Protokoll der Sitzung vom 21.03.2014

Genau, deshalb lasse ich es auch weg.

Daran lässt Ihr Antrag keinen Zweifel, Ihr Gesetzentwurf, und das ist auch völlig unstrittig. Nach Berichten der EU-Kommission werden gerade durch Bestechung der Wirtschaft in der Europäischen Kommission pro Jahr etwa 100 Mrd. € veruntreut. Das ist natürlich eine Zahl, die aufhorchen lässt.

(Abg. Kellner)

Mein Kollege Herr Bergner möchte aber - das mache ich jetzt an seiner Stelle - nicht verhehlen, dass er schon in der Beratung - und das wissen die Kollegen des Ausschusses besser als ich - diesem Gesetzentwurf doch aus verschiedenen Gründen ziemlich skeptisch gegenübergestanden hat. Besonders die Gestaltung des Gesetzentwurfs hat ihn skeptisch gemacht. Durch die Ausschussbehandlung und die Stellungnahmen der Anzuhörenden wurde ganz deutlich, dass seine Skepsis berechtigt war. 11 von 15 Anzuhörenden haben diesen Gesetzentwurf abgelehnt und auch die Stellungnahmen waren durchaus und überwiegend ablehnend und kritisch. Herr Kellner hat bereits darauf hingewiesen, dass es natürlich Kontrollorgane gibt, die wir benutzen können und die gerade im Bereich der Vergabe bei Kommunen sehr aufmerksam sind. Das sind nämlich die Rechnungsprüfungsämter, die ganz genau hinsehen, was gemacht wird. Der Gesetzentwurf hat nach unserer Meinung mehrere gravierende Fehler. Genau wie im Übrigen auch der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE zu den Nebeneinkünften atmet auch dieser Gesetzentwurf unseres Erachtens einen Geist des immanenten Misstrauens gegenüber den Menschen in unserem Land und dem Geist des unkontrollierten und überzogenen Kontrollwahns.

(Beifall FDP)

Eine Norm soll hier besonders herausgestellt werden, das ist der § 13 Abs. 4, in dem ein sogenanntes Transparenzregister verankert ist. Die Fraktion DIE LINKE will hier tatsächlich alle Informationen über Organisationen haben - alle. Ich frage mich, was gehen uns eigentlich die finanziellen Verhältnisse von privaten und juristischen Personen an oder das finanzielle Volumen der Aufträge? Was gehen uns Informationen über dort tätige Personen an? Ich frage mich, was Sie mit diesen ganzen Informationen eigentlich erreichen wollen, was machen Sie mit diesen Informationen?

(Beifall FDP)

(Zwischenruf Abg. Barth, FDP: Gute Frage.)

Unserer Meinung nach hat das nichts mit Transparenz zu tun. Es ist Schikane und Abschreckung, mehr sehen wir dahinter nicht.

(Beifall FDP)

Wie ich finde, ist das auch eine Renaissance. Genau das, was hier steht und dieses Misstrauen in sich, das hatten wir alles schon mal vor 25 Jahren.

(Beifall FDP)

(Unruhe DIE LINKE)

(Zwischenruf Abg. Koppe, FDP: Das stimmt. Ja.)

Ich hoffe nicht, dass es wieder dazu kommt. Aber wir haben Bedenken, dass die Kollegen der SPD

da fleißig mithelfen wollen. Das würde uns sehr traurig stimmen.

Weiterhin verkennt der Gesetzentwurf nach unserer Auffassung den Begriff Lobbyismus total. Herr Korschewsky, Sie haben eben noch mal erklärt, was Sie unter Lobbyismus verstehen. Da habe ich klandestin mitbekommen, von hinten und von unten. Das waren alles Begriffe, die Sie mit Lobbyismus in Einklang gebracht haben. Sie setzen diesen Begriff Lobbyismus dem Begriff Korruption total gleich. Ich hatte sogar den Eindruck, dass Sie ihn noch ein bisschen verschärfen wollen. Nach unserer Meinung ist das vollkommen falsch, denn Lobbyismus heißt im Grunde genommen nichts weiter als Interessen zu vertreten. Das ist grundsätzlich nichts Falsches.

(Beifall FDP)

Es gibt die unterschiedlichsten Lobbyisten oder Interessenvertreter. Es kommt immer darauf an, worüber wir reden. Aber das direkt mit Korruption gleichzusetzen und hier Korruptionsverdacht auszusprechen, ist unserer Meinung nach wirklich nicht redlich. Der Begriff wird aber in Ihrem Gesetzentwurf schon mit einer versuchten Korruption gleichgesetzt. Das ist das, was uns wirklich sehr bedenklich stimmt.

(Beifall FDP)

Mit Ihrem Gesetzentwurf stehen eigentlich alle Verbände unter Korruptionsverdacht, egal ob die Interessenvertreter aus der Wirtschaft kommen, ob sie aus gemeinnützigen Vertretungen und Organisationen kommen oder aus Religionsgemeinschaften das sind alles Interessenvertreter. Und Interessenvertreter sind Lobbyisten. Wenn ich es weiterführe, sind nach Ihrem Gesetzentwurf Lobbyisten alle ganz fürchterlich korrupte Menschen. Das kann doch so nicht stehen bleiben.

(Beifall FDP)

Eine weitere Kritik am Gesetzentwurf besteht in dem Bürokratie- und Kostenzuwachs sowie in der Unverhältnismäßigkeit und Unbestimmtheit der Normen. Sie haben das vorhin auch angesprochen, wer da alles was noch machen muss und wie der Apparat noch aufgebauscht werden muss, Sie haben es vorhin dargelegt, deshalb muss ich das nicht noch einmal erklären. Aber es bestärkt uns natürlich in unserer Kritik, dass hier einfach viel zu viel Aufwand betrieben werden müsste und noch ein bürokratischer Apparat aufgesetzt werden müsste.

Ich möchte ein weiteres Beispiel für diese überzogene Fassung nennen: In § 25 wollen Sie ein Verbot von Sponsoring einführen. Auch das haben Sie freundlicherweise erklärt, wie Sie das meinen. Natürlich kann man über das eine oder andere Sponsoring in Thüringen diskutieren. Gänzlich verbieten

- Sie sagten, Sie wollen es nicht gänzlich verbieten, so lesen wir den Gesetzentwurf allerdings nicht. Nach unserer Lesart verbieten Sie Sponsoring komplett. Das würde bedeuten, dass die Sportvereine und die kleinen Veranstaltungen kein Sponsoring mehr betreiben dürfen, also nicht mehr Spendenmittel einwerben dürfen, so lesen wir das und ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich der Tragweite eines solchen Gesetzes bewusst sind.

(Beifall FDP)

Wenn Sie dann vielleicht sagen, nein, das haben Sie alles falsch verstanden und falsch gelesen, das kann durchaus sein, möchte ich mal auf andere Initiativen hinweisen, die in ihrer Aufzählung vorhin tatsächlich nicht stattgefunden haben. Wenn es keinen Sportverein gibt oder keinen kleinen Verein, aber trotz alledem - gehen wir mal auf das Land - in einer Kommune sich eine Initiative gründet, die etwas für ihr Dorf tun möchte. Dieses Dorf, diese Kommune möchte vielleicht ein altes Gebäude retten. Wir wissen alle, dass die Kommunen sehr klamm sind und die entscheiden sich, das Ganze vielleicht über eine Interessenvertretung zu machen, also einen Lobbyisten, eine Lobbyistenvereinigung, und wollen Spenden einsammeln, Sponsoring betreiben. Das dürfte dann auch nicht gehen. An dieser Stelle sage ich, greift uns das zu weit. Hier würde sehr viel kaputtgehen, was man im Grunde genommen nur über genau diese Aktionen auch hinbekommen kann. Kommunen sind oftmals nicht in der Lage, Dinge zu finanzieren, die losgelöst sind von den Pflichtaufgaben, weil - das wissen Sie ganz genau - natürlich der Freiraum, die Luft, die die Kommunen haben, um noch eigene Vorhaben umzusetzen, gering ist, wenn sie denn überhaupt einen fertigen, vollen Haushalt haben, der das zulässt. Dann kommen solche Ideen und man hat vielleicht Lobbyisten, die sich für bestimmte Sachen und Projekte einsetzen und dann soll es verboten sein. Ich glaube, das geht nach hinten los und es ist überhaupt nicht im Sinne unserer Gesellschaft.

Wenn Sie wollen, dass solche Veranstaltungen und solche Aktivitäten nicht mehr stattfinden, dann müsste man das wirklich verbieten, wie Sie das gesagt haben. Wir wollen das ausdrücklich nicht und werden dem auch nicht zustimmen und deshalb muss man ganz genau aufpassen, was man macht und wen man letztendlich mit einer solchen Regelung wirklich trifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, es ist ziemlich klar geworden, wie wir an dieser Stelle ticken. Die FDP ist immer eine Partei gewesen, die sich gerade, wenn es um Kommunalpolitik geht, sehr stark macht. Das werden wir auch weiterhin so tun und deshalb können wir einem solchen Gesetzentwurf überhaupt nicht zustimmen und werden ihn auch ablehnen.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Warum re- den Sie dann?)

Den Zwischenruf habe ich nicht verstanden. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Danke schön. Für die SPD-Fraktion hat das Wort Abgeordneter Heiko Gentzel.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen korruptionsgefährdete Bereiche besser beschrieben werden, ein Zuverlässigkeits- wie auch ein Transparenzregister eingeführt werden, Aus- und Weiterbildungen der mit der Thematik befassten Personen sollen durchgeführt werden, so der Abgeordnete Blechschmidt.

Zu einigen Zielstellungen dieses von den Linken vorgelegten Gesetzes: Ich will dazu sagen, diese Zielrichtung ist sehr wohl löblich, aber man muss zu der Erkenntnis kommen, in der Umsetzung denkbar schlecht gemacht.

(Beifall SPD)

Ich behaupte mal, Herr Kuschel weiß, warum er zu diesem Gesetz schweigt. Ich werte sein Schweigen und er tut das ja nicht allzu oft, als ein Stückchen stummen Protest, nicht gegen die Zielrichtung, aber gegen die Umsetzung dieses Gesetzes.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Der war anderweitig beschäftigt.)

(Beifall CDU, SPD)

Meine Damen und Herren, um nicht falsch verstanden zu werden: Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung sind wohl für alle Fraktionen hier in dem Haus wichtig

(Zwischenruf Abg. Kuschel, DIE LINKE: Herr Korschewsky, jetzt weißt du, was Phase ist.)

und es gilt, Herr Kuschel, sie waren vor einer Viertelstunde dran, da haben Sie geschwiegen.

(Beifall CDU, SPD)

Lassen Sie das doch heute mal als roten Faden gelten. Aber ich glaube, für alle Fraktionen hier im Hause gilt, jeder Korruptionsfall ist einer zu viel. Wir nehmen gerne zur Kenntnis, dass Korruptionsdelikte in Thüringen eher eine untergeordnete Rolle spielen, weil - und das ist die zweite Bemerkung dazu - aus unserer Sicht das bestehende Instrumentarium gut ist. Wir wollen, dass auch weiter die Mittel zur Bekämpfung der Korruption in den zuständigen Schwerpunktbereichen der Staatsanwaltschaft konzentriert werden. Die Staatsanwaltschaf

(Abg. Hitzing)

ten in Thüringen sind gut aufgestellt. Die geschaffenen Schwerpunktstaatsanwaltschaften leisten eine gute Arbeit im Bereich der Korruptionsprävention. Dies alles hat natürlich neben einer sanktionierenden Wirkung eben auch eine präventive Wirkung.

Für die kommunale Ebene gibt es eine Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung in den öffentlichen Verwaltungen. Die können natürlich nur empfehlenden Charakter haben. Zur Korruptionsbekämpfung gibt es dort bestellte Antikorruptionsbeauftragte. Sie geben die Hinweise für die Einstufung korruptionsgefährdeter Bereiche sowie Verfahrenshinweise. Also wir sind an dieser Stelle gut aufgestellt. Ich will für meine Fraktion aber auch gern formulieren, dass uns eines noch fehlen würde, nämlich ein nationales Korruptionsregister an dieser Stelle.

Meine Damen und Herren, alle Anzuhörenden lehnten den Gesetzentwurf in ihrer Stellungnahme ab und haben ihm insgesamt ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Herr Korschewsky, es war schon eine Meisterleistung, die drei, vier positiven Sätze zu diesem Gesetz herauszufiltern. Der Deutsche Gewerkschaftsbund formulierte: Ein Antikorruptionsgesetz bringt keine Verbesserung der Situation in Thüringen; das Gesetz schafft lediglich neue Verwaltungsstrukturen, bringt mehr Aufwand und fordert personelle und materielle Ressourcen. Der Gemeinde- und Städtebund kritisierte generell die fehlende Praktikabilität dieses Gesetzes. Die Einrichtungen von Innenrevision seien personell und finanziell nicht umsetzbar. Darüber hinaus liegt eine Aufgabenüberschreitung der Rechnungsprüfungsämter vor. Der Datenschutzbeauftragte, Herr Korschewsky, beanstandete insgesamt die inhaltliche Ausrichtung des Gesetzentwurfs. Neben datenschutzrechtlichen Bedenken kritisierte er insbesondere die Außerachtlassung der grundsätzlichen verankerten Unschuldsvermutung in Ihrem Gesetzentwurf. Und Transparency International formulierte: Der Gesetzentwurf stößt an gesetzestechnische Grenzen. Eine Vielzahl, sagte er, von Details sind zu hinterfragen; mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE sei das beabsichtigte Ziel noch erreichbar, aber da hätten Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf sicherlich grundlegend überarbeiten müssen.

Meine Damen und Herren, es bleibt im Ergebnis nur: Der Gesetzentwurf stellt kein taugliches Mittel dar, um Korruption zu bekämpfen. Stattdessen ist es nach unserer Auffassung geboten, die bereits bestehenden Regelungen zur Korruptionsbekämpfung konsequenter anzuwenden und auszubauen. Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf deshalb abzulehnen.

(Beifall CDU, SPD)

Danke schön. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Abgeordneter Dirk Adams.