Protokoll der Sitzung vom 08.10.2008

(Beifall SPD)

Der Vorrang des Parlaments, den Sie hier einfordern, der hat bestanden. Der hat zwei Jahre lang bestanden, zwei Jahre, in denen Sie nichts getan haben, in denen Sie den Kopf in den Sand gesteckt haben, in denen uns die damalige Fraktionsvorsitzende erzählt hat, mit der CDU ist eine solche Gesetzgebung nicht zu machen. Das sind die Fakten und die stehen. Da kommt es auch nicht darauf an, sich hier rauszureden, sondern zu sagen, ja, wir haben uns zwei Jahre lang verweigert.

(Beifall SPD)

Herr Mohring, eines will ich Ihnen auch sagen zum Verfahren: Wenn sich Ihre Fraktion zwei Jahre weigert, Gespräche zu führen zu diesem Gesetz, und in dem Moment, wo absehbar ist, dass das Volksbegehren erfolgreich ist, einen eigenen Gesetzentwurf in das Parlament einbringt und ihn durchzieht, bevor das Volksbegehren überhaupt die Chance hat, hier im Parlament anzukommen, dann untergraben Sie das Vertrauen derjenigen, die sich im Volksbegehren auf den Weg gemacht haben.

(Unruhe CDU)

(Beifall SPD)

Denn sie haben darauf vertraut, dass ihr Gesetzentwurf hier im Landtag auf der Grundlage beraten werden kann, auf der er auch eingebracht worden ist. Sie ziehen aber diesem Gesetzentwurf des Volksbegehrens den Boden unter den Füßen weg, wenn Sie heute einen anderen Gesetzentwurf beschließen. Dann ist nämlich die Grundlage weg, auf die sich der Gesetzentwurf des Volksbegehrens bezieht, und das ist die Arroganz, das ist die Ignoranz und das ist das, wo ich sage: Sie verarschen die Leute hier

im Land, Herr Mohring.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Manche Sachen muss man auch deutlich ansprechen, wenn sie so sind, wie sie sind. Wenn Sie jetzt im Nachhinein kommen und Gesprächsbereitschaft einfordern und sich hier hinstellen und behaupten, die Initiatoren des Volksbegehrens könnten ja jetzt in Verhandlungen eintreten, dann sagen Sie bewusst die Unwahrheit, Herr Mohring. Dann versuchen Sie, die Leute schon wieder an der Nase herumzuführen. Denn die Initiatoren des Volksbegehrens, und das wissen Sie, haben überhaupt nicht die Möglichkeit, das Gesetz des Volksbegehrens zu verändern und hier in Verhandlungen einzutreten; sie haben nur die Möglichkeit, diesen Gesetzentwurf hier in den Landtag einzubringen

(Beifall DIE LINKE)

und dann den Landtag darüber entscheiden zu lassen: ja oder nein. Ein faires Verfahren gegenüber den Bürgern wäre es gewesen, den Gesetzentwurf hier im Landtag ankommen zu lassen. Dann können Sie ja immer noch eine andere Position haben. Dann können Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf immer noch dagegenstellen und dann können die beiden in einen Volksentscheid gehen und dann kann das Volk sagen, welchen der beiden Gesetzentwürfe es besser findet. Aber genau dieses Verfahren haben Sie untergraben, dem haben Sie den Boden unter den Füßen weggezogen. Das ist das, was wir hier anprangern und weshalb wir sagen, das ist undemokratisch und untergräbt das Vertrauen in die Demokratie.

(Beifall SPD)

Viele von uns, die auf der Straße waren, haben immer wieder das Argument zu hören bekommen, die da oben machen ja doch, was sie wollen. Wir haben dafür geworben und haben gesagt, nein, Sie haben als Bürger auch die Möglichkeit sich einzubringen, sie haben die Möglichkeit etwas mitzugestalten. Genau das wird von Ihnen konterkariert. Da haben Bürger ihre Möglichkeit mitzugestalten in die Hand genommen, haben stundenlang sich hingestellt, haben Unterschriften gesammelt, haben sich Gedanken gemacht, haben unterschrieben. Das führen Sie ad absurdum mit Ihrem Verfahren, Herr Mohring. Deshalb sage ich Ihnen: Sie werden vielleicht heute einen Gesetzentwurf beschließen, aber Sie werden mit einer solchen Politik hier in Thüringen nicht durchkommen. Spätestens bei den nächsten Wahlen werden Sie dafür die Quittung erhalten.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Jetzt will ich Ihnen noch einmal was zur Amtsstube sagen. Es gibt kein einziges Bundesland, was bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auf der kommunalen Ebene die Amtsstube vorsieht. Das hat gute Gründe, weil es nämlich schwierig ist für die Bürger, wenn sie ein Verfahren in Gang setzen, bei dem sie sich vielleicht mit dem Rathaus anlegen - muss nicht immer nur der Bürgermeister sein, kann auch die Ratsfraktion sein -, dann zu sagen, ich stelle mich auf den Markt, ich rede mit den Leuten, aber damit Sie sich einsetzen können für die Sache, also hier bei mir können Sie nicht unterschreiben. Sie gehen einmal bitte in die Turnhalle oder ins Rathaus oder dorthin und unterschreiben da. Sie glauben doch nicht im Ernst, dass das wirklich funktionieren kann, Herr Mohring.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Unruhe CDU)

Und mit Ihrem Beispiel mit den Rechtsextremen, da sage ich Ihnen, was passiert. Wenn Sie heute beschließen, was Sie beschließen wollen, dann zwingen Sie Bürgermeister in Zukunft dazu, die Logistik auch für rechtsextreme Initiativen zur Verfügung zu stellen. Das ist die Wahrheit. Das beschließen Sie heute mit Ihrem Gesetzentwurf.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Das sollten Sie sich noch einmal ganz genau überlegen, ob Sie Bürgermeister in eine solche Situation zwingen wollen.

Herr Abgeordneter Matschie, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Schwäblein zu?

Aber selbstverständlich.

Herr Abgeordneter Schwäblein, bitte.

Herr Abgeordneter Matschie, ist Ihnen bekannt, dass die NPD in einer Presseerklärung vom Sommer dieses Jahres die Amtsstubensammlung ablehnt?

(Heiterkeit SPD)

Das ist mir egal, was die NPD dazu sagt. Ich beschäftigte mich mit den absehbaren Auswirkungen Ihres Gesetzentwurfs. Und damit sollten Sie sich auch einmal auseinandersetzen, bevor Sie nachher hier dafür die Hand heben.

(Beifall SPD)

Ich will noch einen zweiten Punkt ansprechen, der sich auch in diesem Gesetz verbirgt, das ist die Abschaffung der Stichwahl. Dafür gibt es nur einen einzigen Grund und der heißt 2006.

(Beifall SPD)

Das ist der einzige Grund. Weil die CDU in vielen Stichwahlen der SPD unterlegen ist 2006, gehen Sie jetzt her und schaffen die Stichwahl ab. Das ist einseitig parteitaktisches Verhalten. Deshalb werden Ihnen die Bürger auch das nicht durchgehen lassen, Herr Mohring.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das ist nicht richtig.)

Gegen den Willen auch des Gemeinde- und Städtebundes, der sich eindeutig zu dieser Frage ausgesprochen hat und Sie davor gewarnt hat, die Stichwahlen abzuschaffen, sich eindeutig ausgesprochen hat gegen die Abschaffung der Stichwahl,

(Unruhe CDU)

ziehen Sie das hier durch.

(Beifall SPD)

Herr Mohring, ich habe heute noch draußen vor dem Haus mit dem Präsidenten des Gemeinde- und Städtebundes geredet, der mir noch einmal bestätigt hat, dass der Gemeinde- und Städtebund gegen die heute von Ihnen zu beschließende Abschaffung der Stichwahl ist.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Das ist falsch.)

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Der spricht ja nicht für alle Kreisverbände.)

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD)

Herr Kollege Heym, da Sie immer so viel Wert darauf legen, dass die Mehrheit entscheidet, sollten Sie das auch für den Gemeinde- und Städtebund

gelten lassen. Und die Mehrheit hat sehr eindeutig entschieden gegen die Abschaffung der Stichwahl. Nehmen Sie es bitte einmal zur Kenntnis.

(Beifall SPD)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von der CDU, wir können Sie nicht daran hindern, mit Ihrer Mehrheit, die Sie hier im Hause noch haben, diese Gesetzentwürfe zu beschließen. Aber ich sage Ihnen eines, wenn Sie so weitermachen, wenn Sie mit dem Bürgerwillen so umgehen, wenn Sie so klar parteitaktisch motiviert versuchen, dieses Land zu regieren, dann ist Ihre Mehrheit in diesem Hause bald zu Ende, das garantiere ich Ihnen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das werden wir Ihnen noch beweisen.)

(Beifall SPD)

Herr Abgeordneter Matschie, auch hier möchte ich den Begriff „verarschen“ rügen, der nicht zum parlamentarischen Sprachgebrauch gehört. Damit vielleicht auch in der weiteren Diskussion die Emotionen ein bisschen herausbleiben. Ich habe alle Wortmeldungen schon gesehen, aber in der Rednerliste geht es jetzt weiter mit dem Abgeordneten Hauboldt, Fraktion DIE LINKE. Dann hat sich Abgeordneter Fiedler gemeldet und dann Abgeordneter Mohring.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mohring, Sie haben sich heute mit Ihrem Redebeitrag als Wolf im Schafspelz geoutet. Ich hatte schon die Befürchtung, dass ganz Rügen untergegangen ist, bei der Kreide, die Sie verbraucht haben, wie Sie das hier rhetorisch versucht haben nahezulegen und die Grausamkeiten, die Sie da im Gesetz niedergeschrieben haben, auch noch positiv darzustellen.

(Beifall DIE LINKE)

Was wir heute an schauspielerischen Einlagen der CDU erleben, sage ich in aller Deutlichkeit, ist kein Glanzpunkt in der demokratischen Geschichte Thüringens. Die CDU hat erneut und sogar auch noch überzeugend klargestellt, dass sie eine Partei ist, die ernst zu nehmende Probleme mit der direkten Demokratie hat. Sie misstrauen 250 Thüringer Bürgerinnen und Bürgern