Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

DIE LINKEN müssen halt immer mindestens ein Haar in der Suppe finden, damit sie ein paar Mal dagegen sein können. Herr Eckardt verspricht Sack und Seil, wenn sie denn tatsächlich mal in die Regierungsverantwortung kämen, da hat das Seil eh dann nichts zu tragen, da sind wir uns ja ziemlich sicher.

(Beifall CDU)

Deshalb bleibt von der Kritik nichts Ernsthaftes übrig und wir können guten Gewissens diesem Staatsvertrag zustimmen.

(Beifall CDU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Auch die Landesregierung wünscht nicht noch einmal das Wort. Dann schließe ich die erste Beratung und rufe morgen die zweite Beratung auf.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 9

Entwicklung der Städte als Schwerpunkte des wirtschaft- lichen, sozialen und kulturel- len Lebens im Freistaat Thü- ringen Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 4/3752 - dazu: Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bau und Verkehr - Drucksache 4/4588 - dazu: Alternativantrag der Frak- tion der CDU - Drucksache 4/4614 -

Das Wort hat Frau Abgeordnete Holbe aus dem Ausschuss für Bau und Verkehr zur Berichterstattung. Bitte, Frau Abgeordnete Holbe, Sie haben das Wort.

Ich möchte kurz vortragen, wie der Antrag der SPD in Drucksache 4/3752 „Entwicklung der Städte als Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Thüringen“ behandelt wurde. Wir hatten die Plenarbefassung am 28.02. ohne Aussprache mit der Verweisung an den Ausschuss für Bau und Verkehr. Die Ausschussberatung fand am 13.03. statt mit der Festlegung, eine mündliche Anhörung durchzuführen. Zu dieser Anhörung waren 16 Vertreter geladen, davon die kommunalen Spitzenverbände, anerkannte Professoren, die sich mit diesem Thema befassen, zum Beispiel Prof. Dr. Welch Guerra von der Bauhaus-Universität in Weimar, Prof. Dr. Matthias Gather von der Fachhochschule in Erfurt, Prof. Dr. Sedlacek von der Friedrich-Schiller-Universität. Wir haben die regionalen Planungsgemeinschaften befragt, hatten den Wunsch, dass die Bürgermeister der zu überprüfenden Mittelzentren und Mittelzentren mit Teilfunktion eines Oberzentrums eine gemeinsame Stellungnahme abgaben. Das ist leider nicht geglückt. Dafür haben wir die einzelnen Vertreter gehört und natürlich eine Reihe von Institutionen und Verbänden, die hier auch mit eingebunden worden sind.

Die Auswertung dieser Anhörung erfolgte dann - am 17.04. war die Anhörung, das habe ich vergessen zu sagen, möchte ich nachtragen - am 04.09.2008 und wir hatten dann in einer Sitzung am 02.10. vonseiten der CDU einen Alternativantrag gestellt zum Antrag der SPD, der jedoch verfahrensrechtliche Bedenken vonseiten der Landtagsverwaltung nach sich zog, so dass hier dieses Thema im Plenum wieder zurückkehren und behandelt werden musste. Es erfolgte also am 06.11. eine Abschlussberatung. Der

Beschlussvorschlag liegt Ihnen in Drucksache 4/4588 vor und der Antrag der SPD ist mehrheitlich abgelehnt worden. Danke.

(Beifall CDU)

Wünscht die Fraktion der CDU das Wort zur Begründung zu ihrem Alternativantrag? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort dem Abgeordneten Kalich, Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Antrag „Entwicklung der Städte als Schwerpunkte des wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Lebens im Freistaat Thüringen“ vom 23.01.2008 ist übereinstimmend ohne Aussprache vorab an den Ausschuss überwiesen worden. Was danach folgte, ist eine Antragsberatung der etwas anderen Art.

Nun sind wir zwischenzeitlich am Jahresende. Was bisher in gut zehn Monaten passiert ist inhaltlich: mit Ausnahme der Anhörung nicht viel. Die abschließende inhaltliche Debatte ist an Verfahrensfragen gescheitert, durch die sich die Mehrheit im Ausschuss letztendlich gezwungen sah, den Antrag abzulehnen.

(Glocke der Präsidentin)

Entsprechend lautete auch die Beschlussempfehlung. Die CDU-Fraktion wollte den Antrag völlig neu schreiben, was geschäftsordnungsrechtlich nicht möglich war. Statt Änderungsanträge zum SPD-Antrag zu formulieren, sah diese sich daher gezwungen, den Antrag in Gänze abzulehnen, um einen eigenen Antrag heute zum Thema einzubringen. Mit Blick auf die interfraktionelle Verständigung, den Antrag vorab ohne Aussprache an den Ausschuss zu überweisen, wurde dieses Vorgehen in der vergangenen Ausschuss-Sitzung als unredlich bezeichnet. Nun ist uns diese CDU-Arbeitsweise aber nicht neu, sondern variiert nur in ihren Formen. Der Alternativantrag der CDU-Fraktion liegt uns heute vor und deckt sich mit dem bereits im April im Bauausschuss eingereichten, mit Ausnahme, dass nun um schriftlichen Bericht ersucht wird. Aufgrund der langen Zeit, den der Antrag schon beraten wird, hätten wir wenigstens einen Sofortbericht der Landesregierung erwartet. Das Verfahren will ich hier nicht weiter ausführen, um zum Inhalt zu kommen.

Hinsichtlich der Landesentwicklungsplanung und damit der Antwort auf die künftigen Herausforderungen, die insbesondere die demographische Entwick

lung stellt, unterscheiden sich die Vorstellungen erkennbar. Während die SPD die Konzentration auf Wachstumskerne fordert, verfolgt die CDU eine Politik des Beschützens der ländlichen Regionen gegen eine Übermacht der großen Städte. Linke Programmatik hingegen orientiert sich auch in den Fragen der Raumordnung am Leitgedanken der sozialen Gerechtigkeit. Die alleinige Stärkung der Städte ist nicht unser Ansatz. Wir verfolgen das Prinzip der dezentralen Konzentration. Es geht uns nicht um die einzelnen Kommunen, sondern die Regionen, wo es durchaus auch Entwicklungsschwerpunkte geben wird und auch geben kann. Dezentrale Konzentration heißt für uns eben nicht, ausschließlich die Kommune oder den Ort, sondern eine Region zu betrachten. Gegenwärtig ist in Thüringen alles auf den Ort ausgerechnet einschließlich des kommunalen Finanzausgleichs. Gemeinden haben aber nur eine Chance als Region. Gefragt ist raumbezogenes Denken. Unser Planungsprinzip verpflichtet daher, zunächst weg vom zentralörtlichen hin zum raum- und regionalbezogenen Denken zu gehen, statt Konkurrenz mehr Kooperation. Wer sich zu sehr auf den einzelnen Ort konzentriert und nicht mehr auf die Region, will an der kleingliedrigen Struktur in Thüringen festhalten. Insbesondere auch mit dem Blick auf die demographische Entwicklung mit einer schrumpfenden sowie älter werdenden Bevölkerung ist die gegenwärtige Struktur in Thüringen jedoch nicht mehr tragbar. Wie unser diesbezügliches Konzept aussieht, haben wir mit dem Diskussionsangebot zu einer umfassenden Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform bereits ausführlich dargelegt.

Mit der Auflösung der Kleingliedrigkeit Thüringens mittels einer solchen Reform wären die entsprechenden Strukturen geschaffen, um Regionen zu bestimmen, in denen bestimmte Funktionen der öffentlichen Daseinsfürsorge vorgehalten werden, und darum geht es letztendlich, um die Sicherstellung der Daseinsfürsorge. Das jetzige Konzept der zentralen Orte scheint hier nicht zielführend, weil es nicht nur die Konkurrenzsituation vor Ort verschärft, sondern auch dazu führt, dass in Orten, die nicht als Zentrum eingestuft sind, schlechte Rahmenbedingungen existieren. Das zentralörtliche System vergrößert eher die Ungleichwertigkeit von Lebensbedingungen, als dass es sie angleicht.

Ein weiterer Nachteil des zentralörtlichen Systems ist die eingeschränkte Kompetenz der kommunalen Entscheidungsebenen für Teilbereiche der öffentlichen Daseinsfürsorge. Unser Anspruch, das Prinzip der dezentralen Konzentration, begründet kommunale Entscheidungshoheit hinsichtlich der räumlichen Verteilung der öffentlichen Daseinsfürsorge und führt damit zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung. Denn wir wollen nicht die Orte festlegen, die für eine bestimmte Region zentrale Funktionen wahrnehmen,

sondern nur die Regionen bestimmen, in denen bestimmte Funktionen der öffentlichen Daseinsvorsorge vorgehalten werden. Im Mittelpunkt steht für uns die Versorgung der Bevölkerung, die soll beispielsweise in Wohnortnähe ihren Hausarzt aufsuchen, einkaufen oder ihre Kinder in die Grundschule schicken können. Es geht um den Erhalt der öffentlichen Daseinsvorsorge und darum, für alle Bürger die Bedingungen zu schaffen, dass die entsprechenden Einrichtungen auch erreichbar sind. Die Bereitstellung von Gütern und der Zugang zu Dienstleistungen, wie der Abwasserentsorgung, Energie- und Wasserversorgung, des öffentlichen Personennahverkehrs, der Bildung und der Kultur. Vieles davon ist auch in Thüringen zunehmend bedroht. Schulschließungen, ÖPNV, der immer teurer und trotzdem immer weiter reduziert wird, Gesundheitsvorsorge, die an Wohnortnähe verliert, Tragfähigkeit öffentlicher Infrastruktur, dies alles führt zu Einbußen an Lebensqualität. Wer aber Städte einseitig stärken will, nimmt weitere Fehlentwicklungen in Kauf und solche gibt es durchaus sichtbar eben an der gravierenden Differenziertheit im Entwicklungsniveau zwischen den einzelnen Regionen in Thüringen. Das Zentrale-Orte-Konzept hat zu Verwerfungen der Städte und des Umlands geführt. Es geht nicht um starke Städte auf Kosten des Umlands, sondern starke Städte brauchen ein starkes Umfeld und umgekehrt. Alleinige Stärkung der Städte ist daher nicht unser Ansatz und 35 große Städte in Thüringen kann aus unserer Sicht auch nicht das Planungsprinzip der Zukunft sein. Wir brauchen eine Förderung, die Städte und Umland stärkt. Zwischen den Zentren brauchen wir einen gut entwickelten ländlichen Raum, wo urbanes Leben, Wohnen, Arbeiten, Einkaufen und Freizeit stattfinden kann. Kooperation zur Stadtkonkurrenz muss der Leitgedanke sein. Kommunale Zusammenarbeit, so auch ein Ergebnis der Anhörung, funktioniert aktuell vielerorts nur dort, wo es politisch auch gewollt ist. In der Anhörung kam diesbezüglich zur Sprache, dass die bisherigen Instrumente wenig verbindliche Ergebnisse hervorgebracht haben, vor Ort ausnahmslos auf persönlichen Akteurskonstellationen beruhend und sehr häufig sehr hohe Kosten verursachen. Abstimmungsprozesse funktionieren nicht und gestalten sich schwierig. Die Verteilung erfolgt ohne Schwerpunktsetzung und danach, wer am lautesten schreit, so ein weiterer Kritikpunkt am aktuellen System. Eine Vielzahl von Problemen, die in Thüringen heute existent sind, resultiert aus dem zentralörtlichen System der Landesplanung.

(Beifall DIE LINKE)

Das System in sich ist allein überaltert und funktioniert nicht. Dies zeigt die aktuelle Diskussion zu den Kliniken in Bad Salzungen und Eisenach. Aber auch der Stadtverkehr Arnstadt belegt beispielhaft, dass es nicht funktioniert. So ist dieser gut ausge

baut, aber eine Vernetzung mit dem Umland gibt es nicht. Einer der Gründe ist die aus dem ZentraleOrte-System resultierende differenzierte Förderung von Stadt- und Umlandverkehr. Unumstritten ist, dass dem Landesentwicklungsplan als Planungsinstrument der künftigen Entwicklung im Freistaat eine besondere Bedeutung zukommt. Entgegen dieser Bedeutung und der Tatsache, dass Landesentwicklung eine Angelegenheit ist, die alle angeht, werden die Grundlagen der künftigen Landesentwicklungsplanung jedoch gegenwärtig nur mit geringer parlamentarischer Beteiligung geschlossen. Auch die Beteiligung der Kommunalparlamente vor Ort liegt im Ermessen der Bürgermeister. Meine Fraktion erwägt daher die bereits 2003 diskutierte Möglichkeit, gesetzlich eine künftige Beteiligung des Landtags in den Landesentwicklungsplan zu verankern. Allerdings ersetzt aber auch der Landesentwicklungsplan nicht wirklich gute Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene. Zwar wurde die ungenügende Kooperation und Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene vielfach bemängelt, aber zwischen dem Bewusstsein, dass es für eine nachhaltige Entwicklung Thüringens notwendig ist und der Bereitschaft dies dann auch praktisch umzusetzen, klafft hier mancherorts noch ein großer Graben. Daher stellt sich für uns insbesondere die Frage, wie es raumplanerisch gelingt, die kommunale Konkurrenzsituation zu durchbrechen und effektive Anreize zur Zusammenarbeit der Städte einschließlich des Umlandes zu schaffen,

(Beifall DIE LINKE)

um gemeinschaftliche Interessen gegenüber partikularen Interessen zu stärken. Eine Chance liegt in der dezentralen Konzentration, in der Erarbeitung gemeinsamer Entwicklungskonzeptionen, der gemeinsamen Nutzung kommunaler Einrichtungen, mithin im konzentrierten Einsatz knapper Mittel. Wir sehen in der Initiative der Städte Hirschberg, Gefell und Tanna im Saale-Orla-Kreis einen richtigen Ansatz. Und damit ende ich dann mit einem Zitat, mit Ihrer Zustimmung Frau Präsidentin, aus den kommunalpolitischen Leitlinien der LINKEN, wo es unter Punkt 4 heißt: „Kommunale Kooperation entwickeln. Die Linkspartei sieht in der interkommunalen Kooperation, also dem arbeitsteiligen Zusammenwirken von Städten, Gemeinden und Kreisen, eine wirksame kommunalpolitische Strategie, um dem neoliberalen Markt und Standortkonkurrenz entgegenwirken zu können. Wir wollen deshalb alle Möglichkeiten, die die interkommunale Kooperation bietet, ausschöpfen, die Bündelung von Ressourcen zur Erbringung von Leistungen für Einwohnerinnen und Einwohner, die Modernisierung und Angleichung von Verwaltungsprozessen auf dem fortschriftlichsten Niveau, die Schaffung regionaler Wirtschaftskreisläufe sowie die Nutzung aller Potenziale für eine nachhaltige Regionalentwicklung.“ Die CDU hingegen will offensichtlich

durch Umschichtung innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs die durch sie verursachte Fehlentwicklung korrigieren. So erklärte der Fraktionsvorsitzende, Mike Mohring, bei seinem Arbeitsbesuch in Bad Salzungen, dass die Finanzprobleme der Stadt Eisenach durch Neuregelungen im Finanzausgleich gelöst werden sollen. Anders gesagt, die CDU will Eisenach offensichtlich höhere Landeszuweisungen zukommen lassen zulasten des ländlichen Raums. Dies stellt für uns keinen Lösungsansatz dar. Die Finanzprobleme von Eisenach sind unter anderem die Folge einer verfehlten Raumordnungs- und Landesplanungspolitik.

(Beifall DIE LINKE)

Hier muss ein Lösungsansatz gesucht werden und der besteht unseres Erachtens darin, die Kreisfreiheit von Eisenach wieder aufzuheben und dadurch die gesamte Wartburgregion zu stärken.

(Beifall DIE LINKE)

Unser diesbezüglich eingebrachter Gesetzentwurf ist ja hier im Hohen Haus leider abgelehnt worden. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Doht, SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, der Thüringer Landtag hat sich in der letzten Zeit intensiv mit der Entwicklung des ländlichen Raums befasst. Der zuständige Minister hat eine Regierungserklärung dazu abgegeben. Es gibt ein MonitoringSystem für Gemeinden im ländlichen Raum unter den Bedingungen des demographischen Wandels. Aber die Gemeinden im ländlichen Raum sind auch auf die Städte angewiesen. Es geht mit unserem Antrag nicht darum, hier den ländlichen Raum gegen die Städte auszuspielen oder umgekehrt, sondern ich sage es sehr deutlich: Die Städte sind auf das Umland angewiesen, auf den ländlichen Raum. Aber die Leute im Umland sind auch auf die Städte angewiesen, dass die noch funktionieren, dass die Städte ihre Umlandfunktionen auch wahrnehmen können, wenn es darum geht, soziale Einrichtungen, Bildungseinrichtungen, Kultur- oder Sporteinrichtungen für den ländlichen Raum mit vorzuhalten. Ich bitte Sie, unseren Antrag unter diesem Blickwinkel zu sehen.

(Beifall SPD)

Es geht hier nicht darum, die Kommunen im ländlichen Raum gegen die Städte auszuspielen oder umgekehrt, sondern es geht letztendlich darum, ein funktionsfähiges Zusammenleben zu ermöglichen. Wenn wir davon reden, dass wir die Zentren stärken müssen, dann tun wir das auch, weil die Zentren ihre Aufgaben für das Umland wahrnehmen müssen, für die Daseinsvorsorge. Es geht letztendlich um das Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen in Thüringen. Das vorab.

(Beifall SPD)

So ist es nur folgerichtig, dass wir uns mit unserem Antrag der Situation der Städte, insbesondere der Mittelzentren, der Mittelzentren mit Teilfunktion von Oberzentren und der Oberzentren in Thüringen zugewendet haben, dass wir hier einen entsprechenden Bericht der Landesregierung wollten, zumal der Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2004 auch die Überprüfung einiger Mittelzentren vorsieht und man vor Ort genauso auf das Ergebnis dieser Überprüfung wartet.

Wir wollten in unserem Antrag wissen, wie sich in den zentralen Orten höherer Stufe die Bevölkerungsentwicklung gestaltet, wie sieht die Arbeitsplatzentwicklung aus, das Thema Bildung, Bildungseinrichtungen, was ist mit Kulturangeboten? Letztendlich gibt ja der Landesentwicklungsplan zu all diesen Dingen Vorgaben. Wie werden die eingehalten? Wie ist die Situation im Einzelhandels- und Dienstleistungswesen, wohl wissend, dass der Einfluss des Landes hier geringer ist? Wie sieht es im Gesundheits- und Sozialwesen aus? Wir haben uns aber in unserem Antrag auch dafür interessiert, wie die Ergebnisse der funktionsteiligen Wahrnehmung zentralörtlicher Funktionen durch mehrere Städte in der Praxis umgesetzt wird und natürlich, ich habe es schon erwähnt, das Ergebnis der Überprüfung derjenigen Mittelzentren, die nicht dauerhaft im Landesentwicklungsplan festgeschrieben wurden, sondern die 2008 einer Überprüfung unterzogen werden sollten. Das sind Hermsdorf-Bad Klosterlausnitz, Lobenstein, Neuhaus am Rennweg-Lauscha, Schmölln-Gößnitz, Stadtroda und Zeulenroda-Triebes und das sind die beiden Mittelzentren mit Teilfunktion eines Oberzentrums Saalfeld-Rudolstadt, Bad Blankenburg und SuhlZella-Mehlis.

Es ist hier bereits im Bericht von Frau Holbe gesagt worden, der Antrag wurde vom Plenum vorab an den Ausschuss überwiesen, da damals abzusehen war, dass die Zeit für die Behandlung nicht mehr ausreichen würde. Im Ausschuss wurde eine Anhörung auf Antrag der SPD-Fraktion durchgeführt und in dieser Anhörung gab es die Vorgabe an die einzelnen zentralen Orte zu gemeinsamen Stellungnahmen. Ich habe das damals im Ausschuss schon kritisch ge

sehen, trotzdem haben wir das so verabschiedet und es hat ja zum Teil auch funktioniert. Frau Holbe, Sie haben gesagt, es hätte nicht funktioniert. Es hat funktioniert bei den Mittelzentren, die im Landesentwicklungsplan zur Überprüfung vorgesehen sind, die haben sich nämlich sehr viel Mühe gegeben, mit einer gemeinsamen Stellungnahme hier aufzuwarten, haben eine sehr umfassende Stellungnahme vorgelegt, sie haben auch vorher noch mal das Gespräch zu den Abgeordneten gesucht, zu allen Fraktionen, wie mir bekannt ist. Nicht funktioniert hat es dann bei den Mittelzentren mit Teilfunktion Oberzentrum; hier war wahrscheinlich auch die Ausgangslage zu unterschiedlich, die Interessen zu unterschiedlich. Allerdings muss ich schon sagen, wenn Suhl und Zella-Mehlis als funktionsteiliges Mittelzentrum mit Teilfunktion Oberzentrum im Landesentwicklungsplan festgeschrieben sind und sie dann nicht mal in der Lage sind, eine gemeinsame Stellungnahme in der Anhörung abzugeben, dann darf mit Recht gefragt werden, wie denn wohl die Funktionsteilung vor Ort in der Praxis funktioniert.

(Beifall SPD)

Zu den Ergebnissen der Anhörung: Alle Anzuhörenden haben grundsätzlich das Zentrale-Orte-System bejaht, und, Herr Kalich, hier sind Sie als einziger dagegen - gut, zu Ihnen von der CDU-Fraktion komme ich noch, von unserer Landesregierung habe ich dazu nicht viel gehört in den Beratungen. Die PDS spricht sich gegen das Zentrale-Orte-System aus. Alle Anzuhörenden haben sich für eine Beibehaltung, für eine Weiterentwicklung des Zentrale-Orte-Systems ausgesprochen. Im Gegenteil, sie haben dargestellt, dass das Zentrale-Orte-System gerade hinsichtlich der Infrastrukturversorgung und hinsichtlich des demographischen Wandels an Bedeutung zunehmen wird. Der demographische Wandel, der Bevölkerungsrückgang, bringt immer stärkere Anforderungen an die zentralen Orte mit sich, damit sie auch die Aufgaben für die Fläche wahrnehmen können. Wie gesagt, Ziel ist letztendlich die Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Landesteilen. Es geht natürlich auch um eine Bündelung der Funktionen, weil man letztendlich nicht bis in den kleinsten Ort alles vorhalten kann. Es ist schön, zu sagen, wir wollen wohnortnahe Arztpraxen, aber wenn sich kein Arzt mehr findet, der in die Arztpraxis auf dem Dorf geht, sondern sich lieber in der nächsten Stadt ansiedelt, dann habe ich schwer Handlungsmöglichkeiten, aber ich muss dafür sorgen, dass der Bürger aus dem kleinen Ort in kürzester Zeit und zu einem günstigen Fahrpreis in die nächste Stadt zum Arzt kommt. Da ist das Thema ÖPNV ganz wichtig und da lassen Sie eine kurze Replik auf den Mitteldeutschen Omnibustag zu, der diese Woche stattgefunden hat und wo zu Recht vom Präsidenten Herrn Steinbrück beklagt wurde, dass in vielen Orten der

Omnibusverkehr nur noch über den Schülerverkehr finanziert wird. Das heißt, es fährt früh ein Bus, wenn die Schüler in die Schule müssen, und am Nachmittag wieder zurück. Das kann es nicht sein, denn auch die Schülerzahlen werden zurückgehen. Hier müssen wir in den nächsten Jahren verstärkte Anstrengungen unternehmen. Es wird nicht möglich sein, allein über den Schülerverkehr den ÖPNV zu finanzieren. Das Ganze hat letztendlich auch noch eine Nebenwirkung, die wir eigentlich nicht wollen. So mancher Landkreis richtet sein Schulnetz danach aus, ob er auch den ÖPNV damit finanzieren kann. Das führt dazu, dass die Wege für die Schüler sich verlängern; ich denke, das kann nicht im Interesse unserer Kinder sein und ist sicherlich von keinem hier im Landtag gewollt.

(Beifall SPD)

Wie die Weiterentwicklung des Zentrale-Orte-Systems aussehen soll, darüber gingen die Auffassungen in der Anhörung auseinander. Von den - ich sage mal - Gelehrten wurde eine Straffung gefordert. Prof. Gather hat das vorgeschlagen, auch Prof. Sedlacek. Prof. Gather hatte schon im LEP 2004 21 zentrale Orte höherer Stufe vorgeschlagen; wir haben 41. Aber auch kommunale Vertreter haben sich für eine Straffung ausgesprochen, z.B. die Stadt Greiz oder die Stadt Sonneberg, die - ich zitiere - „funktionslose mittelzentrale Orte, die die Zentralität benachbarter funktionierender zentraler Orte beeinträchtigen“, in der Fortschreibung nicht mehr haben möchten. Gegen eine Straffung haben sich natürlich die Orte, die zur Überprüfung jetzt anstehen, ausgesprochen. Man möchte gern die zentralörtliche Funktion beibehalten. Sie haben ja in Ihrer Stellungnahme auch umfassende Bemühungen dargestellt, wie versucht wird, die Umlandfunktion auch weiterhin nachzuweisen. Aber Sie haben natürlich auch auf die Schwierigkeiten hingewiesen und auch darauf, dass Sie sich von der Landesregierung vernachlässigt fühlen. So heißt es in der Stellungnahme, ich zitiere: „... sollte in Zukunft eine weitere Stärkung der Mittelzentren erfolgen, und deren Funktion, die Wachstumspole weiter auszubauen. Wichtig erscheint dabei ein Umdenken im Hinblick auf die Verteilung von Fördergeldern. Es muss endlich ein Schritt weg vom Prinzip der Gießkanne hin zu einer konzentrierten Verteilung gemacht werden.“ Das sind kleine Städte, die gefordert haben, weg von der Gießkanne zur konzentrierten Verteilung. Nicht, dass man mir jetzt gleich wieder in den Mund legt, ich wollte hier nur etwas für die Oberzentren tun. An anderer Stelle ist von einer latenten Vernachlässigung der zentralen Orte abseits der Achse Eisenach-Altenburg die Rede.

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, indem Sie das Berichtsersuchen abgelehnt haben, verstärken Sie den Eindruck, dass Sie diese Orte vernachlässigen, ja noch. Deswegen überlegen Sie

sich heute noch mal, ob Sie vielleicht nicht doch an Ihre Landesregierung das Signal zu einem Sofortbericht geben.

Einigkeit gab es bei allen Anzuhörenden, dass eine Stärkung der zentralen Orte stattfinden muss, dass es keinen Wildwuchs im Umland geben sollte. Da muss ich sagen, hier sieht sich die SPD-Fraktion in vielen ihrer politischen Forderungen durch diese Anhörung bestärkt, nämlich, wie ich es eingangs schon sagte: Die Städte können nicht ohne das Umland existieren, aber das Umland braucht auch die Funktionsfähigkeit der Städte. Wir müssen die Zentren unterstützen, wenn es darum geht, dass sie ihre Funktion für das Umland wahrnehmen können. Wir brauchen auch eine Konzentration von Fördermitteln. Angesichts knapper werdender Ressourcen ist das unumgänglich. Wir müssen aber auf der anderen Seite, wenn wir nicht mehr jede Funktion der Daseinsfürsorge überall vorhalten können, einen leistungsfähigen, einen bezahlbaren ÖPNV anbieten, ich sage das immer wieder. Hier muss es Verbesserungen geben. Wir brauchen keine Gemeindezusammenschlüsse um jeden Preis, die sich als Kragengemeinden um die Städte schließen und letztendlich als Abwehrzusammenschlüsse zu werten sind, sondern hier sollten auch die Prinzipien der Raumordnung gelten. Und, Herr Kalich, wir brauchen auch keine Lex Eisenach. Nein, wir brauchen eine umfassende Verwaltungs- und Gebietsreform, in deren Zusammenhang auch das Problem der kreisfreien Stadt Eisenach angepackt werden muss.

(Beifall DIE LINKE, SPD)