Auf polnisch kann ich das nicht. Bei mir ginge das nur auf französisch oder russisch, das will ich Ihnen aber auch ersparen.
Der UN-Kindertag ist eben nicht nur in Afrika notwendig; es ist auch hier vor Ort in Thüringen notwendig, auf Kinderrechte hinzuweisen. Ich möchte Ihnen ganz kurz einen Eindruck vermitteln, den ich zunehmend gewinne. Ich habe das Gefühl, dass der
UN-Kindertag inzwischen so eine gewisse Parallele zum Frauentag entwickelt, nur dass die Blümchen hier Gummibärchen sind und der Händedruck ein dicker Schmatzer auf die Backe. Aber an der Situation selber wird relativ wenig geändert. Die Fraktion DIE LINKE will den Sonntagsreden Taten folgen lassen.
Wir fordern die Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention, die ja nun inzwischen vor immerhin 15 Jahren unterschrieben wurde.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es gibt kaum jemanden, der wirklich bezweifelt, dass Deutschland und im Besonderen auch Thüringen kein wirklich kinderfreundliches Land sind. Da muss man nicht erst verwahrloste Spielplätze anschauen oder heruntergekommene Schulen besuchen. Man kann das auch festmachen an den Eintrittspreisen in den Schwimmbädern. Es gibt unendlich viele andere Beispiele.
26 Prozent der Thüringer Kinder leben in Armut, mindestens. Ich weiß auch, dass, um Kinderarmut zu bekämpfen, viele Maßnahmen im Bund, in den Ländern und in den Kommunen notwendig sind. Wir fordern heute nur die für uns Nötigsten, die gleichberechtigte Teilhabe an Kultur und an sozialem Leben. Das heißt, wir wollen die Nutzung von Museen kostenlos. Wir wollen die schrittweise Einführung einer kostenlosen Essensversorgung und wir wollen Mitbestimmungsrechte fördern. Das heißt, um das zusammenzufassen, wir fordern die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Über das Erreichte soll die Landesregierung regelmäßig berichten.
Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass alle von zum Teil dramatischen Situationen von Kindern berichten, diese analysieren, sich beklagen und sich am Ende doch nichts ändert. Deshalb heute unser Antrag.
Wünscht die Fraktion der SPD das Wort zur Begründung ihres Alternativantrags? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Diskussion und erteile das Wort der Abgeordneten Ehrlich-Strathausen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der gerade in der Aktuellen Stunde beendeten Diskussion, der seit Monaten stattfindenden Diskussionen um den Kinderschutz und der offensichtlichen Zunahme von Kinderarmut begrüßt die SPD-Fraktion ausdrücklich, dass wir uns mit den UN-Kinderrechten auseinandersetzen. Dies ist eben nicht nur eine Sache der Bundesregierung, sondern auch ganz wesentlich Sache der Landesregierung und der Kommunen. Unser Rechtssystem ist nun einmal so aufgebaut, dass für viele Kinderrechte die wesentliche oder gar alleinige Zuständigkeit bei den Ländern oder bei den Kommunen liegt. Das gilt insbesondere bei Fragen in der Bildung, aber auch für die Umsetzung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Wenn wir uns also wirklich ernsthaft mit der Verwirklichung der UN-Kinderrechte auseinandersetzen wollen, und das ist das Ziel meiner Fraktion, dann muss eine Strategie zur Umsetzung von unten nach oben entwickelt werden. Ich meine damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, dass mir dieses Thema zu wichtig ist für eine populistische Auseinandersetzung.
Ich meine, dass wir uns in diesem Hause nicht anmaßen sollten, erstens die richtigen Maßnahmen zu wissen, um sie dann zweitens den Kindern und den Eltern einfach überzustülpen. Zunächst und vor allen Dingen fehlt nämlich für derart weitreichende Entscheidungen ein fundiertes Grundlagenwissen über die Bedürfnisse und die Sorgen der Kinder und Jugendlichen in Thüringen. Deswegen ist es richtig, von der Landesregierung einen Bericht einzufordern. Wir haben dies auch in unserem Alternativantrag deshalb übernommen. Danach aber gilt es, einen wichtigen Grundsatz der Kinderrechtskonvention in die Tat umzusetzen, nämlich die Beteiligung der Kinder und Jugendlichen bei den sie betreffenden Fragestellungen zu gewährleisten. Es muss also mit ihnen zunächst einmal eine konkrete Lebenssituation erfasst und mit ihnen Handlungsvorschläge entwickelt werden. Wenn ich sage „mit ihnen“, dann meine ich dies unter Einbeziehung auch ihrer Interessenvertretungen und aller Akteure, die in diesem Feld tätig sind, insbesondere den freien Trägern. Doch dafür gibt es einige Beispiele, wenn jedoch kaum in Thüringen. Der Bundesregierung ist es allerdings gelungen, unter Beteiligung - ich wiederhole -, unter Beteiligung von Kindern und Jugendlichen einen nationalen Aktionsplan für ein kindgerechtes Deutschland 2005 bis 2010 zu erstellen. Sie lässt die Umsetzung in einem gesonderten Kinder- und Jugendreport durch Kinder und Jugendliche begleiten. Uns aber fehlt dafür in Thüringen bis jetzt jegliche Grundlage
und ich kann daran erinnern, dass während der Regierungsmitverantwortung der SPD unter sozialdemokratischer Leitung des Sozialministeriums Fördermittel zur Entwicklung von Beteiligungsfonds zur Verfügung standen. Es war einer der ersten Fördertitel, den die CDU-Landesregierung nach ihrer alleinigen Regierungsverantwortung gestrichen hat. Ich darf auch daran erinnern, dass die Mehrheit des Landesjugendhilfeausschusses im vergangenen Jahr die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei der Erarbeitung des Landesjugendförderplans nicht für erforderlich hielt, und ich darf daran erinnern, dass - abgesehen von der einen oder anderen Initiative für ein Kinder- oder Jugendparlament - auf der lokalen Ebene in aller Regel keine Kultur der Beteiligung und Mitsprache von Kindern und Jugendlichen vorhanden ist. Der nationale Aktionsplan der Bundesregierung hingegen wurde unter Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen entwickelt und im Februar 2005 vom Bundeskabinett verabschiedet. Dessen Grundlage ist letztendlich die Kinderrechtskonvention und ganz konkret der 2. Weltkindergipfel 2002, der in New York stattfand. Sechs Handlungsfelder werden dort ausdrücklich genannt. Es geht um Chancengerechtigkeit durch Bildung, Aufwachsen ohne Gewalt, Förderung eines gesunden Lebens und gesunder Umweltbedingungen, Beteiligung von Kindern und Jugendlichen, Entwicklung eines angemessenen Lebensstandards für alle Kinder und um internationale Verpflichtungen. Wie das in konkrete Politik einmünden kann oder auch nicht, das haben wir heute in den vorangegangenen Diskussionen gehört oder werden es noch hören, wenn es in der Diskussion um den Kinderschutz geht. Das sind aber alles nur Teilbereiche. Der Dreh- und Angelpunkt ist tatsächlich eine Beteiligung - eine Beteiligung, die diesen Namen verdient und eine wirkliche Beteiligung der Kinder, wo Jugendliche und Kinder ihre Interessen, Wünsche, Hoffnungen und Probleme überall dort einbringen können, wo es ganz unmittelbar um ihre Belange geht. Das gilt zum Beispiel für das Wohnumfeld, das gilt für den Kindergarten, das gilt für die Schule, für die Jugendfreizeitstätten und letztendlich auch für den Alltag in der Familie. Weil das so ist, deshalb fordert der Kinder- und Jugendreport zum nationalen Aktionsplan, ich erlaube mir, zu zitieren, sehr richtig, Folgendes: „Im nationalen Aktionsplan werden viele Punkte angesprochen, die nicht auf Bundesebene verordnet werden können, sondern auf kommunaler Ebene gestaltet werden müssen. Dies ist unserer Meinung nach ein sehr wichtiger Aspekt, da Kinder ein kindergerechtes Deutschland vor allem vor der eigenen Haustür wahrnehmen können, müssen und sollen. Hier wird entschieden, ob der Spielplatz gebaut wird, ob das
Jugendzentrum auch am Wochenende geöffnet ist oder ob eine Kinder- und Jugendfreizeit angeboten wird. Hier werden wirkliche Veränderungen sofort wahrgenommen. Die wirkliche Ausgestaltung eines kindgerechten Deutschland muss also vor Ort passieren.“ In der Folge dieser Erkenntnis fordern die Jugendlichen, übrigens in Übereinstimmung mit dem zuständigen Bundesministerium, die Entwicklung von lokalen Aktionsplänen und landesweiten Aktionsplänen für kindergerechte Kommunen und Länder. Genau das haben wir mit unserem Alternativantrag aufgegriffen, weil wir uns fundiert mit der Umsetzung der UN-Kinderrechte auseinandersetzen wollen. Fundiert bedeutet auch für uns, die Betroffenen und diejenigen Akteure vor Ort zu Wort kommen zu lassen, die am Ende solch eine Umsetzung auch bewältigen müssen. Da hilft auch keine Beglückung von oben und da hilft auch kein Populismus. Aber dafür gibt es im Antrag der Kollegen der Linksfraktion einige Beispiele. Ich weiß zum Beispiel nicht, was ein verpflichtendes Kindergartenjahr vor dem Schuleintritt bewirken soll, wenn rund, ich glaube, 96 Prozent eines Jahrgangs in diesem Zeitraum den Kindergartenbesuch wahrnehmen. Offensichtlich haben die Eltern doch verstanden, dass der Kindergarten im Interesse der Kinder liegt. Also was soll dann ein Zwang? Wenn bei den verbleibenden ca. 5 Prozent tatsächlich Eltern dabei sind, die ihre Kinder besser im Kindergarten fördern lassen sollten, dann stellt sich vielmehr die Frage der Beratungsqualität zum Beispiel in der Jugendhilfe.
Zweiter Punkt: Welche Maßnahmen sind bei Entwicklungsdefiziten zwingend durchzuführen? Wer definiert die Maßnahmen? Welche fachliche Kompetenz steckt denn hinter einer solchen Anmaßung, das zu erzwingen? Sollte stattdessen nicht die Beratung und die Unterstützung gestärkt werden?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion, ich darf in diesem Zusammenhang auch an die Anhörung im Sozialausschuss zum Kinderschutz erinnern. Insbesondere die Fachleute aus den Hochschulen haben wiederholt betont, dass alle Arten von Zwangsmaßnahmen sehr kritisch hinterfragt werden müssen. Sie wären nach allen Erfahrungen häufig weniger sinnvoll und zielführend. Wir alle kennen doch die Realitäten in den Kindergärten, in den Schulen und in den begleitenden Beratungsangeboten. In vielen Fällen muss es zunächst vor allen Dingen um eine Qualitätssteigerung gehen und um mehr und besseres Personal. Erst dann stellt sich die Frage, ob es Lücken gibt, bei denen man zum Schutz der Kinder mit tatsächlichem Zwang vorgehen muss.
Aber die Personalreduzierung im Bereich der Kindertagesstätten durch die CDU-Familienoffensive führen eben letztlich auch zu Entwicklungsdefiziten und das ist nur ein Beispiel des in den letzten Jahren betriebenen Sozialabbaus in Thüringen.
Personalabbau im Bereich der Kindertagesstätten führt auch zu Entwicklungsdefiziten bei Kindern. Ich wiederhole es noch einmal: Was nützen denn dann zwingende Maßnahmen, wenn sich die öffentliche Fürsorge für Kinder vorher aus der Verantwortung gestohlen hat?
Ein dritter Punkt im Antrag - Gerichte wiederum sind in der Bundesrepublik auch bei Fragen der Adoption und bei Fragen der elterlichen Sorge unabhängig. Ich weiß nicht genau, warum Kindern angeblich, so wie es in Ihrem Antrag geschrieben steht, durch das bundesdeutsche Recht bei Adoption und Dauerpflegekindern keine langfristige Perspektive eröffnet wird. Ich habe es nicht verstanden, vielleicht können Sie es dann noch einmal in der Rede genauer erklären. Ich weiß aber, dass es in einer unabhängigen Justiz weder Anlass noch Möglichkeiten gibt, von Gerichten schnellere und konsequentere Entscheidungen zu verlangen. Also konsequentere Entscheidungen von einem Gericht, wer bitte soll denn so etwas definieren und wer hat da die alleinige Wahrheit? Das ist fraglich. Bei der populistisch immer wieder formulierten erheblichen Aufstockung in einem weiteren Anstrich des Regelsatzes in der Grundsicherung wird im Bundesarbeitsministerium bereits geprüft, in welchem Umfang dies geschehen soll und das ist natürlich immer ein Spagat zwischen dem Bedarf und der finanziellen Realisierbarkeit, wie das zu bewältigen ist. Das wissen auch alle.
Bezogen auf die Verbesserung der Lebensbedingungen für Kinder sollten wir uns vielmehr mit der Frage auseinandersetzen, wo unserer Auffassung nach Sachleistungen, Frau Dr. Scheringer-Wright, angeboten oder geboten sind. Denn beides zusammen wird nicht zu realisieren sein.
Ich will nicht verkennen, dass der Antrag an anderen Stellen, z.B. beim kostenfreien Essen, gute Anregung bietet. Wer aber mit den Zielen und der Realisierung wirklich ernsthaft mit der Umsetzung der UN-Kinderrechte umgehen will, der muss dafür Sorge tragen, dass auf lokaler und auf Landesebene die Strategien und Aktionspläne entwickelt werden. Dies haben uns die Kinder und Jugendlichen selbst in ihrem Report zum nationalen Aktionsplan als Aufgabe beschrieben. Dem sollten wir auch entsprechen. Mit Blick auf die Kollegen der CDU und auch mit Blick auf die Landesregierung möchte ich an dieser Stelle feststellen, dass in Thüringen ein akutes Handlungsdefizit besteht und will deshalb auch ausdrücklich darum werben, unserem Antrag zuzustimmen. Damit würde endlich eine Verbindung zwischen dem nationalen Aktionsplan der Bundesregierung und den politischen Handlungsebenen des Landes und der Kommune hergestellt. Bekanntlich liegt das Jugendressort auf Bundesebene in der Zuständigkeit der CDU, mit einer CDU-Ministerin, und die Zustimmung sollte auch unter diesem Gesichtspunkt möglich sein. Laut unserer Auffassung möchten wir den Antrag unter Federführung des Ausschusses für Soziales, Familie und Gesundheit an den Bildungsausschuss und den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien überweisen.
Frau Ehrlich-Strathausen, danke für die Möglichkeit, die Nachfrage zu stellen. Sie haben die Frage nach der Finanzierung von Maßnahmen gestellt. Natürlich ist die Frage nach der Finanzierung legitim. Aber wenn man sich vergegenwärtigt, dass es sich um Rechte, um eine Charta handelt, die die Vereinten Nationen aufgestellt haben, wenn die Vereinten Nationen mit der Finanzierung argumentieren würden, wie denken Sie dann, dass z.B. Länder, wie Mali, es gewährleisten könnten, ihre Kinder nicht verhungern zu lassen? Da müsste doch ein Land wie Mali sagen, gut, aber so eine Maßnahme, dass Kinder vor dem Verhungern geschützt werden, können wir uns nicht leisten, weil unser Haushalt das nicht hergibt. Wie stehen Sie dazu?
Ich denke, dass die UN-Kinderrechtskonvention mit Absicht ohne finanzielle Untermauerung so aufgestellt worden ist. Sie kennen selber den Werdegang. Diese Konvention wird auf die Länder weiter übertragen und das ist hier bei uns in Deutschland in Form des nationalen Aktionsplanes, den ich Ihnen vorgestellt habe, geschehen. Dieser Plan, dieser Aktionsplan, soll weiterentwickelt werden in den Kommunen und auch auf den Länderebenen. Sie werden in der UN-Kinderrechtskonvention keine Stelle finden, wo eine finanzielle Untersetzung vorgesehen ist, das ist auch überhaupt nicht möglich. Das wird auch nicht veranlasst. Ja, da müssen Sie sich mit den Leuten auf der EU-Ebene treffen und nicht mich hier fragen. Da ist hier die verkehrte Adresse.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, 15 Jahre ist es nun her, dass die Bundesrepublik Deutschland die UN-Kinderrechtskonvention beschlossen hat, 15 Jahre später müssen wir konstatieren, die Kinderarmut nimmt zu. Deutschland wird international wegen seines sozial ausgrenzenden Bildungssystems gerügt. Wir sind weit davon entfernt, allen Kindern, gleich welcher nationalen oder sozialen Herkunft, die gleichen Chancen einzuräumen. Werner Munoz, der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, hat das deutsche Schulsystem als diskriminierend bezeichnet. Das ginge vor allem zulasten von sozial benachteiligten Schülern, Migrantenkindern und Kindern mit Behinderungen. Vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf rief er die deutsche Politik auf, die Aufteilung in Haupt-, Realschulen und Gymnasien zu überdenken, um Ungleichheit und Chancenungerechtigkeit zu beseitigen. Er sagte, ich zitiere: „Ich glaube, dass das gegliederte System und die Art der Aufteilung der Schüler soziale Ungleichheit betont.“
Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, sich verstärkt um die Kinder in diesem Land und um ihre Rechte zu kümmern und das nicht nur, weil heute Weltkindertag ist. Deutschland insgesamt ist ein kinderentwöhntes Land und damit meine ich nicht nur, dass wir immer weniger Kinder haben, sondern auch, dass nicht genug an Kinder gedacht, Kinder in Planungen - da gebe ich Ihnen recht, Frau EhrlichStrathausen - einbezogen werden und vor allen
Dingen mit Kindern geredet wird. Das scheint sich im Moment etwas zu ändern. Familie ist in aller Munde, die Kinderkrippen beschäftigen seit Monaten die Nation.
Aber, meine Damen und Herren, das reicht nicht. Eine Gesellschaft, die sich an ökonomischen Maßstäben orientiert, die Flexibilität der Menschen auf dem Arbeitsmarkt zur heiligen Kuh stilisiert, die Kinder als Kostenfaktor ansieht oder neuerdings als Demographieretter, eine solche Gesellschaft redet über Kinder, darüber, welchen Nutzen sie bringen und welche Lasten mit ihnen verbunden sind. Wir sollten aber darüber nachdenken, was für das Kind das Beste ist. Deshalb halte ich es schon für bedenklich in diesem Kontext, wenn bei aller Kritik an einem Antrag bei UN-Rechten der Kinder von Populismus gesprochen wird. Ich denke, wir sollten darüber reden, was für die Kinder im Land Thüringen wirklich das Beste ist. Wir haben diese UN-Kinderrechtskonvention zum Gegenstand unseres Antrags gemacht, weil sie nicht nur ein abstrakter Staatsvertrag ist, es ist auch nicht nur ein Dokument, das die Länder des Südens dazu anhalten soll, Kindern Zugang zu Ernährung, Bildung und Gesundheit zu ermöglichen. Nein, das gilt für alle Länder, auch für Deutschland, und es setzt sich ausdrücklich für konkrete Rechte von Kindern ein, die in konkrete Politik vor Ort umgesetzt werden müssen. Uns geht es nicht nur um Berichterstattung und Erstellung von Aktionsplänen, wie der Antrag der SPD es nahelegt, uns geht es auch um tatsächliche Verbesserungen für die Kinder, die heute und hier in Thüringen leben.
Bis wir bestimmte Aktionspläne haben, sind die Kinder vielleicht schon weit in das Erwachsenenleben dann geschritten. Natürlich haben wir in unserem Antrag nicht alles aufgeschrieben, was nötig wäre, um die Situation von Kindern nachhaltig zu verbessern. Dafür sind mittel- bis langfristig politische und gesellschaftliche Schritte nötig. Aber, meine Damen und Herren, wir nehmen die Konvention trotzdem ernst. Kinder, deren Eltern wenig Geld haben, sind häufig von kulturellen Angeboten ausgeschlossen. Theater, Kino, Museen und Ausstellungen kosten Geld, das sich viele Familien nicht leisten können. In Artikel 31 heißt es aber, ich zitiere: „Die Vertragsstaaten achten und fördern das Recht des Kindes auf volle Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben und fördern die Bereitstellung geeigneter und gleicher Möglichkeiten für die kulturelle und künstlerische Betätigung sowie für aktive Erholung und Freizeitbeschäftigung.“ Hier schlagen wir als ersten Schritt den freien Eintritt in Museen und Ausstellungen vor. Hier können sie sowohl an unserem kulturellen und künstlerischen Erbe teilhaben als auch zeitgenössische Entwicklungen verfol
gen und somit Ideen und Vorstellungen für Ihre eigenen Ausdrucksmöglichkeiten und persönlichen Entwicklungen erhalten.
In Artikel 6 der Konvention heißt es: „Die Vertragsstaaten gewährleisten in größtmöglichem Umfang das Überleben und die Entwicklung des Kindes.“ Zur Entwicklung eines jeden Kindes gehört aber nicht nur, dass Kinder die Möglichkeit haben, in eine Kita oder die Schule zu gehen, es gehört auch dazu, dass sie an den Bildungsangeboten aufmerksam teilnehmen können. Wer aber weiß, wie belastend es für Kinder ist, wenn sie Hunger haben oder wenn sie schlecht ernährt sind, kann das Angebot an gesunder und vollwertiger Ernährung für alle Kinder gar nicht hoch genug einschätzen. Deswegen schlagen wir ganz konkret und real umsetzbar vor, in Kindertagesstätten und Grundschulen schrittweise eine kostenlose Versorgung mit Essen einzuführen.
Entscheidend ist aber auch, dass Qualität in der frühkindlichen Bildung nur möglich ist, wenn ausreichend finanzielle Mittel bereitgestellt werden und die Personalausstattung vor allen Dingen in kleinen Kindertagesstätten so erhöht wird, dass der Bildungsanspruch wirklich umgesetzt werden kann. Besonders bedarf es einer Förderung von Kindern aus bildungsfernen Familien. Wer sich mit ihnen beschäftigt, weiß, dass viele von ihnen den Anschluss an die Schulbildung schon verlieren, bevor diese überhaupt begonnen hat. Wir haben in Thüringen dafür mit dem neuen Kindertagesstättengesetz die Bedingungen erheblich verschlechtert. Hier ist es dringend geboten, ihnen die Chancen und Bildungsmöglichkeiten, die ihnen in ihren Familien nicht geboten werden, in Kita und Schule insbesondere über besondere Förderangebote bereitzustellen. Dafür sind umfangreiche Entwicklungsstandstests nötig, weil nur so herausgefunden werden kann, welches Kind tatsächlich welche Förderung benötigt. Und es ist hilfreich, wenn das letzte Kita-Jahr verpflichtend wird, damit alle Kinder gleichermaßen auf die Schule vorbereitet werden können. Wir wissen, Frau EhrlichStrathausen, dass der Auslastungsgrad bei fast 98 Prozent liegt. Uns geht es aber um jedes Kind und deswegen ist es auch ein Schritt, dass so ein letztes Kindergartenjahr verpflichtend wird.