Die Kosten der Umweltzerstörung lassen sich inzwischen beziffern. Auf Deutschland kommen in den nächsten 50 Jahren wegen des Klimawandels wirtschaftliche Kosten von bis zu 800 Mrd. € zu, haben Experten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in einer gerade veröffentlichten Studie errechnet. Gemessen an ihrer Wirtschaftskraft sind wirtschaftsschwache und kleinere Bundesländer dabei ungleich stärker betroffen. Zu den kostenmäßig am stärksten betroffenen Bundesländern zählen nach den Prognosen des DIW Sachsen-Anhalt, RheinlandPfalz, Thüringen, Bremen und Brandenburg. Es muss also dringend gehandelt werden. Nötig sind gebündelte Aktivitäten in der Bildungs-, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.
Lassen Sie mich das noch mal sagen: Es geht hier nicht darum, bei null anzufangen, das sagen wir nicht. Wir wissen, dass in Thüringen Potenziale vorhanden sind, an die angeknüpft werden muss. Aber das, was im Moment da ist, reicht aus unserer Sicht nicht aus. Die CDU-Fraktion hat ein Positionspapier beschlossen, das Klimaschutz, Versorgung, Sicherheit und Preisgünstigkeit thematisiert. Das haben wir zumindest der Presse entnehmen können. Wir meinen, der ökologische Umbau der Wirtschaft unter sozialen Gesichtspunkten steht auf der Tagesordnung. Diese zwei Seiten zusammenzubündeln...
Das halten wir alle aus. Wir haben so eine Tagesordnung, die fast abgearbeitet ist, insoweit passt das ja alles.
Frau Abgeordnete, Sie haben eben den Dienstwagen des Ministerpräsidenten ins Spiel gebracht. Darf man mal für die Öffentlichkeit fragen, welchen Dienstwagen Ihr Fraktionsvorsitzender fährt, oder ist er mittlerweile schon auf das Fahrrad umgestiegen?
Ansonsten fragen Sie doch bitte mal meinen Kollegen selbst, weil ich da nicht so sehr informiert bin.
Wir können jetzt gern noch ein bisschen über Dienstwagen reden, aber ich würde lieber mit meiner Rede fortsetzen.
Nein, ich würde jetzt gern darum bitten, dass wieder Ruhe im Saal ist und Frau Abgeordnete zum Antrag in der Drucksache 4/3916 sprechen kann.
Es ist nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE Aufgabe der Landespolitik, die Energieversorgung als wichtigen Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge sozial und ökologisch zu gestalten sowie das dort bestehende Potenzial an neuen Arbeitsplätzen zu nutzen und gezielt durch Fördermaßnahmen zu erweitern.
Meine Damen und Herren, Investitionen führen oftmals gerade in der Wirtschaft dazu, dass Arbeitsplätze abgebaut werden - wir wissen das, wir können das an statistischen Ermittlungen auch mitverfolgen -, aber nicht notwendigerweise müssen Investitionen in diesem Bereich ein Arbeitsplatzkiller sein, sondern das kann auch die Jobinitiative für die nächsten Jahre darstellen. Die Abhängigkeit von der Einfuhr knapper und damit teurer werdender fossiler und nuklearer Brennstoffe sowie die Monopolstellung großer Energieunternehmen führen - das wissen wir - zu steigenden Preisen, die Bevölkerung und Mittelstand belasten. Vor Kurzem wurden die Ergebnisse eines Preisvergleichs veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass die Strompreise in Thüringen bundesweit die höchsten sind.
Unsere Fraktion geht davon aus, dass nachhaltiger Klimaschutz und eine Energieoffensive hin zu erneuerbaren Energien mit positiven Beschäftigungseffekten verbunden werden können und dass vor allem Wertschöpfung in der Region verbleibt, Menschen hier tätig werden, Geld verdienen, damit Kaufkraft gestärkt wird und so ein Kreislauf in Gang kommt, den wir alle fordern, den wir alle brauchen.
Wir sagen: regional vor global. Ich glaube, das ist eine Aufgabe, der muss sich die Landesregierung einfach noch deutlicher stellen. Wir sehen uns bei dieser Einschätzung im Einklang mit einer Reihe von wissenschaftlichen Studien. So haben Wissenschaftler des angesehenen Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie allein für Energieeinsparaktivitäten im Rahmen eines nationalen Energiesparfonds bis 2030 einen Nettobeschäftigungseffekt von bundesweit 1 Mio. Einjahresstellen ausgerechnet. Diesen Energiesparplan sollte eine Bundesregierung auf ihre Agenda setzen. Für Thüringen muss ermittelt werden, was das für uns bedeutet und welche Potenziale hier entwickelt werden können.
Das Institut für Energetik und Umwelt in Leipzig hat eine Studie zu erneuerbaren Energien für Ostdeutschland vorgelegt und bilanziert wirtschaftliche Effekte sehr differenziert. Daraus kann man Schlussfolgerungen ziehen, denn es geht beim Klimaschutz um eine echte Wachstumsbranche. Fachleute erwarten beispielsweise für die Photovoltaik im Jahr 2008 weltweit ein Wachstum von 100 Prozent. Ende dieses Jahres wird in Deutschland über 18 Prozent der erzeugten Elektroenergie Ökostrom sein. Das geht weit über die politischen Vorgaben hinaus, die für 2010 nur 12,5 Prozent Ökostrom vorsahen.
In der Photovoltaik sind Thüringer Firmen aktiv. Der Wirtschaftsminister hat es gesagt, ich kenne die Zahlen: etwa 50 Unternehmen mit 2.500 Beschäftigen. Es ist sehr gut, wenn hier Wachstum und Entwicklung in Gang kommen. Doch der weltgrößte Solar
produzent - auch das wollen wir mal sagen - ist China, das inzwischen sowohl Japan als auch Deutschland hinter sich gelassen hat. Chinesische Produzenten nutzen verstärkt Deutschland als attraktiven Absatzmarkt. Das ist schon fraglich, wenn wir sagen, wir produzieren hier Solarzellen, aber bei der Anwendung und Nutzung liegen letztendlich Potenziale deutlich brach. Wir fordern, dass sich das ändern muss, denn wir wollen das, was hier erzeugt wird, auch hier anwenden und einsetzen. Ohne zielgerichtete Investitionen, meine Damen und Herren, wird das nicht funktionieren. Da müssen wir uns schon anstrengen.
Meine Damen und Herren, ich möchte nun zu den einzelnen Forderungen noch mal ganz kurz etwas sagen, auch wie Sie das reflektiert haben. Wir haben das aus einer ganzen Reihe von Fachgesprächen und Konferenzen gemeinsam mit Wissenschaftlern, mit Unternehmern, mit Wirtschaftsleuten und auch Umweltpraktikern beraten. Wir wollen erreichen, dass bis Ende 2008 eine Entwicklungs- und Potenzialanalyse erarbeitet wird - das ist richtig -, damit sich dann konkrete Leitziele und weitere Beschäftigungseffekte bestimmen lassen. Herr Minister, wenn Sie sagen, es gibt ja so viele Papiere, also von der EU, von der Bundesregierung, hier bei uns,
umso notwendiger ist es, dass man das Ganze mal bündelt und auf den Punkt bringt. Ich erinnere mich sehr gut, als Minister Sklenar in einer Tagung, in der es um Energieerzeugung in Stadtwerken ging, gesagt hat, man müsse jetzt mal Nägel mit Köpfen machen und sehr konkret die Dinge auf den Punkt bringen. So etwas fordern wir, das ist genau unser Ansinnen. Wir fordern ein Konzept für die Gründung einer Energieagentur des Landes Thüringen. Diese Agentur sollte dann so schnell wie möglich, und zwar als Kompetenz- und Beratungszentrum und als Instrument der Vernetzung regionaler Projekte, gegründet werden. Herr Minister, die dena kann das hier vor Ort nicht leisten. Das hat ja auch Herr Schubert gesagt. Im Übrigen haben Experten während der Anhörung im Umweltausschuss hier im Landtag zum Klimaschutz genau diese Forderung aufgemacht und ich höre das auch an der Basis immer wieder. Dezentrale Versorgungslösungen werden inzwischen auch aus der Wirtschaft gefordert, denn die steigenden Stromkosten belasten den Mittelstand enorm, wie wir wissen. Die ThEnA, die es ja schon gibt als private Initiative ohne Landesauftrag, reicht dort nicht aus.
Nun zu dem Wärme- und Energieatlas für das Land Thüringen und da, wo der öffentlich geförderte Beschäftigungssektor (ÖBS) so durchschaut. Schauen
Sie sich mal an, was in Baden-Württemberg gemacht wurde; die haben ein solches Projekt auf den Weg gebracht. Natürlich kann das nicht ganz allgemein, das muss dann auch regionalbezogen gemacht werden. Aber wir meinen, wenn ansiedlungswillige Unternehmen einen sehr guten Überblick haben, befördert das diesen Prozess und es kann ein Element im Standort- und Regionalmarketing sein, so wie das in Baden-Württemberg gemacht wurde. Dass wir das als Beschäftigungsprojekt vorschlagen, das hat genau den Hintergrund - nicht für Langzeitarbeitslose mit Mehrfachvermittlungshemmnissen - für Fachkräfte, die wir haben, arbeitslose Akademiker und auch Absolventen, die hier in Thüringen keine Arbeit finden, als Einstieg eine solche wissenschaftliche Begleitung mit wirtschaftlichen Effekten zu verbinden und das entsprechend zu fördern. Das ist auch möglich. Wir wollen außerdem erreichen, dass die Landesregierung alle verfügbaren Möglichkeiten prüft, um ein Förderprogramm zur energetischen Sanierung von öffentlichen Gebäuden als Kofinanzierung zur Bundesförderung aufzulegen. Sie tun so, als wenn das alles in Butter wäre.
Meine Damen und Herren, viele von uns hier sind Kommunalpolitiker und Sie wissen doch genau, was vor Ort läuft, dass wir in soziale Infrastruktur oftmals nicht so investieren können. Dieser Vorschlag korrespondiert durchaus mit dem, was hier die CDUFraktion in der Haushaltsdebatte eingebracht hat und was wir alle miteinander beschlossen haben. Das verstärkt das noch und konzentriert die Frage auf die Überlegung, die Bündelung und Neuausrichtung von Fördermitteln genau auf den Fokus zu legen. Ich sage Ihnen, da kann man wirklich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Da können wir wirklich Wirtschaftsförderung betreiben, indem wir die Modernisierung und energetische Sanierung auch von sozialen Einrichtungen oder Einrichtungen der kommunalen Infrastruktur befördern. Da werden Arbeitsplätze geschaffen, und zwar in der Wirtschaft und nicht geförderte Arbeitsplätze. Da geht es um Einsparung von Betriebskosten, die in unseren kommunalen Haushalten dringend gebraucht werden. Dann würden wir in der Sache Klimaschutz natürlich auch vorankommen.
Wir gehen davon aus, dass es notwendig ist - auch wenn Sie das hier kritisiert haben, Herr Minister -, mehr Aufmerksamkeit auf die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften zu lenken. Sie tun so, als wenn wir die aktuellen Entwicklungen überhaupt nicht mitverfolgen. Aber hier geht es um eine Prioritätensetzung, hier geht es nicht um eine Liste und das machen wir irgendwo auch. Da geht es genau darum, auch dort den Fokus darauf zu legen, dass wir zunehmend Fachkräfte für Energieeffizienz und Umwelttechnik brauchen. Da müssen wir was tun. Ich sage Ihnen, das reicht in Thüringen einfach noch nicht aus. Wenn
die Handwerkskammer in Südthüringen mir sagt, eigentlich brauchen wir in allen Unternehmen Energieberater, die wirklich fachlich fundiert und ausgebildet sind - das muss auch miteinander vernetzt werden -, dann denke ich, dass unsere Forderung hier mehr als berechtigt ist.
Ich lasse jetzt ein bisschen weg. Dass wir die Auslobung des Preises für innovative Leistungen beim beschäftigungswirksamen Umwelt- und Klimaschutz fordern, das ist nun gar nicht so sehr von Ihnen kritisiert worden, allerdings haben Sie tausend Gründe gebracht, warum das vielleicht gar nicht nötig ist. Der Innovationspreis, Herr Minister, deckt das aus meiner Sicht nicht ab. Es wäre ein klares Ziel, um hier wirkliche Anreize zu schaffen. Ich denke, man sollte es versuchen. Da geht es, glaube ich, auch nicht um viel Geld. Da geht es vor allen Dingen darum, inhaltlich-methodisch das auch noch mal in den Mittelpunkt zu stellen und zu sagen, das wollen und brauchen wir. Wir wollen mit dem Ergebnis selbsttragende Wirtschaft fördern, vor allem klein- und mittelständische Unternehmen, und wir wollen Arbeitsplätze schaffen.
Zum Schluss lassen Sie mich noch Folgendes sagen: Es ist mit vielen Anträgen, die wir hier einbringen, immer dasselbe. Erst rennen wir offene Türen ein, dann ist so ein Antrag „so lästig wie ein Kropf“. Ich erinnere mich auch an das Schicksal unseres Antrags „Bildung und Arbeit“. Da hat dieselbe Formulierung hier der Herr Emde gebracht. Interessanterweise dauert es gar nicht lange und es kommt durch die Hintertür in anderer Formulierung eine ähnliche Position und eine ähnliche Richtung, so dass wir sagen müssen, es ist gut, wenn wir diesen Antrag hier eingebracht haben. Sie müssen sich dazu verhalten.
Wir beantragen die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss, die weitere Debatte dazu. Wenn Sie das nicht tun wollen, dann werden Sie es uns sicherlich in der Abstimmung wissen lassen. Sie brauchen sich dann nicht zu wundern, dass die Bürgerinnen und Bürger im Land Thüringen überhaupt nicht mehr wissen, warum wir uns in diesem Landtag nur streiten, uns gegenseitig ablehnen und wir in der Sache kaum in der Lage sind, mal einen Schritt vorwärtszugehen. Ich bedanke mich.
Mir liegen jetzt keine weiteren Redeanmeldungen mehr vor. So lasse ich jetzt darüber abstimmen, den Antrag an den Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit zu überweisen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön.
Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Gibt es Stimmenthaltungen? Stimmenthaltungen gibt es nicht. Die Ausschussüberweisung ist abgelehnt worden.
So stimmen wir direkt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/3916 ab. Wer für diesen Antrag stimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Danke schön. Die Gegenstimmen bitte. Es ist eine Mehrheit von Gegenstimmen. Die Enthaltungen bitte. Es gibt eine Reihe von Enthaltungen. Der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist abgelehnt. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11.
Begründung durch die Fraktion DIE LINKE ist nicht beantragt worden. Es wird kein Gebrauch von der Möglichkeit des Sofortberichts durch die Landesregierung gemacht. Ich eröffne damit die Aussprache und rufe für die CDU-Fraktion Abgeordneten Heym auf.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thüringer Bürgerbeauftragtengesetz sieht weder die Beratung des Berichts noch ein Rederecht für den Bürgerbeauftragten im Plenum vor. Das hat zwei Gründe, die in den Beratungen zum neuen Bürgerbeauftragtengesetz mehrmals - wir erinnern uns - auch diskutiert worden sind. Zum einen weicht der Grundgedanke, der hinter dem Thüringer Bürgerbeauftragtenmodell steht, wesentlich von dem der Bürgerbeauftragten der anderen Länder ab, denn wir - und da waren sich bei der Gesetzesberatung alle Fraktionen einig - wollten gerade keinen zweiten Petitionsausschuss. Wir wollten aber auch mehrheitlich keinen sogenannten Bürgeranwalt, wie ihn DIE LINKE gern gehabt hätte. Wir wollten und wollen einen Bürgerbeauftragten, der diesem Titel auch gerecht wird und ein niederschwelliges Angebot für die Bürgerinnen und Bürger dieses Freistaats darstellt.
Es gibt einen zweiten Grund, warum wir von einer Beratung des Berichts des Bürgerbeauftragten im Plenum absehen wollten. Seit mehreren Jahren erleben wir und haben das heute wieder erlebt bei den Beratungen zum Bericht des Petitionsausschusses, wie hier die LINKEN zur Hochform auflaufen. An der Stelle sei von mir ganz persönlich einmal ein Dankeschön an die Kollegen der SPD-Fraktion ausgesprochen, insbesondere an die Kollegin Pelke, die
im Ausschuss das sagt, was sie auch im Plenarsaal sagt und tut. Dafür darf man an der Stelle auch einmal ein Dankeschön sagen.
Noch eines ist zu diesem Antrag zu sagen: Wenn die Kollegen von der LINKEN ernsthaft die Beratung dieses Berichts im Plenum hätten haben wollen, hätten sie ins Bürgerbeauftragtengesetz schauen können und dort - wenn sie es ernsthaft betreiben wollten - eine entsprechende Gesetzesänderung beantragen müssen.
Zu Punkt 2 Ihres Antrags: „Die Landesregierung wird gebeten, unter Berücksichtigung des Tätigkeitsberichts für das Jahr 2007 über ihre Erfahrungen nach der Novellierung des Thüringer Bürgerbeauftragtengesetzes zu berichten.“ Dazu ist nicht viel zu sagen.