Nein, darüber können wir nachher auch noch mal sprechen. Aber jetzt wollte ich nur sagen, Herr Minister Zeh hat es in seiner Rede ja richtig gesagt, die Zukunft liegt in den Händen der Jugend. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich die jungen Leute, diese Generationen der jungen Menschen sich auch mit diesem Europa identifizieren. Da haben Sie vorhin Umfragen erwähnt - von Eurostat war es, glaube ich, ich bin mir nicht sicher, aber da gibt es ja mehrere Umfragen. Ich habe auch mal so eine Umfrage hier, da steht Europa hoch im Kurs, aber die jungen Menschen kritisieren natürlich auch, aber bleiben trotzdem begeisterte Europäer. Es sind Deutsche, Franzosen, Polen und Ungarn befragt worden. Da haben 90 Prozent in der Umfrage die Freiheit als die positivste Errungenschaft der Europäischen Union benannt - die Freiheit. Da sind nicht ohne Grund auch Osteuropäer dabei, die jahrzehntelang unter einem System leiden mussten, das Sie letztendlich auch deutlich mit zu verantworten haben. Das darf ich an der Stelle mal deutlich machen.
Natürlich ist klar, dass auch die Umfragen aus dieser Statistik sagen, dass der Enthusiasmus ein bisschen nachlässt oder doch ein Stück deutlicher nachlässt, wenn es um die politische Beteiligung geht. Da sagen nämlich die jungen Menschen dann fast nur noch zu 40 bis 45 Prozent, dass sie der Meinung sind, ihre Stimme hat in Europa kein Gewicht. Das ist eine bedenkliche Aussage, völlig klar. Da müssen wir alle miteinander etwas tun, damit das besser wird. Aber ich bin mir sicher, dass gerade schulische, berufliche, akademische Bildung und vor allen Dingen Weiterbildung Voraussetzungen sind, um das Zusammenwachsen nicht nur in den Ländern, sondern vor allen Dingen auch in den Regionen - denn das Europa
lebt von den Regionen - stärken wird und auch das Bewusstsein für Europa stärken wird. Dass der Schule dabei eine Schlüsselstellung zukommt, ist sicher unbestritten. Es geht gerade darum, dass im Unterricht auch Vorurteile abgebaut werden können, die durchaus erkennbar sind an dieser Stelle. Ich bin mir sicher, zumindest aus meiner Erfahrung, dass unsere engagierten Lehrerinnen und Lehrer das auch an diesem EU-Projekttag deutlich gemacht haben.
Minister Zeh hat gesagt, er wird sich dafür einsetzen, dass dieser Projekttag zu einer festen Institution wird. Da kann ich nur sagen: Alle Kräfte dafür aufbringen! Das merkt man ganz deutlich. Ich habe ja selbst an diesem Europatag in zwei Gymnasialklassen und auch in einer Regelschule eine sehr sachliche, lebhafte Diskussion mit Schülern gehabt. Das ist genau das, wo wir hin müssen. Wenn wir aus unserer Erfahrung heraus im europäischen Kontext dort mit den jungen Leuten reden, können wir Fragen beantworten, können die kritischen Dinge aufnehmen, können das natürlich auch weitergeben. Da spürt man schon deutlich, dass den jungen Leuten klar ist, welche Chancen dieses Europa hat, aber natürlich auch, welche kritischen Dinge angesprochen werden, dass auch Ängste da sind. Keine Frage, das wissen wir alle miteinander. 75 Prozent der nationalen Gesetzgebungen werden heute von Brüssel aus bestimmt, das ist völlig klar. Und auch die Weichen für einen europäischen offenen Arbeitsmarkt sind gestellt. Wir wissen, dass 2009 die Arbeitnehmerfreizügigkeit ausläuft, möglicherweise kann sie noch mal zwei Jahre verlängert werden bis 2011. Dann wird es natürlich auch viel schwieriger, keine Frage. Aber ob im Studium, in der Lehre oder in der Ausbildung - Berufspraktika, Auslandspraktika sind heute gang und gäbe.
Der Minister hat auch die 370 Schulpartnerschaften angesprochen. Da darf man auch noch mal sagen, inzwischen gibt es 22 Europaschulen in Thüringen. Das, denke ich, ist auch eine hervorragende Zahl. Im Rahmen von schulgesetzlichen Regelungen können sich alle Thüringer Schulen, wenn sie das wollen, um die Verleihung des Namenszugs „Europaschule“ bewerben. Sie müssen nur in ihrem inhaltlichen Programm auf Europa orientiert sein und natürlich auch ein interkulturelles Bildungsprofil nachweisen. Deshalb sind für mich eigentlich drei Dinge sehr wichtig aus der Erkenntnis dieser Europawoche und aus der Diskussion heraus. Wir müssten schauen, dass wir Europaschulen ausbauen können. Ich glaube, das ist klar, Schulen, die sich so ein Profil als Europaschule geben, die geben ihren jungen Leuten für die Zukunft auch hervorragende Entwicklungschancen am Arbeitsmarkt mit, weil man dann natürlich schon mitbekommt, was ist in Europa los, was kann ich wo an welcher Stelle, in welchem Land lernen, welche Bedingungen sind dort vorhanden. Sie vermitteln eben nicht nur interkulturelle Kompetenz, sondern
auch Sprachenkompetenz. Das fördert auch das Verständnis der Geschichte aller europäischen Länder ganz deutlich und, ich glaube, vor allen Dingen auch das Europa des Alltags.
Kollege Höhn hat ja in seinem Redebeitrag noch einmal auf die soziale Komponente abgehoben. Es steht außer Frage, dass wir uns auch wünschen würden, dass an vielen Stellen dieses Europa ein ganzes Stück sozialer werden muss, weil die Unterschiede doch sehr groß sind. Ich bedauere das natürlich auch sehr, dass die Charta der Grundrechte nicht in diesem Reformvertrag dabei ist, denn da hat ja Thüringen maßgeblich gerade an dieser Grundrechtecharta mitgearbeitet damals und deshalb ist das schon ein bisschen bedauerlich.
Aber ein zweiter Punkt noch einmal - Fremdsprachen, Fremdsprachenkompetenz fördern: Junge Leute müssen viel stärker für die europäische Idee begeistert werden und da müssen die Barrieren aufgehoben werden. Solche Begegnungsmöglichkeiten hat man und kann man auch nur richtig gestalten, wenn man natürlich auch in der Sprache fit ist. Die besten Erfahrungen dazu sind Austauschprogramme, die sehr rege angenommen werden innerhalb Thüringens, aber auch innerhalb der neuen Länder und nicht nur von Schülerinnen und Schülern, sondern natürlich auch von Lehrern. Es ist doch völlig klar, auch diese Lehrer müssen an der Strecke mit helfen, junge Leute zu begeistern.
Letzter, dritter Punkt - europäische Zusammenhänge vermitteln: Dazu sollten die Leute schon wissen, wie in Brüssel und in Straßburg Entscheidungen getroffen werden und wie man sich selbst auch daran beteiligen kann. Denn nicht allein der Fremdsprachenunterricht reicht aus, sondern da müsste man schon schauen, dass man in den Lehrplänen unserer Schulen oder in viele Fächer der Lehrpläne unserer Schule Europa integriert. Die Möglichkeiten, glaube ich, sind noch nicht voll ausgeschöpft. Da gibt es gute Programme aus der Europäischen Union heraus. Ich sage nur an der Stelle „Sokrates“ oder „Leonardo da Vinci“, das sind zwei wesentliche, auch gut finanzierte Programme, die mit ihren Unterprogrammen „Comenius“ im schulischen Bildungsbereich oder „Erasmus“ dann auch im studentischen Bereich, die muss man nutzen. 2008 ist angesprochen worden, Jahr des interkulturellen Dialogs. Das wird von der Kommission vor allen Dingen auch mit einer Vielzahl von Projekten gefördert, ob nun Sport, ob im Bereich Bildung, im Kultur- und Sozialbereich. Beispielgebend ist dieses Programm „Jugend in Aktion 2007 bis 2013“, da kann man deutlich erleben, wie Möglichkeiten bei Partnerschaften nicht nur über Städte, über Vereine, sondern auch in Schulen und bei jungen Leuten genutzt werden.
Diese Europawoche war eigentlich für uns und sollte für uns alle, wie wir hier sitzen, Gelegenheit bieten, auch in der Zukunft einmal in die Schulen hineinzugehen. Das ist eine interessante Erfahrung, mit den jungen Leuten dort in das Gespräch zu kommen, weil hier drin kann man das alles sagen, aber es ist wichtiger, auch draußen im Leben, das einmal mitzunehmen, was bewegt sie, wo haben sie ihre Sorgen. Oberste Priorität für dieses Jahr, für das laufende, ist natürlich jetzt auch, dass der Reformvertrag erfolgreich ratifiziert werden kann, auch im Hinblick gerade auf die europäischen Wahlen 2009.
Die alljährliche Europawoche ist der beste Weg, um Europa ein Gesicht zu geben. Das hat Minister Wucherpfennig bei seiner Eröffnungsrede zur Europawoche gesagt. Ich will einfach hier die Gelegenheit nutzen, dem bisherigen Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten Dank zu sagen dafür, dass er in Berlin, in Brüssel, im AdR, in der Europäischen Kommission, hier im Land Zeichen gesetzt hat. Man hat von Thüringen gesprochen in Europa. Ich glaube, ein besseres Kompliment kann man eigentlich nicht machen und ich wünsche mir und hoffe und ich bin davon überzeugt, dass sein Nachfolger, Klaus Zeh, in die Fußstapfen treten wird. Viel Erfolg dabei, wir müssen gemeinsam dieses Europa aufbauen. Ich denke, das ist auch in diesem Hause Konsens, nur so geht es weiter. Herzlichen Dank.
Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen vor. Ach, Herr Abgeordneter Dr. Hahnemann für die Fraktion DIE LINKE.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, ich will Sie nicht lange aufhalten, aber ich will in zwei Punkten Herrn Bergemann ganz grundlegend widersprechen. Das Erste ist, Sie haben einen Kollegen meiner Fraktion in einer ziemlich schroffen Art der Unehrlichkeit beschuldigt, indem Sie das,
was er hier gesagt hat, als scheinheilig bezeichnet haben. Ich, Herr Bergemann, weiß nicht, wie der Kollege sich …
Ich weiß nicht, wie der Kollege sich vor 40 Jahren verhalten hat. Ich weiß nicht, ob Sie es wissen, aber mit dieser Art über ihn zu urteilen, sprechen Sie ihm
der Entwicklung ab. Und weil Sie, meine Damen und Herren, gerade so überlegen lachen, will ich Ihnen noch etwas anderes sagen. Vor zehn Tagen tagte in diesem Raum das Europäische Kinder- und Jugendparlament. Alle Ihre Worte, Herr Bergemann, in Ihre Gehörgänge: Nicht ein einziger Abgeordneter, nicht eine einzige Abgeordnete Ihrer Fraktion war hier. Die jungen Leute aus ganz Europa haben eine halbe Stunde warten müssen, dass die Hausspitze sie überhaupt empfangen hat, und dann haben sie hier allein getagt. Niemand hat ihre Tagung, niemand hat ihre Positionen, niemand hat ihre, Herr Bergemann, Sorgen und Ängste angehört. Sie waren unter sich. Ich will dieses, was Sie gesagt haben, wozu Sie aufgefordert, wozu Sie aufgerufen haben, nicht als „mit dem Anschein des Scheinheiligen“ versehen bezeichnen.
Gibt es jetzt weitere Redeanmeldungen? Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung zum Sofortbericht. Kann ich davon ausgehen, dass das Berichtsersuchen erfüllt ist? Dagegen erhebt sich kein Widerspruch.
Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 19, gleichzeitig auch den heutigen Plenarsitzungstag und möchte noch einmal darauf verweisen, dass der Landesmusikrat und das Erfurter Gastro Berufsbildungswerk gegen 20.00 Uhr zum parlamentarischen Abend einladen.