Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

Das gilt doch wohl, dass sich weder Unternehmen noch Privatpersonen der Pflicht, ihre Steuer zu zahlen, entziehen dürfen, um damit ihren Beitrag an der Finanzierung unseres Gemeinwesens zu leisten. Dass dieses eingefordert werden muss mit rechtlichen Mitteln, auch mit Verfolgung, das ist auch vollkommen klar. Jeder muss seinen Beitrag für das Gemeinwesen leisten. Das deutsche Steuerrecht ist nicht teilbar, es gilt für jedermann. Das

(Abg. Meyer)

ist auch einzufordern. Jeder muss sich an den Bundesausgaben, den Landesausgaben, den Kommunalausgaben beteiligen. Das ist einmal eine Frage des Haushaltsministers, aber es ist auch eine Frage an den Steuerminister, der ja auch für Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu sorgen hat. Ich glaube, soweit sind wir uns alle einig. Das ist der Grundsatz. Das wäre ja noch schöner, wenn hier irgendjemand in diesem Hause wäre, der sagt, für einige gelten die Steuergesetze, aber für andere nicht. Ich glaube, das kann man staatlicherseits nicht sagen, das ist auch eines demokratischen Staats unwürdig.

Aber was eines demokratischen Staats auch unwürdig ist, Herr Meyer und Herr Pidde, jetzt muss ich mal auf dieses Schweizer Abkommen kommen. Dieses Abkommen ist in der Schweiz auf demokratische Art und Weise zustande gekommen. Die Schweizer haben über Jahre verhandelt. Sie sind an die Grenze ihrer Möglichkeiten gegangen, und wo deren Grenzen sind, bestimmen sie schließlich noch selber und nicht wir.

(Beifall CDU, FDP)

Das muss man mal sehen. Dieses Abkommen - ich kann mich da wirklich aufregen - ist durch ein Plebiszit der Schweizer zustande gekommen und sanktioniert worden. Es ist der demokratische Wille dieser Bevölkerung. Was sagen wir? Das interessiert uns überhaupt nicht. Einige meiner Kollegen sagen das. Das interessiert uns nicht, wir ziehen den schwarzen Hut auf und gehen sozusagen in die Dunkelkammer und lassen uns CDs zustecken. Wissen Sie, was das ist? Das ist Hehlerware.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Wenn die Ka- mera nicht steht.)

Nein, das ist Hehlerware.

(Beifall CDU, FDP)

Wir fordern, indem wir als Käufer solcher CDs auftreten, noch zu kriminellen Handlungen in diesen Ländern auf. Da muss ich Ihnen sagen, das ist jenseits meines Staatsverständnisses.

(Beifall CDU, FDP)

Deswegen beteilige ich mich nicht mehr an der Finanzierung dieser CDs.

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Wel- che Alternative bieten Sie?)

Nein, nicht der Zweck heiligt die Mittel, der Zweck heiligt dann die Mittel, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. Als es noch kein Schweizer Abkommen gab, gab es keine andere Möglichkeit. Da hat sich Thüringen auch an der Finanzierung beteiligt. Das ist vollkommen klar. Ich bin auch der Meinung, dass der Verfolgungsdruck aufrechterhalten wird, aber zwischen demokratischen Staaten gilt doch

immer wohl noch das Verhandlungsprinzip. Ich meine, etwas anderes kann ich mir gar nicht vorstellen.

Jetzt einmal zur Frage der Besteuerung: Was - Herr Meyer, ich sage jetzt durchaus mal Rot-Grün - Sie vergeigt haben, ist, Sie besteuern nach dem Zufallsprinzip und sagen, die Leute müssen gewärtig sein, dass sie auf irgendeiner CD stehen. Was ist mit den Leuten, die nicht auf der CD stehen? Was ist mit den Tausenden, vielleicht Hunderttausenden von Fällen, die jetzt nicht im Fernsehen auftauchen? Deren Steueransprüche verfallen Tag für Tag und gehen dem Fiskus verloren. Da haben Sie dem deutschen Staat einen Bärendienst erwiesen, das kann ich Ihnen nur mal sagen.

(Beifall CDU, FDP)

Aber wir werden sehen, zurück mit den Emotionen, Schluss, aus, hat ja keinen Zweck, die Dinge sind gelaufen. Sie haben sich so entschieden. Ich halte es entschieden für falsch, sich so verhalten zu haben. Das hat übrigens auch nichts mit Steuergerechtigkeit zu tun, weil hier immer das Hohelied der Steuergerechtigkeit gesungen wird, Steuergerechtigkeit erreichen Sie nur, wenn Sie systematisch und gleichmäßig die Leute erfassen und nicht wie es gerade kommt. Haben sie Pech, sind sie auf der CD und die anderen zig Tausend haben Glück und stehen nicht auf der CD. Soll ich Ihnen mal sagen, was auf der CD steht, was mein Kollege in Rheinland-Pfalz gemacht hat? Das sind 40.000 Daten. Da sind drei Thüringer drauf, mehr nicht. Na gut, bitte. Ist das eine Art, ist das ein Prinzip, um Steuergerechtigkeit herzustellen? - doch ganz gewiss nicht.

(Beifall CDU, FDP)

Aber wir haben hier mit Steueroasen - nein, Sie müssen sich das, lassen Sie es einfach mal setzen. Es ist demokratisch und unter staatlichen Gesichtspunkten nicht hinnehmbar in meinen Augen.

Gehen wir mal zur Frage der Steuerhinterziehung hier im Land. Hier lobe ich meine eigene Verwaltung. Ich lobe ganz bewusst meine eigene Verwaltung. Sie hat es fertiggebracht, fleißige Leute, sage ich Ihnen mal, gut sortiert, 49 Personen haben immerhin über 350 Fälle hier gefahndet, ganz lautlos, ohne Aufregung, ohne alles, haben ein Mehrergebnis von 26 Mio. für unsere Staatskasse hier erbracht. Für so etwas kann ich mich wirklich nur bedanken.

(Beifall CDU, FDP)

Die Justiz hier in Thüringen hat 150 Fälle als Strafverfahren verfolgt, verurteilt und es sind in Summe 20 Jahre Gefängnis ausgesprochen worden. Meine Damen und Herren, das ist Einforderung von Steuergerechtigkeit und Einforderung unserer Gesetze, nicht diese spektakulären Fälle.

(Beifall CDU, FDP)

(Minister Dr. Voß)

Das mag ja alles ganz schön und gut sein, aber wir müssen systematisch an diese Dinge rangehen. So leid es mir tut, da sitzen uns eben Verhandlungspartner gegenüber, die ganz anders denken. Das mag uns passen oder nicht. Es gab mal einen Finanzminister, der hieß Steinbrück, der sagte, ich kann auch in die Schweiz nicht mit der Kavallerie einreiten - das sind nicht meine Worte, das sind seine Worte als Finanzminister gewesen. Ich kann nur sagen, recht hat er, das wäre ja noch schöner. Ich meine, natürlich sind wir auf den Verhandlungsweg hier angewiesen. Wir haben auch das Personal der Steuerfahndung hier in Thüringen konstant gehalten. 49 Personen sind das, die sehr effektiv und schlagkräftig hier arbeiten. Es ist übrigens das tägliche Geschäft - insofern auch mal zu dem Antrag der LINKEN, den Sie auch im Bundestag gestellt haben - und es funktioniert auch, dass Steuerdaten und -austausche zwischen den Ländern natürlich Platz greifen und auch täglich funktionieren. Wir brauchen keine Bundessteuerpolizei, wie Sie fordern. Das ist wieder ein Stück Bürokratie, das funktioniert bestens.

Ich komme mal zu den Steueroasen. Das ist eine ganz andere Problematik. Da sind wir uns auch einig, das möchte ich auch noch mal versöhnlich sagen. Es kann nicht sein, dass einige Leute versteuertes oder unversteuertes Geldeigentum irgendwo auf Zypern, Cayman Islands oder was es dort alles noch gibt, verbringt, und einfach sagt, na gut, ich verdiene das hier, aber weg damit und egal, wie der deutsche Staat mit seinen Steuerproblemen klarkommt. Das geht natürlich nicht. Aber hier sage ich auch, im Gegensatz zur momentan ja der fast herrschenden öffentlichen Meinung, dass das CD-Problem das überhaupt nicht löst. So eine hilflose Angelegenheit, eigentlich so ein Problem zu lösen, kann man sich gar nicht vorstellen. Auch wenn es momentan populär ist, das ist ganz klar, aber sie werden das Problem nicht lösen, sie sind hier auf Verhandlungen angewiesen. Ich pflichte hier ausdrücklich dem Finanzminister Schäuble dieser Bundesrepublik bei, der im November auf internationaler Bühne, auf der Tagung der G 20, einen Vorstoß ergriffen hat, dass man in Verhandlung geht auf Ebene der EU, auf Ebene der OECD, ja so weit spannend muss man dort die Dinge angreifen. Und es ist mitnichten so, dass Deutschland hier ein Nachtwächterstaat ist. Wir sind in der Verfolgung dieser Probleme an der Spitze. Deutschland befindet sich hier an der Spitze. Wir haben hier Doppelbesteuerungsabkommen mit 90 Staaten. Herr Mohring hat schon darauf hingewiesen, hier müssen wir weiterkommen und wir müssen auch sehen, dass es nicht über Verrechnungspreise einfach funktionieren kann, dass hier Geld hin- und hergeschoben wird. Aber, wie gesagt, schauen Sie, es geht mit den CDs wie mit einem Angler. Sie fahren auf einen schönen See und sind froh, dass mal ein Fisch anbeißt. Wir müssen uns aber benehmen wie

Fischer, die Netze auswerfen. Die Netze sind die Verträge, dabei bleibe ich. Das ist auch das rechtsstaatliche Prinzip.

Ich sage Ihnen aber jetzt mal zwei Fälle, wie schwer es ist, hier in dem Feld voranzukommen. Herr Pidde, jetzt müssen wir aufpassen. Ab 1. April dieses Jahres hat Großbritannien eine sogenannte Lizenzbox eingeführt. Das ist doch kein Piratenstaat, Großbritannien - eine Lizenzbox. Das heißt, Erträge aus Patenten und Lizenzen werden nur zu 10 Prozent dort besteuert, und zwar egal, wo die Erträge aus den Patenten und Lizenzen herkommen.

In Zypern hat man das Gleiche gemacht, übrigens ein Staat, dem wir kräftig helfen. In Zypern hat man Ähnliches gemacht, man versteuert Erträge aus Lizenzen und auch aus Patenten nur zu 2 Prozent. So ist die internationale Wirklichkeit.

Ich will Ihnen mal sagen, so lange solche Staaten noch Anreize in die Welt setzen, diese Art der Steuergestaltung hier gewissermaßen noch anzureizen, so lange werden wir das Problem auch nicht lösen. Deswegen ist schon richtig, natürlich weiteren Druck auf die Länder auszuüben, aber auch DIE LINKEN, Sie wollen ja immer das ganz große Rad drehen, Sie empfehlen ja hier, dass wir uns verhalten sollen wie die USA, die bei internationalen Institutionen einfach sagen, egal wie ihr beschaffen seid, ihr macht mit uns Verträge und offenbart ganz einfach die Namen der amerikanischen Bürger. Gut. Also die Bundesrepublik ist wichtig, aber auch nicht der Nabel der Welt.

(Beifall DIE LINKE)

Wir sollten uns auch mal auf Kooperationen und auf Vertragsverhandlungen verlassen und nicht mit den Muskeln spielen, was uns vielleicht auch gar nicht zupasskommt.

Die beiden Beispiele Zypern und England, ich sage mal, mit Anfang dieses Monats fordert man in Wahrheit deutsche Unternehmen auf, die Erträge gefälligst, die Patente, in England verwalten zu lassen, und dann haben Sie die Möglichkeit, alle Erträge aus den Patenten und Lizenzen zu 10 Prozent dort zu versteuern. Wer da noch nicht einsieht, dass CDs oder sonst etwas keine Hilfe sind, und wer da nicht einsieht, dass unsere Bundesregierung auf dem richtigen Weg ist, dann kann ich es auch nicht verstehen. Ich bedanke mich trotz Emotionalität für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit. Schönen Dank.

(Beifall CDU, FDP)

Damit schließe ich nun den dritten Teil der Aktuellen Stunde und rufe auf den vierten Teil

(Minister Dr. Voß)

d) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: „Verkehrssicher fahren - ein Leben lang“ Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/5994

Es hat das Wort Frau Abgeordnete Schubert.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, passenderweise ist von meiner Fraktion der ältere Teil dabei, jetzt schon nicht mehr, um dieser Aktuellen Stunde zu lauschen. Das Thema ist geeignet, emotional diskutiert zu werden. Ich möchte mit dieser Aktuellen Stunde einen Anfang machen, dieses Thema in der gebotenen Sachlichkeit zu diskutieren. Der Titel ist nicht ohne Grund gewählt: „Verkehrssicher fahren - ein Leben lang“, denn wie fängt das an. Als Fahranfänger hat man eine Probezeit von zwei Jahren. Man kriegt den Führerschein auf Probe.

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Im Kinderwa- gen.)

Bei mir ist das Leben nicht im Kinderwagen losgegangen. Wir reden mal von dem Verlauf,

(Zwischenruf: Abg. Barth, FDP: Sie sind zu groß dafür.)

wenn man einen Führerschein bekommt bis zum Ende, was zwangsläufig alle irgendwann einholt. Es gibt außerdem ein Alkoholverbot für alle, die zwischen 18 und 21 sind, ein striktes Alkoholverbot sogar. Wenn man mal das Wort „diskriminieren“ wertfrei verwendet, dann diskriminieren wir damit eine Gruppe einfach nur aufgrund ihres Alters, weil in dieser Gruppe viele risikoreich fahren und - zumindest in der Vergangenheit, jetzt hat es sich ein bisschen gebessert - diese Leute sehr viel an Unfällen beteiligt waren, an schweren Unfällen. Das begleitete Fahren mit 17 war auch eine Antwort darauf. Der Staat hat diese Situation zum Anlass genommen, zu handeln.

Jetzt nehmen wir aber auch zur Kenntnis, dass Senioren und Seniorinnen zunehmend an Unfällen beteiligt sind. Der Verkehrsminister spricht in seinem Verkehrssicherheitsprogramm davon, dass diese Zunahme signifikant ist. Minister Geibert hatte, als diese Debatte um verpflichtende Tests losging, gesagt: Ja, verpflichtende Sehtests ab 70 hält er für diskussionswürdig. Er hat dann einen Rückzieher gemacht von diesem Vorschlag, leider. Warum? Man macht sich mit so einem Vorschlag nicht beliebt. Das kann ich verstehen. Menschen, die älter

werden haben Angst, nicht mehr mobil sein zu können

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Nein, das kann ich nicht sagen.)

oder Sorge und das müssen wir sehr ernst nehmen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)