Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich heiße Sie herzlich willkommen zu unserer heutigen Sitzung des Thüringer Landtags, die ich hiermit eröffne. Ich begrüße die Gäste auf der Zuschauertribüne und die Vertreterinnen und Vertreter der Medien.

Als Schriftführer hat neben mir Platz genommen Abgeordneter Dr. Voigt. Die Rednerliste führt Frau Abgeordnete Hennig.

Für heute haben sich entschuldigt: Abgeordneter Günther, Abgeordneter Höhn, Frau Abgeordnete Jung, Frau Abgeordnete König, Herr Abgeordneter Krauße, Herr Abgeordneter von der Krone, Herr Abgeordneter Recknagel, Frau Abgeordnete Wolf, Frau Abgeordnete Siegesmund zeitweise, Herr Minister Reinholz und Herr Minister Dr. Poppenhäger.

Folgender Hinweis zur Tagesordnung: Zu TOP 8 wurde ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/4604 verteilt.

Gibt es weitere Anmerkungen zur Tagesordnung?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Deutschland spielt heute!)

Man sieht es.

(Heiterkeit DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 25

Arbeitsbericht des Petitionsausschusses für das Jahr 2011 Unterrichtung durch die Präsidentin des Landtags - Drucksache 5/4528

Ich erteile das Wort dem Vorsitzenden des Petitionsausschusses, dem Abgeordneten Fritz Schröter, für den Bericht aus dem Petitionsausschuss. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Kollegen, ich freue mich, Ihnen heute gemäß § 103 der Geschäftsordnung des Thüringer Landtags über die Arbeit des Petitionsausschusses im Jahr 2011 berichten zu können. Wie in den vergangenen Jahren dokumentiert der Bericht die umfangreiche Tätigkeit des Petitionsausschusses und beleuchtet die Arbeit der Strafvollzugskommission. Der schriftliche Arbeitsbericht, der nicht nur über die große Zahl im Berichtszeitraum eingegangener Petitionen unterrichtet, sondern den Leser auch über die Bedeutung und den Ablauf des Petitionsverfahrens informiert

und beispielhaft einige Fälle schildert, mit denen sich der Ausschuss befasst hat, wurde mit der Unterrichtung der Landtagspräsidentin am 6. Juni 2012 bereits als Broschüre verteilt.

Lassen Sie mich eingangs eine Frage aufgreifen, die anlässlich der Übergabe des Jahresberichts an mich gerichtet wurde. Ein Medienvertreter warf die Frage auf, ob denn das Petitionsverfahren als solches heute noch zeitgemäß und in Ansehung der verschiedenen anderen Möglichkeiten, Anliegen zu äußern, noch erforderlich sei. Immerhin könnten sich Bürgerinnen und Bürger unmittelbar an Abgeordnete und die Bürgerbeauftragte wenden. Darüber hinaus sei stets auch der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet. Ich möchte diese Frage auch heute nochmals eindeutig mit Ja beantworten.

Das in unserer Verfassung verbürgte Recht, Petitionen einzureichen, ist in der Geschichte fest verwurzelt und heute vielleicht wichtiger denn je. Ohne Ihnen an dieser Stelle eine geschichtliche Vorlesung halten zu wollen, möchte ich darauf hinweisen, dass hier bereits römische rechtliche Wurzeln erkennbar sind, wie sich auch der Begriff Petition aus dem Lateinischen herleitet. Auch im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und sogar in Zeiten des Absolutismus war es den Bürgern möglich, sich an einen fürstlichen Souverän zu wenden, wenngleich es natürlich noch keine klar definierte Regelung zum Umgang mit solchen Petitionen gab. Die weitere Entwicklung des Petitionsrechts ist auch ein Spiegelbild der Entwicklung parlamentarischer Demokratie und demokratischer Teilhabe.

Schon im 17. Jahrhundert existierten Ausschüsse, die Bittgesuche entgegennahmen und prüften, bevor diese an den Fürsten weitergeleitet wurden. Eine weitere Ausprägung erhielt das Petitionsrecht im frühen 19. Jahrhundert, insbesondere in der hessischen und der sächsischen Verfassung aus dem Jahre 1831. Danach wurde jedem Individuum das Recht gewährt, sich mit Anliegen an den Landesherrn zu richten. Die Paulskirchenverfassung von 1848/49 erweiterte den Kreis der Petitionsadressaten, indem jeder Deutsche das Recht hatte, sich mit Bitten und Beschwerden schriftlich unter anderem an die Volksvertretungen und den Reichstag zu wenden. Eine ähnliche Formulierung enthielt später die Weimarer Reichsverfassung von 1919.

Heute ist das Petitionsrecht ein wesentlicher Bestandteil unserer Verfassung. Artikel 14 der Thüringer Verfassung ermöglicht jedermann, sich mit Bitten und Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden. Das Petitionsrecht ist eines der wenigen Leistungsgrundrechte unserer Landesverfassung, es zielt also nicht nur auf ein staatliches Unterlassen ab, sondern verlangt ein positives Handeln des Staates.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Petitionen ist die parlamentarische Kontrolle der Exekutive. Die an den Petitionsausschuss gerichteten Eingaben spiegeln die Sorgen und Nöte der Menschen im Umgang mit den Behörden wider. Sie führen uns immer wieder vor Augen, was die Bürgerinnen und Bürger von den Maßnahmen des Parlaments und der Arbeit auf allen Ebenen der Verwaltung halten. Sie ermöglichen dem Parlament damit, Einblicke in die Exekutive zu nehmen und im jeweiligen Einzelfall zu kontrollieren, wie seine gesetzgeberischen Entscheidungen von der Exekutive umgesetzt werden. Es sind aber nicht nur die individuellen Probleme, die an den Petitionsausschuss herangetragen werden. Oftmals erreichen den Ausschuss auch wertvolle Anregungen, die sich mitunter auch in parlamentarischen Initiativen wiederfinden.

Der Petitionsausschuss hat eine ganze Reihe im Thüringer Petitionsgesetz verankerter Möglichkeiten, um einen Sachverhalt umfassend aufklären zu können. Der Petitionsausschuss kann von der Landesregierung und den Behörden des Landes beispielsweise Auskunft und Akteneinsicht verlangen. Darüber hinaus ist dem Petitionsausschuss jederzeit Zutritt zu den Einrichtungen des Landes zu gewähren. Schließlich kann der Ausschuss im Rahmen seiner Tätigkeit Zeugen und Sachverständige anhören. Dem Ausschuss bleibt es auch unbenommen, ggf. einen Minister persönlich anzuhören, wenn die Ausschussmitglieder mit den Auskünften der Vertreter des betreffenden Ministeriums nicht einverstanden sind.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass das Petitionsverfahren kostenfrei und im Übrigen auch an keine Fristen gebunden ist. Viele Petenten, deren Anliegen der Petitionsausschuss unmittelbar abhelfen konnte oder deren Anliegen sich durch Aufklärung der Sach- und Rechtslage erledigt haben, hätten den Gang zu den Gerichten mit Blick auf die lange Dauer von gerichtlichen Verfahren und die zusätzlichen finanziellen Belastungen, die bei der Inanspruchnahme von Gerichten und Rechtsanwälten zu erwarten gewesen wären, vielleicht gar nicht gewagt.

Darüber hinaus darf nicht außer Acht gelassen werden, dass der Petitionsausschuss bei der Bearbeitung von Petitionen nicht auf eine rechtliche Prüfung beschränkt ist, sondern die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme auch dann noch prüfen kann, wenn gegebenenfalls schon ein rechtskräftiges Urteil in einer Angelegenheit vorliegt. Die Möglichkeit der Überprüfung des Verwaltungsermessens, also der Zweckmäßigkeit von Verwaltungsentscheidungen, zeigt im Übrigen auch, wie wichtig es ist, dass Artikel 14 der Thüringer Verfassung den Menschen ein eigenständiges Verfahren eröffnet, mit dem die Exekutivorgane außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens und eines Verwaltungsverfahrens gezwungen werden können, sich mit der Frage zu beschäf

tigen, ob und wie dem Anliegen eines Petenten Rechnung getragen werden kann.

Das Petitionsrecht eröffnet also jedermann außerhalb des förmlichen Rechtsschutzes und außerhalb des eng kanalisierten Weges des Verwaltungsverfahrens einen thematisch unbegrenzten Zugang zur Volksvertretung und damit zum Petitionsausschuss. Dieser versucht, im Dialog mit der Verwaltung und mit den Bürgern jeweils einen zufriedenstellenden Konsens zu finden. Das ist, wie ich bereits ausgeführt habe, für die betreffenden Petenten nicht nur kostensparender, sondern auch zeitsparender.

Freilich setzt dies auch die Bereitschaft der betreffenden Behörden voraus, mit dem Petitionsausschuss und den Bürgern in einen Dialog zu treten. Vergessen wir nicht, dass wir es hierbei nicht mit Vorgangsnummern oder Aktenzeichen zu tun haben, sondern dass hinter jeder Petition Einzelschicksale stehen, Menschen also, die sich mit ihren Schwierigkeiten im Umgang mit Behörden an den Petitionsausschuss gewandt haben.

Schon in meinem letzten Jahresbericht habe ich kritisiert, dass insoweit vieles im Argen liegt, denn den Behörden fehlt es ganz einfach vielfach an der Bereitschaft, mit den Bürgern zu kommunizieren.

Leider muss ich mit Blick auf den Berichtszeitraum auch heute feststellen, dass insoweit seitens der Behörden wesentlich mehr getan werden könnte. Oftmals ist es doch so, dass Menschen eine Entscheidung der Verwaltung erst einmal richtig verstehen müssen, um sie akzeptieren zu können. Wichtig ist es stets, dass die Menschen das Gefühl haben, mit ihren Fragen ernst genommen zu werden. Die Bürger demgegenüber in erster Linie auf den Rechtsweg zu verweisen, anstatt nach vernünftigen und bürgerfreundlichen Lösungen zu suchen, halte ich nicht für den richtigen Ansatz. Bedauerlicherweise fehlt es den Behörden meist an Mut, einige Entscheidungen einmal zu überdenken oder auch das eigene Handeln einmal infrage zu stellen. Dabei würde gerade dies aber das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den demokratischen Rechtsstaat stärken.

Bei den Behörden das Bewusstsein zu entwickeln, Menschen ernst zu nehmen und dort Bürgernähe zu vermitteln, wo Problemlösungen an den Hürden der Bürokratie scheitern, sieht der Petitionsausschuss als eine seiner wesentlichen Aufgaben an. Dies letztlich zu leisten, ist nicht einfach, wie die täglichen Fälle, mit denen sich der Petitionsausschuss konfrontiert sieht, zeigen. Die Mitglieder des Petitionsausschusses werden fraktionsübergreifend aber auch in Zukunft daran arbeiten.

Der Petitionsausschuss ist eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Parlament und der Bevölkerung. Nicht ohne Grund ist der Petitionsausschuss der einzige in unserer Verfassung vorgesehene

Pflichtausschuss, zu dessen Einsetzung der Landtag mit Blick auf dessen besondere Aufgabenstellung verpflichtet ist. Eine Alternative zum Petitionsausschuss gibt es nicht. Die nach wie vor beträchtliche Zahl von an ihn herangetragenen Petitionen beweist vielmehr, dass das große Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger in die Arbeit des Petitionsausschusses haben, hier zu sehen ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Jahr 2011 haben den Petitionsausschuss 962 Petitionen erreicht. Dies waren noch einmal 45 Petitionen mehr als im Vorjahr. In der Gesamtschau bleibt festzuhalten, dass sich die Eingangszahlen in den vergangenen Jahren konstant zwischen 850 und knapp 1.100 Petitionen bewegen. Bearbeitet hat der Petitionsausschuss im Berichtszeitraum letztlich allerdings weitaus mehr, nämlich insgesamt 1.581 Petitionen. In 11 Sitzungen hat er 797 Anliegen abschließend behandelt.

Erfreulicherweise konnte im Berichtszeitraum in 82 Petitionen vollumfänglich den Bürgeranliegen gefolgt werden. In drei Fällen konnte dem vorgebrachten Anliegen teilweise entsprochen werden. In immerhin 392 Fällen ist es dem Petitionsausschuss gelungen, durch Aufklärung der Sach- und Rechtslage eine entsprechende Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen.

(Beifall CDU)

In 81 Fällen konnte den vorgetragenen Anliegen letztlich leider nicht abgeholfen werden. Auch der Petitionsausschuss kann keine Wunder vollbringen. Er ist an Recht und Gesetz gebunden und kann folglich nicht alle Anliegen, die an ihn herangetragen werden, unterstützen. Dies gilt unter anderem auch für Anliegen der Petenten, die zivilrechtliche Angelegenheiten betreffen, für deren Bearbeitung der Petitionsausschuss nicht zuständig ist.

Natürlich ist dies für die betreffenden Petenten nicht immer leicht zu akzeptieren. So etwa in einem Falle, in dem ein Petent, der in einer Behörde mit einem Hausverbot belegt worden war, von dem Petitionsausschuss erwartete, die Einrichtung eines „Sonderausschusses“ voranzutreiben, um seinen Fall zu überprüfen und dem Anliegen letztlich zu entsprechen. Selbstverständlich wurde kein Sonderausschuss installiert; vielmehr musste der Petent akzeptieren, dass die Behörde in diesem Fall nicht rechtswidrig gehandelt hatte.

Erwähnen möchte ich auch, dass der Petitionsausschuss in 11 Fällen Überweisungen an die Landesregierung beschlossen hat. Solche Überweisungen erfolgen in der Regel mit der Bitte, der vorgebrachten Beschwerde zu folgen, den Einzelfall unter Beachtung der Auffassung des Petitionsausschusses zu prüfen oder die Petition bei der Einbringung von Gesetzen, der Stimmabgabe im Bundesrat bzw.

dem Erlass von Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften zu berücksichtigen.

Von einer Überweisung im letzteren Sinne hat der Petitionsausschuss beispielsweise in einem Fall Gebrauch gemacht, in dem eine andere Abhilfe letztlich nicht mehr möglich war. Hintergrund der Petition einer Bürgerinitiative war der drohende Abriss denkmalgeschützter Häuser des Areals am Markt in Altenburg. Die Bürgerinitiative beklagte, dass durch den Abriss einer der bedeutendsten nahezu geschlossen erhaltenen Stadtkerne in Deutschland zerstört würde. Die Petenten baten um Überprüfung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abriss der in Rede stehenden Denkmale durch die untere Denkmalschutzbehörde bei der Stadt Altenburg. Dabei wurde auch die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Eigentümerin der in Rede stehenden Denkmale, die zur Feststellung der Unzumutbarkeit des Erhalts der Denkmale durch die untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Altenburg führte, angezweifelt. Die vorgenannte Petition war mehrfach Gegenstand der Beratung des Petitionsausschusses. Darüber hinaus wurde die genannte Angelegenheit im Anschluss an einen Besichtigungstermin vor Ort mit Teilnehmern der Stadt Altenburg und Vertretern der zuständigen Landesbehörden sowie der Bürgerinitiative ausführlich erörtert. Durch den Ausschuss konnte letztlich aber keine Pflichtverletzung der Behörden bei dem Verfahren zur Erteilung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abriss der denkmalgeschützten Gebäude festgestellt werden. Allerdings war der Petitionsausschuss der Auffassung, dass das Verfahren zur Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zum Abriss von Denkmalen einer grundsätzlichen Überprüfung bedarf. Insbesondere, wenn wie im vorliegenden Fall die Einschätzung der Denkmalschutzbehörde, die von der Erhaltenswürdigkeit der Denkmale ausgeht, von der Entscheidung zur Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis des Abrisses abweicht, müsste das Verfahren nach Auffassung des Ausschusses konkretisiert werden. So könnte in diesem Falle grundsätzlich die obere Denkmalschutzbehörde über die Abrissanträge entscheiden, auch wenn nicht nur die denkmalfachlichen Fragen betroffen sind, sondern auch andere Faktoren, wie zum Beispiel die Abwägung der Zumutbarkeit des Erhalts der Denkmale. Mit Blick auf eine insoweit mögliche erforderliche Konkretisierung der Rechtslage beschloss der Petitionsausschuss, die Petition gemäß § 17 Nr. 6 des Thüringer Petitionsgesetzes den Fraktionen zur Kenntnis zu geben. Darüber hinaus bat der Petitionsausschuss die Landesregierung, das Anliegen gegebenenfalls bei der Einbringung oder einer möglichen Änderung des Denkmalschutzgesetzes zu berücksichtigen. Die Landesregierung teilte dazu mit, dass sie das Anliegen im Falle einer künftigen Gesetzesnovelle berücksichtigen werde. Die genannte Petition betrifft mit dem Bereich Bildung,

Wissenschaft und Kultur einen der Arbeitsschwerpunkte des Ausschusses im vergangenen Jahr. Immer wieder sind insoweit auch die Fragen des Denkmalschutzes zu prüfen.

Gestatten Sie mir - nicht zuletzt wegen des aktuellen Bezugs - einen kurzen Exkurs in das laufende Jahr. In diesem Jahr musste sich der Petitionsausschuss, wie auch schon im vergangenen Jahr, erneut mit der Frage der Zulässigkeit der Errichtung von Solaranlagen beschäftigen. So hat eine Familie aus Stobra, einem als Denkmalensemble geschützten Rundlingsdorf, im Petitionsausschuss um Unterstützung ihres Anliegens auf Genehmigung einer Solaranlage auf dem Dach einer Scheune ihres Anwesens gebeten. Die untere Denkmalschutzbehörde hatte mit Blick auf die Stellungnahme der Denkmalfachbehörde die Genehmigung zunächst nicht erteilt. Auch in diesem Falle hat der Petitionsausschuss einen Ortstermin durchgeführt und sich die Örtlichkeiten genau angesehen. In der Sache hat er Verständnis für das Anliegen der Petenten geäußert, die allerdings ihren Antrag entsprechend ergänzen und konkretisieren müssen. Im Widerspruchsverfahren wird die obere Denkmalschutzbehörde dann darüber entscheiden müssen, ob die von den Petenten vorgetragenen wirtschaftlichen Gesichtspunkte hinsichtlich des Erhalts ihrer Scheune als der Auffassung der Denkmalschutzbehörde letztlich überwiegende Aspekte dargestellt werden können.

Meine Damen und Herren, einen weiteren Arbeitsschwerpunkt des Petitionsausschusses bildete auch im Jahr 2011 der Bereich Rechtspflege. Einen breiten Rahmen nehmen dabei Petitionen ein, die den Strafvollzug und den Maßregelvollzug betreffen. Solche Petitionen werden entweder schriftlich an den Petitionsausschuss herangetragen, vielfach aber auch gegenüber den Mitgliedern der Strafvollzugskommission geäußert, die die entsprechenden Einrichtungen in Thüringen regelmäßig besuchen. Im Einzelnen sind im Jahr 2011 98 Petitionen aus dem Bereich des Strafvollzugs und 19 Petitionen aus dem Maßregelvollzug eingegangen. Die Eingangszahlen der Jahre 2010 und 2011 sind damit nahezu identisch. Es ist schon lange Praxis, die Bitten und Beschwerden unmittelbar in den vollzuglichen Einrichtungen mit den Gefangenen bzw. Patienten zu erörtern. Sofern nicht bereits im Anschluss an das Gespräch in der Anstalt das betreffende Problem gelöst werden kann, werden diese Petitionen an den Petitionsausschuss weitergeleitet und dort abschließend behandelt. Die Ortstermine der Strafvollzugskommission werden auch von Vollzugsbediensteten genutzt, um auf eigene oder allgemeine Probleme des Vollzugs aufmerksam zu machen. Die Anliegen der Inhaftierten bzw. Patienten sind demgegenüber vielfältig und durchaus von unterschiedlichem Gewicht. Sehr oft liegen den Petitionen Beschwerden zu aktuellen Haftbedingun

gen oder Fragen zur Gewährung von Vollzugslockerungen zugrunde. Nicht zuletzt stellt sich für den Ausschuss insoweit die Aufgabe, die Interessen der Gefangenen mit den Sicherheitsbelangen der Bevölkerung in Einklang zu bringen.

Dies ist nicht immer einfach, wie der folgende Fall aus dem Berichtszeitraum zeigt. Ein Petent, dessen Strafzeit nach bereits mehrjähriger Haftdauer im Jahr 2013 enden wird, beklagte, noch keinerlei Lockerungen erhalten zu haben. Im Rahmen einer ausführlichen Erörterung mit Vertretern des Thüringer Justizministeriums sowie der Staatsanwaltschaft und der Anstaltsleitung stellte sich heraus, dass bei dem Petenten offensichtlich nach wie vor eine latente Gefahr zur Begehung von Straftaten besteht und man sich in der Anstalt daher nicht in der Lage sah, dem Petenten Haftlockerungen zu gewähren. Auf der anderen Seite darf man aber nicht außer Acht lassen, dass der gesamte Strafvollzug darauf ausgerichtet sein muss, den Gefangenen in die Lage zu versetzen, später ein Leben in sozialer Verantwortung und ohne Straftaten zu führen, ihn also auf das Leben in Freiheit vorzubereiten. Dazu gehören natürlich auch Vollzugslockerungen, wie Ausführungen unter Aufsicht oder Ausgänge ohne Aufsicht durch einen Vollzugsbediensteten. Der Petitionsausschuss hat vor allem die Verantwortung des Anstaltsleiters, einen wirksamen Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten sicherzustellen, berücksichtigt. Mit Blick auf die allerdings auch einem Gefangenen gegenüber bestehende soziale Verantwortung hat sich der Ausschuss letztlich dafür ausgesprochen, dem Petenten mit Rücksicht auf dessen nicht mehr allzu lange restliche Haftzeit zunächst einen beaufsichtigten Ausgang zu ermöglichen. Über weitere, darauf aufbauende Lockerungen soll nach Auffassung des Ausschusses dann in Abhängigkeit von dem Verhalten des Petenten befunden werden. Der Petitionsausschuss hält es für bedenklich, Gefangenen gegebenenfalls bis zum Ende ihrer Haftzeit keinerlei Lockerungen zu ermöglichen,

(Beifall DIE LINKE)

da dies eine Wiedereingliederung in das Leben in Freiheit nachhaltig gefährden könnte. Die Petition ist allerdings noch nicht abgeschlossen.

Nicht selten beklagen Gefangene auch, dass ihre Post nicht ordnungsgemäß weitergeleitet bzw. unzulässigen Kontrollen unterzogen wird. So trug ein Petent vor, dass ein an seinen Rechtsanwalt gerichteter Brief erst mit mehrtägiger Verspätung abgesandt worden sei. Sehr geehrte Damen und Herren, der Briefwechsel eines Gefangenen mit seinem Verteidiger genießt einen besonderen Schutz dergestalt, dass entsprechende Poststücke grundsätzlich nicht überwacht und angehalten werden dürfen. Unzulässig ist auch ein zu Kontrollzwecken erfolgendes Öffnen; dies gilt im Übrigen auch bei

Schreiben, die an die Volksvertretung des Bundes oder der Länder gerichtet werden. Einem Gefangenen soll stets eine ungestörte Kommunikation mit seinem Verteidiger und/oder dem Petitionsausschuss ermöglicht werden. Im vorliegenden Fall stellte sich im Rahmen der Prüfung durch den Petitionsausschuss heraus, dass der Brief zwar als Verteidiger-Post gekennzeichnet war und dementsprechend nicht geöffnet werden durfte, darüber hinaus muss ein Schreiben für den Anstaltsbediensteten allerdings auch einem bestimmten Gefangenen zuzuordnen sein, was aber nur im Falle einer deutlichen Absenderangabe möglich ist. Daran fehlte es im vorliegenden Fall, so dass einige Tage vergingen, bis der Absender des Schreibens ermittelt und das Schreiben selbst weitergeleitet werden konnte. Dieses Verfahren war seitens des Petitionsausschusses letztlich nicht zu beanstanden.

Gleichwohl nahm der Ausschuss den Fall zum Anlass, das Thüringer Justizministerium mit Blick auf die hohe Bedeutung der gesetzlich garantierten ungestörten Kommunikation zwischen einem Gefangenen und seinem Verteidiger zu bitten, die Leiter der Vollzugsanstalten auf die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben im Umgang mit Haftpost hinzuweisen. Diesem Wunsch des Petitionsausschusses wurde seitens des Ministeriums auch umgehend entsprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Spitzenreiter bei den Schwerpunkten der Arbeit des Petitionsausschusses war im Berichtszeitraum der Bereich Arbeit, Soziales und Gesundheit. Die weitaus häufigsten Anliegen betreffen dabei Beschwerden zu Leistungen für Arbeitsuchende. Die Frage der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bietet oft Anlass für Kritik der Betroffenen. Darüber hinaus werden oftmals lange Bearbeitungszeiten beklagt.

Lassen Sie mich als Beispiel für viele andere Fälle folgende Angelegenheit schildern, in der sich der Petitionsausschuss erfolgreich für den Petenten einsetzen konnte. Gegenstand der Petition waren Leistungen für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden. In dem betreffenden Fall stellte sich im Laufe des Petitionsverfahrens heraus, dass die Grundmiete sowie die Kalt- und Nebenkosten durchaus als angemessen zu betrachten waren. Gleiches galt allerdings nicht für die Heizkosten, die auch nach dem bundeseinheitlichen Heizkostenspiegel nicht im angemessenen Bereich lagen. Die weitere Überprüfung ergab, dass die unter dem Dach liegende Wohnung nicht hinreichend isoliert war, so dass höhere Heizkosten entstanden, für die die Petentin jedoch keine Verantwortung traf. Im Ergebnis der Petition wurde seitens des Jobcenters festgelegt, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung vorerst bis zur nächsten Nebenkostenabrechnung in

voller Höhe gewährt werden. Sodann soll geprüft werden, wie weiterhin eine Senkung der Heizkosten angestrebt werden kann. Für die Petentin bedeutete dies, dass sie sich letztlich nicht nach einer neuen Wohnung umsehen musste.

Schildern möchte ich auch einen weiteren Fall, in dem es um das Anliegen zahlreicher Petenten ging, die sich im Sinne ihrer Hausärztin gegen die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen - KVT - wandten, die schon seit Jahren in einem Plausibilitätsverfahren gegen die betreffende Ärztin ermittelt. Aus Sicht der Petenten war eine solche Überprüfung der Abrechnung der Ärztin allerdings verfehlt, da die Medizinerin sich über das normale Maß hinaus mit hoher Einsatzbereitschaft für ihre Petenten einsetzte. Der Petitionsausschuss ging davon aus, dass die KVT befugt ist, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragsärzte zu überprüfen, auch hinsichtlich ihrer Plausibilität sowie der abgerechneten Sachkosten. Die Verfahrensweise der KVT war durch das Thüringer Ministerium für Soziales, Familie und Gesundheit, dem die Rechtsaufsicht obliegt, aufsichtsrechtlich nicht zu beanstanden gewesen. Der Ausschuss sprach sich letztlich dafür aus, die Zeitprofile des einheitlichen Bewertungsmaßstabs, die die Grundlage für die Plausibilitätsprüfung bilden, zu überarbeiten. Da es sich um bundeseinheitliche Regelungen handelt, beschloss der Ausschuss weiter, die Petition an den zuständigen Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages weiterzuleiten.