sozialen Verwerfungen. Natürlich, Sie lachen darüber. Die Zusammenhänge zwischen sozialen Verwerfungen und ansteigender Gewalt, die sind sehr wohl untersucht und belegt, Herr Kollege. Machen Sie sich einfach einmal kundig, bevor Sie hier lachen. Deshalb gehört es auch dazu, die Frage zu stellen:
Wie geht diese Landesregierung eigentlich mit den sozialen Verwerfungen hier in Thüringen um? Gibt es Maßnahmen, um Kinderarmut in Thüringen hier anzugehen? Gibt es Maßnahmen, um Ungerechtigkeiten im Bildungssystem zu beseitigen? Das sind alles Fragen, die drängen in diesem Land, auf die diese Landesregierung keine Antworten gibt. Oder die Frage - und auch das berührt den Justizbereich: Welchen Ausweg stellt sich der Ministerpräsident eigentlich vor aus der Behördenstrukturreform, aus diesem Murks, der da angerichtet worden ist, mit dem Ziel, Kosten zu sparen, und am Ende lernen wir bei jedem neuen Schritt, die Kosten explodieren
Das sind die Antworten, die uns der Regierungschef hier schuldig geblieben ist. Oder die Frage - und auch da ist die Justizministerin gefragt: Wie soll es eigentlich rechtlich weitergehen mit den Straßenausbaubeiträgen? Seit Langem ist angekündigt, dass die Landesregierung hierzu Vorschläge macht. Bis heute liegt nichts auf dem Tisch dieses Hauses. Wann packen Sie solche Probleme endlich an, anstatt alles vor sich herzuschieben?
Wie geht es weiter im Bereich der Polizei? Was gilt jetzt? Gilt das, was Herr Scherer verkündet und der Presse erzählt, oder gilt das, was der Ministerpräsident dazu gesagt hat? Wie geht es weiter im Bereich der Berufsschulstandorte? Ein drängendes Problem. Gestern Abend haben wir beim parlamentarischen Abend mit den Handwerkern gemeinsam gesessen …
Herr Mohring, dazu gehört für mich, dass der Regierungschef gefordert ist an dieser Stelle, Antworten auf drängende Probleme in Thüringen zu geben. Er hat die Justizministerin vorgeschickt, die nichts Neues hier vortragen konnte, sondern nur Altbekanntes aufgelistet und wiederholt hat.
Dieses Parlament, Herr Mohring, hat ein Recht zu erfahren, was der Ministerpräsident bis zum Ende der Legislaturperiode vorhat. Deshalb sage ich, Herr Althaus, drücken Sie sich nicht länger vor Ihrer Verantwortung, stehen Sie in diesem Hause Rede und Antwort. Sagen Sie, was Sie bis zum Schluss der Legislaturperiode wollen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Kollegen, werte Gäste, Frau Ministerin, der Opposition wird, wie ich finde, immer zu Unrecht unterstellt, sie würde einerseits die Erfolge der Regierung nicht zur Kenntnis nehmen wollen und dazu andererseits auch noch vieles, manchmal sogar alles, schlechtreden, sprich, den Teufel an die Wand malen, ganz zu schweigen von den eigenen Luftschlössern und deren Bezahlung.
Nun ist es ja wirklich nicht unsere Aufgabe, kritiklos Ihren Reden und Taten Beifall zu spenden. Nein, wir haben die Aufgabe der Kontrolle exekutiven Handelns einschließlich der Darstellung von Fehlentwicklungen, dies inhaltlicher und zeitlicher Art zu beschreiben und nicht zuletzt alternative Vorstellungen in die allgemeine gesellschaftliche Diskussion oder in die konkreten parlamentarischen Debatten einzuwerfen.
Ich gehe davon aus, dass der nicht anwesende Ministerpräsident, die Frau Ministerin und Sie, meine Damen und Herren der CDU, auch dies von uns erwarten.
Nun bin ich Ihnen, Frau Ministerin, dahin gehend dankbar, dass Sie Ihre Gedanken, Überlegungen und Vorstellungen für die Zukunft der Justizpolitik in Thüringen hier dargelegt haben, und dies nicht nur mit Blick auf den Inhalt und den von Ihnen selbst gewählten Schwerpunkten, sondern auch, dass Sie das Wie dargestellt haben. Das scheint mir etwas wichtiger in diesem Zusammenhang zu sein.
Ob es die von Ihnen zum wiederholten Male aufgezeigten Ausrichtungen des Thüringer Jugendstrafvollzugsgesetzes, die Optimierung des Jugendstrafrechts, die Verschärfung des Rechts der Führungsaufsicht und der Sicherungsverwahrung oder der Umgang mit der effizienten Gestaltung für verfahrensabhängige Entschädigungen - sprich Beratungs- und Prozesskostenhilfe - betrifft, alles das nehmen wir zum wiederholten Mal zur Kenntnis, ganz zu schweigen von der, und ich möchte es so formulieren, realitätsfernen Wahrnahme zum Landgerichtsstandort Mühlhausen, dessen Sicherung und Fortführung.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Althaus im September 2004 hier von diesem Pult aus deutlich gesagt worden ist, dass der Landgerichtsstandort Mühlhausen geschlossen werden soll. Das war Kernpunkt der Behördenstrukturreform zu diesem Zeitpunkt. Erst die Proteste von Richtern, Staatsanwälten, Rechtsanwälten, Notaren, mittelständischen Unternehmen, Banken und besonders Bürgerinnen und Bürger vor Ort haben dies verhindert, die Fehlentwicklungen, die in der Regierungserklärung 2004 von diesem Pult aus vorgenommen worden sind.
Es ist natürlich für uns auch die Frage, wenn das Motto der Regierungserklärung zur Justiz „unabhängig, modern und leistungsfähig“ heißt: Welche Bezüge und welche Fragen wären konkret im Zusammenhang mit den eigenen Inhalten zu stellen?
Ich frage Sie, Frau Ministerin: Was ist an einem Warnschussarrest modern? Was, Frau Ministerin, ist an einer Ausdehnung und Erhöhung von Haftstrafen modern? Was ist, Frau Ministerin, an einer Begrenzung von Beratungs- und Prozesskostenhilfe gerade mit Blick auf sozial Schwache und deren Auswirkung mit Blick auf Rechtsberatungsgarantie modern? Nein, Frau Ministerin, diese Entwicklung ist nicht modern und wir LINKEN lehnen dies hier ab.
Meine Damen und Herren, nun erleben wir seit Wochen - und Kollege Matschie, der Zickzackkurs hat nicht erst mit der Regierungsumbildung begonnen, der ging schon ein bisschen früher los, so habe ich den Eindruck -, spätestens seit der Regierungsumbildung, in der Öffentlichkeit, in Medien und in der parlamentarischen Diskussion, wie Ministerpräsident, Minister und CDU versuchen, alte Gedanken in neue Gewänder zu packen, oder sollte man eher
und wenn das nicht klappt, dann auch schon mal eine Position der Opposition aufgreifen und verkaufen. Ob es die Frage zum Generalstaatsanwalt, zur Verbesserung der Besetzung von Richtern an Sozialgerichten, das Aufstocken von Personal im Justizvollzug oder die Problematik der Mediation anbetrifft, dies alles haben wir seit Beginn der Legislaturperiode in diesem Hause problematisiert, aufgegriffen und entsprechende Initiativen gestartet. Da kommen Sie, Frau Ministerin, jetzt etwas zu spät.
Frau Ministerin, es ärgert uns aber überhaupt nicht, dass Sie zum Teil diese Gedanken, diese Aussagen, diese Vorstellungen von uns zu Ihrem Programm machen.
Es ärgert uns nur - und das werfen wir Ihnen in dem Zusammenhang vor -, dass Sie es nicht deutlich sagen und zugeben, dass Sie es so tun.
Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit einer unabhängigen, modernen und leistungsfähigen Justiz müssen nach Ansicht der Fraktion DIE LINKE noch ein paar andere wichtige Baustellen angefasst werden, zum Beispiel die wirksame Absicherung der Rechtsdurchsetzung für alle Bürgerinnen und Bürger, die Stärkung der Selbstverwaltung und Eigenständigkeit der Gerichte und Staatsanwaltschaften, der Ausbau der Mitgestaltungsrechte der Richter, Staatsanwälte und anderer Justizbediensteter, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Beförderungssituation - wobei wir hier Ansätze in Ihrer Regierungserklärung zur Kenntnis nehmen -, eine umfassende Diskussion um die Juristenausbildung, die Verhinderung der Privatisierung von Justizaufgaben zum Schaden von Bürgerinnen und Bürgern, die weitere Herausforderung des Föderalismus zu diesem Thema - im Verlaufe meiner Rede einiges mehr.
Will die Landesregierung bzw. die Fachministerin diese Baustellen nun wirklich angehen? Selbst wenn ja, bleibt für die Fraktion DIE LINKE die kritische Frage: Wie sollen diese Themen angegangen werden? Im Sinn und mit Ziel einer Bewahrung oder sogar Stärkung des sozialen Rechtsstaats mit Betonung auf „sozial“ oder soll auch im Bereich des Rechtsstaats nun endlich der gewollte konservative neoliberale Umbau so richtig losgehen, so dass am Ende nur ein repressiver Almosenstaat übrig bleibt? Die inhaltlichen Signale, die der vorige Justizminister und auch die jetzige Justizministerin in ihrer vorhergehenden Funktion als justizpolitische Sprecherin der CDU-Mehrheitsfraktion gesetzt haben, deuten auf Letzteres hin. Die neue Justizministerin ist zwar ein neues Gesicht im Kabinett, aber sie trägt schon länger Mitverantwortung für die Ausrichtung der Justizpolitik im Land und darüber hinaus.