Heiko Gentzel

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, genau das musste man befürchten, dass wir heute nicht die Debatte über ein Verfassungsschutzgesetz mit all den Klippen, die wir da zu umschiffen hatten, führen, sondern dass es hier fast Wahlkampf pur gibt. Es ging wohl mehr darum, ein bisschen hämisch über eine angeblich vorhandene oder nicht vorhandene sozialdemokratische Handschrift als über das Gesetz selbst zu diskutieren. Ich kann damit umgehen, dass Sie Schwierigkeiten haben, dass die Koalition zum Beispiel einen Anzuhörenden benannt hat, der mal eine andere Sichtweise als die von SPD und CDU auf die Sache hatte. Ich habe damit kein Problem gehabt und das entspricht genau dem,
was wir vorher angesagt hatten; wir beschäftigen uns nämlich mit beiden Seiten der Medaille. Dass Sie sich nur einen Anzuhörenden herauspicken und die anderen, die Ihnen teilweise für Ihre Einstellung den Kopf gewaschen haben, nicht nennen, ist auch kein Problem. Was für mich ein ganz großes Problem ist, ist diese Diffamierung - und genau so muss man das nennen, Herr Kalich -, dass wir - ich will ganz deutlich werden - dieses Gesetz im Ausschuss nicht erörtert haben. Sie gehören im Ausschuss zu den ganz Ruhigen, um das ganz vorsichtig zu sagen. Das mag daran liegen, dass Sie dort kein Redemanuskript vorliegen haben, was Sie eins zu eins ablesen können. Aber die Debatte, zum Beispiel mit Herrn Adams und mir, über den Gesetzentwurf hat es gegeben. Die muss man natürlich initiieren. So wie Sie zu den Vorschlägen von der Koalition und von den Grünen geschwiegen haben und sich dann hier hinstellen und den dicken Max machen, das ist wirklich eine Nummer aus dem Tollhaus.
Aber, ich habe das schon gesagt, es ist eben Wahlkampf. Herr Kalich, Sie scheinen das sehr nötig zu
haben, in dieser Art und Weise mit dieser Sache umzugehen. Jeder wählt seine Mittel und die Art und Weise, wie er solche wichtigen Gesetze diskutiert, selbst. Lang genug diskutieren wir über dieses Gesetz und deshalb will ich über die Vorlage der Landesregierung hier nicht in aller epischen Breite reden. Die Standpunkte sind klar und ausgetauscht. Die Kernfrage war und ist: Wie weiter mit dem Landesamt für Verfassungsschutz, ersatzlos auflösen oder in einer anderen Struktur weiterführen? Wir haben lange miteinander diskutiert und ich will deutlich für nicht wenige Abgeordnete auch in der CDU, mit denen ich anders über das Thema gesprochen habe als Sie, Herr Kalich, sagen, die Diskussion um die Auflösung des Landesamtes für Verfassungsschutz haben wir sehr offen - ich will da nicht ins Detail gehen - miteinander diskutiert. Das war bei uns überhaupt gar kein Tabuthema, deshalb war im Übrigen auch Herr Bull in der Anhörung. Aber wir sind - und ich kann nur für die SPD reden, das andere wird der Herr Kollege Fiedler tun -, zu dem Ergebnis gekommen, wir folgen dem Vorschlag der Landesregierung, auch was die Umstrukturierung betrifft. In der Anhörung hat es viele Hinweise, übrigens in beide Richtungen, Herr Kalich, gegeben. Aber das ist alles nicht so neu, deshalb will ich darauf nicht bis in die Tiefe gehen.
Neu ist der Änderungsantrag von der CDU- und der SPD-Fraktion, wo wir immerhin an elf Stellen, und das ist nicht allzu oft in dieser Legislaturperiode vorgekommen, wo wir an elf Stellen, lassen Sie es mich so sagen, ein wirklich gutes Gesetz noch besser machen. Was verändern wir mit unserem Änderungsantrag? Die Berichterstattung der Stabsstelle Controlling haben wir ein Stückchen neu strukturiert, weil wir einfach verhindern wollen, dass wir in Zukunft - lassen Sie es mich so sagen, wie wir in der PKK darüber sprechen - mit Belanglosem zugemüllt werden, um das Wichtige eventuell zu verschweigen. Wir haben die Dokumentationspflichten sehr erweitert, wir haben die Informationsmöglichkeiten für die Fraktionsvorsitzenden im Gesetz festgeschrieben. Wir haben, das war uns ganz wichtig, auch einen neuen Akzent gesetzt, was die Information zu Aus- und Fortbildung betrifft. Wir haben die Einvernehmensregelung der PKK beim Einsatz von Vertrauensleuten ersatzlos gestrichen. Ich will das noch einmal ganz deutlich sagen. Es gibt Aufgaben der Exekutive und der Legislative und die Verantwortung für die Frage V-Männer, die politische, tragen Sie weiter, Herr Innenminister, die können Sie nicht an das Parlament weitergeben. Da haben wir noch einmal eine klare Linie gezogen. Wir haben das Akteneinsichtsrecht der PKK noch einmal ein Stück ausgeweitet. Wir haben die Ausstattung der PKK neu beschrieben bzw. besser geregelt. Zur Redlichkeit gehört natürlich - das war sowohl ein Ergebnis der Anhörung, aber es war im Wesentlichen natürlich die Stellungnahme der PKK, die wir an dieser Stelle umgesetzt haben. So weit, so gut?
Ich sage, mitnichten. Es gibt neben dieser wichtigen und nach meiner Auffassung richtigen Gesetzesvorlage, die wir heute diskutieren, noch ein paar andere Punkte, die wie goldene Regeln zukünftig über diesem Haus hängen sollten. Die erste und die wichtigste ist - es ist traurig, dass man das sagen muss -, alle sind vor dem Gesetz gleich. Das gilt auch für die Mitarbeiter eines Landesamtes für Verfassungsschutz. Straftaten sind anzuzeigen und im besten Falle gar nicht erst zu begehen. Das Wissen um Straftaten muss immer dazu führen, dass diese auch angezeigt werden. Es ist traurig, dass man das noch sagen muss, aber das ist eine goldene Regel, die man natürlich so im Gesetz nicht beschreiben kann, weil es eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist. Aus- und Fortbildung müssen ein wesentlicher Bestandteil in der künftigen neuen Struktur in diesem Landesamt sein. Es ist gut, dass dort anders berichtet wird, aber wir brauchen mehr Qualität beim Personal; auch das kann man so nicht gesetzlich regeln. Ich will da auch nicht so verallgemeinern, wie das die Fraktion DIE LINKE teilweise tut. Viele, die wir in den unterschiedlichen Gremien angehört haben, da waren auch wirklich viele Gute, Engagierte dabei, das will ich auch einmal ganz deutlich sagen, aber gerade in Führungspositionen war das teilweise schon eine Zumutung, was wir uns da anhören mussten. Da ist noch einmal genau zu schauen, wir brauchen unbedingt mehr Qualität beim Personal. Und wir brauchen dann natürlich auch schnellstmöglich einen Behördenchef. Ich will ganz klar sagen: Welches Parteibuch er hat, ist uns vollkommen egal. Ich fände es gut, wenn wir einmal jemanden fänden, mit dem wir - ich sage das einmal hier, ich nenne das immer spaßeshalber - uns einmal ein bisschen aus der Inzucht dieser Ämter herauslösen. Wer irgendwo in Hessen oder Rheinland-Pfalz gescheitert und in die dritte Reihe aufgerückt ist, der rutscht dann in Berlin in die zweite Reihe und wir bekommen dann in Thüringen die vierte Reihe aus dem Bundesnachrichtendienst. Man kann mir nicht sagen, dass es ein paar intellektuell beschlagene Männer oder Frauen gibt, die trotz alldem, was passiert ist, noch Interesse an dem Job haben und die das mit einer anderen Intensität, mit einem anderen Intellekt und mit einem anderen Auftreten führen. Ich bin fest davon überzeugt, es hat in der letzten Zeit ein paar personelle Entscheidungen im Innenministerium gegeben, wo man sagt, es funktioniert vieles, und wenn wir da eine gute Entscheidung finden, haben wir einen großen Schritt gemacht.
Als Letztes noch einmal ein Aufruf ausdrücklich an alle Fraktionen: Es ist ja schön, über die Ressourcen und Stellenzuweisungen des Landtags an die PKK zu diskutieren, aber ganz klar gesagt, die PKK hat in den letzten Jahren leider einen ganz anderen Stellenwert bekommen und das wird so bleiben müssen.
Das ist also kein „So-nebenbei“-Ausschuss der zweimal im Jahr tagt und wo es am besten ist, man hört nichts davon, sondern der tagt mindestens genauso oft wie alle anderen Ausschüsse auch. Da sind auch die Fraktionen in der Pflicht, mal über eventuelle Ressourcen zu diskutieren, die man sich frei macht für ein doch so wichtiges Thema. Das ist Zukunftsmusik, aber ich wollte, wenn ich mit dem einen Finger ab und zu auf die Landesregierung zeige, deutlich machen, auch wir in den Fraktionen müssen sicherlich noch ein bisschen Überzeugungsarbeit in den Vorständen und Ähnlichem leisten, auch dort kann man noch etwas tun.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich will das zum Abschluss noch einmal deutlich sagen: Was uns einige leitende Verfassungsschützer, insbesondere hier in Thüringen, in den letzten Monaten und Jahren zugemutet haben, war teilweise grauenhaft. Dieses Gesetz, aber eben nicht nur dieses Gesetz, gibt uns die Möglichkeit für einen Neuanfang. Es ist aber, auch das muss deutlich gesagt werden, die letzte Chance. Ich bitte deshalb um Zustimmung zum Gesetz der Landesregierung im Zusammenhang mit der Beschlussempfehlung des Innenausschusses. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach § 27 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes unterrichtet die PKK unter Beachtung der Geheimhaltungspflichten des Landtags mindestens alle zwei Jahre über ihre Tätigkeit. Dabei macht sie von der Möglichkeit des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes Gebrauch, wonach die Geheimhaltung nicht für die Bewertung bestimmter Vorgänge gilt, wenn eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der PKK ihre vorherige Zustimmung erteilt hat. Soweit dabei für die Bewertung der PKK eine Sachverhaltsdarstellung erforderlich ist, sind die Belange des Geheimschutzes zu beachten. Den letzten Tätigkeitsbericht hat die Parlamentarische Kontrollkommission in der 91. Plenarsitzung am 22. Juni 2012 erstattet.
Wenngleich seit diesem Tag zwei Jahre noch nicht ganz verstrichen sind, hat sich die PKK dazu entschlossen, bereits im April-Plenum ihren Tätigkeitsbericht für die vergangenen beiden Jahre zu geben, da sie kürzlich ihre Beratung zum Themenkomplex „Umstände der Anwerbung und Führung des Herrn Kai-Uwe Trinkaus sowie Nichteinbindung Dritter“ abgeschlossen hat und Ihnen zeitnah über die wesentlichen Ergebnisse ihrer Untersuchung berichten möchte. Ich bitte um Verständnis, dass der Bericht der PKK daher umfassender und länger ausfallen wird.
Bereits an dieser Stelle möchte ich Ihnen die Grüße unseres langjährigen Kollegen und Vorsitzenden, Wolfgang Fiedler, ausrichten.
Der Abgeordnete Fiedler war in die Erstellung des Berichts einbezogen. Ich denke, im Namen aller Anwesenden zu sprechen, wenn ich ihm von hier aus herzliche Grüße und Genesungswünsche übersende.
Die PKK hat den Tätigkeitsbericht, den ich Ihnen heute geben werde, in ihrer 45. Sitzung am 8. April 2014 beraten und beschlossen. Wie bereits der Tätigkeitsbericht des Jahres 2012 so ist auch dieser ein außergewöhnlicher Bericht. Nachdem die Verbrechen des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes, kurz NSU, die Verantwortung auch unseres Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz beim gescheiterten Versuch, das Trio aufzuspüren, sowie die Bemühungen der Parlamentarischen Kontrollkommission, Licht in das Dunkel um die verbrecherischen Machenschaften des Trios zu bringen, wesentliche Bestandteile der letzten Berichterstattung waren, so werden die Umstände der Anwerbung und Führung des Herrn Kai-Uwe Trinkaus sowie die Nichteinbindung Dritter diesen Bericht wesentlich mitbestimmen. Hierauf werde ich im zweiten Berichtsteil näher eingehen. Die Fragen zur Führung und Werbung von Kai-Uwe Trinkaus durch den Thüringer Verfassungsschutz sind mittlerweile auch Gegenstand des Untersuchungsausschusses „V-Leute gegen Abgeordnete“. Auf die gegenseitige Unterstützung der Tätigkeit beider Ausschüsse bzw. Kommissionen werde ich ebenfalls im Verlauf des Berichts eingehen.
Ich darf zunächst feststellen, dass die PKK im Berichtszeitraum ihrem gesetzlichen Auftrag, der Kontrolle der Landesregierung hinsichtlich der Tätigkeit des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, gemäß § 18 Abs. 1 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes unter Nutzung der ihr zur Verfügung stehenden Befugnisse nach dem Thüringer Verfassungsschutzgesetz - soweit möglich - nachgekommen ist. Wie Sie wissen, hat der Thüringer Landtag im Juli 2012 auf Initiative der Fraktionen
von CDU und SPD ein neues Verfassungsschutzgesetz verabschiedet, welches die Befugnisse der PKK erweitert und konkretisiert hat. Beispielhaft seien hier die Befragungsmöglichkeiten von Mitarbeitern und ehemaligen Mitarbeitern des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, aber auch anderer Landesbehörden und auch die Beauftragung eines Sachverständigen genannt.
Die neuen Befugnisse waren Ausfluss der im Rahmen der Untersuchung zur Terrorgruppe mit der Bezeichnung „NSU“ gemachten Erfahrung. Die Berichterstattung werde ich um Anmerkungen zur zukünftigen Ausgestaltung der Rechte des Verfassungsschutzes in Thüringen, die sich für die PKK auf der Grundlage der spezifisch von ihr gemachten Erfahrungen in den letzten Jahren ergeben, ergänzen.
Leider war festzustellen, dass die Berichterstattung und die Informationspolitik der Landesregierung sprich des Thüringer Innenministeriums und des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz gegenüber der PKK nach wie vor nicht allen gesetzlichen Vorgaben im Sinne der Erfordernis einer voll umfänglichen Auskunft entsprochen haben.
An dieser Stelle ergeht erneut der eindringliche Appell an die regierungsseitige Verantwortung der PKK, alle zur wirksamen parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes erforderlichen Informationen unaufgefordert und unverzüglich zur Verfügung zu stellen.
Es kann nicht sein, dass Informationen erst auf Nachfrage geliefert werden. An dieser Stelle bitte ich immer zu bedenken, dass die parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste in Deutschland eine wesentliche Säule ihrer Legitimation ist. Ohne parlamentarische Kontrolle gibt es keinen Verfassungsschutz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in einem ersten Berichtsteil werde ich nun zunächst auf die allgemeine Kontrolltätigkeit eingehen. Seit der letzten Berichterstattung im Juni 2012 trat die PKK zu insgesamt 23 Sitzungen zusammen. Die Landesregierung unterrichtete die PKK gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes regelmäßig über die allgemeine Tätigkeit des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und über Vorgänge von besonderer Bedeutung sowie nach § 21 Abs. 1 Satz 2 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes zudem zu sonstigen Vorgängen aus dem Aufgabenbereich des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, wozu die Kommissionsmitglieder sie um Beratung gebeten haben. Auf diesen Punkt komme ich noch zu sprechen.
Gerade die Berichterstattung zu den sogenannten Vorgängen von besonderer Bedeutung und zu sonstigen Vorgängen nach besonderer Aufforderung der PKK haben einen zunehmend breiten Rahmen eingenommen. So hat beispielsweise der Komplex Kai-Uwe Trinkaus einen umfangreichen Beratungsbedarf zur Folge, worauf ich im zweiten Teil, wie bereits gesagt, noch näher eingehen werde. Doch lassen Sie mich noch einmal den gesetzlichen Auftrag des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz in Erinnerung rufen. Nach § 2 Abs. 1 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes ist es dessen Aufgabe, den zuständigen Stellen zu ermöglichen, rechtzeitig die erforderlichen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die freiheitlichdemokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit des Bundes und der Länder sowie gegen Bestrebungen und Tätigkeiten der organisierten Kriminalität zu treffen.
Um diesen gesetzlichen Auftrag erfüllen zu können, beobachtete das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz rechts-, links- und ausländerextremistische Bestrebungen, hier insbesondere islamische Bestrebungen, und Tätigkeiten der Organisierten Kriminalität sowie frühere, fortwirkende unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärung und Abwehrdienste der ehemaligen DDR und Spionageversuche.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch im aktuellen Berichtszeitraum stellten die Entwicklung und die Aktivitäten im rechtsextremistischen Spektrum den wesentlichen Schwerpunkt der genannten regelmäßigen Unterrichtungstätigkeit dar. Lassen Sie mich im Folgenden nunmehr besondere Schwerpunkte herausgreifen, wobei jeder für sich betrachtet bereits die Gefährlichkeit der Entwicklung und Aktivitäten in diesem Phänomenbereich belegt. Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich nicht auf alle der PKK mitgeteilten Sachverhalte eingehen kann, da eine Reihe von Informationen einem besonderen Schutz unterliegen.
Im besonderen Fokus der Unterrichtung standen erneut die Aktivitäten des NPD-Landesverbandes Thüringen und der NPD-Kreisverbände. Erfreulich ist zunächst festzustellen, dass die NPD weit davon entfernt war und ist, ihre strukturellen und personellen Defizite zu überwinden. Gleichwohl besitzt sie innerhalb des rechtsextremistischen Spektrums in Thüringen weiterhin die mit Abstand größte Bedeutung. Neben der parteilichen Organisation entfaltet die rechtsextreme Szene aber insbesondere auch in sogenannten Freien Kräften und Kameradschaften ihre Tätigkeit. Dies ist sicherlich auch das Ergebnis der schon seit längerer Zeit im neonazistischen Spektrum zu beobachtenden Suche nach rechtlich möglichen unangreifbaren Organisationsformen. Ein Teil der Szene, der sich als „Freie Nationalisten“ bezeichnet, schließt sich, wie gesagt, in unabhängigen Kameradschaften zusammen, wäh
rend andere Neonazis wiederum das „legale Dach“ der NPD für ihre Interessen nutzt. Dabei stellt innerhalb der Bestrebungen nach überregionaler Vernetzung das sogenannte Freie Netz ein besonderes Phänomen dar. Musikveranstaltungen dienten dabei nach wie vor als wirksames Instrument, junge Menschen an die braune Ideologie heranzuführen, Netzwerke aufzubauen und bestehende zu festigen. So fanden im Berichtszeitraum wieder eine Vielzahl dieser Veranstaltungen in den einschlägig bekannten Objekten, beispielsweise in Kirchheim und in Crawinkel, statt. Danach gab es solche Veranstaltungen aber auch in Gera und Tannroda. Leider gelingt es behördlicherseits nicht in allen Fällen, Veranstaltungen dieser Art im Vorfeld zu unterbinden oder aufzulösen, da sie zumeist als private Feierlichkeiten deklariert sind. Im Juli 2012 konnte eine in Gera geplante Veranstaltung untersagt werden, da entgegen der angegebenen privaten Grillfeier Hinweise für die Durchführung einer öffentlichen Veranstaltung vorlagen. Ebenso wurde eine im November 2012 in Tannroda im Landkreis Weimar geplante Musikveranstaltung untersagt, da auch hier nicht von einer angezeigten nicht öffentlichen Veranstaltung auszugehen war. Regelmäßig treten bei diesen Musikveranstaltungen einschlägige Bands aus dem rechtsextremen Spektrum auf. Wenngleich zumeist entsprechende Polizeikräfte vor Ort sind, ist ein behördliches Einschreiten erst möglich, wenn von den Veranstaltungen beispielsweise Lärmbelästigung auf die Umgebung ausgeht. Ein möglicher Ansatzpunkt, Veranstaltungen dieser Art zukünftig zu verhindern bzw. zu unterbinden, könnte in der konsequenten Anwendung des bestehenden besonderen Ordnungsrechts liegen, namentlich des Bauordnungsrechts. Es ergeht der eindringliche Appell an die Landesregierung, unseren Kommunen eine noch intensivere rechtliche und tatsächliche Unterstützung anzubieten.
Leider mussten wir auch zur Kenntnis nehmen, dass sich seit November des Jahres 2012 in Erfurt ein weiteres Lokal als regelmäßiger Veranstaltungsort für sogenannte Liederabende etabliert hat, an denen regelmäßig ca. 50 Personen teilnehmen. Die Landesregierung informierte über die Lokalität mit dem zunächst unverdächtig anmutenden Namen „Kammwegklause“ auch in der Antwort auf die Kleine Anfrage 3325 unserer ehemaligen Kollegin Renner in der Drucksache 5/6784. Das bereits bekannte Objekt in Kirchheim im Ilm-Kreis dient zudem auch für weitere Veranstaltungen der NPD. So fanden hier beispielsweise der Neujahrsempfang und der Landesparteitag im Februar 2013 statt, bei dem unter dem Motto „Wir verändern Thüringen“ die NPD-Landesliste für die Bundestagswahl 2013 aufgestellt wurde. Kürzlich hielt die NPD zudem hier ihren Bundesparteitag ab, bei dem unter anderem die Liste für die Europawahl beschlossen wurde. Der ehemalige NPD-Vorsitzende Udo Voigt meldete sich dort mit einer Kampfkandidatur gegen
Uwe Pastörs als Spitzenkandidat für die Europawahl zurück auf der politischen Bühne, nachdem er im Jahre 2011 von der Parteispitze gestürzt worden war. Auch nutzte der Jugendverband der NPD, die sogenannten Jungen Nationaldemokraten, kurz JN, das Objekt im Oktober 2012 für seinen Bundeskongress. Diese Beispiele zeigen einmal mehr, dass Thüringen schon aufgrund seiner zentralen Lage für rechtsextreme Kreise häufig als Versammlungsörtlichkeit genutzt wird und wie schwierig es ist, Veranstaltungen dieser Art zu verhindern, wenn sie in der privaten Öffentlichkeit stattfinden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unter dem Begriff „friedlicher Bürgerprotest“ getarnt, kam es in der zweiten Hälfte des letzten Jahres auch zu mehreren Versammlungen der extremen Rechten gegen das Asylbewerberheim am Zaschenberg in Greiz. Auslöser hierfür waren die Planungen, in dem ehemaligen, in einem Wohngebiet befindlichen Berufsschulinternat eine vorübergehende Unterbringungsmöglichkeit für überwiegend syrische Kontingentflüchtlinge zu schaffen. Wenngleich die Eigendarstellung eine politische Ausrichtung des Protestes verneint, weisen zum Initiatorenkreis gehörende Personen durchaus einen rechtsextremen Vorlauf auf. Nicht zuletzt dem Aufzug vom 23. November 2013 schlossen sich 185 Personen, mehrheitlich Rechtsextremisten, sowohl aus Thüringen als auch aus Sachsen und Bayern an. Als Redner trat unter anderem der Vorsitzende der NPD in Thüringen auf. Zudem mobilisierte der NPD-Landesverband Thüringen für die Veranstaltung. Ebenso griff die NPD Thüringer Medienberichte über eine gegebenenfalls in Beichlingen einzurichtende Außenstelle der Erstaufnahmestelle für Asylbewerber und Flüchtlinge in Eisenberg auf und kündigte an, die Proteste der Anwohner unterstützen zu wollen. Auch kam es beispielsweise durch das rechtsextreme Spektrum zu einer Beteiligung an bürgerlichen Protesten gegen die Schließung der Regelschule in Veilsdorf im Landkreis Hildburghausen. Diese Beispiele verdeutlichen einmal mehr, wie die NPD und weitere rechtsextremistische Kreise immer wieder versuchen, die unterschiedlich motivierten und zum Teil von Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit geprägten Sorgen und Proteste von Anwohnern zu instrumentalisieren und bürgerliche Veranstaltungen und Proteste für ihre eigene Propaganda zu nutzen. Darüber hinaus kam es im Berichtszeitraum auch zu einer Reihe weiterer öffentlichkeitswirksamer Aktionen sogenannter freier Kräfte. Erinnern möchte ich an zwei Kundgebungen vor dem Thüringer Landtag. Im Rahmen des Flüchtlingsmarschs von Würzburg nach Berlin fanden am 18. September 2012 vor dem Landtagsgebäude eine Kundgebung unter dem Motto, „Break the Residenzpflicht Obligation! Die Isolation durchbrechen: Bewegungsfreiheit für Alle“ statt. Neun Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum versammelten sich, ausgestattet mit Plakaten, zu
einer nicht angemeldeten Gegenkundgebung vor Ort. Zwei Tage später, am 20. September 2012, fand vor dem Landtagsgebäude im Rahmen der sogenannten Aktionswoche eine Kundgebung unter dem Motto „Deutsche Kinder braucht das Land“ statt, an dem ca. 45 Personen teilnahmen. Hiergegen wandte sich der Thüringer Landtag mit einer gemeinsamen Aktion. Unter dem Motto „Bunt statt Braun“ haben sich die Abgeordneten vor dem Landtagsgebäude symbolisch gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit abgeschirmt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wie in den Vorjahren so fand auch im letzten Jahr in Gera wieder die NPD-Großveranstaltung „Rock für Deutschland“ statt. Das ursprüngliche Motto „Deutschland - Zukunft - Souveränität“ der am 6. Juli 2013 durchgeführten Veranstaltung wurde aufgrund der seinerzeit akuten Hochwassersituation kurzfristig in „Solidarität mit Flutopfern“ geändert. Worin sich diese Solidarität tatsächlich ausdrückte, bleibt allerdings fraglich, das dahinterstehende Kalkül für die Umbenennung jedoch nicht. Es sollte offensichtlich besondere Volksverbundenheit in Notsituationen vorgegeben und Anerkennung dafür erhascht werden. Die Teilnehmerzahl lag bei ca. 710 Besuchern und bewegte sich wie in den Vorjahren - 2011 waren es 670 Besucher und 2012 990 Besucher - im oberen dreistelligen Bereich.
Am 15. Juni 2013 fand zudem in Kahla der sogenannte 12. Thüringentag der nationalen Jugend statt. Trotz intensiver Mobilisierung beteiligten sich an der Veranstaltung lediglich 183 Personen, im Jahr zuvor waren es noch 280. Die Teilnehmerzahl blieb somit hinter den Erwartungen der Veranstalter, die von etwa 300 Personen ausgingen, zurück. Im Anschluss kam es in Crawinkel zu einer Anschlussveranstaltung. Die Darbietung von Livemusik war bei dieser Veranstaltung untersagt.
Besagte Veranstaltungen weisen in der Regel neben Wortbeiträgen Auftritte einschlägiger rechtsextremistischer Bands auf, weshalb sich die betroffenen Kommunen meist bemühen, die Veranstaltungen zu verhindern. Untersagungsverfügungen bzw. Versammlungsverbote scheitern allerdings in den allermeisten Fällen vor den Verwaltungsgerichten. Ich verweise hier auf frühere Berichte der PKK. Das angeführte Argument, man sei polizeilicherseits nicht imstande, die Lage zu beherrschen, ist aus der Erfahrung heraus nicht länger haltbar.
An dieser Stelle möchte ich auch einmal einen ausdrücklichen Dank an unsere Polizistinnen und Polizisten aussprechen, die an vielen Wochenenden nicht nur hier in Thüringen, sondern auch in anderen Bundesländern im Einsatz waren und sein werden, um solche Veranstaltungen abzusichern und
das Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu gewähren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit den vom NPD-Landesverband ebenfalls durchgeführten Regionalkonferenzen sollen die Binnenkommunikation im Landesverband verbessert und neue Bündnisse geschlossen werden. Ziel ist zudem die Mitgliedergewinnung, weshalb auch Interessenten und freie Aktivisten eingeladen werden. Offenbar soll dem schleichenden Einflussverlust auf diesem Spektrum begegnet werden, um es wieder enger an die NPD zu binden und sein Aktionspotenzial für die Partei zu nutzen. Als weitere Kommunikationsmittel dienten im Berichtszeitraum auch wieder die Regionalzeitungen, die in weiteren Ausgaben herausgegeben wurden.
Im Jahr 2013 setzte der NPD-Kreisverband Wartburgkreis seine im Jahr 2012 begonnene Anti-Islam-Kampagne fort. Sowohl mit Kundgebungen als auch mit Informationsständen und Verteilaktionen wandte sich die NPD unter dem Motto „Keine Moschee in Eisenach - Wehret den Anfängen“ gegen die Vermietung mehrerer Räume in Eisenach als muslimische Gebetsstätte.
Auch wurde der Volkstrauertag im November der letzten beiden Jahre von rechtsextremistischen Kreisen erneut missbraucht und in sogenannte Heldengedenktage umgedeutet. So fanden wieder eine Reihe solcher fragwürdigen Gedenkveranstaltungen statt. Zudem nahmen Rechtsextremisten auch an offiziellen Veranstaltungen zum Volkstrauertag wie 2012 in Bad Salzungen und 2013 in Mühlhausen teil.
Auch Jahrestage von Bombardierungen im Zweiten Weltkrieg, wie beispielsweise der 9. Februar 2013 kürzlich in Weimar sowie der 3. April 2013 in Nordhausen, wurden genutzt, um diese geschichtsträchtigen Tage und die Erinnerung an die Opfer umzudeuten. Mit Erschrecken mussten wir Anfang Februar auch zur Kenntnis nehmen, dass es offensichtlich nach der genannten Veranstaltung in Weimar zu einem Überfall von Rechtsextremisten auf eine Kirmesgesellschaft in Ballstädt im Landkreis Gotha gekommen ist, bei der zehn Personen zum Teil schwer verletzt wurden. Auch dieser Vorfall zeigt einmal mehr die Gefahren rechtsextremistischer Verblendeter. Zwischenzeitlich fanden in dem von Rechtsextremisten in Ballstädt bewohnten sogenannten Gelben Haus und zehn weiteren Wohnungen in Thüringen Durchsuchungen statt. Dabei wurden fünf Personen vorläufig festgenommen, gegen eine wurde Haftbefehl erlassen. Bei dieser Person handelt sich um den 38-jährigen Bandleader der Rechtsrockband „Sonderkommando Dirlewanger“, der einer der drei Bewohner des „Gelben Hauses“ ist. Bei den Durchsuchungen wurde um
fangreiches Beweismaterial sichergestellt, wobei auch solches sichergestellt wurde, das unmittelbar auf die Tatbeteiligung des Beschuldigten hindeutet. Die schnelle Aufklärung zeigt, wenn sie auch von glücklichen Umständen begleitet war, die Wirksamkeit des Verfassungsschutzes und auch der Instrumente der Telefonüberwachung im Kampf gegen die Feinde der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Auf Kritik der PKK stieß, dass die Abhörmaßnahmen des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz im Zusammenhang mit dem Überfall in Ballstädt öffentlich wurden. Der MDR berichtete am 26. Februar 2014 hierüber. Es stellt sich die Frage: Wer gibt solche sensiblen Informationen warum an die Presse weiter? Es muss dabei aber auch immer bedacht werden, dass durch solches Handeln entsprechende Maßnahmen im Ganzen gefährdet bzw. unmöglich gemacht werden.
Die besondere Gefährlichkeit zeigen auch zwei weitere Vorfälle. Am 29. August des letzten Jahres führte das LKA Thüringen Exekutivmaßnahmen gegen vier Angehörige der rechtsextremistischen Szene Thüringens durch. In diesem Zusammenhang wurde der von einer österreichischen Strafverfolgungsbehörde erlassene EU-Haftbefehl gegen einen in Crawinkel wohnhaften Rechtsextremisten vollstreckt. Ich sage Crawinkel und Sie wissen sicherlich, was ich damit meine.
Zudem fanden Wohnungsdurchsuchungen dort in Ballstädt und in Erfurt-Bischleben statt. Die Durchsuchungen führten unter anderem zum Auffinden von zwei augenscheinlichen Sturmgewehren russischer Bauart mit patronengefüllten zugehörigen Magazinen, zwei Maschinenpistolen, einem Revolver, einem Springmesser, einem selbstgebauten Totschläger, einem Schlagring, zwei Schlagstöcken und Pyrotechnik, und zwar auch solcher, die in Deutschland nicht zugelassen ist. Bei den Schusswaffen liegen Anhaltspunkte vor, dass es sich auch um Dekowaffen handeln könnte. Die Durchsuchung war Teil einer größeren Fahndungsmaßnahme. Es ging um ein rechtsextremes Netzwerk, das in Österreich mit Anschlägen, Überfällen und Drogenhandel Schlagzeilen gemacht hat.
Thüringer Rechtsextremisten waren seit der Zerschlagung der Vereinigung „Objekt 21“ im Visier österreichischer Behörden. Das „Objekt 21“ gilt als die größte und gefährlichste Naziorganisation seit Kriegsende in Österreich. In ihrem Domizil in Windern, einem Ort zwischen Linz und Braunau, fanden regelmäßig Treffen deutscher und österreichischer Neonazis statt. Ende Januar 2004 war die Gruppe zerschlagen worden.
Kürzlich wurde in einer Prozessserie gegen Mitglieder und Unterstützer dieser Neonaziorganisation erstmals ein deutscher Rechtsextremist verurteilt. Dieser einschlägig vorbestrafte Neonazi kommt aus dem Raum Gotha.
Das zweite Ereignis fand bereits im November 2012 in Gotha statt. Vor dem Haus des Vereins JU.W.E.L. E.V., dessen Vorstandsmitglieder bereits in linksextremistischen Zusammenhängen in Erscheinung getreten sind, kam es zu einer Explosion von Pyrotechnik. Videoeinstellungen im Internet ergaben Hinweise auf ein von Rechtsextremisten betriebenes Wohnprojekt in Crawinkel.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, seit Längerem werden auch Themen wie die Finanzkrise oder Kinderschänder von Rechtsextremisten instrumentalisiert und zum Gegenstand eigener Propaganda gemacht. So fanden Versammlungen unter freiem Himmel in Blankenhain zum Thema „Kein Rückzugsort für Kinderschänder und Sexualstraftäter“ oder auch in Erfurt zum Thema „Wir wollen leben - Zukunft statt EU-Wahn“ statt.
Von besonderer Bedeutung für die NPD waren vor dem Hintergrund des neuen Verbotsverfahrens die Wahlen zum Deutschen Bundestag im Herbst letzten Jahres. Die NPD erhielt bundesweit 1,3 Prozent der Zweitstimmen und verlor gegenüber der Bundestagswahl 2009 insgesamt 74.865 Stimmen. In Thüringen erreichte sie 3,2 Prozent der Zweitstimmen. Die Direktkandidaten der NPD verzeichneten im Bundesdurchschnitt einen Stimmenanteil von 1,5 Prozent. Lediglich sechs Kandidaten erhielten einen Stimmenanteil von über 5 Prozent, darunter der Direktkandidat im Thüringer Wahlkreis 196 Sonneberg/Saalfeld-Rudolstadt, Saale-Orla-Kreis mit 5,2 Prozent. Bei der Mehrzahl der hiesigen Landkreise bewegte sich der Zweitstimmenanteil unter 4 Prozent. Im Landkreis Eichsfeld und in den kreisfreien Städten Suhl, Erfurt, Weimar und Jena erhielt die NPD weniger als 2 bzw. 3 Prozent der Zweitstimmen. Lediglich in Eisenach entfielen 4,8 Prozent der Zweitstimmen auf die NPD. Die Ergebnisse zeigen, dass die NPD ihre Stimmenanteile in Thüringen halten und bei den Erststimmen sogar etwas ausbauen konnte. Mit dem erreichten Anteil von 3,2 Prozent liegt die NPD auch in Thüringen weiterhin unter der 5-Prozent-Marke. Dieses Ergebnis darf uns allerdings in keiner Weise beruhigen.
Bei den anstehenden Kommunalwahlen am 25. Mai dieses Jahres gibt es, und ich sage es bewusst, wie bereits im Jahr 2009 keine 5-Prozent-Hürde mehr, so dass die NPD es erneut schaffen wird, in zahlreiche Kommunalvertretungen einzuziehen. Auch bei der Europawahl am gleichen Tag ist der Einzug in das Straßburger Parlament nicht ausgeschlossen, hat das Bundesverfassungsgericht doch in seiner Entscheidung vom 26. Februar dieses Jahres die bislang in Deutschland geltende 3-Prozent-Hürde
für die Europawahl für verfassungswidrig erklärt. Hierdurch sind alle Demokraten aufgefordert, aktiv den Einzug der NPD in Gemeindevertretungen und Europaparlament zu verhindern.
Der Bundestagswahlkampf der NPD in Thüringen verlief relativ schleppend. Anlässlich des bundesweiten Wahlkampfauftaktes am 11. Mai 2013 in Bad Salzungen fand eine Kundgebung statt. Erst am 17. August 2013 eröffnete der hiesige NPDLandesverband den Wahlkampf. Ihre bundesweite Anti-Islamkampagne unter den Schlagworten wie „Maria statt Scharia“, „Gegen die Islamisierung Deutschlands“ fanden die Kundgebungen unter dem Motto „Aus Liebe zum Tier keine Islamisierung“ unweit einer muslimischen Metzgerei in Erfurt mit ca. 30 Personen statt. In der Folge führte die Partei auch sogenannte Aktionstage durch. Neben umfangreichen Plakatierungsaktionen - Sie alle erinnern sich sicherlich noch an die mehr als scheußlichen Plakate - wurden Flugblätter verteilt und es fanden Kundgebungen unter anderem in der Nähe von Gemeinschaftsunterkünften von Asylbewerbern und Informationsstände mit geringer Resonanz statt.
Im Rahmen der Deutschlandfahrt des NPD-Bundesverbandes kam es in Eisenach, Erfurt und Jena zu Kundgebungen unter dem Motto „Asylflut und Europawahn stoppen - NPD in den Bundestag“.
Umso erfreulicher ist es, dass das Bundesverwaltungsgericht bereits am 12. Dezember 2012 die durch die Bundestagsverwaltung ausgesprochene Strafzahlung der NPD in Höhe von 2,5 Mio. € bestätigt hat. Dies könnte zu einer Schwächung der NPD führen, wissen wir doch alle, dass Wahlkämpfe auch immer ein gewisses finanzielles Budget benötigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nicht zuletzt auch wir Abgeordnete sind dazu aufgerufen, uns mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Mitteln gegen rechtsextremistisches Gedankengut, gegen extremistisches Gedankengut, komme es von rechts oder links, zur Wehr zu setzen.
Wenngleich Thüringen das einzige ostdeutsche Bundesland ist, in dem noch nie seit 1990 eine rechtsextreme Partei in den Landtag einziehen konnte, so müssen wir uns stets der Gefahr bewusst sein. Gerade im Vorfeld der anstehenden Landtagswahl am 14. September gilt es, wachsam zu sein und die Bürgerinnen und Bürger vor den Gefahren und Konsequenzen eines Einzugs rechtsextremer Parteien in dieses Haus zu warnen. Es gilt umso mehr, als die NPD auch unter Berücksichti
gung ihres Zusammenwirkens mit anderen rechtsextremistischen Strukturen hier weiterhin die größte Gefahr für unser freiheitliches demokratisches Gemeinwesen darstellt. Auch sprechen die beschriebenen umfangreichen Aktionen der sogenannten Freien Kräfte mit ihrem wenn auch mäßigen, aber doch stetigen Mobilisierungspotenzial ihre Sprache und müssen uns wachsam machen.
Ich bin mir sicher, dass jeder von Ihnen, werte Kolleginnen und Kollegen, in irgendeiner Weise in seinem Wahlkreis schon mit Aktionen der beschriebenen Art befasst war. Als ein Beispiel für das Zusammenwirken von NPD und Freien Kräften kann die Kameradschaft Eichsfeld um Thorsten Heise benannt werden. Besagter Heise sitzt seit 2009 für die NPD im Eichsfelder Kreistag und veranstaltet auf seinem Anwesen in Fretterode regelmäßig Kameradschaftsabende, an denen in der Regel ca. 15 Personen aus Thüringen und den angrenzenden Bundesländern teilnehmen. Über Herrn Heise unterhält die Kameradschaft Kontakte zu Rechtsextremisten in anderen Bundesländern und im Ausland. Vor diesem Hintergrund sind insbesondere noch die zahlreichen Angriffe und Beschädigungen von Wahlkreisbüros zu benennen, bei denen ein politisch rechtsmotiviertes Tatmotiv offenkundig ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was das Thema Immobilien angeht, ich hatte unter anderem das Objekt in Crawinkel mehrfach erwähnt, wurde über den aktuellen Sachstand zu den von Rechtsextremisten benutzten Objekten bzw. Grundstücken im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung unterrichtet. Während das „Braune Haus“ in Jena und die „Erlebnisscheune“ in Kirchheim im Ilm-Kreis, die nun als Veranstaltungsort eines NPD-Bundesparteitags zu trauriger Bedeutung gelangt ist, schon einige Jahre als Veranstaltungsorte bekannt sind, befinden sich andere Objekte erst seit wenigen Jahren im Besitz rechtsextremistischer Kreise. Wie Sie wissen, wird das ehemalige Rittergut in Guthmannshausen im Landkreis Sömmerda, welches im Mai des Jahres 2011 durch das Thüringer Liegenschaftsmanagement veräußert wurde, durch den rechtsextremistischen Verein Gedächtnisstätte e.V. betrieben. Die Veräußerung wurde seinerzeit durch den Freistaat Thüringen wegen arglistiger Täuschung angefochten. Diese Anfechtung wurde durch das Landgericht Erfurt abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung im Januar dieses Jahres zurückgewiesen. Das Berufungsgericht folgte in allen Punkten der Begründung des Landgerichts Erfurt im erstinstanzlichen Urteil für die Abweisung der Anfechtungsklage. Kürzlich hat die Landesregierung mitgeteilt, dass wegen der geringen Erfolgsaussichten von der Einlegung einer Nicht-Zulassungsbeschwerde gegen das Berufungsurteil abgesehen worden ist und somit das Berufungsurteil rechtskräftig ist. Ein weiteres Objekt, die ehemalige Bahnhofsgaststätte in Marlis
hausen im Ilm-Kreis, wird seit 2012 als Sitz des Vereins „Schlesische Jugend - Landesgruppe Thüringen“ genutzt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die im Nachgang zur Gründungsveranstaltung im Juni 2012 beantragte Eintragung des Vereins in das Vereinsregister abgelehnt wurde. Der Verein besitzt somit weiterhin keine Rechtsfähigkeit. Schließlich - das möchte ich an dieser Stelle der Vollständigkeit halber noch einmal erwähnen - haben rechtsextremistische Kreise auch in Ballstädt eine weitere Immobilie erworben, das sogenannte Gelbe Haus. Ein Bewohner, Frontmann der Band „Sonderkommando Dirlewanger“, wurde wegen des Überfalls auf die Kirmesgesellschaft in Ballstädt kürzlich in Haft genommen. In diesem Zusammenhang geht der eindringliche Appell an die Landesregierung, alle ihr zur Verfügung stehenden rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um Immobilienveräußerungen seitens des Landes an Rechtsextremisten zu verhindern und Kommunen und Privatpersonen jede erdenkliche Hilfe anzubieten und zu sensibilisieren, um Immobilienveräußerungen an Rechtsextremisten zukünftig zu verhindern.
Dies hat in einigen Fällen gut funktioniert. Hierfür möchten wir allen Beteiligten, vor allem aber auch Privaten, die von einer Veräußerung an rechtsextreme Erwerber Abstand genommen haben, unseren Dank aussprechen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nochmals auf die NPD zurückkommen. Wie Sie wissen, hat der Präsident des Bundesrates am 3. Dezember letzten Jahres beim Bundesverfassungsgericht einen Antrag auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der NPD eingereicht. Leider beteiligte sich der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung nicht, wie 2001 noch, mit eigenen Anträgen am Verbotsverfahren. Der niedersächsische Ministerpräsident und derzeitige Bundesratspräsident Stephan Weil äußerte sich zu dem neuen Verbotsantrag wie folgt, ich zitiere: „Der Antrag basiert auf intensiven und überzeugenden Vorarbeiten der Innenminister der Länder. Wir sind davon überzeugt, dass die verfassungsfeindlichen Aktivitäten von der NPD nicht weiter hingenommen werden dürfen.“ Mit der Abgabe der Klageschrift und dem Vorliegen der Antragserwiderungsschrift kann nun die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts über die Frage der Verfassungswidrigkeit und des Verbots der NPD beginnen. In der rund 250 Seiten umfassenden Anklageschrift betonen die Prozessbevollmächtigten des Bundesrates, dass die NPD eine außerordentliche Nähe zum Nationalsozialismus hat und sich selbst in der Tradition der NSDAP sieht. Zudem zielt sie darauf ab, die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland im Ganzen zu beseitigen. Ihre Ideolo
gie sei mit den zentralen Elementen der Verfassung daher unvereinbar. Sie verfolgt das Ziel der Abschaffung der Ordnung im ganzen Bundesgebiet und habe mithilfe der Gesamtorganisation auf lokaler Ebene bereits Beeinträchtigungen dieser Ordnung erreicht. Die Klageschrift stützt sich maßgeblich auf allgemein zugängliche Materialien. Zudem sind Erkenntnisse über Aktivitäten der Partei durch offene Ermittlung gewonnen worden. Zur Vertiefung der Tatsachenbasis wurden auch Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Forschung einbezogen. Damit gibt es, anders als im ersten Verfahren zum Verbot der NPD, kein Problem mit der Einbeziehung sogenannter V-Leute. Die Quellenfreiheit wird von allen Innenministern bestätigt.
Die PKK wurde im Vorfeld der Antragseinreichung durch die Landesregierung unterrichtet und wird über den Fortgang des Verfahrens auf dem Laufenden gehalten. Ihr wurde sowohl die Antragsschrift als auch eine Zusammenstellung der sogenannten Beweisbelege zur Verfügung gestellt. Die PKK unterstützt das Parteienverbotsverfahren, hat jedoch auch gewisse Bedenken, die sie bereits im Rahmen des Tätigkeitsberichts im Jahre 2012 äußerte.
Es wäre von vornherein falsch, die Bekämpfung des Rechtsextremismus allein auf ein NPD-Verbot zu konzentrieren. Entscheidend ist vielmehr, dass wir und insbesondere auch wir Abgeordnete des Thüringer Landtags die politische Auseinandersetzung mit den Rechtsextremisten und ihren menschenverachtenden Ansichten in aller Deutlichkeit und auf allen Ebenen führen.
Insbesondere junge Menschen müssen wir gerade gegenüber dem braunen Gedankengut immunisieren. Wir brauchen hier eine wirksame Prävention.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nun zu einem weiteren Schwerpunkt der Arbeit der PKK kommen, dem Linksextremismus. Im linksextremistischen Bereich lagen die Unterrichtungsschwerpunkte im Berichtszeitraum wiederum bei den Aktivitäten der autonomen Szene und hier insbesondere in das Aktionsfeld Antifaschismus hinein. Dabei war festzustellen, dass es zu einem Rückgang der Aktivitäten der hiesigen linksextremistischen Szene im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Veranstaltungen gekommen ist, was auf die personelle und strukturelle Schwächung zurückgeführt werden kann. Linksextremistische Gruppierungen beteiligten sich an Protestveranstaltungen des bürgerlichen Lagers gegen Versammlungen des rechtsextremistischen Spektrums, so beispielsweise im Rahmen des Nationalen Kundgebungstages der NPD am 4. Mai 2013 in Leinefelde im Landkreis Eichsfeld, oder gegen den sogenannten Bürgerprotest gegen das Asylbewerberheim in Greiz. Auch war die linksextremistische autonome Szene an Protesten gegen Veranstaltun
gen der Deutschen Burschenschaft vom 24. bis 26. Mai 2013 in Eisenach beteiligt. Es fiel auch auf, dass lokale Aktivitäten, Mobilisierungen und Proteste gegen Veranstaltungen von Rechtsextremisten oftmals nicht zustande kamen bzw. nicht öffentlichkeitswirksam wurden. Zudem kam es im Rahmen solcher Veranstaltungen immer wieder zu Straftaten. So besetzten Angehörige der „Antifa Erfurt“ am Rande einer Demonstration gegen einen rechtsextremistischen Aufmarsch am 1. Mai 2013 in Erfurt das leerstehende alte Schauspielhaus. An einer weiteren Hausbesetzung am 19. Oktober 2013 in Ilmenau beteiligten sich 25 Personen.
Neben solchen Aktionen kam es durch Angehörige der Szene auch wieder zu Sachbeschädigungen. Am 4. November 2013 wurden in den Heizungskeller der „Landsmannschaft Rhenania zu Jena und Marburg“ in Jena Molotowcocktails geworfen, die sich glücklicherweise nicht entzündeten. Auch bekannten sich Angehörige der Szene im Internet selbst der Sachbeschädigung an Kraftfahrzeugen vermeintlicher Angehöriger der rechtsextremistischen Szene. Dabei wurden im Jahr 2012 zahlreiche Scheiben eingeschlagen, Lackierungen beschädigt und Außenspiegel abgerissen. Den Höhepunkt erreichte diese Aktion am 6. November 2012, als ein Pkw in Flammen aufging. Die Fahrzeuge wurden dabei anscheinend anhand darauf befindlicher Aufkleber ausgesucht, die auf der rechtsextremistischen Szene zuzurechnende Halter schließen ließen. Hierin reiht sich auch ein Übergriff auf einen NPD-Infostand am 25. September 2012 in Rudolstadt ein, bei dem es zu Beschädigungen des Werbeaufstellers und dem Entwenden von Werbematerial gekommen ist.
Die beschriebenen Straftaten stellen keinen legitimen Protest gegen die NPD bzw. die sonstige rechtsextremistische Szene dar
und stoßen in ihrer Art und Weise auf die entschiedene Ablehnung der PKK.
Linksextremisten verunglimpften zudem auch den Protest bürgerlicher Bündnisse gegen rechtsextremistische Aufmärsche im Internet und distanzierten sich vom breiten bürgerlichen Protest, wie beispielsweise vom demokratischen Protest gegen den Thüringentag der Nationalen Jugend in Kahla 2013. Auch diese Art der politischen Auseinandersetzungen stößt auf die entschiedene Ablehnung der PKK.
Im bürgerlichen Protest aus der Mitte der Gesellschaft wird vielmehr ein sehr wirksames Mittel gegen den braunen Ungeist gesehen, der jede Unterstützung braucht. Dass es des breiten Protestes aus der Mitte der Gesellschaft gegen diese braunen Umtriebe bedarf, zeigt auch, dass Linksextremisten
weder im Rahmen der bürgerlichen Gegenveranstaltung noch durch eigene Aktionen vor Ort im Rahmen der Veranstaltung „Rock für Deutschland“ im Jahr 2013 wahrnehmbar waren.
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Vorkommnisse kommt die PKK zu dem Schluss, dass auch von linksextremistischen Organisationen und Strukturen weiterhin Gefahren für unser freiheitliches Gemeinwesen ausgehen und daher eine Beobachtung auch weiterhin geboten ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, regelmäßig unterrichtete die Landesregierung im Weiteren über das Beobachtungsfeld des Ausländerextremismus. Die Schwerpunkte dieser Unterrichtungstätigkeit lagen einmal mehr im Bereich des islamistischen Terrorismus und der salafistischen Bestrebungen. Von besonderer Relevanz waren nach wie vor insbesondere radikalisierte Einzelpersonen, anscheinend ohne festen Organisations- und Gruppenbezug. Dabei gewann das Internet weiter an Bedeutung. Gleichgesinnte finden sich über soziale Netzwerke und Internetforen und kolportieren dabei dschihadistisches Gedankengut. Gleichzeitig wird das Internet auch zum individuellen Dschihad genutzt. Fest gefügte islamistische Organisationsstrukturen sind in Thüringen allerdings nach wie vor nicht bekannt. Etwa 100 Personen bilden eine lose Anhängerschaft von Organisationen, die islamistische Grundsätze vertreten. Dabei gewinnen salafistische Bestrebungen auch in Thüringen jedoch zunehmend an Bedeutung. So wurden auch im Berichtszeitraum anhaltende Aktivitäten salafistischer Akteure festgestellt, wobei das „Internationale Islamische Kulturzentrum - Erfurter Moschee e.V.“ und das „Internationale Islamische Kulturzentrum Nordhausen e.V.“ eine wesentliche Rolle spielen. Dort fanden eine Reihe von Islamseminaren und ähnlichen Vortragsveranstaltungen statt. Als einschlägige islamistische Gruppierungen, die versuchen, ihre Position auch unter den Muslimen in Thüringen zu stärken und Anhänger zu gewinnen, sind die Muslimbrüderschaft - Ihnen sicher auch im Zusammenhang mit der ägyptischen Revolution bekannt -, die Gemeinschaft für Verkündung und Mission sowie die Nordkaukasische Separatistenbewegung, der etwa 25 Personen zugerechnet werden, genannt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz beschreibt den Salafismus im Verfassungsschutzbericht 2012 wie folgt, ich zitiere in Auszügen: „Der Salafismus [gilt] sowohl in Deutschland als auch auf der internationalen Ebene als die zurzeit dynamischste islamistische Bewegung. [...] Unter dem Oberbegriff Salafismus wird eine besonders radikale Strömung innerhalb des Islamismus verstanden, die sich an den vermeintlichen Ideen und der Lebensweise der ersten Muslime und der islamischen Frühzeit orientiert. So geben Salafisten vor, ihre religiöse Praxis und Lebensführung ausschließlich an den Prinzipien des Korans und dem Vorbild des
Propheten Mohammed und den anderen Muslimen - der sogenannten rechtschaffenen Altvorderen [...] - auszurichten. Die Scharia, die von Gott in seiner Offenbarung gesetzte Ordnung, ist nach salafistischer Ideologie jeder weltlichen Gesetzgebung übergeordnet. Dies hat zur Folge, dass Salafisten die Geltung staatlicher Gesetze ablehnen. [...] Zentrales Anliegen der salafistischen Bewegung ist die vollständige Umgestaltung von Staat, Gesellschaft und individuellem Lebensvollzug nach diesen - als ‚gottgewollt‘ postulierten - Normen. [...] Salafisten versuchen, ihre Ideologie durch intensive Propagandatätigkeiten zu verbreiten. Sie selbst bezeichnen diese Aktivitäten als ‚Missionarisierung‘. [...] Salafistische Ideologie wird zunehmend professionell und adressenorientiert verbreitet. Ihre Vertreter wissen sich öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen und üben eine beträchtliche Anziehungskraft vorwiegend auf junge Menschen aus, darunter auch Konvertiten. Breitenwirkung wird vor allem durch das Internet erzielt, durch eine Vielzahl deutschsprachiger Webseiten sowie durch zahlreiche Videos, zum Beispiel im Internetportal YouTube. Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung salafistischer Ideologien nehmen sogenannte Islamseminare und Vorträge von salafistischen Predigern ein. [...] Salafistische Propaganda verbreitet sich auch über deutschlandweit organisierte ‚Islam-Infostände‘, die Verteilung von Broschüren und Flugblättern sowie Publikationen und Übersetzungen salafistischer Grundlagenwerke. Der Salafismus unterteilt sich in eine politische und in eine ‚jihadistische‘ (ter- roristische) Ausprägung. [...] Sie unterscheiden sich vor [allen Dingen] in der Wahl der Mittel. Vertreter des politischen Salafismus stützen sich auf intensive Propagandatätigkeit[en], um gesellschaftlichen Einfluss zu gewinnen. Anhänger des ‚jihadistischen‘ Salafismus hingegen glauben, ihre Ziele durch Gewaltanwendung realisieren zu können. Die Übergänge zwischen politischem und ‚jihadistischem‘ Salafismus sind - wie Auswertungen von Radikalisierungsverläufen gezeigt haben - fließend.
Im Mai 2012 trat zum ersten Mal eine neue Aktionsform auf: die salafistische Straßengewalt. Als im Rahmen des nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampfes Mitglieder der Bürgerbewegung ‚Pro NRW‘ am 1. Mai 2012 vor der ‚Millatu-Ibrahim-Moschee‘ in Solingen [in NRW] und am 5. Mai vor der ‚König-Fahd-Akademie‘ in Bonn [ebenfalls in NRW], Muhammad-Karikaturen des Dänen Kurt Westergaard zeigten, eskalierte die Situation. Salafistische Gegendemonstranten griffen die Mitglieder von ‚Pro NRW‘ und Polizisten an. Insgesamt wurden bei den Ausschreitungen 31 Polizisten verletzt. Ein türkischer Staatsangehöriger stach bei den Ausschreitungen am 5. Mai 2012 mit einem Messer auf zwei Polizeibeamte ein und verletzte sie schwer. Er wurde wegen dieser Handlung angeklagt, zeigte während der Verhandlung aber keine Einsicht. Er rechtfertigte seine Taten mit den Wor
ten: ‚Gelehrte sagen, wer den Propheten beleidigt, verdiene den Tod.‘ und kündigte an, auch künftig so handeln zu wollen. Am 19. Oktober 2012 befand das Landgericht Bonn [...] den Angeklagten des Landfriedensbruchs, der gefährlichen Körperverletzung sowie des Widerstands gegen Vollzugsbeamte für schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren sowie zur Zahlung von Schmerzensgeld.
Diese gewalttätigen Proteste stellen in Deutschland eine im Bereich des Salafismus neue Aktionsform dar. Sie weist Merkmale einer Straßenmilitanz und Parallelen zu linksextremistischen Ausschreitungen auf, so z.B. durch das Mitführen von Fahnen, Steinen, Messern, teilweise Vermummung und das Tragen von martialisch anmutender Kleidung. [...] Zwar vermeiden Akteure in Teilbereichen des politischen Salafismus nach wie vor offene Aufrufe zur Gewalt und geben vor, ihre Ziele mit politischen Mitteln erreichen zu wollen. Die gewalttätigen Ausschreitungen Anfang Mai 2012 [in NRW] haben allerdings gezeigt, wie schnell Salafisten ihr Verhältnis zur Gewalt revidieren können. Diese neue Aktionsform verdeutlicht das auf salafistischer Seite vorhandene Gewaltpotenzial. In erheblichen Teilen der salafistischen Szene in Deutschland hat zudem eine Solidarisierung mit den Gewalttätern stattgefunden. Mit erneuten gewalttätigen Aktionen salafistischer Akteure muss immer dann gerechnet werden, wenn islamkritische bzw. islamfeindliche Positionen öffentlichkeitswirksam in Deutschland vertreten werden. Des Weiteren bildet das von Salafisten verbreitete Gedankengut den Nährboden für eine islamistische Radikalisierung, die zuweilen zur Gewaltbereitschaft und schließlich auch zu einer anschließenden Rekrutierung für den islamistischen Terrorismus führen kann. Es liegen bislang keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Dynamik salafistischer Bestrebungen in Deutschland abschwächt.“ So weit das Zitat.
Von gewalttätigen Ausschreitungen ist Thüringen sicherlich noch weit entfernt. Gleichwohl darf uns dies nicht in einer trügerischen Ruhe wiegen. Vielmehr verdient dieser Bereich verfassungsfeindlicher Bestrebungen in der Zukunft unsere verstärkte Aufmerksamkeit.
Interessant ist sicher, dass die auch bei Infoständen des IIKz Erfurt auf dem Erfurter Anger unter anderem zur Verbreitung gekommene Broschüre „Missverständnisse über Menschenrechte im Islam“ durch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien bereits im Jahr 2012 indiziert wurde. Die Broschüre enthält unter anderem Passagen, in de
nen die Notwendigkeit des Tötens von sogenannten Abtrünnigen dargelegt sowie die uneingeschränkte Anwendung des traditionellen islamistischen Strafrechts, der Scharia, befürwortet wird.
Im Juni 2013 kam es durch die Bundesprüfstelle zu einer weiteren Indizierung. Dabei wurde die Broschüre „Botschaft des Islams“ als jugendgefährdend eingestuft. Die Indizierung erfolgte wegen der nicht im Ansatz akzeptablen sozial-ethischen desorientierenden Auslegung und der Aussagen im Hinblick auf die Propagierung eines Strafsystems, das in eklatanter Weise die Menschenwürde der Täter negiert, und wegen eines diskriminierenden Frauenbildes.
Diese Beispiele zeigen, dass von islamistischen Strukturen auch weiterhin nicht zu unterschätzende Gefahren ausgehen. Deutschland ist aufgrund seiner zentralen Lage, seiner wirtschaftlichen und politischen Bedeutung und seines Engagements in Afghanistan nach wie vor einer besonderen Gefährdung ausgesetzt, was auch regelmäßige Warnhinweise deutscher Sicherheitsbehörden verdeutlichen.
Es ist durchaus richtig, dass Thüringen nicht über große Ballungsräume wie beispielsweise NRW mit dem Ruhrgebiet oder Hessen mit dem Rhein-MainGroßraum verfügt. Gleichwohl gibt es auch bei uns im Umfeld islamischer Einrichtungen - wie beschrieben - Entwicklungstendenzen, die einer verstärkten Beobachtung bedürfen. Zudem verfügt die in Deutschland verbotene Arbeiterpartei Kurdistans kurz PKK - mit dem Teilgebiet Erfurt über gefestigte organisatorische Strukturen und zählt etwa 90 Anhänger. In diesem Zusammenhang sei auch der im September 2012 in Erfurt gegründete Verein Mesopotamien e.V. genannt, dessen Anliegen es ist, das kulturelle Leben hier ansässiger Kurden zu bereichern. Redner traten dabei im Namen der YEKKOM auf, die der Arbeiterpartei Kurdistans nahesteht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bereits in den letzten Berichten haben wir auf die Gefahren hingewiesen, die von der „Rocker-Kriminalität“ ausgehen, welche unzweifelhaft der Organisierten Kriminalität zuzurechnen ist. Unsere damalige Feststellung, dass diese Kriminalitätsform auch bei uns in Thüringen angekommen ist, hat leider weiterhin ihre Berechtigung. Wenngleich Thüringen von weiteren großen Rocker-Prozessen bislang verschont geblieben ist und es keine gravierende Lageveränderung gegeben hat, die Auswirkungen auf das regionale Machtgefüge entfalten würde, darf uns dies nicht über die Gefährlichkeit dieser Gruppierung hinwegtäuschen. Alle vier großen Outlaw Motorcycle Gangs - der Bandidos MC, der Gremium MC, der Hells Angels MC und der Outlaw MC - blieben im Berichtszeitraum in Thüringen vertreten. So verfügt beispielsweise der Hells Angels MC in der Lan
deshauptstadt Erfurt in der Magdeburger Allee über ein Clubhaus. Neben diesen vier großen RockerClubs sind auch der Stahlpakt MC und der Underdogs MC in Weimar weitere feste Größen des Thüringer Rocker-Milieus. Zunehmend wird eine Aufweichung der traditionell unpolitischen Linie der Rocker-Clubs durch den allgemeinen Expansionstrend festgestellt, so dass die Abgrenzung zum Rechtsextremismus nicht länger konsequent vollzogen wird, wie es noch vor einigen Jahren der Fall war. Werte wie unverbrüchliche Bruderschaft, Disziplin, der Gebrauch bestimmter Codes und das hierarchische System der kriminellen Gruppierungen üben auf Rechtsextremisten offensichtlich eine besondere Faszination aus. So konnte festgestellt werden, dass zu Veranstaltungen von RockerClubs auch Rechtsextremisten eingeladen wurden.
Auf drei Vorfälle möchte ich in diesem Zusammenhang hinweisen. Mitte Dezember letzten Jahres kam es bei den Hells Angels in Erfurt zu einer Razzia. Neben der Gaststätte in der Magdeburger Allee wurden sieben weitere Objekte, darunter auch Wohnungen, Clubräume und ein Bordell, durchsucht. Bei den Durchsuchungen wurde u.a. auch eine Waffe sichergestellt. Die Polizei nahm in diesem Zusammenhang drei Männer fest, darunter auch zwei hochrangige Mitglieder des Thüringer Charters der Hells Angels. Den drei Männern im Alter von 35, 37 und 45 Jahren wird gemeinschaftlicher Einbruchdiebstahl im besonders schweren Fall in einem Erfurter Bordell im Januar 2012 vorgeworfen. Dabei wurde ein Geldautomat aufgebrochen, 28.000 € verschwanden. Mitte Februar dieses Jahres kam es erneut zur Durchsuchung der Gaststätte und einer Wohnung der Hells Angels in der Magdeburger Allee in Erfurt. Die Aktion fand im Rahmen von Razzien in drei Bundesländern statt. Gegenstand der Durchsuchung waren Ermittlungen wegen Drogenhandels. Nicht zuletzt kam es ebenfalls im Dezember 2013 zu einem Brand in einem von dem Rocker-Club Underdogs MC angemieteten Nebengebäude in Nohra bei Weimar, welches an einen Fanclub des Fußball-Drittligisten FC RotWeiß Erfurt untervermietet war. Laut einer Polizeisprecherin sei es möglich, dass das Feuer gelegt wurde. Die PKK hat vor diesem speziellen Hintergrund die auch im Schäfer-Bericht empfohlene Neuerung diskutiert, zukünftig die Organisierte Kriminalität nicht mehr als Beobachtungsobjekt zu führen. Aspekte der Kontrolltätigkeit bildeten im Berichtszeitraum wiederum auch frühere fortwirkende und unbekannte Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen DDR in Thüringen. Die PKK legt im Weiteren besonderen Wert darauf, über mögliche Aktivitäten genannter Art informiert zu werden, weshalb sie vonseiten der Landesregierung auch zukünftig re
gelmäßig hierzu unterrichtet wurde. Diese Unterrichtung erfolgte im Rahmen der regelmäßigen Berichterstattung durch die Landesregierung gemäß des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes. Bedeutsame Vorgänge sind für den Berichtszeitraum erneut nicht wiederzugeben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zum Ende dieses Berichtsteils noch auf einen Aspekt kommen,
der in der Vergangenheit weniger Beachtung gefunden hat. Im März letzten Jahres haben Sie alle Post von der Scientology-Organisation, kurz SO, mit einem Gesprächsangebot bekommen. Dem Brief war eine DVD von der 2004 ausgerichteten 35-Jahr-Feier des „Celebrity Centers International“ aus Los Angeles beigefügt. Ebenso trat die SO auch an das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz heran. Bereits im Jahre 2012 wandte sich Scientology im Rahmen einer deutschlandweiten Kampagne mit mehreren Schreiben auch an die Thüringer Ministerpräsidentin mit der Aufforderung, die Beobachtung der SO durch den Verfassungsschutz zu beenden. Zudem stellte die Scientology Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz an das Thüringer Justizministerium.
Sicher haben auch Sie sich die Frage gestellt, wer oder was ist eigentlich „Scientology“. Seit dem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und Senatoren der Länder vom 5. und 6. Juni 1997 wird die SO durch die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Mehrheit der Länder beobachtet. Bei der SO, die sich als Kirche bezeichnet und präsentiert, in Deutschland allerdings nicht als solche anerkannt ist, bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung. So besitzen in einer scientologisch geprägten Gesellschaft die durch das Grundgesetz garantierten Rechte keineswegs einen für die Allgemeinheit verbindlichen Charakter. Die Ideologie der SO entwickelt sich nicht aus der permanenten rationalen Diskussion und lernbereiten Auseinandersetzung mit der Geistes- und Ideengeschichte, sondern beruft sich auf die angeblich ewige Wahrheit ihrer Lehrsätze. Selbst konstruktive Kritik an diesen Lehrsätzen gilt bereits als abweichlerisches und sanktionswürdiges Verhalten. Wesentliche Grund- und Menschenrechte, wie jene freie Entfaltung der Persönlichkeit oder Gleichbehandlung, werden durch eine scientologische Gesellschaft eingeschränkt bzw. außer Kraft gesetzt. Allgemeine und gleiche Wahlen lehnt Scientology ab.
In Thüringen existiert keine Niederlassung der SO. Aktivitäten der SO beschränken sich hier auf das Versenden von Broschüren und Informationsmaterial an öffentliche Einrichtungen und Privatpersonen.
Derartige Maßnahmen gehen jeweils von SO-Niederlassungen außerhalb Thüringens aus. Hinter den Kontaktversuchen zu Multiplikatoren in der Politik verbirgt sich, wie bereits benannt, vor allem das Anliegen, auf die Beendigung der Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden hinzuwirken. Hier gilt es, wachsam zu bleiben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich nach dem Bericht über die allgemeine Unterrichtungstätigkeit der Landesregierung nunmehr einige Vorgänge, wie es das Verfassungsschutzgesetz nennt, „von besonderer Bedeutung“ herausgreifen, die in den letzten Monaten ebenfalls auf unserer Agenda gestanden haben. Unter der Überschrift „Geheimoperation in Thüringen“ berichteten die Berliner Zeitung am 16. Juni 2012 und am 18. Juni 2012 die Thüringische Landeszeitung unter der Überschrift „Ein Tummelplatz für Geheimdienste“ über eine der PKK und Ihnen sicherlich auch bis zum damaligen Zeitpunkt unbekannte „Operation Rennsteig“. Am gleichen Tag äußerte sich das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz in einer Pressemitteilung dergestalt, dass unter anderem auch der PKK in den - ich zitiere „zurückliegenden Monaten Unterlagen übersandt worden seien, aus denen sich Einzelheiten der ‚Operation Rennsteig’ ergeben“. Die Presseverlautbarungen und insbesondere der Inhalt der Pressemitteilung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz waren für die PKK-Kommission Anlass, bereits am 20. Juni 2012 zu einer Sitzung zusammenzutreten, um sich über die näheren Umstände dieser Operation unterrichten zu lassen. Nach den Ausführungen der Landesregierung habe es sich bei der als „Operation Rennsteig“ bezeichneten Maßnahme, welche von 1997 bis 2003 durchgeführt worden sei, um eine Operation des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Zwecke der Verbesserung der Zugangslagen im Rechtsextremismus gehandelt. Keinesfalls habe die Operation zur Ergreifung der damals Flüchtigen Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos gedient. Dies zeige bereits der frühe Beginn der Maßnahme im Jahr 1996, somit vor den Ereignissen und dem Komplex NSU. Involviert gewesen seien neben dem Bundesamt für Verfassungsschutz der MAD, das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz und auch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz. Beim Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz existierte zur „Operation Rennsteig“ jedoch kein geschlossener Vorgang, vielmehr gebe es nur einzelne Aktenstücke. Wie bereits benannt, hätten die Maßnahmen der Verbesserung des nachrichtendienstlichen Zugangs des Bundesamtes für Verfassungsschutz gedient. Zielobjekte sei daher nicht allein der Thüringer Heimatschutz gewesen, sondern vielmehr auch die NPD und ihre Nachwuchsorganisation JN. Wie in der Presse zutreffend ausgeführt, war die „Operation Rennsteig“ in einer ersten chronologischen Darstellung der Geschehnisse um den
NSU des Bundesamtes für Verfassungsschutz, und zwar mit dem Stand vom 1. Dezember 2011, aufgeführt, welche sowohl der hiesigen Schäfer-Kommission vorgelegen hat als auch der PKK vorliegt. Als problematisch stellte sich im weiteren Fortgang der Beratungen heraus, dass nicht mehr feststellbar war, ob und gegebenenfalls inwieweit die PKK seinerzeit über den Zusammenhang mit der „Operation Rennsteig“ unterrichtet wurde. Dies ist sicherlich auch dem Umstand geschuldet, dass bis Ende des Jahres 2011 über die Sitzungen der PKK lediglich Beschlussprotokolle erstellt wurden, aus denen der Beratungsverlauf heute nur noch in Ansätzen rekapituliert werden kann. Seit geraumer Zeit werden die Beratungen der PKK in Ergebnisprotokollen festgehalten, die neben den Beschlüssen nunmehr auch die wesentlichen Beratungsinhalte zum Inhalt haben. Nichtsdestotrotz war für die PKK nicht nachvollziehbar, weshalb die Landesregierung über einen Maßnahmekomplex, der sich über einen sechsjährigen Zeitraum erstreckte und in den das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz involviert war, offensichtlich bislang nicht unterrichtet hatte.
Auf Kritik stieß zudem, dass vonseiten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz im Rahmen der Berichterstattung zum sogenannten Trio offensichtlich zunächst kein Zusammenhang zwischen dem Thüringer Heimatschutz, dem Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe angehörten, und dem NSU hergestellt wurde, weshalb eine frühzeitige Berichterstattung zur „Operation Rennsteig“ ausblieb und entsprechende Unterlagen der PKK nicht übergeben wurden. In diesem Zusammenhang von der PKK befragte ehemalige Mitglieder des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz konnten sich zum Großteil nicht an eine solche Operation erinnern bzw. ihnen war nicht einmal die Begrifflichkeit bekannt. Lediglich ein ehemaliger Mitarbeiter informierte darüber, dass es in diesem Zusammenhang mehrere Arbeitsbesprechungen vom Bundesamt für Verfassungsschutz, MAD, Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz und Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz gegeben habe. Ziel sei es dabei gewesen, Angehörige der Bundeswehr bzw. solche Personen, die der Wehrüberwachung unterlagen, zu überprüfen, inwieweit sie als mögliche Quellen eingesetzt werden können.
Im Rahmen der „Operation Rennsteig“ habe es eine Reihe von Werbungsmaßnahmen, die das Bundesamt für Verfassungsschutz durchführte, gegeben. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass drei der geworbenen VMs später an das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz übergeben wurden und erst kürzlich vor dem Hintergrund von Waffenfunden im Jahre 2005 in Sonneberg einer von ihnen wieder in Erscheinung trat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesen Zeitraum fiel auch - Sie werden sich erinnern - die
Versetzung des langjährigen Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Sippel, in den einstweiligen Ruhestand. Auch wir Kommissionsmitglieder stellten leider zunehmend fest, dass die Vertrauensbasis zur Hausleitung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz immer brüchiger wurde und zum Schluss als zerrüttet angesehen werden musste. Dies hat sicherlich maßgeblich mit der unzureichenden Informations- und Auskunftsbereitschaft der Landesregierung zu tun und gipfelte schließlich in der zu Beginn meiner Ausführungen zur „Operation Rennsteig“ angeführten Pressemitteilung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einen weiteren Aspekt ansprechen, mit dem sich die PKK im Berichtszeitraum auseinandergesetzt hat. Im Oktober des Jahres 2012 berichteten verschiedene Medien, unter anderem auch der MDR, über einen Anwerbungsversuch des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz in der linken Szene. Bei der betroffenen Person handelt es sich um einen ehemaligen Mitarbeiter unserer Kollegin, der Abgeordneten König. Die mediale Berichterstattung nahm die PKK zum Anlass, sich über die näheren Umstände des Werbungsfalls durch die Landesregierung folgendermaßen unterrichten zu lassen: Im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz bestand die Notwendigkeit, die Zugangslage zur militanten gewaltbereiten linksextremistischen Szene zu verbessern. Vor diesem Hintergrund wurden die dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung stehenden Informationsquellen, insbesondere polizeiliche Dateien und auch das zentrale staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister, im Rahmen des rechtlich Möglichen geprüft und auch entsprechende Internetrecherchen durchgeführt. Die in Rede stehende Person fiel dabei auf, da sie im Rahmen von Demonstrationen gegen rechtsextremistische Versammlungen sowohl in Warschau als auch in Berlin polizeilich erfasst, gleichwohl aber bislang nicht vorbestraft gewesen war.
Sie hatte somit Zugang in die Szene, was sie für eine Zusammenarbeit interessant gemacht hätte. Nach den weiteren Aussagen der Landesregierung war hingegen nicht feststellbar, dass ein Zusammenhang dieser Person mit der Tätigkeit für eine Abgeordnete bestanden hat. Von einer durchaus rechtlich möglichen Abfrage nach dem SGB bei den Sozialversicherungsträgern zu ehemaligen Arbeitgebern wurde fälschlicherweise Abstand genommen, da es infolge des jungen Alters von 21 und der bisherigen Vita unwahrscheinlich erschien, dass der Betroffene bereits in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis gestanden hat.
Zudem dauern solche Anfragen in der Regel bis zu einem halben Jahr, so dass die Informationen danach nur noch einen bedingten Wert haben. Eine Abfrage bei den Finanzbehörden war wegen des Steuergeheimnisses nicht möglich, wobei auch unwahrscheinlich war, dass Studenten beziehungsweise junge Menschen generell überhaupt schon über ein steuerpflichtiges Einkommen verfügen. Wie Sie wissen, hat die Zielperson bereits während des Anspracheversuchs telefonischen Kontakt zu einer weiteren Person aufgenommen und mitgeteilt, dass sie gerade vom Verfassungsschutz angesprochen wird. Damit war die Werbungsmaßnahme für das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz beendet. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz versicherte, wäre die Ansprache erfolgreich gewesen und hätte man bei der Aufnahme des persönlichen und beruflichen Lebens mitbekommen, dass ein Mitarbeiterverhältnis zu einer Abgeordneten bestanden hätte, so wäre die Zusammenarbeit im Übrigen sofort beendet worden. Frau Abgeordnete König erklärte sich dankenswerterweise bereit, der PKK für Fragen zur Verfügung zu stehen. Sie informierte über die verschiedenen Praktika und Anstellungsverhältnisse ihres ehemaligen Mitarbeiters und wies darauf hin, dass es im Rahmen einer Internetrecherche durchaus möglich gewesen wäre, ein Näheverhältnis zu ihr festzustellen. Im Weiteren wurde der damals für die werbungsvorbereitende Maßnahme und die Ansprache zuständige Mitarbeiter des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz befragt. Es wurde dabei sehr deutlich, wie aufwendig entsprechende Forschungsmaßnahmen sind und welche Daten in diesem Zusammenhang erhoben und geprüft werden. Ein wie auch immer geartetes, oftmals unterstelltes aktionistisches Handeln war der in Rede stehenden Forschungsmaßnahme hingegen fremd. Wir, die Kommissionsmitglieder, gewannen hingegen einen vertieften Einblick in den Ablauf einer sogenannten Erstansprache. Dennoch besteht die Pflicht des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, auch bei der Anwerbung rechtsstaatliche Normen zu wahren und jegliche Beeinträchtigung der Legislative zu vermeiden.
Gerade aber, weil auch bei aller Sorgfalt unbeabsichtigte Übergriffe des Verfassungsschutzes in den Bereich der Legislative nicht ausgeschlossen werden können, bedarf es zukünftig einer strikten Pflicht zur zeitnahen Unterrichtung der PKK, wenn derartige Fälle auftreten. Dieser Aspekt sollte auch bei der Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes berücksichtigt werden.
Meine Damen und Herren, neben den soeben benannten Aspekten spielte natürlich auch der Komplex NSU weiter eine wichtige Rolle. Wie Sie wissen, beschäftigt uns, beschäftigt die ganze Republik dieses Thema bereits seit November 2011.
Verschiedene Gremien, sowohl auf Bundesebene als auch in anderen Bundesländern, haben sich intensiv mit den Verbrechen und den näheren Umständen auseinandergesetzt. Immer wieder stellt sich auch uns die Frage: Wie konnte es dazu und so weit kommen? Hätten die Verbrechen verhindert werden können? Wer hat Fehler gemacht und wer trägt letztendlich die Verantwortung dafür, dass das Mord-Trio und deren Helfer so lange unerkannt wüten konnten? Im Tätigkeitsbericht aus dem Juni 2012 hat die PKK ausführlich hierzu Stellung genommen. Bereits seit Januar 2012 untersucht auch der Untersuchungsausschuss 5/1 des Thüringer Landtags ein mögliches Fehlverhalten der Thüringer Sicherheits- und Justizbehörden, einschließlich der zuständigen Ministerien unter Einschluss der politischen Leitungen, sowie der mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeitenden Personen im Zusammenhang mit Aktivitäten rechtsextremer Strukturen, insbesondere des NSU und des Thüringer Heimatschutzes und seiner Mitglieder, sowie möglicher Fehler der Thüringer Sicherheits- und Justizbehörden bei der Aufklärung und Verfolgung der dem NSU und ihm verbundener Netzwerke zugerechneten Straftaten. So heißt es im Einsetzungsbeschluss.
Am 6. Mai 2013 begann zudem vor dem Oberlandesgericht München das Gerichtsverfahren gegen fünf Angeklagte, darunter Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben. Beate Zschäpe muss sich dabei u.a. wegen Mittäterschaft in zehn Mordfällen, schwerer Brandstiftung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verantworten, Ralf Wohlleben wegen Beihilfe zum Mord an neun Menschen. Die PKK wurde von der Landesregierung regelmäßig über weitere bzw. über neue Erkenntnisse unterrichtet. In diesem Zusammenhang wurde der Kommission eine ganze Reihe weiterer Unterlagen zur Verfügung gestellt, die auch dem Untersuchungsausschuss 5/1 zugeleitet wurden. Lassen Sie mich einige dieser Unterlagen beispielhaft herausgreifen. Sie erinnern sich sicherlich an die seinerzeitige Medienberichterstattung, u.a. im Magazin „Der Spiegel“, zu einem V-Mann des Berliner LKA, der gewisse Bezüge nach Thüringen haben soll. Es wurde auch spekuliert, ob Thüringer Sicherheitsbehörden über die V-Mann-Eigenschaften in irgendeiner Weise Kenntnisse und Informationen vom LKA Berlin gehabt haben. Die V-Mann-Eigenschaft ist nach derzeitiger Aktenlage unbekannt. Im Weiteren wurde im Rahmen der Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu der sogenannten 13er-Liste über die möglichen Hintergründe einer Medienberichterstattung informiert, in der spekuliert wurde, dass insbesondere Herr Wohlleben in irgendeiner Weise einmal als V-Mann aktiv gewesen sein soll. Die Recherchen haben ergeben, dass durchaus durchgeführte Ansprachen sowohl des LKA Thüringen als auch des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz negativ waren. In diesem Zusammenhang stand
auch ein weiteres Schreiben, in dem über einen Vermerk bzw. über eine dienstliche Erklärung des Herrn Dr. F. berichtet wurde, der den Namen Wohlleben aus seiner alten Tätigkeit im Bundesministerium des Innern im Zusammenhang mit einer VMann-Tätigkeit oder einem Anwerbeversuch in Erinnerung gehabt haben soll. Schließlich berichtete die Landesregierung auch über weitere im Bundesamt für Verfassungsschutz gefundene Aktenstücke mit Bezügen nach Thüringen, u.a. auch zu Personen, die zum Terror-Trio zu rechnen seien. Neu waren insoweit die Erkenntnisse, dass es auch beim Bundesamt für Verfassungsschutz eine Personenakte zu Mundlos gegeben habe. In einem weiteren Schreiben im Zusammenhang mit der angeblichen möglichen V-Mann-Eigenschaft des Herrn Wohlleben wurde ein provokativ formuliertes und gewiss nicht ernst gemeintes Bewerbungsschreiben des Herrn Wohlleben als V-Mann übersandt. Auch ließ sich die PKK zu den gegen den ehemaligen Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Roewer, laufenden bzw. abgeschlossenen Gerichtsverfahren unterrichten. Bereits im Rahmen des letzten Tätigkeitsberichtes brachte die PKK ihr Unverständnis hinsichtlich der Einstellung des Strafverfahrens im Jahr 2010 zum Ausdruck. Diese Kritik hält die PKK unverändert aufrecht,
insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass bereits weitere Verfahren eingestellt wurden. Derzeit sind noch beamtenrechtliche Schadenersatzanspruchsverfahren und zivilrechtliche Anspruchsverfahren anhängig. Es bleibt zu hoffen, dass Herr Dr. Roewer zumindest monetär zur Verantwortung gezogen wird und somit, wenn auch nur in einem kleinen Rahmen, zur Wiedergutmachung des massiven politischen und Vertrauensschadens beiträgt, den er dem Freistaat Thüringen aufgebürdet hat. Für die PKK ist es schwer nachvollziehbar, weshalb es den zuständigen Behörden und Gerichten bislang nicht gelungen ist, Herrn Roewer für seine offensichtlichen Verfehlungen während seiner Zeit als Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz rechtlich zur Verantwortung zu ziehen.
Ich darf in diesem Zusammenhang erneut an die Bedeutung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz für die Wehrhaftigkeit und Demokratie gegenüber den Feinden der Verfassung einschließlich eines effektiven Schutzes der in der Verfassung verankerten Menschenrechte erinnern. Für einen wirksamen Beitrag des Landesamtes für Verfassungsschutz als Teil der Sicherheitsarchitektur trägt auch jeder qua Gesetz politische Beamter und der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz eine große persönliche Verantwortung. Die PKK unterstützt alle Anstrengungen, diese auch mit den Mitteln des Rechts einzufordern. Der Ruf des Freistaats Thüringen hat in den letzten Jahren in Bezug
auf die Sicherheitsbehörden gelitten. Dazu hat Herr Dr. Roewer nicht unwesentlich beigetragen.
Meine Damen und Herren, der PKK ist es in diesem Zusammenhang bisher leider auch nicht gelungen, Näheres über die ominöse Person „Günther“ herauszubekommen, zu der es in den Handkassenunterlagen des ehemaligen Präsidenten Dr. Roewer Hinweise gibt. Hier stieß sie bei einer Befragung an die gleichen Grenzen wie auch der Untersuchungsausschuss 5/1, der im Rahmen der Zeugenbefragung des Dr. Roewer ebenfalls keine Antwort erhielt. Gibt es diese Person wirklich oder ist sie bloß ein Phantom? Wir wissen es leider nicht. In diesem Zusammenhang informierte die Landesregierung darüber, dass als Konsequenz aus dem damaligen Umgang mit Operativgeldern durch Herrn Dr. Roewer bereits im Jahre 2000 in Abstimmung mit dem Thüringer Rechnungshof ein Regelwerk erstellt wurde, mit dem die interne Vorschriftenlage verändert und damit ein Kontrollnetz mit einer stärkeren Dokumentationspflicht eingeführt wurde. Es bleibt zu hoffen, dass sich dadurch solche Vorgänge auch zukünftig verhindern lassen.
Meine Damen und Herren, am 25. Juli 2012 titelte die Thüringische Landeszeitung: „Möglicherweise Rechtsextremist bei Wachdienst im Ministerium tätig“. Bekannt geworden war dies durch einen Hinweis der Mobilen Beratung Thüringen, kurz MOBIT. Eingesetzt war der Betroffene als Wachschützer im Thüringer Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Technologie. Im Rahmen einer Hausdurchsuchung fand die Polizei bei dem Mann, der auch im Umfeld der sogenannten „Reichsbürger“ bzw. der sogenannten „Kommissarischen Reichsregierung“ agierte, zahlreiche Kisten mit Propagandamaterial, wie CDs und DVDs, Literatur und sonstiges Schriftgut, welches neben mehreren Computern beschlagnahmt wurde. Zudem wurden auf dem Grundstück größere Mengen an Brennstoff gefunden und ebenfalls sichergestellt. Gegen den ehemaligen Wachmann lief zum damaligen Zeitpunkt auch ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung. Die Landesregierung teilte mit, dass im Bereich des Wirtschaftsministeriums offenbar seit mehreren Jahren keine regelmäßigen Sicherheitsüberprüfungen mehr durchgeführt worden sind. Dies war umso erstaunlicher, als die den Umgang mit Verschlusssachen regelnde Vorschrift, die Verschlusssachenanweisung, für alle Behörden des Landes Geltung entfaltet. Es ist unwahrscheinlich, dass im Wirtschaftsministerium solche Unterlagen nicht anfallen, zumal das Ministerium nach dem Thüringer Sicherheitsüberprüfungsgesetz auch zuständige Stelle für Sicherheitsüberprüfungen bzw. nicht öffentliche Stellen, also den privaten Bereich, ist.
Im Rahmen der weiteren Beratung wurde deutlich, dass es vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage kein Regelungsproblem, gleichwohl aber ein Anwendungsproblem gegeben hat und die einzel
nen Ressorts durchaus verschiedene Herangehensweisen entwickelt haben. Es erging daher der eindringliche Appell, umgehend eine einheitliche Verfahrensweise aller Ressorts herzustellen und Sicherheitsüberprüfungen für diejenigen Personen durchzuführen, die mit Verschlusssachen umgehen bzw. sich hierzu Zugang verschaffen können.
Zum Schluss des ersten Berichtsteils möchte ich Sie noch über zwei andere Aspekte informieren, die einen unmittelbaren Bezug zur Arbeit der Parlamentarischen Kontrollkommission haben. Zum einen verabschiedete die PKK im Februar letzten Jahres eine neue Geschäftsordnung, die die Vorgängerversion ablöst, weil sie - noch aus der 4. Wahlperiode stammend - zunächst vorläufig galt. Die Novellierung war insbesondere auch vor dem Hintergrund gesetzlicher Änderungen und der gemachten Erfahrungen im Zusammenhang mit den Beratungen zum Komplex NSU erforderlich. Die gesetzliche Mindestvorgabe ausschöpfend tritt die Parlamentarische Kontrollkommission nunmehr gemäß geschäftsordnungsmäßiger Festlegung zur effektiven Kontrolle der Landesregierung in der Regel monatlich zur Sitzung und nicht mehr vierteljährlich zusammen. Im Nachgang zu den Sitzungen wurden der Kommission zahlreiche Unterlagen übergeben, die für die Mitglieder der Kommission von der Geschäftsstelle aufbereitet werden. Es werden neue technische Voraussetzungen für die effektive Auswertung der Unterlagen und zur Information der Mitglieder der PKK geschaffen. Für die Unterstützung hierbei möchte ich namens der Mitglieder der Kommission insbesondere der Landtagspräsidentin, Frau Kollegin Diezel, herzlich danken. Zum Zweiten hat Kollege Hausold gemäß § 23 Abs. 2 a des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes von der seit Juli 2012 bestehenden Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen Mitarbeiter seiner Fraktion zur Unterstützung seiner Arbeit zu benennen. Dieser Mitarbeiter der Fraktion DIE LINKE nimmt seit Januar dieses Jahres diese Aufgabe wahr.
Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal wiederholen: Nur durch die effektive Kontrolle durch die PKK kann zukünftig ein Verfassungsschutz als Teil einer wehrhaften Demokratie Legitimation und Vertrauen gewinnen. Wegen der gestiegenen Arbeitsanforderungen der Kommission in qualitativer und quantitativer Hinsicht bedarf es auch einer Verstärkung der Geschäftsstelle der PKK, möglicherweise zusammen mit der Geschäftsstelle der G10-Kommission des Landtags. Dabei muss unbeschadet der Zuständigkeit der Präsidentin für die Angelegenheiten der Landtagsverwaltung der Kommission stets eine ihr fachlich verantwortliche und dem jeweiligen Aufgabenfeld entsprechende Geschäftsstelle zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des erforderlichen Umfangs muss die Stimme der PKK wirksames Gehör finden. Die parlamentarische Beratung der aktuell vorliegenden
Entwürfe zu einer Novellierung des Thüringer Verfassungsschutzes bietet uns den Rahmen, die notwendigen Schritte in dieser Richtung anzustoßen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich im zweiten Teil meines Berichts nunmehr wie bereits angekündigt zu dem Komplex Kai-Uwe Trinkaus berichten, der seit Dezember 2012 die Beratungen der PKK maßgeblich bestimmt.
Zu Beginn meiner Ausführungen darf ich Ihnen zunächst den Ausgangspunkt in Erinnerung rufen. Am 5. Dezember 2012 berichtete der MDR darüber, dass sich Herr Trinkaus ihm gegenüber als früherer Vertrauensmann des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz enttarnt habe. In diesem Zusammenhang berichten die beiden Redakteure, Herr Trinkaus habe in den Gesprächen mit ihnen erklärt, dass er seine Aktivitäten wie die Unterwanderung des Bundes der Vertriebenen jeweils frühzeitig dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz mitgeteilt habe. Aktionen wie die Einschleusung eines Praktikanten bei einem Abgeordneten des Thüringer Landtags und Ähnliches seien sogar mit dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz abgesprochen worden. Darüber hinaus habe er die Behauptung aufgestellt, dass er von seinem V-Mann-Führer die Anschrift der Beschuldigten im Zusammenhang mit der Sachbeschädigung an dem Lokal „Alter Fritz“ erhalten habe, die er später auf seiner Homepage veröffentlicht habe. Auch habe er vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz den Auftrag bekommen, bei der 1.-Mai-Demonstration des Jahres 2007 eine Foto-CD, die einem Journalisten entwendet worden sei, zu besorgen. In der Presseinformation waren auch die an Herrn Trinkaus gezahlten Mittel genannt. Von den geleisteten Informationen war keine Rede. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz bestätigte im Grundsatz die Tätigkeit des Herrn Trinkaus als Vertrauensmann, widersprach aber im Übrigen weitgehend
seinen Behauptungen, insbesondere der Behauptung über den Zeitraum, in dem er für das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz tätig gewesen sei.
Die Enttarnung des Herrn Trinkaus hatte ein breites Presseecho. In der Plenarsitzung des Thüringer Landtags am 12. Dezember 2012 wurde in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE der Sachverhalt diskutiert. In der Plenarsitzung am 14. Dezember 2012 wurde zudem der Untersuchungsausschuss 5/2 mit der Kurzbezeichnung „VLeute gegen Abgeordnete“ eingesetzt. Die PKK forderte bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe vom Thüringer Innenministerium eine Unterrichtung. So wurde die PKK am 6. Dezember 2012 zu einer Sitzung für den 12. Dezember 2012 einberufen. In Vorbereitung auf die Kommissionssitzung leitete das Thüringer Innenministerium der PKK einen vorläufigen Sachverhaltsbericht sowie drei den Sachverhalt betreffende sogenannte Kernakten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz zu. In einer mehrstündigen Abendsitzung der PKK am 12. Dezember 2012, die sich an die Plenarsitzung des Tages anschloss, erfolgte auf der Grundlage des benannten übersandten vorläufigen Sachverhaltsberichts eine ausführliche mündliche Unterrichtung durch die Landesregierung. Die Unterrichtung erstreckte sich auf die Phase nach der Selbstanbietung, die Phase der Führung des Herrn Trinkaus als Vertrauensmann und die Phase der Abschaltung sowie die Zeit nach der Abschaltung. Daraus ergab sich für die PKK folgendes erstes Bild: Ausgehend von einem telefonischen Erstkontakt des Herrn Trinkaus am 31. Mai 2006 beim Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz und der Andeutung, über Zugang zu rechtsextremistischen Kreisen zu verfügen, sowie der Bereitschaft, darüber Informationen zu liefern, sei mit Herrn Trinkaus am 6. Juni 2006 ein erstes Treffen durch zwei Mitarbeiter des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, also ein persönlicher Kontakt, aufgenommen worden. Daran habe sich eine mehrmonatige Forschungs- und Werbungsphase angeschlossen, in denen bereits Treffen stattfanden, Informationen weitergegeben und auch Zahlungen erfolgt seien. Herr Trinkaus sei dann im Januar 2007 an seinen V-Mann-Führer übergeben worden. Im März 2007 sei ihm nach der Erfüllung von erteilten Auflagen der Status eines VM verliehen worden. Bereits während der Werbungsphase habe sich herauskristallisiert, dass Herr Trinkaus nicht ganz unproblematisch sei. So sei er im Landesverband Thüringen des Bundes der Vertriebenen tätig gewesen und auch in weiteren Vereinen in Erfurt. Zudem habe Herr Trinkaus im NPD-Kreisverband Erfurt/Sömmerda zunächst die Funktion eines Beisitzers und des stellvertretenden Kreisvorsitzenden innegehabt und es habe sich bereits abgezeichnet, dass er die Funktion des Kreisvorsitzenden übernehmen könnte. Aufgrund dieser besonderen Um
stände habe es sowohl mit dem aufsichtsführenden Thüringer Innenministerium als auch innerhalb des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz mehrere Gespräche gegeben. Dabei habe insbesondere vor dem Hintergrund einer internen Weisung auch die Frage im Raum gestanden, auf welcher parteilichen Gliederungsebene man Quellen führen dürfe. Aufgrund der Umtriebigkeit des Herrn Trinkaus sowohl innerhalb der NPD bei diversen öffentlichkeitswirksamen Aktionen wie beispielsweise im Rahmen des Tages der offenen Tür im Thüringer Landtag im Jahr 2007 sowie das Anbringen eines Plakates am Gebäude des Thüringer Landtags im Nachgang zur Landtagswahl in MecklenburgVorpommern, bei der die NPD erstmals in das dortige Parlament einzog, als auch in verschiedenen Vereinen sowie der bekanntgewordenen nachrichtendienstlichen Unzuverlässigkeit habe man sich im Juli 2007 entschieden, Herrn Trinkaus spätestens im September 2007 abzuschalten.
Nach der Abschaltung im September 2007 habe es zwei Nachsorgetreffen gegeben, eines noch im Jahr 2007, das zweite zu Beginn des Jahres 2008. Danach habe es bis zum Jahre 2012 noch sieben telefonische Kontakte bzw. Versuche des Herrn Trinkaus gegeben, sich ins Gespräch zu bringen bzw. sich interessant zu machen. Weitere Treffen wie behauptet - und eine erneute Tätigkeit als Vertrauensmann habe es hingegen nicht gegeben.
In dem Zeitraum der Führung des Herrn Trinkaus fiel unter anderem auch die sogenannte Praktikantenaffäre. Seinerzeit wurde versucht, einen Angehörigen der rechten Szene in die Landtagsfraktion der ehemaligen Linkspartei.PDS einzuschleusen. Hinweise darauf, dass diese Aktion dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz bekannt gewesen oder gar von ihm initiiert worden sei, haben sich nicht ergeben. Die Landesregierung gab ergänzend nähere Informationen zu den oben bereits genannten Tätigkeiten des Herrn Trinkaus in verschiedenen Vereinen und im Bund der Vertriebenen, zu dem ständigen Versuch, auf Herrn Trinkaus dahin gehend Einfluss zu nehmen, diese Aktivitäten einzustellen bzw. zurückzufahren, zu Unterwanderungsbestrebungen des Herrn Trinkaus, zur Finanzierung der sogenannten Bürgerstimme, einer NPD-Publikation für den Bereich Erfurt/Sömmerda und den Ilm-Kreis sowie zu den Umständen der sogenannten Schwarzen Liste. Im Weiteren erläuterte die Landesregierung die Verwendung der von Herrn Trinkaus erhaltenen Informationen. Zudem berichtete die Landesregierung über die Informationen verschiedener Gremien, öffentlicher Stellen bzw. Vereine über Unterwanderungstendenzen.
Der Unterrichtung durch die Landesregierung schloss sich eine erste ausführliche Aussprache und Diskussion an. Als Schwerpunkte wurden dabei die Motivation des Herrn Trinkaus und die mögliche Verwendung der erhaltenen Gelder erörtert.
Zudem wurde der Umstand thematisiert, dass bestimmte Vereine bzw. Parteien über Unterwanderungsbestrebungen informiert, andere nicht informiert wurden, und ob die Werbung und Führung von Quellen, die politische Führungsämter auf Kreisverbandsebene einer Partei innehaben, vor dem Hintergrund einer internen Weisung zulässig seien.
Ein weiterer Schwerpunkt war die Frage der Einbindung und Unterrichtung des Thüringer Innenministeriums im Rahmen seiner Fach- und Dienstaufsicht. Schließlich ging es vor dem Hintergrund der Umtriebigkeit des Herrn Trinkaus auch um den Wahrheitsgehalt seiner gelieferten Informationen, um die Höhe der Entlohnung und um die damalige Quellensituation im Phänomenbereich Rechtsextremismus. Die Befragung des mit der Forschung und Werbung betrauten Mitarbeiters des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz gemäß des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes in der gleichen Sitzung hatte umfangreiche, ergänzende, den Sachverhalt weiter erhellende Informationen zur Kontaktaufnahme im Sommer des Jahres 2006, zur Motivlage des Herrn Trinkaus, zur Vorgeschichte sowie zu den Beweggründen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, ihn erst nach einer längeren Werbungsphase als Quelle zu führen, aus der Sicht der Sachbearbeitung zum Inhalt.
Herr Trinkaus habe über ein sehr gutes Informationsaufkommen verfügt. Gleichwohl, seine Umtriebigkeit und seine besondere Rolle in der NPD wurden immer wieder thematisiert. Im Januar 2007 sei Herr Trinkaus dann an den V-Mann-Führer übergeben worden, welcher im Anschluss befragt wurde. Der ehemalige V-Mann-Führer informierte ausführlich darüber, dass es vor dem Hintergrund seiner umfangreichen politischen Aktivitäten in der NPD und in verschiedenen Vereinen Gespräche mit der Hausleitung hinsichtlich einer Weiterführung des Herrn Trinkaus gegeben habe. So sei ihm zur Auflage gemacht worden, aus allen Vereinen auszutreten. Die förmliche Verpflichtung sei dann im März 2007 erfolgt. Aus dem Bereich des Beobachtungsobjektes habe Trinkaus wertige Informationen geliefert, gerade aus solchen Bereichen, die dem Verfassungsschutz bislang fehlten. Der ehemalige VMann-Führer trat in seiner weiteren Ausführung unter anderem den Behauptungen aus der Presseinformation des MDR vom 5. Dezember 2012 entgegen, er habe Herrn Trinkaus in irgendeiner Weise Aufträge hinsichtlich einer Unterwanderung von Parteien, der Einschleusung von Personen in diese erteilt und es habe eine Art Brainstorming zur Einschleusung eines Angehörigen der rechten Szene in die Landtagsfraktion der Linkspartei.PDS gegeben. Auch habe es keinen Auftrag zur Beschaffung einer CD mit Bildern eines Reporters gegeben, welche diesem während einer Demonstration am 1. Mai 2007 am Erfurter Bahnhof entwendet worden
sei. Als eine Besonderheit schildert der ehemalige V-Mann-Führer zudem, dass im Fall des Herrn Trinkaus über Treffs in vielen Fällen zunächst nur der Vizepräsident in seiner Funktion als Abteilungsleiter Auswertung unmittelbar unterrichtet wurde, was der besonderen Eilbedürftigkeit der Informationsweitergabe geschuldet gewesen sei.
In Auswertung dieser ausführlichen ersten Unterrichtung durch die Landesregierung und der Anhörung der beiden unmittelbar mit Herrn Trinkaus betrauten Mitarbeiter bzw. ehemaligen Mitarbeiter des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz war absehbar, dass vor dem Hintergrund der gemachten Erfahrungen der PKK im Zusammenhang mit der Unterrichtung zum NSU-Skandal die Erhellung der näheren Umstände in der bislang geübten Vorgehensweise nicht den gewünschten Erfolg bringen würde. Zudem erschien eine schnelle und gründliche Aufklärung durch die PKK im Interesse des Parlaments und der Wahrung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Wirksamkeit des Verfassungsschutzes gemäß Artikel 97 der Verfassung des Freistaats Thüringen als Teil der Verpflichtung zur wahrhaften Demokratie geboten.
Daher wurde beschlossen, erstmals von der seit Juli 2012 bestehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, nach dem Thüringer Verfassungsschutzgesetz einen Sachverständigen mit der weiteren Ermittlung zu betrauen. Der Untersuchungsauftrag für den Sachverständigen wurde dann in der Sitzung der PKK am 18. Dezember 2012 konkretisiert und beschlossen. Der Gegenstand des Untersuchungsauftrages mit der Bezeichnung „Umstände der Anwerbung und Führung des Herrn Trinkaus sowie Nichteinbindung Dritter“ erstreckt sich auf die vier Themenkomplexe Anwerbungsphase, Führung des Herrn Trinkaus als VM, Nichteinbindung Dritter und Unterrichtung der PKK. Es waren die Fragen zu klären, ob in der Forschungs- und Werbungsphase bzw. in der Führungsphase gegen geltende, einschlägige Dienstvorschriften verstoßen wurde, welche Bedienstete des Thüringer Landesamtes und des Thüringer Innenministeriums Kenntnis hiervon hatten und ob gegebenenfalls Maßnahmen eingeleitet wurden, wer konkrete Entscheidungen getroffen hat, sowie ob es Hinweise auf Unzulänglichkeiten und Besonderheiten in ähnlichen Fällen auch in anderen Forschungs- und Werbungsfällen sowie bei der Führung anderer VMs gab. Im Weiteren stand die Frage im Raum, auf welche Art und Weise Informationen durch Herrn Trinkaus auch zu geplanten und begangenen Straftaten beschafft wurden, wie diese innerhalb des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz erfasst, umgesetzt sowie be- und verarbeitet wurden, welche Weisungen infolge der erlangten Informationen von der Hausleitung gegebenenfalls erlassen wurden, weshalb es im Falle Trinkaus spezielle Vermerke nur an den Vizepräsidenten des Thüringer Landesamtes für Ver
fassungsschutz gab und wie andere Behörden gegebenenfalls informiert wurden. Schließlich war die Frage zu klären, ob das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz über von Herrn Trinkaus initiierte Bespitzelung, Herabwürdigung und Unterwanderung informiert war und wie es von der Tätigkeit des Herrn Trinkaus betroffene Parteien, Fraktionen, Abgeordnete, Vereine und Verbände unterrichtete, warum diese gegebenenfalls nicht unterrichtet wurden beziehungsweise welche Mitglieder der Thüringer Landesregierung und des Thüringer Landtags Kenntnisse von der VM-Tätigkeit des Herrn Trinkaus hatten. Auch waren die Frage der Einbindung der Dienst- und Fachaufsicht des Thüringer Innenministeriums und die Unterrichtung der Öffentlichkeit sowie die Einbindung der PKK Gegenstand des Untersuchungsauftrags.
In der Kommissionssitzung vom 8. Januar 2013 wurde Herr Ministerialdirigent a. D. Dr. Norbert Engel, Ihnen sicher noch als langjähriger Abteilungsleiter und Stellvertreter der Direktorin in der Landtagsverwaltung bestens bekannt, nach Erörterung mehrerer Vorschläge einstimmig zum Sachverständigen bestellt und mit der Durchführung einer unabhängigen Untersuchung beauftragt. Herrn Dr. Engel wurde durch die Landtagsverwaltung ein Büro und eine entsprechende Sachausstattung zur Verfügung gestellt sowie ein Sachbearbeiter der Landtagsverwaltung zur ständigen Unterstützung zugewiesen. Entsprechend der Bitte der PKK wurde der Sachverständige zudem durch die Geschäftsstelle der PKK insbesondere bei der Prüfung rechtlich komplizierter Fragen und beim Aktenzugang unterstützt. Die Landesregierung stellte dem Sachverständigen im Verlauf seiner Ermittlungen neben den bereits benannten drei Kernakten ein weiteres umfangreiches, mehrere hundert Akten umfassendes Konvolut hauptsächlich aus dem Geschäftsbereich des Thüringer Innenministeriums einschließlich des Landesamtes für Verfassungsschutz, des LKA Thüringen, der Landespolizeidirektion und des Thüringer Landesverwaltungsamtes sowohl in Papier- als auch in digitalisierter Form zur Verfügung. Dies wurde durch weitere Aktennachlieferungen sukzessive ergänzt. Nach der Erteilung der vorläufigen Sicherheitsermächtigung am 21. Februar 2013 hat der Sachverständige zunächst die schon vorhandenen Kernakten, namentlich die Sachakte der Zielperson Wesir und die Personenakten 1 und 2 des VM Ares überprüft. In der Folgezeit wurden, wie bereits benannt, weitere Akten sowohl in Papier- als auch in digitaler Form übergeben. Diese Akten wurden zunächst einer kursorischen Überprüfung unterzogen. Auf der Grundlage aus den Akten gewonnener Erkenntnisse wurden vom Sachverständigen folgende Bedienstete beziehungsweise ehemalige Bedienstete des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz nach dem Verfassungsschutzgesetz befragt: Herr Thomas Sippel, ehemaliger Präsident des Landesamtes für
Verfassungsschutz; Herr Gerd Lang, Abteilungsleiter Auswertung ab 26. Juni 2006, zusätzlich Abteilungsleiter Beschaffung ab 1. September 2006 und Vizepräsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz; Herr Eckhard Stelzer, Abteilungsleiter Beschaffung von 2001 bis 1. September 2006; der Referatsleiter des Referats Controlling; der Referatsleiter des Referats Forschung und Werbung seit 2002 sowie stellvertretender Abteilungsleiter Beschaffung und kommissarischer Referatsleiter des Referats VM-Führung vom 1. September 2006 bis 30. November 2006; der Referatsleiter des Referats VM-Führung ab 1. Dezember 2006; der Referatsleiter des Referats Auswertung Rechtsextremismus, der VM-Führer von Herrn Trinkaus in der Werbungsphase ab Januar 2007 und während dessen VM-Tätigkeit ab März 2007 bis zu dessen Abschaltung am 5. September 2007; der Werber von Herrn Trinkaus in der Werbungsphase bis zum 19. Dezember 2006; der zuständige Sachbearbeiter im Referat Auswertung Linksextremismus. Weiterhin wurden aus dem Thüringer Innenministerium befragt: Herr Staatssekretär Bernhard Rieder, ehemals zuständiger Abteilungsleiter für die Fachaufsicht über das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz; Herr Wolfgang Kalz, zuständiger Referatsleiter für die Fachaufsicht über das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz. Schließlich wurden nach § 24 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 Satz 2 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes befragt: Herr Stefan Baldus, ehemaliger Staatssekretär im Thüringer Innenministerium bis 2007; Herr Dr. Karl-Heinz Gasser, ehemaliger Thüringer Innenminister. Zusätzlich wurde der ehemalige VM Herr Trinkaus angehört. Soweit erforderlich, wurden zusätzliche telefonische Auskünfte, zum Beispiel über Urlaubszeiten und Krankheitszeiten der Mitarbeiter eingeholt und weitere erforderliche Akten der Landesregierung angefordert. Die befragten Personen erhielten durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz oder das Innenministerium umfassende Aussagegenehmigungen. Sämtliche Personen haben im Rahmen ihrer Befragung Angaben gemacht. Dieses gilt auch für den Herrn Trinkaus, der jedoch bei einigen Fragen keine Angaben machte. Nach dem Thüringer Verfassungsschutzgesetz hat der Sachverständige der Parlamentarischen Kontrollkommission keine Zwangsmittel, mit der er eine Aussage von Herrn Trinkaus hätte erzwingen können. Der Sachverständige hat gemäß des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes zudem von der Befugnis Gebrauch gemacht, Zutritt zu den Dienststellen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz zu erhalten und dabei insbesondere die vollständigen VM-Akten vor Ort stichprobenhaft auf vergleichbare Fälle geprüft. Der Sachverständige berichtete mehrfach der PKK zum Sach- und Verfahrensstand und schloss seine Untersuchungen mit der Zuleitung seines Berichts vom 25. Juli 2013 zum Komplex
„Umstände der Anwerbung und Führung des Herrn Trinkaus sowie Nichteinbindung Dritter“ an den Vorsitzenden der PKK am 26. Juli 2013 vorläufig ab. Der Bericht erhielt den Geheimhaltungsgrad „VS Nur für den Dienstgebrauch“ und wurde demgemäß den Mitgliedern der PKK zur Verfügung gestellt. Nach Beendigung des Berichtsersuchens wurden der PKK zudem durch den Sachverständigen die Wortprotokolle der Vernehmungen bzw. Befragungen übergeben. Der Sachverständige berichtete in der Sitzung der PKK vom 27. August 2013 zu den wesentlichen Inhalten seines Berichts und nahm an den weiteren Sitzungen der PKK zur Beratung des Berichts teil. Auf den Inhalt gehe ich noch ein.
Bereits an dieser Stelle darf ich Herrn Dr. Engel sowie seinen Mitarbeitern auch im Namen meiner Kommissionskollegen einen herzlichen Dank für seine Untersuchungen und seine Berichterstattung aussprechen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie können sich sicherlich noch erinnern, Teile des Sachverständigenberichtes gelangten auf bislang nicht ergründbarem Wege an die Presse, was aus Sicht der Kommissionsmitglieder mehr als bedauerlich ist. Mit Erstaunen musste die PKK aber auch zur Kenntnis nehmen, dass der der Landesregierung zum Zwecke der Stellungnahme zugeleitete Bericht - ungeachtet der noch andauernden Beratungen in der PKK - durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz wegen der möglicherweise enthaltenen neuen Ansätze für strafrechtliche Ermittlungen ohne - und ich betone es ausdrücklich -, ohne Einverständnis, Zustimmung oder sonstige Einbindung der PKK an die Staatsanwaltschaft Erfurt weitergegeben wurde. Dieser Umstand ist ungeachtet der rechtlichen Zulässigkeit im Sinne eines kooperativen Zusammenwirkens mehr als bedenklich. Die PKK hat den Bericht des Sachverständigen sowie die Stellungnahme der Landesregierung dazu in der Folge zudem dem hiesigen Untersuchungsausschuss 5/2 zum Zwecke der Einsichtnahme zugeleitet, um so die Arbeit des Untersuchungsausschusses bestmöglich zu unterstützen. Die Mitglieder der PKK haben darüber hinaus weiteren Amtshilfeersuchen des Untersuchungsausschusses in der Sache entsprochen. In Verfahrensfragen haben die PKK und der Untersuchungsausschuss durch die Geschäftsstellen schnell und unkompliziert zusammengearbeitet. Die PKK hält aber auch an dem Grundsatz fest, dass sich nach ihrer Geschäftsordnung ihre Mitglieder im Interesse eines gegenseitigen Vertrauens in die Funktionsfähigkeit der wehrhaften Demokratie auf freiwilliger Grundlage einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen. Dies erwarten die Mitglieder auch dann, wenn andere parlamentarischen Gremien aus berechtigtem Anlass Einsicht in die der Kommission vorliegenden Berichte und Unterlagen nehmen. Die Mitglieder der PKK dan
ken daher ausdrücklich den Kollegen im Untersuchungsausschuss 5/2 für ihre Bereitschaft, sich gegebenfalls ebenso einer Sicherheitsüberprüfung zu unterziehen. Letztlich war ein solches Verfahren im Hinblick auf die Vorlage des Berichtes des Sachverständigen Dr. Engel nicht mehr erforderlich. Auch hierin zeigt sich der besondere Wert der Möglichkeit, gesonderte Vorabermittlungen durchführen zu können und einen Sachverständigen beauftragen zu können. Auch dieser Aspekt sollte bei der Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes beachtet werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach mündlicher Erläuterung der wesentlichen Ergebnisse der Untersuchung durch den Sachverständigen in mehreren Kommissionssitzungen fand, wie bereits ausgeführt, eine ausführliche Beratung der Berichtsinhalte und der Untersuchungsergebnisse statt. Die in der Erörterung der Ergebnisse eingeflossene erste Stellungnahme des Thüringer Innenministeriums zum Bericht stieß auf erhebliche Kritik der PKK. Vor diesem Hintergrund wurde die Stellungnahme überarbeitet und mit Schreiben vom 22. Oktober 2013 in der überarbeiteten Fassung erneut übersandt. Auch diese Fassung war Gegenstand kritischer Anmerkungen. Eine grundlegende inhaltliche Änderung war nicht erkennbar.
Lassen Sie mich einige Kritikpunkte näher erläutern: Die Stellungnahme geht auf eine Reihe von Schwerpunkten der Untersuchung des Sachverständigen nicht einmal ansatzweise ein bzw. wurden nicht nachvollziehbare Sachverhalte nahegelegt. Es wurden selektiv Textpassagen des Berichts angeführt, um nachzuweisen, dass das untersuchte Vorgehen der verantwortlichen Stellen und Personen in Ordnung gewesen ist. Wesentliche Inhalte des Sachverständigenberichts und Problemstellungen blieben hingegen unberücksichtigt: die Mängel im Controlling beim Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz bei der Aktenführung und Informationsweitergabe, außerdem die wohl unzureichende Information des damaligen Ministers bzw. nicht eindeutige Kommunikation sowie besonders die Bewertung der Position und der Person des Herrn Trinkaus. Auch fehlte eine Auseinandersetzung, weshalb die Verantwortung zwischen Thüringer Innenministerium und Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hin- und hergeschoben wurde, und die Beantwortung der Frage, weshalb die Causa Trinkaus offensichtlich bewusst gegenüber der PKK verschleiert worden ist. Ebenso fand keine Erwähnung, dass die vorhandenen einschlägigen Dienstvorschriften des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz so unkonkret formuliert waren, dass sie einen großen Interpretationsspielraum bei ihrer Anwendung zuließen. Es erhärtete sich im Verlauf der Beratung der Eindruck, dass sich das Thüringer Innenministerium bewusst nur selektiv mit dem Bericht des Sachverständigen auseinandergesetzt
hatte. Würden die vom Thüringer Innenministerium nahegelegten Sachverhalte angenommen, würde ein dem Bericht des Sachverständigen in wesentlichen Teilen entgegenstehendes Bild entstehen.
Die PKK hat auf der Grundlage des Berichts des Sachverständigen umfangreiche Anhörungen nach dem Verfassungsschutzgesetz durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 23 Personen in das Verfahren einbezogen, deren personenbezogene Daten in dem Bericht enthalten waren. Dieses Anhörungsverfahren hat geraume Zeit in Anspruch genommen. Die Ergebnisse der Anhörungen sind in die Berichterstattung der Kommission eingeflossen. Gleichwohl weist die PKK darauf hin, dass ein derart umfangreiches Anhörungsrecht, das in bundesrechtlichen Vorschriften und auch im thüringischen Untersuchungsausschussgesetz keine Parallelen findet, aus grundrechtlicher Sicht nicht geboten ist. Im Einzelfall kann die Anhörungspflicht eine durchaus erhebliche Verzögerung in der Effektivität der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes und der Erfüllung der berechtigten Interessen der Öffentlichkeit nach sich ziehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Ergebnis der Beratungen zum Themenkomplex „Umstände der Anwerbung und Führung des Herrn Kai-Uwe Trinkaus sowie Nichteinbindung Dritter“ kann ich zunächst feststellen, es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aktivitäten des Herrn Trinkaus durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz gesteuert worden sind. Herr Trinkaus hat nicht mit Kenntnis oder gar mit Unterstützung oder Anleitung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz in Thüringen vertretene Parteien und deren Abgeordnete im Landtag sowie Verbände und Vereine kompromittiert, ausgeforscht, herabgewürdigt oder versucht zu unterwandern. Die PKK stimmt insoweit mit der Feststellung der Landesregierung überein, wenn sie ausführt, dass dieser Hauptvorwurf durch den Bericht ausgeräumt worden ist. Nicht auszuschließen ist aber, dass KaiUwe Trinkaus bei seinen diversen Aktionen möglicherweise aus seiner Stellung als V-Mann des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz Nutzen gezogen hat. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz hat im Zuge der Überlegungen zu einer Verpflichtung bzw. Weiterführung in der Hoffnung auf Erlangen werthaltiger Informationen dem Grundsatz des Quellenschutzes bei der Frage der Warnung betroffener Vereine oder in der öffentlichen Auseinandersetzung mit der NPD sehr hohe Bedeutung beigemessen, im Nachgang eine zu hohe Bedeutung. Auch diese Erfahrung hat die PKK in ihrer Erörterung für die Novellierung des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes einbezogen. Hier bedarf es entsprechender Hürden, um der Wiederholung eines Szenarios Trinkaus entgegenzuwirken. Im Rahmen der Beratungen konnte nicht geklärt werden, wie Herr Trinkaus an die Informatio
nen zur sogenannten Liste „Alter Fritz“ gelangt ist. Gleichwohl bedarf es hier einer Änderung des Zugangs zu solchen sensiblen Informationen, der mittels sogenannter WE-Meldungen einem sehr großen Personenkreis innerhalb der Thüringer Polizei, des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und anderer Behörden möglich ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was sind nun die konkreten Ergebnisse der Untersuchung? Die PKK kommt auf der Grundlage der Untersuchungen des Sachverständigen und ihrer ergänzenden Beratungen zu folgenden Schlussfolgerungen: Im Rahmen der Anwerbungsphase wurde im Arbeitsbereich Forschung und Werbung auch aufgrund nicht immer eindeutiger Dienstvorschriften mehrfach falsch gehandelt. Auffällig war zunächst, dass die Werbungsphase einen sehr langen Zeitraum eingenommen hat, was auf den ersten Blick ungewöhnlich, zum Teil aber durch den Umstand der Selbstanbietung erklärbar scheint. Dieser Umstand spricht jedoch dafür, dass sich die Verantwortlichen intensiv, ja vielleicht sogar intensiver, als in anderen Fällen üblich, mit der Person des Herrn Trinkaus und den näheren Umständen auseinandergesetzt haben. Aus heutiger Sicht war jedoch die Aufklärung des persönlichen Hintergrundes unzureichend und die Eignung des V-Manns aufgrund seiner Vita, insbesondere auch wegen seiner strafrechtlichen Verfolgung, nicht gegeben. Als besonders problematisch sah die PKK an, dass dem Verdacht einer möglichen früheren inoffiziellen Mitarbeit für das Ministerium für Staatssicherheit nicht die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Es ist der Parlamentarischen Kontrollkommission durchaus bewusst, dass das derzeit geltende Gesetz über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR eine solche Abfragemöglichkeit für Nachrichtendienste nicht vorsieht. Gleichwohl hätten Möglichkeiten, dem Verdacht anderweitig nachzugehen, stärker geprüft werden müssen. Vor diesem Hintergrund ist zu überlegen, inwieweit durch eine Änderung des genannten Gesetzes gegebenenfalls eine Abfragemöglichkeit zukünftig eingeräumt wird. Auf jeden Fall hätte auch auf anderem Wege eine Nachforschung nach einer sich nach den Umständen geradezu aufdrängenden Tätigkeit von Herrn Trinkaus für das MfS erfolgen müssen. Ohne eine solche Prüfung läuft die in den Dienstvorschriften für die Werbung vorgesehene Aufklärung einer möglichen Stasibelastung leer. Auffällig ist auch, dass nach der Befragung des Sachverständigen innerhalb der Verantwortlichen in der Fachaufsicht und im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz durchaus unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Bedeutsamkeit von einer Stasi-Verstrickung möglicher V-Leute besteht. Als großes Manko stellte sich auch heraus, dass während der gesamten Werbungsphase das beim Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz eingerichtete Controlling nicht besetzt
war und damit eine diesbezügliche Kontrolle quasi von außen so nicht stattfand. Dies ist umso mehr bedenklich, da die einschlägige, amtsinterne Dienstvorschrift „Beschaffung“ die Einbindung des Controllings auch in dieser Phase gerade verlangt. Die Wahrnehmung der Aufgaben während der krankheitsbedingten Abwesenheit des Amtsinhabers durch den Präsidenten selbst musste trotz erkennbaren Bemühens unzureichend bleiben, da sie nachvollziehbar nur als Nebenbeigeschäft wahrgenommen werden konnte. Auch gibt der Vorgang Anlass, nachdrücklich auf die gebotene personelle und qualitative Stärkung des Controllings hinzuweisen. Auch dieser Punkt wird bei der Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes zu beachten sein.
Sicher auch als Ausfluss der ersten NPD-Verbotsverfahren aus dem Jahr 2003 regelt die bereits benannte Dienstvorschrift „Beschaffung“ auch, dass Personen nicht als VM geführt werden dürfen, wenn sie die Zielsetzung und die Aktivität des Beobachtungsobjektes entscheidend bestimmen. In Ergänzung hierzu hat der Thüringer Innenminister Dr. Gasser am 11. August 2004 eine Auslegungsanweisung dahin gehend erlassen, dass die Zusammenarbeit des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz mit Quellen, die dem Landesvorstand einer extremistischen Partei angehören, generell auszuschließen sei. Dagegen stehe die Wahrnehmung einer Funktion im Kreisvorstand, auch als dessen Vorsitzender, sowie der eines Kassenprüfers im Landesvorstand, der die Prüfung für den Landesverband der Partei durchführt, der Zusammenarbeit mit dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz nicht von vornherein entgegen. Diese durch einen Vermerk des damaligen Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz über seine Unterredung mit dem Thüringer Innenminister sowie mit dem damaligen Abteilungsleiter eingeführte Dienstweisung wurde nach Auffassung des Sachverständigen nicht beachtet, da er die Zielsetzung und die Aktivitäten zumindest eines Teils der NPD entscheidend bestimmte. Herr Trinkaus hätte jedenfalls spätestens mit der Wahl zum Kreisvorsitzenden der NPD Erfurt-Sömmerda nach den Weisungen des Thüringer Innenministers vom 11. August 2004 bei seinen besonderen Voraussetzungen aus diesem Grund nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Dabei ist wesentlich auch die Tatsache zu berücksichtigen, dass Herr Trinkaus bereits seit seiner Werbungsphase zahlreiche Aktivitäten zur Gründung einschlägig geführter Vereine und zur Unterwanderung und Instrumentalisierung bestehender Vereine betrieb und für die diskriminierende Kontaktierung von Personen des politischen Lebens verantwortlich zeichnete und so die „Wortergreifungsstrategie“ der NPD in Erfurt nachhaltig bestimmte.
Die Landesregierung hat hierzu vorgetragen, dass die Regelungen zum Beherrschungsverbot im Hin
blick auf mögliche Verbotsverfahren zu sehen seien. Danach komme es wesentlich auf die NPD als Landesverband an. Hier sei Trinkaus nicht in eine beherrschende Stellung gelangt, die von vornherein eine weitere Zusammenarbeit ausgeschlossen hätte. Diese Auffassung teilt die PKK nicht, wie später noch auszuführen sein wird.
Die Untersuchungen haben im Weiteren gezeigt, dass von den Mängeln und dem Nichteinhalten von Bestimmungen der Dienstvorschrift „Beschaffung“ im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz neben dem Werber und dem späteren V-Mann-Führer die zuständigen Referatsleiter, der Abteilungsleiter „Beschaffung“ in Personalunion als Vizepräsident, Herr Lang, und auch der Präsident Kenntnis hatten. Sämtliche Beteiligte waren ständig in die Entscheidungen eingebunden. Es wurden keine Maßnahmen wegen der Verstöße gegen die Dienstvorschrift „Beschaffung“ eingeleitet. Die weisungsgebundenen Beteiligten gingen so davon aus, dass sie aufgrund der Entscheidungen ihrer Vorgesetzten entsprechend handeln durften. Der Präsident, der von den Tatsachen, die nicht den amtsinternen Vorgaben entsprachen, informiert war, akzeptierte die Nichteinhaltung. In der Frage der Zuständigkeit der Führung von Herrn Trinkaus als VM legte er die Bestimmung der Dienstvorschrift und die Weisung des Thüringer Innenministers vom 11. August 2004 anders aus. Die Entscheidung über die Verpflichtung von Herrn Trinkaus als V-Mann wurde vom Präsidenten nach Besprechung mit dem dortigen Abteilungsleiter, dem dortigen Referatsleiter und dem V-Mann-Führer getroffen. Diese Entscheidung entsprach nach Auffassung der PKK nicht dem Sinn der Dienstvorschrift „Beschaffung“ und der Weisung des Thüringer Innenministers vom 11. August. Begründet wurde die Entscheidung zur Verpflichtung mit dem großen Interesse des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz an den durch Herrn Trinkaus gelieferten Informationen, insbesondere im Hinblick auf die schlechte Zugangslange zur NPD. Soweit eine solche Zielsetzung mit dem Plan, Herrn Trinkaus sogar in den Landesvorstand der NPD einzuschleusen, gerechtfertigt werden sollte, erscheint dieses Ziel im Hinblick auf die Weisung des Ministers aus dem Jahr 2004 problematisch. Inwieweit sich der Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz auf eine Gestattung des Thüringer Innenministers berufen konnte, erscheint im Hinblick auf die nach den vorliegenden Dokumentationen recht unspezifischen Informationen im Ergebnis zweifelhaft. Wieso der Innenminister die Untergrabung seiner Weisung im Ergebnis nicht verhinderte, bleibt ungeklärt.
Im Ergebnis weist die PKK nach ihrer Beratung darauf hin, dass die Fragen des Beherrschungsverbotes schon von Rechts wegen nicht nur auf den Landesverband der NPD bezogen werden sollten. Zwar ist der Argumentation der Landesregierung zugege
ben, dass der Begriff des Beobachtungsobjektes, der in den internen Dienstvorschriften des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz verwendet wird, im Sinne des unter den Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern abgestimmten Verfahrens zur Bestimmung von Beobachtungsobjekten zu verstehen ist und hiernach zunächst nur die NPD als Beobachtungsobjekt betrifft, darüber hinaus aber folgt aus den generellen Aufgaben des Einsetzens eines V-Manns, Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung aufzuklären. Eine Aufklärung allein oder im Wesentlichen über solche Gefahren, die der V-Mann selbst möglicherweise noch unter Zuhilfenahme des ihm vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz gewährten Quellenschutzes im Sinne einer verfassungsfeindlichen Bestrebung schafft, rechtfertigt den Einsatz eines nachrichtendienstlichen Instrumentes gerade nicht. Kai-Uwe Trinkaus hat als V-Mann im Wesentlichen über die von ihm geschaffenen Gefahren berichtet. Die Anwerbung und Führung eines VManns vermag aber in einem solchen Fall zur Aufklärung der tatsächlichen Gefährdungslage nichts beizutragen, sondern verschleiert und verunklart die tatsächliche Sicherheitslage des Verfassungsschutzes. Diese Abwägungsnotwendigkeit ergab sich schon aus der Weisung des Thüringer Innenministers von 2004, nach der die Tätigkeit als Kreisvorsitzender zwar nicht von vornherein, wohl aber nach weiterer Prüfung der Werbung als V-Mann entgegenstehen könnte. Hier bedarf es für die Zukunft nach Auffassung der PKK klarstellender Regelungen für den Verfassungsschutz.
Problematisch ist auch, dass der Frage der persönlichen Eignung und der im Wesentlichen finanziellen Motivation des V-Manns nicht hinreichend nachgegangen wurde. Auch hier hat sich das Fehlen eines hinreichend unabhängigen und tatkräftigen Controllings als unabhängige Stimme nachteilig ausgewirkt. Festzustellen war hingegen aber auch, dass der Verlauf der Werbungsphase des Herrn Trinkaus sowohl nach Aktenlage als auch nach den Antworten auf die Befragungen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz nach jetziger Kenntnis einmalig gewesen ist. Erfreulich ist, dass bei der von uns ausdrücklich beauftragten stichprobenhaften Prüfung weiterer VM-Akten durch den Sachverständigen im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz keine vergleichbaren Fälle festgestellt werden konnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich im Weiteren nun auf die Phase der Führung des Herrn Trinkaus als VM kommen. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass auch während der Führungsphase Bestimmungen der Dienstvorschrift „Beschaffung“ nicht eingehalten wurden. Als problematisch stellt sich allerdings auch heraus, dass die für die Führung von VM geltenden Regelungen nur sehr unverständlich in Dienstvorschrif
ten niedergelegt sind. Durch die lange Zeit als Quelle in der Werbungsphase wurde die notwendige Führung über Beschaffungsaufträge nur unvollkommen verwirklicht. Die Informationen wurden eher situativ erhoben. Ebenso erfolgte die Bewertung des VM nicht entsprechend der Vorgaben der Dienstvorschrift „Beschaffung“. Die Bewertung könnte mit entscheidend gewesen sein, dass Herr Trinkaus zum VM verpflicht wurde oder jedenfalls die Abschaltung nicht rechtzeitig erfolgte. Auch wurde die Beziehung zwischen VM und V-MannFührer nicht im notwendigen Maße beobachtet und es wurde dem V-Mann-Führer auch keine ausreichende Unterstützung gewährt. In diesem Zusammenhang wäre eine positiv unterstützende Fehlerkritik im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz wünschenswert.
Die im Wesen der Führung von VM begründet liegenden Probleme, insbesondere die schwierige Verschriftlichung der abgeschöpften Informationen, führten zu einem hohen Maß von sehr unkonkreten und unbedeutenden Informationen. Insoweit bestehende Bedenken der Auswertung wurden nicht berücksichtigt. Schließlich wurde auch die Nachrichtenehrlichkeit nicht ausreichend geprüft, obwohl dies ein entscheidender Teil der Führung von Quellen ist. Das kann aus Sicht der PKK nicht damit begründet werden, dass andere Quellen nicht zur Verfügung standen, denn die trotzdem gegebene Möglichkeit der Nachprüfung der erhaltenen Informationen zur Beherrschung von Vereinen, zum Beispiel mittels Recherche im Vereinsregister, wurde nicht ergriffen. Leider war das Controlling auch während der Führungsphase von Herrn Trinkaus nicht besetzt. Deshalb konnten entgegen der Regelungen in der Dienstvorschrift diese Mängel nicht aufgedeckt werden.
Die Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass die hausinterne Informationsweitergabe wegen fehlender verbindlicher Vorgaben nicht immer den Erfordernissen entspricht und deshalb einer Verbesserung zugeführt werden sollte. Deutlich wurde, dass der Präsident nicht immer in dem erforderlichen Maße eingebunden war, ebenso bei eiligen Geschehnissen, wenn operative Maßnahmen mit dem Informanten erforderlich waren, auch nicht der unmittelbar Vorgesetzte des VM-Führers. Konkret bekam der Werber bzw. der V-Mann-Führer häufig telefonische Kurzinformationen von Herrn Trinkaus, die nur zu einem kleinen Teil aktenkundig gemacht wurden. Diese wurden häufig direkt dem Abteilungsleiter Beschaffung und Vizepräsidenten Herrn Lang telefonisch mitgeteilt und von diesem an die Polizei oder das Thüringer Innenministerium weitergegeben. Dies ist allerdings nicht in den Akten erkenntlich, so dass es in dem Bereich eine Unsicherheit gibt. Es musste zudem festgestellt werden, dass die Vorgesetzten, einschließlich der Präsident, von den Tatsachen, aus denen sich die Mängel er
geben, Kenntnis hatten. Sie haben jedoch keine Maßnahmen ergriffen, um diese Mängel auszuräumen. Das Thüringer Innenministerium hatte hiervon hingegen keine Kenntnis, da von der für die Fachaufsicht zuständigen Abteilung nach dortigem Verständnis das operative Geschäft des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz von der Fachaufsicht nicht überwacht wurde. Dies war im Hinblick auf die Aufgabe der Fachaufsicht so nicht vertretbar. Die PKK wertet dies als einen zukünftig zu beseitigenden Mangel, der die beschriebene Fehlentwicklung erst ermöglichte.
Die von Herrn Trinkaus gelieferten Informationen waren wohl entgegen der Einschätzung der damaligen Beteiligten nur im geringen Maße von größerer Bedeutung. So wurden nur in sehr geringem Maße Informationen über beabsichtigte Straftaten mitgeteilt. Die einzig bedeutsame Information war daher zu den Überlegungen der rechtsextremen Szene zu dem Überfall auf das sogenannte besetzte Haus. Sie wurden allerdings von Herrn Trinkaus nur vage erwähnt, die Informationen fanden Aufnahme in Deckblattmeldungen, so dass die Hausleitung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz hierüber Kenntnis hatte. Die Untersuchungen haben auch ergeben, dass die Auswertung versuchte, über Beschaffungsaufträge und andere Mittel genauere Informationen zu erlangen, was aber kaum Erfolg hatte. Eine Information an das Thüringer Innenministerium konnte nicht aktenkundig festgestellt werden, es ist allerdings davon auszugehen, dass Herr Sippel im Rahmen eines Monatsgesprächs das Thüringer Innenministerium entsprechend unterrichtete. Ebenso kann sicher angenommen werden, dass die Polizei über die Sicherheitslage oder über die Thüringer Informations- und Auswertungszentrale diese Information erhielt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich im Weiteren zu den wesentlichen Ergebnissen hinsichtlich der Problematik der Nichteinbindung Dritter kommen. Die Unterrichtung Betroffener über Informationen, die durch den VM dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz bekannt werden, war zum damaligen Zeitpunkt über die Regelungen im Thüringer Verfassungsschutzgesetz hinaus nicht durch Dienstvorschriften oder Richtlinien geregelt. Dies stellt einen weiteren Mangel dar, der mit ursächlich für die aufgetretenen Probleme war. Herr Trinkaus war ein sehr aktiver Kreisvorsitzender der NPD. In dieser Funktion, aber auch persönlich hatte er selbst und durch von ihm gesteuerte Personen die politischen Mittel der NPD eingesetzt. Dieses waren vor allem die „Wortergreifungsstrategie“, das Engagement in Vereinen und gemeinnützigen Organisationen, mithin wirksame Aktionen beim Thüringer Landtag, das Einschleusen von Sympathisanten in Parteien, um diese zu einem geeigneten Zeitpunkt zu enttarnen, der Versuch, mit wichtigen Personen anderer Parteien in Kontakt zu
kommen und eine enge Beziehung behaupten zu können. Über diese Aktivitäten hat Herr Trinkaus das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz vage und meist erst im Nachhinein unterrichtet. Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz konnte deshalb auch nur in wenigen Fällen durch Informationen an die Betroffenen aktiv werden. Diese Informationen erfolgten in der Regel mündlich und wurden nicht aktenkundig gemacht. Ein Beispiel für eine solche Information ist die Unterrichtung des hiesigen Bundes der Vertriebenen über den Versuch, eine rechtsextremistisch beeinflusste Jugendgruppe zu gründen.
Insgesamt muss jedoch eingeschätzt werden, dass den bestehenden Informationspflichten auch oftmals nicht genügt wurde. Soweit es zulässig war, personenbezogene Daten weiterzugeben, wurden die entsprechenden Ämter unterrichtet, sofern nicht der Quellenschutz als vorrangig angesehen wurde. Es musste im Rahmen der Untersuchung allerdings auch festgestellt werden, dass das Thüringer Innenministerium als Aufsichtsbehörde Informationen über die operative Arbeit des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und besonders die Namen und Aktivitäten von V-Männern bewusst nicht haben wollte. Vermerke des Präsidenten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz über Besprechungen mit der Hausleitung des Thüringer Innenministeriums aus dem Januar und April 2007 legen allerdings nahe, dass diese über die V-MannEigenschaften des Herrn Trinkaus unterricht worden ist. Es gibt auch keine Anhaltspunkte, dass andere vom Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz geführte Personen in Parteien, Fraktionen oder Vereinen Funktionen übernommen haben oder dass solche Personen an der Kompromittierung von Politikern beteiligt waren.
Im Ergebnis nimmt die PKK zur Kenntnis, dass dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz die Problematik der weiteren Führung von Kai-Uwe Trinkaus durchaus vor Augen stand und auch hinterfragt wurde. Allerdings erfolgte die Abschaltung im Ergebnis zu spät. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Aktivitäten von Trinkaus, die teilweise nicht mit allen Möglichkeiten recherchiert wurden, hätte eine frühere Reaktion erfolgen sollen. Die Mitglieder der PKK begrüßen hier für die Zukunft klarere Regelungen für die Übermittlung.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nunmehr zu einem Punkt kommen, der die Parlamentarische Kontrollkommission unmittelbar betrifft, deren damalige Unterrichtung durch die Landesregierung. Die PKK hat zu der Thematik in acht Sitzungen im Zeitraum vom 21. Juli 2006 bis zum 28. Juli 2007 beraten. In den turnusmäßigen Sitzungen wurde eine grundsätzliche Unterrichtung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes gegeben. Diese Berichte waren, soweit man sich auf die Vorlagen des Thüringer Landesamts für
Verfassungsschutz an das Thüringer Innenministerium zur Vorbereitung der Sitzungen beziehen kann, sehr umfangreich. Allerdings erschöpften sie sich zu einem beachtlichen Teil in Mitteilungen über personelle Entwicklungen im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz, über Haushaltsfragen sowie die allgemeine Sicherheitslage. Inwieweit dies in den Sitzungen mündlich vorgetragen wurde, lässt sich aus den Protokollen der PKK, die damals lediglich Beschlussprotokolle waren, nicht in vollem Umfang entnehmen. Diese Berichte wurden schriftlich ein bis zwei Tage vor der Sitzung der PKK beim Thüringer Innenministerium als Fachaufsicht eingereicht und waren die Grundlage für die Berichterstattung in der PKK selbst. Die Berichte bestanden aus den Erkenntnissen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, die vom Ministerium nicht abgeändert oder nach festgelegten Änderungsprofilen oder schwerpunktmäßig überprüft wurden. Sie wurden lediglich vom Aufsichtsreferat grob durchgesehen, mit einem Vermerk versehen, in dem auf Besonderheiten hingewiesen wurde und in dem gegebenenfalls eine Kurzbewertung erfolgte. Dazu kam gegebenenfalls eine Vorlage zu sonstigen Themen, die in der PKK angesprochen werden sollten. Da die Bearbeitungszeit sehr knapp war, wurden Änderungen im Bericht praktisch nie gefordert. Dies war auch nicht nötig, da es sich um Erkenntnisse des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz gehandelt hat, die dem Thüringer Innenministerium nicht bekannt gewesen sind. Diese Vermerke zu den Berichten des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz wurden in einer Hausvorlage für den Minister aufbereitet. Entsprechende Unterlagen waren in den übergebenen Akten nicht vorhanden. Über diese allgemeinen Informationen hinaus wurden sonstige Informationen, insbesondere in Bezug auf die operative Arbeit, kaum gegeben. Sonstige Angelegenheiten von besonderer Bedeutung wurden kaum vorgebracht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Informationen an die PKK über die personelle Entwicklung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz waren nur zum Teil von Relevanz für die Parlamentarische Kontrolle. Diese Informationspolitik durch das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz war in großen Teilen eine bewusste, unvollständige, nicht zweckdienliche Information der PKK. Die Unterrichtung über die allgemeine Tätigkeit des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz erschöpfte sich weitgehend in einer Darstellung der sicherheitspolitischen Lage in Thüringen aus verfassungsschutzrechtlicher Sicht mit zahlreichen Einzelinformationen. Die gegebenen Informationen enthielten zu einem großen Teil nur die Sachverhalte, die später auch im Verfassungsschutzbericht veröffentlicht wurden. Die PKK erhielt so zwar einen gewissen Informationsvorsprung, dies allein kann aber nicht das Ziel der Unterrichtung sein. Insgesamt drängt sich für den Sachver
ständigen der Eindruck eines Misstrauens gegenüber der PKK auf, der man möglichst nur Informationen gibt, deren Bekanntwerden unproblematisch wäre. Diese Bemerkung des Sachverständigen teilt die PKK ausdrücklich. Damit ist aber die Kontrollmöglichkeit der Parlamentarischen Kontrollkommission im Kern nicht gewährleistet. Die Parlamentarische Kontrollkommission hat im vom Sachverständigen beschriebenen Zeitraum mehrmals die mangelhafte Information scharf kritisiert und Verbesserungen gefordert. Einige Abgeordnete verließen deshalb mehrfach aus Protest die Sitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission. In einem Fall ließ ein Abgeordneter sogar sein Amt ruhen. Soweit in diesem Zeitraum zu ersehen, war der Erfolg dieser Kritik leider nicht durchschlagend. Informationen an die PKK bedürfen im Hinblick auf die effektive Wahrnehmung der parlamentarischen Kontrolle als Funktionsbedienung des Systems der wehrhaften Demokratie einer stärkeren Strukturierung und Akzentuierung. Dabei geht es um die Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ebenso wie um die Funktionsbedienung des Amtes, die Struktur seiner Erkenntnisse und die Beurteilung der Quellenlage. Dies durchzusetzen ist eine auch von der Fachaufsicht wahrzunehmende Führungsaufgabe. Die Parlamentarische Kontrollkommission erwartet, dass der zukünftige Präsident des Amtes seine Führungsaufgabe genau so versteht und entsprechend umsetzt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was könnte im Rahmen der Unterrichtung verbessert werden? Bei der regelmäßigen Unterrichtung über die allgemeine personelle Situation des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz bedarf es einer gezielten Information zu bedeutenden Faktoren der Personalsituation, wie die Nichtbesetzung freier Stellen, Personalveränderungen und Qualifikationen. Zudem sollte die Unterrichtung über Vorgänge von besonderer Bedeutung und über die operative Arbeit einen breiteren Raum einnehmen. Dabei müsste zumindest bei den dargestellten Sachverhalten umfassend informiert, die fraglichen Sachverhalte im zeitlichen Zusammenhang mit der Sitzung der Kommission verstärkt aufbereitet bzw. stichprobenhaft überprüft werden. Auch hierzu wird die Kommission zukünftig verstärkt auf Unterstützung angewiesen sein.
Dazu gehört, dass die Einflussnahme von Vertrauensmännern bei solchen Sachverhalten und Aktionen mitgeteilt wird. Durch eine solche Mitteilung würde es der Parlamentarischen Kontrollkommission möglich sein, ihre Bewertung bezüglich des Einsatzes von VM der politisch entscheidenden Landesregierung zur Kenntnis zu geben.
Fragen der Informationsübermittlung des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz sollten wegen ihrer Bedeutung unbedingt in einer Dienstanweisung geregelt werden, die der Parlamentarischen Kontrollkommission zur Kenntnis gegeben werden müsste. Ebenfalls sollte die Parlamentarische Kontrollkommission über den Inhalt der anderen wichtigen Dienstanweisungen des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz unterrichtet werden. Damit wäre das interne Abweichen von diesen Vorschriften nicht mehr so ohne Weiteres möglich. Es wäre hierbei auch an eine Benehmensregelung zu denken. Diese müsste im Gesetz fixiert werden. Das Controlling als unabhängige Stelle zur Überprüfung neuer Beschaffungswünsche und zur Beurteilung der einschlägigen Verfahrensabläufe im Land muss in tatsächlicher Weise gestärkt werden, ohne durch zusätzliche Bürokratie die operative Arbeit unverhältnismäßig zu schwächen. Dazu gehört auch ein ständiger Stellvertreter. Einer von beiden sollte die Befähigung zum Richteramt haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass sich das erstmalig eingesetzte Instrument des Sachverständigen der PKK bewährt hat. Der Sachverständige hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, einen komplexen Sachverhalt aufzuklären und Vorschläge zu erarbeiten, wie die Arbeit des Verfassungsschutzes verbessert werden kann, um eine Wiederholung des Falles Trinkaus zu vermeiden. Es ergeht an dieser Stelle noch einmal ein herzlicher Dank an Herrn Dr. Norbert Engel und seine Mitarbeiter für ihre Tätigkeit und ihre geleistete Arbeit.
Ausdrücklich schließt sich die PKK hierbei der Feststellung der Landesregierung an, dass der Bericht eine umfassende und fundierte Aufarbeitung sowie eine Analyse und entsprechende Bewertung des Sachverhalts enthält. Herrn Dr. Engel als Sachverständigem ist es gelungen, die grundlegenden Tatsachen schnell zu ermitteln und einer eingehenden Bewertung zu unterziehen. Die generierten Untersuchungsergebnisse basieren auf einer tiefgründigen Aktenrecherche sowie auf ausführlichen Befragungen der an diesem Sachkomplex damals auf der jeweiligen Verantwortungsebene beteiligten Personen.
Der Sachverständige hat die grundlegenden Tatsachen präzise ermittelt und bewertet sowie die Entwicklung des Geschehens rund um die Forschung und Werbung von Herrn Trinkaus als Vertrauensperson des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und seine anschließende kurzzeitige Führung als Vertrauensperson nachgezeichnet. Insbesondere ist an dem Bericht hervorzuheben, dass dieser eindeutig und klar aus einer Ex-postPerspektive die Defizite, die im Verwaltungsvollzug hinsichtlich der Forschung und Werbung sowie der
kurzzeitigen Führung als Vertrauensperson festgestellt wurden, benennt.
So werden insbesondere die damaligen personellen Konstellationen, vor allen Dingen im operativen Bereich, sowie die unzureichende Kommunikation innerhalb des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz wie auch mit der Aufsichtsbehörde und nicht zuletzt gravierende handwerkliche Fehler in der Art und Weise der Werbung und Führung des ehemaligen V-Manns Trinkaus angeführt. Der Bericht ist damit auch geeignet, die Diskussion und die Kritik an dem damaligen Geschehen zu versachlichen. Insgesamt leistet dieser Bericht sowohl einen wichtigen Beitrag, die Verwaltungsabläufe beim Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz im Hinblick auf den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel weiter zu optimieren, als auch dazu, in Zukunft die richtigen Fragen zu stellen.
Ich gehe davon aus, dass der Bericht auch die Arbeit des Untersuchungsausschusses 5/2 wesentlich befördert hat, der - wie der Presse zu entnehmen war - demnächst seinen Abschlussbericht und damit auch eine Tatsachendarstellung auf dem aktuellen Stand liefern wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, im letzten Teil meines heutigen Berichts möchte ich nur noch auf den vom Landtag vorliegenden Entwurf für ein neues Thüringer Verfassungsschutzgesetz eingehen. Die PKK begrüßt das Vorhaben der Landesregierung, das Thüringer Verfassungsschutzgesetz einer grundlegenden Überarbeitung zu unterziehen, ausdrücklich. Eine Wiederholung der Ereignisse um Trinkaus sollte somit ausgeschlossen sein. Gleichwohl bedarf der Entwurf in folgenden Punkten einer kritischen Prüfung: Bereits im Vorfeld der Novelle hat sich die PKK mit den Ergebnissen des sogenannten Schäfer-II-Berichts zu den Prüfungen zur Neuorganisation des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz ausführlich beschäftigt und dies diskutiert. Mit der Novelle des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes soll die Organisationseinheit Controlling zukünftig gesetzlich normiert werden und nicht länger dispositiv der Verantwortung des jeweiligen Präsidenten des Verfassungsschutzes unterliegen. Der Entwurf sieht vor, dass der Leiter des Referats Controlling lediglich dem Gesetz, nicht jedoch der Weisungsbefugnis des Präsidenten des Verfassungsschutzes Thüringen untersteht. Zudem wird angestrebt, dass in der unmittelbaren Kommunikation zwischen dem Präsidenten des Verfassungsschutzes Thüringen und dem Leiter des Referats Controlling kein hierarchisches Weisungsverhältnis besteht. Aufgabe des Referats Controlling soll unter anderem die Prüfung der Rechts- und Zweckmäßigkeit aller nachrichtendienstlichen Maßnahmen sein, die der Verfassungsschutz einsetzt, ebenso die Abgabe eines Votums hierzu. An dieses Votum ist der Präsident des Verfassungsschutzes nicht völlig gebunden, aber er trägt als politischer
Beamter die Verantwortung dafür, wenn er sich darüber hinwegsetzen will. Ergänzend wird bereits im Entwurf abschließend aufgeführt, welche Sachverhalte insbesondere beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel die einzelnen Referate des Verfassungsschutzes an das Controlling berichten müssen. Auf diese Weise ist eine umfangreiche Berichtspflicht der einzelnen Fachreferate an das Controlling geregelt. Das interne Controlling ersetzt, darauf muss ich hinweisen, nicht die Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission, vielmehr kommt hiermit auf die PKK ein neuer Aufgabenbereich zu.
Neben der behördeninternen Kontrolle in Form des Controllings bedarf es zusätzlich auch einer Stärkung der eigentlichen Fach- und Rechtsaufsicht über den Verfassungsschutz in Thüringen, indem zum Beispiel die zuständigen Bediensteten dort keine weiteren Tätigkeiten neben der Aufsichtstätigkeit zu übernehmen haben, damit sie allein dieser Aufgabe nachgehen können. Darüber hinaus sind die Selbstkontrolle des Verfassungsschutzes Thüringen und dessen Mitarbeiter durch umfassendere gesetzliche Dokumentationspflichten, wie zum Beispiel das Anlegen eines Aktenvermerks, sobald ein neues Beobachtungsobjekt festgelegt wird, und eines Endvermerks bei Abschluss des Beobachtungsvorgangs, notwendig. Die PKK begrüßt in diesem Zusammenhang auch die Unterrichtungspflichten gegenüber der Kommission. Diese werden konkretisiert und die parlamentarische Kontrolle des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel wird erheblich gestärkt.
Allerdings stößt die vorgesehene Unterrichtung über die Feststellung eines Übermittlungsverbots zur Durchsetzung des Quellenschutzes auf Kritik, da diese Informationen regelmäßig eine gründliche Information über die Person des V-Mannes voraussetzen würden. Zudem lehnt die PKK die vorgesehene Einvernehmensregelung bei der Frage ab, ob und in welchen beobachteten Gruppierungen Vertrauensleute eingesetzt werden sollen. In diesen Fällen käme es zu einer Vermischung legislativer und exekutiver Kompetenzen. Die PKK wäre so unmittelbar in die administrative Tätigkeit des Verfassungsschutzes eingebunden, indem sie über die Werbung von V-Leuten in bestimmten Phänomenbereichen und deren Einsatz vorab informiert wäre und hierfür im Vorfeld die Zustimmung oder Ablehnung erklären müsste. Eine effektive parlamentarische Kontrolle wäre nicht mehr möglich, da die PKK auch ihr eigenes Handeln überprüfen müsste. Die PKK begrüßt ausdrücklich die vorgesehene Unterrichtung über die beabsichtigte Bestellung des Präsidenten des Verfassungsschutzes, sieht darin jedoch in keiner Weise eine verbindliche Einbindung in die Auswahlentscheidung der Landesregierung. Die Bestellung von Behördenleitern und somit auch des Präsidenten des Verfassungsschutzes ist
ureigene Aufgabe der Exekutive. Bei einer verbindlichen Einbindung in diese Entscheidung würde die PKK im Falle von Verfehlungen des Präsidenten des Verfassungsschutzes Thüringen unweigerlich mit in die Verantwortung genommen. Es würde der zu widerlegende Vorwurf im Raum stehen, die Person des Präsidenten des Verfassungsschutzes Thüringens nicht im notwendigen Maße geprüft zu haben. Dies würde zu einer Schwächung der Kommission führen.
Die PKK hat die Formulierung zur Organisation der Verfassungsschutzbehörde eingehend beraten. Dabei ging es auch um die Frage, ob die Formulierung „wird bei dem für den Verfassungsschutz zuständigen Ministerium ein Amt für Verfassungsschutz Thüringen errichtet“ nicht manches im Unklaren lässt. Ziel sollte es sein, im Hinblick auf ein neues Vertrauen in den Verfassungsschutz und eine effektive Arbeit die Struktur so zu wählen, dass Unklarheiten und Effizienzverluste vermieden werden. Weitere Anmerkungen der Parlamentarischen Kontrollkommission zur anstehenden Gesetzesnovelle habe ich bereits im Bericht gemacht, zum Beispiel zur Möglichkeit von Zwangsmitteln bei Anzuhörenden, der Anwendung der Quellenschutzargumentation gegenüber der PKK und zur personellen und qualitativen Steigerung des Controllings. Die PKK geht davon aus, dass sie vor der Verabschiedung der Beschlussempfehlung des entsprechenden Ausschusses zu diesem Gesetz gehört wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Schluss meiner Ausführungen möchte ich feststellen, dass die Parlamentarische Kontrollkommission ihre Aufgabe im Berichtszeitraum mit den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten erfüllt hat. In mehreren Fällen haben wir uns bemüht, auf der Grundlage des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes die Öffentlichkeit über zentrale Entwicklungen und Forderungen der PKK zu informieren. Die PKK wird auch künftig dieses Instrument im Sinne der erforderlichen Transparenz nutzen. Sie spricht sich auch für die Verankerung des Rechts zur Information der Fraktionsvorsitzenden im Thüringer Verfassungsschutzgesetz aus, um so den Rückfluss der Ergebnisse der Kontrolle in die parlamentarische Arbeit zu stärken. Manches wurde bereits erreicht, ich denke beispielsweise an die Offenlegung der nachrichtendienstlichen Mittel. Für die zurückliegende Zeit möchte ich meinen ganz persönlichen Dank an meine Kollegen Kommissionsmitglieder, die Abgeordneten Schröter, Hausold und Adams, und natürlich vor allem aber auch an unseren langjährigen Kollegen Wolfgang Fiedler richten.
In den letzten Monaten haben wir wieder viele Stunden, meiner Meinung nach zu viele Stunden, gemeinsam miteinander zugebracht. Die Arbeit war
trotz oder gerade wegen der unterschiedlichen politischen Sichtweise bzw. Position stets konstruktiv und von großer Sachlichkeit sowie gegenseitigem Respekt geprägt. Viele Entscheidungen haben wir einvernehmlich getroffen. Hierfür gebührt Ihnen, werte Kollegen, meine Anerkennung. Dank und Anerkennung ergehen umso mehr vor dem Hintergrund, dass für den nächsten Tätigkeitsbericht sicher auch andere Personen die Verantwortung tragen werden. Hoffen wir, dass nicht infolge der Ergebnisse der anstehenden Landtagswahlen im September dieses Jahres ein Extremist in der dann neu zu wählenden Parlamentarischen Kontrollkommission mit Verantwortung trägt.
Mein Dank geht schließlich auch an den Geschäftsführer der Parlamentarischen Kontrollkommission, Herrn Dr. Thomas Poschmann, und den stellvertretenden Geschäftsführer, Herrn Dr. Seidel, sowie die Mitarbeiter der Geschäftsstelle, Herrn Michael Apel und Frau Judith Malicke als Protokollantin. Dankbar erwähnen möchte ich aber auch, dass zahlreiche Kollegen des Juristischen Dienstes, Sachbearbeiter und auch überprüfte Bürosachbearbeiter die Arbeit der Parlamentarischen Kontrollkommission in diesen Aufgaben unterstützten. Ohne diese teilweise ad hoc und bereitgestellte Frau- und Manpower wäre die Arbeit der Kommission nicht so effektiv möglich gewesen. Hierfür möchte ich auch der Präsidentin des Landtags noch einmal danken. Einen ganz besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle der langjährigen Protokollantin Frau Helga Huxhagen ausrichten,
die seit einigen Monaten ihren wohlverdienten Ruhestand genießen darf. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen korruptionsgefährdete Bereiche besser beschrieben werden, ein Zuverlässigkeits- wie auch ein Transparenzregister eingeführt werden, Aus- und Weiterbildungen der mit der Thematik befassten Personen sollen durchgeführt werden, so der Abgeordnete Blechschmidt.
Zu einigen Zielstellungen dieses von den Linken vorgelegten Gesetzes: Ich will dazu sagen, diese Zielrichtung ist sehr wohl löblich, aber man muss zu der Erkenntnis kommen, in der Umsetzung denkbar schlecht gemacht.
Ich behaupte mal, Herr Kuschel weiß, warum er zu diesem Gesetz schweigt. Ich werte sein Schweigen und er tut das ja nicht allzu oft, als ein Stückchen stummen Protest, nicht gegen die Zielrichtung, aber gegen die Umsetzung dieses Gesetzes.
Meine Damen und Herren, um nicht falsch verstanden zu werden: Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung sind wohl für alle Fraktionen hier in dem Haus wichtig
und es gilt, Herr Kuschel, sie waren vor einer Viertelstunde dran, da haben Sie geschwiegen.
Lassen Sie das doch heute mal als roten Faden gelten. Aber ich glaube, für alle Fraktionen hier im Hause gilt, jeder Korruptionsfall ist einer zu viel. Wir nehmen gerne zur Kenntnis, dass Korruptionsdelikte in Thüringen eher eine untergeordnete Rolle spielen, weil - und das ist die zweite Bemerkung dazu - aus unserer Sicht das bestehende Instrumentarium gut ist. Wir wollen, dass auch weiter die Mittel zur Bekämpfung der Korruption in den zuständigen Schwerpunktbereichen der Staatsanwaltschaft konzentriert werden. Die Staatsanwaltschaf
ten in Thüringen sind gut aufgestellt. Die geschaffenen Schwerpunktstaatsanwaltschaften leisten eine gute Arbeit im Bereich der Korruptionsprävention. Dies alles hat natürlich neben einer sanktionierenden Wirkung eben auch eine präventive Wirkung.
Für die kommunale Ebene gibt es eine Richtlinie zur Korruptionsbekämpfung in den öffentlichen Verwaltungen. Die können natürlich nur empfehlenden Charakter haben. Zur Korruptionsbekämpfung gibt es dort bestellte Antikorruptionsbeauftragte. Sie geben die Hinweise für die Einstufung korruptionsgefährdeter Bereiche sowie Verfahrenshinweise. Also wir sind an dieser Stelle gut aufgestellt. Ich will für meine Fraktion aber auch gern formulieren, dass uns eines noch fehlen würde, nämlich ein nationales Korruptionsregister an dieser Stelle.
Meine Damen und Herren, alle Anzuhörenden lehnten den Gesetzentwurf in ihrer Stellungnahme ab und haben ihm insgesamt ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Herr Korschewsky, es war schon eine Meisterleistung, die drei, vier positiven Sätze zu diesem Gesetz herauszufiltern. Der Deutsche Gewerkschaftsbund formulierte: Ein Antikorruptionsgesetz bringt keine Verbesserung der Situation in Thüringen; das Gesetz schafft lediglich neue Verwaltungsstrukturen, bringt mehr Aufwand und fordert personelle und materielle Ressourcen. Der Gemeinde- und Städtebund kritisierte generell die fehlende Praktikabilität dieses Gesetzes. Die Einrichtungen von Innenrevision seien personell und finanziell nicht umsetzbar. Darüber hinaus liegt eine Aufgabenüberschreitung der Rechnungsprüfungsämter vor. Der Datenschutzbeauftragte, Herr Korschewsky, beanstandete insgesamt die inhaltliche Ausrichtung des Gesetzentwurfs. Neben datenschutzrechtlichen Bedenken kritisierte er insbesondere die Außerachtlassung der grundsätzlichen verankerten Unschuldsvermutung in Ihrem Gesetzentwurf. Und Transparency International formulierte: Der Gesetzentwurf stößt an gesetzestechnische Grenzen. Eine Vielzahl, sagte er, von Details sind zu hinterfragen; mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE sei das beabsichtigte Ziel noch erreichbar, aber da hätten Sie Ihren eigenen Gesetzentwurf sicherlich grundlegend überarbeiten müssen.
Meine Damen und Herren, es bleibt im Ergebnis nur: Der Gesetzentwurf stellt kein taugliches Mittel dar, um Korruption zu bekämpfen. Stattdessen ist es nach unserer Auffassung geboten, die bereits bestehenden Regelungen zur Korruptionsbekämpfung konsequenter anzuwenden und auszubauen. Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf deshalb abzulehnen.
Herr Korschewsky, meine sehr verehrten Damen und Herren, da muss man schon etwas erwidern, denn es ist grundsätzlich falsch, wenn Sie behaupten, wir haben etwas im Ausschuss verschenkt. Wenn, dann haben Sie etwas im Ausschuss verschenkt. Ich habe hier deutlich formuliert, dass wir im Gegensatz zu Ihnen - eine gesetzliche Regelung nicht für notwendig halten, sondern dass wir die bestehenden Instrumente - und insofern hat Herr Adams natürlich recht, wir müssen immer besser werden, man sollte immer besser werden -, aber wir wollen die bestehenden Instrumente ausbauen. Sie, und nicht wir, sind diejenigen, die eine gesetzliche Regelung fordern. Vielleicht kommen Sie in Anbetracht der Anhörung und der Debatte hier irgendwann langsam zur Erkenntnis, dass man das gar nicht gesetzlich so fassen kann, wie Sie sich das wünschen. Sie können sich hier nicht nur schlecht ausdrücken und Sie werden hier nicht nur schlecht verstanden, nein, man kann nicht jede Materie gesetzlich regeln. Deshalb sind Sie in der Pflicht, wenn Sie ein besseres Gesetz machen wollen, etwas Besseres vorzulegen, nicht wir. Wir halten das nicht für notwendig und nicht für machbar. Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, Sechstes Gesetz zur Änderung der Thüringer Kommunalordnung, in der Drucksache 5/6858 wurde per Beschluss des Landtags vom 21. November 2013 an den Innenausschuss überwiesen. Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 66. Sitzung am 13. Dezember 2013, in seiner 68. Sitzung am 17. Januar 2014 und in seiner 70. Sitzung am 14. März 2014 beraten sowie ein schriftliches Anhörungsverfahren durchgeführt. Der Ausschuss hat mich als Berichterstatter bestellt und ich komme dieser Pflicht gerne nach.