Protokoll der Sitzung vom 03.07.2008

Also es geht da quer durch. Aber jetzt wollen Sie - zumindest seitens der PDS - zu einer Zwangsbeglückung kommen und die Studierenden von jeglichen finanziellen Belastungen freistellen.

In Berlin hat das übrigens mit den 50 € vor zehn Jahren angefangen, schon in Verantwortung der SPD. Und seit bedauerlicherweise die PDS oder heute DIE LINKE dabei ist, seit 2002, gab es keinerlei Initiative dieser Gruppierung, die Verwaltungsgebühr von 50 € wieder abzuschaffen. Ich habe mir heute Morgen noch mal eine Stunde Zeit genommen und habe extra noch mal recherchiert, es gibt keine einzige Fundstelle.

Also, was sollen wir von Ihrer Geschichte halten? Eigentlich nichts. Wir haben im vorigen Jahr mit dem Hochschulgesetz, dem Hochschulgebührengesetz, deutlich gemacht, dass es zu diesen 50 € kommen soll. Wir sind weitergegangen als jedes andere Land, das bisher diese Gebühren oder Beiträge erhebt. Wir haben - und das ist von Ihnen beklagt worden, ich verstehe das nicht - erwirkt, dass mindestens die Hälfte an den Hochschulen verbleibt. Das macht immerhin 2,5 Mio. € zusätzliches Geld für die Hochschulen aus. Immerhin sind wir in einem Punkt in diesem Hohen Hause einig, dass Hochschulen nämlich mehr Geld brauchen, auch Hochschulen in Thüringen. Bis dahin geht die Erkenntnis, nur dann ist Ihre Lösung halt nicht umsetzbar, weil Sie die Gegenfinanzierung prinzipiell auslässt. Geld ist genug da, es muss nur besser umverteilt werden - also diese üblichen Märchen, mit denen Sie uns immer wieder kommen. Bei der SPD ist der Realismus schon ein Stückchen weiter. Immerhin hat Herr Eckardt anerkannt, dass die normalen Gebühren und Beiträge, die an Hochschulen eingenommen werden, an die Landeskasse fließen. In der allgemeinen Begründung der LINKEN heißt es ja, 2,8 Mio. € müssten den Hochschulen ersatzweise dann zur Verfügung gestellt werden. Sie gehen schlicht davon aus, dass die sonstigen Gebühren an den Hochschulen bleiben. Sie haben den Mechanismus ja noch nicht einmal verstanden. Insoweit ist die Qualität Ihrer Gesetzgebung schon hinreichend beschrieben. Dass wir dann so schnell wie möglich und an einer Stelle auch ein Stück zu schnell - das will ich zugeben - den jungen Leuten weitere Irrfahrten ersparen wollen, weil diese Verpflichtung zur Zahlung von 50 € besteht. Ob Exmatrikulationsgründe vor Gericht bestehen oder nicht, sie müssen auf jeden Fall bezahlen. Ersatzweise gibt es Verwaltungsverfahren, die sich lange hinziehen und noch zusätzliche Kosten verursachen. Deshalb ist es besser, rechtzeitig zu erklären, Leute, ihr kommt nicht umhin, stellt euch darauf ein, dass ihr zu zahlen habt. Uns das als heimtückisch vorzuwerfen, ist - ich sage es mal wie beim Tennis - Schläger hoch, das geht komplett zurück. Sie können sich die Attribute dann selbst aussuchen, die Sie heute gewählt haben. Ich lasse sie bei uns nicht ankommen. Ich finde es gut und richtig, jungen Leuten dort reinen Wein einzuschenken und ihnen auch deutlich zu machen, wenn Vorschriften für alle gelten, dann ausnahmslos für alle, es sei denn, es sind Ausnahmen im Gesetz gezielt getroffen worden und das gibt es ja.

Und wenn dann aktiv zum Boykott aufgerufen wird, Frau Dr. Kaschuba, und das von Landesparlamentariern, die sich auf die Verfassung berufen, dann ist das von der allgemeinen Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Dann kommen wir in den Konflikt, dass Sie unsere Gesetze schlicht nicht akzeptieren, zumindest zum Teil. Ihre Kommunistische Plattform

und sonstige radikalen Gruppierungen lösen sich ja dann sehr leicht von diesem System. Sie wollen es ja überhaupt verändern. Da bin ich sehr bei dem Minister. Da gibt es einige bei Ihnen, bei denen man Zweifel haben muss, ob Sie auf dem Boden des Grundgesetzes unserer Verfassung stehen. Und diese Zweifel...

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Bei Ihnen auch.)

Das ist eine Unverschämtheit! Was erlauben Sie sich eigentlich? Ich erlaube mir, Ihr Programm zu lesen und es auch zu verstehen. Ja, unsere Programme stehen vollkommen auf dem Boden des Grundgesetzes und jede Verdächtigung, die man uns unterstellt, ist wirklich eine Unverschämtheit. Und wissen Sie, was Sie sind, Frau Kollegin, Sie sind hier so nützlich wie ein Feuerwehrauto in einer Iglusiedlung.

(Unruhe CDU)

Herr Schwäblein, Herr Abgeordneter Bärwolff möchte Ihnen eine Frage stellen. Gestatten Sie das?

Unabhängig davon, dass die Feuerwehr auch ausrückt, wenn jemand im Eis ertrinkt, möchte ich Sie fragen, wie Sie zu Herrn Schäuble stehen, der ja nun regelmäßig vom Bundesverfassungsgericht zurückgepfiffen wird, weil die Bundesverfassungsrichter der Meinung sind, dass eben jener Innenminister, der ja scheinbar schon paranoid ist, nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes steht - Bundeswehreinsatz im Inneren, Bundestrojaner und präventive Folter sind nur wenige Punkte. Wie stehen Sie dazu?

Herr Schäuble steht komplett auf dem Boden des Grundgesetzes. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Er hat Gesetze noch einmal vorgelegt, die vom SPD-Innenminister Schily ohne gesetzlichen Rang eingebracht wurden in Form der Verordnung. Er hat genau diesen Geist mitgetragen. Und wenn es dann in der Auslegung Korrekturen gibt, dafür gibt es ein Verfassungsgericht. Da hat jeder das Recht, es anzurufen. Sie haben es schon häufig getan, die Regierung hat es getan. Immer wenn es die Regierung macht, wird es kritisiert, wenn Sie es machen, ist es der hehre Weg, insoweit kann ich nicht erken

nen, dass Herr Schäuble vom Bundesverfassungsgericht reihenweise zurückgepfiffen wird. Wo Sie Ihre Wahrnehmung hernehmen, müssen Sie dann schon einmal mit sich selbst ausmachen.

Ich komme zurück zu den Gebühren und Ihren gesetzlichen Anträgen. Sie wollen jetzt mit der Verfassung jegliche finanzielle Mitbeteiligung der Studierenden an ihrer Ausbildung aushebeln. Selbst die hessischen Verfassungsrichter haben das in der hessischen Verfassung Stehende …

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Sie haben das leider nicht richtig ver- standen.)

Ach die haben das nicht richtig verstanden, die hessischen Verfassungsrichter, nein?

(Zwischenruf Abg. Hennig, DIE LINKE: Nein, Sie.)

Gut, ich habe das Urteil gelesen und das sagt sehr wohl, wenn es wirtschaftlich zumutbar ist und die jungen Leute nicht vom Studium abhält, nicht als unzumutbare Belastung gilt, ist das zulässig.

Sie machen jetzt im Moment, weil es gerade wieder durch einen Gesetzesfehler im vorigen Jahr nicht gleich zu den Exmatrikulationsgründen geführt hat, einen neuen Anlauf bei den Studierenden. Aber ich vermisse Ihr Engagement für die vielen jungen Leute, die sich ihre Meisterausbildung zum größten Teil selber finanzieren müssen. Da kommen regelmäßig Kosten in Höhe von vielen 1.000 € auf sie zu, aber sie investieren in ihre eigene Zukunft, weil sie zum einen damit ihre Existenz sichern und zum anderen im Allgemeinen und regelmäßig auch ein höheres Erwerbseinkommen haben.

Wir sprechen auch hier in diesem Fall immer wieder von einer Bildungsrendite. Regelmäßig, nicht immer bei jedem Einzelfall, hat der, der studiert im Laufe seines Erwerbslebens ein höheres Einkommen als der, der nicht studiert. Abgesehen davon, dass die Arbeitsplatzsicherheit bei den Studierten auch wesentlich höher ist als bei den mit geringerer Qualifikation. An diesem Punkt sind wir uns wahrscheinlich ja noch einig. Die anderen statistischen Erhebungen, die nicht wir gemacht haben, sondern Wissenschaftler in Studien, wie die Bildungsrendite aussieht, je nach Land zwischen 6 Prozent und 8 Prozent oder 10 Prozent, die ignorieren Sie regelmäßig.

Na gut, das kann man tun. Sie können die Möglichkeit wie zu DDR-Zeiten weiter ausblenden. Aber man kann auch darüber reden, ob nicht irgendwann einmal, wie das jetzt in vielen Ländern schon geschehen ist - in Thüringen ist es nicht vorgesehen, das

wissen Sie, ich muss mich da fügen - junge Leute an den Hochschulen an ihrer Ausbildung beteiligt.

Jetzt gibt es die klare Aussage der Regierung, wir beteiligen sie auf absehbare Zeit nicht. Dann kann ich aber meine Forderung nach mehr Landesgeld nur wiederholen - und ich bitte auch, meine Kollegen, da mitzugehen. In Ländern, die jetzt die Gebühren eingeführt haben, selbst dort, wo man sie jetzt wie in Hessen wieder abschafft, führt es regelmäßig dazu, dass die Hochschulen um etwa 10 Prozent besser finanziert sind.

In Hessen macht man das jetzt durch einen Ausgleich aus dem Landeshaushalt, was dazu geführt hat, dass der Finanzminister eine Haushaltsperre ausrufen musste, weil mit den Gehaltssteigerungen bei den Beamten die Kasse leer geworden ist. Das hat Konsequenzen. Man kann nicht so tun, als sei beliebig Geld da bei der öffentlichen Hand, nein, man kann solche Prioritäten setzen und ich wünsche sie auch bei den nächsten Haushaltsberatungen bei uns, dass wir sie setzen und den Hochschulen dann 10 Prozent mehr aus der Landeskasse zur Verfügung stellen, wenn man sie nicht von den jungen Leuten nehmen will.

Ansonsten fallen unsere Hochschulen qualitativ zwangsweise zurück, weil die Mittelaustattungen an den Hochschulen über mittlere Distanz auch Auswirkungen auf die Qualität haben, da müssen wir uns nichts vormachen, wenn es nur darum geht, Spitzenkräfte für unsere Hochschulen zu gewinnen, wo wir jetzt bei den Berufungsverhandlungen unter anderem auch wegen der gehaltlichen Möglichkeiten häufig zweiter oder dritter Sieger sind.

Es ist eine schiere Erkenntnis, an der wir nicht vorbei können und nicht umsonst haben die Hochschulen in den südlichen Ländern dieses Landes bei der Gewinnung von Spitzenkräften häufig die Nase vorn. Das hängt jetzt auch mit dem zusätzlichen Geld zusammen, das jetzt die Studierenden beibringen und damit die Verbesserung ihrer Lehre ermöglichen. Diese Erkenntnis ist da und wenn wir nicht „Resthochschule“ für Deutschland werden wollen, müssen wir zuallererst auf Qualität in unseren Hochschulen setzen.

Diese Spitzenausbildung muss auch zu besten Ergebnissen führen, die Besten, die sich für ein Studium eignen. Da unterscheiden wir uns tatsächlich, weil wir die Schleusen nicht öffnen wollen für jedermann, der einmal auf die Idee kommen wird, zu studieren. Diese Spitzenausbildung muss auch zu besten Ergebnissen führen, denn es ist Lebensleistung junger Leute und je besser die Bedingungen an der Hochschule, umso besser werden auch die Leistungen sein, die sie dort erzielen können. Das

ist eine ganz klare Geschichte. Deshalb müssen wir mit dem nächsten Doppelhaushalt, ich sage das ganz bewusst, die Hochschulen finanziell besser ausstatten. Jetzt ist für dieses und nächstes Jahr kaum noch Spielraum möglich. Ich sehe ihn nicht direkt, ich bin da sehr beim Minister, der in seinem Vortrag unbewusst 5 Mio. € bei den Hochschulen platzieren wollte. So ist er im Protokoll nachzulesen. Ich wünsche mir, dass wir die ganzen 50 € an den Hochschulen lassen. Wir haben da einen Streit in der Fraktion und es ist knapp gegen die Wissenschaftspolitiker ausgegangen. Ich hoffe, dass wir demnächst noch einmal eine Abstimmung durchführen und es geht für die Wissenschaftspolitiker und für die jungen Leute aus, die an ihren Hochschulen dann bessere Bedingungen vorfinden, denn es wird sinnvoll eingesetzt. Es ist ja vorhin hier vorgetragen worden von Herrn Eckardt oder - ich weiß nicht mehr, wer es war - von Frau Dr. Kaschuba, wofür es alles genommen wird.

Jetzt können wir ja noch einmal festhalten: Vor vielen Jahren hatten wir hier - auch von Ihnen unterstützt - Demonstrationen gegen die Einführung von Langzeitstudiengebühren. Darüber redet heute überhaupt niemand mehr, weil sie eine sinnstiftende Wirkung erzielt haben. Wir haben kaum noch Langzeitstudierende und die Eltern - ich weiß nicht, ob die Dankesworte bei Ihnen angekommen sind, bei uns sind sie angekommen, auch bei mir persönlich - sind dankbar dafür, dass dann ein gewisser Druck entsteht, wenn die jungen Leute über ein gewisses Maß hinaus weiterstudieren und glauben, sie könnten das zu ihrem Lebenszweck erklären. Denn sehr häufig sind auch noch die Eltern finanziell mit beteiligt und wünschen sich, dass die jungen Leute zielgerichtet studieren und nicht dann einen 20-jährigen Lebensabschnitt daraus machen, wie das selten in Thüringen passiert ist, aber in den alten Ländern gab es diese Beispiele mit dem 72. Semester. Man kann sich ja die alte Bundesstatistik dazu noch anschauen. Was gab es da für einen Aufstand? An der Uni Jena war der Protest riesengroß. Wir hatten eine gemeinsame Diskussionsveranstaltung mit Dr. Schuchardt, ich glaube, Frau Dr. Klaubert und ich, und ich war der einzige, der dafür war. Mittlerweile ist das weithin anerkannt. Es gibt keinen Protest mehr gegen die Langzeitstudiengebühren. Fast alle Bundesländer haben sie eingeführt und niemand regt sich mehr ernsthaft darüber auf. Nein, es muss auch eine gewisse Steuerung geben und die Steuerung passiert mit Gesetzen und Verordnungen und mit Gebühren und mit Beiträgen. Bei diesen 50 € hat es auch eine Steuerungswirkung, dass junge Leute sich zurückmelden und für den Verwaltungsaufwand, den sie verursachen, dann auch ein finanzielles Äquivalent beibringen. Wenn sie es nicht tun, hat es entweder zivilrechtliche Folgen oder ganz konkret an der Hochschule - wenn die Gesetzesände

rung, die die Regierung eingebracht hat, durchkommt, wovon ich ausgehe - hat es auch im Einzelfall die Konsequenz, das Studium beenden zu müssen. Es ist ein gültiges Gesetz, das in seiner Wirkung im Moment nicht komplett beschrieben ist, aber deswegen ist es trotzdem ein Gesetz und von allen zu erfüllen. Wenn Frau Hennig und die anderen den jungen Leuten einreden, ihr braucht das nicht, dann kann ich sagen, dann geben Sie ein ganz schlechtes Beispiel.

Jetzt einen kurzen Satz noch - der Kollege Dr. Krause wird das noch tun, aber ich muss noch einen Satz loswerden zu Ihrem Ansinnen, die Hürden für den Hochschulzugang möglichst wegzuräumen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Sie das Niveau Ihrer SED-Parteischule wieder einführen wollen, dann sagen Sie es doch so ehrlich, aber lassen Sie uns damit bitte in Frieden.

(Unruhe DIE LINKE)

Das war Klippschule für alle, da wurde nicht nach Qualifikation gefragt. Da hat es gereicht, das Bonbon mit den beiden schmutzigen Pfoten am Revers zu tragen, dann ging es irgendwann auf die Faultierfarm. Faultierfarmen richten wir nicht wieder ein. Unsere Hochschulen sind leistungsfordernde Ausbildungsstätten und dazu braucht es Voraussetzungen, um dort zu bestehen, und das Studium ist regelmäßig sehr teuer. Unterschiedlich, je nach Ausbildungsrichtung, kostet das viele, viele Tausend Euro im Jahr. Das kann mal nicht so auf Verdacht von der Allgemeinheit ausgegeben werden, weil man sich nur einmal erprobt. Deshalb braucht es dort Voraussetzungen, entweder ein Stück Berufserfahrung, eine Meisterausbildung oder mit einem Probestudium muss man das beweisen und was auch immer möglich ist mit den Eingangsprüfungen. Sie haben ja schon einmal kritisiert, unsere Hürden seien viel zu hoch. Wir haben Sie in der Presseerklärung noch einmal gern aufgeklärt, dass unsere Hürden nicht zu hoch sind, dass wir einen vielfältigen Zugang auch für Berufstätige haben und auch für andere Qualifikationen. Dass Ihnen das nicht reicht, mag ja sein, aber wir werden die Qualität an unseren Hochschulen nicht verwässern. Um mit Ihnen, obwohl ich nicht glaube, dass es viel nützt, auch darüber noch im Detail zu reden, werden wir natürlich jeglichen Überweisungsanträgen an den Ausschuss für Wissenschaft, Kunst und Medien zustimmen. Für das Gesetz der Landesregierung beantrage ich es schon mal. Sie müssen es für Ihre eigenen Gesetze selber beantragen, aber wir werden uns dem nicht verwehren. Ich kann Ihnen nur sagen, die Änderungen, die die Regierung jetzt bringt, das Gesetz macht Sinn, die Ergänzung, das gesetzgeberische Loch bei diesen 50-€-Beiträgen zu schlie

ßen, ist überfällig. Dass wir es nicht früher bringen können, mussten wir erkennen. Das ist bedauerlich, dass jetzt noch ein paar von ihnen aufgehetzt werden können, im nächsten Semester nicht zu bezahlen. Es drohen ihnen trotzdem langwierige Verwaltungsverfahren mit viel, viel höheren Kosten, als die 50 € ausmachen. Diese Botschaft muss jetzt schon bei den jungen Leuten ankommen, es sei denn, Sie ersetzen diese Verfahrenskosten aus Ihrer Parteikasse, dann können Sie ja weiterhin junge Leute verblenden, aber irgendwann ist die Kasse auch leer, das kann man nur wünschen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Abgeordnete Hennig zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ich weiß jetzt eigentlich gar nicht, wo ich so richtig anfangen soll.

(Unruhe CDU)

Ich habe jetzt eine lange Liste von Sachen, die ich hier aufklären muss, weil ich nämlich glaube, die verbalen Angriffe aus Richtung CDU und des Ministers sind ein Ablenkungsmanöver, weil hier einfach Sprachlosigkeit, fehlende Kenntnis und Ohnmacht existiert, was den Widerstandswillen der Studierenden angeht.

Ich fange bei der SPD an. Bei Ihnen von der CDU dauert es einfach viel länger. Ich glaube, wir sind uns darin einig, dass wir die Verwaltungskostenbeiträge abschaffen wollen. Das wäre, glaube ich, auch der einzige gemeinsame Nenner. Ich glaube, dass die SPD Gründe sucht, warum sie einem Verfassungsänderungsantrag, der von DER LINKEN kommt, nicht zustimmen kann. Deswegen beantrage ich schon jetzt für unsere Anträge die Ausschussüberweisung und kann die SPD nur auffordern, sich möglicherweise auch mit Änderungsvorschlägen an der Beratung zu beteiligen, weil meiner Meinung nach muss in einer Verfassung nicht geklärt werden, welche Zugangsberechtigung für den Hochschulzugang notwendig ist. Wir haben in Artikel 28 der Thüringer Verfassung den Absatz 4 nicht geändert und dort heißt es, das Gesetz regelt Näheres. Von daher können Sie uns, glaube ich, alle nicht den Vorwurf machen, dass wir auch die Qualifizierung für den Hochschulzugang völlig frei gestalten wollen - das zum Ersten.

Zum Zweiten: Eigentlich wollte ich nur zum Thüringer Gesetz zur Änderung des Hochschulzulassungs- und -zugangsrechts reden, aber ich habe noch ein paar andere Sachen. Was die Verwaltungskostenbeiträge in Berlin angeht, muss man, glaube ich, wohl dazu sagen, dass es die CDU war, die die massive Verschuldung von Berlin verursacht hat. Auch Sie, Herr Schwäblein, müssten wissen - ich sehe ihn gerade nicht, aber das macht nichts -, dass auch ein Land Berlin nicht mehr auf Einnahmen verzichten darf.

Was die Qualität der Gesetzgebung angeht, die Herr Schwäblein hier angemahnt hat in Richtung LINKE, ich glaube, da kann sich die CDU freudig auf die rechte Schulter klopfen, mehrere Gerichte - auch die Boykotte - haben nachgewiesen, dass das Gesetzgebungsverfahren, was die CDU und die Landesregierung im Hochschulgesetz durchgepeitscht haben, nicht wirklich fachlich sauber war. Dann brauchen wir, glaube ich, über Qualität von Gesetzgebung durch die CDU-Fraktion nicht mehr sprechen.

Was die Heimtücke angeht: Ich glaube, die Heimtücke im Gesetzgebungsverfahren Bibliotheksgesetz haben wir Ihnen nicht nur unterstellt, denn die Heimtücke bezog sich ganz klar darauf, parlamentarisches Recht auszuhebeln und eine ordnungsgemäße Gesetzesberatung eben nicht anzustreben.

Wenn es darum geht, Realitäten auszublenden, ich hatte eigentlich noch ein Zitat bzw. eine interessante Erhebung, die ich am Ende meines Beitrags geben wollte, damit das Parlament wieder wach wird, aber ich mache es gleich. Ich sage es einfach: Vor knapp einer Woche hat eine große politische Wochenzeitung namens „SPIEGEL“ eine neue Studie veröffentlicht, die da hieß „Studiengebühren drängen Studentinnen in Sex-Versteigerung“. Ich weiß nicht, ob Sie davon gelesen haben. So explodierte laut einer aktuellen Erhebung die Anzahl der SexAuktionen von Studentinnen auf einem einschlägigen Internetportal mit Beginn des Wintersemesters 2007/2008. Laut der Nachforschung ist seit September 2007 die Zahl um 400 Prozent gestiegen und verläuft von da an auf hohem Niveau. Der Anstieg für den Online-Marktplatz, ich sage jetzt mit Absicht hier den Namen nicht, auf dem Erwachsene Sex gegen Geld versteigern, geht auf die Einführung von Studiengebühren und die schlechte finanzielle Lage von Studentinnen zurück. Diese Zahlen werden auch im übersetzten Bestseller „Mein teures Studium“ aus dem Bertelsmann-Verlag zur Sprache kommen, welches im September erscheint. In Frankreich hat dieses Buch, ganz vorsichtig gesagt, einen Skandal ausgelöst. Im Nachwort der Übersetzung wird speziell auch auf die studentische Prostitution in Deutschland eingegangen.

Eine kurze Anmerkung dazu: Ich finde es außerordentlich perfide, dass die Bertelsmann-Stiftung mit ihrem Lobbyisten-Verein CHE Studiengebühren fordert und nun, nach der Einführung, als Verlag des Konzerns von der entsprechenden Erlebnisliteratur auch noch profitiert. Ich habe so ganz nebenbei, als ich das gelesen habe, mir die stille Frage gestellt, es gibt ja mehrere Vertreter, die hier für Studiengebühren sind, inwieweit sie zu dieser Frage stehen, die ich jetzt nicht stelle.

Jetzt komme ich zu meinem eigentlichen Thema - das Gesetz zur Änderung des Hochschulzugangsrechts: Die CDU/CSU-SPD-Koalition in Berlin hatte sich ja in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Studierendenquote auf mindestens 40 Prozent zu heben. Mit diesem Gesetz trägt die Landesregierung in Thüringen nicht dazu bei. Anstatt die Durchlässigkeit zu erhöhen und die Studienplatzkapazitäten auszubauen, droht vor allem eine weitere Einschränkung des Rechts auf einen Studienplatz. Ich glaube, meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, dass es grundsätzlich eigentlich noch ein paar prinzipielle Äußerungen geben sollte dazu, aufgrund der Zeit mache ich das jetzt nicht, sondern gehe gleich auf das Gesetz ein.

Mit diesem Gesetz schafft die Landesregierung eine restriktive Einflussnahme, ja sogar Beschränkung des Rechts auf Zulassung zu einem Studium. Ich will Ihnen das auch an einigen Beispielen kurz auseinandernehmen. Ich glaube, die beabsichtigten Regelungen zu den Auswahlverfahren und den Zugangsbeschränkungen scheinen im deutlichen Widerspruch zu Grundrechten im Grundgesetz und diversen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts zu stehen. Ich halte den Entwurf für äußerst problematisch, nicht nur, weil ich seine inhaltlichen Vorgaben nicht ganz teile, sondern weil ich glaube, dass sich in diesem Gesetzentwurf eine bedenkliche Grundeinstellung gegenüber Zulassungen zu einem Studium, ja Bildung überhaupt, darstellen. Das Gesetz sorgt in keinem Fall für einen chancengleichen Zugang zu Hochschulen, egal wie viele Auswahlverfahren jetzt noch möglich wären, und von Transparenz und Auswahlverfahren kann ich nicht wirklich etwas erkennen. Ich versuche, das so kurz wie möglich zu halten, und möchte es an einzelnen Beispielen mal verdeutlichen. Es beginnt schon mit Artikel 1 § 2 Abs. 3, wo es um Zulassungen für ausländische Staatsangehörige oder Staatenlose geht. Die darin vorgenommene Einteilung in Gute und Schlechte durch einen Rückgriff auf einen umstrittenen Status der Nationalität bietet meiner Meinung nach keinen Hinweis auf die Befähigung für ein Studium.

Zweites Beispiel: In Artikel 1 § 2 Abs. 4 werden Regelungen für Personen getroffen, die über 55 Jah

re alt sind. Mit Verlaub halte ich das für Regelungen, die Altersdiskriminierung pur sind. In diesem Paragraphen wird eine grundsätzliche Versagung eines Anspruchs auf einen Studienplatz für Menschen über 55 Jahre dargestellt. Meiner Meinung nach ist das grundgesetzwidrig und sachlich auch falsch. Es unterstellt, dass mit Ablauf des 55. Lebensjahres keine beruflichen Absichten mehr vorliegen. Meines Erachtens müsste hier gleichzeitig auch die Vereinbarkeit mit § 10 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes geprüft werden.

Ein nächstes Beispiel ist die Auswahl der Bewerber durch die Hochschule, wo ich einfach glaube, dass dieser Paragraph - es ist der § 6 - daraufhin zu prüfen ist, ob die einzelnen Hochschulen nicht tatsächlich unter dem Gesichtspunkt des freien und gleichen Zugangs zu Hochschulen an diesem Punkt zu großen Auslegungsspielraum bei der Anwendung der Auswahlkriterien haben. So geht das weiter. Wir hatten heute schon das Thema Berufserfahrene ohne Hochschulzugangsberechtigung. Herr Schwäblein, es ist einfach ein Witz zu behaupten, die Regelungen in den letzten Jahren haben ausgereicht. Das ist nicht meine Idee, sondern das steht auch schon in der Begründung des Gesetzentwurfs. Wenn wir im letzten Jahr genau einen Studierenden hatten, der mit § 63 Hochschulgesetz an den Thüringer Hochschulen studiert hat - wir haben in etwa 50.000 Studierende in Thüringen - kann man nicht sagen, wir haben erfolgreiche Regelungen. Ich glaube auch tatsächlich, dass man hier eine Gesetzesänderung vollziehen muss, aber nicht in dem Sinne, wie Sie es tun in Richtung Probesemester und nicht zu planende Zukunft für Studierende.