Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD in Drucksache 4/2357. Wir stimmen mit Handzeichen ab. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD in Drucksache 4/2358. Wer ist für diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD in Drucksache 4/2359. Bitte, Herr Abgeordneter Blechschmidt.

Wir bitten um namentliche Abstimmung.

Für Punkt d? Gut. Namentliche Abstimmung über den Antrag der Fraktionen der Linkspartei.PDS und der SPD in Drucksache 4/2359. Ich bitte, die Stimmzettel einzusammeln.

Hatten alle die Möglichkeit, ihren Stimmzettel abzugeben? Ja, damit schließe ich und bitte um Auszählung der Stimmen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt: Es wurden 80 Stimmen abgegeben, davon 37 Jastimmen, 43 Neinstimmen. Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt (namentliche Abstimmung siehe Anlage 2).

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der SPD in Drucksache 4/3025. Wer für diesen Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diesen Antrag, den bitte ich um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung. Damit ist der Antrag mit Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 11

Frauenbericht Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drucksache 4/3719 - dazu: Alternativantrag der Frak- tion der CDU - Drucksache 4/3828 -

Wir waren übereingekommen, dass dieser Tagesordnungspunkt heute unabhängig von der Erledigung der übrigen Punkte aufgerufen wird. Der Abgeordnete Kubitzki möchte den Antrag der Fraktion DIE LINKE begründen. Bitte, Herr Abgeordneter Kubitzki.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir bringen den Antrag zur Erstellung eines Frauenberichts durch die Landesregierung ein, weil Gleichstellung der Geschlechter längst nicht erreicht ist und wir auch dort Diskrepanzen in unserem Land Thüringen sehen.

Im Fahrplan zur Gleichstellung von Frauen und Männern 2006 bis 2010 der EU-Kommission wird festgestellt, dass nach wie vor die Ungleichheit besteht, weil unter den Bedingungen des Wettbewerbs

Frauen stärker betroffen sind, da sie gezwungen sind, sich zwischen Kindern und Karriere zu entscheiden, weil flexible Arbeitszeitregelungen fehlen und weil Betreuungseinrichtungen fehlen. Auch wir haben heute schon festgestellt, dass Thüringen zwar ein dichtes Netz an Kitaeinrichtungen hat, aber dass bei Befragungen von Eltern die Öffnungszeiten kritisiert werden, weil diese der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht gerecht werden.

Die EU hat sechs Handlungsschwerpunkte zur Gleichstellung der Geschlechter festgelegt:

1. gleiche wirtschaftliche Unabhängigkeit von Mann und Frau,

2. Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben,

3. ausgewogene Repräsentanz bei Entscheidungsprozessen,

4. Beseitigung aller Formen geschlechterbezogener Gewalt,

5. Beseitigung von Geschlechterstereotypen,

6. Fördern der Gleichstellung in Außen- und Entwicklungspolitik.

Wenn ich hier so höre, wie manche Reaktionen sind und das Desinteresse sehe, so unterstreicht das, im Freistaat Thüringen gibt es Diskrepanzen vor allem dahin gehend, was die Einstellung zur Gleichstellung der Geschlechter betrifft.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Wir wollen mit unserem Antrag von der Landesregierung Antworten. Wo steht Thüringen bei der Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen? Dabei ist hinlänglich bekannt, dass in den Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen die meisten Frauen sind. Das ist verbunden mit niedrigem Einkommen für diese Frauen. Wir wissen auch, dass die meisten, die aufstockende Leistungen entsprechend der Hartz-IV-Gesetzgebung empfangen, auch in Thüringen Frauen sind. Das ist nicht länger hinnehmbar.

Noch wichtiger als die Antworten, die wir von der Landesregierung verlangen, sind die Schlussfolgerungen und die Umsetzungsvorschläge, die die Landesregierung zur Gleichstellung hat, zu solchen Problemen wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zur Verbesserung der Einkommenssituation von Frauen und vor allem auch zur Gleichstellung in der Arbeitswelt.

Im Statistischen Jahresbericht 2007, der sich auf Zahlen von 2006 beruft, konnten wir nachlesen, dass

im Jahr 2006 44.422 Menschen Thüringen verlassen haben, fortgezogen sind. Wenn ich das durch 365 Tage dividiere, so ergibt das einen Durchschnitt pro Tag von 122 Menschen, die aus Thüringen wegziehen. Nicht dagegengerechnet habe ich natürlich, wer hinzuzieht. Aber diese Zahl ist hinlänglich beeindruckend. Die meisten, die wegziehen, und insgesamt die Wanderungsverluste sind bei Frauen am höchsten. Im Jahr 2006 haben 8.000 Frauen Thüringen verlassen, und das vor allem junge Frauen, weil es hier in diesem Land für sie keine Perspektive gab. Deshalb unser Antrag, der Stellung beziehen soll zur Situation, wie ist die Gleichstellung in Thüringen. Vor allem wollen wir mit unserem Antrag von der Landesregierung Schlussfolgerungen erfahren, wie dieser Situation begegnet werden kann.

(Beifall DIE LINKE)

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung für ihren Alternativantrag? Das ist nicht der Fall. Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglichkeit eines Sofortberichts zu dem Alternativantrag keinen Gebrauch zu machen. So eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort der Abgeordneten Ehrlich-Strathausen, SPD-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, politisches Handeln benötigt natürlich belastbare empirische Grundlagen und das gilt auch für die Gleichstellungspolitik. Daran aber mangelt es leider seit Jahren und das will ich Ihnen auch ganz beispielhaft aufzeigen.

Zu Beginn der Legislaturperiode im Januar 2005 haben wir uns mit dem Bericht der Landesregierung über die Anwendung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes auseinandergesetzt. Lassen Sie mich noch einmal einige Punkte in Erinnerung rufen.

Ein wesentlicher Kritikpunkt war damals die völlig überholte Datengrundlage des Berichts, und das, obwohl sich der Bericht nur auf die öffentlichen Verwaltungen bezog. Ich kann mich des Eindrucks in dem Zusammenhang nicht erwehren, dass zwar jede Büroklammer gezählt, offenbar aber nicht die Wirkung des Thüringer Gleichstellungsgesetzes erfasst wird.

(Beifall DIE LINKE)

Man könnte vermuten, dass es keine Wirkung hat; denn wenn es ein Erfolg wäre, dann würde es bei Ihnen erfasst und natürlich auch verkauft werden. Allerdings waren die aktuellsten Daten im damaligen

Bericht zweieinhalb Jahre alt. Das war also Mitte 2002 und jetzt haben wir 2008. Anstelle einer Darstellung der aktuellen Lebenssituation von Frauen und Männern im Wirkungskreis dieses Gesetzes bot der ohnehin unzureichende Bericht aufgrund der veralteten Daten eher Anlass für eine historische Diskussion - logisch, sechs Jahre alte Daten zu diesem Zeitpunkt. Damals war mir zwar noch nicht klar, dass hinter der Art und Weise der Datenerhebung und Datenverarbeitung offensichtlich ein System steckt, zumindest wenn es um die Gleichstellungsproblematik geht, aber immer und immer wieder haben wir das auch im Gleichstellungsausschuss nachfolgend erlebt, dass die Lebenssituation von Frauen in Thüringen beschönigt, zumindest aber nicht ernst genommen wurde und auch nicht ernst genommen wird. Das gilt besonders für die Landesregierung, denn schöngeredet und bagatellisiert wird zum Beispiel - eben hat es Herr Kubitzki schon angesprochen -, dass das nach wie vor aktuelle Thema der Abwanderung junger Frauen schöngeredet wird, auch der Einsatz der Mittel des Europäischen Sozialfonds zum Abbau geschlechterspezifischer Benachteiligung, und schöngeredet wird die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen bei der Übertragung von Leitungsfunktionen in der öffentlichen Verwaltung.

(Beifall DIE LINKE)

Alles im Lot - so lauten meistens die Signale der Landesregierung, und das ist auch der Tenor des Alternativantrags der CDU. Und das, obwohl die Missstände innerhalb der Landesregierung wirklich nicht zu verbergen sind. Die Fakten sind doch von der Landesregierung im September 2007 im Gleichstellungsausschuss selbst benannt worden. Was waren denn das damals für Ergebnisse, als die Besetzung der Leitungsfunktionen - Referatsleitung aufwärts - in den Ministerien abgefragt wurden? Plötzlich war offensichtlich, dass sich in all den Jahren - der Abfragezeitpunkt bezog sich von 2002 bis 2007 - aber auch gar nichts an den bestehenden Nachteilen für Frauen geändert hat. Überwiegend sind die Funktionen fest im Besitz der Männer, zumindest haben sie sich erfolgreich festgesetzt. Selbst im TMSFG, im Sozialministerium, wo die Gleichstellungsbeauftragte ihren Sitz hat, gibt es nach wie vor keine Frau als Abteilungsleiterin.

Ich habe diese Unterlagen noch einmal mitgebracht und möchte nur einige Beispiele daraus zitieren. Ich habe es mal rot gekennzeichnet. Alle diese roten Markierungen bedeuten den Frauenanteil bei Abteilungsleitungen. Vielleicht können Sie es nicht genau von hinten erkennen, aber dort stehen alles Nullen. Das bedeutet, keine einzige Frau im Bau- und Verkehrsministerium in der Abteilungsleitung, keine einzige Frau im Finanzministerium, Innenministerium und Justizministerium usw., Landwirtschaft,

Naturschutz, Umwelt, Wissenschaft, Forschung, Wirtschaft, Staatskanzlei. Es bleiben lediglich zwei Ministerien, das sind das Kultusministerium mit einer Frau auf dieser Ebene und das Forschungsministerium mit einer Frau auf Abteilungsleitungsebene. Wenn ich es richtig im Kopf habe, war das ein prozentualer Anteil von 4,44 Prozent - das ließ sich gut merken.

Bei den Referatsleitungen sieht es nicht besser aus. Der Anteil beträgt gerade einmal ca. 22 Prozent.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Da haben Sie doch die Zahlen.)

Entschuldigung, Herr Minister, das sind die Zahlen von 2002 bis 2007, und zwar nach der Frage der Abteilungsleitungen und der Referatsleitungen. Und es sind nicht die Fragen, die in dem Antrag der Linksfraktion stehen, also das ist ja ein großer Unterschied.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Auf die Zahlen haben wir acht Wochen ge- wartet, weil Sie nicht so schnell waren.)

Nicht nur das, nicht nur, dass wir auf die Zahlen gewartet haben, Frau Wolf, sondern es war noch ein dicker fetter Rechenfehler drin. Ich wollte es ja hier gar nicht sagen, weil es peinlich genug ist, wenn man sämtliche Zahlen von 2002 bis 2007 einfach summiert und dann sagt, man hätte 400 Abteilungsleiter im Referat. Das ist ja nun wirklich etwas peinlich. Das sind die neuen Zahlen übrigens, Herr Minister, nicht die alten.

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Sozia- les, Familie und Gesundheit: Wo gear- beitet wird, werden Fehler gemacht.)

So sieht die Gleichstellungspolitik natürlich aus, wenn die Fakten ins Spiel kommen. Und, werte Frau Arenhövel, wenn Sie und die Landesregierung die „geschlechtersensible Sichtweise“ voranbringen würden - so haben Sie es so schön ausgedrückt in Ihrem Antrag der CDU -, dann würden Leitungsfunktionen anders besetzt sein. Mit Blick auf das schwedische Modell kann man ironisch nur sagen: Sie waren sehr sensibel, wenn es um die Besetzung der geschlechterspezifischen Interessen der Männer ging. Manch einer der unverändert privilegierten Herren wird sich mit Blick auf das Thüringer Schwedenmodell und die Ergebnisse der Arbeit wohl sagen: Alter Schwede, uns geht es aber gut hier.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Die hoch qualifizierten Frauen in den Landesbehörden aber schauen weiter in die Röhre und am Ende

wird das Prinzip Hoffnung vorgegaukelt. So und nicht anders sieht im Moment die Gleichstellungspolitik aus,

(Beifall SPD)

und zwar dort, wo sie auch noch unmittelbar Einfluss hat - und das hat wirklich nichts mit Sensibilität zu tun, sondern mit Dickfelligkeit und ist gegenüber den Fraueninteressen nicht mehr zu übertreffen. Aber immer dann, wenn solche Fakten auf den Tisch kamen, dann gab es zumindest so etwas wie eine gewisse Unruhe bei der Gleichstellungsbeauftragten. Es galt offensichtlich zumindest den Anschein zu wahren, dass es in Thüringen ja noch Gleichstellungspolitik gibt, denn anders ist auch der Alternativantrag der CDU-Fraktion nicht zu bewerten. Denn so gesehen, war der Antrag der Kollegen von der LINKEN ja schon erfolgreich - er hat zumindest in der Richtung etwas vorangebracht.