Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

(Beifall DIE LINKE)

wir können uns vor dem Bundestag anketten und sonst was machen so lange, bis der Bund endlich begreift, dass es so nicht weitergeht. Ich werde da

rauf noch einmal eingehen. Aber sich hier einfach hinzustellen und zu sagen, ich kann nicht - wer das macht, der muss gehen, ganz einfach, so ist das Tradition bei uns in Thüringen. Da haben wir auch Erfahrungen übrigens.

(Unruhe CDU)

Von daher, meine Damen und Herren, das war also nicht so gut. Meine sehr geehrten Damen und Herren, der FDP-Fraktionsvorsitzende Herr Barth hat sich heute - er ist jetzt nicht mehr da - als Büttenredner versucht, obwohl der politische Aschermittwoch schon vorbei ist. Das Schlimme daran ist, dass er zumindest die Ansätze, die wir durchaus sehen, einige positive Ansätze gibt es ja in diesem Haushalt, nicht anders bewerten kann als „Spielwiese“. Das betrifft Dinge, bei denen sozial Benachteiligte möglicherweise an der einen oder anderen Stelle davon profitieren können. Das finden wir schon äußerst bedenklich. Die FDP ist bisher noch kein seriöser Diskussionspartner in diesem Haus. So kann man einfach nicht umgehen. Übrigens, Herr Barth hat nicht einen Vorschlag hier unterbreitet, wie er sich die Lösung vorstellt.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Sie sind wohl seriös?)

Natürlich sind wir ganz seriös. Haben Sie Zweifel?

(Beifall DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: In Bezug auf Sie persönlich ja.)

Der Herr Innenminister nimmt ja immerzu Bezug auf mich, das ist mir schon peinlich, weil ich mich rechtfertigen muss. Ich bekomme da von der anarchistischen Szene schon die Hinweise, Kuschel, irgendwas machst du verkehrt, wenn er immer wieder auf dich Bezug nimmt. Herr Barth hat überhaupt keine Vorschläge gemacht und das Schlimme aber bei der FDP ist: Ihr Konzept, Ihr neoliberales Wirtschaftskonzept hat dieses Land und, global betrachtet, dieses Wirtschaftssystem an den Rand der Katastrophe geführt. Da stellen Sie sich immer noch hier hin und …

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Vor 20 Jahren war das Land am Rand der Katastrophe.)

Sie haben doch dann noch Redezeit, glaube ich.

Sie haben dieses Land und das Wirtschaftssystem in die Katastrophe geführt und wollen jetzt so weitermachen, obwohl Sie vor mehreren Monaten ein Wirtschafts- und Finanzsystem völlig vor die Wand

gefahren haben. So geht es nicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Höhn hat hier sprachliche Bilder von Olympia gebracht - das ist alles sympathisch, aber wir haben noch eine andere Tradition in Thüringen. Wir können auch eine Haushaltspolitik machen, indem wir auf das Rosenwunder der Heiligen Elisabeth setzen. Aber das wird uns nicht weiterhelfen.

(Beifall DIE LINKE)

Ich erwarte doch von einem Fraktionsvorsitzenden einer Regierungspartei, dass er nicht mit schönen Bildern aus Kanada versucht, uns diesen Haushalt schmackhaft zu machen, sondern dass er seriöse Politik macht. Ich werde an der einen oder anderen Stelle noch darauf eingehen. Sie hatten die Möglichkeit, hier mit einem anderen Partner Politik zu gestalten, jetzt dürfen Sie nicht meckern. Entweder Sie setzen sich gegenüber dieser CDU durch oder auch Sie hissen die weiße Flagge und sagen, ich wollte, aber ich kann nicht. So einfach ist das.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei Herrn Mohring hatte man so den Eindruck, wir sind nicht im Landtag, sondern auf einem Parteitag. Es war ja eine Parteitagsrede. Übrigens, Herr Mohring, haben Sie manche Parteitagsrede, die ich vor mehr als 20 Jahren gehört habe, weit in den Schatten gestellt. Auch die damals haben unter dieser Ausblendung der Realitäten gelitten wie Sie. Derart die Realitäten in diesem Land auszublenden, ist aus meiner Sicht schon erstaunlich. Sie tun vor allem so, als wäre die Finanzkrise vom Himmel gefallen, als wären die Steuermindereinnahmen in diesem Land vom Himmel gefallen und auch als hätten Sie die 17 Mrd. € Schulden, über die wir jetzt reden, übernommen. Nein, die CDU hat die erst mal aufgebaut. Wenn ich ganz böse wäre - bin ich aber nicht -, könnte ich formulieren, Sie haben dieses Land an den finanziellen Ruin gebracht, ganz einfach.

(Beifall DIE LINKE)

Sie waren es und niemand anderes. Sie haben die Zahlen genannt: mit 47 Mrd. € Hilfen von außerhalb und 17 Mrd. € Schulden hätten auch ganz andere Leute, sogar Günter Mittag, dieses Land in blühende Landschaften verwandelt.

(Beifall DIE LINKE)

Sie wissen nicht, wer Günter Mittag ist?

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Nicht wirklich.)

Doch, das wissen Sie, gut. Deswegen frage ich noch mal, denn Sie kommen ja aus einem anderen Kulturkreis.

(Unruhe DIE LINKE)

Du bist bei uns angekommen, Bodo. Du musst mich ja schon länger ertragen. Aber Sie sind ja neu, deswegen frage ich.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, die blühenden Landschaften hätten damit auch andere gestaltet, das kann die CDU nicht für sich als tatsächliche Epochenleistung verbuchen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Recht hat Herr Mohring aber auch einige Wahrheiten ausgesprochen, das muss man sagen.

(Zwischenruf Abg. Ramelow, DIE LINKE: Keine Diskriminierung.)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Sie müssen schon zuhören.)

15 Millionen Menschen in diesem Land zahlen keine Steuern, obwohl sie einer Arbeit nachgehen. Nur so, wie Sie es bewerten und welche Schlussfolgerungen Sie daraus ziehen, sind wir wieder nicht überein. Ich finde das, gemessen an dem Sozialstaat und an den Grundsätzen, die wir uns gegeben haben, höchst bedenklich, wenn von etwa 40 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 15 Millionen arbeiten gehen und nicht über 8.004 € in diesem Land verdienen.

(Zwischenruf Abg. Jung, Abg. Ramelow, DIE LINKE: Im Jahr!)

Dazu kommt noch die steuerfreie Aufwandspauschale, also reden wir mal über 10.000 € im Jahr. Das ist schon bedenklich. Hinzu kommen die 7 Millionen, die schon in den sozialen Sicherungssystemen sind. Also über 20 Millionen in diesem Land wird entweder das Recht auf Arbeit verwehrt oder sie sind im Niedriglohnbereich, so dass sie nicht mal in die Steuerprogression kommen. Das Ergebnis macht deutlich, welche sozialen Verwerfungen in diesem Land inzwischen vorhanden sind und wie selbstverständlich CDU und vor allem auch FDP damit umgehen. Das finde ich bedenklich. Da war der Sozialstaat in der alten Bundesrepublik schon mal sehr viel weiter. Wenn Herr Mohring aber dann formuliert, dass von den Steuerrechtsänderungen insbesondere untere Einkommensschichten profitiert haben, ist das eine Wahrheit. Aber, es geht ja weiter: Auch alle mittleren und höheren Einkommen profi

tieren natürlich davon, wenn der Steuerfreibetrag erhöht wird und der Eingangssteuersatz sich reduziert. Die profitieren aber in viel höherem Maße und alle Steuerrechtsänderungen in der Einkommensteuer blenden natürlich die 22 Millionen aus, die überhaupt keine Einkommensteuer bezahlen. Das ist das Problem. Wir haben ein Nachfrageproblem und Ihre Steuerrechtsänderung belebt eben diese Nachfrage in diesem Segment nicht. Aber was Sie ausblenden ist, dass auch die mittleren und höheren Einkommen von diesen Steuerrechtsänderungen profitieren. Sie haben es hier so dargestellt, als würden nur die unteren Einkommen von den Steuerrechtsänderungen im Bereich der Einkommensteuer profitieren. Das ist aus meiner Sicht verkehrt. Herr Höhn hat in das gleiche Horn geblasen und das ist noch schlimmer.

Was ich auch gut bei Herrn Mohring fand, war, dass er bei seinen steuerrechtlichen Ausführungen einen neuen Schwerpunkt gesetzt hat.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wer keine Steuer zahlt, profitiert auch nicht von weiteren Änderungen.)

Er hat nämlich formuliert, es geht gar nicht mehr so sehr um Steuerentlastungen, sondern um mehr Transparenz im Steuerrecht. Das ist schon einmal durchaus zu begrüßen. Da kann ich der CDU nur viel Spaß mit der FDP auf Bundesebene wünschen, weil das zwei völlig verschiedene Konzepte sind und es könnte auch dazu führen, dass wir bis zur nächsten Bundestagswahl gar nicht mehr so lange warten müssen. Nicht mehr die Steuersenkung steht im Fokus der CDU, sondern Steuertransparenz. Mal sehen, wie die FDP auf dieses Angebot eingeht.

Zu den blühenden Landschaften:

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Könnten Sie mal zum Thema reden?)

Ich rede zum Haushalt, Herr Höhn.

(Unruhe CDU)

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Wir sind beim Haushalt.)

Ja, eben.

Zu den blühenden Landschaften: Herr Mohring, warum verlassen Menschen Thüringen, wenn es Thüringen so gut gehen würde, wie Sie hier beschreiben?

(Unruhe CDU)

Weshalb verlassen diese Menschen jeden Tag - ich meine, bis 56 war die neueste Statistik - dieses Land? Herr Mohring, Sie haben auch hier noch problematisiert - ich will es vorsichtig formulieren, damit ich keinen Ordnungsruf bekomme. Sie haben die Bilder der Städte und Gemeinden verändert, das ist unstrittig, aber wir müssen dazu sagen, schwerpunktmäßig waren das Investitionen in Beton. Das reicht den Menschen wahrscheinlich nicht, deswegen gehen sie. Auf diese Frage und diese Herausforderung sind Sie bisher eine Antwort schuldig geblieben. Insofern gibt auch der jetzt vorliegende Haushaltsentwurf auf diese Herausforderungen bedauerlicherweise keine Antwort.

Die niedrige Steuerdeckungsquote, die der Haushalt aufweist, von jetzt wieder unter 50 Prozent, hat natürlich nicht nur etwas damit zu tun - rechnerisch zwar schon -, dass der Haushalt insgesamt gewachsen ist. Das kann die Finanzministerin auch bestätigen, das sind 600 Mio. €. Das hat aber auch etwas mit der Schwäche unserer Wirtschaft und den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Bürger in Thüringen zu tun. Auch deshalb ist unsere Steuerdeckungsquote die niedrigste in den neuen Bundesländern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Herr Mohring hat auch Konsolidierungsbedarfe benannt, aber die ausschließlich auf die Ausgabenseite beschränkt. Wir haben eben ein anderes Verständnis, wir sind davon überzeugt, die Probleme der öffentlichen Haushalte liegen nicht nur auf der Ausgabenseite, dort kann man immer darüber diskutieren, sondern sie liegen insbesondere auf der Einnahmenseite. Dazu haben Sie, Herr Mohring, bedauerlicherweise nichts gesagt.

Aus unserer Sicht ist dieser Haushalt verfassungswidrig. Dafür trägt die Landesregierung als Ganzes und die Finanzministerin im Besonderen die Verantwortung, denn er hat eine Deckungslücke von 1,1 Mrd. €. Herr Meyer ist dankenswerterweise schon darauf eingegangen. Sie haben Mittel, die eigentlich in den Vorjahren zur Reduzierung der Verschuldung eingesetzt werden sollten, in die Rücklage getan und damit jetzt das Loch gestopft und formal die Verfassungsmäßigkeit hergestellt. Wer in einer Situation, wo die Verschuldung über 15 Mrd. € liegt, Rücklagen bildet, für den wäre im privaten Bereich damit der Tatbestand der Untreue erfüllt. Das wissen Sie, da die Habenzinsen für Rücklagen viel geringer sind als die Sollzinsen für die Kredite. Ich habe ausgerechnet, dass dem Land dadurch, dass Sie Rücklagen gebildet haben, ungefähr 7 Mio. € verloren gegangen sind, anstatt damit zu tilgen. Das gehört zur Wahrheit. Deswegen hat dieser Haushaltsentwurf 2010 eine Deckungslücke, real ein strukturelles Defizit von 1,1 Mrd. € und ist damit verfassungs

widrig.