rungen zwischen dem Ministerium und den Hochschulleitungen ausverhandelt werden. Erst dieses Jahr haben wir festgestellt, was passiert, wenn Zielund Leistungsvereinbarungen an vielen Gruppen der Hochschulen vorbei verhandelt werden. Der Hochschulpakt wird nur mit Rektoren und Landesregierung verhandelt, da ist selbst das Parlament außen vor, das geht nicht mehr.
Erste Erfahrungen mit anonymisierten Bewerbungsverfahren lassen die vorsichtige Hoffnung zu, dass sich mit einem solchen Instrument strukturell benachteiligte Bewerberinnen besser durchsetzen können. Auch im Wissenschaftsbetrieb sollten Frauen davon profitieren können, ich habe vorhin angedeutet, warum das notwendig ist. Der besonders für Frauen sensible Einstieg in den Wissenschaftsbetrieb als wissenschaftliche Mitarbeiterin kann mittels eines anonymisierten Auswahlverfahrens möglicherweise eher geschlechtergerecht gestaltet werden. Und ein Vorteil, es gäbe Bewerbungsverfahren. Für Daueraufgaben braucht es Dauerstellen. Ohne eine gesicherte planbare Finanzierung von Hochschulen wird sich die Unterfinanzierung aber immer zuungunsten der Beschäftigten niederschlagen. Qualifizierungsstellen müssen für die Dauer der Qualifizierung ausfinanziert sein und dürfen nicht vorzeitig enden. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz gehört entweder auf den Prüfstand, ich bin eher der Auffassung, es gehört ganz und gar abgeschafft. Verlässliche Tenure Tracks, wie auch durch das Ministerium in einem neuen Gesetzentwurf angedacht, für die Hochschulen und ihre Mitarbeiter verlangen eine stabile Finanzierung der Hochschulen und klare Bedingungen. Ob die Assistenzprofessur ein einziges Problem klärt oder überhaupt an einem einzigen Problem ansetzt, wage ich derzeit bei der Problematik im wissenschaftlichen Mittelbau deutlich zu bezweifeln.
Liebe Abgeordnete, wenn Sie noch an den statistischen Daten zweifeln, es gibt eine Online-Umfrage der GEW unter Ihren Mitgliedern im Hochschulbereich, an denen sich über 1.200 Mitarbeiterinnen beteiligt haben. Mal drei Befunde aus dieser Umfrage: 53 Prozent derjenigen sind mit der Thüringer Hochschulpolitik unzufrieden, etwa 40 Prozent der Beschäftigten haben Teilzeitverträge, die unter 60 Prozent der normalen Arbeitszeit betragen und die Zahl derjenigen, die auf Familiengründungen verzichtet, ist sehr hoch, und das aufgrund der prekären Beschäftigung. Wer also eine legitime und seriöse Hochschul- und Wissenschaftsplanung für Thüringen im Blick hat, wer passfähige Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit den Hochschulen abschließen will, die nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden und damit zulasten von Forschung und Lehre gehen, kommt um die Regelung „Gute Arbeit in der Wissenschaft“ und die Zurückdrängung prekärer Beschäftigungsverhältnisse nicht herum.
Ich beantrage die Überweisung der Großen Anfrage zur Beratung an den Ausschuss für Bildung, Wissenschaft und Kultur.
Vielen herzlichen Dank, Frau Hennig. Als Nächster hat jetzt das Wort Abgeordneter Mario Voigt für die CDU-Fraktion.
Werte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zur Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE und Antwort der Landesregierung: Vonseiten der CDU-Fraktion danken wir recht herzlich für den umfangreichen Überblick zu den Beschäftigungsverhältnissen an den Thüringer Hochschulen. Ich glaube, es gibt ein sehr eindrückliches Bild, das in den Daten gerade geliefert wurde von Frau Hennig, wobei natürlich die Interpretationen unterschiedliche sein können. Wir sind heute eine Wissensgesellschaft, die wissensbasierten Tätigkeiten gewinnen in Deutschland weiterhin an Bedeutung. Deutschland kann im internationalen Wettbewerb nur dann bestehen, wenn Begabungen frühzeitig erkannt und gefördert werden, das heißt, wenn der wissenschaftliche Nachwuchs hervorragend ausgebildet ist und gute Karriereperspektiven hat. Das ist ja quasi die implizierte Frage, die Sie mit Ihrer großen Anfrage gestellt haben: Wie können wir im Wettbewerb um die besten Köpfe noch bessere Bedingungen schaffen für wissenschaftliche Mitarbeiter, für Studenten und natürlich auch für die Gewinnung von Professoren? Dabei sind die Herausforderungen sehr vielfältig. Einerseits der Rückgang der öffentlichen Förderung vonseiten der Europäischen Union, gleichzeitig natürlich auch schrumpfende öffentliche Haushalte und letztlich, wie man auch in der Großen Anfrage von der FDP-Fraktion beim letzten Mal feststellen durfte, auch eine sich verändernde Herausforderung durch den Schrumpfungsprozess oder Generationenwechsel in der Professorenschaft, wo wir ja fast 40 Prozent der Professoren bis zum Jahr 2020 verlieren werden.
Das heißt, diese Fragen müssen uns in Thüringen beschäftigen und letztlich um drei Punkte kreisen, nämlich Exzellenz der Köpfe, also wie schaffen wir es, noch attraktiver zu werden und langfristigere Bindung hinzubekommen für Professoren, Juniorprofessoren. Zweitens: Wie kann die Sicherung des wissenschaftlichen Nachwuches/Mittelbaus stattfinden? Drittens: Wie kann studentische Mitarbeit dabei befördert werden? Da lohnt ein Blick in die Anfrage, aber natürlich auch in Bundesstatistiken. Wir haben uns das Ganze einmal angeschaut. Frau Hennig, da Sie jetzt alles gut referiert haben, lasse ich das mal weitestgehend außen vor. Wenn wir uns anschauen, auf Bundesseite ist die Ausfinan
zierung der zweiten Förderphase des Hochschulpakts bis zum Jahr 2018 weiter mit Bundesmitteln in Höhe von rund 2,7 Mrd. € vorgesehen. Das sind insgesamt 1,7 Mrd. € mehr als bisher vereinbart. Das ist, glaube ich, ein eindeutiges Bekenntnis vonseiten der Länder und des Bundes für den Bildungsund Forschungsstandort Deutschland. Wenn wir dann reinschauen in den Bundesbericht über den wissenschaftlichen Nachwuchs, der jetzt kürzlich erst veröffentlicht wurde, wird deutlich, dass wir eine sehr vielfältige Landschaft haben zwischen Unterbrechung und Wiedereinstieg, die deutlich differenziert ist zwischen Promotions- und Postdoc-Phase. Zweitens, dass wir eine überwiegende Mehrheit der Promovierten haben, die zügig in den Beruf einsteigen, aber gleichzeitig auch einen größeren Anteil, der weiterhin an der Hochschule verbleibt. Auch dass die Situation von Frauen sich im Wissenschaftssystem deutlich verbessert hat, das gilt sowohl für den Bund als auch für Thüringen. Es ist eine begrüßenswerte und sehr gute Entwicklung. Viertens schreitet vor allen Dingen der Bereich der Internationalisierung weiter voran. Wenn wir uns anschauen, was da gerade vonseiten des Bundes entwickelt wurde, dann darf man sagen, dass über Nachwuchsgruppen, Juniorprofessoren, TenureTrack-Angebote mittlerweile 4.200 Personen mit Mitteln der Exzellenzinitiative neu rekrutiert werden konnten, davon zählen rund 90 Prozent zum wissenschaftlichen Nachwuchs. Ich denke, das ist ein begrüßenswerter Fakt, zeigt am Ende aber auch deutlich unsere Problemlagen auf, dass vielfach die Finanzierung des wissenschaftlichen Mittelbaus und des Nachwuchses durch Drittmittel passiert und dadurch sich natürlich auch die Befristung erklärt. Gleichzeitig gilt für die Zahl der Juniorprofessuren, dass wir mit Start im Jahr 2002 von 100 nun mittlerweile auf 1.230 im Jahr 2010 gekommen sind. Entgegen der häufig vorgebrachten Kritik gilt eben für Juniorprofessuren, dass wir dort auch über alle Fächergruppen hinweg Fortschritte erzielen konnten. Wenn wir bei der Juniorprofessur uns die Frage stellen, fördert sie die Mobilität und die Karrierechancen innerhalb des Hochschulsystems, dann kann man das eindeutig bejahen. Es gibt eine Untersuchung des Stifterverbandes und des HIS-Instituts, die belegt, dass zwei Drittel der befragten Juniorprofessoren nach der Promotion die Hochschule gewechselt haben und von denjenigen, die eine Juniorprofessur an ihrer Promotionshochschule übernommen haben, mittlerweile 42 Prozent diese nach zwei Jahren aufgenommen haben. Das heißt, über die, wie ich finde, richtig angestoßene Debatte des Ministeriums zu Perspektiven des wissenschaftlichen Nachwuchses müssen wir uns dann schon klug überlegen, was das auch für unsere eigenen Konsequenzen bedeutet, wenn wir über so etwas reden.
wissenschaftlich tätig sind, ungefähr 1.000 Professoren und 4.800 wissenschaftliche, künstlerische Mitarbeiter. Das ist, denke ich, eine ganz interessante und wichtige Verteilung, wenn man sich die Betreuungsrelation anschaut. Vom Statistischen Bundesamt vorgelegt, gibt es ja Hochschulen auf einen Blick. Dort hat Thüringen die beste Betreuungsrelation aller Bundesländer, 14,9 Professoren auf Studenten. Das ist deutschlandweit der Spitzenwert, der im Durchschnitt bei 17,9 liegt. Das gilt bei der Promotionsquote nicht ganz. Dort haben wir eine Promotionsquote von 0,72, der Bundesdurchschnitt ist 0,89. Das heißt also, dass wir hier durchaus noch Wege und Möglichkeiten eröffnen sollten. Die tatsächliche Schwierigkeit - auf die hat Frau Hennig auch hingewiesen - ist natürlich die Frage der definitiv zu zahlreich befristeten Beschäftigungsverhältnisse. Ich will klar sagen, man wird natürlich immer auf befristete Beschäftigungsverhältnisse an den Hochschulen treffen. Das liegt in der Natur der Sache, weil natürlich die Wissenschaftler für einen bestimmten Zeitpunkt sich vornehmen, eine Promotion oder eine weiterführende Arbeit zu betreuen. Trotzdem muss man natürlich immer das Verhältnis sehen. Hier glauben wir, dass vor allen Dingen die sehr kurzen Befristungszeiträume von uns in den Blick zu nehmen sind. Wenn sie teilweise unter einem Jahr liegen, ist das natürlich etwas, was keine richtige Planbarkeit zulässt. Hier muss man sich in aller Offenheit natürlich die Finanzierungsströme der Beschäftigungen vor Augen führen. Dort ist es so, dass ein Großteil über Projektstellen oder Qualifizierungsstellen für Nachwuchswissenschaftler stattfindet. Das ist letztlich etwas, was es zu diskutieren gilt, aber auf der einen Seite die Chance bietet, dass mehr wissenschaftliche Mitarbeiter qualifiziert werden können, gleichzeitig aber natürlich solche Drittmittelprojekte auch nur eine gewisse Laufzeit haben. Also diese eingeschränkte Planungssicherheit ist etwas, was in einer groß angelegten Studie des Stifterverbandes und HIS 2013 festgestellt wurde. Dort ist unter anderem aufgearbeitet worden, dass die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an den Hochschulen zu knapp zwei Dritteln auf Grundmitteln, aber jeder dritte Euro wird in Form von Drittmitteln eingeworben. Wenn man sich diese Drittmittelfinanzierung mal über den Langzeitverlauf anschaut, dann muss man feststellen, dass in den vergangenen Jahren diese stärker gestiegen ist als die Grundfinanzierung. Da bin ich ganz froh, dass der Bund jetzt beschlossen hat, dass wir erstens mehr über die HSP-2020-Mittel bekommen, weil es da natürlich Möglichkeiten gibt, das Ganze auch aufzustocken im Grundmittelbereich, und gleichzeitig haben wir natürlich auch Entlastungen durch die Klärung bei den Entflechtungsmitteln, 30 Mio. €. Das ist etwas, was wir da auch investieren könnten.
Wenn wir uns jetzt anschauen, spielen die Drittmittel gerade im Bereich der Exzellenzinitiative eine
Eingeschränkte Planbarkeit, hohe Personalfluktuation und geringe Strategiefähigkeit ist eine Fragestellung, mit der wir uns intensiv auseinandersetzen müssen. Die Rahmenbedingungen, die für das wissenschaftliche Personal gesetzt werden, werden momentan im Bund über die Frage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes auch diskutiert. Insofern ist das eine Diskussion, an der wir uns sicherlich auch im Ausschuss lebhaft beteiligen sollten, genauso auch wie an der Fragestellung, wie Personalentwicklungskonzepte in den Hochschulen schon existieren bzw. besser gefördert werden können. Ich glaube, dort ist halt ein Punkt, der meiner Meinung nach noch eine deutlich stärkere Berücksichtigung finden sollte. Ebenso auch Fragestellungen, die auf europäischem Niveau existieren wie human ressources excellence in research, wo wir Zertifizierungen haben oder Gütesiegel, die in vielen Ländern genutzt werden, nur in Deutschland eben nicht. Also solche Aspekte sollten in einer Ausschussdiskussion, die ich hiermit beantragen möchte für den Ausschuss Bildung, Wissenschaft und Kultur, eine Rolle spielen.
In der Tat ist es eine Frage auch der Finanzierung und der Mittelausstattung, es ist aber gleichzeitig auch eine existenzielle Frage, wie wir unseren Hochschulraum verstehen, nämlich in welcher Form von wissenschaftlichen Perspektiven wollen wir junge Nachwuchswissenschaftler fördern, wie wollen wir sie binden. Ich glaube, da gibt es genügend Anknüpfungspunkte. Ich würde mich über eine Debatte freuen. Wir haben letztlich ja auch mit unserer Ausschusstagung in Dresden gelernt, dass die Technische Universität in Dresden mit ihrem Open Tenure Track einen Weg geht, der zumindest auch in Thüringen mal eine Aufmerksamkeit erfahren sollte. Ich glaube, das wird eine spannende Debatte, deswegen will ich heute auch die Aufmerksamkeit nicht länger strapazieren. Schönen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE und die Antwort der Landesregierung gibt einen detailreichen Einblick in die Beschäftigungsstrukturen unserer Hochschulen. Der Detailreichtum und die vielen einzelnen Tabellen, die da zu sehen sind und die auszuwerten sind, beispielsweise die Sortierung der Fächer nach Einzelhochschulen, machen die Auswertung natürlich nicht
ganz leicht. Da die Hochschulen in Thüringen sehr vielgestaltig sind und wir die Zahlen nicht mit ähnlichen Hochschulen in anderen Ländern vergleichen können, fällt auch die Einordnung schwer.
Uns liegen hiermit aber Zahlen vor, die in ihrer Gesamtschau sicherlich durchaus erwartbar sind, im Einzelfall mitunter aber auch überraschen. Dass Frauen in der Professorenschaft extrem unterrepräsentiert sind, war bekannt und wird seit einiger Zeit von den Hochschulen selbst beklagt. Da Lehrstühle im Normalfall über einen sehr langen Zeitraum besetzt sind, kann ein Wandel natürlich nicht von heute auf morgen geschehen. Auch in unserer Großen Anfrage Berufsakademien, Hochschulen und Hochschulentwicklung in Thüringen ergab sich, dass in den nächsten Jahren etwa 40 Prozent der an den Hochschulen beschäftigten Hochschullehrer altersbedingt die Hochschule verlassen werden. Das ist eine Herausforderung für die Hochschulen, aber, wie ich finde, auch eine Chance, und zwar nicht nur zur Profilschärfung, sondern auch zur Erhöhung des Professorinnenanteils.
Bei den verbeamteten Vollzeitstellen liegt der Frauenanteil des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals bei unter 17 Prozent laut Antwort der Landesregierung. Bei den befristeten verbeamteten Vollzeitstellen sind aber immerhin schon über 26 Prozent Frauen. Da ich annehme, dass dort zum Großteil Juniorprofessorinnen subsumiert sind, scheint sich da durchaus etwas in das Positive zu bewegen.
Der erste Teil der Fragen macht deutlich, dass die Fraktion DIE LINKE hier versucht, dem Phänomen der kleinen befristeten Stellen auf die Spur zu kommen. Da sind Beschäftigungsverhältnisse, die von vielen - nicht von allen - Betroffenen als sehr problematisch angesehen werden. Hochschulen brauchen ein gewisses Maß an Flexibilität bei den Nachwuchsstellen, das steht außer Frage. Es darf aber auch nicht überhandnehmen. Die DFG sieht mittlerweile für Promovierende auf Projektstellen mindestens halbe Stellen vor und eine ganze Reihe von anderen Drittmittelgebern haben nachgezogen. Die Wissenschaftsorganisationen und die Hochschulen haben durchaus bemerkt, dass auch Nachwuchswissenschaftler attraktivere Arbeitsbedingungen brauchen.
Befristungen für Promotionsstellen, in denen beim besten Willen eine Dissertation nicht angefertigt werden kann, gehören nicht dazu. Gleichzeitig müssen aber auch Befristungen möglich sein, mit denen der Promovend noch drei Monate finanzieren kann, weil er oder sie doch noch etwas länger Zeit braucht.
hingewiesen, dass die Nachwuchswissenschaftler früher Bescheid wissen müssen, ob ihre akademische Karriere zu einer Vollzeitstelle und im besten Fall zu einem Lehrstuhl führen kann oder ob sie lieber anderweitig planen sollten.
Das unsichere Hangeln von Stelle zu Stelle, von Projekt zu Projekt passiert im Moment deutlich zu häufig und ist natürlich für die jungen, gut ausgebildeten Leute wenig erstrebenswert, weil die Perspektive für das persönliche Leben einfach nicht klar ist. Wenig überraschend ist sicherlich, dass es in den Fachgebieten relativ viele Teilzeitbefristungen gibt, wo es auch viele wissenschaftliche Mitarbeiter auf Vollzeit- und unbefristeten Stellen gibt. Der Großteil davon dürften Naturwissenschaftler sein. Die knappe Mehrheit der befristeten Teilzeitstellen, nämlich 52 Prozent, war laut Antwort der Landesregierung in Thüringen von Männern besetzt. Wenn man aber ins Verhältnis setzt, dass lediglich 35 Prozent des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals weiblich sind, dann sieht man auch, dass Frauen auf diesen potenziell problematischen Stellen überrepräsentiert sind. Da sieht es bei den in der letzten Zeit häufiger kritisierten Drittmittelstellen übrigens besser aus. Dort beträgt der Anteil der weiblichen Drittmittelbeschäftigten rund 37 Prozent und 45 Prozent der Drittmittelbeschäftigten auf befristeten Teilzeitstellen sind Frauen. Interessant sind die Zahlen der Drittmitteleinwerbungen der unterschiedlichen Beschäftigungsarten. Nicht überraschend ist für uns, dass der Großteil der Drittmittel von Männern eingeworben werden, die auch den Großteil des Personals stellen, das üblicherweise Drittmittel beantragt. In einigen Fächern an einzelnen Hochschulen schneiden dann aber doch die Frauen gut ab, leider sind die Fächer zu unterschiedlich und die Fallzahlen häufig sehr klein, so dass der Erkenntniswert für uns an dieser Stelle begrenzt scheint.
Zum Schluss möchte ich noch etwas zu den Lehrbeauftragten und den Honorarkräften sagen, die ja auch einen sehr großen Teil der Anfrage einnehmen. Die Lehrbeauftragten für besondere Aufgaben und die Honorarkräfte sind durchaus eine sehr wichtige Ergänzung im Hochschulleben.
Berufsnahe Studiengänge können so mit Praxiswerten und mit Praxiswissen bereichert werden. Außerdem kann für Bedarfsspitzen natürlich auch nicht jedes Mal eine komplett neue Stelle geschaffen werden, aber auch hier kommt es natürlich auf das richtige Maß an.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass 11 Prozent der Arbeitsstunden in der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät von Lehrbeauftragten
erledigt werden, sorgt bei mir durchaus für Bauchschmerzen, zumal es sich dabei häufig nicht einmal um Lehrer im Schuldienst handelt, sondern um frische Absolventen. Das heißt, die Vergütungen für Lehrbeauftragte und für Hochschulabsolventen für besondere Aufgaben an Thüringer Hochschulen sind für eine Einzelstunde bei etwa 16 € angesetzt und beginnen teilweise bei Lehrbeauftragten mit Lehraufgaben eines Professors, dann liegen sie etwa bei 40 € pro Stunde und übersteigen diese nicht. Wenn man sich überlegt, dass die Lehrbeauftragten einen Großteil des Lehrauftrages erledigen, Arbeiten machen und Tätigkeiten, die ein Professor machen würde und machen müsste, wenn er denn da wäre, und das ist ja nun nicht nur die eigentliche Lehrtätigkeit, sondern natürlich auch die Vor- und Nachbereitung, dann sehe ich angesichts der Anforderung, die wir ja auch an die Qualität von Lehrveranstaltungen stellen, hier doch zumindest einen kritischen Ansatz, wenn es um die Honorierung dieser Leute geht. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit, vielen Dank, schließe mich dem Ansinnen an, dass wir im Ausschuss über diese Große Anfrage noch einmal reden, denn es sind tatsächlich ja wirklich sehr viele statistische Materialien und Daten, die hier zusammengefasst wurden und zur Verfügung gestellt werden. Also, wir werden große, breite Möglichkeiten haben, darüber zu diskutieren. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte mich zunächst ausdrücklich für diese ausführliche Große Anfrage bedanken, und zwar zum einen für die ausführlichen Antworten, zum anderen aber auch für die Initiative der LINKEN, also Ehre, wem Ehre gebührt, vielen Dank an die Fraktion DIE LINKE an dieser Stelle. Gleichzeitig - es ist hier schon mehrfach angedeutet worden - denke ich, sollten wir die Details dieser Anfrage im Ausschuss fortberaten. Trotzdem möchte ich zu einem Punkt, der auch bundesweit zunehmend für Diskussionen und Interesse sorgt, Stellung nehmen. Es geht dabei um die Frage des akademischen Mittelbaus.
Mitte April ist der Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs 2013 erschienen und der hat für Deutschland folgendes, meines Erachtens bedenkliches Bild gezeichnet: Wissenschaftliche Mitarbeiter an deutschen Universitäten sind zu 90 Prozent im Basisjahr 2010 in befristeten Beschäftigungsverhältnissen angestellt gewesen, 90 Prozent. Zehn Jahre vorher, im Jahr 2000, waren es noch 79 Prozent, das ist also ein deutlicher Anstieg, und
das Ergebnis kann uns alles andere als zufriedenstellen aus meiner Sicht. Gleichzeitig ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigten zwischen 2000 und 2010 von 38 auf 45 Prozent gestiegen und der Anteil der Drittmittelbeschäftigten im selben Zeitraum von 36 Prozent auf 43 Prozent. Diese Trias aus befristeten Beschäftigungsverhältnissen, aus Teilzeitarbeit und unsicheren Drittmittelstellen macht sich negativ bemerkbar, was die Planbarkeit von Karrieren, was die berufliche Kontinuität angeht und was auch die eigene Berufsperspektive angeht. Deswegen sind die Autoren dieser Studie zu dem Schluss gekommen, dass die Sorge um die Attraktivität des wissenschaftlichen Berufsweges wächst. Ein weiterer Blick in den Bundesbericht zeigt, dass die inzwischen etablierte Personalstruktur an deutschen Universitäten im internationalen Vergleich absolut unüblich ist. Während in Deutschland 85 Prozent des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals in den beschriebenen unsicheren Beschäftigungsverhältnissen arbeiten, sind es in Frankreich nur 36 Prozent, in Großbritannien 35 Prozent und in den USA sogar nur 15 Prozent. Im Gegenzug ist in diesen drei Ländern die Personalebene des junior staff, etwa vergleichbar mit der deutschen Juniorprofessur, weit stärker ausgebaut als in der Bundesrepublik. Die erwähnte Juniorprofessur kommt dabei auf lediglich 2 Prozent der wissenschaftlich Beschäftigten, in Frankreich sind die etwa vergleichbaren Maître de conférence bei 40 Prozent angesiedelt, in Großbritannien liegt die Quote der Lecturer bei 22 Prozent, in den USA liegt die der Assistant Professor bei 24 Prozent. Was bedeutet das? Deutschland geht einen absoluten Sonderweg, wenn es den allergrößten Teil seines hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals mit befristeten Anstellungsverträgen und bei Einkommen, die im Vergleich mit der Privatwirtschaft relativ niedrig sind, arbeiten lässt.
Das wird dann noch untermauert, wenn man sich eine Mitte April vorgestellte Studie der Hochschulrektorenkonferenz mit dem Titel „Wandel von Lehre und Studium an deutschen Hochschulen“ anschaut. Hier zeigt es sich, welche Auswirkungen diese Personalstruktur auf die Arbeit an den Hochschulen hat. Die Mehrheit unserer wissenschaftlichen Mitarbeiter, so zeigt sich, ist mit ihrer eigenen Beschäftigungssituation, mit der Sicherheit, mit den Aufstiegsmöglichkeiten und mit ihrem Einkommen unzufrieden. Dies umso mehr, als mit den ohnehin schon befristeten Beschäftigungsverhältnissen offenbar auch noch ein hohes Maß stillschweigend abverlangter unvergüteter Mehrarbeit verbunden ist. Laut Hochschulrektorenkonferenzstudie arbeitet ein Angestellter des wissenschaftlichen Mittelbaus an den Universitäten durchschnittlich 48 Stunden pro Woche, wenn er denn vollzeitbeschäftigt ist. Wenn er nur eine halbe Stelle hat, arbeitet er zwischen 33 und 36 Wochenstunden. Und das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, dass
man also mit einer halben Stelle eigentlich erwartungsgemäß eine volle Stelle Arbeitszeit abliefert.
Die Unattraktivität solcher Beschäftigungsverhältnisse führt nicht nur zu einem im internationalen Vergleich ungewöhnlich starken Brain Drain wissenschaftlichen Personals von den Universitäten in die Privatwirtschaft, sondern auch zu einer hohen Personalfluktuation an den Universitäten selbst, mit all den Folgen, die das für die Kontinuität von wissenschaftlicher Arbeit, von Sicherung des Nachwuchses mit Sicherung des Niveaus der Lehre mit sich bringt. Soweit also der Problemaufriss, was die Bundesebene anbelangt.
Wie sieht es denn nun in Thüringen aus? Aus der Beantwortung der Großen Anfrage ergeben sich folgende Befunde: Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter stellen 81 Prozent des hauptberuflich tätigen wissenschaftlichen Personals der Hochschulen - zur Erinnerung, bundesweit 85 Prozent und 69 Prozent dieser Mittelbau-Beschäftigten arbeiten in Zeitverträgen, 46 Prozent in Teilzeit und 37 Prozent haben eine drittmittelfinanzierte Stelle. Damit bewegt sich Thüringen außer beim Anteil befristeter Anstellungen in etwa im Bundestrend, der ist in Thüringen deutlich niedriger als im Bundesdurchschnitt.
Ebenfalls deutlich anders als im bundesweiten Vergleich verhält es sich in Thüringen im Hinblick auf die Erstbefristung von an den Hochschulen angestellten Promovierenden. Erstbefristungen mit einer Zeitdauer von weniger als einem Jahr gibt es in größerem Umfang nur an einzelnen Fakultäten der FSU Jena. Hier scheint es sich also weniger um einen flächendeckenden Missstand als um gewachsene Kulturen oder besser Unkulturen einzelner Fachbereiche zu handeln. Ich hoffe, dass in diesen Fällen die HRK-Richtlinien für die Ausgestaltung befristeter Beschäftigungsverhältnisse, die ja jetzt auch in den Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit Thüringer Hochschulen verankert worden sind, für schnelle Abhilfe sorgen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Tatsache, dass wir mit den Thüringer Zahlen etwa im Bundesdurchschnitt liegen, bieten keinen Anlass, uns ruhig zurückzulehnen. Ganz im Gegenteil, es muss politisch gehandelt werden, um die ungebremste Zunahme unsicherer, materiell unbefriedigender und einer kontinuierlichen Arbeit an Hochschulen entgegenstehenden Beschäftigung im akademischen Mittelbau zu stoppen und zu einer ausgewogeneren Personalstruktur im Hochschulbereich zu kommen. Dabei müssen wir zum einen auf der Bundesebene agieren, zum anderen aber auch die Aufgaben erledigen, die in der Landeskompetenz liegen.
Das Agieren auf der Bundesebene betrifft etwa eine Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Dieses Bundesgesetz ist 2011 im Auftrag des Bundesministeriums von der HIS evaluiert worden - der Kollege hat es vorhin schon angesprochen -, die Evaluationsergebnisse decken sich mit den Resultaten der von mir eingangs erwähnten aktuellen Studien: ein hoher, im internationalen Maßstab viel zu hoher Anteil an befristeten Beschäftigungsverhältnissen im Mittelbau, viel zu viele Befristungen mit sehr kurzen Laufzeiten von unter einem Jahr, eine hohe Quote von sachlich offenbar unbegründeten Drittmittelbefristungen und aus all dem resultierend eine große Unzufriedenheit der betroffenen Mitarbeiter im Hinblick auf Arbeitsplatzsicherheit, Lebens- und Familienplanung oder Karrieremöglichkeiten sowie eine hohe Fluktuation im Bereich des wissenschaftlichen Hochschulpersonals.
Auf der Basis dieser Befunde haben einige Bundesländer im April eine Bundesratsinitiative mit dem Ziel gestartet, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz umfassend zu reformieren. Dabei geht es insbesondere darum, die Tarifsperre für das Befristungsrecht im Wissenschaftsbereich zu streichen, Mindestlaufzeiten für befristete Beschäftigungsverhältnisse zu verankern, die Betreuung von an den Hochschulen angestellten Promovierenden zu verbessern und die Voraussetzungen für Drittmittelbefristungen deutlich enger zu fassen. Ich hoffe, dass diese vernünftige Initiative im Bundesrat eine breite Mehrheit findet und auch noch den Bundestag vor den Wahlen erreicht.
Die Thüringer Landesregierung hat sich jedenfalls zu diesem Gesetzentwurf im Bundesrat grundsätzlich positiv positioniert. Zu dem, was wir als Land selbst regeln können, hat das Bildungsministerium den Entwurf einer Novellierung der Hochschulgesetzgebung erarbeitet. Dabei geht es unter anderem um die dringend notwendige Stärkung der Personalebene des junior staff durch Einführung einer Assistenzprofessur und dadurch erleichterte Möglichkeiten zur Berufung von Juniorprofessoren. Ich weiß, dass unser Koalitionspartner diesen beiden Neuregelungen noch etwas kritisch gegenübersteht, aber gerade der internationale Vergleich - ich habe die Zahlen vorhin ja vorgetragen - zeigt, dass wir hier dringenden Änderungsbedarf haben, um schrittweise zu einer Neujustierung der Personalstruktur im Sinne einer Ausweitung langfristig sicherer, vernünftig bezahlter und Aufstiegsmöglichkeiten bietender Beschäftigungsverhältnisse zu kommen. Das ist nicht nur im Interesse des Mittelbaus, sondern auch zur Sicherung einer kontinuierlichen Arbeit der Hochschulen, insbesondere im Bereich Lehre, von hoher Bedeutung.