Protokoll der Sitzung vom 20.03.2014

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das wird nichts.)

Wir wollen im Sinn der kommunalen Selbstverwaltung eine kommunikative Lösungskompetenz vor

Ort für mehr Innovation, Transparenz, Bürgernähe und Effizienz im Verwaltungsablauf. Gesetze, Verordnungen und Satzungen müssen von vornherein so gestaltet sein, dass sie vor Ort verstanden und von den Menschen auch umgesetzt werden können. Wir brauchen kein Konkurrenzverhältnis zwischen Petitionsausschuss und Bürgerbeauftragten und halten dahin gehend das Amt des Bürgerbeauftragten für entbehrlich.

(Beifall FDP)

Die FDP-Fraktion wird deshalb den vorliegenden Gesetzentwurf ablehnen.

(Beifall FDP)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Kanis das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, heute beraten wir abschließend über den Gesetzentwurf zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Thüringer Bürgerbeauftragten der Fraktion DIE LINKE und es steht eigentlich die Abschaffung heute überhaupt nicht zur Debatte. Fast zeitgleich mit unserer Debatte hier hat der Bürgerbeauftragte seinen Tätigkeitsbericht für 2013 der Öffentlichkeit vorgestellt.

Liebe Kollegen der Linken, ich glaube, wir haben da eine ganz unterschiedliche Wahrnehmung, denn für mich heißt es, verkürzt dargestellt, Ihr Entwurf hat sinnvolle Elemente, ist im Ganzen aber nicht zustimmungsfähig, weil er insgesamt viel zu weit geht. Das ist meine Quintessenz aus den Pressemitteilungen des Bürgerbeauftragten.

Doch zuerst noch einmal zum Verfahren und zum Gesetzentwurf: Wir haben den Gesetzentwurf an den Petitions- und an den Justizausschuss überwiesen. Es gab im Prinzip eine klare Beschlussvorlage und - um es vorwegzunehmen - dieser werden wir heute auch zustimmen.

Was sich nach der Sichtung der Stellungnahmen zur durchgeführten Anhörung ergeben hat, möchte ich eingehend auf einzelne Schwerpunkte hier noch mal darstellen. Für mich war klar, jedes Bundesland, welches einen Bürgerbeauftragten hat, setzt in dessen Arbeitsauftrag ganz unterschiedliche Schwerpunkte und die sind eigentlich in keiner Art und Weise vergleichbar. Der Paritätische begrüßte zwar die Stärkung und Verbesserung der Arbeitsbedingungen - wir haben es schon gehört -, aber möchte keinerlei Parallelstrukturen insbesondere zum Petitionsausschuss herstellen und dies möchte ich auch nicht. Natürlich würde er eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit begrüßen. Ich denke, Herr Herzberg wird die Anregung zur verstärkten Zu

sammenarbeit mit dem Paritätischen sicher gern aufnehmen.

Bei der Stellungnahme von „Mehr Demokratie in Thüringen“ hat sich gezeigt, dass sich diese eine Erweiterung auf die Funktion eines Demokratiebeauftragten wünschen, worauf ich später noch zu sprechen komme, und natürlich begrüßten sie weite Teile des Entwurfs.

Für meine Fraktion waren die Stellungnahmen des Thüringer Landkreistages und des Gemeinde- und Städtebundes aber von ganz großer Bedeutung. Beide lehnten den Gesetzentwurf in Gänze ab, weil er tiefgehend in kommunale Belange und die verfassungsrechtlich verbriefte Kommunalautonomie eingreift. Das sehen wir als SPD genauso und für uns ist es nicht haltlos und unbegründet.

Nun noch mal meine Stellungnahme zu einzelnen Teilen des Gesetzentwurfs. In § 1 wird eine sehr starke Aufgabenerweiterung vorgenommen. Zum Beispiel soll der Bürgerbeauftragte darüber wachen, dass die Verwaltung bürgernah und betroffenenfreundlich arbeitet.

(Beifall DIE LINKE)

Wie wird denn „bürgernah“ und „betroffenenfreundlich“ definiert und wie soll dieses Überwachen ganz konkret aussehen?

Ein eigenes Vorschlagsrecht für Gesetze, Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften soll dem Bürgerbeauftragten nach Ihrem Gesetzentwurf eingeräumt werden. Er soll auch auf eigene Veranlassung Stellungnahmen zu bürgernaher Verwaltung abgeben.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Frage ist aber: Wo werden diese dann behandelt, diskutiert oder berücksichtigt, um nur einige Beispiele dafür zu nennen, dass der Gesetzentwurf meiner Fraktion viel zu weit geht.

Ein weiterer Hauptkritikpunkt ist in § 3 die Erhöhung der Besoldung von B 3 auf B 6. Auch dies tragen wir so nicht mit.

In § 5 ist meiner Meinung nach der Absatz 3 zum Umgang mit den Straf- und Untersuchungsgefangenen - auch das wurde von der Kollegin der FDP schon angesprochen - sowie sonstigen Personen in einem Verwahrungsverhältnis entbehrlich. Dafür haben wir die Strafvollzugskommission und den Petitionsausschuss. Ich glaube nicht, dass diese Kompetenzen noch auf den Bürgerbeauftragten ausgeweitet werden müssen. Die Regelung des § 2 des geltenden Gesetzes halte ich hier für weitreichender und völlig ausreichend.

Die Ausweitung der Befugnisse in § 6 ist bei dem jetzigen Aufgabenbereich und dem jetzigen Personalbestand unzumutbar und eigentlich auch unnötig, insbesondere die Durchführung von Anhörun

(Abg. Sparmberg)

gen, die deutlich ausgeweiteten Auskunfts-, Einsichts- und Zutrittsrechte, ja sogar das Beanstandungsrecht, was meine Kollegen der CDU mittragen, aber wir als SPD in dem Sinne nicht. Die daraus folgende Fristsetzung zur Mängelbeseitigung sehen wir ebenfalls kritisch.

Ich halte das alles für eher unangemessen und mir erschließt sich durch diese Befugniserweiterung nicht, wie Verwaltung offener, verständlicher, bürgerfreundlicher gemacht werden soll. Ich sehe hier auch vielmehr den Versuch, das Amt des Bürgerbeauftragten zu einer Art weiteren staatlichen Gewalt neben Legislative, Exekutive und Judikative aufzuwerten und erheblich in die Kommunalautonomie einzugreifen.

Als Koalitionsfraktion haben wir schon bei der Einbringung des Gesetzes deutlich gemacht, dass dieser Gesetzentwurf von uns so nicht angenommen werden kann. Trotzdem haben wir uns das geltende Gesetz und die eingegangenen Stellungnahmen sehr intensiv angeschaut. Es tut mir ja sehr leid, wenn wir nicht überall öffentlich verkünden, wie oft wir zum Gesetzentwurf beraten oder uns inhaltlich mit unseren Bereichen auseinandersetzen. Vielleicht ist die Wahrnehmung wirklich so, dass wir wochenlang in keiner Art und Weise tätig gewesen sind, aber hinter den Kulissen läuft so das eine oder andere, was vielleicht von den Oppositionsfraktionen nicht wahrgenommen wird.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Was läuft denn da?)

(Zwischenruf Abg. Berninger, DIE LINKE: Das ist ja kein Wunder, wenn Sie sich verstecken.)

Ich glaube nicht, dass unsere Sitzungen öffentlich bekannt gemacht werden müssen, wenn wir uns inhaltlich mit Vorhaben auseinandersetzen.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Das sind Ihre Freunde von morgen.)

Ich suche mir meine Freunde selbst aus, möchte ich mal ganz klar festlegen

(Beifall SPD)

und brauche da auch keinen Hinweis; ich bin schon über 18. Im Koalitionsvertrag hatten wir vereinbart, das Thüringer Gesetz über den Bürgerbeauftragten zu novellieren und eine Erweiterung um die Funktion eines Demokratiebeauftragten aufzunehmen. Mein Kollege Heym hat es schon vorgetragen. Wir brauchen dafür auch nicht das Verständnis der FDP. Das ist für uns nicht Voraussetzung, um uns mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

(Zwischenruf Abg. Bergner, FDP: Das kann ich Ihnen auch nicht versprechen.)

Wir hatten im Ausschuss darum gebeten, uns Zeit zu lassen, mussten aber feststellen, wie mein Kolle

ge schon dargestellt hat, dass unsere gegenseitigen Vorschläge in den Fraktionen keine Mehrheit gefunden haben. Unsere Vorstellungen von der Novellierung gingen im Inhalt zu weit auseinander. Für meine Fraktion wäre die Ausweitung um die Funktion des Demokratiebeauftragten mit den inhaltlichen Aspekten verbunden. Sie zeugen in meinen Augen auf gar keinen Fall von Verzweiflung, zum Beispiel die Beratung zu Möglichkeiten, Voraussetzungen, Gestaltung und Durchführung von Einwohneranträgen, Bürgerbegehren, Bürgerentscheidungen, Bürgeranträgen, Volksbegehren und Volksentscheiden. Dazu zählt auch die Förderung des Austausches und der Vernetzung von Bürgervereinen und Verbänden. Auch die Begleitung von Modellvorhaben zur Entwicklung plebiszitärer Elemente einer repräsentativen Demokratie hätten wir uns gut vorstellen können. Wir haben keinen eigenen Gesetzentwurf, sind aber der Meinung, dass das Gesetz, was wir im Moment haben, praktikabel ist und sich in der Praxis bewährt hat. In der neuen Legislatur besteht vielleicht die Möglichkeit der Erweiterung um die Funktion eines Demokratiebeauftragten. Bis dahin kann der Bürgerbeauftragte seine Arbeit im Interesse der Bürger nach dem geltenden Gesetz fortsetzen und dabei wünschen wir ihm viel Erfolg.

(Beifall CDU, SPD)

Danke schön. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Abgeordnete Schubert.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, ich muss Herrn Heym und Frau Kanis fast dankbar sein, dass sie uns Einblick haben nehmen lassen in das, was da hinter den Kulissen gelaufen ist.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Wetzel, CDU: Keine Ver- schwörungstheorien.)

Die Ansätze, die beide vorgetragen haben, sind ja durchaus so, dass man sagt, da hätte man sich irgendwie verständigen müssen oder können, wenn wir in der Verlegenheit gewesen wären, sicherlich auch in unserer Fraktion, aber das steht im Moment nicht zur Debatte. Aber Frau Kanis macht mich schon stutzig, wenn sie dann zuletzt sagt, eigentlich hat sich das ja alles bewährt. Insofern nehme ich Ihnen dann die Ernsthaftigkeit oder die Überzeugung, dass wir was anders machen müssen und das möglichst schnell, nicht ab, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Kanis)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Fraktion DIE LINKE hat in der Begründung zu diesem Gesetzentwurf gesagt, dass der sich von 2007 nicht unterscheidet. Das finde ich schon schade, dass Sie sozusagen auch die Hinweise damals - man kann ja mal in die Protokolle von 2007 schauen, das habe ich getan, als genau dieser Gesetzentwurf im Plenum beraten wurde, da waren wir noch nicht dabei - zum Anlass nehmen, den neu zu machen, denn er schießt über das Ziel hinaus. Wir werden uns enthalten und ich werde das begründen.

Sie haben das beim Petitionsgesetz anders gemacht. Da gab es ein Gutachten vom Landtag und Sie haben das zum Anlass genommen, den so zu machen, dass der sehr viel zustimmungsfähiger war. Am Ende wissen wir alle, hat die Koalition nicht den Mumm gehabt sich mit uns zu einigen, sondern hat einen Alternativantrag gemacht. Aber dass wir jetzt über das Pumpspeicherkraftwerk in Anhörung diskutieren, dass wir über das Problem von Diabeteskindern diskutieren, das ist der Verdienst der Fraktion DIE LINKE und das möchte ich an dieser Stelle auch mal sagen. Da waren Sie hartnäckig. Vielen Dank dafür.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Sie schreiben auch in der Begründung, sehr verehrte Fraktion DIE LINKE, dass es nicht sein darf, dass alle Petitionen zentral beim Bürgerbeauftragten eingehen sollen. Das würde die Funktion des Petitionsausschusses entwerten und würde das in der Verfassung des Freistaats Thüringen verankerte Petitionsrecht entwerten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, schauen Sie sich Artikel 14 der Verfassung an: „Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit (...) Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Da steht nichts davon, dass das der Petitionsausschuss sein muss, sondern die zuständigen Stellen. Ich behaupte, dem Petenten ist das ziemlich egal, wer zuständig ist. Die Petenten wollen einfach,

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)