Wenn man sich dann ansieht, wozu diese Abwasserentsorgung dienen soll, was damit beseitigt werden soll, dann findet man verschiedene Thesen. Die eine These ist, dass zwei Drittel des Phosphats, was in unseren Gewässern zu viel ist, aus dem kommunalen Abwasser dieser 510.000 Einwohner kommt und ein Drittel aus der Landwirtschaft. Allerdings schwanken diese Werte extrem. Wir haben bei Hochwasserabflüssen manchmal niedrige und manchmal hohe Phosphatwerte. Die Leute gehen aber bei Hochwasser nicht einmal mehr aufs Klo. Also kommunales Abwasser heißt relativ stetige Gewässerbelastung. Wieso es dann diese extremen Schwankungen in unseren Gewässern gibt, erschließt sich damit nicht. Die Frage ist: Ist denn der Mitteleinsatz wirklich gerechtfertigt? Ist denn die Quelle zwei Drittel kommunales Abwasser für die hohe Phosphatbelastung wirklich die richtige Quelle? Die Frage ist aber auch: Stimmen die Abläufe aus der Landwirtschaft? Ich meine, wir haben in Thüringen eine relativ niedrige Viehdichte, aber es sind immerhin über 300.000 Großvieheinheiten. So eine Großvieheinheit wiegt 700 Kilo. Ich kann mir schwer vorstellen, dass 300.000 große Viecher à 700 Kilo weniger Stoffwechselendprodukte produzieren als 500.000 Einwohner à 70 Kilo. Also alleine diese Zahlen beißen sich. Die andere Zahl, die dem ganzen entgegensteht, das sind Aussagen der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft. Im Jahr 2007 haben die auf ihrer Jahrestagung so eine wunderschöne Kurve verteilt. Aus der Kurve geht hervor, dass unsere Böden phosphorunterversorgt sind. Wie passt das zu der These, dass wir aus phosphorüberversorgten Böden Abschwemmungen in unsere Gewässer haben, die dann zu einer Erhöhung der Phosphatkonzentration führen? Zu der These passt übrigens auch nicht die Aussage in der Großen Anfrage, dass aufgrund des hohen Phosphorgehalts 80 Prozent der Gewässer den guten Zustand bei Wasserpflanzen und Algen verfehlen.
Herr Minister, wir hatten mal 90 Prozent guter Zustand bezüglich des Saprobienindex. Da sind also die niederen Tiere der Gewässer betrachtet worden, die ein sehr genaues Bild dafür abgeben, welche Wasserparameter hier in Ordnung sind und welche nicht. Also wenn ich Abwasser im Gewässer habe, habe ich einen Abwasserpilz. Wenn das Gewässer richtig sauber ist und sauerstoffreich, dann habe ich eben die Steinfliegenlarve drin. Wieso sie plötzlich eine völlig neue Bezugsgröße, nämlich die Wasserpflanzen, hier aufführen und dann sagen, nach denen ist das Gewässer nicht in Ordnung und das liegt am Phosphor, da muss ich mich doch einfach mal fragen, ob sie die Gewässerstruktur dabei einfach vernachlässigt haben. Denn wenn ich ein Gewässer aufgestaut habe, finde ich dann natürlich nicht die typischen Fließgewässerwasserpflanzen, die da hineingehören würden. Und in einem Aufstaubereich habe ich auch immer eine Nährstoff-Falle, dementsprechend erhöhte Nährstoffbelastungen allein durch normale natürliche Erosion. Da passt einiges nicht. Deshalb muss ich auch sagen, braucht es dringend eine Überprüfung der Parameter, die sie hier ansetzen.
Ähnlich ist es beim Nitrat im Grundwasser. Sie schreiben, von 2006 bis 2012 hatten wir an 17 Grundwasserkörpern einen Rückgang der Belastungsflächen und bei 13 Grundwasserkörpern einen Anstieg, und dann kommen Sie zu einer ziemlich widersprüchlichen Bewertung in der Großen Anfrage. Ich möchte zitieren, auf Seite 29: „Die Landesregierung hält sowohl die Maßnahmen selbst als auch deren Umsetzung (im Hinblick auf Umfang, Zielgerichtetheit, Effizienz etc.) für geeignet, die Umweltziele nach der EU-WRRL zu erreichen.“ Und der nächste Satz ist: „Die insbesondere infolge der jahreszeitlichen hydrologischen Abflusssituation in oberirdischen Gewässern gemessenen, stark schwankenden Stickstoff- und Phosphorwerte lassen eine eindeutige Trendbetrachtung kaum zu.“ Wie können Sie denn sagen, dass Ihre Maßnahmen geeignet sind, wenn Sie gar nicht wissen, welche Effekte und welche Trends denn überhaupt entstehen? Das verstehe ich nicht. Es erschließt sich mir einfach nicht. Sie wissen ja noch nicht einmal, welcher Phosphor pflanzenverfügbar ist, der sich im Gewässer befindet. Das wird noch nicht einmal gemessen. Wir haben also stark schwankende Effekte beim Phosphat und beim Nitrat, wir wissen nicht, worauf diese beruhen, aber wir greifen dort an, wo wir die Macht haben, Leute beim eigenen Geldbeutel zu packen und ohne Landesgelder zu investieren; und das ist das kommunale Abwasser. Das ist der einzige Bereich, in dem diese Landesregierung wirklich versucht, die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Alle anderen lässt sie dabei in Ruhe, ob das die Landwirtschaft ist, ob das die Kali-Industrie ist, der es wirtschaftlich nicht zumutbar ist, ihre Salzabwässer aufzubereiten, oder ob es das Land selbst ist, dem es wirtschaft
lich nicht zumutbar ist, die Gewässerstruktur in der Art in Ordnung zu bringen, wie es die Wasserrahmenrichtlinie vorsieht.
Meine Damen und Herren, das ist ein unverhältnismäßiger Mitteleinsatz, der hier durchgeführt wird, der zu einer einseitigen Belastung unserer Bürger vor allem im ländlichen Raum führt und dementsprechend ist er zu überprüfen. Dementsprechend brauchten wir eine Neujustierung des Mitteleinsatzes, denn wir haben nicht mehr viel Geld in Thüringen und da müssen wir die Gelder auch effizient einsetzen. In der Hinsicht hätte ich mir eine Novelle des Wassergesetzes gewünscht.
Wir warten auf das Wassergesetz seit 2009. Der Bundesgesetzgeber hat das Land verpflichtet, im Jahr 2009 bundesrechtliche Regelungen in das Thüringer Wasserrecht zu überführen. Sie haben uns ein Vorschaltgesetz zur Verfügung gestellt, Herr Minister. Über dieses Vorschaltgesetz haben wir uns im Ausschuss intensiv unterhalten. Wir haben Ihnen dazu ein paar Fragen gestellt, die Sie mehr oder weniger beantworten konnten. Letzten Endes kamen wir zum Ergebnis, dass dieses Vorschaltgesetz uns nicht weiterhilft. Dass Sie jetzt dem Landtag die Schuld dafür in die Schuhe schieben, dass keine vernünftigen wassergesetzlichen Regelungen in dieser Legislatur zustande gekommen sind, das halte ich für ein Unding. Ich glaube, die Arbeit, die wir im Fachausschuss gemacht haben,
die war schon weiterführend, aber die vielen Probleme, die es gibt, die wollte man in Ihrem Haus offensichtlich nicht in der Gesetzgebung umsetzen.
Meine Damen und Herren, geändert werden müssen hätte auch etwas bei Gewässerrandstreifen in dem Zusammenhang. Darauf ist schon von einigen Vorrednern eingegangen worden. Wenn man sich ansieht, wie Ihre Freiwilligkeit in dem Zusammenhang gegriffen hat - 20 Hektar über KULAP trotz gezielter Öffentlichkeitsarbeit, wie Sie es nennen -, kann man doch nur sagen, es ist einfach lächerlich. Dass die Gewässerrandstreifen einer der sensibelsten Bereiche sind im Übergang zwischen Feld und Gewässer, die dazu führen, dass wir massive, auch schwankende Belastungen der Gewässer zu verzeichnen haben, das ist ein Punkt, den müsste man einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Dementsprechend braucht es auch hier Änderungen in den Vorschriften.
Meine Damen und Herren, ich will von der Wasserrahmenrichtlinie weggehen und zu der Frage Hochwasser kommen. Auch hier werden große Probleme beschrieben. 90 Prozent unserer Deiche sind
nicht Stand der Technik. Gewässerschauen werden beliebig durchgeführt, manche Gebietskörperschaften machen es über Jahre lang gar nicht, andere machen es regelmäßig. Da merkt man, dass sich die Auflösung der staatlichen Umweltämter wirklich als entschiedener Fehler erwiesen hat. Das führt dann eben auch dazu, dass wir nicht wissen, was an unseren Gewässern los ist. Es wird ein Paradigmenwechsel beschrieben: Weg vom Schutz der Landwirtschaft durch die bisherigen Deiche, hin zum Schutz der Bebauung. Wenn wir diesen Paradigmenwechsel einfach so platt durchführen, wie er in der Beantwortung der Großen Anfrage steht, dann wird das zu massiven Ertragsausfällen in der Landwirtschaft und zu einem sehr, sehr hohen Entschädigungspotenzial führen. Ich glaube nicht, dass das der richtige Weg ist. Wir werden die Landwirtschaft vor Hochwassern schützen müssen, ich sage mindestens im Bereich bis 20-jährige Hochwässer. Dazu wird man die Dämme stehen lassen müssen und kann dann landwirtschaftliche Flächen überstauen, wenn wirklich große Gefahr besteht, dass der 100-jährige Hochwasserschutz von Städten und Gemeinden und hochwertiger Infrastruktur überstiegen wird. Ich glaube, das hilft uns allen weiter, wenn wir auf diesem Weg gehen.
Zu der Frage von Bebauungsplänen in Überschwemmungsgebieten, Herr Minister: Ich bin immer ein massiver Gegner von Baumaßnahmen in Überschwemmungsgebieten gewesen. Wenn ich mir aber Ihre Liste ansehe, da finde ich das Gewerbegebiet „Schraube“ der Stadt Hildburghausen als Neubauund Überschwemmungsgebiet wieder, dann muss ich sagen, Sie müssten sich Ihre Liste noch einmal anschauen. Da können manche Dinge nicht stimmen. Ein Industriegebiet, das seit über 100 Jahren dort existiert, wird plötzlich zum Neubaugebiet erklärt, noch dazu, wo es eigentlich im Moment neu eingedeicht wird und dementsprechend gar nicht mehr im Überschwemmungsgebiet liegt, nach dem, was man gemeinsam mit dem Landesverwaltungsamt geklärt hat. Das passt nicht wirklich, das erweckt den Eindruck, dass hier Maßnahmen in Überschwemmungsgebieten ergriffen werden, die falsch sind, aber das passt hier wirklich nicht hin.
Zu der Frage Speicher noch ein kurzer Satz. Auch hier hätte das Wassergesetz geändert werden müssen. Sie schreiben was von der Übertragung an Kommunen. Auf der anderen Seite redet Ihr Ministerium Kommunen aus, Speicher zu übernehmen, weil es mit Risiken für die Kommunen verbunden ist. Sie schreiben in der Großen Anfrage etwas davon, dass die Speicher an andere, an Dritte übertragen werden könnten, da sagen Sie aber gleichzeitig, dass das Risiko, dass das Land irgendwann bei fehlender Leistungsfähigkeit der Dritten sich wieder um die Speicher kümmern muss, sehr hoch ist, sollen dort Rücklagen haben, die keiner leisten
kann. Meine Damen und Herren, das geht so nicht. Wir brauchen ein Speicherkonzept, wir brauchen ein Talsperrenkonzept in Thüringen, wo wir uns Gedanken machen, welche der Anlagen sind sinnvollerweise zu erhalten und wie kann das finanziert werden. Das kann ich nicht einfach von der Verantwortung her Dritten aufdrücken, das funktioniert nicht.
Meine Damen und Herren, zum Schluss will ich noch sagen, die Ziele, die wir im Wasserbereich hatten, werden nicht erreicht. Man weiß in weiten Teilen nicht, was man tut, hat aber Personal abgebaut. Wir haben es im Bereich der Gesetzgebung, die hier hätte bei der Klärung einiger Fragen helfen können, gelinde gesagt mit einer Arbeitsverweigerung der Landesregierung in dieser Legislatur zu tun gehabt. Wir werden uns also mit diesen Fragen in der nächsten Legislatur sehr intensiv beschäftigen müssen. Dafür ist die Große Anfrage der Grünen und die Antwort darauf eine gute Grundlage und ich hoffe, dass wir dann mit der Arbeit weiterkommen. Danke.
Werter Kollege Primas, er ist leider nicht im Raum, aber werte Kolleginnen und Kollegen, ja, ich greife das Thema noch einmal auf. Es ist in den letzten Wochen und Monaten hier massiv im Ilm-Kreis aufgeschlagen. Ich muss so deutlich sagen, die Bürger vor Ort sind sehr verunsichert und zum Teil auch etwas empört und zu Recht empört. Herr Kollege Kummer, es handelt sich um die größten Erweiterungen von Trinkwasserschutzzonen, die im Freistaat Thüringen gemacht worden sind. Die Kosten trägt eben nicht die öffentliche Hand, sondern die Kosten im Ilm-Kreis trägt der Abwasserzweckverband und damit die Bürgerinnen und Bürger der Kommunen. Es sind so gut wie alle Kommunen ich darf jetzt hier ganz kurz vorlesen: Amt Wachsenburg, Kirchheim, Rockhausen, Elxleben, Alkersleben, Elleben, Bösleben, Wüllersleben, Osthausen, Wipfratal, Gemeinde Ilmtal - mit massiven Einschränkungen betroffen. Mit massiven Einschränkungen, die nicht erklärbar sind und ich nahm die Worte von Kollegen Primas wohlwollend auf, dass die Fristverlängerung im Landesverwaltungsamt von Ihnen durchgestellt wird. Das muss gemacht werden. Die Frist läuft zum 15.07. aus und die Vielzahl der Bürgerinnen und Bürger - hier beteiligt sich der Abwasserzweckverband sehr engagiert - kann sich bei Bürgerbeteiligungen einfach noch nicht so richtig in das Thema einarbeiten. Ich
darf hier zwei Zahlen nennen. Wir haben ein Abwasserbeseitigungskonzept gemacht, ja, und da sollen auch ganz viele Kommunen, die ich hier benannt habe, und Bürger noch angeschlossen werden und die wollen dieses auch. 2.700 von ihnen müssten aber, wenn diese Verordnung in Kraft tritt, bis Ende 2017 zum 01.01.2018 in eine vollbiologische Kleinkläranlage investieren. Das ist weder abgestimmt mit den Seiten des ABK, die dann mit 18 bis 20 Treffen, noch mit den Verlängerungsfristen, die man dann hätte, wenn man in eine vollbiologische Kleinkläranlage investiert.
35,4 Mio. wird geschätzt, was auf uns Bürger des Ilm-Kreises zukommen wird, wenn diese Sache in der Größenordnung umgelegt wird. Bitte lassen Sie mich noch zwei Dinge erwähnen. Keiner will den Erfurtern das Trinkwasser wegnehmen, keiner will Gewässer guter Qualität nicht erreichen. Bei der Frage der Bemessungsgrundlage ist hier die Frage, ob diese richtig ist und eine Ausweitung dieser Zone in der Größenordnung rechtfertigt. Ich darf daran erinnern, die Rechte hat die Stadt Erfurt aus den 80er-Jahren erworben. Seit den 80er-Jahren - wir schreiben das Jahr 2014 - haben sich die Grundlagen massiv geändert. Die Landeshauptstadt hat weitere eigene Quellen erschlossen. Sie kann Fernwasser beziehen. Es hat sich auch demografisch einiges entwickelt. Man muss mal daran gehen und nachdenken, braucht man dieses Wasser in der Größenordnung. Und bitte, Wasser gehört uns allen, Lasten und Nutzen müssen auf alle gleichermaßen verteilt werden. Da darf der ländliche Raum, den der Ballungsraum auch braucht, nicht mit den Lasten belastet werden, ohne den Nutzen zu haben. Da sind diese Kommunen massiv betroffen. Ich denke nur an Straßensanierungen, Abdichtungen, an meine Kleingartenanlagen, die alle ihre Gruben erneuern müssen, und zwar schlagartig bis 2017. Ich bitte, lassen Sie uns nicht den ländlichen Raum weiter belasten, lassen Sie uns darüber nachdenken, welche Standards notwendig sind. Lassen Sie uns mit menschlichen Maßstäben umgehen. Bitte, Herr Minister, richten Sie im Landesverwaltungsamt aus, man wäre froh, wenn von dort
eine kompetente Person an den Bürgerinformationsveranstaltungen mit teilnehmen würde, teilnehmen könnte. Danke schön.
Vielen Dank. Ich sehe keine Wortmeldungen der Abgeordneten mehr, der Minister hat um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Minister Reinholz.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will mal schauen, dass ich meine Rede so weit zusammenbekomme, dass wir noch pünktlich fertig werden. Nur ein Wort an Frau Mühlbauer: Das war jetzt völlig überflüssig. Sie haben eine Antwort auf Ihre Kleine Anfrage bekommen.
Wenn Ihnen die nicht ausreicht, bleibt es Ihnen doch völlig unbenommen, sich mit Ihrem SPD-Kollegen, Herrn Oberbürgermeister Bausewein, auseinanderzusetzen. Würde er das Wasser aus Leibis nehmen, brauchten wir überhaupt keine Trinkwasserschutzzone um Erfurt und das Problem wäre von heute auf morgen geregelt.
Aber das ist nicht das heutige Thema hier und deshalb will ich darauf nicht weiter eingehen. Sie können gern noch mal eine Kleine Anfrage stellen.
Auch ich möchte an der Stelle vorweg meinen Dank aussprechen, meinen Dank an mein eigenes Haus und an die mir zugeordneten Behörden, aber auch ein ganz herzliches ausdrückliches Dankeschön an die Landkreise und kreisfreien Städte, die mit einem nicht ganz unerheblichen Aufwand zum Zwecke der Beantwortung dieser Fragen vorhandenes Material auswerteten oder teilweise auch erst Angaben erhoben. Ich danke auch Herrn Dr. Augsten, dass sich Ihre Fraktion dafür ebenfalls bedankt hat. Das war schon ein enormer Aufwand, der dort gelaufen ist. Es waren 195 Fragen und die müssen auch erst einmal beantwortet werden.
Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, um in der Kürze der Zeit noch auf ein paar Problemfelder einzugehen. Noch vor grob 20 Jahren befanden sich unsere Gewässer, wie wir alle wissen, in einem katastrophalen Zustand. Sie waren in vielen Bereichen biologisch einfach tot. Unsere enormen Investitionen in die Abwasserbehandlung und in die Gewässerschutzmaßnahmen, unter anderem auch in
der landwirtschaftlichen Praxis, haben es ermöglicht, dass sich die Qualität unserer Gewässer erheblich verbessert hat, auch wenn noch einiges in diesen Bereichen zu tun bleibt. Ich erinnere auch daran, dass die technischen Möglichkeiten heute über GPS in der landwirtschaftlichen Düngerausbringung und im Pflanzenschutz ganz andere sind, als sie es vielleicht noch vor 20 oder 30 Jahren waren.
Strukturell sind unsere Gewässer allerdings nach wie vor stark überprägt, vielerorts finden sich Wehre, Verrohrungen, Uferbauten. Als Folge davon bieten oftmals monotone und von fortschreitender Eintiefung geprägte Gewässer nur noch Lebensraum für wenige Tierarten. Das ist uns allen bekannt. Dem sind wir bereits seit 2009 mit vielen Maßnahmen entgegengetreten, indem wir die Gewässer wieder geöffnet und in das Stadt- und Landschaftsbild integriert haben, bei vielen Bauwerken die Durchgängigkeit für die Fische in den Gewässern hergestellt haben, dort natürlich oftmals auch auf das Unverständnis der Betreiber von Wehranlagen im Endeffekt stoßen, die sagen, nein, das war immer schon so, das muss auch so bleiben. Denen sage ich eindeutig: Nein, wir müssen den Fischaufstieg ermöglichen und wir müssen auch ermöglichen, dass die Fische heil wieder herunterkommen. Bis zum Ende des Jahres 2012 konnten bereits über 220 Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit begonnen bzw. umgesetzt werden und ein Großteil der Gewässerentwicklung ist natürlich auch zu Hunderten Maßnahmen inzwischen auch abgeschlossen. Nach derzeitiger Einschätzung kann davon ausgegangen werden, dass bis Ende 2015 ca. 430 Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit und etwa 150 Maßnahmen zur naturnahen Gewässerentwicklung umgesetzt und damit natürlich auch deutliche Umsetzungen in den baulichen Anlagen durchgeführt werden.
Wie in den Antworten zu den Fragen 11 bis 17 dargestellt, wurden die Weichen für eine verbesserte Maßnahmeumsetzung seitens des Landes bereits sichergestellt. Auch für den zweiten Turnus der Wasserrahmenrichtlinie, wie Sie wissen, von 2016 bis 2021, sind zahlreiche Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit vorgesehen.
Darüber hinaus sind im Rahmen des neuen KULAP ab 2014 wiederum Maßnahmen des Agrar- und Klimaschutzes geplant, die unter anderem die Reduzierung der Nitrat- und Phosphorbelastungen sowie die Vermeidung von Bodenerosionen in bestimmten landwirtschaftlich stark geprägten Bereichen zum Ziel hat. Wie auch bereits im ersten Turnus der Wasserrahmenrichtlinie werden auch in der neuen Förderrichtperiode etwa 6 Mio. € pro Jahr hier zur Verfügung stehen und ich denke, das ist ein ganz ansehnlicher Betrag.
Um all diese genannten Aktivitäten im Gewässerschutz zu bündeln und transparent für Thüringen darzustellen, wird bis Ende des Jahres 2015 ein Landesprogramm Gewässerschutz aufgestellt werden.
Meine Damen und Herren, das außergewöhnliche Hochwasser im letzten Jahr hat uns wieder vor Augen geführt, dass wir in Teilen des Landes nie da gewesene Wasserstände beobachtet haben, die zu den höchsten je in Thüringen dokumentierten Schäden geführt haben. Für mich war zu diesem Zeitpunkt klar, dass wir mehr für die Sicherung unserer Sachwerte und damit mehr für den Hochwasserschutz tun werden, also vorbeugen statt nachsorgen, Bekämpfung der Ursachen und nicht der Wirkung und damit hatten wir bereits Ende 2012 auch schon begonnen, nämlich mit der Aufstellung unseres Landesprogramms Hochwasserschutz. Den Hochwasserschutz, zumindest, was die meisten darunter verstehen, nämlich Deiche und Rückhaltebecken bzw. Talsperren zu bauen, das ist bekanntlich eine Aufgabe aus der Vergangenheit. Doch dieser oft von allen als Lösung präferierte Weg steht eigentlich am Ende der Option, die wir gemeinsam zur Verbesserung des Hochwasserschutzes tun müssen und tun können und, Herr Weber, darüber brauchen Sie mich nun wirklich nicht zu belehren.
Hochwasserschutz beginnt letztendlich mit der Feststellung von Überschwemmungsgebieten, geht über die Landes- und Regionalplanung bis in die Bauleitplanung der Gemeinden. Warum? Zum einen, um die vorhandenen Überflutungsflächen von Bebauung freizuhalten und zum anderen, um Schäden, die Hochwasser verursachen kann, zu vermeiden. Heute sind nun mal unsere Berechnungsmethoden und letztendlich unsere Kartenmaterialien, die wir von Satellitenaufnahmen haben, deutlich besser, als sie das vor 30 oder 40 Jahren noch waren, als die ersten Modelle gerechnet worden sind. Da muss man auch mal damit leben, wenn man da mit neuen Rechenmethoden rangeht, dass plötzlich Flächen, die vorher von Überflutung bedroht waren in den Kartierungen, jetzt nicht mehr sind und dass Flächen, die tatsächlich bisher draußen waren, auch einer Überflutung ausgesetzt sein können. Wir haben das beim letzten Hochwasser sehr, sehr deutlich erlebt und ich denke, dass wir da einiges noch zu tun haben. Denn Hochwasserschutz geht weit über eine hochwasserangepasste Land- und Forstwirtschaft und über den Wasserrückhalt in unseren hoch versiegelten Städten und Gemeinden hinaus. Hochwasserschutz reicht von Information und Aufklärung zum Selbstschutz der Bevölkerung bis hin zur Gefahrenabwehr und Verteidigung der Hochwasserschutzanlagen und dem Katastrophenmanagement im Krisenfall. Auch dazu haben wir einiges gelernt und im Landkreis Greiz ist das von der Martina Schweinsburg hervorragend
gemacht worden, an anderen Stellen und Enden eben nicht. Sie wissen, dass ich zu der Zeit auch Vorsitzender der Umweltministerkonferenz war, wir eine Sonderkonferenz gemacht haben und wir gesagt haben, wir brauchen auch im Hochwasserschutz so etwas wie im Straßenbau, nämlich ein Planungsbeschleunigungsgesetz, damit uns solche Dinge nicht passieren, wie sie in Meißen passiert sind, dass eine Rechtsanwältin fünf Jahre lang die Hochwasserschutzmaßnahmen außer Kraft setzt oder nicht durchführen lässt und wir dann dort das nächste Hochwasser haben. Ähnliche Fälle haben wir auch in Gera gehabt. Das muss aufhören. Hier muss letztendlich der Schutz vor Nachsorge gehen.
Wir haben dazu eine Bestandsaufnahme begonnen und vorhandene Defizite offen aufgezeigt. Das sind für mich unter anderem der schlechte Zustand unserer Deiche - 90 Prozent sind überaltert und genügen nicht den aktuellen DIN-Anforderungen -, die dringend notwendige Verbesserung unserer kommunalen Gefahrenabwehr im Hochwasser und die Einrichtung von Wasserwehren, wie das die Sachsen nach ihrem vorletzten großen Hochwasser gemacht haben, die Aufstellung von integralen, also nicht nur technischen Maßnahmen beinhaltenden Hochwasserschutzkonzepten und die Freihaltung unserer Überflutungsräume von Bebauung, die Konzentration des technischen Hochwasserschutzes auf den Schutz unserer Siedlungen und die wichtige Infrastruktur, damit verbundene Rückgewinnung von Retentionsraum durch letztlich Deichrückverlegung außerhalb unserer Städte; dazu müssen wir kommen. Wir müssen die Deiche ein Stück zurückverlegen. Ich bin dem Bauernverband dankbar, dass er sagt, okay, wir machen dort mit und wir müssen uns nur darüber verständigen, was dann in den Überflutungsräumen angebaut wird, damit die Entschädigungsleistungen nicht ins Unendliche laufen. Man kann schon darüber nachdenken, ob man hochwertigen Weizen dort anbaut oder ob man dort Grünfläche macht. Da lassen sich schon auch Lösungen finden. Man muss es nur miteinander wollen und darauf will ich eigentlich auch hinaus.
Mit 3.000 Maßnahmen werden wir uns auf den Weg machen. Wir werden versuchen, die richtigen Weichen zu stellen. Das sind für mich Einrichtungen, wie gesagt, von Wasserwehren in den Gemeinden zum Hochwasserschutz. Hier wollen wir die Städte und Gemeinden nicht allein stehen lassen, wir wollen sie in der Sache unterstützen und auch Geld dafür in die Hand nehmen. Dafür habe ich Gelder bereits in dem Haushalt 2015 bis 2016 angemeldet. Da muss man auch überlegen, ob man nicht den Hochwasserschutz vor einigen anderen Spielereien, die wir uns in Thüringen so leisten, darüber hinwegsetzen muss.
Hochwasserschutz, meine Damen und Herren - ich betone es immer wieder gern - ist eine Generationsaufgabe, die nie abgeschlossen werden kann. Das ist keine Weisheit von mir, das ist eine bestehende Klarheit. Lassen Sie uns gemeinsam mit dem Landeswasserhochwasserschutz auch auf den Weg machen. Lassen Sie uns damit beginnen.