Protokoll der Sitzung vom 09.12.2004

(Heiterkeit im Hause)

Bis jetzt bin ich noch ruhig. Jetzt bin ich noch vollkommen ruhig, Herr Kollege Matschie.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Wir hat- ten schon das Vergnügen.)

Vor der Weihnachtszeit, da sollte man etwas ruhiger werden. Es kommen ja die friedlichen Tage.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass hier vor allen Dingen auch, weil ja auch der entsprechende Antrag der SPD da ist, wo die Landesregierung aufgefordert wird, die Landesregierung wird ja auch dazu noch reden, vor allem noch einmal dazu Stellung nimmt, wie mit dem eingesetzten Geld die Gebührensprünge vermieden werden können, wie z.B. die zeitnahen Schulungen der Aufgabenträger zum

neuen Gesetz durchzuführen sind, ein Faltblatt soll erstellt werden, wie das Ganze weitergeht usw. Man könnte auch die entsprechenden Richtlinien, bis wann die kommen, das, denke ich, steht im Zusammenhang, dass natürlich mit der neuen Materie auch diese Dinge zeitnah da sein müssen und davon gehe ich aus, dass die Landesregierung auch dieses uns nachher noch in Ihrem Redebeitrag deutlich machen will.

Aber, meine Damen und Herren, Herr Kuschel, ich will noch einmal darauf verweisen, dass wir hier wirklich mit diesem Paradigmenwechsel auch, und Sie wissen das, immer beachten müssen den Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung, weil Sie das immer so locker hinstellen, wir könnten ja einfach das Ganze so machen. So einfach ist es halt nicht, weil die Gesetzeslage hier den Kommunen eine große Freiheit einfach zuspricht. Dass das nicht immer alles richtig gelaufen ist, wissen wir, aber ich denke, wir müssen dort behutsam eingreifen und wenn wir eingreifen, müssen wir es finanzieren, wie in diesem Fall. Deswegen, denke ich einmal, ist das schon ein wichtiger Grundsatz, den man nicht so einfach bei Seite wischen kann.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will das dicke Paket nun wegnehmen, das sind von den Anzuhörenden die zusammengetragenen Dinge, die Synopse der Landtagsverwaltung.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, dem Gesetzentwurf der Landesregierung mit unseren geringfügigen Änderungen, die wir noch dazu beigepackt haben, Ihre Zustimmung zu geben, denn ich glaube, die Menschen im Lande, die Gebühren- und Beitragszahler, die warten darauf, dass wir dieses umsetzen, dass wir dieses vollziehen und ich denke, dass wir gemeinsam mit der Landesregierung, zumindest meine Fraktion, das umsetzen. Ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere im Interesse der Betroffenen hier zustimmen könnte. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Hauboldt, Sie können jetzt Ihre Frage stellen.

Ja, sehr geehrter Kollege Fiedler, Sie haben uns ja gescholten hinsichtlich unserer Änderungsanträge, dass Sie Probleme hatten, die Inhalte zu verstehen. Würden Sie mir Recht geben, dass im Gutachten der Landtagsverwaltung formuliert worden ist, dass die Änderungsanträge der PDS doch gravierend seien, auch hinsichtlich der Einhaltung der Fristen

und die Ihrer Fraktion doch rein formal?

Herr Kollege, ich kann nicht beurteilen, wie die Landtagsverwaltung zu ihrem Gutachten gekommen ist.

(Heiterkeit bei der PDS)

Ich jedenfalls sehe in dem Punkt, der Rest war mir klar, dass das so läuft, in Ihrem Antrag, Sie waren doch dabei, wir haben es doch ausgiebig durchgenommen. Ich nehme an, dass der Innenminister noch drei Worte dazu sagt. Wir haben es doch deutlich erlebt, das war so etwas von konfus. Ich will es doch nicht noch einmal verlängern. Das war so etwas von konfus, dass wir am Ende gesagt haben, es lohnt sich überhaupt nicht, darüber zu reden. Die können wir gleich ablehnen.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, PDS: Wir haben es doch auch verstanden.)

(Beifall bei der CDU)

Herr Abgeordneter Fiedler, der Herr Abgeordnete Hauboldt wollte Ihnen noch eine Frage stellen.

(Zuruf Abg. Fiedler, CDU: Ich will keine mehr beantworten.)

Sie wollen keine mehr beantworten, aber für die Landesregierung hat sich Minister Dr. Gasser schon zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten, in der Plenarsitzung am 7. Oktober dieses Jahres hat der Landtag in erster Lesung den Entwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes beraten. In den seither vergangenen neun Wochen hat dieser Entwurf den Landtag und seine Gremien intensiv beschäftigt. Ich bin sicher, Sie teilen meine Einschätzung, eine Novellierung des Kommunalabgabengesetzes ist dringend geboten und der Entwurf der Landesregierung stellt eine angemessene Lösung dar. Ich will noch einmal den Versuch unternehmen, auch Ihnen, Herr Kuschel und Frau Taubert, die Gründe der Gesetzesänderung zu vermitteln.

Meine Damen und Herren, stellen Sie sich vor, Sie sind Eigentümer eines Grundstücks in Thüringen und erhalten einen Bescheid, der in seinem Tenor wie folgt lautet: Der einmalige Wasserversorgungsbeitrag wird in Höhe von 104.550,98 DM festge

setzt. Der Beitrag ist in einem Monat nach Bekanntgabe dieses Bescheides fällig. Im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang damit erhalten Sie einen entsprechenden Abwasserbeitragsbescheid in vergleichbarer Höhe bzw. noch höher. Was würden Sie in dieser Situation denken? Was würden Sie fühlen? Ich will es Ihnen sagen. Im ersten Moment wären Sie fassungslos, ja schockiert, denn Sie sehen sich am Rande des Ruins, sodann überlegten Sie, wie Sie die festgesetzten Beträge aufbringen könnten. Wenn Sie nicht über die nötigen Barmittel verfügten und einen Kredit entweder nicht aufnehmen wollten oder nicht aufnehmen könnten, würden Sie an einen Teilverkauf des Grundstücks denken. Doch auch dieser substanzvernichtende Schritt würde Ihnen angesichts des desolaten Grundstücksmarktes nicht weiterhelfen. Also legten Sie schließlich Rechtsmittel ein, die jedoch aufgrund der geltenden Rechtslage kaum Aussicht auf Erfolg hätten. Am Ende resignierten Sie verbittert und im Zweifel darüber, ob Sie wirklich in einem Rechtsstaat leben.

Meine Damen und Herren, ich habe das genannte Beispiel aus meiner früheren Tätigkeit als Rechtsanwalt herausgegriffen. Es illustriert, wie ich meine, die Problematik sehr eindrucksvoll. Das geltende Kommunalabgabengesetz hat trotz umfangreicher finanzieller, rechtlicher und betriebswirtschaftlicher Unterstützung der Aufgabenträger durch das Land vielfach zu wirtschaftlich nicht mehr zumutbaren Belastungen für die Abgabepflichtigen geführt. Wir haben das vielleicht schon wieder vergessen. Dies hat in der Gesamtbevölkerung eine tiefe Verunsicherung, ja sogar Existenzängste hervorgerufen. Die etwa 66.000 Widerspruchs- und die etwa 6.000 Gerichtsverfahren gegen Abgabenbescheide im Wasser- und Abwasserbereich sind ein, die zahlreichen Proteste und Demonstrationen ein anderer Ausdruck dessen.

Nachdem alle Beratungs- und Finanzhilfen des Landes innerhalb der bisherigen rechtlichen Möglichkeiten nichts genutzt haben, muss sich nun als Ultima Ratio der Gesetzgeber in grundsätzlicher Art der Probleme annehmen. Dabei, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen Sie einen wohl abgewogenen Ausgleich finden zwischen den berechtigten Interessen der Abgabenschuldner an einer verträglichen Belastung sowie der wirtschaftlichen und planerischen Situation der kommunalen Aufgabenträger einerseits und der begrenzten finanziellen Leistungsfähigkeit des Freistaats Thüringen andererseits.

Die Landesregierung sieht einen tragfähigen Kompromiss nach wie vor in folgender Regelung:

1. Im Wasserbereich wird auf eine reine Gebührenfinanzierung umgestellt. Die Aufgabenträger sind hier nicht mehr berechtigt, Beiträge zu erheben. Bereits

gezahlte Beiträge müssen zurückgezahlt werden.

2. Im Abwasserbereich orientiert sich die Beitragsbelastung an dem tatsächlich an der Abwasseranlage gezogenen Vorteil. Das bedeutet, für unbebaute Grundstücke wird es keine Abwasserbeiträge mehr geben. Ein bebautes Grundstück darf nur nach Maßgabe der tatsächlichen Bebauung herangezogen werden. Es wird also künftig keine Abwasserbeiträge für Dreigeschosser mehr geben, wenn das betroffene Grundstück nur mit einer Garage bebaut ist. Bei übergroßen Grundstücken wird die Belastung künftig durch eine Kappungsgrenze beschränkt. Als übergroß sind solche Grundstücke anzusehen, die die durchschnittliche Grundstücksgröße im jeweiligen Verbandsgebiet um mehr als 30 Prozent überschreiten. Für die darüber hinausgehende Fläche kommt eine Heranziehung zum Abwasserbeitrag nicht in Betracht. Etwas anderes gilt nur dann, wenn auch dieser Teil des Grundstücks baulich genutzt ist, denn dann vermittelt die Abwasseranlage dem Eigentümer auch insoweit einen Vorteil. Bei der Ermittlung der durchschnittlichen Grundstücksgröße - und das möchte ich noch mal betonen - haben die Aufgabenträger die Möglichkeit, nach der Nutzungsart der Grundstücke zu differenzieren, also beispielsweise zwischen Wohn- und Gewerbegrundstücken, aber etwa auch zwischen verschiedenen Wohngrundstücken. So können sie der spezifischen Grundstückssituation in ihrem Verbandsgebiet gerecht werden.

Soweit in der Vergangenheit bereits Beiträge gezahlt wurden, die nach den neuen Privilegierungstatbeständen nicht entstehen würden, sind diese auf entsprechenden Antrag zurückzuzahlen. Den Aufgabenträgern entstehen erhebliche Aufwendungen dadurch, dass sie aufgrund des Beitragsverbots im Wasserbereich und der Privilegierungstatbestände im Abwasserbereich Beiträge nicht mehr erheben dürfen oder zurückzahlen müssen. Zur Vermeidung verfassungswidriger Belastungen der Aufgabenträger wird das Land ihnen daher diese Aufwendungen erstatten.

Schließlich wird das Land dafür sorgen, dass die Umstellung des Finanzierungssystems im Wasserbereich nicht zu unverträglichen Gebühren für die Abgabepflichtigen führt. Sicher, Gebührensteigerungen können nicht ausgeschlossen werden, weil die Beiträge, die bisher zur Gebührensenkung eingesetzt wurden, künftig nicht mehr erhoben werden dürfen. Das müsste an sich für jedermann einsichtig sein. Das Land wird aber, was bereits vielfach auch ausgeführt worden ist, durch einen Betrag von bis zu 18 Mio. *     keit etwaiger Gebührensteigerungen sicherstellen.

Meine Damen und Herren, der Innenausschuss des Landtags hat den Gesetzentwurf der Landesregie

rung einer umfangreichen Anhörung unterzogen. Die beiden wichtigsten Ergebnisse der Anhörung sehe ich im Folgenden:

Erstens findet der Gesetzentwurf eine breite Zustimmung in der Bevölkerung. Das war nicht nur zahlreichen Stellungnahmen aus den Reihen der Anzuhörenden, sondern vor allem auch den Bekundungen von betroffenen Bürgern bei der Anhörung im Landtag zu entnehmen. Kann es für ein Parlament und für eine Regierung eine bessere Bestätigung geben?

Das zweite wesentliche Ergebnis der Anhörung ist für mich die Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfs. Herr Kuschel, mit Verlaub, wie Sie sich vorhin über Herrn Prof. Kirchhof geäußert haben, das hat mir nicht gefallen. Ich halte es für dreist und unverfroren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Prof. Kirchhof hat erneut überzeugend dargelegt, dass er sowohl die Abschaffung der Wasserbeiträge als auch die Privilegierungen im Abwasserbereich für verfassungsrechtlich unproblematisch hält. Insbesondere sieht er keinen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und das Rückwirkungsverbot. Verfassungsrechtlich geschützte Positionen der Bürgerinnen und Bürger werden durch die Novellierung also nicht verletzt. Herr Prof. Kirchhof konnte aber auch einen Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltungs- und Finanzhoheit ausschließen.

Erstens sei das Abgabenrecht - man muss das Gutachten auch insgesamt lesen - auf legislative Ausgestaltung angewiesen, weshalb der Gesetzgeber hier einen weit gehenden Gestaltungsspielraum habe, und der sei weiter gehender als in anderen kommunalen Bereichen.

Zweitens handelt es sich nur um einen punktuellen Ausschluss eines bestimmten Finanzierungsintruments, der auch aus anderen Gebieten bekannt sei.

Drittens habe der Thüringer Gesetzgeber sachliche Gründe für die fraglichen Neuregelungen, denn die Kumulation verschiedener Beitragspflichten habe zu einer unzumutbaren Belastung für die Abgabepflichtigen geführt, die angesichts des nicht funktionierenden Grundstücksmarkts im Lande besonders schwer wiege.

Viertens schließlich werde die Verfassungsmäßigkeit dadurch gewahrt, dass das Land die Kapitalverluste der Aufgabenträger ausgleicht.

Gegenüber diesen Ausführungen vermag das vom Gemeinde- und Städtebund in der Anhörung vor

gelegte Gegengutachten der Anwaltskanzlei Zuck & Quass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des hier diskutierten Entwurfs nicht zu begründen. Im Gegenteil bestätigt es in weiten Teilen die Rechtsauffassung der Landesregierung. Das gilt zunächst für den Abwasserbereich. Diesen hält der Gutachter bzw. sein Auftraggeber offenbar für unproblematisch, denn er beschränkt die verfassungsrechtliche Prüfung auf die Regelung im Wasserbereich. Insoweit kommt auch er zu dem Ergebnis, dass das Beitragsverbot nicht in den Kernbereich, sondern nur in den Randbereich der kommunalen Selbstverwaltung eingreift. In diesem stünden dem Gesetzgeber weit reichende Ausgestaltungsbefugnisse zur Verfügung.

Entgegen den Auffassungen der Landesregierung und von Herrn Prof. Kirchhof meint der Gutachter des Gemeinde- und Städtebundes jedoch, das Beitragsverbot im Wasserbereich verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Insbesondere sei der damit verbundene Eingriff nicht angemessen, denn es fehle an einem überwiegenden staatlichen Interesse. Ein solches stelle das bloße Jedermannsinteresse, von Abgaben verschont zu bleiben, nicht dar. Diese Ausführungen zeigen, dass der Gutachter die spezifische Situation in Thüringen, wie ich Sie Ihnen eben und auch im letzten Plenum dargelegt habe, verkennt. Angesichts der tiefen Verunsicherung der Bevölkerung über die wirtschaftlich teilweise nicht mehr vertretbaren Beitragsbelastungen ist der Thüringer Landesgesetzgeber sehr wohl berechtigt, in das Wie, nicht in das Ob der Abgabenerhebung einzugreifen. Daran haben weder die Landesregierung noch Herr Prof. Kirchhof irgendwelche Zweifel.

Allerdings bestätigt das Gegengutachten, was ich Ihnen schon im Rahmen der ersten Lesung sagte, wir haben keine absolute Sicherheit. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf schafft Thüringen ein kommunalabgabenrechtliches Novum. Dennoch sollten wir uns auf das Urteil von Herrn Prof. Kirchhof verlassen, der uns eine angemessene und verfassungsfeste Lösung bescheinigt.

Meine Damen und Herren, die Anhörung hat ferner aber auch gezeigt, dass zu einzelnen, eher rechtstechnischen Punkten Korrekturen und Ergänzungen des Gesetzentwurfs zweckmäßig sind. Ich will das nicht im Einzelnen ausführen, das hat Herr Abgeordneter Fiedler schon vorhin getan, ich will es nur noch mal nennen. Das betrifft die Abschaffung der wiederkehrenden Beiträge zur Abgeltung der verbrauchsunabhängigen laufenden Kosten, das betrifft die von Bürgerinitiativen erbetene Einsichtnahme in die Kosten- und Aufwandsrechnung auch für die Gebührenpflichtigen. Das betrifft weiterhin die Frage, wie verfahren werden soll, damit bekannt wird,

wenn bauliche Änderungen sich vollziehen. Da sind wir der Auffassung, auch hier kann man den Anregungen folgen, dass die Gemeinden hier die Informationen haben und dann den jeweiligen Verbänden mitteilen können, wenn sich bauliche Veränderungen auf einem Grundstück ereignen. Sie sind vor Ort, sie sind nahe dran und können das als diejenigen machen. Wir haben das aufgegriffen. Außerdem wurde noch aufgegriffen die Frage des richtigen Rückzahlungsempfängers. Der Entwurf der Landesregierung sieht hier vor, dass bereits erhobene Wasserbeiträge an die jeweiligen Grundstückseigentümer zurückzuzahlen sind bzw. an Erbbauberechtigte und Inhaber dinglicher Nutzungsrechte. Es wird auf den Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens der KAG-Novelle abgestellt zur Bestimmung des richtigen Rückzahlungsempfängers.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch auf einige Kritikpunkte aus der Anhörung eingehen, die der Innenausschuss zu Recht nicht aufgegriffen hat. Das betrifft zunächst den Abwasserprivilegierungstatbestand für übergroße Grundstücke. Hier wurde angeführt, dieser sei nur schwer verständlich und praktisch nicht handhabbar, er berge insofern eine Gefahr für die Wirksamkeit von Satzungen und müsse daher gestrichen werden. Dieser Forderung sollte der Landtag aus Sicht der Landesregierung nicht nachkommen. Die Privilegierung übergroßer Grundstücke bei der Abwasserbeitragspflicht ist ein Kernpunkt der vorgeschlagenen Novelle. Die volle Beitragspflicht für übergroße Grundstücke ist eine der wesentlichen Ursachen für die fehlende Akzeptanz des geltenden Kommunalabgabengesetzes in der Bevölkerung. Gerade hier ist es angesichts der ländlichen Struktur weiter Teile des Freistaats zu den unglaublichen Beitragsbescheiden gekommen. Dieses Problem muss zwingend behoben werden. Die von der Landesregierung vorgeschlagene 130-Prozent-Regelung lehnt sich an die Rechtslage in Sachsen-Anhalt an. Zwar wird diese von Teilen der Literatur kritisiert, sie ist jedoch von den dortigen Verwaltungsgerichten nicht beanstandet worden. Insofern haben wir hier eine doch größere Sicherheit.

Die Kritik an der Verständlichkeit der Regelung kann ich im Übrigen nicht nachvollziehen. Nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 8 Satz 3 des Entwurfs unterliegen auch bebaute Grundstücke der Abwasserbeitragspflicht nicht, soweit und solange sie die durchschnittliche Grundstücksgröße im jeweiligen Versorgungsgebiet um mehr als 30 Prozent übersteigen. Nach § 7 Abs. 8 Satz 5 gilt diese Ausnahme entsprechend ihrem Sinn und Zweck nicht, wenn und soweit auch der an sich übergroße Teil des Grundstücks bebaut ist. Das liegt ja eigentlich auf der Hand. Das halte ich auch für unmissverständlich. Gleiches gilt für das Differenzierungsgebot des § 7 Abs. 8 Satz 4. Danach ist bei der Ermittlung der durch

schnittlichen Grundstücksgröße nach verschiedenen Nutzungsarten, insbesondere zwischen Wohn- und sonstigen Grundstücken zu unterscheiden, sofern die örtlichen Verhältnisse dies erfordern. Dadurch soll verhindert werden, dass große gewerblich oder landwirtschaftlich genutzte Grundstücke die durchschnittliche Grundstücksgröße in einem Versorgungsgebiet zulasten der kleineren Wohngrundstücke verschieben. Der Kritik ist allerdings zuzugeben, dass die Ermittlung der durchschnittlichen Grundstücksgröße bzw. der durchschnittlichen Grundstücksgrößen einen gewissen Aufwand und auch Sorgfalt erfordert. Sie ist aber für jeden Aufgabenträger zu bewältigen.