Protokoll der Sitzung vom 09.04.2008

Das Wort hat der Abgeordnete Seela, CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Gentzel, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen. Der Hinweis wie in einer Klippschule auf die Landesregierung, was die Anwesenheit der Landesregierung betrifft, wenn ich nach links schaue, die SPD-Fraktion ist, glaube ich, auch nicht so zahlreich vertreten, also kommen wir zum Thema und konzentrieren uns auf die Inhalte und jeder sollte sich an seiner eigenen Nase zupfen. Reden wir doch nicht über Verhältnisse, sondern über Zahlen.

Sehr geehrte Damen und Herren, es ist nun fast ein Jahr her, genau ein Jahr und zehn Tage, als wir das Thema „Stiftungswesen in Thüringen“ sehr ausführlich hier im Hohen Hause beraten haben, das war genau am 29.03. Ich will auch nicht unerwähnt lassen - da will ich noch mal den Dank an die Landtagspräsidentin aussprechen -, einige Tage zuvor, nämlich am 9. März, hatten wir hier im Hohen Hause, also im Thüringer Landtag, einen eigenen Stiftungstag, der sehr erfolgreich war und auf große Zustimmung auch in der Öffentlichkeit gestoßen war. Das zeigt, dass es ein Thema ist, das uns sehr wichtig ist und besonders wichtig sein sollte. Am Ende der damaligen Debatte am 29. März vergangenen Jahres stand der ganz klare Handlungsauftrag vom Hohen Hause an die Landesregierung, ein eigenes Stiftungsgesetz zu erarbeiten. Heute liegt dieses Gesetz vor und nochmals von dieser Stelle aus herzlichen Dank an die Landesregierung, an das Innenressort für die gute Nachricht und dass sie diesen Gesetzentwurf heute vorgelegt haben.

Ich will aber auch nicht verhehlen und unerwähnt lassen, dass die Initiative zu diesem Gesetz natürlich auch maßgeblich von meiner Fraktion, der CDUFraktion, ausging und ausgeht. Wir hatten damals einen eigenen Antrag eingebracht, der bereits im September des vergangenen Jahres, also 2007, erstmalig diskutiert und dann im März in zweiter Beratung verabschiedet worden ist mit dem klaren Handlungsauftrag, den ich vorhin formuliert habe. Es war

uns eben ein wichtiges Thema und nicht wie damals in der Debatte von Herrn Dr. Pidde dargestellt, dass sich die CDU-Fraktion irgendwie selbst beweihräuchern möchte. Nein, ganz im Gegenteil, wir haben hier einen Arbeitsauftrag, ein Arbeitsfeld gesehen, ich will nicht sagen, einen weißen Fleck. Es sind die Dinge genannt worden. Das derzeitige Stiftungsrecht in Thüringen basiert auf der Gesetzeslage der Volkskammer von 1990 und ist in der Tat - das ist auch von allen Rednern hier noch mal dargestellt worden, bestätigt worden - überaltert und wir haben dadurch natürlich auch einen klaren Nachteil. Darüber hinaus - auch das ist in den zahlreichen Debatten des vergangenen Jahres und im Jahr davor und auch heute dargestellt worden - ist Thüringen hier nicht gerade in einer besonders günstigen Position. Die Zahlen sind genannt worden. Während in der Bundesrepublik insgesamt ca. 13.500 Stiftungen existieren - das heißt, das ist von Ihnen gesagt worden, Herr Gentzel, pro 100.000 Einwohner haben wir im Bundesdurchschnitt 16 Stiftungen -, hatten wir bedauerlicherweise 2005 in Thüringen nur ca. 176 Stiftungen. Es sind Gott sei Dank noch ein paar hinzugekommen. Wir haben also jetzt ungefähr 200 Stiftungen und das sind dann im Durchschnitt sieben Stiftungen pro 100.000 Einwohner. Das ist zu wenig und das reicht uns nicht. Wir sehen ganz klare Potenziale für unseren Freistaat, die wir auch deutlich nutzen möchten und nutzen müssen.

Ich will nicht noch einmal über die Bedeutung des Stiftungswesens sprechen, aber vielleicht ganz konkret auf das Wesentliche beschränkt zwei wichtige Dinge, welche Bedeutung von Stiftungen ausgeht. Einmal die finanzielle Bedeutung: Natürlich ist es für uns wichtig, hier zusätzliches Geld, Herr Dr. Hahnemann, zu akquirieren. Das heißt nicht, dass wir uns aus anderen Aufgaben verabschieden. Wir reden immer nur über zusätzliches Geld und einen Ausgleich des Nachteils, der ja vorhanden war und den wir hiermit natürlich dann aufheben müssen. Wenn ich in andere Bundesländer schaue, haben die zusätzliche Mittel, aber das ist doch statthaft, das ist auch sehr gut. Ich erinnere an das Beispiel Jena und den eigenen Stiftungslehrstuhl für Informatik. Das sind doch zusätzliche Dinge, die beim Betrachten der öffentlichen Kassen Sinn machen und auch sehr erfolgreich sind.

Viele von Ihnen, meine Kollegen, haben sicherlich auch positive Erfahrungen mit Stiftungen hierzulande. Ich persönlich habe eine sehr positive Erfahrung mit der Stiftung „Zwischenraum“, Jena/Saale-Holzland-Kreis, die zur Aufgabe hat, ehrenamtliches Engagement zu unterstützen, und habe mich daraufhin - wie andere auch, mein Kollege Fiedler fällt mir da sofort ein - auch beteiligt bzw. die Aktivitäten unterstützt. Das sind alles zusätzliche Dinge, die auch zusätzlich Geld einspielen sollen und auch einspielen

und darüber hinaus - und das ist das zweite Wesentliche, warum wir Stiftungen fördern, unterstützen und auch weiter vorantreiben müssen - ist das natürlich eine Förderung der mitbürgerlichen Verantwortungsbereitschaft.

Es ist auch Sinn und Zweck bzw. das Anliegen, Bürger mehr anzuregen, sich am bürgerlichen Gemeinwesen zu beteiligen und auch dieses Gemeinwesen weiter- und fortzuentwickeln. Ich möchte auch nicht noch einmal, das hat meine Fraktionsvorsitzende bereits in der Debatte im März des vergangenen Jahres und im September im 2006 getan, als wir das erste Mal darüber gesprochen haben, und ist noch einmal auf die Rede unseres Bundespräsidenten Köhler eingegangen, der zur Bedeutung von Stiftungen gesagt hat, dass es sich dabei um Denkfabriken handelt, um sogenannte Thinktanks, die dieses bürgerliche Engagement fördern und auch weiter vorantreiben.

Meine Damen und Herren, das Wesentliche ist gesagt. Was sehr wichtig ist und was mir und meiner Fraktion am Herzen liegt und das würden wir dann auch in der Fortberatung einbringen und weiter anregen wollen: Wir haben den günstigen Umstand in Thüringen, besonders in Jena, dass wir hier ein eigenes Institut haben, das Abbe-Institut für Stiftungswesen. Wir haben die entsprechende Manpower, wie man so schön neudeutsch sagt, ganz konkret mit Herrn Prof. Werner. Auch hier sollten wir auf diesen Sachverstand zurückgreifen, wenn wir schon diese Stiftung haben, wenn wir schon die Persönlichkeiten haben. Ich kann jetzt schon sagen, dass wir in der Fortberatung auch eine Anhörung anregen möchten und wir auf diesen Sachverstand eindeutig und ganz klar zurückgreifen werden und müssen.

Zum Gesetz, auch das möchte ich noch kurz sagen: Es sind ja von der damaligen Debatte des Jahres 2007 und des Jahres 2006 einige sehr wesentliche Dinge als Anregung mit in den Gesetzentwurf der Landesregierung eingeflossen, vor allem die Beachtung der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Stifter, auch von beiden Vorrednern bereits genannt.

Ein zweiter wesentlicher Aspekt, der auch im Gesetz mit erwähnt wird, dass der tragende Grundsatz des Stiftungsrechts hier Beachtung findet, nämlich das Stiftungsvermögen in seinem wirtschaftlichen Wert zu erhalten und den Stifterwillen zu gewährleisten. Auch das hat im Gesetz eine besondere Beachtung gefunden, was wir selbstverständlich auch begrüßen. Wichtig und gut ist auch, dass das Gesetz vorsieht, dass nun ein entsprechender Ansprechpartner vorhanden ist, ganz konkret mit dem Landesverwaltungsamt, auch das ist wichtig. Natürlich begrüßen wir auch die Transparenz. Da müssen wir mal in

der Fortberatung zum Berichtswesen diskutieren, da sind wir noch leicht auseinander mit den LINKEN. Darüber hinaus könnte ich mir auch vorstellen, dass wir in dem Punkt mit Ihnen etwas auseinanderliegen, in vielen anderen Punkten weit auseinander. Was die Regulierung anbelangt, sind wir für mehr Deregulierung, weil wir einen ganz klaren Handlungsauftrag hatten, als wir vor einem Jahr hier diskutiert haben, das eingebracht haben in den Gesetzentwurf. Wir möchten ein stifterfreundliches Gesetz einfach aus dem Grund, weil wir Kapital auch nach Thüringen holen wollen für wichtige Aufgaben, die in der Kultur, im Sozialbereich, im Wissenschaftsbereich und darüber hinaus in vielen anderen Bereichen zu realisieren sind. Da liegen wir sicherlich weit auseinander, weil wir auch Stifter nicht knebeln wollen. Natürlich muss Kontrolle sein, das ist ganz klar, wir wollen aber auch Anregungen schaffen. Dafür soll dieses Gesetz stehen. Das begrüßt meine Fraktion außerordentlich, das will ich noch einmal sagen.

Ich möchte darüber hinaus namens meiner Fraktion beantragen, dass die Fortberatung im Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien als federführendem Ausschuss stattfinden wird und darüber hinaus begleitend im Innenausschuss besprochen werden soll. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit beende ich die Aussprache. Es ist beantragt die Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen diese Überweisung, den bitte ich ebenfalls um das Handzeichen. Wer enthält sich der Stimme? Keine Gegenstimme, keine Stimmenthaltung. Damit ist der Überweisung an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien zugestimmt.

Wir stimmen ab über den Antrag der Überweisung an den Innenausschuss. Wer für die Überweisung an den Innenausschuss ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Wer ist gegen die Überweisung an den Innenausschuss? Wer enthält sich der Stimme? Keine Stimmenthaltung, keine Gegenstimme. Damit ist auch dieser Überweisung zugestimmt.

Wir kommen zur Abstimmung über die Federführung. Es ist beantragt, dass der Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien diesen Gesetzentwurf federführend behandelt. Wer für die Federführung ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke. Gegenstimmen? 1 Gegenstimme. Stimmenthaltungen? 1 Stimmenthaltung. Damit ist der Federführung durch den Ausschuss Wissenschaft, Kunst und Medien

zugestimmt.

Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Thüringer Gaststättengesetz (ThürGastG) Gesetzentwurf der Landes- regierung - Drucksache 4/3950 - ERSTE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Bitte, Minister Reinholz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, zum 1. September 2006 wurde unter anderem im Rahmen der Föderalismuskommission das Gaststättenrecht in die Regelungsbefugnis der Länder übertragen. Mit dem nunmehr vorliegenden Entwurf des Thüringer Gaststättengesetzes legen wir eine Landesregelung vor, die auch ein Teilprojekt erfolgreich zum Abschluss bringt, das wir als Landesregierung bereits 2004 mit unserem Konzept für mehr Wirtschaftsfreundlichkeit zum Thema Gewerbe- und Gaststättenrecht auf den Weg gebracht haben.

Das Konzept sah als Ziel für das damals noch bundesrechtlich geregelte gaststättenrechtliche Erlaubnisverfahren die Beschränkung auf eine Personalkonzession vor. Nach unserem Kenntnisstand wird heute die erste Beratung in einem Landesparlament zum Gaststättengesetz geführt.

Der vorliegende Gesetzentwurf fußt auf einer einvernehmlichen Abstimmung auf Bund-Länder-Ebene. Die jetzt vorliegende Landesregelung erschließt die Möglichkeiten zur Deregulierung umfassend und führt für das Gaststättengewerbe ein Anzeigeverfahren ein. Das sind deutliche Verbesserungen gegenüber dem geltenden bundesdeutschen Gaststättengesetz. Danach war bzw. ist zurzeit noch die Gaststättenerlaubnis eine personen- und objektbezogene Erlaubnis. Das bedeutet, dass bisher sowohl der Gastwirt selbst als auch die Gasträume Gegenstand der Erlaubnis sind. Das bedeutet auch, dass die Gaststättenbehörden sowohl den Gastwirt als auch den Gastraum überprüfen müssen. Durch den personenbezogenen Ansatz unserer Regelungen werden künftig Kompetenzüberschneidungen vermieden. Das heißt, Dinge, die an anderer Stelle bereits geregelt sind, wie zum Beispiel Lärmschutz oder das Thema Hygiene oder Baurecht, werden im Gaststättenrecht nicht noch einmal geregelt. Das ist auch kein Problem, denn spezifische Schutzgüter werden

durch die einschlägigen spezialrechtlichen Vorschriften ohnehin gewahrt. Deshalb ist es auch völlig ausreichend, sich gewerberechtlich auf die Prüfung der Zuverlässigkeit des Gastwirts zu beschränken. Daraus folgt dann auch, meine Damen und Herren, dass im Sinne des Gewerberechts zum Betrieb einer Gaststätte eine Anzeige bei der zuständigen Behörde genügt. Diese Anzeige muss zwei Wochen vor dem Starttermin bei der zuständigen Behörde vorliegen. Sollten im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung Zweifel an der Person entstehen, müsste die Behörde dann von sich aus aktiv werden, um den Gaststättenbetrieb zu untersagen. Das Thüringer Gaststättengesetz wird also an dieser Stelle gegenüber dem Bundesrecht deutlich abgespeckt. Bewährt haben sich hingegen die Sperrzeitenregelungen, die deshalb auch weitestgehend beibehalten werden. Für Vergnügungsstätten, Schaustellungen, Theater- und Filmaufführungen sowie Biergärten gelten sie unverändert. Dagegen sollen die Sperrzeiten für Gaststätten in geschlossenen Räumen künftig von den unteren Gewerbebehörden festgesetzt werden, denn diese, meine Damen und Herren, kennen die örtlichen Erfordernisse am besten.

Meine Damen und Herren, ein Thema, das uns im Rahmen der Landesregelung besonders am Herzen lag, war die Bekämpfung des sogenannten Flatrate- oder des sogenannten Komasaufens. Auch dazu haben wir, denke ich, einen guten Weg gefunden. § 8 Abs. 2 des Entwurfs enthält eine Formulierung, die klare und eindeutige Vorgaben macht und gleichzeitig auch kaum umgangen werden kann. Danach soll verboten werden - und ich zitiere daraus - „alkoholhaltige Getränke zu einem Preis anzubieten, der dazu geeignet ist, dem Alkoholmissbrauch Vorschub zu leisten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Alkohol in unbestimmten Mengen zu einem Festpreis oder zu einem Preis abgegeben wird, der nach den allgemeinen Lebenserfahrungen erheblich unter dem tatsächlich marktüblichen Preis liegt“.

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Was hat denn dafür das Muster vorgegeben? Wer war denn das?)

Zusätzlich haben wir auch eine Generalklausel eingeführt in § 7 Abs. 1, damit auch Veranstaltungen untersagt werden können, die in der Sache auf dasselbe hinauslaufen wie eine Flatrate-Party, aber aus irgendwelchen Gründen anders benannt werden.

Insgesamt betrachtet fand der Gesetzentwurf überwiegend Zustimmung. Vor allem der Systemwandel von einer gemischten personen- und objektbezogenen Erlaubnis hin zu einer Anzeige wurde positiv bewertet. Lediglich die kommunalen Spitzenverbände hatten Bedenken. Bemängelt wurden ein verringertes Verbraucherschutzniveau sowie zu erwartende

Mindereinnahmen bei den Behörden. Diese Zweifel halten wir aber nicht für sachgerecht; denn erstens wird das materielle Schutzniveau für den Verbraucher nicht gesenkt. Die bisher zuständigen Kontrollbehörden werden auf der Grundlage ihrer spezialrechtlichen Regelungen auch weiterhin ihre Kontrollen natürlich durchführen, und zwar im laufenden Betrieb. Bei Neubauten oder Nutzungsänderungen von Gebäuden sind auch - wie bisher - im Vorfeld die betroffenen Behörden zu beteiligen, so dass hier auch präventive Kontrollen erfolgen.

Im Bereich der Lebensmittelhygiene wird das Schutzniveau sogar erhöht. Hier ersetzt das weitgehende Lebensmittelrecht des Bundes den bisherigen lebensmittelrechtlichen Nachweis nach dem Gaststättengesetz des Bundes.

Das Argument, den Kommunen entgingen Einnahmen, greift nun nicht wirklich, denn mit der Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, der auch das Gaststättenrecht letztendlich unterliegt, muss die Gebührenstruktur auf das Kostendeckungsprinzip umgestellt werden. Das heißt, spätestens ab 2010 entfallen ohnehin Einnahmen auf der Grundlage des Äquivalenzprinzips, die so möglich gewesen wären.

Meine Damen und Herren, die Thüringer Landesregierung legt Ihnen den Entwurf eines modernen Gaststättengesetzes vor, der Bürokratie vermeidet, Regulierungen reduziert und wirksame Regelungen für den Jugendschutz und gegen den Alkoholmissbrauch bietet. Ich finde gerade, dass der letzte Punkt etwas ist, das uns alle angeht. Deshalb ist er auch ein Gesetzentwurf, der nicht nur dazu dient, der Wirtschaft einen Schritt entgegenzukommen, er ist auch ein wichtiges Signal an unsere Bürgerinnen und Bürger, wie wir uns als Volksvertreter gerade zum Thema Jugend die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land vorstellen. Wir als Landesregierung sind überzeugt, dass diese Botschaft stimmt. Ich bitte um eine positive Beratung. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Abgeordneten Gerstenberger, Fraktion DIE LINKE, das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Thüringer Gaststättengesetz - der Minister hat schon darauf aufmerksam gemacht - geschuldet der Föderalismusreform; nun haben wir also nicht nur bei den Ladenöffnungen, sondern auch bei den Gaststätten das Vergnügen, differenzierte Regelungen zu haben. Ich bin ja gespannt, Herr Minister - und

das als ironische Anmerkung -, wenn das Gesetz das Flatrate-Saufen verbietet, wie viele Widersprüche und Einsprüche wir von Gaststättenbesitzern bekommen werden, weil nun plötzlich kein Bierlatzspiel mehr möglich ist und der Leichenzug in den Gaststätten offensichtlich der Vergangenheit angehört. Lassen wir uns überraschen.

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Was du alles für Spiele kennst.)

Immerhin eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der Grundgesetzänderung haben wir heute dieses Gesetz vorliegen. Ich will nur in der ersten Lesung ein paar wenige Bemerkungen machen, wo wir Klärungs- und Diskussionsbedarf sehen. Ich glaube, darüber wird auch ernsthaft zu reden sein. Bisher regelt das Gesetz, das Bundesgesetz, dass eine Erlaubnis zum Führen einer Gaststätte erlischt, wenn sie mehr als ein Jahr nicht betrieben wird. Dieses Gesetz, was uns vorliegt, scheint allerdings eine unbegrenzte ewige Betriebserlaubnis zu propagieren. Vielleicht muss an dieser Stelle noch mal nachgedacht werden, ob dort Einschränkungen notwendig sind.

Zweite Bemerkung: Offen scheint uns, ob Erbrechtsfälle oder Übergänge des Betriebes auf Familienmitglieder ausreichend durch den § 2, in dem die Anzeigeverfahren geregelt sind, definiert und festgeschrieben sind.

Die dritte Bemerkung: Das Gesetz regelt keinerlei Versagensgründe für die zuständigen Behörden. Bisher waren Bescheinigungen der IHK wenigstens zum Nachweis des Erwerbs von Kenntnissen der für den Betrieb notwendigen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen erforderlich. Sofern das wirtschaftsfreundlich sein soll, weiß ich ja nicht so genau, ob man sich dann frei entscheiden kann, in welcher Gaststätte man sich wegen fehlender Kenntnisse den Magen verdirbt oder wo nicht, aber ich gebe es zu bedenken. Dort wäre eine Diskussion nötig. Ein Versagensgrund war bisher auch das Vorliegen eines entsprechenden öffentlichen Interesses - etwa der Sicherung der Ruhe von Friedhöfen oder die Verhinderung des Nachtbarbetriebes neben Schulen oder Jugendeinrichtungen. Diese Versagensgründe scheinen im Gesetz nicht geregelt zu sein, zumindest haben wir nichts gefunden, was darauf hindeutet, dass es dafür Regelungen und Eingriffsmöglichkeiten gibt. Auch dazu sehe ich Diskussionsbedarf.

Wichtig wäre für uns auch, dass nicht nur die zuständige Bauaufsichtsbehörde, sondern auch die kommunalen Behindertenbeauftragten durch die zuständige Behörde laut § 2 Abs. 3 informiert werden, denn es ist notwendig, die vom Thüringer Landtag beschlossenen Gesetze, und dazu gehören die Bauordnungen und das Landesgleichstellungsgesetz

für behinderte Menschen, in der Umsetzung auch kontrolliert werden. Das setzt voraus, dass sie kontrolliert werden können, und dafür müssen die entsprechenden Informationen bei diesen Einrichtungen vorliegen, denn diese sind die Voraussetzungen dafür, dass entsprechende Aktivitäten eingeleitet werden. Insofern sehe ich schon Diskussionsbedarf für die Ausschussberatung und wir freuen uns darauf. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Schubert, SPDFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, den Ansatz, den dieser Gesetzentwurf verfolgt, Bürokratiekosten für die Wirtschaft zu senken, begrüßen wir ausdrücklich, zumal in Thüringen der Handlungsbedarf bei den Bürokratiekosten besonders groß ist, wie wir im vergangenen Jahr bei dem „Marburger Mittelstandsbarometer“ erfahren konnten. Thüringen war da bei einer Befragung von Unternehmen zu Bürokratie- und Regulierungskosten in allen Bundesländern mit weitem Abstand auf dem letzten Platz gelandet. Auch die Anwendung des Standardkostenmodells, welches bei diesem Gesetz - in der Begründung war das zu lesen - eine Rolle gespielt hat, begrüßen wir ausdrücklich. Wir hatten schon in einer Plenardebatte im vergangenen Jahr gefordert, dies auch auf weitere Bereiche auszudehnen. Offensichtlich ist das bis jetzt aber von der Landesregierung nicht angepackt worden.

(Beifall DIE LINKE)

Der Gesetzentwurf zum Thüringer Gaststättengesetz stellt in diesem Bereich einen Paradigmenwechsel dar - wir haben es schon gehört -, weg vom präventiven System der Erlaubnis mit umfangreicher Vorprüfung hin zu einem repressiven Ansatz mit Anzeigeverfahren und damit natürlich auch wesentlich mehr Verantwortung bei den einzelnen Gewerbetreibenden. Die Landesregierung folgt mit ihrem Entwurf den Vorstellungen, die der Bund schon einmal in den Jahren 2005 und 2006 verfolgt hat für das Gaststättenwesen, dann aber den entsprechenden Gesetzentwurf mit Ergebnis und Abschluss der Föderalismusreform I logischerweise zu den Akten gelegt hat.

Ob der vorliegende Gesetzentwurf die die vorgesehenen Ziele erreicht, im Wesentlichen den Bürokratieaufwand zu reduzieren, zu senken, wird von den Verbänden unterschiedlich gesehen. Wir haben eine

Stellungnahme der DEHOGA Thüringen erhalten, die diesen Gesetzentwurf ausdrücklich begrüßt. Ich zitiere einmal kurz mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin: „Im Grundsatz finden wir die Abschaffung der Konzessionspflicht und mithin die Trennung der personenbezogenen Tatbestände bezüglich der gewerberechtlichen Vorschriften sowie der baurechtlichen Prüfung dringend erforderlich. Insofern wird mit dem nun hier vorliegenden Entwurf dieser seit Langem aufgemachten Forderung seitens der DEHOGA Thüringen Rechnung getragen.“