheibe Brot essen und abends dafür mit den Eltern vielleicht im Idealfall warm zu Hause essen. Deswegen, sagen wir, muss auch für dieses Problem eine Lösung her. Aber wir bleiben beim Sozialstaatsprinzip, unser Sozialstaatsprinzip sagt, dass derjenige Hilfe der Gesellschaft erfahren soll, der Hilfe der Gesellschaft bedarf. Das muss auch geprüft werden.
Dann sind wir bei dem, was ich vorhin gesagt habe. Wenn wir akzeptieren, dass in den Regelsätzen Hartz IV die Grundbedürfnisse abgedeckt sind, müssen wir uns davor hüten, zu sagen, jetzt definieren wir weitere Bedarfe, die aber extra noch hinzukommen. Es sei denn, wir nähern uns tatsächlich dieser Regelung, wie es der saarländische Ministerpräsident vorgeschlagen hat, und sagen, wir anerkennen einen begründeten Mehrbedarf, der aus einer begründeten Situation heraus entsteht.
Ich habe es zunächst Ihnen allen gesagt, weil jeder so seine Ministerpräsidenten kennt in den verschiedenen Bundesländern, die im Bundesrat dann hin und wieder die Bremse anziehen. Der Vorschlag des saarländischen Ministerpräsidenten schlummert da seit über einem Jahr. Ich würde mir sehr wünschen, dass da, so wie es die Sozialministerkonferenz der Länder beschlossen hat, die Bundesregierung zu Entscheidungen kommt. Da können wir ja vielleicht mal gemeinsam schauen, dass wir unsere Verantwortlichen im Bund zügiger drängen.
Ich möchte zum Abschluss sagen, wir werden die Anträge ablehnen. Wir haben es uns mit diesen Anträgen nicht leicht gemacht. Ich hoffe, das habe ich mit meiner Rede hier auch deutlich machen können. Wir unterstützen die Sozialfonds, die die Sozialministerin auf den Weg bringen möchte. Wir glauben, es wird immer wieder eine Individualentscheidung sein, wie wir Familien und Kindern helfen können. Wir wollen ihnen helfen, dass sie mit der Armut, die sich daran offenbart, wie mit Kindern umgegangen wird, dass sie diese Probleme lösen können. Aber wir wollen ihnen helfen, dass sie diese Probleme lösen können, wir wollen nicht die Probleme für sie lösen.
Ich will etwas ganz am Ende auch Provokantes in den Raum stellen, weil es wahr ist. Vor einigen Wochen war im „Stern“ zu lesen über die Situation in der Arche in Berlin. 500 Kinder, die dort regelmäßig zur kostenfreien Mittagsversorgung hingehen. Herr Kubitzki, Sie haben gesagt, es ist schlimm, dass wir Tafeln in Deutschland haben oder haben müs
sen. Das ist richtig. Es ist richtig, dass wir Hilfsinstrumente haben, das sage ich auch. Es ist aber falsch, das hat durchaus selbst der Gründer der Arche in diesem Stern-Artikel erkannt und gesagt, wenn wir zusätzliche Nachfrage und Bedarfe schaffen. In der Arche in Berlin, die 500 Kinder, die dort hingehen, sagt derjenige, der die Arche gegründet hat, wir haben mit dem Angebot inzwischen eine Nachfrage geschaffen. Es kommen inzwischen zu uns Kinder, die es nicht müssten. Es kommen inzwischen Kinder zu uns, wo die Eltern der Auffassung sind, wir haben zwar das Geld, aber wir setzen das Geld lieber anders ein. Da sage ich warnend ganz am Ende, wir dürfen dieser Diskussion in unserer Gesellschaft nicht weiter Vorschub leisten, deswegen müssen wir individuelle und nicht pauschale Lösungen suchen. Deswegen, nur aus diesem Grund und aus dem Grund, dass wir derzeit die Finanzmittel nicht im Landeshaushalt sehen, lehnen wir die vorliegenden Anträge ab. Vielen Dank.
Liebe Birgit Pelke, nur um zu vermeiden, dass ich noch mal vorgehe, möchte ich Dir gern eine Frage stellen: Bist Du der Auffassung, dass wir das, was wir Kindern oder Familien zur Verfügung stellen, wenn sich die Eltern im Sozialhilfebezug befinden, in den Regelsätzen des SGB II - also Hartz IV - regeln sollten, oder bist Du der Meinung, dass wir zu der Zeit vor Hartz IV zurückkehren sollten, wo die Eltern zwar einen gewissen Grundbetrag an Sozialhilfeleistungen erhalten, aber vieles andere dann in einzelnen Mosaiksteinchen auf Antrag oder je nach politischer Lage und Gewährung dann erhalten?
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, 18.38 Uhr. Sie haben jetzt die Wahl, entweder die Kurzversion oder die Langversion zu hören. Ja, liebe Birgit Pelke, du hattest vorher versprochen, du wolltest es relativ kurz halten - es war nicht kurz. Aber insofern werde ich dir jetzt einiges zurücksagen müssen; womit ich nicht einverstanden bin in deiner Rede.
Zunächst erst mal, Frau Kollegin Jung hat vorhin gesagt, jeder Monat, der weiter verstreicht, geht auf unser Konto. Den Ball spiele ich Ihnen gern zurück. Der nächste Monat, der verstreicht, geht auf Ihr Konto. Die Fraktion DIE LINKE möchte die nächste Sozialausschuss-Sitzung nicht zum geplanten Termin stattfinden lassen, sondern erst einen Monat später.
Wir werden erst am 24. April in der nächsten Sozialausschuss-Sitzung diskutieren. Insofern werden wir dann auch dort eine Entscheidung treffen können. Da Birgit Pelke danach gefragt hat, ob wir dann eine Entscheidung treffen. Ja, wir werden dann eine Entscheidung treffen. Es war gut und es war richtig, dass wir gesagt haben, wir warten auf die Vorlage des Gutachtens von Prof. Opielka und von Prof. Winkler. Was die beiden Herren in dem wissenschaftlichen Gutachten dargelegt haben und im Sozial- und Bildungsausschuss auch dargestellt haben, ist Bestätigung für uns, dass dieser Gesetzentwurf, den die beiden Oppositionsfraktionen vorgelegt haben, so nicht tragbar ist. Ich werde das an einzelnen Punkten deutlich machen, dann wird Ihnen auch klar werden, wie wir am 24. April mit dem Gesetzentwurf umgehen werden.
Sie verlangen in Ihrem Gesetzentwurf die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. Prof. Opielka und Prof. Winkler haben uns beide im Sozialausschuss dargestellt, dass sie erstens das Landeserziehungsgeld erhalten wollen und zweitens eine Ausweitung wollen. Genau das wollen wir als CDU-Fraktion auch, Sie wollen es nicht.
Definitiv, so ist es im Gutachten nachzulesen, Frau Kollegin Pelke, wir haben Ihnen von Anbeginn der Diskussion gesagt, eine Abschaffung des Landeserziehungsgeldes ist mit der CDU-Fraktion nicht zu machen und dabei bleibt es.
Des Weiteren fordern Sie in Ihrem Gesetzentwurf die Abschaffung der Stiftung FamilienSinn. Auch da sagen beide Professoren im Gutachten, sie wollen eine Stärkung der Stiftung FamilienSinn, eben keine Abschaffung. Es steht definitiv drin und ist nachlesbar. Frau Kollegin Jung, dann darf man eben nicht nur die letzten zwölf zusammengefassten Forderungspunkte lesen, sondern man muss die ganzen 300 Seiten in Ruhe durchlesen. Ich zeige Ihnen gern nachher mal die Fundstelle dazu, dann werden Sie es vielleicht bestätigen.
Ein dritter Punkt: Sie behaupten hier, wir müssten sofort und zum jetzigen Zeitpunkt mit Ihrem Gesetzentwurf rund 120 Mio. € in die Hand nehmen, um die Situation in den Kindertagesstätten zu verbessern. Auch da widerspricht das Gutachten. Prof. Opielka macht darauf aufmerksam, dass die Personalbemessung in Thüringen sich nicht im mittleren Bereich der deutschen Länder befindet. Das gilt aber ausdrücklich für die kleineren Kinder. Wenn man dieses Gutachten liest, empfiehlt Prof. Opielka für die 0- bis 1-jährigen Kinder einen Personalschlüssel von 1 zu 4. Da haben wir zurzeit einen Personalschlüssel von 1 zu 7. Er empfiehlt für die 2- bis 3-jährigen Kinder einen Personalschlüssel von 1 zu 6, auch da haben wir einen Personalschlüssel von 1 zu 7, und er empfiehlt für die 2- bis 3-Jährigen einen Personalschlüssel - ich glaube - von 1 zu 8, da haben wir zurzeit 1 zu 10. Aber bei den Kindern zwischen 3 und 6½ Jahren empfiehlt Prof. Opielka einen Personalschlüssel von 1 zu 15. Das ist identisch mit dem, was deutscher Länderdurchschnitt ist, und das ist identisch mit dem, was sich im Thüringer Kindertagesstättengesetz findet. Insofern fasse ich zusammen: Prof. Opielka empfiehlt für die kleineren Kinder eine schnelle und zügige Verbesserung der Personalsituation. Genau diesen Ball haben wir als CDU-Fraktion aufgegriffen und haben gesagt, was wir uns in diesem Bereich vorstellen und was wir auch fordern. Wir wollen eine Verbesserung für die Kleinstkinder, für die 0- bis 2-Jährigen. Wir wollen hin zu einem Personalschlüssel von 1 zu 5, das ist unsere Forderung. Wir wollen diesen Personalschlüssel auch zu Beginn des Kindertagesstättenjahres 2009/2010 erreichen, das ist der 01.08.2009, daran werden wir uns messen lassen. Das sind genau diese 400 Stellen, über die in der Öffentlichkeit immer mal diskutiert wird. Wir setzen sehr darauf, dass sich die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände darauf verständigen können. Denn auch das hat uns Prof. Opielka gesagt, wenn wir im Kindertagesstättenbereich zu quantitativen und qualitativen Verbesserungen kommen wollen, brauchen wir alle Partner dazu, alle Partner, die zurzeit schon einen hohen Beitrag leisten. Das sind wir als Land mit über 37 Prozent der Kita-Betreuungskosten und das sind die Kommunen mit über 42 Prozent der Kita-Be
treuungskosten. Lediglich die Eltern mit rund 18 Prozent und die Träger mit 0,5 Prozent leisten einen verhältnismäßig kleineren Beitrag. Wenn also eine Erhöhung geleistet werden soll, müssen sich die beiden großen beteiligten Partner - also Land und Kommunen - an dieser Stelle einig werden, wer diese Lasten auch tragen kann. Genau darauf setzen wir, genau das ist die Lösung, die wir für diese Legislaturperiode, letztendlich auch für den Zeitpunkt des neuen Kindertagesstättenjahres als Zielvorgabe formuliert haben. Genau daran werden wir uns auch messen lassen müssen.
Alle weiteren Forderungen, die Prof. Opielka aufgemacht hat, teilen wir in weiten Teilen. Von den 12 Forderungen sind es neun, die man sofort unterschreiben kann. Aber da sagt Prof. Opielka zu Recht, das soll mit allen Beteiligten in Ruhe besprochen werden. Das findet auch statt. Das ist nicht eine neue Arbeitsgruppe, sondern das ist ein Arbeitsgremium, was auch zu Empfehlungen kommen muss, die letztendlich dann auch zu finanzieren sind. Genau das ist der Grund, weswegen wir bis jetzt mit diesem Gesetz so verfahren sind. Ich sage es noch mal für die CDU-Fraktion: Es war richtig und es war notwendig, dass wir auf die Vorlage des Opielka-Gutachtens gewartet haben. Es hat eine Menge an zusätzlichen Fakten, an zusätzlichen Erkenntnissen gebracht, wie beispielsweise die Frage, wie Eltern die Kindertagesstätten bewerten, wie aber auch Erzieherinnen die Eltern bewerten. Auch da sind bemerkenswerte Sätze in diesem Gutachten zu finden. Die Eltern vertrauen den Kindertagesstätten. Das ist der Grund, weswegen wir die höchste Nutzungsquote in ganz Deutschland in Kindertagesstätten haben. Die Eltern vertrauen den Einrichtungen, vertrauen auch der Qualität in den Einrichtungen und bringen ganz augenscheinlich gerne ihre Kinder in die Kindertageseinrichtungen.
Das steht aber im Gegensatz zur Meinung, die Erzieher über Eltern haben. Auch das hat uns Prof. Winkler in der Ausschuss-Sitzung erläutert. Erzieher sind grundsätzlich der Auffassung in dem überwiegenden Maße, dass das die Eltern eben nicht so können, dass sie die Profis sind im Geschäft, dass sie die Kindererziehung besser können und argumentieren auch entsprechend. Auch das ist ein Punkt, wo ich ganz deutlich sage, das ist es wert, dass wir an diesem Gutachten weiter arbeiten, diese Punkte auch beleuchten, eben es nicht nur ausschließlich auf die Betreuungssituation und die Zahlen beschränken. Das werden wir weiter tun. Die Verbesserung, die wir noch in den nächsten Wochen erreichen können, die haben wir mehrfach angekündigt. Daran, das sage ich noch einmal, werden wir uns messen lassen. Wir werden in der nächsten Sozialausschuss-Sitzung den Gesetzentwurf ab
schließend beraten. Wir werden ihn dann noch mal hier im Plenum haben. Wir werden dann auch über die Lösungsmöglichkeiten noch einmal reden können.
Für heute, glaube ich, konnte ich noch einmal deutlich machen, auch in der Kürze der Zeit, die zur Verfügung stand, warum wir bis jetzt mit diesem Gesetzentwurf so verfahren sind. Vielen Dank.
Kollegin Jung, würden Sie mir vielleicht ganz kurz noch mal die Begründung sagen können, warum Sie am 27. März nicht tagen wollten, und würden Sie mir als Zweites vielleicht zustimmen, wenn wir am 27. März abschließend beraten hätten, dass wir selbstverständlich in Dringlichkeit am 3. April das auf die Tagesordnung des Plenums hätten heben können?
Sie haben förmlich darum gebettelt, Frau Kollegin.
Also erstens, Sie fordern in Ihrem Gesetzentwurf die Abschaffung des Landeserziehungsgeldes. Hier steht drin, Sie wollen es den Eltern wegnehmen und nicht nur den Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, sondern auch den Eltern, die zurzeit den Geschwisterbonus bekommen und die sehr wohl davon partizipieren.
Das ist festzuhalten und das ist unverschämt, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, das Landeserziehungsgeld ist nur für diejenigen, die eine Wahloption haben. Das ist falsch. Über 50 Prozent der Eltern, die Landeserziehungsgeld bekommen, bekommen gleichzeitig den Geschwisterbonus und den behalten sie auch, auch wenn das Kind in die Einrichtung geht, und den wollen Sie ihnen wegnehmen.
Das ist festzuhalten und genau an dieser Stelle werden Sie mit uns niemals zusammenkommen und genau an dieser Stelle haben wir von Anbeginn der Diskussion gesagt, dagegen wehren wir uns. Alles andere, Frau Kollegin Jung, ich hoffe nicht, dass wir die Auswertung des Gutachtens noch einmal in einer längeren Diskussion im Sozialausschuss vornehmen müssen. Ich bitte Sie aber eindringlich, dann lesen Sie insbesondere die Bemerkungen, die die Professoren dazu gemacht haben. Lesen Sie vielleicht auch das Protokoll, das Prof. Dr. Winkler in der letzten Sozialausschuss-Sitzung am Ende der Sitzung angemerkt hat, wo sie eindringlich vor Schnellschüssen gewarnt haben und sagen, jetzt muss ganz schnell eine Entscheidung getroffen werden, damit wir was getan haben. Ich muss Sie eindringlich darauf hinweisen, dass es sehr wohlüberlegt und auch sehr wohlberaten sein muss. Das ist meine herzliche Bitte, damit wir vielleicht in der Sitzung, auch wenn sie dann Ende April statfindet, dann sachdienlich den Gesetzentwurf zu Ende beraten können und dann haben wir alle Zeit der Welt, um im nächsten Plenum die Debatte noch einmal zu führen. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Thüringer Landtag hat mit Beschluss vom 8. Oktober 2008 den genannten Gesetzentwurf an den Sozialausschuss als federführenden Ausschuss und an den Bildungsausschuss überwiesen. Der Sozialausschuss hat diesen Gesetzentwurf in seiner 53. Sitzung am 10. Oktober 2008 beraten. Er hat abweichend von den sonstigen Verfahrensgegebenheiten den Bildungsausschuss gebeten, bereits mitzuberaten zu diesem Thema. Er hat gleichzeitig be
schlossen, eine umfängliche schriftliche Anhörung durchzuführen. Der Sozialausschuss hat letztendlich am 5. Dezember 2008 die Änderungen beraten und beschlossen. Er hat gleichzeitig dabei die Änderungen beraten, die vom Bildungsausschuss am 27. November beschlossen wurden.
Die Beschlussempfehlung zu den einzelnen Punkten liegt Ihnen in der Drucksache 4/4713 zum Nachlesen vor. Deswegen verzichte ich darauf, sie einzeln vorzustellen, weise aber zu den beiden Änderungsanträgen noch darauf hin, dass der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE bereits im Ausschuss zur Beratung vorlag und dort abgelehnt wurde. Der Antrag der CDU-Fraktion lag noch nicht zur Beratung im Ausschuss vor; das hängt aber damit zusammen, dass wir mit der gestrigen Änderung zum Kinderschutz bereits im Ausführungsgesetz des SGB VIII Änderungen vorgenommen haben, so dass also in der Folgenumerierung jetzt einige Änderungen notwendig werden, die in dem Antrag Ihnen jetzt vorliegen. Ich wünsche eine zieldienliche Beratung.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir beraten heute über zwei Gesetzentwürfe, das „Thüringer Gesetz zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes“ als Gesetzentwurf der Landesregierung und das „Thüringer Gesetz zur Verbesserung des Schutzes von Kindern“ als Gesetzentwurf der SPDFraktion. Zwei Gesetze, die wir heute, eines zumindest von beiden, hoffentlich erfolgreich zum Abschluss bringen werden. Zwei Gesetze, über die wir einen sehr langen Zeitraum hier im Thüringer Landtag schon diskutiert haben - mit entsprechenden Vorlaufzeiten und mit anderen Beschlüssen. Ich will in meinem Beitrag kurz darauf eingehen, aber vorab einige Sätze zu meinen beiden Vorrednern sagen.
Frau Taubert - zunächst zu Ihnen: Vielen herzlichen Dank, Sie haben bei all den Unterschieden, die zwischen unseren beiden Fraktionen in dieser Frage bestehen, durchaus deutlich gemacht, dass wir auf das gleiche Ziel hinaus wollen. Das Ziel bei den Vorsorgeuntersuchungen bei uns ist gleich - der Weg
allerdings unterschiedlich. Ich werde nachher darauf eingehen, aber vielen Dank dafür. Vielen Dank aber auch für Ihre zweite Einschätzung, die Sie getroffen haben. Sie haben mir das vorweggenommen. Das, was Sie zu unserem Kollegen Bärwolff gesagt haben, kann ich nur bekräftigen. Eine große Thüringer Tageszeitung schreibt dann immer: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. So ist es, Herr Bärwolff, Sie müssen schon entsprechend in den Vorlagen und Gesetzestexten lesen und in den Ausschussberatungen entsprechend hinhören. Dann würde es nicht passieren, dass Sie uns hier mit Unterstellungen, mit Vorwürfen kommen, die in der Tat nicht zutreffend sind.
Ich werde im Laufe der Rede an einigen Stellen darauf eingehen; insbesondere wenn es um Fragen von Sanktionen geht, wo Sie so bewusst den Bogen um alles drum herumgeschlagen haben, was man überhaupt tun könnte.
Im zweiten Punkt will ich anmerken - auch da hat Frau Taubert recht - bei allem, was Sie uns hier suggeriert haben, dass Sie es als Vorschläge hätten. Es gab keinen einzigen Änderungsvorschlag; zu beiden Gesetzen nicht - weder zum Gesetzentwurf der SPDFraktion noch zum Gesetzentwurf der Landesregierung, weder im Ausschuss noch hier im Plenum. Insofern kann man sich nicht immer vollmundig hinstellen und Sachen fordern, auch einen bunten Blumenstrauß an Ideen und Anregungen binden. Ich lade Sie herzlich ein - bringen Sie es als Anregung ein - wir haben über zwei Jahre über dieses Thema diskutiert, da war ausreichend Zeit dazu.
Ich will den dritten Punkt vorab ansprechen - zu dem Ausgangspunkt, Frau Taubert. Da bin ich in der Beurteilung schon ein Stückchen weg von Ihnen. Sie sagen, auf Drängen der SPD-Fraktion und Anträgen, die wir in der Vergangenheit hierzu hatten, haben wir uns überhaupt mit dem Thema „Kinderschutz“ beschäftigt - das ist mitnichten so. Das Thema „Kinderschutz“ ist von Anbeginn, seit der Gründung des Freistaats Thüringen, ein zentrales Politikfeld gewesen. Wir haben 17 Kinderschutzdienste in Thüringen, denen Dank für die Arbeit zu sagen ist. Wir haben ein umfangreiches Maßnahmebündel, was die Landesregierung schon im Jahr 2006 beschlossen hat. Wir haben in nahezu jeder Landtagssitzung hier das Thema „Kinderschutz“ auf der Tagesordnung. Es ist mitnichten so, dass wir uns dazu von der SPD drängen lassen müssten.
Ich will einen zweiten Ausgangspunkt nennen: Im Oktober 2008 wurde die Änderung des SGB VIII, die Einfügung des § 8 a, beschlossen. Der § 8 a im SGB VIII beschreibt den Schutzauftrag bei einer möglichen Kindeswohlgefährdung. Dieser Beschluss
im Oktober 2005 hat eine Welle von Qualifizierungen von Mitarbeitern in der Jugendarbeit ausgelöst, sehr wohl, um ihnen erst einmal klarzumachen, was Kindeswohlgefährdungen sind, wo erkennt man die, wie geht man richtigerweise damit um, aber auch, um klar zu definieren, als eine Hilfe und Leitlinie für das Jugendamt, was zu geschehen hat, wenn es Hinweise auf eine Kindeswohlgefährdung gibt. Beides hat sich bewährt, so sehr bewährt, dass das zuständige Bundesministerium jetzt eine Konkretisierung des § 8 a vorschlägt. Sie wissen, Frau Kollegin Taubert, das geht genau in die Richtung, die wir hier im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen diskutieren, nämlich die Frage, ob die Vorsorgeuntersuchungen auch ein mögliches Indiz zu einer Kindeswohlgefährdung sein können. Auf Bundesebene ist die Diskussion noch nicht zum Abschluss gekommen, gleichwohl glaube ich, die Prüfung, ob dies gewichtige Anhaltspunkte sein können, kann eine Entscheidung und ein richtiger Weg sein.
Wir haben - darauf hat Kollege Gumprecht bei der vorangestellten Erklärung hingewiesen, was wir in den Ausschüssen getan haben - viele Anträge gehabt. Am 13. Dezember 2006 haben wir bereits ein Thüringer Frühwarnsystem und Schutzkonzept hier im Thüringer Landtag beschlossen. Es war damals ein Alternativantrag der CDU-Fraktion. Wir hatten darüber hinaus Anträge zu den Früherkennungsuntersuchungen schon im Januar 2007 und wir hatten letztendlich im September 2007 einen einmütigen Beschluss, den wir hier im Landtag gefasst haben, der den Weg beschrieben hat, der Weg, den wir zu verbindlicheren Vorsorgeuntersuchungen gehen wollen. Das ist im September 2007 geschehen, nämlich die Frage beispielsweise, wie wir es mit dem verbindlichen Einladungswesen handhaben wollen, aber auch die Frage, wem wir letztendlich die Informationen zugänglich machen wollen. Dieser Weg, den wir damals beschrieben haben, den wollen wir heute gern zum Abschluss bringen, auch deswegen als CDU-Fraktion zum Abschluss bringen, weil wir uns in den intensiven Beratungen zum Gesetzentwurf der Landesregierung durchaus bestätigt fühlen. Wir haben in Anhörungen, schriftlichen Stellungnahmen, in der Analyse der Situation in anderen Bundesländern immer wieder feststellen können, wie diffizil das ganze Gebiet des Kinderschutzes ist, wie viele verschiedene Facetten da eine Rolle spielen. Insofern nehme ich für den Gesetzentwurf, der heute zur Beratung vorliegt, nicht in Anspruch, dass er diese Facetten alle abdecken kann. Wir fügen nur einzelne Mosaiksteinchen hinzu, Mosaiksteinchen in diesem System des Kinderschutzes, was wir immer weiterentwickeln und weiter verbessern wollen. Es gehört auch dazu - das haben Sie, Frau Taubert, getan, ich möchte das gern bekräftigen - der Dank an alle Engagierten, die wir in diesem Bereich haben. Wir haben seit vielen Jahren engagierte Mitarbeiter im Bereich
des Kinderschutzes, die für die Fortentwicklung des Kinderschutzes streiten, mit uns auch diskutieren, uns auch Anregungen geben. Das haben wir in der Anhörung unter anderem im Sozialausschuss erlebt.
Beim Kinderschutz - und das muss man auch noch voranstellen - ist es zunächst die Frage, wie gehen die Familien damit um. Wie ist die Situation in den Familien, das ist der Ausgangspunkt. Wir haben im Grundgesetz und in der Verfassung klar geregelt, wie die Aufgaben, die Rechte und Pflichten für Familien sich darstellen und ich will an dieser Stelle auch sagen: Die übergroße Mehrheit der Familien füllt dies verantwortungsbewusst aus. Wir wollen diesen Familien danken, wir wollen diese Familien auch bestärken in dem, was sie tun, und wir wollen sagen, ihr tut das richtig. Wir wollen vor allem nicht, dass der Eindruck stehenbleibt, dass einzelne Mangelfälle, die in der Tat bestehen, generalisiert werden dürfen und dass das dann zum Maßstab für alle anderen gemacht werden darf. Deswegen also erstens der Dank an die verantwortungsbewussten Eltern und zweitens der Hinweis, wir wollen uns um die wenigen anderen Fälle kümmern.
Wir haben bei den Anhörungen festgestellt, eine kleinere Gruppe der Eltern kann es nicht umfänglich und eine noch deutlich kleinere Gruppe der Eltern wollen es nicht umfänglich tun. Bei denjenigen, die es nicht können, müssen wir sehr wohl darüber reden, wie wir die qualifizieren können, wie kommen wir an sie ran? Wie können wir denen die bestehenden Hilfeangebote, die wir zweifellos haben, nahebringen, und das nicht nur in der Form, wie wir es Mittwochabend im Fernsehen sehen können mit der Supernanny, sondern es gibt da Vermittlungen zu den Hilfesystemen, die wir in den Jugendämtern haben, die wir bei den Trägern haben. Da geht es um die Frage des rechtzeitigen Zugangs zu den Familien, da geht es auch darum, dass man frühzeitig Indikatoren erkennt und die Indikatoren dann auch entsprechend wertet.
Wir haben die zweite Gruppe, die ich angesprochen habe, die Familien, die sich offensichtlich all dem entziehen. Da müssen wir in letzter Konsequenz, Herr Kollege Bärwolff, auch über Sanktionen nachdenken, Sanktionen, die das SGB VIII ermöglicht, Hilfen zur Erziehung, ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Das kann am Ende in allerletzter Konsequenz, wenn sich Familien verweigern, auch mit Sorgerechtsentzugsverfahren enden. Diese Konsequenz brauchen wir an letzter Stelle, weil wir nur dann letztendlich auch Familien klarmachen können, dass sie ihre Pflichten wahrnehmen müssen, wenn wir auch sagen, was andernfalls geschehen kann, denn Grundgesetz und Verfassung sind ein klarer Auftrag für sie.
Wir haben aber auch die Zuständigkeit dafür klar geregelt. Es ist die kommunale Zuständigkeit. Das
SGB VIII weist den örtlichen Jugendämtern die Verantwortung dazu zu. Wenn wir in den Jugendämtern danach fragen, was sich nach der Einführung des § 8 a verändert hat, da werden wir deutliche Antworten bekommen. Die Jugendämter sagen uns erstens: Ja, die Zahlen der Meldungen haben zugenommen. Die sagen aber auch zweitens: Wir sind dankbar, dass die Zahlen der Meldungen zugenommen haben.
Nicht, weil sie damit unterstellen, die Zahl der Kindeswohlgefährdung hat dramatisch zugenommen, sondern weil sie damit unterstellen, sie bekommen frühzeitiger und deutlicher Kenntnis von bestehendem Gefährdungspotenzial. Unser Erfurter Jugendamtsleiter hat uns erklärt, wir hatten bis zum Inkrafttreten des § 8 a durchschnittlich monatlich 10 Fälle möglicher Kindeswohlgefährdung, die dem Jugendamt gemeldet wurden und denen das Jugendamt dann nachgegangen ist. Wir haben seit dem Inkrafttreten des § 8 a bis zu 30 Fälle, die monatlich gemeldet werden. Das Jugendamt geht all diesen Fällen nach. Das Jugendamt hat wie viele andere Jugendämter auch in Thüringen eine eigene Strategie entwickelt, wie sie mit diesem Gefährdungspotenzial umgehen. In Erfurt ist es eine Ampelform, umfängliche Fragebögen, die ausgefüllt werden, und die am Ende in einer Farbskala ein mögliches Gefährdungspotenzial ausdrücken.
Auch sagen uns die Jugendämter, viele der Hinweise sind nicht berechtigt, aber sie sind trotzdem dankbar dafür, dass sie sie erhalten und dass sie dem nachgehen können. Es bleiben am Ende einzelne wenige Fälle übrig, bei denen die Jugendämter handeln wollen und handeln müssen. Um diese Fälle herauszufiltern, dazu soll auch das heute vorliegende Gesetz zur Stärkung der Früherkennungsuntersuchung dienen. Diese möglichen Gesundheitsgefährdungen, die sich daraus ableiten können, wenn Eltern nicht regelmäßig mit ihren Kindern zur Früherkennungsuntersuchung gehen, wollen wir möglichst früh aufspüren, wir wollen aber auch den Eltern das bewusst machen. Wir lesen in vielen Studien, dass Eltern ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihren Ärzten und ein besonderes Verhältnis zu ihren Hebammen haben. Das sind die ersten Bezugspunkte, die sie haben, wenn ein Kind geboren wird. Sie nehmen auch selbstverständlich Hinweise sehr ernst, Hinweise, die sie auch bei Kindesuntersuchungen, bei den Früherkennungsuntersuchungen erhalten, und diese Ärzte können diese Hinweise auch geben und vermitteln. Deswegen ist es uns so wichtig, dass der Entwicklungsstand von Kindern regelmäßig diagnostiziert wird, dass aber auch Ärzte sagen können, was kann man tun, wenn Defizite bestehen sowohl gesundheitlicher Art als auch Hilfemöglichkeiten, die sonst gegenüber der Familie bestehen.
Wir haben bei den Vorsorgeuntersuchungen momentan die Situation, dass die ersten zwei, die ersten drei Vorsorgeuntersuchungen zu nahezu 100 Prozent in Anspruch genommen werden, ab der U 4 beginnt das höchst unterschiedlich von Jahrgang zu Jahrgang abzusinken. In Thüringen sind es derzeit etwa 90 Prozent der Kinder, wo die Eltern mit ihnen freiwillig und ohne vorherige große Diskussionen zu den Vorsorgeuntersuchungen gehen. Im Saarland - die Zahlen, Herr Bärwolff, die Sie vorhin zitiert haben - sah es beispielsweise ein bisschen anders aus. Dort sind nur 80 Prozent der Kinder zu den Vorsorgeuntersuchungen gegangen und das Ziel des saarländischen Gesetzentwurfs war es, diese Zahl derjenigen Eltern, die mit den Kindern nicht zur Vorsorge gehen, zu senken. Das ist mit einem verbindlichen Einladungssystem gelungen, rund 18 Prozent - Sie haben diese Zahl vorhin in den Raum gestellt - der Eltern gehen dann, wenn sie erinnert werden und erklärt bekommen, es ist wichtig, geht zu den Vorsorgeuntersuchungen, hin. 2 Prozent sind es im Saarland, die es in letzter Konsequenz nicht tun. Nur die Frage stellt sich, wie beratungsressistent sind die, wenn die eine Erinnerung bekommen, wenn die ein Erklärung bekommen, wie wichtig die Vorsorge ist, trotzdem wollen sie es nicht, trotzdem tun sie es nicht. Wir sind der Auffassung, um diese 2 Prozent der Eltern, die es vermutlich auch in Thüringen sein könnten, müssen wir uns sehr intensiv kümmern. Da bin ich wieder bei dem, was ich vorhin gesagt habe, da geht es um die Frage, wer hat dafür die rechtliche Zuständigkeit. Wir haben diese Frage beantwortet und haben gesagt, die Jugendämter sind die, die die rechtlichen Instrumentarien haben, die Gesundheitsämter wären nur ein weiterer zwischengeschalteter Schritt, der zusätzlich beraten könnte. Aber ich habe gerade gesagt, bei manchen Eltern wird dieses Beraten dann nicht mehr helfen.
Herr Bärwolff, Sie haben die Frage der Verbindlichkeit angesprochen. Das ist eine der lebhaften Diskussionen im Ausschuss gewesen. Sie wissen, einige der Bundesländer haben sich da drum herumgemogelt. In Hessen steht zwar drin, Eltern haben die Pflicht, mit ihren Kindern zu Vorsorgeuntersuchungen zu gehen, aber dieser Pflicht folgt nichts. Es steht auch nicht drin, was das gegebenenfalls für Sanktionsmöglichkeiten bietet, wenn sie es nicht tun. Die Bayern haben es an den Besuch der Kindertagesstätten gekoppelt und haben gesagt, die Kindertagesstätte kann nur derjenige besuchen, der die Vorsorgeuntersuchung wahrnimmt. Diesen Weg aus Bayern haben wir in Thüringen von Beginn an verworfen, weil wir gesagt haben, erstens gibt es ein Recht auf den Kindertagesstättenbesuch, das bundesgesetzlich normiert ist, da wollen wir gar nicht eingreifen, wir wollen auch keine Einschränkungen an dieser Stelle machen. Zweitens haben wir auch in unserem Thüringer Kindertagesstättengesetz eine klare Regelung dazu
getroffen. In § 16 des Thüringer Kindertagesstättengesetzes steht, dass die Eltern, bevor ihr Kind in die Kindertageseinrichtung aufgenommen wird, einen ärztlichen Untersuchungsnachweis vorlegen müssen. Und es steht weiterhin in § 16, dass der öffentliche Gesundheitsdienst jährlich die Kinder in den Kindertagesstätten besucht und untersucht. Das ist der Grund, Herr Kollege Bärwolff, weswegen wir uns wesentlich stärker mit den Kindern beschäftigen, die keine Kindertagesstätte besuchen. Diejenigen, die in einer Kindertagesstätte sind oder die später die Schule besuchen, sind in dem System, wo der öffentliche Gesundheitsdienst hinschaut, drin.
Wir haben uns bei der Kopplung an das Landeserziehungsgeld von dem Gedanken leiten lassen, was beim Landeserziehungsgeld die Begründung dafür ist, dass wir es den Eltern zahlen. Wir als CDU-Fraktion haben das beschlossen. Sie, Kollege Bärwolff, mit Ihrer Fraktion wollten das Landeserziehungsgeld nicht, insofern weise ich schon darauf hin. Wir haben gesagt, das Landeserziehungsgeld dient dazu, die Erziehungs- und Betreuungsleistung von Eltern zu honorieren.
Selbstverständlich darf man die Frage stellen, was ist denn, wenn Eltern offensichtlich nicht verantwortungsbewusst mit ihrer Erziehungs- und Betreuungsleistung umgehen. Wenn wir also zu dem Fazit kommen, dass der § 8 a eine mögliche Kindeswohlgefährdung in den Raum stellen könnte, dann müssen wir sehr wohl auch sagen, ist offensichtlich die Verantwortungsbereitschaft und die Möglichkeit zur Verantwortungswahrnehmung nicht so weit her. Dann muss man auch die Sanktionsmöglichkeit des Entzugs des Landeserziehungsgelds prüfen. Das haben wir im Übrigen schon jetzt im Landeserziehungsgeldgesetz stehen. Es ist in Thüringen nach meinem Wissen bis jetzt nur in einem einzigen Fall zur Anwendung gekommen. Das zeigt, dass die Jugendämter da sehr verantwortungsbewusst prüfen. Aber es zeigt eben auch, dass in letzter Konsequenz eine solche Ansage notwendig erscheint.
Das ist uns im Übrigen auch bei den Anhörungen gesagt worden. Ich darf daran erinnern, Herr Prof. Merten von der Uni Jena hat uns gesagt, ein Gesetzentwurf, in dem man etwas beschließt ohne eine Verbindlichkeit, ohne dass es irgendwelche Folgen hätte, sei keine Lösung. Ich habe es anders formuliert: Ein zahnloser Tiger, der ohne etwas im Hintergrund steht, aber suggeriert, wir würden damit eine Verpflichtung schaffen, hilft uns an dieser Stelle auch nicht weiter. Genau deswegen haben wir diese eine Möglichkeit der Sanktionierung durch das Landeserziehungsgeld im Gesetzentwurf beibehalten.
Frau Kollegin Taubert, ich habe es eingangs gesagt, wir sind uns beim Ziel einig. Wir wollen ein Mehr und eine verbindlichere Form der Früherkennungsuntersuchung. Wir wollen die frühzeitige Hilfevermittlung, auch da sind wir uns einig. Wir haben einen Diskurs, das hat Frau Kollegin Taubert hier vom Pult aus dargestellt, darüber gehabt, ob die Gesundheitsämter oder die Jugendämter letztendlich zuständig sein sollen. Das ist ein zentraler Punkt in beiden Gesetzentwürfen, in dem wir uns unterscheiden. Wir haben das für uns als CDU beantwortet, wir wollen schnell die Informationen an das Jugendamt. Wir wollen keinen zeitlich Verzug. Auch das hat im Übrigen Prof. Merten bei der Anhörung angemahnt, dass wir diesen zeitlichen Verzug an dieser Stelle nicht mehr dulden dürfen - an dieser Stelle, wo Eltern den Untersuchungszeitraum deutlich überschritten und auf Ermahnungen, Hinweise und Einladungen nicht reagiert haben. Da müssen wir dann schnell handeln. Da müssen wir die Jugendämter schnell in die Situation bringen, diese Informationen zu bekommen. Wir bleiben bei der Meinung, wenn wir diesen Weg über die Gesundheitsämter gehen würden, würde zusätzlicher Zeitverzug eintreten.
Ein zweiter Punkt, auch das ist ein Mangel im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, es bleibt offen, ob die Gesundheitsämter oder die Jugendämter zuständig sein wollen oder sein sollen. Dieses möglicherweise Hin- und Herschieben von kommunaler Verantwortung, vielleicht auch je nachdem, wie viel Geld gerade in welchem Haushaltstitel da ist. Auch das wollen wir nicht, wir wollen die klare Benennung derjenigen, die zuständig sind. Das ist für uns das Jugendamt.
Bei der Anhörung waren 12 Anzuhörende eingeladen. Im Sozialausschuss gab es durchaus unterschiedliche Positionen dazu. Einige der Anzuhörenden haben gesagt, wir finden es besser bei den Gesundheitsämtern, so wie es andere Bundesländer tun, so wie es beispielsweise das Saarland tut. Aber es gab auch etliche Anzuhörende, die uns gesagt haben, bei den Jugendämtern ist es richtig und gut aufgehoben. Prof. Merten, ich hatte ihn vorhin zitiert, sagte das genauso wie die Vertreter der Thüringer Kinderschutzambulanz, wie die Landesärztekammer, die es ja wissen sollte, aber auch wie der Landeshebammenverband. Wir haben Ihnen aus der Anhörung heraus zwei Änderungsanträge vorgelegt. Beide Änderungsanträge will ich kurz begründen und noch erklären.
Beim ersten Änderungsantrag geht es um die Frissetzung. Die Frage, ob man eine Vorsorgeuntersuchung, eine Früherkennungsuntersuchung, die man versäumt hat, noch nachholen kann. Das ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn es um die mögliche Streichung des Landeserziehungsgeldes geht. Bei der Vorsorgeuntersuchung, die dem Antrag zum
Landeserziehungsgeld vorangestellt ist, ist eine relativ knappe Frist gesetzt. Wenn Eltern die versäumen, könnte es in letzter Konsequenz dazu führen, dass sie kein Landeserziehungsgeld erhalten. Das wollen wir nicht. Wir wollen ihnen zumindest die Möglichkeit geben, dass sie dann ihr Kind bei den Gesundheitsämtern vorstellen können, also das heilen können, obwohl die Frist zwischenzeitlich abgelaufen ist. Das ist der eine Änderungsantrag.
Bei dem zweiten Änderungsantrag, den wir Ihnen vorgelegt haben, geht es in der Tat um die Stärkung der Familienhebammen. Die Familienhebammen, auch da waren sich alle drei Fraktionen einig, leisten einen wichtigen Dienst. Sie können ein wichtiger Baustein in diesem Hilfesystem sein. Ich höre sehr wohl, dass es Kommunen gibt, die sagen, aber das kann ja nicht alles sein, wir haben viele eigene Instrumente und ob die Familienhebamme so wirkt oder nicht, das wollen wir erst einmal sehen. Deswegen haben wir davon Abstand genommen, Familienhebammen verpflichtend in Gesetze aufzunehmen, auch den Kommunen als verpflichtende Lösung zu suggerieren. Das haben wir an anderen Stellen im Übrigen auch gemacht, Herr Kollege Bärwolff. Bei den Kinderschutzdiensten ist es ein wichtiges Instrument, aber Landkreise, die sagen, wir machen das genauso gut mit unserem allgemeinen sozialen Dienst oder wir haben ähnliche Instrumente, auch ihnen geben wir nicht vor, ihr müsst einen Kinderschutzdienst gründen, sondern auch ihnen sagen wir nur, Kinderschutzdienste können möglichst gut geeignete Instrumentarien sein. Das gilt auch für die Familienhebammen.
Ich will noch auf das eingehen, was Sie, Herr Bärwolff, dazu gesagt haben. Wir haben 40 Familienhebammen ausgebildet zum jetzigen Zeitpunkt, 20 bis 30 weitere werden im Jahre 2009 ihre Ausbildung beginnen. Von den 40 Hebammen sind zurzeit 19 im Einsatz. Da könnte man sagen, schön wär’s, wenn von den 40 tatsächlich alle im Einsatz wären. Man muss dann aber auch die Frage beantworten, wie das mit der kommunalen Verantwortung vor Ort ist. Obwohl das Land nicht nur die Ausbildung bezahlt, sondern auch sagt, wir bezahlen monatlich einen Zuschuss zum Einsatz der Hebammen. Derzeit bekommt jede Kommune, die eine Familienhabamme einsetzt, 350 € monatlich. Es gibt aber offensichtlich Kommunen, die davon noch nicht restlos überzeugt sind. Dafür wollen wir werben und das auch in den kommunalen Gremien tun. Das werden wir auch in der Stadt Erfurt tun. In der Stadt Erfurt ist von vier Familienhabammen derzeit auch nur eine im Einsatz. Ich will aber noch mal sagen, die Familienhebammen sind für uns ein wichtiges Instrumentarium, einen niedrigschwelligen Zugang zu Familien zu finden, also Familien sehr früh anzusprechen, ihnen diese Hemmschwelle zu nehmen und dann Hilfe in be
stehende Formen vermitteln zu können.
Wir haben den Kinderschutz weiterhin fortwährend als Aufgabe für uns hier im Thüringer Landtag auf der Tagesordnung. Der Bund beschäftigt sich damit, ich habe es vorhin gesagt, die mögliche Novellierung des § 8 a. Der Bund beschäftigt sich auch mit den Fragen, ob die Anforderungen an die Jugendämter an dieser Stelle richtig gesetzt sind. Sie wissen, es gibt da immer wieder Diskussionen, was die einzelne Fallbearbeitung angeht, ob das tatsächlich familiennah genug ist oder ob viele Entscheidungen auch vom Schreibtisch aus getroffen werden. Ich will das gar nicht bewerten, ich will nur sagen, wir sind gut beraten, uns die Diskussionen darüber hier immer wieder im Thüringer Landtag auf den Tisch zu ziehen, allerdings nicht die ersatzweise Leistung dessen, was die Jugendämter pflichtgemäß zu tun haben. Wenn es um Verantwortung geht, wenn es zu Konfliktfällen kommt, sind in aller erster Linie Eltern gefragt und in zweiter Linie die Jugendämter. So ist unsere Konstruktion im SGB VIII gewählt.
Wir haben mit dem, was wir heute beschließen werden, das hatte ich vorhin gesagt, dem System des Kinderschutzes zwei Mosaiksteine zufügen können. Familienhebammen sind neu hinzugekommen, verbindlichere Vorsorgeuntersuchungen - das waren Dinge, die wir uns vor zwei Jahren als Zielstellung vorgenommen haben. Wir können und werden das heute beschließen. Die CDU-Fraktion wird dem Vorschlag des Sozialausschusses folgen mit den beiden Änderungen, die wir dort eingebracht haben. Ich bitte Sie zu diesem Vorschlag um Zustimmung. Ich bitte Sie aber auch infolgedessen und immer wieder um eine sachliche, sachgerechte Diskussion. Das dient dem Kinderschutz, das hilft letztendlich den Kindern, das hilft den Familien. Das ist das, was für uns als Parlamentarier immer wieder Verpflichtung sein muss. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Bärwolff, Sie haben gerade gesagt, Ihnen fällt nicht viel ein an Initiativen, was die Landesregierung in letzter Zeit getan hat. Ich glaube, deswegen war unser Alternativantrag notwendig, damit wir genau das dokumentieren konnten. Die Ministerin hat sehr umfänglich dargestellt, was die Landesregierung getan hat. Sie haben nicht hingehört, Sie hatten Ihre Rede vorher geschrieben und haben deswegen auch nicht hingehört, was die Ministerin an Maßnahmen hier vorgestellt hat. Das zeigt, dass es notwendig ist, dass man hin und wieder so einen Antrag stellt, um das auch mal deutlich zu machen.
Herr Bärwolff, Sie haben heute Geburtstag, herzlichen Glückwunsch dazu. Ich möchte Ihnen den Geburtstag auch nicht weiter verderben, aber es waren einige Sachen in Ihrer Rede dabei, die können nicht unwidersprochen vom Rednerpult aus stehen bleiben. Insbesondere aber das, was Sie, Frau Kollegin Ehrlich-Strathausen, gesagt haben, auch Sie haben offensichtlich dem Bericht der Ministerin nicht zugehört. Die Frau Ministerin hat sehr umfänglich dargestellt, was in diesem Bereich getan wird. Für die CDU-Fraktion kann ich sagen, wir danken ihr sehr dafür. Frau Kollegin Meißner hat das vorhin schon deutlich gemacht, dass wir das Berichtsersuchen als erfüllt ansehen. Aber wir sagen auch, wir wollen nicht nur das zur Kenntnis nehmen, was in diesem Bereich geschieht, sondern wir wollen es weiterentwickeln. Genau darum dreht sich die Diskussion, die wir seit vielen, vielen Monaten miteinander führen. Das ist schon eine Frechheit, Frau Kollegin Ehrlich-Strathausen, wenn Sie sich hier vorn hinstellen und sagen, die CDU-Fraktion hätte angefangen zu handeln, als es die Tötungsverbrechen gab. Das ist eine Unverschämtheit, weil das nicht so ist. Wir haben ein umfängliches Bündel an Kinderschutzmaßnahmen und ein System von Kinderschutzdiensten und Hilfen für Kinder, die es vor vielen, vielen Jahren schon gab. Mitnichten hat das
etwas mit Verbrechen, die schlimmerweise in diesem Freistaat Thüringen auch passieren, zu tun.
Ich weise das für die CDU-Fraktion ganz entschieden zurück, Frau Kollegin.
Sie haben des Weiteren gesagt, der CDU-Fraktion wären die Kinderrechte offensichtlich nicht so wichtig, dass sie ins Grundgesetz gehören. Auch das ist eine Unverschämtheit. Wir haben, als wir die Verfassung im Thüringer Landtag beschlossen und später dann per Entscheid der Bürgerinnen und Bürger in Kraft gesetzt haben, sehr wohl die Kinderrechte formuliert - es ist von der Ministerin, es ist von Frau Kollegin Meißner zitiert worden - in Artikel 19. Genau das war uns wichtig. Genau deswegen haben wir es hineingeschrieben. Wir haben gehört, einige andere Bundesländer tun das nicht. Dann tun Sie dort bitte auch Ihre Hausaufgaben. Frau Meißner hat zu Recht auf Berlin hingewiesen. Es mag sein, Herr Bärwolff, dass Berlin im Bundesrat diesem Antrag zugestimmt hat; der Berliner Senat hat aber offensichtlich keinerlei Aktivitäten eingeleitet, um vor der eigenen Haustür zu kehren und Entscheidungen zu treffen. Ermutigen Sie doch dort Ihre Kollegen, halten Sie dort so flammende Reden, Frau Kollegin Ehrlich-Strathausen. Vielleicht kommen Sie da aber auch nicht ähnlich flammend rüber, wie Sie hier auch nicht rüber kamen. Unser Antrag ist mitnichten ein Placebo, was wir Ihnen vorlegen, sondern er macht deutlich, wir haben in diesem Bereich vieles, was wir tun, und wir werden es weiterhin tun.
Es ärgert mich schon, wenn Sie sich hier hinstellen und sagen, Kinderarmut spielt keine Rolle. Sie sitzen selbst in dem Gremium, das die Sozialministerin berufen hat, wo mit vielen Fachexperten zurzeit ein Maßnahmebündel mit Hochdruck miteinander diskutiert und beschlossen wird. Sie sagen, es passiert nichts bei Kinderarmut, und machen das daran fest, dass wir in der letzten Woche im Sozialausschuss zu dem Antrag zum Thema „Essensversorgung“ entschieden haben. Es ist im Protokoll, glaube ich, auch für Sie, wenn Sie nicht anwesend waren, zumindest nachlesbar, warum wir diesen Antrag abgelehnt haben. Wir werden es auch im nächsten Plenum hier miteinander im Landtag diskutieren. Das hat mitnichten etwas mit dem Kinderschutz zu tun. Das hat etwas damit zu tun, dass man auch die Frage beantworten muss, wenn man 39 Mio. € auf einen Schlag ausgeben möchte, wo man die hernimmt. Das haben wir vorige Woche im Sozialausschuss schon gesagt. Mich befremdet das schon, wenn Sie
das dann hier zum Gegenstand der Diskussion zum Kinderschutz machen.
Ich will auch auf ein paar weitere Punkte eingehen, die so gesagt wurden. Herr Bärwolff, kein Mensch will das, dass Eltern gegen Kinder Rechte einklagen. Eltern und Kinder und Familien sind eine Einheit, das gehört zusammen. In den Fällen, wo das nicht funktioniert, müssen wir mit ganz anderen Instrumenten hingehen. Da müssen wir nicht den Eltern irgendwelche Rechte suggerieren, die sie an dieser Stelle gar nicht haben. Wir haben vorige Woche bei der Anhörung zum Kinderschutz von Prof. Merten gehört, über welchen Umfang wir nach seiner Meinung reden; er hat gesagt, vielleicht etwa 5 Prozent der Eltern, 2 Prozent, die in letzter Konsequenz es dann offensichtlich in einer Form nicht wahrnehmen, dass dies dann kritikwürdig ist. Diesen 2 Prozent müssen wir uns mit anderen Instrumenten widmen. Diesen 2 Prozent, Herr Bärwolff, da habe ich in der Tat so meine Bedenken, ob man denen mit einer Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz beikommt. Da wird kein Mentalitätswechsel deswegen bei denen eintreten, da helfen nur Maßnahmen der Hilfen zur Erziehung. Dafür haben die Jugendämter in der Tat die Instrumente in der Hand. Wir haben im SGB VIII, wir haben im Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz die geeigneten Instrumente, mit denen man auf diese Familien zugehen kann. Da hilft es nicht, an dieser Stelle eine Diskussion zum Grundgesetz aufzumachen. Da hilft es im Übrigen auch nicht, dass wir darauf verweisen, dass wir das in Artikel 19 unserer Verfassung geregelt haben, seit vielen Jahren schon so geregelt haben. Auch diesen Familien kommen wir an dieser Stelle nicht bei. Deswegen sage ich, wir müssen sehr aufpassen, dass wir an dieser Stelle nicht eine Erwartungshaltung produzieren, die wir am Ende gar nicht wahrnehmen können.
In Artikel 19 unserer Verfassung ist es klar formuliert, auch der Schutzauftrag, den wir für die Kinder haben. Es gilt, ihn umzusetzen. Wir haben uns, das wissen Sie, in zahlreichen Plenarsitzungen und Ausschussberatungen, auch innerhalb und außerhalb dieses Parlaments mit dieser Frage auseinandergesetzt. Die Beratungen, die wir dazu geführt haben, dokumentieren jedes Mal, wir haben ein sehr umfängliches, dichtes Netz an Hilfemöglichkeiten für Familien. Es kommt darauf an, diese Hilfemöglichkeiten auch bekannt zu machen. Sie, Herr Bärwolff, haben vorhin auch die Frage Familienhebammen angesprochen. Weil Sie es kritisiert haben, dieses 19-Punkte-Maßnahmebündel, und fragen, wie viel denn davon umgesetzt ist: Das kritisieren wir gemeinsam, wenn von 40 ausgebildeten Familienhebammen derzeit nur 15 im Einsatz sind. Man muss diese Frage aber auch da stellen, wo sie hingehört. Es sind von den 15 Familienhebammen, die wir im
Einsatz haben, allein sieben in der Stadt Jena im Einsatz und in acht weiteren Kreisen ist, glaube ich, noch jeweils eine im Einsatz. Auch in der Stadt Erfurt tun wir uns extrem schwer damit, die vier ausgebildeten Familienhebammen tatsächlich zum Einsatz zu bringen, weil nur mit einer tatsächlich zwischen Jugendamt und Hebamme ein Vertrag geschlossen wurde. Das sind konkrete Aufgaben, Herr Bärwolff, da lade ich Sie herzlich ein. Da können wir uns zusammen auch in den kommunalpolitischen Gremien, in denen wir sind, engagieren, dort für Verbesserung sorgen. Deswegen kann ich das doch nicht kritisieren. Wir haben 40 Familienhebammen ausgebildet, wir haben 15 Familienhebammen zum Einsatz gebracht. Es gibt jetzt weitere Ausbildungen, es ist einer der gelungenen Maßnahmepunkte, die wir bei diesem Bündel vor geraumer Zeit miteinander besprochen haben.
Wir haben immer wieder die Kritik, ob die Informationen ausreichend an die Eltern gelangen, ob wir sie umfänglich erreichen. Wir haben das bei den Familienhebammen, wir haben das bei anderen Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung. Ich sage ganz deutlich: Wir haben sehr wohl auch die Pflicht der Kommunen, etwas zu tun, dass die Kommunen deutlich machen, was haben sie auf der einen Seite im SGB VIII für einen Handlungsauftrag, was haben sie auf der anderen Seite auch für einen Beratungs- und Hilfeauftrag. Da sind wir auch leidenschaftlich dabei, wenn wir fragen: Wird es denn umfänglich genug wahrgenommen? Vor dem Hintergrund habe ich vor geraumer Zeit schon gesagt, dass es sich bei der expliziten Aufnahme von Kinderrechten in die Verfassung und das Grundgesetz, nur um eine Diskussion handelt, wo wir eine unangemessen hohe Erwartungshaltung aufbauen. Wir werden damit Probleme, die gesamtgesellschaftlich bestehen, nicht lösen können. Wir werden damit letztendlich nur zufriedenstellende Lösungen anbieten können, wenn es insgesamt in der Gesellschaft ein Problembewusstsein dazu gibt. Dieses Problembewusstsein, was wir brauchen - Sie haben es bei dem Kindergarten zitiert -, selbstverständlich brauchen wir das insgesamt in der Gesellschaft, nicht mit gesetzlichen Vorgaben, sondern mit dem Bewusstsein, dass Kinder uns bereichern und dass Kinder selbstverständlich geschützt werden müssen.
Frau Ehrlich-Strathausen, es stimmt, ich habe gesagt, es handelt sich dabei um eine Alibidiskussion, wenn wir nur über Grundrechte in Verfassung und Grundgesetz diskutieren, aber dabei ausblenden, was es an Maßnahmen gibt. Dabei bleibe ich auch. Für mich ist es auch viel wichtiger neben der Frage, wie wir für Familien Hilfenetzwerke aufbauen, wie wir es schaffen, dieses wichtigste und erste Familienhilfenetzwerk zu stärken: Familie - das müssen wir uns vor Augen führen -, das ist das wichtigste
Netzwerk, wo Kinderrechte zuallererst geschützt werden, wo Kinderrechte gewahrt werden, wo Familien ihren Kindern selbstverständlich als nächster und erster Partner auch die Hilfe anbieten.
Ich habe es vorhin schon gesagt: Die übergroße Mehrheit der Familien tut dies, die wollen wir auch stärken. Mit den anderen müssen wir uns in einer anderen Form auseinandersetzen. Genau aus dem Grund lehnen wir den Antrag, der hier zur Beratung von der Linkspartei vorgelegt wurde, ab. Aber genau aus dem Grund haben wir auch gesagt, wir wollen mit einem Alternativantrag deutlich machen, was es für umfängliche Maßnahmen gibt, wo aber auch Weiterentwicklungsbedarf für die CDU-Fraktion besteht. Vielen Dank.
Ja.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die Regierungserklärung der Sozialministerin betont die drei wichtigen Anforderungen an eine moderne Sozialpolitik bereits im Titel und ich möchte voranstellen für die CDU-Fraktion: Herzlichen Dank, Frau Ministerin Lieberknecht, für die Regierungserklärung. Sie haben mit dem Titel, den Sie gewählt haben „frei, gerecht, solidarisch“ genau den Kern getroffen. Vielen Dank für die Regierungserklärung.
Wir konnten im Vorfeld der heutigen Regierungserklärung schon in einer ddp-Meldung und heute früh im Radio hören, was die beiden Oppositionsfraktionen von der Regierungserklärung halten. Herr Hausold, Sie wurden damit zitiert, dass Sie meinten, die CDU wolle sich im Wahljahr einen sozialen Anstrich verpassen, das haben Sie vorhin auch wieder hier gesagt. Sie haben es falsch verstanden, Herr Hausold, ausdrücklich, Sie haben es falsch verstanden. Richtig ist nämlich, die CDU ist die Partei, die seit 18 Jahren erfolgreich Sozialpolitik in Thüringen gestaltet.
Und weil ja der Kollege von der anderen Seite auch etwas dazu gesagt hat: SPD-Chef Matschie vermutet in der gleichen ddp-Meldung zu der angekündigten Kindercard, und Sie haben es vorhin auch noch mal deutlich gemacht, dass das ja wohl ein Wahlmanöver sei, welches nach der Wahl wieder eingesammelt würde. Diese Erklärung möchte ich gern mal ein bisschen näher beleuchten. Bis vor einigen Tagen haben Sie, Herr Matschie, noch um jeden Preis den Wunsch gehabt, Thüringer Ministerpräsident werden zu wollen, selbst als kleiner roter Bruder an einer doppelt so großen Hand der anderen Fraktion. Jetzt offensichtlich, wenn Sie das sagen, nach der Wahl würden Wahlgeschenke wieder eingesammelt, stelle ich mal fest, sehen Sie das offensichtlich ein bisschen anders. Ich stelle fest für die CDU-Fraktion, Herr Matschie, Sie glauben ganz offensichtlich nicht mehr an eine SPD-LINKE-geführte Regierung. Das glauben wir auch nicht.
Herr Matschie, ich stelle fest, Sie gehen davon aus, wenn Sie das sagen, dass wir nach der Wahl Wahlgeschenke wieder einsammeln, dass die CDU auch im nächsten Jahr weiter die Regierung und die Mehrheit hier im Parlament stellen wird. Auch davon gehen wir aus.
Aber genau deshalb, Herr Matschie, brauchen sich eben die Thüringerinnen und Thüringer keine Sorgen zu machen. Es werden weder sozialpolitische Wahlgeschenke gemacht und auch keine eingesammelt, stattdessen treffen wir jetzt und auch in Zukunft Entscheidungen, die den Menschen im Land helfen. Darum geht es, das ist das Wesentliche und darum diskutieren wir heute auch bei der Regierungserklärung.
Bevor wir zu den einzelnen Punkten kommen - Sie haben ja auch einen sehr bunten Blumenstrauß da gebunden -, möchte ich schon für die CDU-Fraktion auch ein paar Sätze zum Grundverständnis von Sozialpolitik sagen, weil das Grundverständnis von Sozialpolitik auch an einigen Stellen deutlich macht, was uns trennt. Wir als CDU wollen eine aktivierende Sozialpolitik und wir wollen dies im Gegensatz zu einem bevormundenden Sozialstaat, das ist ein gravierender Unterschied. Wie weit sich Sozialpolitik daran bemessen lässt, dass sie die Grundpflichten des Staates, also die Hilfe für unverschuldet in Not geratene Bürgerinnen und Bürger wahrnimmt, ist für uns ganz offensichtlich die Hauptaufgabe. Es ist allerdings auch für die CDU klar, das muss nach unserem Verständnis immer Hilfe zur Selbsthilfe sein, wo also die Möglichkeiten der Betroffenen aktiviert werden, oder einfacher gesagt, wie wir das ja bei der Hartz-IV-Gesetzgebung formuliert haben, der Gedanke „fördern und fordern“, das gehört für uns zu einer aktivierenden Sozialpolitik dazu.
Ich will auf einen zweiten Punkt hinweisen, wo wir uns auch deutlich unterscheiden - das ist unser Grundverständnis von Familie. Für die CDU-Fraktion kann ich formulieren, für uns ist ganz klar: Familie ist das Fundament unserer Gesellschaft und es sind immer noch glücklicherweise Familie und Ehe, die dieses Grundverständnis unserer Gesellschaft ausmachen.